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B. Die Ausrichtung der gesetzlichen Schranken und Vergütungsansprüche auf die
digitalen Nutzungsvorgänge
I. Dogmatische Aspekte
1. Zur Rechtsnatur und Typologie urheberrechtlicher Schranken
Der Inhalt der Ausschließlichkeitsrechte ist vor allem durch die materiellen Interessen des Urhebers bestimmt; dem Berechtigten werden alle Handlungen vorbehalten,
die aus dem Werk Gewinn ziehen lassen.173 Bereits im Entstehungsgrund der subjektiven Rechte des Urhebers weist das geistige Eigentum eine besondere Sozialfunktion im Verhältnis zur Allgemeinheit auf. Dieser Sozialfunktion zufolge ist dem
Urheber zuzumuten, verhältnismäßig geringfügige Eingriffe in seine ausschließlichen Verwertungsrechte im Interesse des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens
der Gemeinschaft hinzunehmen, wobei eine generell vergütungsfreie Bereitstellung
schutzwürdiger Schöpfungen vermieden wird. Insoweit kommt dem Urheberrecht
eine Sozialbindung zu, die sich in der deutlichen Wechselwirkung seiner sozialen
und kulturellen Aufgabenstellung widerspiegelt.174 Je nachdem, ob und in welchem
Maße das Objekt des geschützten Eigentums in einem „sozialen Gemeinwohlbezug“
und in einer „sozialen Funktion“ steht, öffnet sich die verfassungsrechtliche Garantie der Aufgabe und Befugnis des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des geistigen
Eigentums sozialbindend zu bestimmen.175 Gemeinwohlüberlegungen stehen im
sämtliche Pixel eines Bildes elektronisch neu erzeugt werden, fehlt es an dem entscheidenden
Merkmal der freien Benutzung.“
173 Troller, Immaterialgüterrecht, Bd. I, 1983, S. 70.
174 Die besondere Sozialbindung des Urheberrechts, deren Vorstellung aus der deutschen Lehre
stammt, ist mithin nichts dem Urheberrecht Eigentümliches, sondern gilt kraft Verfassung für
alle vermögenswerten Rechte, so Rehbinder, UrhR, 2006, Rn. 103. Ähnliche Ansätze finden
sich auch in der franz. Lehre, siehe Dusollier, Droit d’auteur, 2005, Rn. 609 ff. m.w.H. Die
besondere Sozialbindung des Urheberrechts und somit seiner Begrenzung wird überwiegend
mit der Interessentheorie begründet, welche auf die berechtigten Interessen der Allgemeinheit
am ungehinderten Zugang zu den Kulturgütern hinweist; eingehend hierzu Pahud, Die Sozialbindung des Urheberrechts, 2000, S. 51 ff.
Zur Beschränkbarkeit des geistigen Eigentums hat sich bereits der EuGH geäußert. In seinem
Urteil v. 13.12.1979, Rs. C-44/79, Hauer, Slg. 1979, S. 3727, Rn. 17, führte er aus, die Einschränkung des geistigen Eigentums könne nur dann erfolgen, wenn diese einen zulässigen
Zweck verfolge und im Hinblick auf den verfolgten Zweck keinen unverhältnismäßigen Eingriff darstelle, der das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt antaste. Eingehend zu den einzelnen Interessenlagen sämtlicher Beteiligter Rehbinder, UrhR, 2006, Rn. 71 ff.
175 Badura, FS Maunz, 1981, S. 1, 12. Vgl. auch de Bellefonds, Droit d’auteur et droits voisins,
2004, Rn. 521 m.w.H.
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Einklang zur Bestimmung des Urheberrechts, das nicht lediglich darauf bedacht ist,
andere von der Benutzung des Werkes auszuschließen, sondern dem Urheber die
rechtliche Grundlage dafür zu geben, aus der Werkverwertung Einnahmen zu erzielen. Letzteres kann durch mäßige Kontrolle über Art und Umfang der Nutzung sichergestellt werden; bei der Regelung der einschlägigen Sachverhalte ist der Topos
"Gemeinwohl" als Orientierungshilfe kaum verzichtbar.176
Die Sozialbindung des Urheberrechts rührt von den Bindungen des Urhebers zu
den Nutzern seines Werks her und findet Ausdruck in der Gestaltung von Schranken
seiner ausschließlichen Verfügungsgewalt. Die Schrankenregelungen sollen in dieser Hinsicht einen angemessenen Interessenausgleich herstellen, bei dem die gegensätzlichen Belange sämtlicher beteiligten Kreise (uneingeschränkter Urheberrechtsschutz, kulturelles Wachstum, Privilegierung bestimmter Nutzungsvorgänge, wirtschaftlicher Erfolg) in die Abwägung eingestellt werden.177 Ein ausgewogenes
Verhältnis kann vor allem unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes
sowie des Gleichheitsgebots erreicht werden.178 Angesichts der sog. Tripolarität der
176 Vgl. Kreisle, FS Lerche, 1993, S. 251, 253 m.w.H; vgl. hierzu Ermecke, Die soziale Bedeutung des geistigen Eigentums, 1963, S. 23.
177 Die Notwendigkeit eines Interessenausgleichs entspricht den internationalen Vorgaben, wie
sie ihren Niederschlag in der Präambel des WIPO-Vertrags 1996 finden: „… ein Gleichgewicht zwischen den Rechten der Urheber und dem umfassenderen öffentlichen Interesse, insbesondere Bildung, Forschung und Zugang zu Informationen, zu wahren, wie dies in der Berner Übereinkunft zum Ausdruck kommt“. Die Notwendigkeit einer angemessenen Interessenabwägung zwischen Urheber und Allgemeinheit wird ebenso in den Menschenrechtskonventionen hervorgehoben, wobei die einzelnen Belange im Gegensatz zu dem eigentumsrechtlichen Schutzansatz der internationalen Urheberrechtskonventionen in einem Verhältnis
abstrakter Gleichrangigkeit stehen; eingehend zur zentralen Rolle der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) für das Urheberrecht und die Schrankenbestimmung trotz des
fehlenden Beitritts der EU zur EMRK und der unterschiedlichen Anwendbarkeit der Konvention in den EU-Mitgliedstaaten, Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S.
129 ff. Der Aspekt eines Interessenausgleichs liegt der Konzeption der Schrankenregelungen
in den jeweiligen Rechtsordnungen nicht gleichbedeutend zugrunde. Während in Deutschland
die Schranken des Urheberrechts im Spannungsfeld von Ausschließlichkeitsrechten des Urhebers nach Art. 14 GG (Eigentumsgarantie) und der Sozialbindung des (geistigen) Eigentums
zugunsten einzelner Nutzer steht, spielte der Interessenausgleich in Frankreich ursprünglich
eine untergeordnete Rolle, so dass Allgemeininteressen zur Rechtfertigung der Vervielfältigungsfreiheit nicht angeführt werden; vgl. Françon, in: Derieux/Trudel (Hrsg.), L’intérêt public, 1996, S. 77, 80 ff.; siehe hierzu Hölscher, Die Ausnahmenbestimmungen für den eigenen
Gebrauch, 2001, S. 91, die die dogmatische Feinheiten des französischen Ansatzes im Vergleich zu der deutschen Schrankenregelung hervorhebt. Die spätere Lehre geht von einer fundamentalen Funktion der Ausnahmen aus, die nicht bloß toleriert werden, sondern wichtige
Bestandteile der Architektur des Urheberrechts darstellen, Dusollier, Droit d’auteur, 2005, Rn.
601 und 618 ff.
178 Vgl. BVerfGE 49, S, 382, 393 f. – Kirchenmusik. In der Verhältnismäßigkeitsabwägung
kommt dem geistigen Eigentum regelmäßig eine starke Stellung zu, während eine Zurücksetzung des Eigentums zugunsten des Wohls der Allgemeinheit in besonderer Weise zu begründen ist. Dabei ist allerdings nicht zu verkennen, dass gerade das urheberrechtlich geschützte
geistige Eigentum einen deutlichen sozialen Bezug aufweist. Dem Kriterium der „Sozialbindung“ kommt damit im Urheberrecht die Aufgabe zu, zwischen dem Individualinteresse des
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involvierten Interessen (Urheber/ Kreative – Rechtsinhaber/ Verwerter - Endnutzer/
Allgemeinheit), die an sich eine Komplexität des Urheberrechts darstellt, drängt sich
in anderen Worten der Gedanke auf, dass das Instrumentarium der Schrankenbestimmung jedenfalls dann eine verfassungsrechtliche Rechtfertigung finden können muss, wenn die Schranken sowohl dem Werknutzer – durch die Entstehung
„objektiver“ Rechte179 – als auch dem Kreativen – durch die Gewährung einer angemessenen Vergütung - gesetzt sind; die Schrankenregelungen sollen im Zusammenspiel mit dem Vergütungssystem eine geeignete Ausgestaltung annehmen, die
sicherstellt, dass der Kreative an der Zweitauswertung finanziell angemessen beteiligt wird.180 Die Aufgabe, die Überschneidungen der Schutzbereiche des Grundrechts auf die Information und der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie im
Sinne eines Rechts an der Information in praktischer Konkordanz zu setzen, wird
dem Gesetzgeber auferlegt. In welchen Fällen Gemeinwohlinteressen derart vorrangig sind, dass ihnen gegenüber nicht nur die Verbotsrechte, sondern auch die Vergütungsansprüche der Urheber zurücktreten müssen, kann nur sachgerecht beurteilt
werden, wenn die Grenzen der Sozialbindung des Urheberrechts unter Berücksichtung der für das Urheberrecht streitenden Eigentumsgarantie zutreffend abgesteckt
werden.181
Die Sozialbindung des Urheberrechts rückt aufgrund des technologischen Fortschritts wieder in die Aktualität. Die Gegenüberstellung der Rechte des Urhebers mit
denen der Allgemeinheit hat sich nunmehr zu einer intensivierten Konfliktdebatte
entwickelt, die auf der Ebene der Grundrechte ausgetragen wird. Diese Tendenz
zeichnet sich vor allem in der Rechtsprechung verschiedener nationaler Instanzen
Europas ab. Ansprüchen aus dem Urheberrecht, dessen Ursprung manche Rechtstraditionen im Eigentums- bzw. Persönlichkeitsrecht ansiedeln182, wird hierbei das in
Eigentümers und den Interessen der Allgemeinheit an einer umfassenden und möglichst kostengünstigen Nutzung zu einem Ausgleich zu führen; Fechner, Geistiges Eigentum und Verfassung, 1999, S. 240 f. Für einen Überblick über die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der Schranken des Urheberrechts siehe Kröger, Informationsfreiheit
und Urheberrecht, 2002, S. 147 ff. Eine vergleichbare Analyse des Konflikts unter den verschiedenen Grundrechten im Kontext der urheberrechtlichen Schrankenregelungen findet anscheinend in Frankreich nicht statt; siehe Geiger, Droit d’auteur et droit du public à
l’information, 2004, S. 115 ff.
179 Geiger, Droit d’auteur et droit du public à l’information, 2004, S. 191 ff. m.w.H. Vgl. auch de
Sanctis, I soggetti del diritto d’autore, 2005, S. 268, der das Recht auf Information als Schranke des Urheberrechts ansieht.
180 Hilty, GRUR 2005, 819, 824.
181 Krüger-Nieland, FS Oppenhoff, 1985, S. 173, 181; ders., FS Simon, 1987, S. 695, 703.
182 Das geistige Eigentum wird in der deutschen Verfassung nicht ausdrücklich behandelt. Dennoch entfalten zahlreiche Verfassungsnormen Schutzwirkung hinsichtlich des geistigen Eigentums, der als Oberbegriff für den Schutz der verschiedenen Arten geistiger Leistungen steht.
Der verfassungsrechtliche Gehalt des geistigen Eigentums lässt sich also bei den Grundrechten des Sacheigentums sowie der persönlichen Freiheit herausarbeiten. Der Begriff der freien
Entfaltung der Persönlichkeit stellt dabei die wichtigste philosophische Grundlage für das Urheberrecht dar; siehe hierzu Uchtenhagen, in: Dittrich (Hrsg.), Woher kommt das Urheberrecht und wohin geht es?, ÖSGRUM Bd. 7 (1988), S. 29, 37 ff. Vor allem die Anbindung an
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Art. 10 EMRK verankerte Recht auf freie Meinungsäußerung entgegengesetzt. In
einigen Fällen hat sich dieses Grundrecht sogar gegen traditionelle Schrankenregedie Freiheit zum schöpferischen Tun führt dazu, dass der schöpferische Mensch in Beziehung
zu seinem Werk im Vordergrund des Urheberrechtsschutzes steht. Wer durch schöpferische
Tätigkeit ein neues geistiges Gut hervorbringt, dem wird daran ein eigentumsähnliches Recht
gewährt. Im Rahmen der Diskussion über die Auffassung des geistigen Eigentums als eine zusammenhängende Grundrechtsposition, die an verschiedenen Stellen in der Verfassung verankert ist, wird gegen eine Einbeziehung immateriellrechtlicher Objekte in den Eigentumsbegriff damit argumentiert, der verfassungsrechtliche Eigentumsbegriff vertrage sich schwer mit
der persönlichkeitsrechtlichen Fundierung des Urheberrechts. Nur eine allseitige Berücksichtigung der ideellen und materiellen Interessen des Urhebers kann jedoch zu einer richtigen
Deutung des Urheberrechts führen, so Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1980, S. 111; vgl.
auch Badura, FS Maunz, 1981, S. 1, 9 ff., 13 ff., nach dem die vermögenswerten Rechte des
Urhebers ebenso wie das Sacheigentum der Ausgestaltung durch das Gesetz bedürfen. Dem
Argument der Verschiedenheit der Regelungsmaterien wird jedoch entgegnet, der Begriff des
geistigen Eigentums ziele nicht darauf ab, eine Identität mit dem Sacheigentum auszudrücken,
sondern eine Analogie unter Berücksichtigung der durch die immaterielle Natur des geistigen
Eigentums bedingten Abweichungen zu gewährleisten. Die Einheit des Eigentumsbegriffs ermögliche es, Sacheigentum und geistiges Eigentum lediglich als untergeordnete Spezialbegriffe zu behandeln, Fechner, Geistiges Eigentum und Verfassung, 1999, S. 113 f. Das „geistige
Eigentum“ wird in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ausdrücklich der im
Grundgesetz verankerten Eigentumsgarantie zugeordnet; siehe BVerfG 49, S. 382, 392 ff. –
Kirchenmusik. Die im Geist der französischen Revolution 1789 verwurzelte Idee des geistigen
Eigentums wird freilich auch in Frankreich vertreten; vgl. Pouillet, Traité de la propriété littéraire et artistique, 1908, S. 26 f. Der franz. Conseil constitutionnel räumt in seiner Entscheidung v. 15.01.1992, N° 91-303, JO 18.01.1992, S. 882, dem geistigen Eigentum („propriétés
intellectuelles“) denselben Verfassungswert zu wie dem Sacheigentum.
Der Bezug des geistigen Eigentums zum Sacheigentum wird offensichtlich aus der Sicht des
britischen Gesetzgebers, der das Copyright als ein typisches „property right“ behandelt, da
dessen Inhaber gegen jede Vervielfältigung des gegenständlichen Werkstücks schützen soll.
Anderen europäischen Rechtssystemen ist die Theorie des geistigen Eigentums dagegen nicht
immanent: Nach der österreichischen Lehre genießt zwar das geistige Eigentum als Sonderform des Eigentums den gleichen Verfassungsschutz; eine Rechtsprechung, die den Begriff
„geistiges Eigentum“ verwendet und das Urheberrecht als Grundrecht bestätigt, existiert jedoch nicht. Die Tatsache, dass der österreichische Verfassungsgerichtshof vermögenswerte
Interessen des Urhebers als „Eigentum“ im verfassungsrechtlichen Sinn versteht, bedeutet in
keiner Weise die Rezeption der vom deutschen BGH vertretenen Idee des geistigen Eigentums; so Öhlinger, in: Dittrich (Hrsg.), Beiträge zum Urheberrecht VIII, ÖSGRUM Bd. 33
(2005), S. 141, 151. Aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht schöpft der griechische Gesetzgeber seine Terminologie „Recht auf Geistesschöpfungen“, mit der es von dem ursprünglich verwenden Begriff des geistigen Eigentums abkehrte, Koutsouradis, UFITA 118 (1992),
5, 18. Anders in Italien, wo die Grundlage für den Urheberschutz in jenen Normen zu finden
ist, die das Recht auf Arbeit, Forschung und Meinungsfreiheit sowie das Persönlichkeitsrecht
betreffen; siehe Patti, in: Ress (Hrsg.), Entwicklung des Europäischen Rechts, 1989, S. 109,
110. Dass das italienische Urheberrecht ein Teil des Arbeitsrechts darstellt, hat zur Folge, dass
die italienische Rechtsprechung und Lehre direkt auf den allgemeinen arbeitsrechtlichen
Grundsatz vom Recht des Arbeitgebers am Arbeitsergebnis Bezug nehmen; hierzulande ist
mehr von einer „geistigen Arbeit“ (lavoro intellettuale) als vom geistigen Eigentum die Rede,
siehe Algardi, in: Associazone Italiana Guiristi Democratici (Hrsg.), Democrazia e Diritto,
1969, S. 47, 49 ff.
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lungen durchsetzen können.183 Letzteres mag Kritik nach sich ziehen, macht aber
zugleich deutlich, dass ein angemessener Ausgleich der verfassungsrechtlich geschützten Interessen die Besonderheiten der digitalen Nutzung zu berücksichtigen
hat. Angesichts der abstrakten Gleichrangigkeit der Grundrechtsnormen fällt es dem
urheberrechtlichen Gesetzgeber nicht leicht, die einschlägige Güterabwägung unter
Beachtung sämtlicher Interessenlagen im Sinne einer praktischen Konkordanz zu
optimieren. Der Abwägung zwischen Schutz- und Begrenzungsinteressen misst die
Bereitstellung neuer Verwertungstechniken, die eine intensivierte und unkontrollierte Werknutzung unterstützen, eine neue Bedeutung bei: Sie erfordert als Gegengewicht eine erweiterte Schutzwirkung der eigentumsrechtlichen Regelungspflicht des
Gesetzgebers, die sich nicht allein auf den Fall eines „Eingriffs“ in bestehende Urheberrechte reduziert, sondern auch zur Sicherung zukünftiger vermögensrechtlicher
Interessen des Kreativen angerufen werden kann, wenn das geltende Recht angesichts einer Veränderung der die Verwertung von Werken bestimmenden Verhältnisse nicht mehr dafür ausreicht.184
Die Rechtsnatur der urheberrechtlichen Beschränkungen wirft eine Reihe von
Fragen auf, welche die Urheberrechtsreform in den europäischen Ländern ausgelöst
hat. Dabei ist die Rede von „Ausnahmen“ (Frankreich, Belgien), „Schranken“
(Deutschland, Spanien), „Beschränkung“ (Österreich, Niederlande, Dänemark,
Schweden, Finnland, Griechenland) oder „freie Nutzung“ (Portugal, Vereinigtes
Königreich); die italienische Gesetzesterminologie wählt sowohl den Begriff „Ausnahme“ als auch den Begriff „Beschränkung“ aus, um auf die unterschiedliche Natur
der jeweiligen Schrankenregelungen hinzudeuten.185 Die Info-Richtlinie misst beiden Begriffen „Ausnahmen“ und „Beschränkungen“ die gleiche Bedeutung bei,
ohne sie mit der Differenzierung zwischen vergütungsfreien und vergütungspflichtigen Nutzungshandlungen in Verbindung zu bringen.
Angesichts der terminologischen Vielfalt bedarf es einer Klarstellung, ob man
von einem Urheberrecht mit Beschränkungen auszugehen hat, wobei die „Ausnahmen“ als eine implizite negative Tatbestandsvoraussetzung oder „natürliche Begrenzung“ der Verwertungsrechte verstanden werden und einen exklusiven Abwehrcha-
183 Überblick zur relevanten Rechtsprechung Österreichs, Belgiens, der Niederlande, Frankreichs
und Großbritanniens über das Spannungsverhältnis zwischen Urheberrecht und der Freiheit
der Meinungsäußerung bei Karnell, NIR 2004, 516, 520 ff.; siehe ergänzend Davies, Public
interest, 2002, S. 53 f.; Pinto, [2002] EIPR 209, 217; Geiger, Droit d'auteur et droit public
d'information, 2004, S. 391 ff. Der spanischen Rechtstradition zufolge wird hingegen folgende
Differenzierung vorgenommen: Während das Urheberrecht den Schutz der fertigen Schöpfung
umfasst, bezieht sich das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung auf den kreativen Prozess
an sich, ohne Bedürfnis nach einem Schutz für die Materialisierung dieser Kreativität; vgl.
Pardo, [2006] EIPR 389, 392.
184 Vgl. Badura, FS Maunz, 1981, S. 1, 10.
185 Beide Begriffe verwendet auch der europäische Gesetzgeber zusammen in der Info-Richtlinie,
allerdings nicht, weil er dadurch auf die semantische Diskussion einzugehen vermag, sondern
weil er dadurch den Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung ins nationale Recht eröffnen
will, Dusollier, Droit d’auteur, 2005, Rn. 545 f. Gleichzeitig trägt er auch den unterschiedlichen Urheberrechtstraditionen Rechnung.
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rakter gegenüber den Ausschließlichkeitsrechten des Urhebers entfalten186; oder eher
von einem Urheberrecht der Beschränkungen, wobei die „Schranken“ Inhalt und
Grenzen der Ausschließlichkeitsrechte bestimmen.187 Folgt man letzterer Auffassung, welche die Grundrechte der Meinungs- und Informationsfreiheit als Rechtfertigung für das Urheberrecht und die Beschränkungen heranzieht und sich somit von
einem Rangverhältnis zwischen Urheber und Nutzer abwendet, stellt man eine doppelte Funktion des Schrankensystems fest. Denn die Beschränkungen des Urheberrechts werden letztlich nicht nur zugunsten rechtlich geschützter Interessen des Nutzers aufgestellt, sondern gewähren durchsetzbare Ansprüche auf die lukrative Nutzung der Werke als subjektives Recht.188 Die traditionelle Auffassung, der Urheber
müsse sich im Bereich der Schranken in eine eher passive Rolle zurückziehen, da es
sich bei den Beschränkungen des Urheberrechts um Rechte der Nutzer handele189,
erscheint nicht mehr zeitgemäß. Genauso wenig wie jene Auslegung der Schrankenregelungen, welche den ausschließlichen Charakter des Urheberrechts in eine Mo-
186 Von einer zweitrangigen Stellung der Beschränkungen geht die neueste Rechtsprechung in
Frankreich aus, die besagt, der Einsatz technischer Schutzmaßnahmen stehe in keinerlei Konflikt zu der Privatkopieschranke, da die einschlägigen Vorschriften kein Recht auf die Privatkopie gewährleisten, sondern vielmehr die Bedingungen festlegen, unter denen das Vervielfältigungsrecht des Urheber und Leistungsschutzberechtigten aufgehoben wird, CA Paris v.
30.04.2004, IIC 2004, 148 (mit kritischen Anm. Geiger) - Perquin et UFC Que Choisir v. SA
Films Allain Sarde, Sté Universal Pictures Video France.
187 Vgl. Geiger, GRUR Int. 2004, 815, 818 ff. m.w.H. Vgl. die traditionelle Auffassung, nach der
allein der Urheber Inhaber von Rechten sein kann, während die Beschränkungen des Urheberrechts allein die Interessen der Allgemeinheit widerspiegeln. Nur dem Urheber gewähre das
Gesetz einen Anspruch, den er gerichtlich durchsetzen kann, Sirinelli, ALAI 1998, S. 135;
Hirsch-Ballin, RIDA 1956, 19. In belgischen Urheberrecht werden die Ausnahmeregelungen
durch ihren imperativen Charakter gekennzeichnet. Demzufolge ist jede vertragliche Klausel,
die dem Inhalt der Ausnahmeregelung widerspricht, als nichtig anzusehen, Berenboom, Le
nouveau droit d’auteur et les droits voisins, 2005, Rn. 92; Strowel/Derclaye, Droit d’auteur et
numérique, 2001, S. 241. Schrankenregelungen mit imperativem Charakter sind sonst in der
Software- sowie in der Datenbank-Richtlinie enthalten; die Info-Richtlinie weicht davon ab.
Dennoch wird die Richtlinienkonformität des imperativen Charakters der Schranken des belgischen Urheberrechtsgesetzes nicht in Frage gestellt, Dusollier/Bodson/Cruquenaire/de Patoul, I.R. D.I. 2002, 46, 50 f.
188 Vgl. Pichlmaier, CR 2003, 910, 913; Gautier, Propriété littéraire et artistique, 2004, Rn. 192;
weitere Hinweise auf die franz. Lehre bei Dusollier, Droit d’auteur, 2005, Rn. 618 ff., die jedoch die Erfassung der Schranken als subjektives Recht ablehnt; vgl. TPI Bruxelles v.
25.05.2004, N° 2004/46/A, e-Bulletin du droit d’auteur (avril - juin 2004), abrufbar unter
(Letzter Abruf: 12.03.2007), demzufolge der Vergütungsanspruch
nicht für ein Recht der Privatkopie, sondern für die rechtlich anerkannte Kopierschranke eine
finanzielle Gegenleistung darstellen soll. Für die gegenläufige Ansicht siehe Hugenholtz, in:
Dreyfuss/Zimmermann/First (Hrsg.), Expanding the Boundaries of Intellectual Property, 2001,
S. 343, 349, der auf Rechtsprechung und Lehre hinweist, die das Urheberrecht als eine Einschränkung der Meinungs- und Informationsfreiheit betrachten.
189 Spoor, ALAI 1998, S. 27. Vgl. Marinos, Urheberrecht (auf Griechisch), 2004, S. 220, der
umgekehrt das Urheberrecht als Schranke der Ausübung der Grundrechte auf Information und
freie Meinungsäußerung bezeichnet.
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nopolisierung der Information übersetzt und dabei grundrechtlich fundierte Belange
der Öffentlichkeit verkennt.
Vor dem Hintergrund der verschiedenen theoretischen Denkansätze und grundlegenden Erwägungen im Schrifttum über die Rechtsnatur urheberrechtlicher Beschränkungen wird dem nationalen Gesetzgeber die weit wesentlichere Aufgabe
zugewiesen, der ratio legis hinter der jeweiligen Schranke nachzugehen und in einer
stark wissensorientierten Informationsgesellschaft den gerechten Interessenausgleich
herzustellen.190 Soweit die legitimierten Interessen der Allgemeinheit und der Werknutzer eine privilegierte Nutzung gebieten, muss das Interesse des Urhebers ausnahmsweise zurücktreten191 - jedoch grundsätzlich nur gegen angemessene Vergütung. Die Sozialbindung des Urheberrechts durch das Interesse der Allgemeinheit
am Zugang zu Kulturgütern bedeutet längst noch keinen Anspruch auf unentgeltlichen Zugang; das Urheberrecht wird zwar sozialpolitisch motivierten Beschränkungen unterzogen, muss jedoch selbst soziale Funktionen erfüllen und dabei vor allem
dem Urheber finanziell eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung ermöglichen.
Die Interessenabwägung bei der Inhaltsbestimmung der Schrankenregelungen
darf freilich nicht abstrakt erfolgen, sondern muss unter Anwendung des gebotenen
Dreistufentests die Besonderheit der einzelnen Umstände und die Komplexität der
jeweiligen Interessenlage berücksichtigen. Es bleibt dem nationalen Gesetzgeber
demnach vorbehalten, die Vervielfältigung in gewissen Sonderfällen unter der Voraussetzung zu gestatten, dass eine solche Vervielfältigung weder die normale Auswertung des Werks beeinträchtigt noch die berechtigten Interessen des Urhebers
unzumutbar verletzt. Anläßlich der Umsetzung der Info-Richtlinie sind die EU-
Mitgliedstaaten in dieser Frage unterschiedliche Wege gegangen: Griechenland,
Frankreich, Italien, Spanien und Portugal haben den Dreistufentest ins nationale
190 An dieser Stelle sollte man anmerken, dass der Gedanke eines gerechten Interessenausgleichs
in den verschiedenen Rechtssystemen unterschiedlich gewichtet wird. Während er in dem von
einem individualistischen Urheberschutzansatz stark geprägten französischen Urheberrecht
eine eher untergeordnete Rolle spielt (vgl. Lucas/Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 2001, Rn 291), wird er in Deutschland sowie in Großbritannien in den Vordergrund
gestellt.
191 Siehe BVerfG v. 23.01.1990, GRUR 1990, 438, 441 - Bob Dylan: "Der Gesetzgeber hat bei
der ihm obliegenden Inhaltsbestimmung […] nicht nur zu beachten, dass das Eigentum privatnützig auszugestalten ist und seine Nutzung dem Rechtsinhaber eine eigenverantwortliche
Lebensgestaltung ermöglichen soll […]. Richtschnur seiner Regelungskompetenz ist vielmehr
auch das Wohl der Allgemeinheit, das Grund und Grenze der dem Eigentümer aufzuerlegenden Beschränkungen ist […]"; vgl. auch BGHZ 17, 266/279 – Grundig-Reporter, wo hinsichtlich der Vervielfältigungsfreiheit festgehalten wird, dass die vorgenommene Privilegierung
des privaten Gebrauchs keinesfalls Ausdruck eines allgemeinen Grundsatzes ist, demnach die
Privatsphäre von urheberrechtlichen Befugnissen freizuhalten wäre. Hierzu Hilty, ZUM Sonderheft 2003, 983, 992, 994, der angesichts der Vielschichtigkeit der involvierten Kreise und
dem Umstand, dass die Wertschöpfung ganz überwiegend von der nachgelagerten Verwertungsindustrie erzeugt wird, die ausgeprägte Fokussierung der heutigen Urheberrechtsgesetzgebung auf den praktisch kaum noch existenten Idealtypus des Urhebers für unzeitgemäß hält,
der seine Werke selbst verwertet.
91
Recht übernommen; in den anderen Ländern wurde es nicht für nötig gehalten.192
Eine Übernahme des Dreistufentests wurde auch ins deutsche Recht erwogen. Da
aber die Vorgaben des Dreistufentests sowieso als Gestaltungsanordnung bei der
Formulierung der einzelnen Urheberrechtsschranken beachtet wurden, bestand kein
Bedarf einer gesonderten Regelung, die den Wortlaut des Art. 5 (5) Info-Richtlinie
nachbilden sollte.193 Die einschlägige Frage bleibt in Belgien noch offen.194
Die im Konventionsrecht verankerte Grundregel des Dreistufentests gibt einen elastischen und allgemeinen Rahmen für die Einführung freier Werknutzungen im
Hinblick auf alle Verwertungsrechte durch den nationalen Gesetzgeber vor.195 Es ist
demnach nicht im Einzelfall zu prüfen, ob eine konkret zu beurteilende Nutzung den
Voraussetzungen entspricht, sondern ob eine Fallgruppe typischerweise nach den
anzuwendenden Maßstäben zulässig ist. Eine generelle Abschwächung der Schrankenregelungen zu einer vergüteten gesetzlichen Lizenz196, die Beeinträchtigung
einer wirtschaftlich und praktisch bedeutenden digitalen Werkverwertung sowie die
ungerechtfertigte, ersatzlose Aufhebung der Beschränkung von Ausschließlichkeitsrechten197 sind auf der Grundlage der drei oben genannten Tatbestandsmerkmale des
Dreistufentests („bestimmte Sonderfälle“, „keine Beeinträchtigung der normalen
Auswertung des Werks“, „keine unzumutbare Verletzung der berechtigten Interessen des Urhebers“) entsprechend auszuschließen. Was die erste Stufe angeht, wird
gemeinhin angenommen, dass mit dem Wort „Sonderfälle“ keine normative Bedeu-
192 Einschlägig sind Art. 28c GR-UrhG, Art. L. 122-5 CPI, Art. 71h IT-UrhG, Art. 40a ES-UrhG,
Art. 75° (4) PT-UrhG. Dabei wurde argumentiert, die Kodifizierung des Dreistufentests würde
unvermeidlich zu mehr erweiterbaren Beschränkungen des Urheberrechts führen und somit
die Rechtssicherheit untergraben. Im Übrigen handele es sich hierbei um eine „meta-norm“,
welche an die Mitgliedstaaten selber und nicht an deren Bürger gerichtet sei; siehe Hugenholtz, RIDA 206 (octobre 2005), 117, 127.
193 So die amtliche Begründung zum RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung
des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, S. 37 ff., abrufbar unter
(Letzter Abruf: 26.03.2005); anschließend Walter, RIDA 202 (octobre 2004), 43, 55.
194 Corbet, RIDA 206 (octobre 2005), 5, 57.
195 Siehe Art. 9 (2) RBÜ, wonach der Dreistufentest sich auf das Vervielfältigungsrecht beschränkt sowie seine ausgedehnte Übernahme in Art. 13 TRIPs, Art. 10 WCT und Art. 5 (5)
Info-Richtlinie.
196 Siehe hierzu Grünbuch über Urheberrecht und die technologische Herausforderung – Urheberrechtsfragen, die sofortiges Handeln erfordern v. 7.06.1988, KOM (88) 72 endg., wo die EU-
Kommission zur Erkenntnis kommt, dass gesetzlichen Lizenzen kein Allheilmittel im Interesse der Wirtschaft sind. Jedenfalls handele es sich bei der gesetzliche Lizenz für die private
Vervielfältigung, die in der Form einer Geräte-, Leerkassetten- und Betreiberabgabe in §§ 54,
54a DE-UrhG verankert ist, um einen „bestimmten Sonderfall“ im Sinne des Dreistufentests
und somit um den Grenzfall einer zulässigen Schrankenbestimmung; so Senftleben, CR 2003,
914, 916; vgl. Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 96 ff.
197 Trotz der Gewährung des Anspruchs auf angemessene Vergütung im Online-Bereich sei
allerdings nicht geboten, von einer Reduzierung der relevanten Ausschließlichkeitsrechte auf
ein zumutbares Maß auszugehen, da bei weitem nicht alle Urheber technisch oder finanziell
imstande sind, eine individuelle Lizenzierung für die Werknutzung im Online-Kontext vorzunehmen; so Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 115.
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tung verbunden werden sollte. Die Urheberrechtsgesetze der Mitgliedstaaten listen
Schrankenregelungen auf, von denen nicht alle eine überzeugende rechtspolitische
Untermauerung für sich in Anspruch nehmen können - die Freistellung der privaten
Vervielfältigung gilt jedenfalls als ein ausreichend umschriebener Sonderfall. Bei
dem zweiten Prüfungsschritt wird der jeweilige nationale Gesetzgeber zu einer Interessenabwägung berufen, bei der sowohl wirtschaftliche als auch nichtwirtschaftliche Überlegungen heranzuziehen sind – mit unterschiedlichem Ausgang von System
zu System. Der dritten Voraussetzung lässt sich schließlich entnehmen, dass die
Rechteinhaber die Verletzung ihrer berechtigten Verwertungsinteressen bis zu einem
gewissen Grad noch als gebührlich betrachten, wobei die Zahlung einer angemessenen Vergütung als Regelungsinstrument in funktionaler Hinsicht dazu dient, eine an
sich ungebührliche Verletzung berechtigter Interessen auf ein gebührliches Maß zu
reduzieren.198
2. Zur Rechtsnatur und Sonderstellung der Vergütungsansprüche im Urheberrechtssystem – Berührungspunkte mit der kollektiven Wahrnehmung199
Die Schranken des Urheberrechts als „Eingriff“ in die Ausschließlichkeitsrechte des
Urhebers kommen rechtstechnisch in verschiedener Ausgestaltung vor. In ihrer
stärksten Variante können die Schrankenregelungen zu einer zustimmungs- und
vergütungsfreien Nutzungserlaubnis des jeweiligen Begünstigten führen (freie Benutzung); die Freistellung bestimmter Nutzungsarten kann beispielsweise für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit, für vorübergehende Vervielfältigungsvorgänge, für Zitate und Katalogbilder, für die öffentliche Wiedergabe auf
Veranstaltungen der Sozialhilfe, Wohlfahrtspflege und für Schulfunksendungen
angeordnet werden.
Abgeschwächt werden Ausschließlichkeitsrechte auch durch gesetzliche Lizenzen,
die unter bestimmten Voraussetzungen die Nutzung eines Werks auch ohne Bewilligung des Berechtigten zulassen bzw. ausschließliche Verwertungsrechte zu einem
bloßen Vergütungsanspruch herabstufen. Hierher gehört der öffentliche Verleih,
Pressespiegel, die öffentliche Wiedergabe bestimmter Wohlfahrtsveranstaltungen
und vor allem die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch. Eine weitere Gruppierung gesetzlicher Lizenzen sind die sog. Zwangslizenzen, bei denen zwar eine Einwilligung des Urhebers in die betreffende Nutzungshandlung erforderlich ist, jedoch
198 Vgl. Senftleben, in: Hilty/Peukert (Hrsg.), Interessenausgleich im Urheberrecht, 2004, S. 159-
183 sowie, mit teilweise abweichenden Überlegungen, Dittrich, in: Dittrich (Hrsg.), Beiträge
zum Urheberrecht VIII, ÖSGRUM Bd. 33 (2005), S. 63, 86 ff.; siehe ergänzend Erster Teil, 1.
Abschnitt, II.2b.
199 Folgende Darstellung beschränkt sich auf die dem Urheber durch das Gesetz gewährten Vergütungsansprüche, die aus den Schranken des Urheberrechts entstehen. Weitere Zahlungsansprüche der Urheberrechtsgesetze, Schadenersatzansprüche, Bereicherungsansprüche sowie
vertragliche Ansprüche werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht behandelt.
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der Urheber zum Abschluss eines entsprechenden Nutzungsvertrages zu angemessenen Bedingungen verpflichtet wird. Es handelt sich dabei um einen fragwürdigen
Kontrahierungszwang zugunsten der Erwerbszwecke von Werkvermittlern, der dem
Berechtigten einen gewissen Verhandlungsspielraum überlässt.200 Die Wirkung
einer Zwangslizenz entfalten auch die für die nordischen Urheberrechtsordnungen
typischen erweiterten kollektiven Lizenzen („extended collective licenses“), wobei
sie per se keine Schranke des Urheberrechts darstellen, sondern die Modalitäten der
Rechteverwaltung erleichtern.201 Das auf erweiterten kollektiven Lizenzen beruhende System ist eine rechtliche Konstruktion, die unter der Voraussetzung, dass ein
kollektiver Vertrag zwischen einer Verwertungsgesellschaft, die eine Mehrzahl von
Rechteinhabern auf dem betreffenden Gebiet vertritt, und einem Werknutzer auf
dem betreffenden Gebiet geschlossen wird.202 Die Wirkung des kollektiven Vertrags
dehnt sich in der Weise aus, dass nicht allein die Mitglieder der Verwertungsgesellschaft gebunden werden, sondern auch andere Urheber-Nichtmitglieder derselben
Gruppe. Die Erweiterung der kollektiven Lizenzen auf sämtliche Rechteinhaber
setzt allerdings die Einschaltung einer einzigen Verwertungsgesellschaft in dem
jeweiligen Land voraus und kommt nur in den vom Gesetz hierfür vorgesehenen
Fällen zur Anwendung. Die praktische Bedeutung dieses Systems liegt in der
gleichzeitigen Lizenzierung eines großen Werkrepertoires durch einen einzigen
Kollektivvertrag für sämtliche Rechteinhaber in der relevanten Kategorie, bevor
diese die beabsichtigte Nutzung ihrer Werke zur Kenntnis nehmen. Die Besonder-
200 Ursprünglich ausgehend von einem staatlichen Protektionismus der jungen, im wirtschaftlichen Aufbau befindlichen Tonträgerindustrie hat z.B. der deutsche, österreichische und britische Gesetzgeber eine Zwangslizenz zugunsten der Herstellung von Tonträgern vorgeschrieben, wobei die Vergütungssätze in diesen Ländern nicht tiefer liegen als in Frankreich oder Italien, wo sich ausgehandelte vertragliche Vereinbarungen als gängige Praxis durchgesetzt
haben. Eine Erhöhung der Entschädigungen bei Wegfall der Zwangslizenz kann allerdings
dort eintreten, wo der Gesetzgeber dem Urheber nicht nur bezüglich seiner Verbotsmöglichkeiten in den Arm fällt, sondern die Höhe des Entgelts gleich auch noch selber festlegt, so
Uchtenhagen, FS Kreile, 1994, S. 779, 785.
201 Karnell, FS Koumantos, 2004, S. 31, 395. Da sie keine Schranke des Urheberrechts darstellen,
werden die erweiterten kollektiven Lizenzen nicht als eine Bedrohung für den freien Rechtsverkehr im Binnenmarkt angesehen; die Info-Richtlinie lässt dieses System ausdrücklich unberührt, siehe Erwägungsgrund Nr. 18.
202 Für die gesetzliche Rechtsgrundlage siehe §§ 50 ff. DK-UrhG, Art. 42a ff. SE-UrhG, §§ 11 ff.
FI-UrhG. Die einschlägigen Vorschriften in den jeweiligen Ländern unterscheiden mehr in der
gesetzestechnischen Gestaltung als in der Substanz. Der traditionelle Anwendungsbereich dieser gesetzlichen Lizenz erfasst die Tantieme aus dem Senderecht, der Kabelweiterleitung und
der Reprographie, eingehend Rosén, in: Wahlgren (Hrsg.), Scandinavian Studies in Law (Vol.
42) - Intellectual Property, Stockholm 2002, S. 165, 166 ff. und Karnell, FS Koumantos,
2004, S. 391, 401 ff. Zur Geltendmachung der einschlägigen Ansprüche seien nur die Verwertungsgesellschaften befugt, die das Erfordernis der Repräsentativität erfüllen; bei der Beurteilung der Repräsentativität sei irrelevant, ob die Vertretung der Urheber aufgrund von kollektiver oder von Einzelmitgliedschaft erfolge. Erforderlich sei ferner, dass die Organisation eine
gewisse ökonomische und administrative Stabilität aufweist, so Högsta Domstolen (Oberster
Gerichtshof Schwedens) v. 6.10.2000, GRUR Int. 2001, 268 – BUS/DUR.
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heit dieses Systems besteht in dem Fehlen jeglicher Form der staatlichen Intervention und der freien Gestaltung der kollektiven Vereinbarungen; es bedarf nicht der
Einschaltung einer Behörde.
Ein geringer Eingriff in die Ausschließlichkeitsrechte des Urhebers stellt demgegenüber die Einführung einer Verwertungsgesellschaftenpflicht dar, also die Wahrnehmung der Rechte ausschließlich durch eine Verwertungsgesellschaft. Die Verwertungsgesellschaftenpflicht berührt zwar nicht das eingeschränkte ausschließliche
Recht an sich, wohl aber die Vertragsfreiheit - vor allem, wenn sie mit einer gesetzlichen Lizenz kombiniert ist, stellt die zwingende kollektive Geltendmachung von
Vergütungsansprüchen einen starken Eingriff in die individuelle Ausübung urheberrechtlicher Befugnisse dar.203 Eine gewisse Entindividualisierung des ausschließlichen Rechts durch die kollektive Wahrnehmung stellt zwar keinen Einbruch in das
individualrechtliche Schutzkonzept des Urheberrechts dar, denn der Zwangscharakter der Entindividualisierung wird durch vertragliche und gesetzliche Bestimmungen
korrigiert und kompensiert; sie darf jedoch nicht weiter gehen, als es zur effizienten
Wahrnehmung der Urheberrechte unbedingt erforderlich ist. Die Verwertungsgesellschaften sind treuhänderisch daran gebunden, die ihnen anvertrauten Rechte in einem größtmöglichen Umfang auch als Individualrechte durchzusetzen.204
Dass die kollektive Wahrnehmung sowohl auf der Basis gesetzlicher Lizenzen als
auch auf freiwilliger Basis erfolgt, verleiht ihr einen „Hybridcharakter“. Die Option
einer umfassenden Abtretung von Vergütungsansprüchen, die unter Einschaltung
der Verwertungsgesellschaften gewissermaßen zu frei verhandelbaren Konditionen
vertraglich besiegelt wird, siedelt die kollektive Wahrnehmung als den geeigneten
„dritten Weg“ zwischen individuell vereinbarter Rechtseinräumung und gesetzlicher
Lizenz an.205 So können Vergütungsansprüche aus der zeitgleichen, unveränderten
Kabelweiterleitung, aus der Nutzung von Tonträgern zu Sendezwecken, aus der
Vermietung von Bild- und Tonträgern, aus dem öffentlichen Verleih (Bibliotheks-
203 Vgl. Cohen Jehoram, Copyright 1990, 214, 216, der die Verwertungsgesellschaftenpflicht, die
mit einem Kontrahierungszwang gegenüber den Nutzern verbunden wird, als starke Einschränkung des Urheberrechts einstuft. Er spricht dabei von freiwilligen gesetzlichen Lizenzen ("voluntary compulsory licenses").
204 Von einer begrenzten Entindividualisierung durch die kollektive Wahrnehmung spricht
Hauptmann, Die Vergesellschaftung des Urheberrechts, 1994, S. 55 f., da dem Urheber trotz
mangelnder Möglichkeiten, auf die Werknutzung direkt Einfluss nehmen zu können, auch individuelle Rechte bleiben. Daraus folgt, dass die Wahrnehmungsberechtigten reale Mitwirkungsmöglichkeiten in Bezug auf die Anpassung des Wahrnehmungsrecht an die technischen
Entwicklungen erhalten, um den Unterschied zwischen kollektiven Wahrnehmung und dem
System der gesetzlichen Lizenzen aufrechtzuerhalten; vgl. Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2005, Rn. 1196.
205 Dillenz, GRUR Int. 1996, 315, 321. Der Stellenwert des freiwilligen Charakters der kollektiven Wahrnehmung im franz. Urheberrechtssystem wurde besonders in einer gerichtlichen
Entscheidung dahingehend hervorgehoben, die Praxis der kollektiven Wahrnehmung stelle ein
Mittel und kein „Ende“ dar; CA Paris v. 28.03.1994 – SCPP c ADAMI et EUROPE 2, zitiert
von Plan, in: Roos/Seignette (Hrsg.), Multimedia Deals in the Music Industry, 1996, p. 152,
155.
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tantieme), aus dem Pressespiegel sowie aus der Vervielfältigung zum eigenen
Gebrauch in der Form einer Großkopierabgabe, Geräteabgabe und/oder Leerträgerabgabe nur durch Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden. Diese Art
von Schranken, die vor allem Berechtigten mit sehr schwacher Marktposition zugute
kommt, findet ihre Rechtfertigung in der effizienten Erfassung einer unkontrollierbaren, nicht überschaubaren Zahl von Nutzungsvorgängen im Privatbereich und in
der Sicherstellung einer angemessenen Belohnung des jeweiligen Berechtigten. Die
von der Verwertungsgesellschaft ausgehandelte und erhobene Vergütung hat den
Vorteil, dass der Urheber seine Ansprüche nicht selbst durchsetzen muss. Die in der
Verwertungsgesellschaftenpflicht liegende Beschränkung urheberrechtlich geschützter Rechte wird damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen gerecht, die Eigentumsbeschränkungen erfüllen müssen.206
Reformen der letzten Jahrzehnte in den europäischen Urheberrechtssystemen
wandelten die aus einer langen Urheberrechtstradition herrührenden Verbotsrechte
aufgrund der stets zunehmenden Zahl von Massennutzungen in vermehrte Schrankenregelungen mit bloßem Vergütungsanspruch um. Die zu entrichtende Vergütung
wird in den jeweiligen Rechtsordnungen entweder gesetzlich festgelegt oder von
Urhebern und Verwertungsgesellschaften frei ausgehandelt.207 Die Anpassung älterer bzw. die Einführung neuer Vergütungsansprüche spiegelt einen „Trend“ zu einer
nutzungsorientierten Ausgestaltung des Urheberrechts wider, der die Entwicklung
des individualrechtlich konzipierten Urheberrechts zu einem sozialen Verständnis
im weitesten Sinne vorantreibt.208 Vergütungsansprüche sind somit darauf abge-
206 Siehe in diesem Zusammenhang OGH v. 25.05.2004, MR 2005, 30 – Verwertungsgesellschaftenpflicht.
207 Über die rechtshistorisch noch junge Entwicklung der gesetzlichen Vergütungsansprüche
siehe für das deutsche Recht Rossbach, Vergütungsansprüche, 1990, S. 24 ff. Vgl. Hilty, FS
Schricker, 2005, S. 325, 334 ff., der von Schranken als gesetzliche Lizenzen spricht. Eine
pauschale Bezeichnung der Vergütungsansprüche als „gesetzliche Lizenzen“ wird im vorliegenden Abschnitt aufgrund ihrer unterschiedlichen Gestaltung sowohl innerhalb der einzelnen
nationalen Urheberrechtsgesetze als auch im Rechtsvergleich bewusst vermieden. Ob es sich
im Einzelfall um eine „gesetzliche Lizenz“ oder um einen „Vergütungsanspruch“ handelt, ist
dabei nur historisch im Rahmen einer gegebenen Rechtsordnung zu beantworten. Gesetzliche
Lizenzen werden in der Regel ausdrücklich als verwertungsgesellschaftenpflichtige Vergütungsansprüche gestaltet und sind sowohl auf europarechtlicher Ebene in Bezug auf die Kabelweitersendung und das Folgerecht anzutreffen, als auch auf nationaler Ebene, z.B. die Geräte-, Leerkassetten- und Betreiberabgabe für die private Vervielfältigung, die Rundfunksendung von Konzert- und Bühnenaufführungen (Italien), die gesetzliche Lizenz zugunsten
Beherbergungsunternehmen (Österreich); Bespiele erwähnt von Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2005, Rn. 439.
208 So Walter, in: Dittrich (Hrsg.), Woher kommt das Urheberrecht und wohin geht es?, 1988, S.
239. Die Ausweitung des Urheberrechts durch Gewährung von Vergütungsansprüchen erweist
sich vor allem gegenüber der unkontrollierbaren digitalen Werknutzung als die geeignete Lösung. Wo also die Entwicklung preiswerter Kopiergeräte und die Mehrfachnutzung durch
Netzwerkeinsatz daran hindern, die Verwertungsrechte als Verbotsrechte einzusetzen, führt
die Info-Richtlinie eine Zahlungspflicht ein. Nur gegen einen gerechten Ausgleich dürfen einige der vorgesehenen Ausnahmetatbestände Anwendung finden. Das Prinzip des „gerechten
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stimmt, dem Urheber einen gerechten wirtschaftlichen Lohn für die Nutzung des
eigenen Werkes in einem kontrollfreien privaten Verbraucherkreis oder in einer
praktisch unkontrollierbaren Öffentlichkeit zu sichern, also dort, wo er die Werknutzung ungefragt hinnehmen muss. Der anerkannte Leitgedanke des Urheberrechts,
den Urheber möglichst angemessen an den wirtschaftlichen Früchten zu beteiligen,
die aus der Nutzung seines Werkes gezogen werden, dient dabei als Mindestforderung zum Schutz der materiellen Belange des Urhebers.209
Aus dogmatischer Sicht stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Vergütungsansprüche überhaupt als sui generis Bestandteile des subjektiven Urheberrechts angesehen werden können. Ihre schuldrechtliche Natur als Zahlungsansprüche, die im
Schrankenbereich entstehen, widerspricht dem gegenständlichen, absoluten Charakter des subjektiven Urheberrechts.210 Bei der Bestimmung der inneren Begründung
der urheberrechtlichen Vergütungspflicht ist allerdings festzuhalten, dass die entrichtete Vergütung nicht als Entschädigung, sondern als finanzieller Ausgleich für
die jeweilige Werknutzung wirkt.211 Die ausgleichende Funktion der Vergütungsansprüche schaltet sich dort ein, wo relativ wirkende Verwertungsrechte den Urheber
Ausgleichs“ stellt eine Kompromisslösung dar. Der Begriff soll allein als Brücke zwischen
den verschiedenen nationalen Vergütungssystemen dienen, indem er den etwaigen Umständen
bzw. den Nachteilen für die Rechtsinhaber Rechnung trägt; eine gemeinschaftsweite Harmonisierung wird dabei nicht beansprucht. Die bestehenden Unterschiede in Bezug auf Form,
Einzelheiten und Höhe der Vergütung werden von dem Richtlinie-Gesetzgeber für zulässig
erklärt, wenngleich sie das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen sollten (Erwägungsgrund Nr. 38 der Info-Richtlinie).
209 Vgl. beispielsweise die naturrechtlich geprägte Vorstellung des Bundesgerichtshofs in BGHZ
17, 266/278 – Grundig Reporter: „Für das moderne Urheberrecht wird allseitig anerkannt,
dass die Nutzungsrechte des Urhebers nur die Ausstrahlungen seines durch den Schöpfungsakt begründeten geistigen Eigentums sind. Die Herrschaft des Urhebers über sein Werk, auf
das sein Anspruch auf einen gerechten Lohn für eine Verwertung seiner Leistung durch Dritte
basiert, wird ihm hiernach nicht erst durch den Gesetzgeber verliehen, sondern folgt aus der
Natur der Sache, nämlich aus seinem geistigen Eigentum, das durch die positive Gesetzgebung nur seine Anerkennung und Ausgestaltung findet.“ Die Auffassung des BGH ist in der
österreichischen Lehre und Rechtsprechung in dieser Form nie geäußert worden. Dort wird
nämlich nicht von einem totalen Herrschaftsrecht, sondern von bestimmten ausschließlichen
Befugnissen ausgegangen; der einschlägige Rechtsgedanke kann demnach nur auf die Werkvermittlung bezogen werden, also nur maßgebend sein, wenn eine Nutzung des Werkes auf
eine dem Urheber vorbehalten Art geschieht, Dittrich, in: Dittrich (Hrsg.), Beiträge zum Urheberrecht VIII, ÖSGRUM Bd. 33 (2005), S. 35, 60 f.
210 Um eine Zuordnung der vermögenswerten Ergebnisse der schöpferischen Leistung an den
grundrechtlichen Kern des Urheberrechts begründen zu können, greift man in der deutschen
Lehre auf die Verdinglichung schuldrechtlicher Positionen zurück, die unter bestimmten Umständen dem grundrechtlichen Eigentumsbegriff unterfallen können; vgl. von Diemar, GRUR
2002, 587, 588 ff. m.w.H., welche im Ergebnis die Grundlegung eines erweiterten abstrakten
Begriffs des Urheberrechts erfordert, zu dessen Bestandteilen auch die Vergütungsansprüche
selbst zählen.
211 Lerche, FS Reichardt, 1990, S. 101, 107. Anderer Meinung zufolge sind Vergütungsansprüche
vielmehr systematisch zwischen entschädigungsloser Sozialbindung und entschädigungspflichtiger Enteignung einzuordnen; Leinemann, Die Sozialbindung, 1998, S. 70.
97
von der Möglichkeit abhalten, für die Nutzung durch Dritte unmittelbar einen angemessenen Ausgleich zu verlangen und dadurch den Markt für die öffentliche Werknutzung zu bestimmen.212 Der Grundsatz der Gewinnbeteiligung dient insofern als
Rechtfertigung für die Gewährung von Vergütungsansprüchen.
Weiteren Überlegungen zufolge wird der Vergütungsanspruch - neben dem positiven Nutzungsrecht sowie dem negativen Verbotsrecht – als eine zusätzliche Vergütungsbefugnis aufgefasst, der es als Überbleibsel des beschnittenen Verwertungsrechts213 zwar an Ausschließlichkeitswirkung mangelt, die dennoch in einigen Fällen
anstelle eines absoluten Verbotsrechts den wirtschaftlichen Belangen der Urheber
und Leistungsschutzberechtigten effizienter zu dienen vermag.214 Der gewichtigen
Stelle der Vergütungsansprüche im Urheberrechtssystem sowie im Rahmen der
kollektiven Wahrnehmung trägt jedoch die Auffassung gebührend Rechnung, wonach der Vergütungsanspruch nicht bloß zu einem Schadenersatzanspruch „degradiert“, sondern als ein am Maß der gesetzlich zulässigen Nutzung orientierter urheberrechtlicher Anspruch der besonderen Art angesehen wird.215 Die Qualifizierung
gesetzlicher Vergütungsregelungen als Vergütungsbefugnisse sollte allerdings von
den konkreten Vergütungsansprüchen abgegrenzt werden, welche mit der Verwirklichung jeweils unterschiedlicher, die Vergütungspflicht auslösender Tatbestandsmerkmale entstehen und im Einzelfall ein reines Vermögensrecht darstellen.216 Die
212 Vgl. Rehbinder, ZUM 1996, 349, 352 ff.
213 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1980, S. 293; Fromm/Nordemann - Nordemann, UrhR,
1998, Vor § 45 Rn. 7; Küfner, Vergütungsansprüche, 1971, S. 105, 116, der die Vergütungsansprüche nicht als weitere Verwertungsrechte, sondern als Bestandteile des allgemeinen
Verwertungsrechts betrachtet, wofür auch die Einordnung in den „Schranken des Urheberrechts“ betitelten Abschnitt des deutschen Urheberrechtsgesetzes spricht; ähnlich Hauptmann,
Die Vergesellschaftung des Urheberrechts, 1994, S. 86 ff. Kritisch dagegen von Diemar, Die
digitale Kopie zum privaten Gebrauch, 2002, 63 ff., 65, 77, die gegen eine Vereinbarkeit der
Vergütungsansprüche als schuldrechtliche und damit relativ wirksame Rechte mit der Konzeption des Verwertungsrechts als ausschließliches Recht argumentiert: „Private Vervielfältigungen sind zwar in Ermangelung eines entgegenstehenden Verwertungsrechts zulässig, der
private Nutzer kann aber kein Nutzungsrecht auf ihre Herstellung geltend machen.“; die gesetzliche Lizenz für den privaten Gebrauch sei zugleich ein gesetzliches Schuldverhältnis und
zwar ein einseitig verpflichtendes, weil als Äquivalent zur Vergütungsverpflichtung dem privaten Nutzer kein Nutzungsrecht eingeräumt werde.
214 Vgl. BGH v. 11.07.2002, GRUR 2002, 963 = NJW 2002, 3393 = ZUM 2002, 740 – Elektronischer Pressespiegel, wo das deutsche Höchstgericht darauf abstellt, dass das Geltendmachen
eines Verbotsanspruchs dem Urheber nicht ohne Weiteres zu einer Vergütung verhilft, eine
Schranke dagegen, welche den Verbotsanspruch auf einen Vergütungsanspruch "reduziert",
unter Umständen schon. Sollen ein Marktversagen in Sinne von urheberrechtlichen Implikationen zu Lasten der Kreativen gehen und deshalb durch den Einsatz von Schranken korrigiert
werden, so müssen die entsprechenden Werknutzungen zwingend mit einem Vergütungsanspruch verbunden sein, der Gegenstand der kollektiven Rechtewahrnehmung ist, so der Ansatz von Hilty, GRUR 2005, 819, 823 ff.
215 Rossbach, Vergütungsansprüche, 1990, S. 79 ff.; Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen
Gebrauch, 2004, S. 520 ff.; vgl. Gaubiac, RIDA 123 (1985), 107, 119 ff., 131 ff.; Kéréver,
RIDA 133 (1987), 3, 9 ff.
216 Rossbach, Vergütungsansprüche, 1990, S. 103; von Diemar, GRUR 2002, 587 ff. m.w.H.
98
einzelnen Vergütungspositionen werden gesetzestechnisch im jeweiligen Abschnitt
über die Schranken des Urheberrechts angelegt.
Da der Gesetzgeber über einen verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum bei
der Ausgestaltung einer Vergütungsregelung verfügt, kennen die nationalen Urheberrechtsgesetze der EU-Mitgliedstaaten keine einheitliche Regelung dieser Ansprüche, welche im Gesetz unterschiedlich angesiedelt sind. Besonderes Interesse gilt
der Realisierung der Vergütungsansprüche in der Praxis. Viele europäische Vergütungssysteme stellen auf die Grundlage der angemessenen Vergütung ab, die mancherorts als verfassungsrechtlich geboten angesehen wird217 - eine Ausnahme bilden
die Rechtssysteme Großbritanniens, Irlands und Luxemburgs. In Frankreich, wo der
Gedanke der angemessenen Vergütung ("rémunération juste et équitable") eher in
den Hintergrund gerückt wird, richtet sich der gesetzliche Vergütungsanspruch nicht
auf die Zahlung einer angemessenen Vergütung, sondern auf die Zahlung einer Vergütung schlechthin, wobei der in der Form einer Abgabe pauschalisiert geschuldete
Betrag durch unabhängige, fachspezialisierte Organe festgelegt und in Frankreich
als eine Art Besteuerung ("taxation") eingeordnet wird.218 Mit der Aufstellung von
Vergütungen für die private Vervielfältigung ist die Commission de la copie privée
betraut; einer zweiten Kommission, der Commission de la rémunération équitable,
obliegt die Festlegung von Tarifen im Bereich der öffentlichen Wiedergabe von
Ton- und Bildtonträgern. Auch in den nordischen Ländern wird den Herstellern und
Importeuren vergütungspflichtiger Medien eine steuerähnliche Abgabe für Leerkassetten anstelle einer urheberrechtlichen Vergütung auferlegt. Dem liegt der in der
nordischen Urheberrechtstradition verankerte Gedanke zugrunde, dass dem Urheber
kein subjektives Recht auf angemessene Vergütung zusteht; hier wird der gerechte
Ausgleich des Kreativen durch die Erhebung einer Abgabe bewirkt, die abseits des
Urheberrechtssystems liegt. Fiskalische Merkmale weist auch die Leerkassettenabgabe in den Niederlanden auf.219
Die angemessene Vergütung soll die durch die Schranken für den Urheber und
Leistungsschutzberechtigten entstandenen (finanziellen) Nachteile ausgleichen.
Dabei wird ihr entweder der Charakter einer Wiedergutmachung („compensation“) –
den Begriff verwendet die Info-Richtlinie – oder der Charakter einer Gegenleistung
(„remuneration“, „rémunération“) im Sinne der kontinentaleuropäischen Urheber-
217 Das Gebot der angemessenen Vergütung hat seine Ursprünge im Konventionsrecht, Art. 9
RBÜ und Art. 13 TRIPs. Auch Art. 10 WCT sowie die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der
Informationsgesellschaft geben das Prinzip der angemessenen Beteiligung vor. Auch der
EuGH hat zuletzt im Rahmen eines ihm vorgelegten Rechtsstreits (EuGH v. 6.02.2003, Rs. C-
245/00, GRUR Int. 2003, 529 – SENA) die Mitgliedstaaten aufgefordert, innerhalb der Gemeinschaft anhand des wirtschaftlichen Wertes dieser Nutzung den Begriff der angemessenen
Vergütung möglichst einheitlich zu beachten; auf eine Konkretisierung des vagen Begriffs
„angemessenes Entgelt“ ist er hingegen nicht eingegangen. Die Info-Richtlinie verwendet den
Begriff des „gerechten Ausgleichs“, der als schwächerer Anspruch der Rechteinhaber eingestuft wird, siehe Rosén, GRUR Int. 2002, 195, 203.
218 Lucas/ Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 2001, Rn. 712.
219 Hugenholtz, RIDA 169 (juillet 1996), 129, 151.
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rechtstradition zugesprochen.220 Nicht nur das Gesetz, sondern bereits Schrifttum
und Rechtsprechung unterstreichen den Leitgedanken - bekannt auch als Beteiligungsgrundsatz - , dass der Urheber angemessen an den wirtschaftlichen Früchten
zu beteiligen ist, die aus der Nutzung seines Werks durch Dritte gezogen werden;
die Beteiligung des Urhebers an dem wirtschaftlichen Wert seiner Leistung soll
letztlich nach dem Maß bestimmt werden, in dem sein Werk auf urheberrechtlich
relevante Weise genutzt wird.221 Der Anspruch des Urhebers auf ein angemessenes
Entgelt hängt von der Tatsache der Werknutzung und nicht von deren wirtschaftlichem Erfolg ab, darf allerdings nicht so hoch bemessen sein, dass seine Durchsetzung den berechtigten Zugang der Allgemeinheit zum Kulturgut unverhältnismäßig
behindern würde. Vorgesehen wird somit entweder die Möglichkeit einer Beteiligung des Urhebers nach bestimmten Prozentsätzen an Veräußerungserlösen222 oder
Herstellerabgabepreisen223 oder die Regelung der Vergütungshöhe durch ein System
fester Vergütungssätze. Vergütungssätze werden nur ausnahmsweise gesetzlich
festgelegt, und zwar im Fall der privaten Vervielfältigung224, wobei anderweitige
vertragliche – in der Regel günstigere - Vergütungsregelungen zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzervereinigungen Vorrang haben. In den anderen Fällen
sind sie frei aushandelbar, wobei bei einer Wahrnehmungspflicht durch die Verwertungsgesellschaften spezielle, über Tarife bzw. Gesamtverträge für die jeweilige
Nutzung festgelegte Vergütungssätze zur Geltung kommen. Für die Überprüfung der
220 Zu dieser terminologischen Unterscheidung siehe Strowel/Derclaye, Droit d’auteur et numérique, 2001, Rn. 543 f. Die Kompensationstheorie wird allerdings nicht in allen Ländern anerkannt. In Deutschland wird der angemessenen Beteiligung eine verfassungsrechtliche Grundlage zugesprochen wird. Dies bringt Maus, Die digitale Kopie, 1991, S. 224, zutreffend zum
Ausdruck: „Der Verlust potentieller Vergütungsvorgänge mag die Notwendigkeit eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs unterstreichen. Der Anspruchsgrund liegt aber in dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Kompensation der Nutzungsvorgänge, nicht in der Substitution potentieller Vergütungsvorgänge im Bereich des Verkaufsmarktes. […] Der Vergütungsanspruch hat nicht den Schaden des Nutzungseingriffs zu ersetzen, sondern mäßigt die
individuelle Beschwer, die der geistige Eigentümer durch die Sozialbindung und die Inhaltsbestimmung hinzunehmen hat“. Der verfassungsrechtliche Schutz für die aus Urheberrechten
abgeleiteten Vergütungsansprüche unter der Eigentumsgarantie findet auch Zustimmung in
der österreichischen Lehre und Rechtsprechung; siehe in dieser Hinsicht Lessiak, ÖJZ 1993,
760, 762.
221 Dieser Leitgedanke des Urheberrechts ist breit verankert in der deutschen Gesetzgebung und
Rechtsprechung. Nicht auf die Zahlung einer „angemessenen Vergütung“, sondern auf die
Zahlung einer der Höhe nach gesetzlich näher zu spezifizierenden Pauschalvergütung richtet
sich der Vergütungsanspruch im französischen Urheberrecht (Art. L. 311-1 CPI; vgl. auch
Art. L. 311-3 CPI).
222 So wird z.B. in Deutschland ein Beteiligungssatz in Höhe von 10% der Bruttoeinnahmen als
Richtgröße einer angemessenen Urhebervergütung für die einzelnen Verwertungsformen urheberrechtlich geschützter Werke betrachtet; siehe hierzu Scheuermann/Strittmatter, ZUM
1990, 338, 343 ff.
223 So der Fall in Frankreich, siehe Art. L. 131- 4 CPI.
224 Die seit 1985 ins deutsche Urheberrecht eingeführten Vergütungssätze wurden in der Anlage
zu § 54d DE-UrhG festgelegt.
100
Angemessenheit und Anpassung der Tarife ist in den meisten europäischen Rechtssystemen eine unabhängige Instanz zuständig, die es den beteiligten Parteien (Verwertungsgesellschaften und Verwertern) erlaubt, bei Meinungsverschiedenheiten
über die Bemessung der Vergütungshöhe selber und rasch zu bestimmen.225
Die gesetzlichen Vergütungsansprüche werden nach herrschender Ansicht im
deutschen Schrifttum nach Gebrauchsebene gestaffelt und insbesondere dem Bereich der Zweitverwertung zugeordnet.226 Während die Einwilligungs- und Verbotsrechte den Bereich der Erstverwertung markieren, handelt es sich bei der Zweitverwertung um den massenhaften Gebrauch von geschützten Werken und Darbietungen. Die Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitverwertung wird dabei vom Gesetz
nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten vorgenommen. Rechtlich gesehen stellt eine
Vervielfältigung bereits eine zweite Verwertung, die Verbreitung und Sendung des
Vervielfältigungsstücks die dritte und vierte, deren öffentliche Wiedergabe und
private Vervielfältigung die fünfte dar. Aus der Sicht des Leistungsschutzberechtigten werden bei der Tonträgerproduktion die Aufnahme der Darbietung auf Bildoder Tonträger sowie die Vervielfältigung und Verbreitung dieser Aufnahme als
Erstverwertung, die Sendung erschienener Tonträger und die öffentliche Wiedergabe
der Darbietung mittels Bild-/Tonträger oder Funksendung wiederum als Zweitverwertung angesehen.227 Bei der Filmproduktion wird zwischen Erst- und Zweitverwertung anderweitig differenziert: Die Sendung des Films und die Verbreitung auf
Videokassette sind noch Erstverwertung; Zweitverwertung ist erst die öffentliche
Wiedergabe und Überspielung des gesendeten Films.228 Auch im Bereich der digita-
225 In Deutschland existiert bereits ein derartiges Verfahren vor der Schiedsstelle des nationalen
Patentamtes. Ähnlich wurde in Frankreich zur Festlegung der jeweiligen Vergütungsgrundlagen eine Kommission eingesetzt, welche zur Wahrung der Unabhängigkeitsgarantie aus Vertretern aller beteiligten Kreise zusammengestellt wird und unter staatlicher Aufsicht steht;
eingehend zur Tarifüberprüfung und der damit anvertrauten Organe unten im Dritten Teil, 3.
Abschnitt, B. Im Hinblick auf eine beschleunigte Streitbeilegung weist dieses Modell einige
Vorteile gegenüber einer gesetzlichen Tariffestlegung auf, welche eine fortlaufende Aktualisierung der Vergütungssätze nicht gewährleisten kann. Vgl. auch 2. Vergütungsbericht der
Bundesregierung v. 11.07.2000, BT-Drucks. 14/3972, S. 20, abgedruckt in UFITA 2000-III,
691-742. Andererseits könnte damit argumentiert werden, dass eine Zuständigkeit des parlamentarischen Gesetzgebers nicht zur jederzeitigen Änderung der Vergütungssätze gedacht ist,
sondern nur für den Fall einer erheblichen Veränderung der wirtschaftlichen und technischen
Verhältnisse. Außerdem sollen gesetzlich festgelegte Vergütungssätze als Grundlage für Gesamtverträge dienen, wovon abweichende Vereinbarungen durchaus möglich sind; siehe hierzu Kreutzer, ZUM Sonderheft 2003, 1041, 1042.
226 Kritisch gegenüber einer solchen Staffelung der Vergütungsansprüche Kirchhof, Der Gesetzgebungsauftrag, 1988, S. 55 ff. Bei der Qualifikation und Bemessung des Vergütungsanspruchs treffe die Parallele zur mehrstufigen Verwertung eines Wirtschaftsgutes den Vorgang der privaten Vervielfältigung nicht.
227 Vgl. Thurow, in: Becker/Dreier (Hrsg.), Urheberrecht und digitale Technologie, 1994, S. 77,
81, der die Meinung vertritt, dass die traditionelle Einteilung zwischen Erst- und Zweitverwertung im digitalen Kontext obsolet wird: digitale Übermittlung durch Sendung oder Kabel werde künftig eine Form der Erstverwertung sein.
228 Dünnwald, in: Unverzagt/Röckrath (Hrsg.), Kultur & Recht, 1998, Teil B 3.2, S. 3 ff., 6 ff.
101
len Werkverwertung kommt eine Abgrenzung zwischen Erst- und Zweitverwertung
zur Geltung, je nachdem, welchem der herkömmlichen Verwertungsformen die
verschiedenen Nutzungsvorgänge zuzuordnen sind oder ob ein audiovisuelles Produkt rechtlich und wirtschaftlich wie ein Tonträger oder Film behandelt wird. Das
neue Recht der öffentlichen Zugänglichmachung wird folglich der Zweitverwertung
zugeordnet.
Der an Bedeutung gewinnende Gedanke des gerechten Ausgleichs für unkontrollierbare Massennutzungen als eine Art "nachgelagerte" Gewinnbeteiligung wird
insofern verstärkt, als einige der gesetzlichen Vergütungsansprüche an Verwertungsgesellschaften zur kollektiven Wahrnehmung abgetreten werden. Die Verwertungsgesellschaften schalten sich daher erst auf der Ebene der Zweitverwertung ein.
Erstverwertungsrechte können auch zur kollektiven Wahrnehmung eingeräumt werden.229 Eine zwingende kollektive Wahrnehmung wird für die Bibliothekstantieme,
die Leerträger-, Geräte- und Betreibervergütung, die Pressespiegelvergütung sowie
für Ansprüche aus der Kabelweitersendung gesetzlich angeordnet, um die Durchsetzung der Rechte des Urhebers bzw. des Leistungsschutzberechtigten sicherzustellen.
Aufgrund mangelnder Praktikabilität von direkten Ansprüchen gegen den anonymen
Endverbraucher basieren die urheberrechtlichen Vergütungsansprüche auf einem
Stufensystem zur mittelbaren Erfassung des Endverbrauchers230: Der Urheber erhält
das Entgelt für die Gestattung seiner Verwertungsrechte jeweils vom jeweiligen
Hersteller und Betreiber von Kopiergeräten, Vermieter, Verleiher oder Kunsthändler, deren Geräte bzw. Erwerbszwecke dem Verwertungsverkehr dienen; durch den
Einkauf oder die Vermietung, die mit der Urheberrechtsabgabe preislich belastet ist,
wird der Urheber mittelbar über den Werkvermittler von dem entlegenen Endverbraucher entlohnt – allerdings mit gewissen Pauschalierungen. Das Auseinanderfallen von Werkverwertern und Abgabepflichtigen rechtfertigt sich dadurch, dass die
Pauschalabgabenbelastung von den Abgabepflichtigen über den Ladenpreis an die
Endverbraucher weitergegeben wird, so dass letztere jedenfalls wirtschaftlich gesehen die eigentlichen Träger der Abgabenlast sind.231 Das absolute Verbotsrecht
„degeneriert“ somit zu einem reinen Vergütungsanspruch,232 der nicht an die einzel-
229 Vgl. OLG Frankfurt v. 6.12.2005, GRUR 2006, 578 – Erstverwertungsrechte.
230 BVerfGE 31, 255, 267 - Tonbandvervielfältigung; BVerfG v. 19.09.1996, GRUR 1997, 123 -
Kopierladen I; zustimmend Hubmann, ZUM 1988, 4, 9; Rehbinder, ZUM 1996, 349, 350 ff.;
ders, UrhR, 2006, Rn. 194; Dreier/Schulze, UrhG, 2004, § 15 Rn. 3. Für das österreichische
Recht Dillenz, Materialien, ÖSGRUM Bd. 3 (1986), S. 368.
231 Im digitalen Kontext stellt sich erneut die Frage, ob die Werknutzung in einem Äquivalenzverhältnis zu der urheberrechtlichen Vergütung in Form einer Geräte- und Leermedienabgabe
stehen kann. Bedenken werden diesbezüglich vor dem Hintergrund geäußert, dass die vergütungspflichtige Werknutzung im Internetzeitalter keine dauerhafte Aufzeichnung des Werks
auf einem bestimmten Datenträger mehr voraussetzt; vielmehr können die Daten bei Bedarf
übers Netz abgerufen und direkt in den Arbeitsspeicher geladen werden, Ulbricht, Pauschalabgaben, 2005, S. 16.
232 Reinhart, UFITA Bd. 106 (1987), 219, 229; Wandtke, GRUR 2002, 1, 7. Der deutsche Gesetzgeber war 1965 weltweit der Erste, der auf den technischen Fortschritt mit der Einführung
gesetzlicher Vergütungsansprüche reagierte, Dieselhorst, GRUR Int. 1994, 788, 789.
102
nen Nutzungsvorgänge angeknüpft, sondern pauschal in Form einer Abgabe geltend
gemacht und von den Herstellern sowie von bestimmten Betreibern der entsprechenden Geräte erhoben wird. Insofern ist der einzelne Urheber nicht den technologischen Auswirkungen ausgesetzt, sondern ihm wird durch die kollektive Wahrnehmung zur Durchsetzung seiner vermögenswerten Interessen verholfen. Durch
den Einsatz standardisierter Verfahren zur Erfassung einer unüberschaubaren Zahl
von Werknutzungen gelingt es dem System der kollektiven Wahrnehmung, das
fiktive Konstrukt der rechtlichen Herrschaft über das Werk in die tatsächliche Beherrschbarkeit der Werknutzung zu transformieren.233
Im Rahmen der nachstehenden Ausführungen werden die angesichts der europäischen Rechtsangleichung vorgenommenen bzw. vorzunehmenden Anpassungen der
Schrankenbestimmungen nachgezeichnet. Wie bereits dargestellt, sieht die EU-
Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft keine verbindliche
Schrankenliste vor. Die Entscheidung über eine Erweiterung der bestehenden
Schranken wird weitgehend den Mitgliedstaaten überlassen. Im Grunde dürfen die
Mitgliedstaaten alle Schranken behalten, die sie bislang gewähren, solange sie sich
auf den analogen Bereich beziehen; für den digitalen Bereich hat die Europäische
Union eine Art Wunschliste aufgestellt. Für die Anwendung der von der analogen
Werknutzung geprägten Schrankenbestimmungen im Bereich der elektronischen
Kommunikation sind es vornehmlich die urheberrechtlich relevanten Formen der
Vervielfältigung, der Verbreitung und der öffentlichen Wiedergabe, die den Standort
für eine erneute Interessenabwägung zwischen Urheber und Verwerter digitaler
Inhalte bilden. Obgleich die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft keine gesetzlichen Vergütungsansprüche einführt und sich dabei allein auf
das Gebot des "gerechten Ausgleichs" beschränkt, folgt die im Hinblick auf die
kollektive Wahrnehmung zweckgebundene Darstellung der Schrankenregelungen
der Aufteilung von vergütungspflichtiger und nichtvergütungspflichtiger Werknutzung. Das Augenmerk wird dabei auf Gemeinsamkeiten und Abweichungen der
verschiedenen nationalen Urheberrechtssysteme gelegt, wobei diejenigen Privilegierungstatbestände berücksichtigt werden, denen im digitalen Umfeld eine besondere
Bedeutung beizumessen ist.
II. Vergütungspflichtige Nutzungsvorgänge
Der Aufbau des Systems der urheberrechtlichen Schranken als Stufensystem zur
mittelbaren Erfassung des (nicht feststellbaren) Endverbrauchers ermöglicht es dem
Urheber, mangels einer echten Alternative für den Werkgenuss aufgrund von Exemplaren im privaten Kreis (Privatkopie) oder aufgrund der Werkwiedergabe in der
Öffentlichkeit (bei Lesungen, Konzerten, Vorführungen, Wiedergabe von Rundfunksendungen, durch Gebrauchsüberlassung, im Internet) auf indirekte Weise ein
233 Hauptmann, Die Vergesellschaftung des Urheberrechts, 1994, S. 56.
103
entsprechendes Entgelt zu erlangen. Ein solcher Vergütungsanspruch besteht - wie
bereits oben ausgeführt – vor allem dort, wo die Interessen der Verwerter, Nutzer
und Urheber aufeinanderstoßen. Konkreter ist dies bei Vervielfältigungen zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch der Fall, wo die Aufstellung einer Gerätebzw. Leerträgerabgabe und der Großkopiererabgabe unkontrollierbare Nutzungsvorgänge erfasst und somit dem Urheber – wenn auch ohne dessen Bewilligung –
zumindest eine angemessene Belohnung garantiert. Gerade im Lichte der digitalen
Werknutzung kommt sämtlichen Facetten der privaten Vervielfältigung sowie der
Zulässigkeit elektronischer Pressespiegel eine wachsende Bedeutung zu, wobei
beide Auswertungsformen Kontroversen aufwerfen und Interessenkonflikte auslösen. Einer durch den technologischen Fortschritt bedingten Neubewertung unterliegen auch sonstige Schranken des Vervielfältigungsrechts, der öffentlichen Zugänglichmachung und der öffentlichen Wiedergabe, allerdings nur auf einige wenige
Rechtssysteme beschränkt.
Im Folgenden werden jene Schranken- und Vergütungsregelungen in den verschiedenen europäischen Urheberrechtssystemen untersucht, die im Rahmen der
digitalen Werkverwertung gewichtige Auswirkungen auf Theorie und Praxis der
kollektiven Wahrnehmung ausüben.
1. Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch
1965 war das deutsche Urheberrechtssystem das erste weltweit, welches die private
Werknutzung gesetzlich regelte. Darauf haben die restlichen kontinentaleuropäischen Systeme mit Sondervorschriften über die Vervielfältigung zum privaten
Gebrauch reagiert, welche in der Regel Reproduktionen, audio- und audiovisuelle
Aufzeichnungen sowie den Mitschnitt von Sendungen umfasst. Die Schrankenregelung für die private Kopie wird als gesetzliche Lizenz und somit als einseitig verpflichtendes Schuldverhältnis zur Zahlung einer angemessenen Vergütung gestaltet.234 Grundlage für die Ausnahmen vom absoluten Vervielfältigungsrecht sind die
relativ kleinen wirtschaftlichen Werte, mit denen der private und wissenschaftliche
Gebrauch verbunden ist. Es kann daher bei der Privilegierung der privaten Vervielfältigung von einer Art Kompromiss die Rede sein, nämlich dem Versuch eines
gerechten Ausgleichs zwischen den Interessen der Urheber bzw. Leistungsschutzberechtigten an der Anerkennung eines unbeschränkten Herrschaftsrechts am eigenen Werk und den Interessen der Allgemeinheit am ungehinderten Zugang zu den
Kulturgütern.235
234 von Diemar, GRUR 2002, 587, 590 ff.; übereinstimmend Stickelbrock, GRUR 2004, 736,
741 f.
235 OGH v. 26.01.1993, 4 Ob 94/92, ÖBl. 1993, 136 - Null Nummer II.
104
a. Voraussetzungen und Umfang der Privilegierung privater Vervielfältigungen
(1) Grundlagen und Gestaltung der Vervielfältigungsfreiheit im digitalen Umfeld
Unter dem Begriff des privaten Gebrauchs lassen sich jene Vervielfältigungen subsumieren, die zum rein persönlichen Werkgenuss bzw. zum Werkgenuss im Familien- und Freundeskreis vorgenommen werden. Vom privaten Gebrauch, der nur natürlichen Personen vorbehalten ist, sind freilich andere privilegierte Formen des
eigenen Gebrauchs zu unterscheiden, die Forschungs-, Unterrichts- sowie betriebsinternen Zwecken dienen, etwa der Information oder Dokumentation zugunsten der
einzelnen Angehörigen bzw. Angestellten der jeweiligen Einrichtung.236 Im Verhältnis zueinander ist der private Gebrauch, soweit er natürliche Personen betrifft,
als Unterfall des eigenen Gebrauchs anzusehen. Gleichzeitig ist aber der eigene
Gebrauch, soweit er sich allein auf die reprographische Vervielfältigung (auf körper-
236 Die Zulässigkeit der privaten Vervielfältigung außerhalb des Privaten setzt eine enge und
vertraute Verbundenheit zu weiteren Personen voraus, so dass über eine bloße Interessenidentität oder ein gewisses Gemeinschaftsgefühl hinaus ein Bewusstsein vorhanden sein muss,
persönlich miteinander verbunden zu sein (nicht erst zu werden); eine derartige Verbundenheit scheidet daher in Kontakt- und Kundengesprächen aus, so Flechsig, GRUR 1993, 532,
535. Privilegiert sind hingegen Vervielfältigungen, die zwar vor einem beruflichen Hintergrund vorgenommen werden, jedoch zum Gebrauch in der Privatsphäre bestimmt sind; ein indirekter Erwerbszweck liegt hierbei keinesfalls vor, auch wenn mittels des privaten Gebrauchs
das Fortbestehen der beruflichen Tätigkeit gesichert wird, Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 353. Vgl. auch BGHZ 18, 44 ff. – Fotokopierurteil, in dem der
BGH die Herstellung fotomechanischer Vervielfältigungen für den innerbetrieblichen
Gebrauch für genehmigungsfrei, jedoch vergütungspflichtig erklärte. Anders sieht die Rechtslage aus, wenn die im Rahmen der freiberuflichen Tätigkeit hergestellten Vervielfältigungsexemplare der Ergänzung der Bibliothek oder der Anfertigung von Schriftsätzen dienen. Die
Vervielfältigung ist in solchen Fällen nur gestattet, wenn und insoweit sie zu den verfolgten
Zwecken geboten ist, so Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1980, S. 305. Übereinstimmend
Hölscher, Die Ausnahmebestimmungen für den eigenen Gebrauch, 2001, S. 146. Der Privilegierung der beruflichen Werknutzung innerhalb eines kleinen Kreises von Fachleuten hat auch
die franz. Rechtsprechung zugestimmt, Cour de Cassation v. 17.11.1981, Bull. Civ. I, 1981,
n° 339, D. 1983, Som., S. 89 (92 ff.) mit Anm. Colombet; die Freistellung der betriebsinternen
Vervielfältigung ergibt sich auch aus den belgischen Gesetzesmaterialien, Strowel/Derclaye,
Droit d’auteur et numérique, 2001, S. 75. Während der 70iger Jahre wurde in Italien eine neue
Interpretation des privaten Gebrauchs verbreitet: die gesetzliche Bestimmung über die Privatkopie bezieht sich nicht auf ein technisch-juristisches Konzept, sondern auf die Individualisierung einer Handlung und auf die daraus folgenden Erfordernisse - also auf die Möglichkeit,
dass derjenige, der das Werk nutzt, dieses immer präsent haben, studieren und kennenlernen
kann. Es geht dabei nicht um das Problem des Kreises der Familie oder des öffentlichen oder
privaten Gebrauchs, sondern um das Problem der persönlichen Kenntnis des Werkes, also um
die "Kommunikation" zwischen dem Urheber und Dritten, auf diese Lehre weist Straus,
GRUR Int. 1980, 350, 354 hin.
105
liche Trägermaterialien) beschränkt, enger als der private Gebrauch.237 Bezüglich
der digitalen Werknutzung stellt sich die Frage, inwieweit die gesetzliche Schranke
der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch für die digitale Vervielfältigung zur
Anwendung kommt und ob zwischen analog und digital zu unterscheiden ist. Ausgangspunkt für die künftige Gestaltung der Vervielfältigungsfreiheit zum privaten
Gebrauch im digitalen Kontext ist mithin, ob der fragliche digitale Nutzungsvorgang
funktional dem entspricht, was der Gesetzgeber als regelungsbedürftig angesehen
hat, und zwar sowohl aus der Sicht des Werknutzers als auch der des Urhebers.
Trotz Diskrepanzen in den einzelnen Urheberrechtssystemen der EU-Mitgliedstaaten
wird die Freistellung von Vervielfältigungsvorgängen der elektronischen Kommunikation mittlerweile favorisiert, solange die Einspeicherung, Bearbeitung oder der
Abruf urheberrechtlich geschützter Inhalte innerhalb der Privatsphäre bzw. des Familienkreises („dans un cercle de famille“ nach französischem und belgischem
Sprachgebrauch) vorgenommen werden und keine wirtschaftlichen oder kommerziellen Zwecke verfolgen („usage strictement privé“ im belgischen Text).238 Auch
praktische Gründe angesichts der unkontrollierbaren Online-Werknutzung sprechen
für die Erfassung der digitalen Vervielfältigung durch den Privilegierungstatbestand
der Vervielfältigungsfreiheit zum privaten Gebrauch, sofern diese in der häuslichen
Privatsphäre des Endnutzers bleibt bzw. im Rahmen der Individualkommunikation
erfolgt.239 Nur das Modell der vergüteten gesetzlichen Lizenz kann flächendeckend
eine angemessene Beteilung der Urheber und Rechteinhaber gewährleisten.
Die Info-Richtlinie lässt dem nationalen Gesetzgeber einen weiten Spielraum zur
Gestaltung der Schranke für die private Vervielfältigung; er kann also auf wesentliche Beschränkungen der Privatkopie verzichten oder sie gänzlich untersagen.240 Die
Bindung der EU-Mitgliedstaaten an europarechtliche Vorgaben bei der Umsetzung
der Richtlinie - die europäischen Grundrechte (hier der Eigentumsschutz241), die
237 Handig, ÖBl. 2003, 212, 214; Thiele/Laimer, ÖBl. 2004, 52, 55 f. m.w.H.
238 Der Begriff „cercle de famille“ ist auslegungsbedürftig. Er kann soweit ausgedehnt werden,
um jeden „abgeschirmten“ Personenkreis einzuschließen, der sich durch familiäre, freundschaftliche und berufliche Beziehungen definiert; siehe de Visscher/Michaux, Précis du droit
d’auteur et des droits voisins, 2000, S. 123. Vgl. aber Corbet, RIDA 164 (avril 1995), 51, 83,
nach dem der einschlägige Begriff enger konzipiert ist als der Begriff „privater Kreis“.
239 Bei einem Nachrichtenaustausch in Diskussionsforen oder Newsgroups kommen allerdings
Beeinträchtigungen des Vervielfältigungsrechts in Betracht, wobei die Vervielfältigung einzelner Stellen eines geschützten Werks vom Zitatrecht erfasst werden, Heermann, MMR
1999, 3, 6.
240 Eine uneingeschränkte Privatkopie im digitalen Kontext steht ohnehin außer Frage; ein „Recht
des Nutzers auf Privatkopie“ lässt sich keinesfalls aus den Grundrechten herleiten und die
Forderungen der Verbraucherverbände nach dem Erhalt der Privatkopie impliziert das Einverständnis mit einer angemessenen Vergütung der Urheber. Ebenso findet die Option einer
Rückführung der digitalen Privatkopie in ein Exklusivrecht eher geringe Unterstützung in der
Fachwelt; siehe u.a. Poll/Braun, ZUM 2004, 266, 279; Berger, ZUM 2004, 257, 265.
241 Das geistige Eigentum hat in Art. 17 (2) der EU Grundrechtcharta eine gesonderte Erwähnung
gefunden und ist als Würdigung der zunehmenden Bedeutung des geistigen Eigentums durch
die Rechtsprechung der europäischen Gerichte zu verstehen. Beschränkungen dieses Rechts
106
Warenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit sowie der Dreistufentest - steht einem
vollständigen Ausschluss der Privatkopie und der Hinwendung zu einem Verbotsrecht des Urhebers nicht im Wege.242 Die Richtlinie sieht allerdings davon ab, zwei
getrennte Vorschriften für die analoge und digitale Privatkopie im Schrankenkatalog
vorzusehen, so dass die Einführung eines Verbotsrechts nur für die digitale Privatkopie unvereinbar mit der Richtlinie wäre. Eine Differenzierung zwischen analog
und digital im Sinne des Erwägungsgrunds Nr. 38 der Info-Richtlinie, nach dem den
Unterschieden zwischen den Vervielfältigungsarten gebührend Rechnung zu tragen
sei, soll vielmehr auf der Ebene der Vergütung unter Berücksichtigung wirksamer
technischer Schutzmaßnahmen erfolgen.243
In Deutschland blieb die Regelung der Vervielfältigungsfreiheit und sonstiger
Schranken der zweiten Etappe der Novellierungsarbeiten vorbehalten, die am
26.10.2007 die Verabschiedung des sog. Zweiten Korbs ergaben. Demnach erfährt
die Privatkopie keine wesentlichen Änderungen.244 Spartenspezifische Bereichslösungen, die zahlenmäßige Beschränkung der Herstellung auf ein einzelnes Vervielfältigungsstück des eigenen Originals, Einschränkungen der Privatkopie bei Internet-Sendungen auf das sog. Time-Shifting245, die Etablierung eines Zeitfensters im
Filmbereich, wonach die Privatkopie eines Filmes vor und ein Jahr nach dem Kinostart unzulässig ist, oder gar ein umfassendes Verbot im Online-Bereich („Online-
Schranke“) wurden zwar dabei in Erwägung gezogen, im Ergebnis jedoch als nicht
sachgerecht bzw. nicht durchsetzbar abgelehnt.246 Das geltende deutsche Urhebersind nur dann zulässig, wenn sie auf einem Gesetz beruhen, die Wesensgehaltsgarantie beachten und verhältnismäßig sind, vgl. EuGH-Urteil v. 13.12.1979, Rs. 44/79, Hauer, Slg. 1979, S.
3727; siehe hierzu Bernsdorff/Borowsky, Die Charta der Grundrechte der europäischen Union,
2002, S. 304 ff.
242 Ein vollständiger Ausschluss der Privatkopie würde die besondere Bedeutung des geistigen
Eigentums in Europa unterstreichen und eine im Sinne des Art. 30 EGV gerechtfertigte Einschränkung der Warenverkehrsfreiheit zur Erlangung eines höheren Urheberrechtsschutzes
darstellen. Außerdem käme bei einem umfassenden Verbotsrecht des Urhebers bezüglich privater Vervielfältigungshandlungen der Dreistufentest gar nicht erst zur Anwendung, so Aschenbrenner, ZUM 2005, 145, 150, 152.
243 Aschenbrenner, ZUM 2005, 145, 151.
244 Vgl. Braun, ZUM 2005, 100, 101 ff., der in dem Verzicht auf Einschränkungen des Tatbestands der Privatkopieschranke eine verpasste Gelegenheit sieht, derzeit bestehende Widersprüche und logische Brüche der einschlägigen Vorschrift zu beseitigen; wenn schon an der
Schranke der Privatkopie festgehalten werden solle, so müsse sie, um den Anforderungen des
Dreistufentests zu genügen, zumindest auf wenige, eng umgrenzte Ausnahmefälle begrenzt
werden, in denen die Herstellung eines Vervielfältigungsexemplars überhaupt noch gerechtfertigt sei.
245 Diese Beschränkung wird von der phonographischen Industrie gefordert und beruht auf die
Schrankenregelung von Sec. 70 des britischen CDPA, wonach die Aufzeichnung einer Sendung oder eines Kabelprogramms zum Anschauen oder Anhören auf einen späteren, günstigen
Zeitpunkt als fair dealing zulässig ist.
246 Siehe amtliche Begründung zum RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des
Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, S. 29 ff., abrufbar unter
(Letzter Abruf: 26.03.2005).
107
recht lässt die Vervielfältigung von Werken ohne Erlaubnis des Urhebers in geeignetem Umfang „zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch“ zu, wobei die Nutzung der beiden Vervielfältigungsarten für den privaten und sonstigen eigenen
Gebrauch unterschiedlich ist (§ 53 (1) iVm §§ 54 ff. DE-UrhG). Während bei der
Vervielfältigung von Werken durch Aufnahme auf Bild- und Tonträger die überwiegende Nutzung im privaten Bereich stattfindet, liegt das Hauptanwendungsgebiet
der reprographischen Vervielfältigung bei der Nutzung zum sonstigen eigenen
Gebrauch.247 Allenfalls dürfen nur einige wenige Exemplare hergestellt werden, die
ausschließlich im privaten oder internen Bereich verbleiben und nicht für eine Weitergabe an außenstehende Dritte bestimmt sind; nicht nur der Vervielfältigungsvorgang, sondern auch der Gebrauch der zulässigerweise hergestellten Vervielfältigungsstücke unterliegen der einschlägigen Zweckbindung.248 Maßgeblich für die
Privilegierung der Vervielfältigung kann die Zahl der hergestellten Exemplare sein,
welche wiederum im angemessenen Verhältnis zu dem jeweiligen Gebrauchszweck
steht. Sachgerecht sei somit, dass die numerische Grenze für einzelne Vervielfältigungsstücke von der richterlichen Einschätzung unter Bezug auf Art des Werks und
Art der Werknutzung abhängt. Obwohl sich der nationale Gesetzgeber offenbar
quantitativ nicht festlegen will, hat sich in der deutschen Rechtspraxis die Zahl von
sieben Vervielfältigungsstücken als Obergrenze eingespielt249, wobei bei der Beurteilung, welche Zahl der Vervielfältigungsexemplare dem im konkreten Fall gegebenen Gebrauchszweck ausreichend dient, Zurückhaltung geboten ist.250 In den
anderen Rechtsordnungen wird auf die Festlegung einer einheitlichen Zahl als Obergrenze für den Umfang der privaten Vervielfältigung kein besonderer Wert gelegt;
die Entscheidung fällt je nach Einzelfall unterschiedlich aus.251 Trotz mangelnder
247 So die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf v. 22.12.1983, BT-Drucks. 10/837,
abgedruckt in: Schulze, Materialien, 2. Aufl., Bd. 1, S. 657, 676.
248 Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1980, S. 301; vgl. auch Art. L. 122-5 CPI: « Lorsque
l´oeuvre a été divulguée, l´auteur ne peut interdire…les copies ou reproductions strictement
réservées à l´usage privé du copiste et non destinées à une utilisation collective… ».
249 Nach der deutschen Rechtsprechung darf die Zahl reprographischer Vervielfältigungsexemplare sieben Exemplare nicht übersteigen, BGH v. 14.04.1978, GRUR 1978, 474 ff. (mit
Anm. Lehmpfuhl) – Vervielfältigungsstücke. Die Festlegung der Obergrenze für einzelne Vervielfältigungsstücke auf sieben Exemplare im Rahmen der digitalen Werknutzung wird durch
die Rechtsprechung beibehalten, OLG Düsseldorf v. 14.05.1996, ZUM-RD 1997, 380 ff. –
Zur Aufnahme urheberrechtlich geschützter Zeitungsartikel in ein elektronisches Pressearchiv; LG Berlin v. 14.10.1999, ZUM 2000, 73 ff. Fromm/Nordemann - Nordemann, UrhR,
1998, § 53 Rn. 3 plädiert für eine Obergrenze von drei Exemplaren. Für einen Überblick siehe
hierzu Schricker – Loewenheim, UrhR, 2006, § 53 Rn. 14.
250 Vgl. Schack, ZUM 2002, 497, 501. Im digitalen Kontext sollte vielleicht erneut die Frage
gestellt werden, ob die Festlegung einer Obergrenze für einzelne Vervielfältigungsstücke auf
sieben Exemplare beibehalten werden kann; siehe hierzu Nippe, GRUR 1994, 888 ff.
251 So vertrat der österreichische Oberste Gerichtshof die Ansicht, dass es keine absolute Obergrenze gibt und daher im Einzelfall nach dem Zweck der Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum eigenen Gebrauch zu entscheiden ist, ob es sich um “einzelne“ Vervielfältigungsstücke handelt; in seiner Entscheidung OGH v. 26.01.1993, ÖBl 1993, 136 = MR 1993,
65 – Null-Nummer II hat er neunzehn Kopien noch als Vervielfältigung zum eigenen
108
Präzisierung im Gesetzestext ist die kategorische Abgrenzung auf ein einziges Vervielfältigungsexemplar eher abzulehnen.252
Auch das österreichische Recht kennt eine Differenzierung zwischen privatem
und eigenem Gebrauch (§ 42 AT-UrhG), wobei der ursprüngliche Zweck für die
Herstellung einer Kopie nicht mehr maßgeblich für die Privilegierung der privaten
Vervielfältigung ist. Wird ein zum eigenen Gebrauch hergestelltes Vervielfältigungsstück später auf eine Art und Weise verwendet, die das Werk mit seiner Hilfe
der Öffentlichkeit zugänglich machte, ist nunmehr eine Berufung auf die Schranke
der privaten Vervielfältigung ausgeschlossen; Umgehungen aufgrund eines nachträglichen Sinneswandels werden somit vermieden.253
Eine über den privaten Gebrauch hinausgehende Schrankenbestimmung besteht
hingegen nicht in Frankreich (Art. L. 122-5-2° CPI), wobei sich der eigene wissenschaftliche Gebrauch durch eine natürliche Person noch als privater Gebrauch qualifizieren lässt. Hier sind auch weitere Verwertungsformen für den Privatgebrauch
erlaubt, nämlich private Darbietungen („droit de représentation“), die im Familienkreis stattfinden - eine vergleichbare Regelung findet sich nur noch in Belgien.254
Interessanterweise ist im französischen Recht eine Vervielfältigung zum privaten
Gebrauch nicht erst aufgrund einer Ausnahmevorschrift zustimmungsfrei, sondern
bereits infolge eines zweckgebundenen Vervielfältigungsbegriffs („reproduction à
usage public“), der auf die Verbreitung der Vervielfältigungsstücke in der Öffentlichkeit hinausläuft255; eine Vervielfältigung zum privaten Gebrauch stellt somit von
vornherein keine Vervielfältigung dar, so dass eine Ausnahmeregelung obsolet wird.
Gebrauch angesehen. Vgl. auch Riis, Intellectual Property Law in Denmark, 2000, S. 54;
Buun, Intellectual Property Law in Finland, 2001, S. 50. Art. 181
252 In Bezug auf die franz. Rechtslage vgl. Hölscher, Die Ausnahmebestimmungen für den eigenen Gebrauch, 2001, S. 155.
253 Siehe OGH v. 17.03.1998, MR 1998, 200 mit Anm. Walter. – Figur auf einem Bein.
254 Siehe Art. 22 § 1, 3° BE-UrhG, der durch die letzte Novelle auch Darbietungen und Powerpoint-Präsentationen im Schulrahmen umfassen soll, Corbet, RIDA 206 (octobre 2005), 5, 33.
Strittig in der Rechtsprechung und bis heute nicht abschließend geklärt, erfährt die Formel
„Familienkreis“ die verschiedensten Interpretationen. Herrschend ist die Auffassung, wonach
unter den Familienkreis solche fallen, die sich auch sonst regelmäßig treffen; mehr Details bei
Colombet, Propriété littéraire et artistique et droits voisins, 1999, Rn. 237 ff. Obwohl die wissenschaftliche Tätigkeit von der Privilegierung für den privaten Gebrauch zu erfassen ist, besteht Uneinigkeit in Schrifttum und Rechtsprechung über die Anforderungen an den wissenschaftlichen Gebrauch sowohl dort, wo eine ausdrückliche Regelung über die Vervielfältigungsfreiheit für wissenschaftliche Zwecke existiert (siehe z.B. § 53 (2) Nr. 1 DE-UrhG), als
auch dort, wo das Urheberrechtsgesetz trotz der verfassungsrechtlich garantierten Freiheit von
Forschung und Lehre schweigt, z.B. in Frankreich; eingehend hierzu Hölscher, Die Ausnahmebestimmungen für den eigenen Gebrauch, 2001, S. 185 ff. Zur Meinung der franz. Lehre,
die den eigenen Gebrauch im Einzelfall nicht von der Privilegierung ausschließen will, Desbois, Droit d’auteur, 1978, Rn. 243; Colombet, Propriété littéraire et artistique et droits voisins, 1999, Rn. 224.
255 Art. L. 122-3 Abs. 1 CPI lautet „La reproduction consiste dans la fixation matérielle de
l´oeuvre par tous procédés qui permettent de la communiquer au public d´une manière indirecte“.
109
Trotz dieser „natürlichen Begrenzung“ des ausschließlichen Vervielfältigungsrechts
im privaten Bereich kann im französischen Urheberrecht nicht die Rede davon sein,
dass Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch nicht dem Urheberrecht unterfallen,
da die urheberrechtliche Freistellung von Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch
ausdrücklich gesetzlich geregelt wird.256 Worum es aber eigentlich geht, ist der
Wandel des Rechtsstatus der privaten Vervielfältigung von einer bloßen Beschränkung des urheberrechtlichen Monopolrechts, die der Urheber hinnehmen musste, zu
einem gesetzlich garantierten Vergütungsanspruch.257
In Dänemark galt bis 2001 absolutes Kopierverbot. Bereits vor der Umsetzung
der Info-Richtlinie ins nationale Recht hat sich aber der dänische Gesetzgeber für
eine Schrankenregelung für die private Vervielfältigung entschieden, welche eine
Reihe aufgelisteter digitaler Nutzungsvorgänge umfasst (§ 12 DK-UrhG).258 Auch
Vervielfältigungsvorgänge im beruflichen Rahmen, welche ausschließlich betriebsinternen Zwecken von privaten und staatlichen Unternehmen, Instituten oder Organisationen dienen, sind von der Privilegierung abgedeckt (§ 14 DK-UrhG; ähnlich
Art. 42b SE-UrhG). Insofern hat die Regelung der privaten Vervielfältigung nachträglich keine gewichtigen Änderungen erfahren.
Abgesehen von minimalen Anpassungen wurde bislang in den anderen Rechtssystemen kaum oder nur beschränkt die Gelegenheit genutzt, der Schranke der privaten Vervielfältigung im digitalen Umfeld klare Konturen zu verleihen.
(2) Rechtmäßigkeit der Vorlage für die private Vervielfältigung - Rechtliche Problematik zu Peer-to-peer-Netzwerken und Filesharing-Systemen
Hand in Hand mit der Frage der Privilegierung der Privatkopie geht das Problem der
Piraterie, nämlich der rechtswidrig hergestellten Vervielfältigungsvorlage, auf die
die größten Umsatzverluste der Musikbranche der letzten 50 Jahre zurückzuführen
sind.259 Nach bisheriger, auf die analoge Werkverwertung anwendbarer Ausgangsprämisse ist die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch zulässig, ohne dass es
256 Die Vervielfältigungsfreiheit ist nämlich in Art. 41-2° des Gesetzes Nr. 57-298 über das
literarische und künstlerische Eigentum vom 11.03.1957 verankert. Der wortgleiche Art. L.
122-5-2° CPI lässt sich daher dogmatisch als urheberrechtliche Schrankenbestimmung qualifizieren, Pollaud-Dulian, Le droit d’auteur, 2005, Rn. 750.
257 Desurmont, RIDA 210 (octobre 2006), 111, 159.
258 Schønning, RIDA 192 (avril 2002), 253, 265 f.
259 Auf der Künstlerseite sind es die populären, die vom Phänomen der Piraterie am meisten
getroffen sind. Die verschiedenen Erscheinungsformen der Tonträgerpiraterie teilen sich zwischen dem Offline-Bereich - unautorisierte Live-Mitschnitte (Bootlegs), klassische Raubkopien, CD-Identitätsfälschung ohne Veränderung des äußeren Erscheinungsbilds (Counterfeit),
Kopieren unveränderter Musiktitel in einer auf dem Markt nicht erhältliche Abfolge (Raubkompilation), Zusammenschnitt von Musik-Bruchstücken (Raub-Mix) – und dem Online-
Bereich oder Internetpiraterie – Filesharing-Systeme; eingehend hierzu Schäfer/Braun, in:
Moser/Scheuermann (Hrsg.), Handbuch der Musikwirtschaft, 2003, S. 825, 828 ff., 836 ff.
110
tatbestandlich grundsätzlich darauf ankommt, ob ein eigenes oder ein fremdes
Werkexemplar als Vorlage für die Herstellung der Vervielfältigungsstücke verwendet wird; eine Einschränkung auf eine rechtmäßige Vorlage ist den europäischen
Gesetzestexten nicht zu entnehmen. Obgleich ein Verwertungsverbot rechtswidrig
hergestellter Privatkopien in manchen Rechtssystemen vorgesehen wird260, differenziert der nationale Gesetzgeber hinsichtlich der Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum eigenen Gebrauch bewusst – es handelt sich dabei nicht um eine Gesetzeslücke - nicht nach der Rechtmäßigkeit der Kopiervorlage mit der Folge, dass die
Meinungslager auseinandergehen. In der deutschen Lehre und Rechtsprechung wird
ein „gewissermaßen ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal“ der rechtmäßigen Besitzerlangung der Kopiervorlage angenommen, das verhindern soll, dass derjenige, der
keinen rechtmäßigen Zugang zum Werk hat, aus seinem rechtswidrigen Verhalten
einen Vorteil ziehen kann.261 Solche Überlegungen prägen auch Schrifttum und
260 Siehe z.B. § 96 DE-UrhG, der allerdings keinen Rechtsgrundsatz enthält und keine analoge
Anwendung auf die Schranke der privaten Kopie findet; eingehend hierzu BT-Drucks. 15/38,
15/837, 15/1066, 15/1353, abrufbar unter (letzter Abruf:
8.02.2007). Ein Gegenstück zu dieser Regelung gibt es im österreichischen Recht nicht; indessen sind punktuelle Regelungen vorhanden, welche das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht um ein Verwertungsverbot ergänzen, ohne die vom Gesetzgeber in den freien
Werknutzungen vollzogene Interessenabwägung durchzubrechen, Dittrich, in: Dittrich
(Hrsg.), Beiträge zum Urheberrecht VIII, ÖSGRUM Bd. 33 (2005), S. 1, 19.
261 Siehe hierzu Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2005, Rn. 495a; Fromm/Nordemann
- Nordemann, UrhR, 1998, § 53 Rn. 4; Schricker - Loewenheim, UrhR, 2006, § 53 Rn. 13.
Siehe hierzu KG Berlin v. 5.03.1991, GRUR 1992, 168 – Dia-Kopien; die Frage wurde im
Revisionsverfahren offengelassen, BGH v. 24.06.1993, GRUR 1993, 900 – Dia-Duplikate.
Mit der Frage, inwieweit die rechtmäßige Besitzerlangung als ungeschriebene Voraussetzung
der Vervielfältigungsfreiheit Gültigkeit beanspruchen kann, befasst sich von Diemar, Die digitale Kopie, 2002, S. 117 ff., welche im Ergebnis die Annahme eines ungeschriebenen Tatbestandmerkmals der rechtmäßigen Besitz- bzw. Zugangserlangung verneint. Ergänzend Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 356, 357: „Eine plausible Erklärung,
weshalb sich ein Werknutzer, der allein das Besitzrecht eines Dritten verletzt hat, nicht auf die
Vervielfältigungsfreiheit soll berufen können, ist daher nicht ersichtlich. In einem solchen Fall
von einem Normenmißbrauch zu sprechen, erscheint angesichts dessen, dass die berechtigten
Interessen des Urhebers nicht berührt werden, der gesetzliche Interessenausgleich vielmehr
unangetastet bleibt, äußerst fraglich. Der in seinem Besitz verletzte Dritte kann gegenüber
dem Werknutzer seine possessorischen Besitzschutzansprüche gem. §§ 861 f. BGB geltend
machen, die Versagung der Möglichkeit, Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch herzustellen, stelle insoweit allerdings eine unangemessene Sanktion dar.“ Vgl. Kreutzer, GRUR 2001,
193, 200, der die Auffassung vertritt, ein rechtlicher Makel im Sinne des "ungeschriebenen
Tatbestandsmerkmals" der rechtmäßigen Besitzerlangung hafte nicht der Kopievorlage an,
sondern nur gegebenenfalls der Schaffungshandlung des Kopierenden; dies erkläre sich aus
der Tatsache, dass das Recht der privaten Nutzung sich aus einer gesetzlichen Lizenz ableite,
mithin ipso iure entsteht und nicht auf Grund eines Rechtsverhältnisses zum Berechtigten.
Kreutzer gelangt durch diese Überlegung zu dem Schluss, dass das Downloading von Musik
über P2P-Systeme unabhängig von der Rechtmäßigkeit des Angebots zustimmungsfrei zulässig ist, sofern der Nutzer zum privaten Gebrauch herunterlädt, wobei er die Frage der rechtmäßigen Besitzerlangung mit der äußerst umstrittenen Frage der rechtmäßigen Vervielfältigungsvorlage nicht auseinander hält.
111
Rechtspraxis in den anderen Rechtssystemen.262 Sobald man die einschlägige Auffassung in den Kontext digitaler Werknutzung setzt, stellt sich die Frage, ob jede
rechtswidrig hergestellte Vorlage eine privilegierte Nutzung ausschließen kann. Es
wird in Erwägung gezogen, dass die unkontrollierbare Nutzung im digitalen Umfeld
eine nachträgliche tatbestandliche Beschränkung der Vervielfältigungsfreiheit erfordere bzw. rechtfertige.263 Eine positive Antwort hätte dabei zur Folge, dass die auf
dem „schwarzen Markt“ erworbene Raubkopie oder die aus dem Netz heruntergeladene Musikdatei, die ohne Zustimmung der Urheber zum Abruf bereitgestellt wurde,
als Vorlage zum privaten Kopieren dienen darf.
Während das Herunterladen rechtswidrig hergestellter Werkexemplare in manchen Systemen, z.B. in Österreich, an sich keine Urheberrechtsverletzung darstellt
und somit nicht strafrechtlich verfolgt werden kann, reduziert man tendenziell in
deutschen Fachkreisen die Vervielfältigungsfreiheit teleologisch auf die rechtmäßige
Vervielfältigungsvorlage.264 Zur Bekämpfung der massenhaften Kopierpiraterie
262 Der Frage, ob es einer rechtmäßigen Vorlage bedarf, wird beispielsweise auch in Österreich
kontrovers nachgegangen. Die zugunsten eines solchen Erfordernisses herrschende Meinung
vertritt Büchele, Urheberrecht im WWW, 2002, S. 111 und Philapitsch, MR 2004, 111, 113
ff. Siehe auch OGH v. 17.03.1998, MR 1998, 200 – Figur auf einem Bein. Den Meinungsstand referiert ausführlich Noll, Raubkopien, ÖSGRUM Bd. 31 (2005), S. 9 ff., um schließlich
selber durch Anwendung des Dreistufentests zu der Erkenntnis zu gelangen, dass das Erfordernis einer rechtmäßigen Vorlage die unabdingbare Grundlage für die Privilegierung der Privatkopie ist (S. 45); ders., MR 2004, 400, 404.
263 Schließlich ist es der Piraterieakt und nicht die vergütete Vervielfältigung zum eigenen
Gebrauch, der die berechtigten Interessen des Urhebers beeinträchtigt, Malpricht, NJW-CoR
2000, 233, 234: „Der Erwerber mache sich durch das Kopieren einer illegalen CD nicht der
Beihilfe an einer schuldig, da die Rechtsverletzung bereits in der Vergangenheit erfolgte, als
die CD ohne Zustimmung oder Lizenz kopiert wurde“), wobei dieses Argument dem urheberrechtlichen Grundsatz „einmal rechtswidrig immer rechtswidrig“ entgegensteht; vgl. Loewenheim, FS Dietz, 2001, S. 415, 419.
264 Vgl. für die Schweiz Rigamonti, GRUR Int. 2004, 278, 282 ff. Eine teleologische Reduktion
unter Berufung allgemeiner Auslegungsprinzipien befürworten Loewenheim, FS Dietz, 2001,
S. 415 ff.; Schaefer, FS Nordemann, 1999, S. 191, 195; Braun, GRUR 2001, 1106, 1108; ähnlich aus der österreichischen Lehre Medwenitsch/Schanda, FS Dittrich, 2000, S. 219, 223, die
auf den Grundsatz abstellen, dass es im Urheberrecht keinen gutgläubigen Rechteerwerb gibt.
Anders argumentiert Schack, FS Erdmann, 2002, S. 165, 166, der versucht, die Rechtswidrigkeit der Herstellung der Kopiervorlage auf die Herstellung der Privatkopie zu erstrecken, um
dann argumentieren zu können, die Rechtswidrigkeit des betreffenden Vervielfältigungsstücks
ergebe sich unabhängig von der Schranke zum Eigengebrauch bereits aus der vorangehenden
Urheberrechtsverletzung (Erstreckungsargument); vgl. von Braunmühl, ZUM 2005, 109, 112.
Siehe hierzu Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 359 ff., 360, der
mangels eines Tatbestandsmerkmals, durch die Annahme einer engeren statt einer weiteren
Bedeutung eingeengt werden könnte, keine Möglichkeit für die in solchen Fällen gebotene
enge Auslegung des Privilegierungstatbestands sieht; sollte man das ungeschriebene Erfordernis einer rechtmäßigen Vervielfältigungsvorlage als „verdeckte Lücke“ verstehen, wäre eine
nachträgliche Einschränkung der Vervielfältigungsfreiheit allein im Wege einer teleologischen Reduktion oder einer entsprechenden gesetzlichen Beschränkung möglich. Hohagen
kommt dennoch einige Seiten weiter zu dem Schluss, dass die tatbestandliche Beschränkung
der Vervielfältigungsfreiheit auf die rechtmäßige Vervielfältigungsvorlage angesichts der Ge-
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gelten Privatkopien von rechtswidrig hergestellten Vorlagen als verboten (§ 96 DE-
UrhG). Ob es sich um eine Raubkopie handelt, erschließt sich regelmäßig aus der
Beschaffenheit der Kopiervorlage bzw. aus den Umständen ihrer Zuverfügungstellung im Internet; die Rechtmäßigkeit des Ausgangsmaterials soll sich dabei nicht
auf die Rechtmäßigkeit der hergestellten Vervielfältigung beschränken, sondern
auch die Berechtigung des Zugriffs umfassen.265 Nach langwierigen Novellierungsarbeiten zum Zweiten Korb hat der deutsche Gesetzgeber eine Formulierung des
§ 53 (1) DE-UrhG verabschiedet, nach der vor allem die Erstellung einer Privatkopie aus Filesharing-Angeboten sowie aus Peer-to-peer-Tauschbörsen als rechtwidrig
zu gelten haben. Denn unzulässig sind künftig nicht mehr nur Privatkopien von
offensichtlich rechtswidrigen Vorlagen, sondern auch von offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemachten, etwa zum Downloaden bereitgestellten, Vorlagen. Angesichts der stets zunehmenden Zahl von auf Filesharing-Systeme zurückzuführenden
Urheberrechtsverletzungen drängt der deutsche Gesetzgeber somit darauf, diejenigen Kopiervorgänge vom Privilegierungstatbestand der Vervielfältigungsfreiheit
auszunehmen, für die zwar rechtmäßig hergestellte, jedoch ohne die erforderliche
Zustimmung des Urhebers zum Download angebotene Vorlagen verwendet werden.266 Das Merkmal der „Offensichtlichkeit“ soll jene Fälle erfassen, bei denen die
Grenzen der Privilegierung der Privatkopie nachweislich und in vorwerfbarer Weise
überschritten werden, wobei Rechtsprechung und Wissenschaft zu klären haben,
unter welchen Voraussetzungen ein Nutzer bei Kenntnis einer bestimmten Tatsachenlage und deren rechtlicher Würdigung von einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit auszugehen hat.267 Zu den offensichtlich rechtswidrigen Handlungen zählt etwa
das Herunterladen der Kopie eines Films per Filesharing vor dem Kinostart. Demgegenüber wurde für das Herunterladen von Musikdateien aus Tauschbörsen ursprünglich der Vorschlag unterbreitet, es in geringem Umfang für private Zwecke
straffrei zu lassen (sog. „Bagatellgrenze“). Ob diese als „politische Kompromissformel“ bezeichnete Einschränkung die große Masse der in Tauschbörsen angebotenen Dateien zu erfassen vermag, wurde allerdings in Zweifel gezogen. Denn gerade
in diesen Fällen handelt es sich überwiegend um zu schützende Inhalte, bei denen
nicht die Herstellung, sondern allein das Angebot im Internet offensichtlich rechtsfahr einer Aushebelung der gesamten Schrankensystematik des deutschen Urheberrechtsgesetzes den falschen Ansatz darstellt.
265 Vgl. Wenzl, Musiktauschbörsen im Internet, 2005, S. 90 ff. m.w.H.
266 Siehe amtliche Begründung zum RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des
Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, S. 52 ff., abrufbar unter (Letzter Abruf: 26.03.2005).
267 Kritisch zeigt sich die Lehre gegenüber dem abstrakten Erfordernis der „Offensichtlichkeit“
der Rechtswidrigkeit: es könne dazu führen, dass für die Normadressaten eine Grauzone zwischen legaler und illegaler Privatkopie verbleibe, statt die zulässige Privatkopie von der unzulässigen klar und deutlich abzugrenzen, so Schwarz/Evers, ZUM 2005, 113, 116. Fraglich ist
bei der rechtlichen Beurteilung der dem Nutzer bekannten Tatsachen auch, ob entweder ein
objektiver und allgemeingültiger, oder ein objektiver, jedoch gruppenbezogener oder ein subjektiver Maßstab anzulegen ist, Lauber/Schwipps, GRUR 2004, 293, 298 ff.
113
widrig erfolgt. Aus diesen Überlegungen wurde im Rahmen des Zweiten Korbs
nachträglich entschieden, die Bagatellklausel zu streichen.268
Im Gegensatz zum deutschen hat der österreichische Gesetzgeber durch die Neufassung der einschlägigen Schranke seinen Willen zur Gleichbehandlung von Privatkopien unabhängig ihrer Vorlage ausgedrückt. Er ging nämlich davon aus, dass
die Vervielfältigung als solche im Falle der Internet-Tauschbörse in der Regel zum
eigenen oder privaten Gebrauch und nicht von vornherein zum Zweck einer öffentlichen Zugänglichmachung erfolgt. Handelt es sich um eine an sich erlaubte private
Vervielfältigung, die nur aufgrund einer rechtswidrigen Vorlage unzulässig sein soll,
so zieht sie keine strafrechtlichen, sondern nur zivilrechtlichen Folgen nach sich.269
Die auf eine Beweiswürdigung hinauslaufende Beurteilung der Zulässigkeit von
Vervielfältigungsvorgängen, bei denen rechtswidrige Kopiervorlagen verwendet
werden, obliegt letztlich - unter zusätzlicher Beachtung des Dreistufentests - dem
jeweiligen nationalen Richter.270 Interessant ist in dieser Hinsicht die jüngste Rechtsprechung in Frankreich, wobei die im Parlament heiß diskutierte Problematik der
rechtmäßigen Kopiervorlage einer der Gründe für die lang anhaltenden Novellierungsarbeiten darstellt. Das Pariser Tribunal de grande instance hat bereits in zwei
Urteilen P2P-Nutzer hinsichtlich des illegalen Austausches von Daten über das Internet freigesprochen. Grundlage dafür war der persönliche und nicht kommerzielle
Charakter der Herstellung illegaler Kopien. Das erstinstanzliche Gericht verneinte
ein „bösgläubiges“ und somit strafbares Handeln des Angeklagten, da dieser keine
Möglichkeit gehabt habe, das öffentliche Anbieten von nicht freigegebenen geschützten Inhalten zu erkennen und zu verhindern. Außerdem dürften die technischen Schutzmaßnahmen, welche die Tonträgerhersteller verwenden, das Erstellen
von solchen privaten Kopien nicht verhindern.271
Die Herstellung von Vervielfältigungsstücken ohne rechtmäßige Vorlage ist in
Dänemark seit der Urheberrechtsnovelle 2001, also noch vor Umsetzung der Info-
Richtlinie, explizit verboten, wobei sich die einschlägige Vorschrift auf ausgeliehe-
268 Der Wegfall der Bagatellklausel wurde von den Nutzerkreisen begrüßt. Kritisch gegenüber
der Einführung der Bagatellklausel hatte sich bereits die Lehre gezeigt, siehe in dieser Hinsicht Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 364 ff.; Schwarz/Evers,
ZUM 2005, 113, 116, welche die Auffassung vertreten, Urheberrechtsverletzungen sollten
nicht vom Gesetzgeber toleriert und als mögliche „Bagatelle“ angesehen werden.
269 Thiele/Laimer, ÖBl. 2004, 52, 55; Walter, UrhG – UrhGNov 2003, S. 70.
270 Zur Beweissicherung in Fällen von Urheberrechtsverletzungen durch Produktpiraterie verpflichtet Art. 50 TRIPs die Mitgliedstaaten, ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
bereitzustellen. Der deutsche Gesetzgeber erfüllt diese Pflicht durch § 309 BGB, welcher Besichtigungsansprüche gegen den mutmaßlichen Raubkopierer vorsieht; siehe hierzu Bork,
NJW 1997, 1665, 1671 f.
271 TGI Paris v. 10.01.2006, Christoph R., UFC Que Choisir c/ Warner Music France, Fnac und
TGI Paris v. 8.12.2005, Ministère public, Scpp c/ Anthony G.; beide abrufbar unter
(Letzter Abruf: 20.02.2007). Vgl. kritische Anm. v. Lucas, Propr. intell., avril 2006 / N° 19, 178 f. zur ähnlichen Begründung des Urteils TGI Bayonne v.
15.11.2005, Ministère public et SCPP c/ D.T.
114
ne oder gemietete Exemplare beschränkt.272 Daraus lässt sich praktisch der Schluss
ziehen, dass jede Kopiervorlage, die dem Nutzer nicht gehört, auch aus keinem
weiteren Vervielfältigungsvorgang einen rechtmäßigen Akt machen kann.273 Die
Rechtmäßigkeit der Kopiervorlage wird im Übrigen im schwedischen (Art. 12 (4)
SE-UrhG) sowie im finnischen (§ 11 (5) FI-UrhG) Gesetzestext als notwendiges
Korrelat hervorgehoben.
Die lang anhaltende Debatte über die rechtlichen Grenzen der Vervielfältigungsfreiheit im digitalen Kontext spiegelt sich vor allem in der umfangreichen Rechtsprechung über die Haftungsfrage für die P2P-Dienstanbieter wider.274 Die Bereitstellung von MP3-Dateien zum kostenlosen Herunterladen durch einzelne Copyright-Piraten275, das Verweisen auf andere Webseiten mit illegalen Musikarchiven276
272 Siehe § 11 (3) DK-UrhG; Schønning, RIDA 192 (avril 2002), 253, 267 f.
273 So Schønning, RIDA 202 (octobre 2004), 81, 103.
274 Zum Ausmaß der stets wachsenden Anzahl der einschlägigen Nutzungen gibt der OECD-
Bericht v. 16.07.2004, abrufbar unter
(Letzter Abruf: 16.02.2007) ausreichenden Aufschluss. Demnach ließ sich eine Erhöhung von
P2P-Nutzungen bis 30% für den Zeitraum April 2003-April 2004 feststellen, wobei mehr als
10 Mio. Nutzer gleichzeitig in P2P-Diensten eingeloggt waren. Internet-Nutzer aus den 30
OECD-Ländern haben mehr Video-, Bild-, Spiel- und Software-Dateien als Musik-Files herruntergeladen.
275 In Frankreich wurden zwei Copyright-Piraten für das illegale Angebot von Musikdateien auf
ihrer Webseite „MP3 Albums“ zur Bewährung und Schadenersatzzahlungen – u.a. an die musikalische Verwertungsgesellschaft SACEM/SDRM – verurteilt; Tribunal de Grande Instance
de Saint-Étienne, 3e Ch., 6.12.1999, SACEM, SCPP et a. c/Vincent Roche et Battie, RIDA
184 (2000), 389 ff. In einem späteren Verfahren, an dem SACEM/SDRM ebenso beteiligt war,
wurde der angeklagte Internetbetreiber zu einer Geldstrafe von mehr als € 4500 verurteilt, TGI
Paris, 3e Ch., 23.05.2001, Serge P., SARL PBME, SA Midi Musique, SACEM, SDRM c/Joseph
P. et a. Ähnlich reagierte die finnische Justiz, Jyväskylän käräjäoikeus (erste Instanz) v.
28.05.2001, n° 10777, RD 01/102 – Lähteenmäki. Anders das Oberste Gericht Schwedens,
welches vor dem Erlass der Info-RL die Online-Übertragung von Tonaufnahmen der öffentlichen Wiedergabe zuordnete und somit keine urheberrechtliche Verletzung eines ausschließlichen Rechts des Tonträgerherstellers erkennen konnte, Högsta Domstolen, 15.06.2000, Dr
Record Kommanditbolag ./. Tommy Anders Olsson, NJA 2000, 292 = GRUR Int. 2001, 264.
Siehe dazu Rosén, in: Wahlgren (Hrsg.), Scandinavian Studies in Law (Vol. 42) - Intellectual
Property, 2002, S. 147, 153 ff. Diese rechtliche Lücke soll die Umsetzung der EU-Richtlinie
zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft schließen, indem den Tonträgerherstellern
das ausschließliche Recht der Zugänglichmachung zuerkannt wird. Das Gericht ging allerdings nicht auf die Frage ein, ob Olsson die Verbreitung von Raubkopien begünstigt hatte, oder inwieweit die Zustimmung der betroffenen Komponisten und Musiker einzuholen war.
In Deutschland wurde eine Tochtergesellschaft von AOL und Bertelsmann zu Schadenersatz
verurteilt, da sie Foren zum Herunterladen von MIDI-Files gegen Zahlung der entsprechenden
Gebühren anbot, OLG München v. 8.03.2001, ZUM 2001, 420 ff. – MIDI-Files im Internet
(nicht rechtskräftig); MIDI-Files sind digitale Aufzeichnungen von Instrumentalversionen von
Musikwerken, die durch Eingabe der Noten mit der Mouse oder durch das Spielen auf einem
Keyboard elektronisch hergestellt und aufgezeichnet werden.
276 In Belgien wurde das Ansetzen von Links auf andere Webseiten mit nicht autorisierten MP3-
Dateien als rechtswidrig angesehen, Prés. Civ. Anvers, 21.12.1999, IFPI Belgique c/Werner
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oder auf Webseiten, die widerrechtlich dekodierte Pay-TV-Signale zum Anschauen
anbieten277, zwangen die Gerichte zu einer klaren Abgrenzung zwischen zulässigen
privaten Nutzungen und privat getarnten kommerziellen Verwertungskonzepten für
illegal erstellte Kopien von Musik-, Bild-, Text- und audiovisuellen Dateien. Auch
in den prominenten Fällen der kostenlosen Leistung der Internet-Musiktauschbörsen
Napster und Scour, die unter Anwendung der Filesharing-Technologie die Komprimierung, Einspeicherung, Bereitstellung zum Abruf und Austausch (Uploading/-
Downloading) von Musik- bzw. Bild- und Videodateien sowie Software unter den
Gruppenmitgliedern erleichterten, entschied sich der nationale Richter zugunsten der
Urheber und der anderen Rechtsinhaber.278 Mittlerweile sind ausgereifte Systeme
zum Datenaustausch entwickelt worden, die im Gegensatz zur Napster-Technologie
eine direkte mehrfache Datenübertragung ohne Zentralserver erlauben (Fast-Track-
Technologie). Aus der Sicht des niederländischen Höchstgerichts haften Anbieter
von Internet-Software zum Datenaustausch über ein P2P-Netzwerk wegen Teilnahme an Urheberrechtsverletzungen nicht, solange sie keine zentrale Plattform für den
Austausch zur Verfügung stellen, keinen zentralen Index unterhalten und den Datenaustausch unter den verschiedensten Nutzern nicht kontrollieren bzw. sperren
können.279
Guido Beckers (Berufung bereits eingelegt), abrufbar unter (Letzter Abruf: 9.07.2003).
277 Im Rahmen des von spanischen Rundfunkveranstaltern eingeleiteten Verfahrens gegen den
Besitzer der Webseite, die auf andere Webseiten verwies, wo das Visualisieren verschlüsselter
Signale ermöglicht wurde, hat das Gericht die Klage aufgrund mangelnder Beweise abgewiesen, Juzgado de Instrucción Núm. 9 de Barcelona, 7.03.2003 (nicht offiziell veröffentlicht), zitiert von Pegura Poch, „Liability of Internet Intermediaries“, S. 6.
278 A &M Records, Inc. v. Napster, Inc., 239 F. 3rd 1004 (9th Circuit Court of Appeal, February
12, 2001), GRUR Int. 2001, 355-367 (mit Zusammenfassung); Twentieth Century Fox Film
Corporation, et al. v. Scour Inc., No. 00-5385 (S.D.N.Y., June 20, 2000), abrufbar unter
(Letzter Abruf: 4.02.2005).
279 2001 kam es zu einem Rechtsstreit der Napster-Abkömmlinge KaZaA und der niederländischen Verwertungsgesellschaft BUMA/STEMRA, als Letztere Gespräche über ein Lizenzabkommen mit KaZaA abgebrochen hatte. Da BUMA/STEMRA in den Niederlanden das Monopol für die Verwertungsrechte urheberrechtlich geschützter Medien hat, war KaZaA auf eine
Einigung mit der Verwertungsgesellschaft angewiesen, damit der Tauschservice zumindest
auf nationaler Ebene legal arbeiten kann. Das Berufungsgericht von Amsterdam fiel sein Urteil zugunsten von KaZaA und wies die Klage der musikalischen Verwertungsgesellschaft der
Niederlande BUMA/STEMRA zurück, Gerechtshof Amsterdam v. 28.03.2002 - BU-
MA/STEMRA ./. KaZaA, abrufbar unter (Letzter Abruf:
4.02.2005). Das Gerichtsurteil verpflichtete zwar die Verwertungsgesellschaft, ein Lizenzabkommen mit KaZaA abzuschließen; die Musiktauschbörse musste jedoch ihre User innerhalb
von 14 Tagen daran hindern, urheberrechtlich geschützte Dateien zu tauschen. KaZaA stand
nun nach dem ergangenen Urteil vor einem Problem. Die von dem Dienst verbreitete Software
konnte nachträglich nicht überarbeitet werden, um den Ansprüchen des Urteils gerecht zu
werden. Das Argument von KaZaA, mit dem sie die holländische Verwertungsgesellschaft einer monopolistischen Position im Bereich des Musik-Copyrights bezichtigte, blieb dabei erfolglos. In der Kassationsinstanz befand das niederländische Höchstgericht, die KaZaA-
116
Die Zulässigkeit dezentraler Tauschnetze oder Mischformen der Peer-to-Peer Architekturen, bei denen besonders leistungsfähige, miteinander kommunizierende
Computer mit permanenter Internetanbindung („Superpeers“) das Verwalten von
Suchanfragen seitens der einfachen Nutzer übernehmen, hat Anlass zu einem Strategiewechsel seitens der Musikindustrie gegeben. Letztere geht nun nicht allein gegen
die Betreiber von Tauschbörsen gerichtlich vor, sondern auch gegen ihre „Kundschaft“ bzw. ihre Teilnehmer („Servants“), etwa die individuellen Werknutzer. Die
von der amerikanischen Tonträgerindustrie erhobenen Klagen greifen vor allem auf
dem Universitätscampus stattfindende massenhafte Kopiervorgänge an und versuchen dabei zur Identifizierung der einzelnen Urheberrechtsverletzer die Herausgabe
von Nutzerdaten durch die Internet Service Provider zu erwirken.280 Es ist allerdings
Software könne rechtsmäßig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, Hoge Raad v.
19.12.2002, abrufbar unter (Letzter Abruf: 4.02.2005).
Auch der amerikanische Richter in der Klage der Film- und Musikindustrie gegen Grokster,
Streamcast (Morpheus) und Sharman (KaZaA) fand keine Anhaltspunkte für den Beitrag dieser Firmen zur Beeinträchtigung von Rechten an Musik-, Text-, Bild-, und Video-Inhalten
(„contributory infringement“), Metro-Goldwyn-Mayer Studios Inc., et al. v. Grokster, Ltd., et
al., Case No. 03-55894 (9th Circuit Court of Appeals, August 19, 2004), GRUR Int. 2005, 83
ff. (gekürzt), auch abrufbar unter . Anders der Supreme Court
in der letzten Instanz, der am 27.06.2005 (MGM Studios, Inc. v. Grokster, Ltd, Case No. 04-
480 545 UA, 125. S. Ct. 2764 (2005) – veröffentlicht in GRUR Int. 2005, 859) urteilte, Hersteller solcher Tauschsoftware könnten für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich gemacht
werden, die andere damit begehen, trotz der Tatsache, dass solche Netzwerke auch zu rechtmäßigen Zwecken genutzt werden können. Die Firma Grokster stellte nach dem Spruch des
Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten den Vertrieb ihrer Tauschbörsen-Software und
die technische Unterstützung für das Netzwerk ein. Für einen aktuellen Überblick mit detaillierter Darstellung der Gesamtrechtsprechung aus den USA siehe Spindler/Leistner, GRUR
Int. 2005, 773 ff.
280 Im Fall RIAA v. Verizon Internet Services Inc., No. 03-MS-0040 (JDB) (D.C. Columbia,
January 21, 2003), MMR 2003, 325 = GRUR Int. 2003, 870, wurde die Internet-Firma zur
Preisgabe der Identität zweier mutmaßlichen Urheberrechtsverletzer und Verizon-Abonnenten
angeordnet. Verizon weigerte sich und legte Berufung ein, die schließlich zu dessen Gunsten
entschieden wurde. Das US-Berufungsgericht befand, der gesetzliche Auskunftsanspruch von
Rechtsinhabern gegen Internet Service Provider (ISP) zur Identifizierung eines angeblichen
Rechtsverletzers solle für dezentrale P2P-Netzwerke nicht gelten, so RIAA v. Verizon, No. 03-
7015 (Columbia Circuit Court of Appeals, December 19, 2003), GRUR Int. 2004, 527 (gekürzt), auch abrufbar unter . Seitdem dürfen die Kundendaten
der Provider erst dann herausgegeben werden, wenn bereits eine formale Klage vorliegt, nicht
jedoch zur Vorbereitung einer solchen Klage. Allein im September 2003 ging die amerikanische Tonträgerindustrie mit einer Welle von 261 Klagen gegen individuelle Nutzer vor, während im Januar 2004 eine zweite Welle von 532 Klagen folgte. Ausführlich zur gesamten US-
Rechtsprechung hinsichtlich der Rechtslage der Musiktauschbörsen sowie zur Trendwende,
die die jüngsten Urteile des Ninth Circuit signalisierten, Gampp, GRUR Int. 2005, 107 ff. In
Großbritannien hat das gerichtliche Einschreiten der British Phonographic Industry (BPI)
Früchte getragen: der High Court in London hat am 14.10.2004 sowie am 19.04.2005 die ISP
dazu verpflichtet, die Identität von insgesamt 61 illegaler Musikanbieter zu offenbaren; mehr
dazu auf der Webseite der BPI unter < http://www.bpi.co.uk>. Ähnlich hat die Anti-Piraterie-
Organisation Dänemarks (Danish Anti-piracy Group, DAPG) durch einen Gerichtsbefehl die
117
fraglich, ob sich das gerichtliche Einschreiten gegen Musiktauschbörsen seitens der
Musikindustrie langfristig als die geeignete Offensive erweisen wird, vor allem
wenn es mittlerweile erfolgreichen kommerziellen Anbietern wie dem iTunes-
Music-Store von Apple gelingt, einen großen Teil der Nutzer von FastTrack-
Diensten zum rechtmäßigen Musikdownload zu locken.
Neben derartigen Geschäftsmodellen werden auch rechtliche Lösungsvorschläge
in Erwägung gezogen, welche sich wirksam gegen illegale P2P-Systeme durchsetzen konnten. Obgleich sich die Vergütungspflicht für die Privatkopie auf Vervielfältigungsvorgänge und nicht auf die öffentliche Zugänglichmachung bezieht, stellte
sich angesichts der fließenden Grenzen der multimedialen Werknutzung beim Einsatz verschiedener Gerätekombinationen die Frage, ob der Internetzugang neben der
Geräte- und Leerträgermedienabgabe als ein Bestandteil der pauschalen Vergütung
aufgenommen werden sollte. Es wäre daher denkbar, zugunsten der Rechteinhaber
entweder eine volumenmäßige Vergütungsregelung oder eine pauschale Internetabgabe in Form einer „Flatrate“ einzuführen, welche illegalen (nicht kommerziellen)
oder auch legalen (kommerziellen) Internet-Anbietern auferlegt werden sollte. Letztere würde einmalig beim Kauf von Aufnahmegeräten und Leermedien, sowie monatlich je nach Art des Internetzugangs erhoben.281 Die Einführung einer „Kulturflatrate“ („licence globale“) für P2P-Nutzung, die von den Verwertungsgesellschaften zu erheben ist, war Bestandteil der legislativen Bemühungen des
französischen Gesetzgebers im Rahmen der Umsetzung der Info-Richtlinie ins nationale Recht. Die Legalisierung von P2P-Nutzungen durch die Einführung der einschlägigen Pauschalabgabe sowie die geplanten Strafmaßnahmen für illegales Filesharing (Bußgelder bis zu € 300.000 und Gefängnisstrafen bis zu 3 Jahren) stießen
Ausgabe von 150 Namen potenzieller Urheberrechtsverletzer bewirkt und damit mehr als 75
von ihnen zur Zahlung hoher Entschädigungssummen verpflichtet.
281 Den jeweiligen Datenverkehr eines Nutzers zu Zwecken der Berechnung einer volumenmäßigen Abgabe zu analysieren, um feststellen zu können, welcher Art die übertragenen Daten
sind, würde allerdings neben technischen Umsetzungsproblemen auf erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken stoßen; Freiwald, Filesharing, 2004, S. 188. Siehe hierzu Grassmuck,
ZUM 2005, 104, 108, der eine sog. „Kultur-Flatrate“ im Sinne einer Pauschalvergütung für
das Filesharing befürwortet, wobei die einschlägige Tauschbörsenschranke nicht als Ausnahmebestimmung, sondern eher als Zwangslizenz oder Verwertungsgesellschaftspflichtigkeitsbestimmung denkbar wäre; weitere Information zur Kultur-Flatrate unter . Vgl. von Lewinski, UNESCO e-Copyright Bulletin, January-March 2005, S. 14,
die Zweifel darüber hegt, ob eine Internetabgabe den Dreistufentest bestehen würde. Ablehnend der deutsche RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts
in der Informationsgesellschaft, abrufbar unter (Letzter Abruf:
26.03.2005). Gegen eine Einbeziehung der Internetnutzung in die Pauschalvergütung wehrt
sich freilich die Geräteindustrie, aus deren Sicht PC- oder Druckerabgaben keinesfalls im Internet unentgeltlich angebotene Werke abdecken dürfen. Es sei nicht gerechtfertigt, die Gerätehersteller mit dem Eintreiben der Einnahmen für den Urheber zu belasten, wenn dieser
selbst Maßnahmen ergreifen kann, um seine Vergütung zu erhalten; Rohleder, ZUM 2005,
120, 121.
118
jedoch auf scharfe Kritik und kontroverse Debatten im Parlament.282 Demzufolge
wurde die Kulturflatrate aus dem Gesetzesentwurf gestrichen. Die vergütungspflichtige Ausgestaltung der privaten Online-Nutzung würde allerdings die Einführung
einer eigenen „Online-Schranke“ voraussetzen, wovon die EU-Mitgliedstaaten,
nicht zuletzt wegen Verstoßes gegen die Info-Richtlinie, abgesehen haben. Es läuft
daher darauf hinaus, die Lösung zur Vergütung digitaler Privatkopien in einer Anpassung des pauschalen Vergütungssystems zu suchen.
Darüber hinaus wird in der Praxis nach Möglichkeiten zur Vereinfachung der
Rechtedurchsetzung geforscht, die dem bedrohlichen Ausmaß der Internetmusikpiraterie effektiv Einhalt gebieten können. Diesem Zweck sollen die sog. „Notice and
Take-down“-Vereinbarungen dienen, indem sie einen Rahmen für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke auf Internet-Servern vorzugeben versuchen. Anhand des „Notice and Take-down“-Verfahrens, welches voraussetzt, dass Service
Provider für jede Verletzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten verantwortlich sind, wird zunächst die Seite auf das Angebot illegaler Musikdateien geprüft; in
einem weiteren Schritt wird der Service Provider identifiziert, indem seine Adressdaten öffentlich zugänglichen Datenbanken entnommen werden; schließlich wird
dem Service Provider eine „erzieherische“ Abmahnung zugesandt mit der Aufforderung, die Seite innerhalb von 24 Stunden zu schließen bzw. die illegalen Angebote
vom Server zu löschen. Eine „Notice and Take-down“-Vereinbarung besteht seit
1997 zwischen der finnischen Verwertungsgesellschaft TEOSTO und dem finnischen Telekommunikationsunternehmen SONERA, wonach Werke des TEOSTO-
Repertoires nach entsprechender Mitteilung von den SONERA-Servern sofort zu
entfernen sind. Soweit es Kundendaten des Telekommunikationsunternehmens angeht, werden diese der Verwertungsgesellschaft gegenüber offengelegt. Alternative
Maßnahmen entweder in Form von Hotlines für Mitteilungen angeblicher Urheberrechtsverletzungen oder von technischen Rechtsschutzsystemen, die den Zugang zu
bestimmten URL´s mit illegal angebotenen Inhalten sperren, werden entsprechend
im Vereinigten Königreich sowie in Deutschland unternommen.283 Solche koordinierten Ansätze, die sich auf ein bereits bestehendes nationales Haftungsregelwerk
stützen, haben sich nach bisheriger Erfahrung als ein effektiver und flexibler Weg
282 Die strafrechtlichen Maßnahmen sind in Art. L. 335-3-1, 335-3-2, 335-4-1 und 335-4-2 CPI
enthalten. Eine Pauschalabgabe für den Online-Bereich stößt ebenso in der französischen Lehre auf Kritik, und zwar sowohl aus wirtschaftlichen als auch rechtlichen Gesichtspunkten, Lucas/Sirinelli, Propr. intell., janvier 2006 / N° 18, 58, 65.
283 Eingehend hierzu Bortloff, GRUR Int. 2000, 665, 666 ff. Neben der Ausschöpfung der verfügbaren Rechtsrahmen wurde die Notwendigkeit des Einsatzes technischer Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die stetige Entwicklung der P2P-Filesharing-Technologie, um Urheberrechtsverletzungen vorzubeugen, bereits früh erkannt; siehe z.B. Frey, ZUM 2001, 466, 477.
Vor allem im Vereinigten Königreich, wo die bisherige Rechtsprechung sich kaum mit der
P2P-Problematik auseinandergesetzt hat, spielt der Einsatz technischer Schutzmaßnahmen eine entscheidende Rolle zur Kontrolle der Auswirkungen der einschlägigen Technologie auf
die Nutzung geschützter Musikwerke; vgl. Pratt, Managing Intellectual Property, April 2005,
28, 29 ff.
119
zur Aufdeckung von Rechtsverletzungen und somit zur Bekämpfung der Musikpiraterie erwiesen.
(3) Herstellung von Vervielfältigungsexemplaren durch Dritte - Zugleich eine urheberrechtliche Bewertung informationeller Mehrwert- und Bibliothekskopierdienste
Nach Sinn und Zweck der Herstellung von Vervielfältigungsstücken durch einen
Dritten darf die beauftragte Hilfsperson an die Stelle des Vervielfältigungsgeräts für
den privilegierten Nutzer treten und die Funktion als dessen „notwendiges Werkzeug“ übernehmen. Der beauftragte Dritte wird nämlich aufgrund eines konkreten
Kopierauftrags tätig, in dem durch den Kunden festgelegt wird, was und in welchem
Umfang kopiert werden soll. Wer das Vervielfältigungsexemplar herstellt, ist –
gerade für die urheberrechtliche Beurteilung der Online-Werknutzung - insofern
entscheidend, als die meisten Rechtsordnungen die gesetzliche Privilegierung der
privaten Vervielfältigung allein auf die Person abstellen, für die die Kopien bestimmt sind, also den Endnutzer. Demzufolge ist die Einschaltung einer dritten Person, die im Auftrag des privilegierten Werknutzers die Vervielfältigungsexemplare
herstellt, grundsätzlich zulässig, sofern sie privaten Gebrauchszwecken des Auftraggebers dient und die Tätigkeit des Dritten auf den technisch maschinellen Vorgang
beschränkt. Erfasst ist somit die klassische Kopie, die im Wege der Reprographie
auf Papier hergestellt wird, sowie die unentgeltliche digitale Kopie.284 Anders sieht
die Rechtslage in einem französischen Kopierladen aus; dort dürfen keine Kopien
für den privaten Gebrauch hergestellt werden, da als Kopierender nur derjenige in
Betracht kommt, der das entsprechende Vervielfältigungsgerät in Besitz hat und (zu
kommerziellen Zwecken) betreibt.285
284 Wandtke/Bullinger – Lüft, UrhR, 2006, § 53 Rn. 19. So wird nach § 53 (1) Satz 2 DE-UrhG
dem Werknutzer die Befugnis zuerkannt, Vervielfältigungsstücke durch einen anderen unentgeltlich herstellen zu lassen; während die alte Fassung der einschlägigen Vorschrift auch das
entgeltliche Fotokopieren zuließ, schließt nun die neue, der Info-Richtlinie getreuen Fassung
jegliche entgeltliche Kopierdienste ab.
285 In Frankreich wird sich noch durch Schrifttum und Rechtsprechung um eine rechtssichere
Auslegung des Begriffs „copiste“ (privilegiert nach Art. L. 122-5-2° CPI) bemüht, der teilweise mit dem Endnutzer („copiste intellectuel“), teilweise mit dem Hersteller der Kopie („copiste matériel“) identifiziert wird – im letzteren Fall ist die Einschaltung von Dritten durch
den Werknutzer grundsätzlich ausgeschlossen; vgl. Lucas/Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 1994, Rn. 285 ff. sowie ders., Traité de la propriété littéraire et artistique,
2001, Rn. 302 m.w.H. auf die Rechtsprechung. Laut neuester Rechtsprechung seien die Kopierläden als copistes anzusehen, die sich nicht auf die Privilegierung von Art. L. 122-5-2°
CPI berufen können, da diese jeglichen kommerziellen Gebrauch ausschließt. Dass die Kunden selbst größtenteils nur ein Vervielfältigungsexemplar erstellen und sich möglicherweise
auf den Privatgebrauch berufen können, bleibe dabei ohne Belang, so CA Toulouse v.
25.05.1997, RIDA 175 (janvier 1998), 323, 327 ff. Eine ähnliche Debatte über die Definition
des „copista“ findet auch in der spanischen Lehre statt, die eine dritte Möglichkeit erwähnt:
120
In den anderen Rechtsordnungen ist die urheberrechtliche Einordnung der Einschaltung eines Dritten zur Herstellung von Vervielfältigungsexemplaren in die
Vervielfältigungsfreiheit hingegen mangels entsprechender gesetzlicher Bestimmung weniger klar - aufgrund der unklaren Gesetzesformulierung bleibt noch abzuwarten, wie die jeweiligen nationalen Instanzen die Zulässigkeit der unentgeltlichen
digitalen Kopien zum privaten Gebrauch eines Dritten bzw. Freundes beurteilen
werden.
Anders gelagert ist allerdings die Situation, wenn die Dienstleistungen des Dritten
auf Gewinnerzielung gerichtet sind und die normale Werkauswertung derart zu
beeinträchtigen vermögen, dass ein erneuter Interessenausgleich unabdingbar wird.
Im Mittelpunkt der rechtlichen Debatte steht der Umfang der Privilegierung von
zeitgemäßen Mehrwertdiensten, welche über gewaltige Informations- und Dokumentationsarchive verfügen, um die Recherche und den anschließenden Kopienversand auf Einzelbestellung ihrer Kunden effizient zu ermöglichen. Solche Dienstleistungen lassen sich im Hinblick auf deren Aufbau sowie die durch sie veranlasste
intensivierte Werknutzung schwer von der Regelungsabsicht des Gesetzgebers abdecken. Schrifttum und Rechtsprechung lehnen die Privilegierung der Herstellung
von Vervielfältigungsexemplaren durch derartige Informationsdienste überwiegend
ab. Gerade im digitalen Umfeld lässt sich angesichts der ungleich stärkeren Gefährdung der vermögensrechtlichen Interessen der Urheber sowie der zahlreichen Missbrauchsfälle eine Privilegierung des Herstellenlassens durch Dritte kaum rechtfertigen.286 Wird der Auftrag zur Vervielfältigung mit einem Rechercheauftrag unmittelbar verknüpft, geht die Tätigkeit des delegierten Informationsdienstes über den
technisch-maschinellen Vorgang des Kopierens hinaus und eine gesetzliche Freistellung kommt somit nicht mehr in Betracht.287 Nicht nur bei Online-Unternehmen,
die Person, die technisch die Kopiertätigkeit ermöglicht. Der herrschenden Tendenz zufolge
wird dennoch derjenige, der die Kopie macht, als „copista“ im rechtlichen Sinne angesehen,
Serrano Gomez, Los derechos de remuneración de la propriedad intelectual, 2000, S. 217 f.
286 Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 166; abweichend von Diemar, Die
digitale Kopie, 2002, S. 182 ff. Im deutschen Schrifttum wird dabei argumentiert, der private
Gebrauch möge zwar die Aufnahme in das eigene Archiv als ersatzlose Beschränkung des
Vervielfältigungsrechts rechtfertigen, lasse jedoch nicht gleich die Vermarktung von Archivierungsleistungen zu; siehe Loewenheim, AfP 1993, 613, 617 m.w.H.; Geis, Grenzen der elektronischen Speicherung, 1995, S. 145 ff.; abweichend Kappes, Informationssammlungen,
1996, S. 62 ff.
287 BGH v. 16.01.97, GRUR 1997, 459 ff. – CB-Infobank I und BGH v. 16.01.97, GRUR 1997,
464 - CB-Infobank II. Im konkreten Fall erstellte die Commerzbank im Rahmen ihres Wirtschaftsinformationsdienstes ein eigenes elektronisches Pressearchiv und sandte ihren Kunden
Kopien der vorher eingescannten und elektronisch ausgeschnittenen Textbeiträge entweder in
Papier- oder Digitalform; die Bank verteidigte ihre Position mit dem Standpunkt, es handele
sich dabei um erlaubnisfreie Herstellung und Versand der Kopien dieser Werke durch Dritte,
vergleichbar mit der Tätigkeit eines gewerblichen Fotokopierunternehmens. Der BGH wies
dies zurück, indem er klarstellte, dass Vervielfältigung und Verbreitung durch gewerbliche
Recherchedienste nicht durch die einschlägige Schranke von § 53 (2) DE-UrhG privilegiert
sind. Eine Verletzung der Rechte der Urheber stellt ebenso des OLG Köln in seinem Urteil v.
121
sondern auch bei sonstigen Betrieben wie Internet-Cafés, die entgeltliche Dienste
zum Herunterladen und „Brennen“ von MP3-Dateien bzw. von Software anbieten,
wurde eine Mitwirkung an Urheberrechtsverletzungen durch die nationalen Gerichte
festgestellt.288 Ebenso wird der Kommerzialisierung der Vervielfältigungsfreiheit
durch den Vertrieb von CD-Münzkopierautomaten Einhalt geboten.289
Die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft sieht eine
Privilegierung der einschlägigen gewerblichen Tätigkeit nicht vor. So musste der
Anwendungsbereich Vervielfältigungsfreiheit insbesondere in Österreich einige
Beschränkungen erfahren. Nach der alten Rechtslage galt die einschlägige Privilegierung ohne Rücksicht darauf, ob das hergestellte Vervielfältigungsstück privaten
oder beruflichen Zwecken diente und/oder damit mittelbare Einnahmen erzielt wurden. Dies ist nun noch der Fall ausschließlich für die reprographische Vervielfältigung, so dass der Betrieb von Copyshops weiterhin zulässig fortbesteht; Digitalkopien dürfen hingegen nur von natürlichen Personen hergestellt werden und ausschließlich privaten Zwecken dienen.290
14.01.2000, ZUM-RD 2000, 332 ff. – Vervielfältigung und Verbreitung von Texten aus juristischer Fachzeitschrift fest.
288 Stellt ein Gewerbebetreiber, beispielsweise ein Hotelier, einem Kunden einen Computer mit
Internetzugang bereit, haftet er nur dann, wenn er die vom Kunden begangenen Urheberrechtsverletzungen „bewusst fördert“; die bloße adäquate Verursachung genüge für deren Haftung nicht; so OGH v. 4.07.2000, MR 2000, 242 = GRUR Int. 2001, 472 – Disques Duchesse
III. Für die franz. Rechtslage siehe CA Grenoble v. 18.01.2001, Ministère public, Agence
pour la Protection des Programmes (APP), Société civile des Producteurs de Phonogrammes
en France (SPPF), Société Civile pour l’exercice des droits des Productions Phonographiques
(SCPP), Société Nationale de l’Édition Phonographique (SNEP), Société pour
l’administration du Droit de Reproduction Mécanique des auteurs compositeurs et éditeurs
(SDRM), Sony Computer Entertainment France, Syndicat des Éditeurs de Logiciels de Loisirs
(SELL)c/Pascal D., Expertises 2001, 188 ; auch abrufbar unter
(Letzter Abruf: 4.02.2005). Ähnlich das Urteil des britischen High Court of Justice v.
28.01.2002, Sony Music Entertainment (UK) Ltd., et al. v. Easyinternetcafe Ltd., [2003]
EWHC 62 (Ch.); siehe zu diesem Fall die Anmerkung von Garnett, [2003] EIPR 426.
289 Das Bereithalten des CD-Brenners zum Zweck der entgeltlichen Vervielfältigung von Tonträgern durch eine bestimmte Öffentlichkeit stelle die Mitwirkung an einer Tathandlung i.S.d. §
16 II DE-UrhG dar; so Vorinstanz LG München v. 7.11.2002, ZUM 2003, 240 – Rechtswidriger Vertrieb von CD-Münzkopierautomaten. Anders OLG München v. 20.03.2003, ZUM
2003, 569 – CD-Kopierautomat, das allein den Endnutzer, der nach Einwurf der Münze mit
Hilfe des Automaten und ohne Eingriffe von außen eine CD kopiert, als Hersteller der Vervielfältigung ansieht und somit das Aufstellen und den Vertrieb kommerzieller Kopiereinrichtungen für zulässig erachtet. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Lösung räumte das
Gericht mit dem Argument aus, dass auf die Kopierautomaten vom Hersteller ohnehin eine
Geräteabgabe zu zahlen sei. Kritisch gegenüber dieser Rechtsprechung Stieper, ZUM 2004,
911, 913 ff.
290 Daraus folgt, dass ein Lehrer sich nicht mehr auf freie Werknutzung berufen kann, wenn er
digitale Kopien im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit verwendet; genauso wenig dürfen juristische Person digitale Kopien anfertigen. Siehe in dieser Hinsicht Walter, MR 2002, 217,
221.
122
Mehr Ähnlichkeiten mit den herkömmlichen Fotokopierdiensten weist der durch
Bibliotheken betriebene Kopienversand auf Einzelbestellung auf, der im Gegensatz
zu den soeben angesprochenen informationellen Mehrwertdiensten nicht mit einem
Rechercheauftrag verbunden ist. Die Organisationshoheit über Gegenstand und
Umfang der Vervielfältigungen liegt nämlich beim Kunden und die beauftragte
Institution hält sich an der konkreten Anweisung zur Herstellung eines bestimmten
Vervielfältigungsstücks. Der Kopienversand durch Bibliotheken wird nicht durch
ausdrückliche Regelung dem Privilegierungstatbestand des Herstellenlassens von
Vervielfältigungsstücken zugeordnet. Über den Willen des Gesetzgebers wird insofern die Auffassung vertreten, es gäbe keine Veranlassung, den Kopienversand abweichend von anderen Kopiervorgängen zu privilegieren, stattdessen sei ein Vergütungsanspruch in Form der Betreiberabgabe im Bereich der Reprographie ausreichend. Dies lasse sich mit der Bereitstellung der Vorlagen und somit der
intensivierten Werknutzung begründen, die eine Gleichbehandlung des Kopienversand durch Bibliotheken gegenüber den vergleichbaren Tätigkeitsbereichen der
Copyshops, der Fernleih- oder Präsenzbibliotheken ausschließt.291 Auch die Rechtsprechung hat sich bereits mit der einschlägigen Rechtsproblematik befaßt. So versuchte der deutsche Bundesgerichtshof im Wege einer Rechtsanalogie die gesetzliche Lücke zu schließen, indem er den Kopienversanddienst einer Universitätsbibliothek für zustimmungsfrei erklärte - auch wenn diese ihre Bestände der Öffentlichkeit
durch einen Online-Katalog zugänglich macht und für ihre Kunden weltweit wirbt und dem Urheber einen verwertungsgesellschaftenpflichtigen Anspruch auf angemessene Vergütung als Ausgleich für die vorangegangene Einschränkung zuerkannte.292 Insofern weist die einschlägige Entscheidung eine Besonderheit auf, indem sie
– in Abweichung zur bisherigen (ständigen) BGH-Entscheidungspraxis - von einer
engen Auslegung der Schrankenbestimmung absieht und stattdessen einen zusätzlichen, auf Werknutzung der streitgegenständlichen Art zugeschnittenen Vergütungsanspruch zubilligt. Allerdings lässt die höchste deutsche Instanz offen, ob die Entscheidungsgründe auch auf den Online-Versand zu übertragen sind.293
Das Heranwachsen des Bibliothekskopierdienstes zu einem Internet-Dienst, der
im Wege der Online-Abwicklung Bestellungsaufträge erfüllt und die erwünschte
Dokumentation innerhalb kürzester Zeit digital oder per Post übersendet, hat jedoch
grundlegend die bisherigen Verhältnisse zugunsten einer schnellen und unkomplizierten Erschließung urheberrechtlich geschützter Inhalte geändert und verleiht so-
291 So im Ergebnis Baronikians, Kopienversanddienste, 1999, S. 29 ff., 42 ff.
292 Wo eine unmittelbare gesetzliche Grundlage für die Vergütung fehlt, sollte allerdings seitens
der Rechtsprechung Zurückhaltung geboten sein; Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen
Gebrauch, 2004, S. 567.
293 BGH v. 25.02.1999, GRUR 1999, 707 = MMR 1999, 665 = NJW 1999, 1953 – Kopienversanddienst (mit zustimmender Anmerkung von Hoeren) = ZUM 1999, 566 ff. (mit zustimmender Anmerkung von Loewenheim). Im Wege eines verwertungsgesellschaftenpflichtigen
Ausschließlichkeitsrechts wird eine Monopolisierung des Kopienversands auf Bestellung
durch die Bibliotheken vermieden; so Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S.
167; Nippe, ZUM 1998, 382, 389 ff.
123
mit der Einführung einer sachgerechten Vergütungsregelung einen Dringlichkeitscharakter. Obgleich sie eine fakultative Privilegierung der öffentlichen Bibliotheken
vorsieht, weist die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft
im Gegensatz zu den anderen Schrankenregelungen nicht auf eine gerechte Entlohnung für die durch Bibliotheken vorgenommenen Vervielfältigungshandlungen.294
In den Mitgliedstaaten wird bisher auf eine klare Formulierung des einschlägigen
Vergütungsanspruches verzichtet. Verbreitete Lösungsvorschläge favorisieren Lizenzverträge zwischen Kopienversanddiensten und Verlagen auf freiwilliger Basis
mit hilfsweiser Verwertungsgesellschaftenpflicht nach dem endgültigen Scheitern
von Vereinbarungen295, wobei eine vorzugsweise Orientierung der Verlage an der
kollektiven Wahrnehmung durch die Verwertungsgesellschaften zu erwarten ist.
Nichtsdestotrotz wird im Rahmen der Urheberrechtsnovelle in Deutschland (§ 53a
DE-UrhG) und Dänemark (§ 16b DK-UrhG) zunächst an der Einschränkung des
Kopienversands durch staatlich geförderte Bibliothekendienste festgehalten. Der
Versand von kleinen Teilen eines erschienenen Werks oder von Einzelbeiträgen per
Post, Fax oder E-Mail soll nur dann zulässig sein, wenn dies zur Veranschaulichung
des Unterrichts oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung und ohne gewerblichen Zweck geschieht. Im Übrigen darf der elektronische Versand nur dann
erfolgen, wenn die Inhalte nur in Form einer grafischen Datei übermittelt werden
und die betroffenen Verlage nicht offensichtlich selbst ein entsprechendes Online-
Anbegot zu angemessenen Bedingungen bereithalten.
b. Die Vergütungsregelung für die private Vervielfältigung im digitalen Umfeld
Im Gegenzug für die private Vervielfältigungsfreiheit entsteht eine Vergütungspflicht zugunsten der Rechteinhaber. Gemäß der Vorgaben der EU-Richtlinie zum
Urheberrecht in der Informationsgesellschaft ist nun auch die digitale Kopie der
Vergütungspflicht zu unterwerfen296, wobei es dem nationalen Gesetzgeber weiterhin überlassen bleibt, in welcher Form er den „gerechten Ausgleich“ für die jeweilige Nutzung sicherstellt. Dieser muss allerdings hierbei beachten, dass sich die Vergütungsregelungen für die digitale Privatkopie weitaus stärker auf den Binnenmarkt
auswirken werden, als es bisher im Bereich der analogen Vervielfältigung zum privaten Gebrauch der Fall war.297 Damit die einschlägige Schrankenregelung den
294 Dies sorgt für Kritik in der Lehre, Hoeren, MMR 2000, 515, 519.
295 Vgl. Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 167; übereinstimmend Baronikians, Kopienversanddienste, 1999, S. 169 ff.
296 Die Anwendung der Vergütungsregelung für die private Vervielfältigung auf digitale Vervielfältigungsvorgänge im Wege der Auslegung steht auch im Einklang mit dem internationalen
Recht, indem sie den Anforderungen des Dreistufentests aus Art. 9 (2) RBÜ genügt. Darüber
hinaus stellt sie eine verhältnismäßige und damit verfassungsrechtlich gerechtfertigte Schrankenregelung des Urheberrechts dar, so im Ergebnis von Diemar, Die digitale Kopie, 2002, S.
133 ff.
297 Vgl. Erwägungsgrund Nr. 38 der Info-Richtlinie.
124
digitalen Kopiermöglichkeiten gerecht wird, ist sie einer grundlegenden Anpassung
zu unterziehen, welche die neu zu definierenden wirtschaftlichen Interessen aller
Beteiligten einer Feinabstimmung zu unterziehen vermag. In dieser Hinsicht wird
das tatsächliche Ausmaß der Werknutzung – soweit ermittelbar – für maßgeblich
gehalten.
Da aus praktischen Gründen auf den Akt des privaten Kopierens keine Lizenz erteilt werden kann, nimmt der finanzielle Ausgleich für die jeweilige Nutzung die
Gestalt einer geringen Abgabe auf Aufnahmegeräte sowie Audio- und Video-
Leerkassetten an. Die einschlägige Vergütung soll damit einem angemessenen Anteil am Veräußerungserlös der zur Vervielfältigung bestimmten Geräte und Speichermedien entsprechen. Darauf stellt ein duales Vergütungssystem ab, das die Aufnahmemedienvergütung (ggf. auch zusätzlich eine Gerätevergütung) im audiovisuellen Bereich mit der Betreibervergütung (ggf. auch zusätzlich eine Gerätevergütung)
bei der Reprographie kombiniert. Die Reform der bestehenden Vergütungssysteme
für die private Kopie ist geprägt von langwierigen Streitigkeiten über die Frage der
Vergütungspflicht dem Grunde und der Höhe nach, zu denen die Markteinführung
neuer Geräte- und Medientypen (etwa Scanner, Brenner, Drucker, PC etc.) geführt
hat.
(1) Vergütung für Vervielfältigungen im audio- und audiovisuellen Bereich:
Abgabe für Leerspeichermedien und/oder Aufnahmegeräte
a) Grundstruktur
Für Trägermaterial, das Vervielfältigung im Wege von Bild- und Tonaufnahmen
ermöglicht, wird eine Leerträgerabgabe erhoben, und zwar unabhängig davon, ob
die an den Kauf anschließende Nutzung des Trägermaterials dem privaten oder nicht
privaten Gebrauch dient. Die Rechtslage in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten hinsichtlich des Umfangs der einschlägigen Vergütungspflicht unterscheidet sich erheblich. Eine Vergütungspflicht für die private Vervielfältigung ist bereits in den hier
untersuchten EU-Mitgliedstaaten außer Großbritannien und Irland vorgesehen.298
Die einschlägige Vergütungspflicht nimmt in der Praxis die Form einer Leerträgervergütung an, die zumeist durch eine Gerätevergütung ergänzt wird. Eine bloße
Leerkassettenabgabe ist in Österreich, Frankreich, Niederlande und den nordischen
Ländern vorgesehen, wobei die Leerkassettenvergütung nach dänischem Recht weit
gefasst wird und sich dabei auf jegliches zum eigenen Gebrauch geeignete Tonträ-
298 § 54 DE-UrhG, § 42b AT-UrhG, Art. L 122-5 CPI, Art. 55 ff. BE-UrhG, Art. 16c-16g NL-
UrhG, §§ 39-46 DK-UrhG, Art. 26k-26m SE-UrhG, § 26a ff. FI-UrhG, Art. 71f IT-UrhG, Art.
25 ES-UrhG, Art. 82° PT-UrhG, Art. 18 (3) GR-UrhG.
125
germaterial und ähnliche Vorrichtungen bezieht.299 Demgegenüber wurde in den
restlichen Ländern ein duales System der Geräte- und Leerkassettenvergütung eingeführt, welches auf die mittelbare Belastung zweier Industriezweige und somit auf die
gleichmäßige Verteilung der Aufbringungslast bedacht ist. Zur Zahlung herangezogen werden nicht allein die Hersteller bzw. gewerblichen Importeure von unbespielten Bild- und Tonträgern, sondern auch die Geräteindustrie.300 Diese Verlagerung
der Zahlungspflicht weist einen zweifachen Vorteil auf, indem sie eine sachgerechte
und industriepolitisch ausgewogene Lösung bietet und dabei die Einbeziehung und
Kontrolle der fälligen Vergütungszahlungen durch den Rechteinhaber wesentlich
vereinfacht.301 Die Vergütungspflichtigen müssen Beträge entrichten, die an den
Verkaufspreis des jeweiligen Ton- und Bildtonträgers oder Gerätes angeknüpft sind.
Zur Erfassung, Einziehung und Ausschüttung der Einnahmen werden die Verwertungsgesellschaften eingeschaltet, die kollektiv die Vergütungsansprüche verwalten.
Zur Durchsetzbarkeit der Vergütungsansprüche werden den Vergütungspflichtigen
Auskunfts- und Meldepflichten auferlegt. Auch diese Melde- und Auskunftsansprüche werden verwertungsgesellschaftenpflichtig gestaltet.302 Da der Veräußerungs-
299 Vgl. Schønning, RIDA 173 (juillet 1997), 137, 199. Für die Einführung der Leerkassettenabgabe ins finnische Recht siehe Schraut, UFITA Bd. 101 (1985), 149, 151 ff.
300 Da der Erwerb von vergütungspflichtigen Geräten und Leermedien durch den Endverbraucher
nicht mit angemessenem Aufwand erfasst werden kann, haften seit 1995 in Deutschland neben Herstellern und Importeuren auch die Händler für die Zahlung der einschlägigen Vergütung. Allerdings werden solche Händler nur ab einem gewissen Vergütungsaufkommen in den
Anspruch genommen. Darüber hinaus besteht die Haftung nur dann, wenn der Hersteller, Importeur oder Zwischenhändler, vor dem der Händler die vergütungspflichtigen Waren bezieht,
nicht an einen Gesamtvertrag mit einer Verwertungsgesellschaft gebunden ist. Eine Einbeziehung der Händler in den Kreis der Vergütungspflichtigen wird hingegen in Frankreich nicht
erwogen. In Dänemark werden wiederum sogar die Großhändler in das Zahlungssystem eingebunden. Das Gleiche gilt in Griechenland, wobei die meisten Gerichte eine wahlweise Belastung der Vergütungspflichtigen erkennen, Koumantos/Koriatopoulou-Angeli, RIDA 190
(avril 2004), 141, 201.
Nicht zulässig ist die Erhebung einer Gebühr für die mechanische Vervielfältigung, die nicht
anlässlich der Einfuhr oder des Absatzes von Tonträgern erfolgt, sondern die für die öffentliche Benutzung der Tonträger von dem Betreiber einer Diskothek neben der üblichen Vorführungsgebühr verlangt wird, wenn die bespielten Tonträger in einem Mitgliedstaat hergestellt
und in Verkehr gebracht worden sind, indem eine solche Kumulation der Vorführungs- und
Vervielfältigungsgebühr nicht vorgesehen ist; siehe EuGH-Urteil v. 9.04.1987, Rs. 402/85, G.
Basset ./. SACEM, Sgl. 1987, S. 1747 ff. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof stellt die Belastung der Tonträger mit einer nach der jeweiligen Vergütungsdifferenz
berechneten Abgabe wegen ihres Einfuhrs ebenso ein Hindernis für den innergemeinschaftlichen Warenverkehr dar; siehe EuGH-Urteil v. 20.01.1981, Rechtsachen 55/80 und 57/80, Musik-Vertrieb Membran GmbH und K-tel International ./. GEMA, Slg. 1981, S. 147.
301 Vgl. Kreile/Becker, FS Nordemann, 2004, S. 279, 293.
302 Mit dem Gesetz zur Stärkung des Geistigen Eigentums und zur Bekämpfung der Produktpiraterie vom 7. März 1990 begründete der deutsche Gesetzgeber die Pflicht, bei der Veräußerung
oder dem Inverkehrbringen von Geräten in den ausgestellten Rechnungen auf die urheberrechtliche Vergütung hinzuweisen, die auf die Geräte entfällt. Ferner wurde vorgesehen, dass
126
preis für den Umfang der tatsächlichen urheberrechtlich relevanten Nutzung allerdings nicht aussagekräftig ist, wurden unabhängige, standardisierte Vergütungssätze
durch die Verwertungsgesellschaften festgelegt, von denen jedoch die Praxis der
Gesamtverträge abweichen kann.
b) Vergütungspflichtige Leermedien und Geräte
In den letzten Jahren ist die Vielfalt der Geräte zur Vervielfältigung dramatisch
angestiegen. Zu den herkömmlichen Tonbandgeräten, Audiokassetten- und Videorecordern sind eine Reihe Leermedien hinzugetreten, wie DAT (Digital Audio Tape),
CDs, DCC (Digital Compact Cassetten), Minidiscs, bespielbare CD-R/CD-RW für
Musik- und andere Datenformate, Laserdiscs und DVDs (Digital Versatile Disc),
welche digitale Aufnahmen und Kopien großer Datenmengen mit hohen Qualitätsstandards ermöglichen. Auch Computer und kombinierte PC- und Fernsehgeräte in
Verbindung mit externen Festplatten und CD-ROM-Brennern sind seit einigen Jahren auf dem Markt erhältlich und stellen eine multimediale Plattform für mehrfache
Vervielfältigungsvorgänge dar. Schließlich haben neue Datenkompressionstechniken (MP3-, ACC-, Apple Lossless-Formate) die Entwicklung von digitalen Musik-
Playern erlaubt, die in der Größe einer Zigarettenschachtel bis zu 5000 Musiktitel
über den Computer auf einem fest im Gerät installierten Speicher für eine Spieldauer
von 12 Stunden aufnehmen können.303
Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Disketten und Data-CD-R/RW,
DAT, DCC, Audio-CD-R/RW und bespielbare DVD in die Vergütungsregelung
aufzunehmen sind. Über eine Abgabe für MP3-Geräte besteht noch in manchen
Rechtsordnungen Unklarheit, wobei ihre wachsende Bedeutung hinsichtlich der
urheberrechtlich relevanten Vervielfältigungsvorgänge304, mit denen sie verbunden
sind, eine gewichtige Regelungslücke aufweist. Streitig ist im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung, ob integrierte Computerfestplatten zur Vornahme von
urheberrechtlich relevanten Vervielfältigungen bestimmt und somit als gesondert
vergütungspflichtig anzusehen sind.305 Auch die Aufnahme neuer Aufzeichnungsgeräte in die Vergütungspflicht ist bereits im Gespräch. Es geht hierbei vor allem um
bei einer Verletzung der Auskunftspflicht der doppelte Vergütungssatz verlangt werden kann.
So sollte die Stellung der Verwertungsgesellschaften gestärkt werden.
303 So z.B. die Leistungsmerkmale des iPod Players von Apple, der 2004 eingeführt und zum
Kassenhit wurde. Nebenbei können Musik und Bild in iPod Photo kombiniert werden, welches bis zu 15 000 Songs oder bis zu 25 000 Fotos aufnehmen kann.
304 Entscheidend hierbei ist nicht die tatsächliche Nutzung, sondern die Nutzungskapazität der
einschlägigen Überspielungsgeräte, die dank hochwertiger Komprimierungstechniken bis zu
15.000 Musiktiteln auf 60 GB Speicher aufnehmen können.
305 Isoliert vertriebene Festplatten sind hingegen einer Leermedienvergütung zu unterwerfen, vgl.
Winghardt, ZUM 2002, 349, 360. Erwogen wird noch eine Geräteabgabe in Bezug auf die
Vervielfältigung erforderlicher Software, Nippe, Urheberrecht und Datenbank, 2000, S. 388
ff.
127
CD-Brenner, Scanner und Drucker, die - wie bisher Telefaxgeräte und Readerprinter306 - das Einlesen und Digitalisieren von Schriftstücken bzw. Bildern zum Zweck
der weiteren elektronischen Bearbeitung ermöglichen.307
Für diese Geräte wurde bereits in der deutschen Rechtsprechung eine Abgabepflicht zulasten von Herstellern und Importeuren ausdrücklich anerkannt.308 Insbesondere bei Scannern darf die Zahlung einer Pauschalvergütung nicht von dem Umstand abhängig sein, dass ein Scanner auf weitere Geräte angewiesen ist. Denn im
Zusammenspiel mit PC und Drucker ist ein Flachbett-Scanner mit der dazugehörigen installierten Software geeignet, ähnlich wie ein herkömmliches Fotokopiergerät
eingesetzt zu werden. Was die in der Vergangenheit bestätigte Abgabepflicht für
Drucker angeht, wird diese durch die jüngste Rechtsprechung erneut in Frage gestellt. Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23.01.2007 geht hervor, dass die Hersteller von Computerdruckern weiterhin keine Urheberrechtsabgabe
für ihre Produkte zahlen müssen. Das Gericht war der Auffassung, dass Drucker als
reine Ausgabegeräte im Alltag nicht im nennenswerten Umfang zur Vervielfältigung
306 BGH v. 28.01.1993, GRUR 1993, 553 = NJW 1993, 2118 – Readerprinter; BGH v.
28.01.1999, ZUM 1999, 649 = GRUR 1999, 928 = NJW 1999, 356 – Telefaxgeräte. Readerprinter dienen der Nutzung von auf Mikrofiche verkleinertem Schriftgut sowie der Sichtbarmachung des Schriftguts im Wege der Rückvergrößerung auf Bildschirmen.
307 Eine differenzierte Kategorisierung der verschiedenen Gerätetypen unter ausdrücklicher
Erfassung neuerer Vervielfältigungstechniken könnte nur eine klarstellende und keine konstitutive Wirkung haben; die ständig fortschreitende Entwicklung spricht gegen eine Regelung
durch abschließende Auflistung der vergütungspflichtigen Geräte; vgl. 2. Vergütungsbericht
der Bundesregierung v. 11.07.2000, BT-Drucks. 14/3972, S. 26, abgedruckt in UFITA 2000-
III, 691-742.
308 Sch-Urh 12/99 v. 4.05.2000, ZUM 2000, 599 – Gerätevergütung für CD-Brenner. Siehe auch
LG Stuttgart v. 19.06.2001, ZUM 2001, 614 = CR 2001, 581 ff. – Vergütungspflicht für CD-
Brenner, wo Hewlett Packard und die GEMA sich damals auf eine Zahlung von 12 DM verglichen. Diese Rechtsprechung hat in der Lehre positive Reaktionen ausgelöst; siehe jeweils
Kröber, ZUM 2000, 545 und Flechsig, ZUM 2001, 656; OLG Hamburg v. 3.12.1998, ZUM
1999, 248 = CR 1999, 415 – Geräteabgabepflicht für Scanner; BGH v. 5.07.2001, GRUR
2002, 246 = CR 2002, 176 – Scanner; OLG München v. 27.10.2005, GRUR-RR 2006, 126 –
Vergütungspflicht für Kopierstationen; LG Stuttgart v. 22.12.2004, CR 2005, 378 – Geräteabgabe für Drucker und Plotter; OLG Stuttgart v. 11.05.2005, ZUM 2005, 565 - Geräteabgabepflicht für Drucker und Plotter. Die deutschen Verwertungsgesellschaften hatten bereits vor
diesen Entscheidungen teilweise Tarife für solche Geräte veröffentlicht, deren Durchsetzung
dennoch auf starken Widerstand seitens der Industrie stieß. Die Gerätehersteller schlossen sich
in Interessengemeinschaften gegen Urheberrechtsabgaben zusammen, z.B. die Initiative der
führenden Drucker-Hersteller Brother, Canon, Epson, Hewlett-Packard, Lexmark, Kyocera
Mita und Xerox, die gemeinsam mit der BITKOM, dem Bundesverband der Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien, über den aktuellen Stand der digitalen Technik
in den zentralen Bereichen Rechtemanagement und Kopierschutz sowie über die schädlichen
Auswirkungen zusätzlicher Urheberrechtsabgaben auf IT-Geräte für die Wirtschaft und den
Verbraucher informiert; mehr dazu unter .
128
genutzt werden.309 Eine Urheberrechtsvergütung für Drucker lehnte auch der Bundesgerichtshof in einem anderen Fall ab. Da ein Drucker nur in einer Funktionseiheit
mit PC und Scanner für Vervielfältigungen im Wege der Ablichtung genutzt werden
könne, sei eine gleichzeitige Vergütungspflicht für Drucker eine unzulässige Doppelbelastung. Ein Drucker allein in Kombination mit einem PC sei ebenfalls nicht zu
einer Vervielfältigung im Wege der Ablichtung, auch nicht in entsprechender Weise
geeignet, da es stets um die Vervielfältigung von Druckwerken gehen müsse.310
Aus der Sicht des niederländischen Urheberrechts bleibt unklar, ob die einschlägige Abgabe auch für MP3-Player oder Mobiltelephone erhoben werden darf. Dies
hängt mit der Absicht des Gesetzgebers zusammen, das System der Leerkassettenabgabe künftig abzubauen; wo dem Urheber technische Schutzmaßnahmen
zur Verfügung stehen, sollten die pauschalen Abgaben nicht als Geldprämie für die
Rechteinhaber missbraucht werden.311
Auch andere Länder sind sehr zurückhaltend in Bezug auf die Ausweitung der
Leerkassettenvergütung auf sämtliche digitale Medien; teilweise ist es der nationale
Gesetzgeber, der auf eine Klarstellung verzichtet. Die Zuordnung neuer Medien zu
den vergütungspflichtigen Geräten und Leerträgern wird vielmehr von einzelnen
Kriterien abhängig gemacht, wie die „erkennbare Zweckbestimmung“,312 der beträchtliche Umfang, in dem das betreffende Gerät zur privaten Vervielfältigung
eingesetzt wird, oder die „Funktionseinheit“ im Falle der Zusammenwirkung mehrerer Medien. In Belgien wird beispielsweise auf den Gebrauchszweck abgestellt, dem
der Einsatz der fraglichen Leermedien bzw. Geräte dient. Werden sie „offensichtlich“ („manifestement“) zu Kopierzwecken genutzt, unterliegen sie auch der Vergütungsregelung für die private Vervielfältigung. Das Merkmal der „Offensichtlichkeit“ lässt sich im konkreten Fall anhand bestimmter Kriterien feststellen. Tarife und
vergütungspflichtige Medien werden dort durch königliches Dekret festgesetzt. In
Italien geht es restriktiver zu, indem nur ausschließlich („esclusivamente“) zu Aufnahmezwecken bestimmte Leermedien und Geräte der vorgeschriebenen Abgabe für
die private Kopie unterliegen. Vergütungspflichtig sind nach der neuen Rechtslage
309 OLG Düsseldorf v. 23.01.2007, ZUM 2007, 207 – Keine Geräteabgabepflicht für Drucker.
Mit diesem Urteil wurde die Klage der VG WORT abgewiesen, die rückwirkend ab 2001 eine
Abgabe von bis zu 300 € für jedes Gerät verlangte.
310 BGH v. 6.12.2007, GRUR 2008, 245 (mit Anm. Ungern-Sternberg) = CR 2008, 211 - Drucker und Plotter.
311 Siehe Bericht von Hugenholtz, RIDA 206 (octobre 2005), 117, 131 f.
312 Das Kriterium der erkennbaren Zweckbestimmung findet sich in § 53 (5) DE-UrhG und
ersetzte im Rahmen der Novelle 1985 den Begriff „Eignung zur Vervielfältigung“. Mit dem
neuen, vergleichsweise engeren Kriterium werden solche Leerträgermedien von der Vergütungspflicht ausgenommen, die nicht für den Endverbraucher und damit tatsächlich nicht für
eine Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch bestimmt sind. Die Festestellung einer Zweckbestimmung der fraglichen Geräte führt ohnehin nicht automatisch zu einer Vergütungspflicht, sondern löst lediglich die gesetzliche - jedoch widerlegbare – Vermutung aus, dass die
fraglichen Geräte ihrer Zweckbestimmung nach benutzt werden; BGH v. 28.01.1993, GRUR
1993, 553 = NJW 1993, 2118 – Readerprinter.
129
in Portugal jene Geräte, die ausschließlich oder hauptsächlich zur Vervielfältigung
bestimmt sind.313
Weitgehend streitig ist die PC-Abgabe. Gerade bei der heutigen Ausstattung von
PCs stellt es eine Besonderheit dar, dass Speichermedium und Vervielfältigungsgerät derart vereint sind, dass sie im Zusammenspiel mit Software auf einer gemeinsamen Plattform die Wiedergabe, Speicherung, Bearbeitung und Vervielfältigung
von textlichen, graphischen und bildlichen Inhalten ermöglichen. Maßgeblich für die
technische Eignung der einschlägigen Geräte für Vervielfältigungs- bzw. Speicherungshandlungen ist ihre Eignung beim Benutzer und die objektive Zweckbestimmung, die vom Herunterladen auf Arbeitsspeicher bzw. Festplatte und Einlesen
eines Textes/Bildes mit Hilfe eines Scanners bis hin zum Einlesen von einem digitalen Datenträger und Ausgabe auf einem Drucker oder Brennen auf einer CD-ROM
reicht. Festplatten und Arbeitsspeicher, soweit sie isoliert vertrieben werden und
dazu bestimmt sind, in einem Computer eingesetzt zu werden, müssen einer gesonderten Vergütungspflicht unterstellt werden. Zu bewerten ist ferner die Kumulation
multifunktionaler Geräte und Leerträgermedien wie PC, Scanner, CD-Brenner, Drucker in ein und demselben Medium.
Eine pauschale Vergütungspflicht für PCs kommt der deutschen Lehre zufolge
nur dann in Betracht, wenn es sich nicht um eine unzulässige Mehrfachabgabe handelt. Da innerhalb der Funktionseinheit Scanner/PC/CD-Brenner/Drucker mehrere
Geräte einer urheberrechtlichen Vergütungspflicht unterliegen, soll nämlich vermieden werden, dass eine doppelte bzw. mehrfache Abgabe verlangt wird.314 Die Rechtsprechung ist bereits im Hinblick auf die umfassende Nutzungskapazität von PCs
auf die Frage einer Vergütungspflicht für Computerfestplatten und die damit verbundenen Peripheriegeräte eingegangen.315 Im Vorfeld der 2004 und 2005 ergangenen Urteile hatte die VG WORT einen Tarif in Höhe von € 30 veröffentlicht; das
Oberlandegericht München hat die einschlägige Abgabe auf € 12 je PC heruntergesetzt und die Computerindustrie zu Zahlungen rückwirkend ab 2001 verpflichtet.316
In diesem Zusammenhang sei auf die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
hingewiesen, in der die aus verschiedenen Geräten gebildete Funktionseinheit bei
der Festlegung vergütungspflichtiger Geräte erstmalig eine Rolle spielte. Die eingeständige Kopierleistung der einzelnen Geräte sei zwar in der Regel für die Anerkennung einer gesonderten Vergütungspflicht maßgeblich. Sollte jedoch mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass mehrere ineinander oder nebeneinander zu-
313 So Gesetz Nr. 50/2004, welches das auf dem Gesetz Nr. 62/98 v. 1.09.1998 beruhende Regime über die Privatkopie auf den aktuellen Stand brachte, indem es die Leerkassetten- und
Geräteabgabe auf digitale Medien ausdehnte.
314 Vgl. Richters/Schmitt, CR 2005, 473, 478.
315 LG München v. 23.12.2004, CR 2005, 217 = ZUM 2005, 241 – PC-Urheberrechtsabgabe;
OLG München v. 15.12.2005, ZUM 2006, 239 = ZUM 2005, 239 = CR 2006, 309 = GRUR-
RR 2006, 121 – Gerätevergütungspflicht für PCs.
316 LG München v. 23.12.2004, CR 2005, 217 = ZUM 2005, 241 – PC-Urheberrechtsabgabe;
OLG München v. 15.12.2005, ZUM 2006, 239 = ZUM 2005, 239 = CR 2006, 309 = GRUR-
RR 2006, 121 – Gerätevergütungspflicht für PCs.
130
sammengebaute Geräte zur Vornahme von Vervielfältigungen benutzt werden können, so seien diese besonderen Umstände bei der Bemessung der Vergütungshöhe
mit zu berücksichtigen.317 Ein Hardwaregerät darf mithin nur dann belastet werden,
wenn es dasjenige Gerät ist, das am deutlichsten zur Vervielfältigung bestimmt ist.
Die übrigen Geräte dürfen hingegen nicht mit Pauschalabgaben belegt werden: Disketten- und CD-ROM-Laufwerke, deren Funktion sich darauf beschränkt, Dateien
zu lesen und auf der Festplatte zu speichern, unterliegen insofern keiner gesonderten
Abgabepflicht. Diese Funktion sowie der Prozessor, das Mainboard oder die Software werden über die Geräteabgabe des PC bereits erfasst.318 Demgegenüber ist die
gesetzlich vorgesehene Gerätevergütung im Fall von Multifunktionsgeräten höchstgerichtlich bejaht worden.319 Dabei handelt es sich um Geräte mit festem Vorlagenglas, die in Verbindung mit einem Computer auch als Drucker oder Scanner dienen
und separat als Fax oder Kopierer fungieren können.
Von dieser Entscheidungslinie weicht der österreichische Oberste Gerichtshof ab,
der eine Vergütungspflicht für Computerfestplatten gerade aufgrund derer Multifunktionalität verneinte. Dabei handele es sich um darum, Trägermaterial, das regelmäßig zu einem gewichtigen und nicht zu vernachlässigenden Teil für andere
Zwecke als zur Vervielfältigung zum eigenen und privaten Gebrauch verwendet
werde, von der Vergütungsregelung auszuschließen. Wollte man die Leerkassettenvergütung ausnahmslos auch auf Computerfestplatten erheben, erhielten die Begünstigten regelmäßig mehr, als ihnen der Gesetzgeber nach dem erklärten Ziel dieser
Vergütung zugedacht habe.320 Auf derselben Linie bleiben der belgische und der
spanische Gesetzgeber, die Computer-Festplatten von der Abgabepflicht ausdrücklich ausnehmen.321
Uneinheitlich und ohne klare Konturen gestaltet sich die Problematik der PC-
Abgabe in den anderen Rechtssystemen. Während mancherorts der nationale Gesetzgeber in den parlamentarischen Materialien zur Urheberrechtsnovellierung von
einer Klarstellung abweicht, erfassen die von der französischen Commission de la
copie privée322 festgelegten Vergütungen neben den üblichen Leerträgermedien
sowohl Speicher als auch Festplatten, die in MP3-Playern, Aufzeichnungsgeräten,
317 BGH v. 19.12.1980, GRUR 1981, 355, 357 - Videorecorder; BGH v. 5.07.2001, GRUR 2002,
246 = CR 2002, 176, 177 - Scanner, wo jedoch die Frage über die PC-Abgabe offen bleibt;
siehe hierzu KG v. 23.11.2001, ZUM 2002, 828 - Vesendung von Pressespiegeln per Email.
318 Winghardt, ZUM 2002, 349, 360 f.
319 BGH v. 30.01.2008, GRUR 2008, 786 - Multifunktionsgeräte.
320 OGH v. 12.07.2005, MR 2006, 19 – Computer-Festplatte. In Österreich wird nur für Festplatten von digitalen Videorekordern eine Leermedienabgabe erhoben. Angesichts der Tatsache,
dass nach österreichischem Urheberrecht die Leerkassettenabgabe nicht um eine Geräteabgabe
ergänzt wird, wird eine Zuordnung der Vergütung für Festplatten kritisch angesehen; siehe
Dittrich, ÖJZ 2001, 754, 758 ff. Abweichend von Lewinski, ZUM 2003, 933, 941.
321 Art. 56 BE-UrhG, Art. 25 (7) b ES-UrhG.
322 Vornehmlichste Aufgabe dieser unabhängigen Kommission, die in Art. L. 335-5 CPI vorgesehen wird, ist die vergütungspflichtigen Aufnahmenmedien zu bestimmen sowie den Vergütungssatz festzulegen. Ihre Entscheidungen treten innerhalb von 15 Tagen nach deren Veröffentlichung im Journal Officiel in Kraft.
131
Fernsehgeräten und sonstigen Gehäusen aus dem Audio- und Videobereich integriert sind bzw. werden können.323
Ähnliches sieht auch das griechische Urheberrechtsgesetz vor, in dem neben verschiedenen Leermedien (CD, CD-ROM, CD-R und DVD) sämtliche Aufzeichnungsgeräte sowie nicht integrierte Geräte und Festplatten ausdrücklich als abgabepflichtig genannt werden, soweit sie im Zusammenwirken mit einem Computer zur
Aufzeichnung geschützter Inhalte eingesetzt werden (Art. 18 (3) GR-UrhG).
Die anderen Mitgliedstaaten haben im Rahmen ihrer Urheberrechtsreform von der
Einführung einer PC-Abgabe abgesehen.
c) Bemessungsgrundlage für die Vergütungshöhe
Im Hinblick auf die Bemessungsgrundlage für die Leerkassetten- und Geräteabgabe
sind die Erfahrungen aus den verschiedenen Rechtssystemen gemischt. Die Vergütungssätze werden durch ein Gesetz oder eine staatliche Behörde entweder unmittelbar festgelegt oder an unterschiedliche Kriterien angeknüpft. So kann die Geräteabgabe – soweit vorhanden - vom Verkaufspreis abhängig gemacht werden und somit
einen parafiskalischen Charakter aufweisen (Italien, Portugal, Griechenland) oder
nach Art und Nutzung der Geräte gestaffelt werden (Deutschland324, Österreich,
Belgien, Schweden, Spanien). Auch Lehre und Praxis setzen sich unterschiedlich
mit Reformfragen hinsichtlich der Vergütungshöhe auseinander.
Seit 1985 blieben die in der Anlage zu § 54d DE-UrhG festgelegten Vergütungssätze für die private Vervielfältigung in Deutschland für mehrere Jahre nahezu unverändert, was sich angesichts der Verlagerung der Kopiertätigkeit vom gewerblichen in den privaten Bereich nicht mehr rechtfertigen ließ.325 Um die offenbar anpassungsbedürftigen Vergütungssätze zeitgemäß zu modifizieren, wurde die
Tarifgestaltung für die Gerätevergütung im Rahmen des zweites Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft zu Gunsten der Urheber neu
geordnet. Die Höhe der Vergütungssätze ist nicht mehr im Anhang zum Urheberrechtsgesetz geregelt, sondern wird künftig an die vervielfältigungsrelevanten Eigenschaften der Geräte und Speichermedien sowie an den Umfang der tatsächlichen
Nutzung angeknüpft. Es soll hierbei nicht mehr auf die erkennbare Bestimmtheit,
323 Siehe Entscheidungen der Kommission v. 4.01.2001, JO v. 7.01.2001, S. 336; Entscheidung v.
4.07.2002, JO v. 27.07.2002, S. 12877; Entscheidung v. 10.06.2003, JO v. 2.07.2003, S.
11121 und zuletzt Entscheidung v. 20.07.2006, JO v. 13.09.2006, S. 13480.
324 In der deutschen Wahrnehmungspraxis für die Gerätevergütung wird zunächst im Rahmen
einer sog. Shipment-Studie festgestellt, wie viele Geräte wohin geliefert wurden. In einer
zweiten Phase wird dann durch eine weitere demoskopische Untersuchung nach Sparten (gewerbliche Wirtschaft bis Copyshops) getrennt festgestellt, aus welchen Werkkategorien
(Fachbuch, Bild, Grafik) wieviel kopiert wird; eingehend Melichar, in: Hilty (Hrsg.), Die
Verwertung von Urheberrechten in Europa, 1995, S. 125, 131 ff.
325 Auf den Regelungsbedarf in diesem Bereich weist der 2. Vergütungsbericht der Bundesregierung v. 11.07.2000, BT-Drucks. 14/3972, S. 6 (abgedruckt in UFITA 2000-III, 691-742) hin.
132
sondern allein auf die tatsächlich nennenswerte Nutzung der einzelnen Geräte oder
Speichermedien abgestellt werden, so dass auch jene Geräte- und Speichertypen
vergütungspflichtig sind, die nur im geringen Umfang für Vervielfältigungen genutzt werden.
Neben Leermedien, Scanner, Kopier- und Faxgeräte werden die Abgaben auch
auf Computer, Drucker, DVD-Recorder und MP3-Player zu leisten sein. Künftig
werden die Tarife zwischen Verwertungsgesellschaften und Herstellern ausgehandelt, während die Schiedsstelle im Streitfall die tatsächliche Nutzung durch empirische Untersuchungen zu ermitteln hat. Da das Gesetz zu handfesten Anhaltspunkten
für der Bemessung der Vergütungshöhe schweigt, kommt dabei eine Fülle an Kriterien als einschlägige Ausgangswerte in Betracht wie Leistungsfähigkeit, Speicherkapazität und Mehrfachbeschreibbarkeit der Geräte und Speichermedien.326 Zudem
entfällt die Pauschalabgabe, sofern eine Vervielfältigung auf Grund des Einsatzes
von DRM-Systemen nicht möglich ist. Je mehr Werkexemplare mit wirksamen
Kopierschutzmaßnahmen versehen sind, desto geringer ist der Anteil urheberrechtlich relevanter Kopien an der Gesamtzahl der Vervielfältigungen mit einem bestimmten Gerät. Entscheidet sich also der Rechtsinhaber für eine Zugangssperre,
darf er aus dem pauschalen Vergütungssystem keine Leistungen mehr beziehen.
Wenig deutlich sind die Konturen einer Ausdehnung der Pauschalabgabepflicht
im Falle einer Gerätekombination (PC mit Peripheriegeräten, wie Scanner, Drucker,
CD-/DVD-Brenner) oder bei Geräten mit mehreren Komponenten (Speichermedien
oder Zubehör). Eine undifferenzierte Abgabe auf alle PCs wäre nicht angemessen.327
Maßgeblich für die Vergütungshöhe sind hierbei die Funktionszusammenhänge
verschiedener Komponenten im Einzelfall, wobei darauf zu achten ist, dass sich aus
der Addition aller vergütungspflichtigen Gerätekomponenten und des vergütungspflichtigen Zubehörs keine unzumutbar hohe Gesamtvergütung ergibt.328
Durch die Abkehr von einer bisher staatlich regulierten Tariffestlegung und mangels einer ausdrücklichen Berechnungsmethode wird den beteiligten Kreisen ein
Mechanismus an die Hand gegeben, mit dessen Hilfe sie für die Anpassung der
Vergütungssysteme an künftige Veränderungen zeitnah selbst sorgen können. Den
Verwertungsgesellschaften soll damit nicht mehr – wie im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens 1985 – die Last der Vergütungsbemessung abgenommen, sondern
326 Bei der Leistungsfähigkeit der Drucker sollte beispielsweise beachtet werden, welche auf die
Anzahl der möglichen Ausdrucke/Minute, die erzielbare Auflösung in Punkte/Inch und mithin
auf die Art des verwendeten Druckverfahrens (Nadel-, Tintenstrahl-, Laser-, LED-, Thermotransfer- und Thermosublimationsdruck) abstellt; siehe Kappes, GRUR 1997, 338, 345.
327 Siehe Niemann, CR 2008, 273, 276 ff.
328 Siehe in dieser Hinsicht RefE v. 27.09.2004, S. 59, abrufbar unter
(Letzter Abruf: 26.03.2005), wo es klargestellt wird, dass ein Gerät auch dann vergütungspflichtig ist, wenn es sich erst mit der Verbindung zu anderen Geräten oder sonstigem Zubehör zur Vervielfältigung eignet. Danach bestehe eine Vergütungspflicht auch für Geräte, deren
Programmsteuerung keinen Vervielfältigungsbefehl enthalte, wenn dem Gerät dieser Befehl
mit Hilfe eines externen Prozessors erteilt werden könne, wie etwa auf dem Chip einer Smartcard – belastet werde allerdings hierbei nur das Gerät und nicht das Zubehör.
133
durch klare Richtlinien geholfen werden, künftig in Eigenverantwortung für angemessene und zeitgemäße Vergütungssätze zu sorgen.329 Bereits in dem beschlossenen Kabinettsentwurf vom 22.03.2006 wurde darauf hingewiesen, die Vergütungshöhe sei so zu bemessen, dass der Hersteller nicht unzumutbar beeinträchtigt werde
und die Vergütung in einem wirtschaftlich angemessenen Verhältnis zum Preisniveau des Geräts oder des Speichermediums stehe (§ 54a (4) DE-UrhG). Damals
hatte die Bundesregierung eine prozentuale Obergrenze von 5% des Verkaufspreises
des jeweiligen Gerätetyps ins Auge gefasst, um zu vermeiden, dass die Abgabenhöhe einen Wettbewerbsnachteil für die deutschen Hersteller und Importeure gegen-
über der ausländischen Konkurrenz ergibt. Die starre 5%-Grenze wurde jedoch in
der endgültigen Fassung des zweiten Reformgesetzes mit der Absicht aufgehoben,
nunmehr die Festlegung des maßgeblichen Richtwerts im Einzelfall den beteiligten
Kreisen bzw. den Gerichten zu überlassen.
An das deutsche Vorbild angelehnt stellt der spanische Gesetzgeber eine leicht
abgeänderte Liste von Bemessungskriterien auf, die bei der Festlegung der Vergütungshöhe für digitale Leermedien und Geräte maßgeblich sind (Art. 25 (6) Nr. 4
ES-UrhG): a) der tatsächliche Umfang des Schadens, der durch die unerlaubte Nutzung dem Rechteinhaber erwachsen ist; b) die Nutzungsintensität der einschlägigen
Leermedien und Geräte; c) deren Speicherkapazität; d) die Qualität der hergestellten
Kopien; e) Verfügbarkeit, Umfang der Anwendung und Effektivität der technischen
Schutzmaßnahmen; f) die Speicherdauer. Dabei soll die festzulegende Vergütungshöhe für das jeweilige Medium in einer finanziell angemessenen Relation zum mittleren Endpreis stehen. Im Gegensatz zu der gesetzlichen Festsetzung der Tarife für
die analogen Medien in Art. 25 (5) ES-UrhG, werden die Preise für die digitalen
Medien alle zwei Jahre nach entsprechenden Verhandlungen durch ministeriellen
Erlass bekannt gemacht.
Auch in den anderen Rechtssystemen versucht der nationale Gesetzgeber die Pauschalabgaben auf die tatsächliche Vervielfältigungspraxis zu beziehen. In Frankreich fand – ebenso wie in Deutschland - 15 Jahre lang keine Anpassung der von der
zuständigen Commission de la copie privée 1986 aufgestellten Vergütungssätze über
die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch statt. Erst 2000 wurde die Kommission
zum zweiten Mal vom französischen Gesetzgeber aufgerufen, die vergütungspflich-
329 Zypries, ZUM 2005, 98, 99. Mit der Reform des Pauschalvergütungssystems hat sich die
Arbeitsgruppe "54" befasst. In der Frage, was aus der Anlage zu § 54d (1) DE-UrhG werden
soll, ergab sich im Rahmen der Konsultationen ein komplexes Meinungsbild. Während die
Anlage einerseits zum Auslaufmodell erklärt wurde, wollten andere Teilnehmer diese entweder ganz (GEMA) oder zumindest teilweise (VG WORT) beibehalten, wieder andere (Gerätehersteller) wollten die Anlage mit Blick auf neue Technologien fortschreiben. Es bestand
weitgehend Einigkeit dahingehend, dass die Anlage zu § 54d (1) DE-UrhG nicht gestrichen
werden sollte. Zu der Frage, ob und – wenn ja – wie die Anlage fortgeschrieben werden sollte,
konnte keine Einigung erzielt werden. Auch wenn schon heute für neue Gerätetypen einvernehmlich andere Vergütungssätze festgelegt werden, sollten die gesetzlichen Tarife für die
traditionellen Gerätetypen ihre Gültigkeit weiterhin behalten, sonst wäre das Inkasso für Jahre
blockiert; siehe Melichar, ZUM 2005, 119.
134
tigen Aufnahmemedien sowie Höhe und Modalitäten der Vergütung festzusetzen.
Die Arbeiten der Kommission liefen auf eine Erhöhung der Vergütungssätze um
etwa 25% hinaus. Die Vergütungshöhe richtet sich nach der nominellen Speicherkapazität der jeweiligen Medien und nicht nach der Aufnahmedauer gemäß Art. L.
311-4 Abs. 2 CPI. Anlässlich der gestiegenen Zahl der Aufnahmemedien im digitalen Kontext erfolgte eine erhebliche Erweiterung des Kreises der Anspruchsberechtigten. Am Vergütungsaufkommen partizipieren fortan nicht nur Urheber und Leistungsschutzberechtigte, deren Werke auf Ton- oder Bildtonträgern festgelegt sind,
sondern auch Rechteinhaber, deren Werke ohne vorherige Festlegung ausgestrahlt
und erst als Funksendung zum privaten Gebrauch aufgenommen werden.330 Ein
Vergütungsanspruch darf nicht dort geltend gemacht werden, wo bereits eine vertragliche Vergütung mit einzelnen Nutzern für das Herunterladen bestimmter Inhalte
vereinbart und entrichtet worden ist – zu Doppelvergütungen darf es dabei nicht
kommen.331
In Österreich blickt die Einführung der Leerkassetten- und Tonträgerabgabe auf
das Jahr 1996 zurück. Sie erfasst heute digitale Medien, u.a. CD, DVD, DAT, Minidiscs - eine Vergütungspflicht für Computer-Festplatten scheidet, wie oben erwähnt,
aus. Die entsprechenden Tarife werden im Rahmen kollektiver Vereinbarungen
zwischen Nutzern und Verwertungsgesellschaften festgelegt. Ihre Bemessung knüpft
an die Spieldauer der einschlägigen Medien an. Die Umsetzung der Info-Richtlinie
ins österreichische Recht hat insofern keine Anpassungen des bisherigen Vergütungssystems herbeigeführt.
Im dänischen Urheberrechtsgesetz schlägt sich seit kurzer Zeit eine Vergütungsregelung für Audio- und Videoaufzeichnungen im privaten Haushalt („home taping“) nieder; 2003 wurde die Vergütung für digitale audiovisuelle Leermedien von
DKK 4,50 pro Stück auf DKK 1,75 (etwa 0,23 €) heruntergesetzt, da sie sich im
Vergleich zu den ausländischen Tarifen als zu hoch erwiesen hat.332 2006 beträgt der
gesetzlich festgelegte Tarif DKK 1,88 (etwa 0,25 €). Die Höhe der Abgabe wird in
Finnland vom Bildungsministerium festgelegt. Sie berechnet sich nach der Spieldauer je angefangene Minute sowie nach der Art der Aufnahme (Ton oder Bild).
Das 2004 novellierte Gesetz Nr. 62/1998 vom 1.09.1998 über die private Kopie
legt in Portugal die Vergütungssätze fest. Während die Geräteabgabe an 3% des
jeweiligen Verkaufserlöses angeknüpft wird, werden die Vergütungen für analoge
und digitale Medien im Einzelnen aufgelistet; diese liegen seit 2004 je nach CD-Typ
(CD-R/CD-RW, CD-Audio/CD-Data, Minidisk usw.) bei 0,05 – 0,27 % und je nach
330 Die durch die Neuregelung von Art. L. 311-1 ff. CPI eingeführte Gleichbehandlung der einschlägigen Rechteinhaber beschränkt sich allerdings auf den digitalen Kontext, so dass die
Aufnahme einer Funksendung auf analogen Medien zum privaten Gebrauch weiterhin keinen
Vergütungsanspruch auslöst. Als anspruchsberechtigt sind neben den Rechteinhabern auch die
Verleger erstmalig genannt, wobei dies nicht als Leistungsschutz zu deuten ist; mehr dazu
infra C.III.
331 Art. L. 311-4 CPI; zur Auslegungsproblematik hinsichtlich dieser Regelung siehe Desurmont,
RIDA 210 (octobre 2006), 111, 171 ff.
332 Schønning, RIDA 202 (octobre 2004), 81, 91.
135
DVD-Typ (DVD-R, DVD-RW, DVD-RAM) 0,14 - 1,00 %, wobei die Speicherkapazität kein maßgebliches Kriterium zu sein erscheint.333
In Griechenland lässt sich die Vergütungshöhe für Computer-Festplatten und
Aufzeichnungsgeräte auf 6% des Verkaufspreises berechnen; bei Scannern und
Disketten mit einer Kapazität von weniger als 100 MB liegt der zu entrichtende
Betrag bei 4% des Verkaufserlöses.334 Die einschlägigen Ansprüche können durch
die Verwertungsgesellschaft drei Monate ab der Einfuhr geltend gemacht werden.
Obwohl die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft keine Verwertungsgesellschaftspflicht in Bezug auf die Leerkassetten- und Geräteabgabe vorsieht, ist dies in der Praxis der hier untersuchten Rechtsordnungen überwiegend der Fall.335
333 Siehe Art. 3 des Gesetzes Nr. 62/1998 vom 1.09.1998; abrufbar unter .
Siehe hierzu Delgado, RIDA 211 (janvier 2007), 141, 149 f.
334 Siehe Art. 18 (3) GR-UrhG. Die Formulierung der einschlägigen Regelung wird von der
griechischen Lehre als komplex bemängelt, Koumantos/Koriatopoulou-Angeli, RIDA 200 (avril 2004), 141, 151.
335 Schon im Jahr 1955 versuchte die GEMA zu verhindern, dass Tonbandgeräte veräußert, vermietet oder auf andere Weise vertrieben werden, ohne dass die Empfänger der Geräte darauf
hingewiesen werden, dass eine Benutzung der Geräte zur Aufnahme oder Wiedergabe von
Musikwerken des GEMA-Repertoires deren Einwilligung bedurfte. Dieses erste Verfahren der
deutschen Verwertungsgesellschaft gegen den bedeutenden Tonträgerhersteller Grundig –
auch bekannt als „Magnettonband-Fall“ - führte zu einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs, welche den Charakter der Vervielfältigungsfreiheit als echte Ausnahmebestimmung hervorhob, die nicht vor der privaten Sphäre des einzelnen Benutzers ende.
Vielmehr müsse dem Urheber eine Vergütung für seine Leistung zustehen, ohne dass es dabei
eine Rolle spiele, ob der Werkgenuß in der Öffentlichkeit oder privat stattfände.335 Des Weiteren wurde der Tonträgerhersteller dazu verpflichtet, bei Werbung oder beim Vertrieb die
sog. GEMA-Hinweise mit einzubeziehen.335 Da solche Maßnahmen, die später auch gegen-
über Herstellern von Tonbändern und Einzelhändlern durchgesetzt worden sind, nicht zur der
erwünschten Absicherung der dem Urheber zustehenden Vergütungsansprüche führten, erkannte schließlich der Bundesgerichtshof der musikalischen Verwertungsgesellschaft die
Möglichkeit zu, den Geräteherstellern den Vertrieb der Tonbandgeräte nur unter der Voraussetzung zu gestatten, ihrerseits die Vervielfältigungsgebühren durch eine angemessene Pauschalabgabe abzulösen; siehe BGH v. 29.05.1964, GRUR 1965, 104, 108 – Personalausweise.
Der BGH verneinte allerdings in dieser Entscheidung eine Bekanntgabepflicht der Käufer und
hielt die Händler nicht für verpflichtet, die Geräte nur gegen Vorlage des Personalausweises
an die Kunden abzugeben.
136
(2) Vergütung für Vervielfältigungen im Bereich der Reprographie: Geräteabgabe
und/oder Betreiberabgabe
a) Grundstruktur
Mit der Einführung eines Vergütungsanspruchs für Vervielfältigungsvorgänge im
Wege der Ablichtung oder sonstiger Verfahren vergleichbarer Wirkung zielt der
Gesetzgeber auf die Regelung des reprographischen Verfahrens ab, dem aus technischer Sicht die Ablichtung mittels elektromagnetischer Strahlung zugrunde liegt.336
Träger und Geräte, die mittels reprographischer oder ähnlicher Verfahren eine Vervielfältigung ermöglichen, unterliegen somit einer Abgabe in Form einer Betreiberabgabe (Großkopiererabgabe), die von der Art des zu vervielfältigenden Werkes
oder vom Verwendungszweck abhängt. Die Notwendigkeit der Vergütung für die
fotomechanische Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Vorlagen ergibt sich
– anders als bei der Geräte- und Leerträgermedienabgabe – nicht durch das unkontrollierbare Vervielfältigen in privaten Haushalten, sondern auf Grund des Kopierens
an Schul- und Arbeitsplätzen, im wissenschaftlichen und gewerblichen Bereich.
Ohne die einschlägige Vergütungsregelung können die Ansprüche der Urheber gegen diesen Personenkreis kaum durchgesetzt werden. Öffentliche Bibliotheken,
Schulen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und gewerbliche Kopiergeschäfte
werden daher als Schwerpunktbereiche der urheberrechtsrelevanten Kopiertätigkeit
in die Betreibervergütung einbezogen. Der mit der Betreibergebühr verbundene
Verwaltungsaufwand ist nur im Fall von Betreibern mit besonders umfangreicher
Vervielfältigungstätigkeit zumutbar; diese Voraussetzung fällt bei Gewerbetreibenden (z.B. Hotelier), die einen Computer mit Internetzugang bereitstellen, weg, so
dass die Zahlung einer Vergütung weder aus rechtlichen noch aus wirtschaftlichen
Überlegungen erforderlich erscheint.337 Zur Vermittlung dieser Angaben, die als
Bemessungsgrundlage für die jeweilige Vergütungshöhe dienen, sind die vergütungspflichtigen Betreiber zur Auskunft und Benachrichtigung über die Nutzung der
von ihnen betriebenen Kopiergeräte verpflichtet und - zumindest in Deutschland bei Nichterfüllung mit der doppelten Tarifgebühr (sog. Kontrollkostenzuschlag)
336 Vgl. die Legaldefinition der Reprographie nach dem seit dem 3. Januar 1995 neu eingefügten
Art. L. 122-10 Abs. 2 CPI, wonach sich die Reprographie als Vervielfältigung im Wege der
Kopie auf Papier oder auf einem ähnlichen Träger durch ein fotographisches Verfahren oder
ein Verfahren gleicher Wirkung, das ein direktes Lesen ermöglicht, verstanden wird: „La reprographie s’entend de la reproduction sous forme de copie sur papier ou support assimilé
par une technique photographique ou d’effet équivalent permettant une lecture directe.“
337 Handig, ÖBl. 2004, 196, 201. Ist der Bereitsteller des Computers gleichzeitig der Betreiber
eines Internetcafés, kommen hingegen andere Überlegungen in Betracht.
137
bedroht.338 Zu diesem Zweck soll noch die Einführung eines Kontrollbesuchsrechts
der Verwertungsgesellschaften bei Betreibern von Vervielfältigungsgeräten die
Durchsetzung des Vergütungsanspruchs beschleunigen und erleichtern.339 Es ist zu
erwarten, dass die Betreiberabgabe im digitalen Umfeld keine tiefergehenden Anpassungen erfahren wird; die zumeist gesetzlich festgeschriebenen Vergütungssätze
lassen sich nur schwer ändern. Hinzu kommt, dass die neuen Geräte in ihrer technischen Funktion mit herkömmlichen Ablichtungsgeräten nichts mehr zu tun haben –
eine Rechtsfortbildung fällt insofern aus.340 In das Blickfeld der Verwertungsgesellschaften, die in der Regel mit der Verwaltung der Reprographietantieme beauftragt sind341, gerät dennoch eine Erweiterung des vergütungspflichtigen Betreiberkreises um die gewerbliche Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung, die bisher
von der Abgabepflicht ausgenommen wurden. 342
Eine Betreiberabgabe wird nicht in allen europäischen Urheberrechtssystemen
gesetzlich vorgesehen, obwohl solche Abgaben in der Praxis der Verwertungsgesellschaften angewendet werden. Nach französischem und spanischem Recht sind
die Vergütungsansprüche nicht so weitgehend gestaltet und beschränken sich auf
eine Geräteabgabe. Zur Durchsetzung der Geräteabgabe wird den gewerblichen
338 Der doppelte Vergütungssatz wird in §§ 54f (3), 54g (3) DE-UrhG vorgesehen und soll die
aufgrund des aufwendigen Kontrollapparates für die Verwertungsgesellschaften entstandenen
Verwaltungskosten kompensieren. Angesichts der Tatsache, dass die Nichterfüllung der Vergütungspflicht in keiner Weise die Rechtmäßigkeit der privaten Vervielfältigung berührt, zeigt
sich die Rechtsprechung gegenüber der Durchsetzung einer doppelten Tarifgebühr zurückhaltend; die höchstrichterliche Rechtsprechung hat die einschlägige Maßnahme zur Entdeckung
von Urheberrechtsverletzung bereits anerkannt, BGH v. 10.03.1972, BGHZ 59, S. 286. Siehe
hierzu Schack, Urheber- und Urhebervertragsrecht, 2005, Rn. 693. Abgesehen von einer speziellen Meldepflicht werden im franz. Urheberrechtsgesetz den Vergütungsschuldnern keine
Nebenpflichten auferlegt.
339 Dies schlägt der deutsche Gesetzgeber im RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur
Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vor, als Reaktion auf die höchstrichterliche Rechtsprechung, nach der es einer VG WORT untersagt wurde, gegen den Willen
des Geschäftsinhabers die Geschäftsräume eines Kopierladens zu betreten, um die dort bereitgehaltenen Fotokopiergeräte zu erfassen und inspizieren, BGH v. 13.11.2003, GRUR 2004,
420 - Kontrollbesuch.
340 Zu den Grenzen für eine Anwendung der Reprographievergütung siehe Bornkamm, FS Nordemann, 2004, S, 299, 310 f.
341 Die einschlägige Verwertungsgesellschaftenpflicht ist sogar in Deutschland, Italien, den
nordischen Ländern (als Anwendungsbereich der Erweiterten kollektiven Lizenzen), in Portugal und – seit 1995 - in Frankreich gesetzlich verankert.
342 Diese Diskussion findet überwiegend in Deutschland statt. Nach Auffassung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels verstößt die Befreiung dieser Gruppen gegen Art. 14 GG. Im
Rahmen einer Befragung durch die Bundesregierung wurde also vorgeschlagen, alle Kopierer
außerhalb privater Haushalte in die Betreibervergütung mit einzubeziehen und für die verschiedenen Bereiche unterschiedliche Vergütungen festzusetzen, 2. Vergütungsbericht der
Bundesregierung v. 11.07.2000, BT-Drucks. 14/3972, S. 22, abgedruckt in UFITA 2000-III,
691-742; vgl. hierzu die Rechtsprechung über vergütungspflichtige Einrichtungen im Bereich
der gewerblichen Wirtschaft, BGH, v. 20.02.1997, NJW 1997, 3440 – Betreibervergütung;
Sch-Urh 57/90, ZUM 1993, 636.
138
Importeuren und Reimporteuren von Geräten und Speichermedien die Pflicht auferlegt, die Art und Stückzahl der eingeführten Gegenstände schriftlich mitzuteilen. Mit
der Meldepflicht wird durch den nationalen Gesetzgeber ein Ersatzinstrument eingeführt, das durch den Wegfall der Grenzkontrollen und Meldungen im Wege der
Einführung des Binnenmarktes notwendig geworden ist.343
Für ein kombiniertes Vergütungsmodell, welches sowohl an den Verkauf von
Aufzeichnungsgeräten als auch an den Betrieb angeknüpft wird, hat sich schließlich
der Gesetzgeber in Deutschland, Österreich und Belgien entschieden.344
b) Vergütungsbemessung und anwendbare Tarife
Obgleich das Gesetz die Vergütungssätze für die reprographische Vervielfältigung
festzulegen vermag, erfolgt die Abgeltung des Vergütungsanspruchs in der Regel
auf Grund von Gesamtverträgen, die Verbände, öffentlich-rechtliche Körperschaften
oder einzelne Betreiber mit der wahrnehmungsberechtigten Verwertungsgesellschaft
abschließen. Bei der Bemessung der Reprographieabgabe in den einzelnen Systemen
werden unterschiedliche Kriterien herangezogen. Die Vergütungssätze werden an
die Zahl der kopierten Seiten, den Verkauferlös der vergütungspflichtigen Geräte
oder die Geräteleistung angeknüpft. In den Vereinbarungen über die Höhe der
Betreiberabgabe – soweit vorhanden - werden nach Standort und typischer Verwendung des Geräts differenzierende Tarife aufgestellt, die in der Regel proportional zur
tatsächlichen Anzahl der Kopien stehen. Auch der Tätigkeitsbereich der Betreiber
und die Anzahl ihrer Angestellten/Studenten können dabei maßgeblich sein.345 Die
jeweilige Berechnung setzt die Erfassung wichtiger Daten voraus, wie die Zahl der
insgesamt hergestellten Kopien, der Anteil urheberrechtlich geschützter Vorlagen
sowie der pro Kopie zu entrichtende Preis.
Der deutsche Gesetzgeber sieht für die Bemessung der Reprographieabgabe folgende Kritierien vor: Art und Umfang der Gerätenutzung, Standort der Nutzung und
übliche Verwendung (§ 54c (2) DE-UrhG). Damit weicht die neue Rechtslage von
der bisherigen Differenzierung zwischen Vergütung für audiovisuelle Werke und
Reprographievergütung ab, was durch die technische Entwicklung und das allmähliche Absterben der klassischen Ablichtung bedingt sei.
343 Einer Verwertungsgesellschaft steht allerdings weder nach urheberrechtlichen noch nach
zivilrechtlichen Vorschriften ein Anspruch zu, gegen den Willen des Geschäftsinhabers die
Geschäftsräume eines Kopierladens zu betreten und die bereitgehaltenen Fotokopiergeräte zu
erfassen oder zu kontrollieren; siehe BGH v. 13.11.2003, GRUR 2004, 420 - Kontrollbesuch.
344 Einschlägig sind §§ 54f (3), 54g (3) DE-UrhG, § 42 b (2) AT-UrhG, Art. 59 BE-UrhG und
Art. 25 (12) ES-UrhG.
345 Ausführliche (tabellarische) Darstellung der anwendbaren Tarife und Systeme für die reprographische Vervielfältigung in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten bei Gibault,The Reprography Levies accross the European Union, 2003, S. 22 ff.
139
Im österreichischen Urheberrechtssystem knüpft die Vergütung für die Reprographie an zwei Quellen an: die Geräte- und die Betreiberabgabe. Die Geräteabgabe
umfasst ausschließlich Geräte, die typischerweise für Vervielfältigungen bestimmt
sind, und unterscheidet sich sowohl nach Art (Kopierer, Scanner und Fax) als auch
nach Leistung des Geräts (Seiten/Min.). Der maximale Tarif für einen Kopierer, der
mehr als 70 Seiten/Min. herstellt, beträgt € 344,60, für Scanner € 13,31. Die minimalen Vergütungssätze kommen auf € 10,22 (Kopierer mit 10 Seiten/Min.) und
€ 3,74 (manueller Scanner). Faxen mit integriertem Scanner oder Laserprinter erzeugt jeweils eine Zahlungspflicht von € 10,60 und € 21,21.346 Maßgeblich für die
Einhebung der Betreibervergütung ist die zu erwartende hohe Intensität der Gerätebenutzung und lässt sich nach dem Umfang der Vervielfältigungstätigkeit bemessen.
Bei ihrer Bemessung werden drei Kriterien, nämlich Geräteleistung, Tätigkeitsfeld
und Standort des Betreibers, berücksichtigt. Die höchsten Jahreszahlungen werden
den Copyshops (bis zu € 125,94) und den Bibliotheken (bis zu € 308,28), die sich in
der Nähe einer Ausbildungsstätte befinden, auferlegt.
Das französische Urheberrecht geht von einer Vervielfältigungsfreiheit für analoge reprographische Vervielfältigungsvorgänge aus. Eine Vergütungspflicht wird
insofern gesetzlich nicht vorgesehen, wobei das Recht der Vervielfältigung im Wege
der Reprographie verwertungsgesellschaftspflichtig ausgestaltet wird. Abseits des
Urheberrechts ist seit 1976 hier eine parafiskalische Abgabe auf alle Reprographiegeräte eingeführt worden. Die Höhe der Reprographieabgabe wird durch Art. 22 (1)
lit. b) des Finanzgesetzes vom 30. Dezember 1975 festgelegt.347 Eine ministerielle
Verordnung gibt des Weiteren abschließend vor, welche Geräte - zu denen seit 1993
neben Photokopierern und Druckern auch Scanner zählen - vergütungspflichtig
sind.348 Ein grundlegender Unterschied der französischen Rechtslage gegenüber
anderen Systemen besteht schließlich darin, dass der Vergütungserlös nicht als finanzieller Ausgleich für die Privatkopie den Rechteinhabern zukommt, sondern als
steuerähnliche Abgabe von 3% in den Fonds National du Livre zugunsten des Centre National des Lettres (CNL) fließt und somit unmittelbar eine kulturpolitische
Förderung darstellt.349 Eine Klage seitens der europäischen Kommission gegen diese
346 Guibault, The Reprography Levies across the European Union, 2003, S. 2.
347 Abgedruckt in JO v. 31.12.1975, S. 13567.
348 Verordnung v. 12.07.1976, geändert durch Verordnung v. 16.03.1993, JO n° 72 - 26.03.1993
("Arrêté du 16 mars 1993 modifiant l'arrêté du 12 juillet 1976 établissant la liste des appareils
soumis à la redevance sur l'emploi de la reprographie instituée par l'article 22 de la loi de finances pour 1976").
349 Lucas/Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 2001, Rn. 314. Die fehlende Möglichkeit der Geltendmachung eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs im Bereich der Reprographie und somit die unterschiedliche Behandlung im Vergleich zu der Privatkopie im audiovisuellen Bereich lässt sich angesichts des überwiegend rechtswidrigen Charakters der erfolgten Fotokopien erklären; nach Auffassung des franz. Gesetzgebers wäre die Einführung
eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs kein wirksames Mittel gegen die stetige Ausbreitung
der reprographischen Herstellung von Vervielfältigungsexemplaren unter Verwendung
rechtswidriger Vorlagen.
140
Besteuerung auf Reprographiegeräte blieb ohne Erfolg. Die Wahrnehmung des Reprographierechts obliegt dem Centre français du droit de copie (CFC), das gemäß
seiner Satzung gehalten ist, mit den Nutzerverbänden vertragliche Vereinbarungen
über die Einräumung des Reprographierechts zu schließen. Das CFC bietet den
Werknutzern entweder eine umfassende Lizenz oder eine Reihe dem jeweiligen
Tätigkeitsbereich zugeschnittener Vertragstypen an, z.B. für Dokumentationszentren
(„centres et services de documentation“), Anbieter elektronischer Pressespiegel
(„panoramas de presse électroniques diffusés sur intranet et prestations clipping“),
Kopierdienste („copies-services et entreprises de reprographie“), Organisationen für
berufliche Ausbildung („organismes de formation professionelle“), Bildungseinrichtungen („établissements d’enseignement“) oder für Fälle eines Auftrags zur termingerechten Herstellung von Kopien durch Dritte („autorisation de reproduction ponctuelle“). Je nach Vertragstyp wird die Vergütung an verschiedene Kriterien angeknüpft, wie die Zahl der kopierten Seiten, die geographische Lage der
zahlungspflichtigen Einrichtung oder das jeweilige Medium (Schulbuch, Lehrbuch,
illustriertes Buch, Presseerzeugnisse je nach Anzahl der Auflagen) von dem die
erwünschten Kopien stammen.350 Die einschlägigen Vergütungssätze beziehen sich
allerdings auf die herkömmlichen Fotokopiervorgänge, während die Festlegung von
Tarifen für die Vervielfältigung im Wege von Druckern oder Scannern bisher ausgeblieben ist.
Das belgische Königliche Dekret vom 30.10.1997351 legt Vergütungssätze fest,
die von € 3,99 - € 1464,13 pro Kopierer variieren, je nachdem, ob er 6 oder 89 Kopien/Min. produzieren kann. Für Scanner gelten 16 unterschiedliche Vergütungssätze, die sich nach der Auflösung des Geräts ausrichten, die bei höchster Auflösung
€ 7,99 für manuelle Scanner, € 10,65 für Scanner mit automatischer Papierzuführung („sheet-feeder scanner“) und € 79,86 für Flatbed-Farbscanner. Die Betreiberabgabe knüpft an die tatsächliche Anzahl der Vervielfältigungsstücke sowie daran
an, ob es um Farbkopien geht. Sie wird unterschiedlich berechnet und zwar abhängig davon, ob es sich dabei um „kooperierende“ Betreiber mit standardisierten Vereinbarungen handelt - zumeist Bibliotheken, Bildungsstätten, Forschungsinstitute,
kleine und mittelständische Unternehmen - oder um „nicht kooperierende“, die aus
diesem Bereich fallen.352 Die Reprographieabgabe richtet sich nach kopierter Seite
und beträgt € 0,0128 für die erste Gruppe und € 0,0171 für die zweite.353
Die niederländische Verwertungsgesellschaft Stichting Reprorecht hat einen allgemeingültigen Vergütungssatz eingeführt, der € 0,045 pro Seite entspricht. Die
Rechte der Verleger auf dem Gebiet der Reprographie nimmt hingegen die Stichting
350 Diese Differenzierung in der Tarifgestaltung mangelt an gesetzlicher Grundlage, was in der
Lehre auf Kritik gestoßen ist; siehe Bertrand, RDPI n° 81 (novembre 1997), 11, 17 f. Vgl.
auch Gautier, Propriété littéraire et artistique, 2004, Rn. 196. Übersicht über die einzelnen Tarife bei Guibault, The Reprography Levies across the European Union, 2003, S. 10 f.
351 Veröffentlicht in Moniteur belge v. 7.11.1997, zuletzt geändert am 13.12.2002.
352 Eingehende Darstellung des Systems bei Corbet, RIDA 183 (janvier 2000), 109, 121 ff.
353 Siehe Königliches Dekret v. 10.11.2004, veröffentlicht in Moniteur belge v. 25.11.2004;
Guibault, The Reprography Levies across the European Union, 2003, S. 5.
141
PRO wahr, welche variable Tarife zwischen € 0,025 – 0,07 pro Seite/Leser für
kommerzielle und nicht-kommerzielle Betreiber sowie für die Vervielfältigung analogen und digitalen Materials berechnet.
In den nordischen Ländern werden reprographische Vervielfältigungen im Bildungsbereich von dem System der erweiterten kollektiven Lizenzen erfasst. Bei den
Reprographieeinnahmen handelt es sich nicht um eine Betreibervergütung, deren
Festlegung der staatlichen Intervention entzogen wird und auf freiwilliger Basis
nach entsprechenden Vereinbarungen zwischen Verwertungsgesellschaften und
Betreibern erfolgt. Die Tarife der dänischen und schwedischen reprographischen
Verwertungsgesellschaft für Bildungseinrichtungen werden in der Regel pro Jahr
und Schüler/Student bemessen. Die Vergütungssätze von COPY-DAN sind sehr
detailliert und können je nach Schulart einen Betrag von 194,69 DKK (€ 26,16)
erreichen. Für die anderen Bereiche wird die Vergütung pro Seite berechnet und
entspricht 0,2184 DKK für Universitäten und 0,72 DKK für den privaten und öffentlichen Sektor. Der höchste reprographische Tarifsatz pro Jahr/Student von Pressekopia beträgt 109,30 SEK (€ 12) und muss von den Universitäten entrichtet werden;
maßgeblich für die Vergütungen, die für private Betriebe erhoben werden, ist die
Zahl der Angestellten. Die finnische KOPIOSTO teilt die Betreiber in drei Kategorien ein, den Bildungs-, den öffentlichen und den betriebswirtschaftlichen Bereich,
und wendet jeweils drei Vergütungssätze an, nämlich 2,96 Cents, 3,7 cents und 3,7
Cents pro kopierte Seite.
Eine Großkopiererabgabe wird nach spanischem Recht nicht vorgesehen. Dort
muss eine solche Abgabe im Wege gesonderter Verhandlungen der zuständigen
Verwertungsgesellschaft CEDRO mit den einzelnen Betreibern vereinbart werden.
Die Tarife 2007 der CEDRO bestehen in einer Geräteabgabe und belaufen sich auf
€ 0,02134 pro Seite (allgemeine Abgabe) und € 2,85 pro Jahr/Student (spezielle
Abgabe für Bildungseinrichtungen). Soweit eine Vereinbarung nicht getroffen wird,
kommen die in Art. 25 (5) ES-UrhG vorgesehenen Tarife zur Anwendung. Die zwischen € 15,00 und € 200,13 variierenden Tarife werden an die Leistung des jeweiligen Geräts (Kopie/Min.) angeknüpft.
Das italienische Vergütungssystem sieht nur eine Betreiberabgabe vor. Die standardisierten Tarife werden pro Seite berechnet, wobei sie unterschiedlich für die mit
der SGAE kooperierenden einerseits (€ 0,05) und die nicht kooperierenden Betreiber
andererseits (€ 0,06) ausfallen, wie es der Fall in Belgien ist. Die Vergütungen für
öffentliche Schulbibliotheken rechnen sich nach Gesamtzahl der pro Jahr hergestellten Kopien; für städtische Bibliotheken nach Einwohnerzahl des Standorts.
In Griechenland und Portugal ist die Reprographieabgabe als pauschale Quote
konzipiert und entspricht jeweils 3% und 4% des Verkaufserlöses von Kopiergeräten. Insbesondere in Portugal werden auch Tarife im Sinne einer Betreiberabgabe
angewendet; genaue Informationen über die einschlägige Praxis der SPA werden
allerdings der breiten Öffentlichkeit nicht bekanntgegeben.
142
(3) Die Frage der Durchsetzung der Privatkopie gegen Kopierschutzmechanismen
Technische Schutzmaßnahmen unterliegen einem besonderen Schutz. Deren Umgehung, die den Zugang zu einem geschützten Werk ermöglicht, ist nach Vorgaben der
Info-Richtlinie verboten, soweit der Rechteinhaber nicht zugestimmt hat. In Umsetzung der Info-Richtlinie wird der Schutz wirksamer technischer Maßnahmen vor
Umgehung sowie vor bestimmten Vorbereitungshandlungen nun auch in die Urheberrechtsgesetze der Mitgliedstaaten eingebettet. Die Einführung dieses Umgehungsverbots setzte die Vorgaben der Info-Richtlinie (Art. 6 (1)) ins nationale Recht
um. Der nationale Gesetzgeber hat dabei die enge Anlehnung an den Wortlaut der
einschlägigen Regelung als den optimalen Ausgangspunkt für eine einheitliche Anwendung in allen EU-Mitgliedstaaten ausgewählt.354
Vor dem Hintergrund der Einführung des Schutzes von Kopierschutzmaßnahmen
verpflichtet die EU-Richtlinie zur Sicherstellung der in den Schrankenbestimmungen vorgesehenen privilegierten Werknutzung. Damit wird den Interessen der
Schrankenbegünstigten klar der Vorzug gegenüber den Schutzbedürfnissen der
Rechteinhaber gewährt. Es bleibt allerdings unklar, inwieweit sich die Vorschriften
über die urheberrechtliche Abgabe für die Privatkopie und die Vorschriften über den
Einsatz wirksamer technischer Schutzmaßnahmen gegenseitig bei ihrer Auslegung
beeinflussen. Die durch das urheberrechtliche Schrankensystem gewährte Ausgewogenheit zwischen den berechtigten Ansprüchen der Urheber und denjenigen der
Allgemeinheit gerät nun im digitalen Umfeld in Gefahr, wenn im Anwendungsbereich technischer Maßnahmen ein umfassender Schutz gewährt würde, ohne
zugleich als Äquivalent ein hinreichendes Instrumentarium zur wirksamen Durchsetzung der Nutzungsmöglichkeiten für die Begünstigten der Schrankenregelungen
zu garantieren. So muss der Verwender technischer Schutzmaßnahmen den durch
die Schranken Begünstigten die Mittel zur Nutzung der entsprechenden Schranke in
dem erforderlichen Maße zur Verfügung stellen. Da die Richtlinie jedoch keine
Vorgaben darüber enthält, wie die Verwender technischer Schutzmaßnahmen die
Nutzung der jeweiligen Schranken zu gewähren haben, wird ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet, der unterschiedlichste Lösungen für die Durchsetzung von
Schrankenbestimmungen – darunter auch die Bestimmung für die Vervielfältigung
zum privaten Gebrauch – zulässt.355 So geht es bei der Anpassung der Schranken-
354 So z.B. der Entwurf für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft v. 6.11.2002, BT-Drucks. 13/58, S. 26, mit dem die Info-Richtlinie ins deutsche
Recht umgesetzt worden ist.
355 Denkbar ist danach etwa, den Schrankenbegünstigten Schlüsselinformationen zum ein- oder
mehrmaligen Überwinden der technischen Maßnahmen zu überlassen. Ferner könnten Verbänden von Schrankenbegünstigten Vervielfältigungsmöglichkeiten zur eigenständigen Verteilung an einzelne Berechtigte überlassen werden. Berechtigten könnte aber auch die Möglichkeit geboten werden, auf völlig unabhängigem Wege – etwa über einen Internetabruf –
weitere Vervielfältigungsstücke in der jeweils benötigten Form zu erhalten. Die abstrakte Beschreibung des Umfanges der zu gewährenden Mittel hält deren Bestimmung vor dem Hintergrund eines sich wandelnden (technischen) Umfeldes flexibel, soll allerdings nicht zu einer
143
und Vergütungsregelung für die private Vervielfältigung an die neuen Gegebenheiten auch darum, inwieweit sich die Schranke der Privatkopie in Zukunft auch gegen
technische Schutzmaßnahmen durchsetzen wird, die zunehmend eine faktische Einschränkung privilegierter Handlungen darstellen.
Die Situation ist durch die widersprüchlichen Interessen der Rechteinhaber und
der Öffentlichkeit geprägt. Gegen die Einbeziehung digitaler Vorgänge in das derzeitige Pauschalvergütungssystem argumentieren vor allem die Industrieverbände
der Verwerter und Hersteller. Erforderlich seien vielmehr ein Verbot der Digitalkopie356, die breite Einführung wirksamer Kopierschutzmechanismen und die Durchsetzung individueller Lizenzmodelle. Diese Lösung bleibt allerdings im Hinblick auf
die Tatsache, dass für jeden Kopierschutzmechanismus in kürzester Zeit ein Umgehungstool entwickelt wird, weiterhin rechtspolitisch bedenklich.357 Außerdem gibt
es gegenwärtig eine große Zahl von Werken, die nicht durch technische Schutzmaßnahmen vor Vervielfältigung geschützt sind bzw. nicht mehr nachträglich mit diesem Schutz versehen werden könnten. Ein grundsätzliches Verbot der digitalen
Privatvervielfältigung ist weder faktisch noch rechtlich durchsetzbar. Denn es würde
die Endnutzer nicht daran hindern können, weiterhin digitale Kopien anzufertigen.
Daraus würde sich lediglich ein fragliches Rechtssystem ergeben, das bewusst am
Rechtsbruch der Endnutzer partizipiert. Vielmehr kommt im digitalen Zeitalter der
Ansatz zur Geltung, nach dem erlaubt werden muss, was sich nicht verhindern lässt,
und eine Vergütung dort entrichtet werden muss, wo eine effektive Rechtsverfolgung nicht möglich ist.358 Die Rede ist teilweise von einem „ungeschriebenen Recht
Gesetzesformulierung führen, welche die Nutzungsmöglichkeit im Rahmen einer Schrankenbegünstigung von Voraussetzungen abhängig macht, die nur mit mehr als unerheblichem zusätzlichem Aufwand verfügbar sind – wie etwa der Einsatz eines speziellen Betriebssystems;
vgl. der Entwurf für ein Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft v. 6.11.2002, BT-Drucks. 13/58, S. 27, mit dem die Info-Richtlinie ins deutsche Recht
umgesetzt worden ist.
356 Die impliziert allerdings nicht, dass die Urheber hierfür keine angemessene Vergütung erhalten sollten, Trautmann, ZUM 2005, 125; Heidemann-Peuser, ZUM 2005, 118. Der Forderung
eines Verbots (digitaler) Vervielfältigungsvorgänge liegt allerdings kein subjektives Recht des
Verbrauchers auf Privatkopie zugrunde; ein solches Recht kann auch nicht aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit hergeleitet werden.
357 Auf die Ineffizienz einer rein technischen Regelung wies bereits Maus, Die digitale Kopie,
1991, S. 230 ff. hin; vgl. von Diemar, Die digitale Kopie, 2002, S. 194. Schon früher konnte
die deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung in einem Verbotsrecht keine adäquate Lösung
sehen, BGH v. 29.05.1964 - Az: Ib ZR 4/63 = BGHZ 42, 118, 131 - Tonbandgeräte-
Hersteller II. Das Fehlen einer abschließende Musterlösung für das Spannungsverhältnis zwischen dem gebotenen effektiven Schutz technischer Schutzmaßnahmen und der Vervielfältigungsfreiheit bestätigt dazu Koelman, ALAI 2001, S. 448, 454.
358 Eine Differenzierung zwischen analog und digital ist - zumindest in dieser Hinsicht - nicht
vermittelbar, so Pichlmaier, CR 2003, 910, 911; Häuser, CR 2004, 829, 832. Dennoch sprach
sich die Kommission ausdrücklich für eine unterschiedliche Behandlung von digitalen Audiound Videoaufzeichnungen aus und befürwortete dabei technische Kopierschutzvorrichtungen
zur Durchsetzung eines Verbots digitaler Kopien, ohne zunächst eine Harmonisierung der
Vergütungssätze für Vervielfältigungen anzustreben. Ob hierzu eine Reaktion des Gesetzge-
144
zur Durchsetzung der Privakopie-Schranke“, von einer Kontrollbefugnis über andere
Rechte und somit von einem „Überrecht“.359
Nun wird dem Berechtigten nach neuer Rechtslage gestattet, mit technischen
Schutzmaßnahmen die private Kopie zu unterbinden. Dies sollte aber nicht notwendigerweise einem Verbot der Kopierfreiheit zum eigenen Gebrauch gleichgestellt
werden; vielmehr soll die einschlägige Maßnahme allein sicherstellen, dass der
Verbraucher so viele Werkstücke erwirbt, wie er benötigt. Es läuft lediglich auf eine
Gewichtung der verschiedenen Interessen zwischen Nutzern einerseits und Urheber,
die ihre Werke technisch schützen wollen, andererseits hinaus, bei der das durch die
Schranke zu dienende Interesse (z.B. Unterricht, Forschung) maßgeblich ist.360 Eine
Urheberrechtsreform, die ein Zusammenspiel des Einsatzes von Kopierschutzmaßnahmen mit der gesetzlichen Pauschalvergütung für die digitale Vervielfältigung
vorsieht, würde jedenfalls der aktuellen Lizenzierungspraxis sowie dem Geist der
europäischen Harmonisierung gebührend Rechnung tragen.361 Gegenteiliges unterliege erheblichen verfassungs- und europarechtlichen Bedenken.362
In diesem Sinne schreibt das deutsche Urheberrecht bereits vor, dass bei der Bemessung von Pauschalabgaben auch zu berücksichtigen ist, ob wirksame technische
Schutzmaßnahmen angewandt werden (§ 13 (4) DE-WahrnG). In der Wahrnehmungspraxis und insbesondere bei der Tarifgestaltung der Verwertungsgesellschaften wird die Anwendung technischer Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Meldeverfahrens in der Form berücksichtigt, dass die Berechtigten mit der Anmeldung
ihrer Werke zugleich erklären müssen, ob sie technische Schutzmaßnahmen einsetzen, die eine Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch unmöglich machen. Sollte dies
der Fall sein, werden diese Urheber und Rechteinhaber von der Verteilung des aus
dem gesetzlichen Vergütungsanspruch resultierenden Vergütungsaufkommens ausbers im Sinne eines ausdrücklichen Ausschlusses der Vervielfältigungsfreiheit geboten ist,
lässt sich in Zusammenhang mit dem faktischen Einsatz und dem rechtlichen Schutz technischer Schutzmaßnahmen erläutern.
359 Vgl. Flechsig, FS Nordemann, 2004, S. 313, 317. Dieses „Recht“ soll auch die Nutzung der
Umgehungssoftware sowie deren Herstellung und Vertrieb erfassen, Holznagel/Brüggemann,
MMR 2003, 767 ff.
360 Die lege-ferenda-Bedeutung des zugrunde liegenden Interesses der Schranke im Rahmen der
richterlichen Abwägung betont Dusollier, Droit d’auteur, 2005, Rn. 637.
361 Dem Wunsch gewisser Industriekreise entgegen entschied sich das Europäische Parlament
gegen die Abschaffung der Vergütungssysteme für die private Kopie. Allerdings dürfen derartige Vergütungssysteme weder den Einsatz technischer Schutzmaßnahmen noch deren Durchsetzung im Falle einer Umgehung beeinträchtigen; so im Erwägungsgrund Nr. 39 der Info-
Richtlinie. Dieser Erwägungsgrund kann nicht dahingehend verstanden werden, dass es dem
nationalen Gesetzgeber verboten ist, die digitale Kopie durch Aufnahme in den Schrankenkatalog gegenüber technischen Schutzmaßnahmen durchsetzbar zu machen, Krüger, GRUR
2004, 204, 206.
362 Siehe hierzu Geerlings, GRUR 2004, 207, 208 ff., der aufgrund der verfassungsrechtlichen
Einordnung des Urheberrechts den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Prüfungsmaßstab
auf das Gesamtgefüge der urheberrechtlichen Schranken im Bereich der Vergütung anwendet,
um die Frage zu beantworten, ob die pauschale Geräteabgabe den durch legale Kopien entstandenen Schaden ausreichend ausgleichen.
145
geschlossen.363 Dadurch soll verhindert werden, dass der Werknutzer für die Vervielfältigung zweimal zahlen muss, und zwar sowohl im Rahmen einer durch technische Schutzmaßnahmen kontrollierten Einzellizenzierung als auch im Rahmen des
gesetzlichen Pauschalvergütungssystems. Der deutsche Gesetzgeber bemüht sich
insofern darum, die verstärkte Nutzung der individuellen Lizenzierung von Werken
im digitalen Bereich mit der pauschalen Vergütung in Einklang zu bringen.364 Auch
in Frankreich wird seit der Novellierung nun ausdrücklich geregelt, dass bei der
Bemessung der Vergütungshöhe für die private Kopie der Einsatz technischer
Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden muss, und zwar nicht unter dem Aspekt,
ob sie im Einzelfall theoretisch vorhanden sind, sondern wie effektiv ihre Anwendung ist und welche Auswirkungen ihr Einsatz auf das Verbraucherverhalten hat.365
Nicht nur der Einsatz, sondern bereits die Verfügbarkeit solcher Technologien reicht
nach niederländischem Recht für den Ausfall der Leermedienabgabe aus. Dort sieht
der Gesetzgeber auf einen stufenweisen Abbau der pauschalierten Abgaben ab.366
2. Elektronische Pressespiegel - Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche
Wiedergabe von Zeitungsartikeln und Rundfunkkommentaren
a. Grundlagen
Die privilegierte Nutzung von Pressedatenbanken beruht auf einer besonderen
Schrankenregelung, welche die Zulässigkeit und vergütungspflichtige Gestaltung
363 Vgl. Peukert, ZUM Sonderheft 2003, 1050, 1057 f.
364 So sieht der aktuelle RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, abrufbar unter (Letzter Abruf: 26.03.2005), in § 54g (2) Satz 2 vor, dass mit technischen Maßnahmen geschützte Werke
von der Verteilung der Einnahmen aus den Pauschalabgaben ausgeschlossen sind. Soweit sie
aber über andere Quellen wie Rundfunk vervielfältigt werden können, besteht weiterhin ein
Recht des Urhebers auf Teilhabe an der Erlösverteilung. Vgl. Peukert, ZUM Sonderheft 2003,
1050, 1059, der für die Lösung von „Öffnungsklauseln“ plädiert, die für einen flexiblen Übergang vom Pauschal- zum Individualsystem sorgen. Bis dahin und damit diese unbefriedigende
Situation bewältigt wird, werden in der Lehre rechtliche Anhaltspunkte außerhalb des Urheberrechts, etwa im Strafrecht, gesucht, Abdallah/Gercke/Reinert, ZUM 2004, 31, 36 ff.
365 Art. L. 311-4 CPI; siehe hierzu Desurmont, RIDA 210 (octobre 2006), 111, 171. Von einer
zweitrangigen Stellung der Schranke der privaten Kopie geht die neueste Rechtsprechung
Frankreichs aus, die besagt, der Einsatz technischer Schutzmaßnahmen stehe in keinerlei Konflikt zu der Privatkopieschranke, da die einschlägigen Vorschriften kein Recht auf die Privatkopie gewährleisten, sondern vielmehr die Bedingungen festlegen, unter denen das Vervielfältigungsrecht der Urheber und Leistungsschutzberechtigten aufgehoben wird, CA Paris v.
30.04.2004, IIC 2004, 148 (mit kritischen Anm. Geiger) - Perquin et UFC Que Choisir v. SA
Films Allain Sarde, Sté Universal Pictures Video France
366 Hugenholtz, RIDA 206 (octobre 2005), 117, 131 f.
146
der Vervielfältigung, Verbreitung und öffentlichen Wiedergabe von ausgewählten
Rundfunkkommentaren und einzelnen Artikeln zu politischen, wirtschaftlichen oder
religiösen Tagesinteressen festlegt.367 Im besonderen Fall von Pressenspiegeln werden allerdings jene Dokumentationssysteme als Schutzgegenstand erfasst, in die
urheberrechtlich geschützte Zeitungsartikel einschließlich Fotografien, Graphiken
oder Tabellen368 entweder in vollem Umfang (Volltextarchivierung) oder in kurzen
Zusammenfassungen bzw. in einzelnen Passagen (Abstract-Datenbanken369) aufgenommen werden.370 Die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe
der enthaltenen Werke (Primärmedium) durch Presseorgane sowie des Pressespiegels als Aufnahmemedium (Sekundärmedium) dürfen – sofern sie nicht mit einem
Vorbehalt der Rechte versehen sind – zustimmungsfrei vorgenommen werden, sind
dennoch mit der Entrichtung einer angemessenen Vergütung verbunden. Bezweckt
wird damit, einen Freiraum für die geistige Auseinandersetzung mit den anderen
Medien zu schaffen und die Pressefreiheit zu unterstützen. Es handelt sich dabei um
ein Presseprivileg und nicht um eine Begünstigung interner Verwertungsformen, die
durch die Vervielfältigungsfreiheit zum eigenen Gebrauch restriktiver geregelt
sind.371
Eine gesetzliche Privilegierung von Pressespiegeln, die im Fall einer kommerziellen Nutzung eine Vergütungspflicht nach sich bringt, ist nur in Deutschland und
367 Siehe Art. 5 (3) lit. c) Info-Richtlinie; dieses Presseprivileg wurde in der Mehrheit der Mitgliedstaaten bereits ins nationale Recht umgesetzt.
368 Bloße Nachrichtenbeiträge ohne urheberrechtliche Werkqualität dürfen hingegen zustimmungsfrei in Pressearchive aufgenommen werden.
369 Auch Abstracts, welche – teilweise unter Zuhilfenahme einiger Passagen - den Inhalt der
Originaltexte sinngemäß in eigenen Worten wiedergeben, gilt es als eine eigene schöpferische
Leistung des jeweiligen Abstract-Autors anzusehen, Kleinke, Pressedatenbanken und Urheberrecht, 1999, S. 74.
370 Zum Begriff des Pressespiegels siehe Lehmann/Katzenberger, Elektronische Pressespiegel,
1999, S. 3, 11 ff. Pressespiegel werden von Unternehmen, Verbänden, Behörden oder Parteien
in regelmäßigen Abständen als Presseauswertung gefertigt und an interessierte Mitarbeiter,
Ämter oder Abteilungen weitergegeben. Tauglichen Vorlagen für Pressespiegel sind Beiträge
aus Zeitungen, Nachrichten- und Wirtschaftsmagazinen, Rundfunkkommentare sowie Tagesthemen dienenden Informationsblättern, nicht dagegen Beiträge aus Fach- oder Publikumszeitschriften, die bestimmten Themenkreisen gewidmet sind. Pressespiegel sind zwar wörtlich
kein Gegenstand besonderer Bestimmungen des Urheberrechts, unterliegen jedoch nach herrschender Meinung der Schranke der privilegierten Vervielfältigung und Verbreitung einzelner
Zeitungsbeiträge in anderen Zeitungen und Informationsblättern.
371 Eingehend hierzu Kleinke, Pressedatenbanken und Urheberrecht, 1999, S. 144 ff., der eine
Zuordnung der Erstellung und des Betriebs einer Pressedatenbank dem Privilegierungstatbestand der Vervielfältigungsfreiheit zwar erwägt, im Ergebnis jedoch – mit Ausnahme der von
den Datenbankbetreibern ausgeführten Rechercheaufträge („Herstellenlassen“) – ablehnt. Die
Zulässigkeit von (herkömmlichen und elektronischen) Pressespiegeln unter dem Aspekt der
Vervielfältigungsfreiheit zum eigenen Gebrauch scheitert schon an der begrenzten Zahl der
herzustellenden Vervielfältigungsstücke, Lehmann/Katzenberger, Elektronische Pressespiegel, 1999, S. 36, 43 ff. Eine Ausnahme gilt für die automatische Abstracts-Erstellung für den
internen Gebrauch, bei der die einzelnen Artikel nur viermal vervielfältigt werden, macht
Rogge, Elektronische Pressespiegel, 2001, S. 286.
147
Spanien („recopilaciones periódicas“) anzutreffen; trotz unklarer Rechtslage gehören
die sog. „panoramas de presse“ der Wahrnehmungspraxis der französischen Verwertungsgesellschaft Centre français d’exploitation du droit de copie (CFC) an.372 In
den anderen Rechtsordnungen sind zwar Schrankenbestimmungen zur Privilegierung der Vervielfältigung im Rahmen der Berichterstattung über Tagesereignisse
anzutreffen; die Vergütungspflicht bezieht sich jedoch nicht auf Presseschauen aus
systematisch dokumentierten Presseartikeln.
b. Kontroverse um die Einbeziehung elektronischer Pressespiegel in die herkömmliche Ausnahmeregelung
Bei der Erstellung und Verwertung elektronischer Pressespiegel ergibt sich durch
die technischen Besonderheiten eine neue Rechtslage. Im Rahmen der Anpassung
des einschlägigen Presseprivilegs an die Herausforderungen der digitalen Technologie stellt sich vornehmlich die Frage, inwieweit die auf traditionelle Vervielfältigungsmittel zugeschnittene Schrankenbestimmung direkt oder analog auf elektronische bzw. digitale Medienprodukte wie elektronische Pressespiegel, Online-
Pressedatenbanken oder sonstige Internet-Dienste anzuwenden ist. Der elektronische
Pressespiegel wird zumeist in der Form einer Online- oder Offline-Datenbank von
thematisch eingegrenzten, journalistisch aufbereiteter Beiträgen der aktuellen Berichterstattung digital erstellt und nimmt verschiedene Varianten zum hausinternen
oder kommerziellen Gebrauch an: Er kann durch selektives Digitalisieren oder vollständiges Einscannen der ausgewählten Publikationen, durch Abstracts-Erstellung
oder Erstellung von Übersichten mit Hyperlinks auf die Webseiten der Presseverlage
zustande kommen.373 Die Zeitungsbeiträge, die für den elektronischen Pressespiegel
372 Ein Eingriff in das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht sowie in das Recht der öffentlichen Wiedergabe stellt entsprechend die Aufnahme dar, die Ausgabe an Dritte und schließlich
die elektronische (online oder on-Demand) Zusendung geschützter Inhalte. Gesetzlich verankert ist die Privilegierung der Vervielfältigung und Verbreitung von Zeitungsartikel und
Rundfunkkommentaren in Deutschland (§ 49 DE-UrhG) und Spanien (Art. 32 (1) Satz 3 ff.
ES-UrhG). Irreführend ist der Begriff „revue de Presse“, der in Art. L. 122-5 CPI verwendet
wird. Dabei handelt es sich um die zumeist vergleichende Darstellung diverser Presseartikel
zu einem bestimmten Thema oder Ereignis durch die Journalisten selber in Erfüllung ihrer beruflichen Informationsaufgaben. Die französische Vorschrift scheint allein die Berichterstattung zu begünstigen, ohne die Problematik der Pressespiegel anzutasten. Auch die Vertragspraxis des CFC in Bezug auf elektronische Pressespiegel ist nicht ganz unproblematisch gewesen: das Pariser Tribunal de grande instance hat 2004 die Rechtmäßigkeit des CFC-
Vertragstyps über die Lizenzierung der elektronischen Übermittlung von Pressespiegeln und
Clippings verneint, solange die betreffenden Nutzungsrechte dem CFC nicht explizit eingeräumt wird; siehe Hinweis auf das Urteil bei Rojinsky/Boubekeur, Légipresse n° 220-II, 33,
36.
373 Die meisten dieser Erstellungsvarianten sind computergestützt. Ausführlich zu den urheberrechtlich relevanten Nutzungshandlungen, die die einzelnen Pressespiegel-Varianten mit sich
bringen, Rogge, Elektronische Pressespiegel, 2001, S. 59 ff.
148
herangezogen werden, sind entweder in Papierform bereits erschienen oder ausschließlich im Internet verfügbar.374 Der elektronische Pressespiegel unterscheidet
sich insofern von der elektronischen Variante eines Pressearchivs, als er sich nicht
auf die Ermöglichung eines erleichterten Zugriffs auf fremdes Material beschränkt;
durch die Herstellung elektronischer Pressespiegel wird vielmehr versucht, ein umfangreiches, themenbezogenes Inhaltsangebot in das eigene redaktionelle Umfeld zu
stellen. Die Übernahme fremder Zeitungsbeiträge zielt auf einen Meinungsdiskurs
und setzt somit einen erheblichen redaktionellen Aufwand voraus.375 Letzterer setzt
die mehrfache Speicherung sowie die elektronische Zusendung der erwünschten
Datenbankdokumente voraus, was wiederum eine intensivierte Nutzung geschützter
Inhalte veranlasst.376
Die EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft bezieht zwar
in Art. 5 (3) lit. c) „die Vervielfältigung durch die Presse, die öffentliche Wiedergabe oder die Zugänglichmachung von veröffentlichten Artikeln zu Tagesfragen …“ in
den Schrankenkatalog des Urheberrechts mit ein; sie lässt jedoch offen, ob die einschlägige Privilegierung ebenso auf das Herstellen und die Übermittlung elektronischer Pressespiegel zu erstrecken ist. Klar ist nur, dass die Info-Richtlinie mit den
Worten „durch die Presse“ eine abschließende Ermächtigungsgrundlage für die
mitgliedstaatlichen Schrankenbestimmungen aufstellen will, wodurch sich der Gestaltungsspielraum erheblich reduziert.377
An der Frage einer analogen Anwendbarkeit der relevanten Norm als Ermächtigungsgrundlage für die Begünstigung elektronischer Pressespiegel zeigt sich die
deutsche Lehre gespalten.378 Im Falle einer Freistellung elektronischer Pressespiegel
374 An dieser Stelle sei angemerkt, dass nur die Eingabe journalistischer Publikationen in einen
elektronischen Pressespiegel privilegiert ist; persönliche Meinungsäußerungen und Stellungnahmen außerhalb der aktuellen Berichterstattung, die auf dem sog. „schwarzen Brett“ von
Online-Diskussionsforen (News Groups, Mailing Lists) hinterlegt werden, sind somit von der
Ausnahmevorschrift nicht gedeckt Hoeren/Sieber – Raue/Hegemann, Multimediarecht, 2006,
Teil 7.5 Rn. 81.
375 Vgl. Zahrt, Elektronische Printmedien, 1999, S. 110 ff.
376 Impliziert der Betrieb eines elektronischen Pressespiegels die Ausführung von Rechercheaufträgen durch den Datenbankbetreiber auf Wunsch seiner Kunden, kommen die Ausführungen
supra 2. Abschnitt, B.II.1.a (3) zur Geltung.
377 Kritisch Berger, CR 2004, 360, 362 ff.
378 Zu den Argumentationslinien gegen eine Subsumierung elektronischer Pressespiegel in der
herkömmlichen Regelung siehe Katzenberger, Elektronische Printmedien, 1996, S. 61 ff.;
ders., GRUR Int. 2004, 739 ff., demnach die Privilegierung elektronischer Pressespiegel einen
Verstoß gegen konventionsrechtliche Normen darstellt; Loewenheim, GRUR 1996, 636, 640
ff.; Fromm/Nordemann - Nordemann, UrhR, 1998, § 49 Rn. 3; Zahrt, Elektronische Printmedien, 1999, S. 114 ff.; Beiner, MMR 1999, 691, 694. Vgl. dazu Wallraf, AfP 2000, 23, 27, der
den elektronischen Pressespiegel als „elektronisches Kurzzeitpressearchiv“ betrachtet und ihm
das Archivprivileg nach § 53 (5) DE-UrhG verneint. Vgl. auch Lehmann/Katzenberger, Elektronische Pressespiegel, 1999, S. 32 ff., 38 ff., die aus der gebotenen engen Auslegung des
§ 49 DE-UrhG eine Privilegierung sowohl traditioneller als auch elektronischer Pressespiegel
ablehnen; vgl. auch Schricker – Melichar, UrhR, 2006, § 49 Rn. 35.
149
sollte sie sowohl im Hinblick auf den Umfang der Inhaltsübernahme als auch auf die
Intensivierung der Nutzung einigen Einschränkungen unterliegen. Dementsprechend
dürfen weder ganze Zeitungsseiten vervielfältigt379, noch elektronische Pressespiegel, sei es als Volltext- oder Abstract-Datenbank380, in mehrfachen Vervielfältigungsstücken außenstehenden Dritten zur Verfügung gestellt werden. An die Gefahr
der erweiterten Nutzungsmöglichkeiten und des Missbrauchs grenzt auch die Variante des sog. „In-house“-Pressespiegels, der innerhalb einer Behörde oder eines
Betriebs intern versandt wird. Es liegt also auf der Hand, dass solche Volltext-
Pressespiegel sowie Presseinformationsdienste kommerzieller Anbieter vom Privileg nicht gedeckt sind, da sie individuell zusammengestellt und auf externe Kundenanfrage übersendet werden.381 Zudem scheitert eine Berufung auf die Pressespiegelfreiheit bei der Übernahme wesentlicher Teile von elektronischen Presseerzeugnissen bereits an den Vorschriften der Datenbankrichtlinie, da Zeitungen und
Zeitschriften in digitaler Form aufgrund Auswahl und Anordnung der Beiträge als
Datenbankwerke zu schützen sind. In allen Fällen muss die Pressespiegelvergütung
vom jeweiligen Anbieter gezahlt werden. Das Angebot geht nämlich in die Richtung, dass sich der angebotene Kopiervorgang aufgrund der darüber hinausgehenden
Dienstleistung nicht dem privaten Kunden zurechnen lässt.382 Die deutschen Landesgerichte und Oberlandesgerichte stehen elektronischen Pressespiegeln ablehnend
gegenüber.383 Dagegen hat der Bundesgerichtshof, der in der Vergangenheit stets zu
Demgegenüber wird eine Novellierung der Ausnahmebestimmung zur Erfassung digitaler
Nutzungsvorgänge seitens qualifizierter Stimmen als sachgerechte Lösung de lege ferenda
angeregt: Siehe Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 159 ff.; Hoeren/Sieber -
Raue/Hegemann, Multimediarecht, 2006, Teil 7.5 Rn. 82; Kaeding, Rechte und Pflichten des
Urhebers bei der Nutzung seines Werkes im Internet, 1998, S. 152. Für einen Analogieschluss
argumentieren Hillig, in: Fuhr/Rudolf/Wasserburg, Recht der Neuen Medien, 1989, S. 384,
428; Fischer, ZUM 1995, 117, 121; Eidenmüller, CR 1992, 321, 323; Hoeren, in: Lehmann
(Hrsg.), Cyberlaw, 1997, S. 95, 98 ff.; so auch im Ergebnis Rogge, Elektronische Pressespiegel, 2001, S. 207 ff.
379 Mehr als 20% aller Artikel in einer Tageszeitung dürfen nicht vervielfältigt werden, Eidenmüller, CR 1992, 321, 322.
380 Auch die computergesteuerte Zusammenstellung von kurzen Zusammenfassungen der herangezogenen Beiträge („abstracts“) ist nicht als zulässig anzusehen, soweit sie ohne vorherige
Erteilung der erforderlichen Zustimmung erfolgt, so Rogge, Elektronische Pressespiegel,
2001, S. 133 ff., 138 ff. Zustimmungsbedürftig sei ebenso die elektronische Zusendung derartiger Kurzmeldungen an private Kunden, LG Frankfurt a.M. v. 25.10.2001, AfP 2001, 526 ff.
– Zum Angebot der Zusendung eines Pressespiegels per E-Mail. Demgegenüber ist eine manuelle Erstellung bzw. Ausgabe solcher Zusammenfassungen eher unbedenklich.
381 Loewenheim, GRUR 1996, 636, 642. Den Zeitungsverlagen steht jedoch weiterhin frei, im
Falle einer befürchteten Beeinträchtigung der Primärverwerter gegen die Auswertung ihrer
Artikel in elektronischen Pressespiegeln ihren Einfluss geltend zu machen, dass die betreffenden Einzelartikel mit einem Vorbehalt der Rechte versehen werden; so BGH v. 11.07.2002,
GRUR 2002, 963 = NJW 2002, 3393 = ZUM 2002, 740 – Elektronische Pressespiegel.
382 LG Frankfurt a. M. v. 25.10.2001, AfP 2001, 526, 528 – Zum Angebot der Zusendung eines
Pressespiegels per E-Mail.
383 Einer ausdehnenden Interpretation entgegen stand OLG Hamburg v. 12.10.2000, GRUR-RR
2002, 51 – Goldman-Kommunikation; OLG Hamburg v. 6.04.2000, AfP 2000, 299 - Zur Un-
150
einer teleologischen Betrachtung der Schranken tendierte384, durch die gewagte
Einführung eines neuen Auslegungsprinzips der traditionell engen Auslegung der
Schrankenbestimmungen die elektronischen Pressespiegel den herkömmlichen
gleichgestellt: „Vielmehr stellt sich die Frage, ob mit Rücksicht auf die neuen technischen Möglichkeiten auch eine Schrankenbestimmung ausnahmsweise extensiv
ausgelegt werden kann und ob der Zweck der Regelung auch im Einzelfall für eine
solche extensive Auslegung spricht“.385 Der Bundesgerichtshof sprach nämlich elektronischen Pressespiegeln eine Äquivalenz zu herkömmlichen Pressespiegeln in
Bezug auf Funktion und Nutzungspotential und somit deren Privilegierung unter
besonderen Voraussetzungen zu. Von einer Übernahme dieser Rechtsprechung in
das Urheberrechtsgesetz sieht hingegen die jüngste Urheberrechtsnovelle ab, da mit
der genannten Entscheidung keine Regelungslücke in richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen wird, sondern lediglich im Wege der Auslegung elektronische
Pressespiegel unter die bisherige Bestimmung subsumiert werden. Weiterer Regelungsbedarf lasse sich angesichts der höchstrichterlichen Erklärung nicht erkennen.
Zugleich sieht der Entwurf davon ab, weitere Änderungen der einschlägigen
Schrankenregelung zugunsten der elektronischen Erstellung und Versendung von
Pressespiegeln durch kommerzielle Dienstanbieter vorzunehmen.386 In der Lehre
wird die Pressespiegellösung des BGH als ein wesentlicher Fortschritt angesehen,
der dennoch aufgrund der restriktiven Bedingungen zu Rechtsunsicherheiten und
zulässigkeit der Erstellung elektronischer Pressespiegel; OLG Köln v. 30.12.1999, AfP 2000,
94 - Zur Unzulässigkeit der Erstellung eines elektronischen Pressespiegels ohne Zustimmung
der Rechteinhaber; LG Berlin v. 15.05.2001, AfP 2001, 339.
384 Zur Vervielfältigungsfreiheit, BGH v. 25.02.1999, GRUR 1999, 707 = MMR 1999, 665 =
NJW 1999, 1953 – Kopienversanddienst mit zustimmender Anmerkung von Hoeren = ZUM
1999, 566 ff. mit zustimmender Anmerkung von Loewenheim: „Ebenso wenig hindert es die
Freistellung einer vom Werknutzer selbst vorgenommenen Vervielfältigung, wenn ihm eine
Bibliothek das Werkexemplar als Kopiervorlage gegeben hat, die in der Öffentlichkeit für ihre
Inanspruchnahme wirbt und ihre Bestände durch einen online zugänglichen elektronischen
Katalog erschließt“. Zur Zitierfreiheit, BGH v. 4.12.1986, GRUR 1987, 362 ff. – Filmzitat:
„Der Grundgedanke der Zitierfreiheit lässt es geboten erscheinen, die aufgezeigte Regelungslücke durch eine analoge Anwendung des § 51 Nr. 2 DE-UrhG auf Filmwerke zu schließen.“
385 BGH v. 11.07.2002, GRUR 2002, 963 = NJW 2002, 3393 = ZUM 2002, 740 – Elektronischer
Pressespiegel. Diese Rechtsprechung signalisiert eine Abkehr von dem allgemeinen Grundsatz der engen Auslegung der Schrankenregelungen und stößt in der Lehre auf Resonanz; vgl.
Hoeren, GRUR 2002, 1022, 1025 ff., der eine weite Auslegung der Schrankenregelung als
zeitgemäß und vereinbar mit der Zielsetzung der Info-Richtlinie erachtet; siehe auch Anmerkung von Waldenberger, MMR 2002, 743. Es ist allerdings fraglich, inwieweit dieser Ansatz
künftig befolgt werden wird.
386 Dies sei nach den Vorgaben des Dreistufentests nicht zulässig, so die amtliche Begründung
zum RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, S. 37, abrufbar unter (Letzter Abruf:
26.03.2005).
151
Abgrenzungsproblemen in der Anwendung führen kann und zudem keine sachgerechte Lösung für externe Pressespiegelhersteller bietet.387
In den Niederlanden hatte der Oberste Gerichtshof Hoge Raad 1995 die Privilegierung von Pressespiegeln damit bejaht, die in Art. 10 bis RBÜ verankerte Privilegierung von Vervielfältigungen durch die Presse umfasse jede im Interesse des „free
flow of information“ herausgegebene Veröffentlichung.388 Entgegen diesem kontroversen Urteil, welches lediglich nur manche nicht-kommerziellen, herkömmlichen
Pressespiegel für zulässig erklärte, stellte die jüngere Rechtsprechung klar, digitale
Vervielfältigung urheberrechtlich geschützten Materials im Rahmen der kommerziellen Nutzung elektronischer Pressespiegel können nicht von dem einschlägigen
Privileg profitieren.389
Eine analoge Anwendbarkeit des urheberrechtlichen Presseprivilegs auf den elektronischen Bereich verneinte auch der österreichische Oberste Gerichtshof in
seiner Entscheidung „Internet-Nachrichtenagentur II“; eine über einen längeren
Zeitraum hindurch abrufbare Datenbank sei mit einer Zeitung oder Zeitschrift mit
täglich wechselndem Inhalt nicht vergleichbar.390
c. Verwertungsgesellschaftenpflichtige Ausgestaltung der Vergütungsregelung für
elektronische Pressespiegel
Die Einführung eine Vergütungsregelung für elektronische Pressespiegel bleibt in
den nationalen Gesetzen bisher aus. Eine diesbezügliche Klarstellung im Rahmen
einer Gesetzesänderung scheint in mehreren Mitgliedstaaten noch nicht ausgereift zu
sein.
Besonders in Deutschland steht die Möglichkeit einer verwertungsgesellschaftenpflichtigen Ausgestaltung der Vergütung für elektronische Pressespiegel im Mittelpunkt einer kontroversen Diskussion. Während die Instanzgerichte bisher der Zulässigkeit elektronischer Pressespiegel und somit der verwertungsgesellschaftenpflichtigen Geltendmachung der relevanten Vergütungsansprüche ablehnend gegenüberstanden, hat der BGH unter Berufung auf eine „ausnahmsweise extensive Auslegung“ elektronische Pressespiegel als durch die einschlägige Privilegierung sowie
die kollektive Wahrnehmung der entsprechenden Nutzungsrechte erfasst angese-
387 Vogtmeier, Elektronischer Pressespiegel in der Informationsgesellschaft, 2004, S. 264, die für
eine richtlinienkonforme Gesetzesänderung plädiert.
388 Hoge Raad v. 10.11.1995, GRUR Int. 1996, 1231.
389 Rechtbank Amsterdam v. 4.09.2002 – Knipselkranten, abrufbar unter
(Letzter Abruf: 12.03.2007).
390 OGH v. 12.06.2001, MR 2001, 385 (mit zustimmender Anmerkung von Walter) = GRUR Int.
2002, 353 – Internet-Nachrichtenagentur II. Der gerichtlichen Auffassung schließen sich auch
Fallenböck/Nitzl, MR 2003, 102, 105 an.
152
hen.391 Welche Auswirkungen das höchstrichterliche Urteil auf die Vertrags- und
Tarifgestaltung im Rahmen der kollektiven Wahrnehmung haben wird, bleibt abzuwarten. Bereits im März 1999 hatte die VG WORT, welche den Vergütungsanspruch für die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Zeitungsartikeln und Rundfunkkommentaren geltend macht (§ 1 (1) Ziff. 4 WahrV),
einen ersten Vertrag über die Vergütung elektronischer Pressespiegel vereinbart.
Bedeutenden deutschen Zeitungsverlagen, die die Wahrnehmungsbefugnis der VG
WORT für die Nutzung von Textwerken in elektronischen Pressespiegeln in Frage
stellten, ist es jedoch gelungen, im einstweiligen Verfahren den Abschluss von Pauschalverträgen für elektronische Pressespiegel durch die Verwertungsgesellschaft zu
unterbinden.392
Schwierigkeiten bei der Berechung der Vergütung für elektronische Pressespiegel
liegen bereits in der Feststellung, welcher Teil des Pressespiegels vergütungspflichtig ist und welcher nicht. Im digitalen Kontext kommt noch der ubiquitäre Charakter
des Online-Angebots hinzu: Die Übernahme von Artikeln oder Kommentaren in
Online-Zeitungen führt gleichzeitig zur weltweiten Abrufbarkeit und intensiveren
Auswertung der gespeicherten Beiträge.393
3. Schrankenregelungen im Bereich Unterricht und Forschung
Nach Art. 5 (3) Info-Richtlinie können die Mitgliedstaaten Ausnahmen oder Beschränkungen der dem Urheber zunächst ausschließlich zustehenden Rechte für die
Nutzung zur Veranschaulichung im Unterricht oder für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung unter Quellenangabepflicht regeln, sofern dies zur Verfolgung
nicht-kommerzieller Zwecke gerechtfertigt ist. In einigen Rechtssystemen bestehen
bereits aufgrund der Sozialgebundenheit des Urheberrechts spezielle Vorschriften
hinsichtlich des Unterrichts- und Forschungsgebrauchs. Diese Vorschriften erklären
bestimmte Nutzungen für zulässig - wobei zumeist gegen angemessene Vergütung und sollen gewährleisten, dass die Lernenden möglichst unkompliziert und aktuell
mit den Werken des Kulturerbes, der zeitgenössischen Literatur und Musik sowie
mit Werken der Publizistik und Wissenschaft vertraut gemacht werden. Zu diesem
Zweck wird das Recht an Vervielfältigungen von veröffentlichten kleinen Teilen
eines Werks, von Werken geringen Umfangs oder von einzelnen Pressebeiträgen
391 BGH v. 11.07.2002, GRUR 2002, 963 = NJW 2002, 3393 = ZUM 2002, 740 – Elektronische
Pressespiegel.
392 Es ist wiederum fraglich, ob die den Verlagen eingeräumten Nutzungsrechte auch die Nutzung in elektronischen Pressespiegeln umfassen. Die von den Zeitungsverlagen gegründete
Presse Monitor GmbH (PMG), welche die Vergütungen für elektronische Pressespiegel einzieht, steht allerdings nicht in direkter vertraglicher Beziehung zu den Urhebern, sondern lässt
sich von den Verlagen die entsprechenden Rechte einräumen. Für eine Bestandsaufnahme der
relevanten Problematik siehe Vogtmeier, MMR 2001 (Heft 9), 20 ff.
393 Flechsig, ZUM 2002, 1, 11.
153
zugunsten von Unterricht und Forschung394 sowie zugunsten von Sammlungen für
den Kirchen-, Schul-, und Unterrichtsgebrauch eingeschränkt.395 Das Schulbuch-
Privileg ist zwar in den verschiedenen Ländern unterschiedlich gestaltet; das einschlägige Privileg verfolgt jedoch den gleichen Zweck und enthält insofern auch
grundlegende Gemeinsamkeiten.396
Was die digitale Werknutzung angeht, besitzt die Schrankennorm zum Unterrichts- und Prüfungsgebrauch, welche weite Teile des Erstverwertungsmarktes für
wissenschaftliche Zwecke sowie für Werke für den Unterrichtsgebrauch betrifft,
eine hohe Eingriffsintensität.397 Sie sollte somit äußerst restriktiv angewendet werden. Der Zweck der einschlägigen Schrankenregelung mag zwar die Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung von kleinen Werkteilen unter der Voraussetzung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs rechtfertigen; er erfordert jedoch nicht, dass den Unterrichtsteilnehmern durch den Lehrenden dauerhafte
digitale Vervielfältigungsexemplare von Teilen geschützter Werke überlassen werden.398 Im letzteren Fall wäre ein Grenzbereich der Werknutzung zu erkennen, in
dem die Beeinträchtigung der berechtigten Interessen der Urheber und Rechteinhaber nicht mehr zumutbar wäre. Unter Anwendung der einschlägigen Vorschrift kann
die öffentliche Zugänglichmachung eines Schulbuchs nur stets mit der Einwilligung
des Berechtigten bzw. Verlegers zulässig sein. Gerade im Bereich des Kopierens
von Schulmaterial ist die Gefahr einer Beeinträchtigung der normalen Werkauswertung naheliegend und mit gravierenden Auswirkungen für den Primärmarkt der
394 § 52a DE-UrhG, § 45 AT-UrhG, § 13 DK-UrhG, Art. 14 und 42c SE-UrhG, Art. 70 (1) IT-
UrhG, Art. 32 (1) ES-UrhG, Art. 75° (2) lit. f) PT-UrhG, Art. 21 GR-UrhG. Kritisch gegen-
über der deutschen Neuregelung Schippan, ZUM 2003, 378, 381 ff.
395 Entscheidend ist dabei, ob es sich im Einzelfall angesichts des konkreten Werks noch um
einen unbedeutenden Teil handelt, der das jeweilige Werk nicht ersetzen kann. Der Begriff
des kleinen Teils soll hier restriktiv und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände ausgelegt werden. Gemäß pauschaler Aussagen, die bisher geäußert wurden, dürfen die vervielfältigten Teile nicht mehr als 10% des Gesamtwerkes betragen; für 20% plädiert Möhring/Nicolini - Decker, UrhG, 2000, § 53 Rn. 28.
396 Siehe hierzu von Bernuth, Urheberrechtsschranken im freien Warenverkehr, 2000, S. 32 ff.
Bis zur Einführung eines Vergütungsanspruchs wurde die Verfassungsmäßigkeit der freien
Werknutzung für den Schul- oder Unterrichtsgebrauch in Zweifel gezogen, Lessiak, ÖJZ
1993, 760, 762. Das Schulbuch-Privileg umfasst keine Werknutzung in der Form einer Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe, sondern die klassische Entlehnung von Literatur
im Schulunterricht, nämlich den Nachdruck urheberrechtlich geschützter Texte in Schul- und
Lehrbüchern. Das Schulbuch-Privileg gestattet es einem Verleger, im Rahmen der Herstellung
von Lehrwerken urheberrechtliches Material ohne Genehmigung des betroffenen Werkschöpfers zu verwenden. Es ist sowohl auf internationaler Ebene in Art. 10 (2) RBÜ verankert als
auch auf nationaler Ebene in § 46 DE-UrhG, § 45 (1) AT-UrhG, Art. 21 (3) BE-UrhG, Art. 16
NL-UrhG, § 18 DK-UrhG, § 18 FI-UrhG, Art. 18 SE-UrhG, Art. 75g und 76 PT-UrhG, Art.
70 (2) IT-UrhG, Art. 20 GR-UrhG; entsprechend ist auch auf das britische und irische Recht
hinzuweisen, Sec. 33 CDPA und Sec. 12 CRRA. Die Schulbuch-Privilegien Griechenlands,
Großbritanniens und Irlands enthalten z.B. keine Vergütungsregelung.
397 Gounalakis, Elektronische Kopien für Unterricht und Forschung, 2003, S. 5 f.
398 Hohagen, Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch, 2004, S. 463.
154
Schulbuch- und Fachverlage verbunden, die sich nicht immer durch die Gewährung
eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs aufwiegen lassen.
Um einen Eingriff in den Primärmarkt der Schulbuchverlage zu vermeiden, hat
der deutsche Gesetzgeber Werke, die für den Unterricht an Schulen, Hochschulen
oder nichtgewerblichen Einrichtungen der Aus- und Weiterbildung sowie für die
wissenschaftliche Forschung bestimmt sind, von der einschlägigen Schrankenregelung ausgenommen – eine Ausnahme, deren Rechtfertigung in der besonderen Betroffenheit der Werkart auf ihrem Hauptabsatzmarkt zu suchen ist. Für die öffentliche Zugänglichmachung wird allenfalls ein Anspruch auf angemessene Vergütung
sowohl für die eigene wissenschaftliche Forschung als auch für den Schulunterricht
vorgeschrieben, der in der Praxis durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden kann. Genauso wie die Vervielfältigung zur Veranschaulichung im
Unterricht gegen angemessenes Entgelt zulässig ist, sei es analog oder digital, sollte
für die Bereitstellung und Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschütztem
Unterrichtsmaterial via Intranet oder Internet das Gleiche gelten. Angesichts einer
persönlichen Verbundenheit der Schüler untereinander darf man nicht übersehen,
dass das Tatbestandsmerkmal der Öffentlichkeit – wenn nicht durch den Unterricht
an sich - allenfalls durch die Online-Werknutzung innerhalb des „modernen Klassenraums“ erfüllt wird.399
Die kollektive Wahrnehmung im Schulbuchbereich untermauert der österreichische Gesetzgeber dadurch, dass er im Rahmen der Urheberrechtsnovelle (Ministerialentwurf 2002) vorgesehen hat, dass Schulzitat und Schulbuchfreiheit auch zur
Verfolgung kommerzieller Zwecke in Anspruch genommen werden können, wenn
der Nutzer hierzu die Bewilligung der zuständigen Verwertungsgesellschaft erhalten
hat.400
399 Im Gegensatz zu dem Regierungsentwurf, der eine Vergütungspflicht für die öffentliche
Zugänglichmachung von Werken im Schulunterricht aus Gründen der Praktikabilität nicht für
erforderlich hielt, sah der Bundestag (BT-Drucks. 15/38) keinen Grund für eine solche Unterscheidung, sondern ging davon aus, dass der Unterricht in Schulklassen öffentlichen Charakter aufweist und somit eine Vergütungspflicht nach sich zieht; siehe hierzu Loewenheim, FS
Schricker, 2005, S. 413, 417f. Seit 1982 bestehen für das Herstellen von Fotokopien zum
Schulgebrauch gesamtvertragliche Vereinbarungen zwischen den Bundesländern und der VG
WORT - gleichzeitig handelnd für die VG Bild-Kunst und die Musikedition; siehe hierzu
Neumann, Urheberrecht und Schulgebrauch, 1993, S. 53 ff. Rechtlich problematisch bleibt
hingegen die kollektive Wahrnehmung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung eines
Filmwerks (idR eines Dokumentarfilms) für Unterricht und Forschung. Nach bisheriger
Rechtslage setzt die öffentliche Zugänglichmachung über einen Zeitraum von zwei Jahren
nach Beginn der regulären Kino-Auswertung die Erlaubnis des Berechtigten voraus (§ 52a (2)
Satz 2 DE-UrhG).
400 Damit wurde beabsichtigt, die durch die Info-Richtlinie vorgegebene Beschränkung des
Schulbuchprivilegs auf nicht kommerzielle Zwecke praxisorientiert auszugleichen, indem die
Freistellung der (wohlgemerkt) regelmäßigen Nutzung kommerziellen Schulmaterials einer
Verwertungsgesellschaftenpflicht unterliegt, Walter, MR 2002, 217, 222. Dies stehe auch in
Einklang mit der Info-Richtlinie, ders., RIDA 202 (octobre 2004), 43, 59.
155
Das französische Urheberrecht kannte vor der Urheberrechtsnovelle 2006 keine
vergleichbare Schrankenregelung im Rahmen des Schulunterrichts, wobei die
Schranke der Zitierfreiheit demselben Zweck dienen konnte.401 Erst durch das am
30.06.2006 verabschiedete Gesetz zur Umsetzung der Info-Richtlinie wurde eine
Schranke der Vervielfältigung, der öffentlichen Wiedergabe sowie der Online-
Übertragung (Fernunterricht) von Werkteilen zu pädagogischen Zwecken aufgenommen, die das Recht auf den Nutzerkreis von Studenten, Schülern, Lehrpersonal
und Forschern eingrenzt und mit einer pauschalierten Abgabe ausgleicht.402 Die
neue Ausnahmeregelung von Art. L. 122-5-3° e) CPI stand dennoch – neben anderen Aspekten der Urheberrechtsnovelle – im Rahmen der darauf folgenden verfassungsrechtlichen Kontrolle durch den Conseil constitutionnel zur Debatte. Sie konnte sich schließlich durchsetzen, wobei ihr Inkrafttreten auf den 1.01.2009 vertagt
wurde.403
4. Schranken der öffentlichen Wiedergabe durch digitale Bild- und Tonträger im
Rahmen privilegierter Veranstaltungen
Manche Urheberrechtssysteme sehen eine weitere Schranke für die öffentliche Wiedergabe vor. Bestimmte Formen der öffentlichen Wiedergabe erschienener Werke
gelten als zustimmungsfrei, aber vergütungspflichtig, sofern sie ohne Erwerbsabsicht und Entgelt geschieht. Der Ausschluss des Vergütungsanspruchs wird hierbei
von Art und Bedeutung der jeweiligen Veranstaltung abhängig gemacht, so dass
eine ersatzlose Privilegierung nur für Schulveranstaltungen, Veranstaltungen der
Jugendhilfe, der Sozialhilfe, der Altenpflege sowie der Gefangenenbetreuung eintritt, etwa bei Veranstaltungen, die unter Gemeinwohlgesichtspunkten eine differenzierte Betrachtungsweise erfordern.404 Da Wiedergabeformen im Wege der
Funksendung, der bühnenmäßigen Aufführung und öffentlichen Filmvorführung
401 Sirinelli, Propr. intell., avril 2005 / N° 15, 129, 133.
402 Eine Besonderheit dieser Regelung liegt darin, dass von einer Vergütung die Rede ist, die auf
pauschalierter Basis und nicht durch die zuständige Kommission für die private Kopie festzulegen ist; die unklare Formulierung lässt Fragen darüber offen, welche Mechanismen hierfür
eingesetzt werden soll, Desurmont, RIDA 210 (octobre 2006), 111, 127.
403 Lucas/Sirinelli, Propr. intell., juillet 2006 / N° 20, 297, 313.
404 Siehe die einschlägigen Bestimmungen in § 52 DE-UrhG, § 21(1) DK-UrhG, Art. 21 (1) SE-
UrhG, § 21 FI-UrhG, Art. 71d IT-UrhG, Art. 38 ES-UrhG, Art. 75° (2) lit. p) PT-UrhG. Vergleichbar ist die franz. Regelung von Art. L. 132-21-2 CPI, welche eine eingeschränkte Vergütungspflicht in Form einer finanziellen Vergünstigung zugunsten von Gemeinden für die
Durchführung ihrer örtlichen öffentlichen Festlichkeiten sowie zugunsten bestimmter, ministeriell anerkannten Gesellschaften für Volksbildung vorsieht; eine Privilegierung in Bezug auf
Schulveranstaltungen fällt nicht darunter. In anderen Ländern, z.B. in Österreich (außer im
Schulrahmen), besteht diese Schranke nicht. Die einschlägige griechische Regelung beschränkt ihren Anwendungsbereich lediglich auf Schulveranstaltungen sowie Veranstaltungen
mit offiziellem Charakter; siehe Art. 27 GR-UrhG.
156
vom Privileg ausdrücklich ausgenommen sind, beschränkte sich der Anwendungsbereich der einschlägigen Vorschrift bisher auf öffentliche Aufführungen von Chorliedern, Kirchenkompositionen oder Liedwerken durch private Vereine. Als zustimmungspflichtig gegen Zahlung der entsprechenden Vergütung gilt weiterhin die
öffentliche Wiedergabe durch digitale Tonträger (offline) im Rahmen einer Veranstaltung, wenn letztere unentgeltlich geschieht – was eher die Ausnahme ist; Veranstaltungen mit einem ausschließlichen und besonders ausgeprägten sozialen Bezug
bleiben nach wie vor vergütungsfrei.405 Das Gleiche gilt für die CD-ROM-
Wiedergabe.
Gerade in den Schulen ist nicht nur der Einsatz audiovisueller Medien, sondern
auch der Computertechnologie unentbehrlich zur Ergänzung eines modernen und
praxisnahen Unterrichts geworden. Mit der Umsetzung der Info-Richtlinie ins deutsche Recht blieb das einschlägige Wiedergabeprivileg in seinem Kern unberührt.
Der technologische Fortschritt im Bereich der Werkvermittlung scheint allerdings
den ursprünglich durch die einschlägige Privilegierung gedachten Rahmen zu sprengen. Im Hinblick auf eine technologiegerechte Ausgestaltung der einschlägigen
Schranke stellt sich die Frage, ob die künftige Regelung allein auf die Verfolgung
nichtkommerzieller Zwecke ausgerichtet werden soll. Eine gänzliche Freistellung
des Online-Angebots unter Einführung einer Geräteabgabe wird allenfalls weitgehend abgelehnt.406
Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass das deutsche Urheberrecht –
im Unterschied zu den Urheberrechtsgesetzen anderer Länder – die öffentliche Wiedergabe einer Rundfunksendung von deren Aufzeichnung (Mitschnitt) unterscheidet; Letztere fällt unter den Schutzbereich der audiovisuellen Vervielfältigung und
wird im Rahmen von § 47 DE-UrhG allein für Schulfunksendungen unter Löschungsfrist für zulässig erklärt. Der Mitschnitt allgemeiner Rundfunksendungen
lässt sich wiederum unter sozialen Gesichtspunkten nicht leicht rechtfertigen, so
dass er für den Schulunterricht nur unter sehr engen gesetzlichen Voraussetzungen
405 Siehe hierzu BVerfG v. 25.10.1978, GRUR 1980, 44, 46 ff. – Kirchenmusik, das erkennen
lässt, dass auch gegen eine solche unterschiedslos zugebilligte Vergütungsfreiheit verfassungsrechtliche Bedenken bestehen. In den Entscheidungsgründen heißt es, „dass die von sehr
unterschiedlichen Motiven und Intentionen getragenen Veranstaltungen unter Gemeinwohlgesichtspunkten eine differenzierte Bewertung nicht nur rechtfertigen, sondern fordern“. Die
vom Bundesverfassungsgericht geforderte Abwägung zwischen den Belangen des Urhebers
und denen der Allgemeinheit lassen die Begünstigung der Veranstaltungen der Jugend-, Alten- und Sozialpflege gerechtfertigt erscheinen; vgl. auch die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf v. 22.12.1983, BT-Drucks. 10/837, abgedruckt in: Schulze, Materialien, 2.
Aufl., Bd. 1, S. 657, 671 ff.
406 Diese Lösung wird dahingehend kritisiert, sie sei angesichts der fehlenden Organisiertheit der
privaten Online-Anbieter schwer durchsetzbar; siehe hierzu Hoeren/Sieber – Raue/Hegemann,
Multimediarecht, 2006, Teil 7.5 Rn. 134; Wandtke/Bullinger – Lüft, UrhR, 2006, § 52 Rn. 5.
Anders Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 162 (Fn. 95), der auf die gänzliche Ausnahme des Online-Angebots von der in Rede stehenden Privilegierung schließt. Auch
die höchstrichterliche Rechtsprechung sieht keinen Anlaß zur Privilegierung unentgeltlicher
Abrufdienste, siehe BGH v. 17.3.1983, GRUR 1983, 562 ff. – Zoll- und Finanzschulen.
157
erlaubt werden kann.407 Die „Schulfunkfreiheit“ sieht ergänzend zum Schulbuchprivileg auch das österreichische Urheberrecht vor. Demnach sind Sendungen, die im
Rahmen des Unterrichts von den Unterrichtsbehörden für Volks-, Haupt- und Mittelschule ausgestrahlt werden, als zulässig anzusehen, wenn sie keine kommerziellen
Zwecke verfolgen.408 Im Übrigen sieht das österreichische Urheberrechtsgesetz im
Bereich der öffentlichen Wiedergabe sowohl eine speziell das Schulwesen privilegierende freie Nutzung von Werken der bildenden Kunst zu Erläuterungszwecken
(„Schulzitat“) als auch die freie Wiedergabe von Sprach- und Musikwerken vor,
wenn die Zuhörer kein Eintrittsgeld entrichten müssen.409 Die öffentliche Filmvorführung sowie die zeitgleiche Wiedergabe gesendeter Filme auf Schulveranstaltungen setzt allerdings eine Erlaubnis der Berechtigten voraus.
Die Angemessenheit der Vergütung, die die Gegenleistung für die Nutzung eines
gewerblichen Tonträgers insbesondere zu Sendezwecken darstellt, ist anhand des
wirtschaftlichen Wertes dieser Nutzung zu ermitteln. Dabei ist das Interesse der
ausübenden Künstler und Tonträgerhersteller an einer Vergütung für die Sendung
eines bestimmten Tonträgers mit dem Interesse Dritter daran, diesen Tonträger unter
vertretbaren Bedingungen senden zu können, in Ausgleich zu bringen. Die Methode
für die Vergütungsbemessung darf variable und feste Faktoren enthalten, z.B. die
Anzahl der Stunden der Sendung der Tonträger, der Umfang der Hörer- und Zuschauerschaft der von der Organisation der Sender vertretenen Hörer- und Fernsehsender oder die vertraglich festgelegten Tarife für Wiedergabe- und Senderechte von
geschützten Musikwerken.410
5. Die Bibliothekstantieme und ihre verwertungsgesellschaftenpflichtige
Ausgestaltung
Das Vermietrecht ist nach Umsetzung der Vermiet- und Verleihrichtlinie sowie der
Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen durch die Mitgliedstaaten nicht bloß als Vergütungsanspruch, sondern als fortdauerndes Ausschließlichkeitsrecht ausgestaltet.411 Der Anspruch auf die gesetzliche Vermietungsvergütung
407 Siehe §§ 48 (1), 49 (2), 53 (2) DE-UrhG.
408 Siehe § 45 (2) AT-UrhG und Art. 17 GR-UrhG; die Schulfunkfreiheit beschränkt sich auf
nichtkommerzielle Rundfunkunternehmen, eine Voraussetzung, die bei den meisten Privatradios nicht zutrifft. Ihre Bedeutung ist auch schon deshalb gering, weil vergleichbare Sendungen des ORF nicht mehr als „Schulfunk“ bezeichnet werden, Walter, UrhG – UrhGNov. 2003,
S. 79.
409 §§ 50 (1), 53 (1) Ziff. 3, 54 Ziff. 4 AT-UrhG.
410 EuGH-Urteil v. 6.02.2003, Rs. C-245/00, Stichting der Exploitatie van Naburige Rechten
(SENA) ./. Nederlandse Omroep Stichting (NOS), Sammlung der Rechtsprechung 2003 Seite
I-01251 = GRUR Int. 2003, 529 = GRUR 2003, 325.
411 Vor der Umsetzung der einschlägigen Richtlinie in das deutsche Recht (1995) wurde das
Vermietrecht gleich nach dem Inverkehrbringen von dem Erschöpfungsprinzip erfasst: die
Vermietung war zulässig, aber vergütungspflichtig. Nach heutiger Rechtslage erlischt das
158
lässt sich allerdings im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abtreten.412
Kommt es zur Vermietung, entsteht ein gesetzlicher Vergütungsanspruch des Urhebers gegen den Vermieter, allerdings nur im Falle einer vorangegangenen Übertragung des Vermietrechts auf den Bild- und Tonhersteller. Dies heißt, dass der Urheber nicht nur einen gesetzlichen Vergütungsanspruch gegen den Vermieter, sondern
auch einen vertraglichen Entgeltanspruch gegen den Produzenten/Verwerter aufgrund der Übertragung des absoluten Vermietrechts geltend machen kann. Da der
gesetzliche Vergütungsanspruch keine Doppelvergütung, sondern die Teilnahme des
Urhebers an dem aus der Vermietung seiner Werke erwirtschafteten Erlös sicherstellen soll, darf der Urheber als Gläubiger entweder das vereinbarte Vertragsentgelt
oder die gesetzlich festgelegte angemessene Vergütung erhalten.413
Der gesetzliche Vergütungsanspruch für das öffentliche Verleihen kompensiert
dafür, dass das Verbreitungsrecht sich durch die Erstverbreitung des Werkexemplars
erschöpft. Im Gegensatz zum Vermietrecht kann sich der Urheber nach rechtmäßiger
Veräußerung mit Verbotsansprüchen gegen den Verleih nicht wehren; das Verleihen
kann nicht mehr untersagt werden. Dieser Vergütungsanspruch wird als Bibliothekstantieme bezeichnet und hat seine historischen Wurzeln im dänischen Urheberrecht,
wobei er in den meisten Ländern erkämpft werden musste. Mit der Umsetzung der
Vermiet- und Verleihrichtlinie 92/100/EWG, die bemerkenswerte Anpassungen vor
allem in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Großbritannien mit sich
brachte414, ist die Einführung einer urheberechtlichen Bibliothekstantieme in sämtlichen Mitgliedstaaten gelungen. Die einschlägigen Vorschriften sind entweder im
Urheberrechtsgesetz415 oder in speziellen Bibliotheksgesetzen (Niederlande, Verei-
Verbreitungsrecht zwar an veräußerten oder verliehenen, jedoch nicht an vermieteten
Werkstücken (§ 17 (2) DE-UrhG).
412 Eine Erweiterung des Vergütungsanspruchs (§ 27 DE-UrhG) auf Verlagsverträge hat der
deutsche Gesetzgeber nicht vorgenommen, weil es sich dabei um einen Eingriff in die urhebervertragsrechtliche Gestaltungsfreiheit der Parteien handelt, Schricker – Löwenheim, UrhR,
2006, § 27 Rn. 6. Im Bereich der bildenden Kunst bezieht sich das Vermieten und Verleihen
am häufigsten auf Druckwerke, die Abbildungen von Werken der bildenden Künste enthalten.
Originale oder Vervielfältigungsstücke von Gemälden und anderen Kunstwerken werden jedoch befristet und entgeltlich vermietet, eine Nutzungshandlung, die ebenso vergütungspflichtig ist; Schulze, FS 100 Jahre GRUR, Bd. II, 1991, S. 1303, 1340.
413 Die Gefahr der Doppelvergütung lässt sich in der Praxis durch zweckentsprechende Vertragsgestaltung zwischen Vermieter und Produzenten vorbeugen; siehe hierzu Mäger, Abtretung
urheberrechtlicher Vergütungsansprüche, 2000, S. 62 f.
414 Eingehend hierzu Reinbothe, in: Becker (Hrsg.), Die Wahrnehmung von Urheberrechten an
Sprachwerken, 1999, S. 65, 69 ff.
415 So kennt das deutsche Urheberrechtgesetz bereits seit 1965 den sog. "Bibliotheksgroschen",
der von Bundesländern, Kommunen und Kirchen als Träger öffentlicher Bibliotheken aufgebracht wurde. Erst seit wenigen Jahren wurde ein besonderes Regime für Bibliothekstantiemen in Frankreich durch das spezielle Gesetz n° 2003-517 vom 18.07.2003 in den CPI eingeführt.
159
nigtes Königreich)416 zu finden. In den nordischen Ländern steht den Autoren für
den Verleih ihrer Werke durch öffentliche Bibliotheken kein Vergütungsanspruch
aus dem Urheberrecht zu. Ein finanzieller Ausgleich kann nur abseits des Urheberrechts, nämlich in der Form von Stipendien oder staatlicher Förderung entrichtet
werden.417
Zahlungspflichtig ist allein die öffentliche Hand bzw. die der Öffentlichkeit zugänglichen Einrichtungen418 - in Dänemark und Schweden werden zusätzlich Spezialbibliotheken (z.B. Blindenbibliotheken) erfasst. Der Kreis der Vergütungsberechtigten umfasst Urheber aller Art einschließlich bildender Künstler - nur in Finnland
sind Autoren und Übersetzer ausschließlich genannt.419 Wissenschaftliche Autoren
können hingegen nur in Deutschland in nennenswertem Umfang an der Bibliothekstantieme teilhaben, da nur dort wissenschaftliche Bibliotheken berücksichtigt werden. Außer den Urhebern können sich auch ausübende Künstler, Tonträgerhersteller
und Filmhersteller an der Bibliothekstantieme beteiligen. Verleger werden hingegen
in nordischen Ländern von der Ausschüttung ausgeschlossen, während sie in den
Niederlanden originär berechtigt sind. Derivativ berechtigt - und solange der Verlagsvertrag besteht - sind die Verleger in Deutschland, welche allerdings als Mitglieder der VG WORT in die kollektive Rechtewahrnehmung einbezogen sind. Dies
ist auch in Frankreich der Fall. Zur Geltendmachung von Vergütungsansprüchen aus
dem öffentlichen Verleih schalten sich seit geraumer Zeit die Verwertungsgesellschaften ein: Die von deutschen Schriftstellern gegründete Verwertungsgesellschaft
GELU war 1950 als erste Wahrnehmungsinstitution an die verschiedenen Ausleihinstitute mit der Forderung herangetreten, für das Verleihen von Werkstücken eine
Gebühr an die Urheber zu entrichten. Trotz Einführung der Bibliothekstantieme
mangelt es bis heute in einigen Mitgliedstaaten, wie in Griechenland, Belgien, Spa-
416 Siehe das niederländische Wohlfahrtsgesetz v. 14.02.1987, Art. 21-28 und 44, in: Staatsblad
1987, 73. Das britische System für die Bibliothekstantiemen wird im Dritten Teil der vorliegenden Arbeit gesondert behandelt.
417 Riis, Intellectual Property Law in Denmark, 2000, S. 49; Bruun, Intellectual Property Law in
Finland, 2001, S. 47; Söderström, in: Beckman (Hrsg.), Conditions for Creative Artists in
Europe, 2001, S. 86, 91 f.
418 Die Ausnahme erklärt sich daraus, dass öffentliche Bibliotheken als Wohlfahrts- und Kultureinrichtungen subventioniert werden und dadurch der Kulturwirtschaft Marktchancen entziehen. Die deutschen Bibliothekstantiemen werden von den Ländern und dem Bund gezahlt,
ähnlich wie in fast allen anderen EU-Ländern, wo das erforderliche Geld aus dem Staatshaushalt bereitgestellt wird. Die Zahlungspflichten der Bibliotheken werden in der Regel im Rahmen eines Gesamtvertrags mit den Verwertungsgesellschaften geregelt; eingehend von Lewinski, GRUR Int. 1992, 432, 437.
419 In einigen Ländern bestehen darüber hinaus weitere Berechtigungsvoraussetzungen, die z.B.
Werke von mehr als drei Autoren von der Bibliothekstantieme ausschließen (Schweden) oder
bestimmen, dass der Beitrag eines Fotografen/Illustrators in zumindest zwei Fotos/Illustrationen pro Werk besteht (Niederlande); eingehend von Lewinski, GRUR Int. 1992,
432, 435.
160
nien, Irland und Luxemburg, an jenem organisatorischen Unterbau, der Ansprüche
aus dem Verleihrecht in der Praxis durchsetzbar macht.420
Die nationalen Bibliothekstantiemensysteme unterscheiden sich, soweit vorhanden, hinsichtlich Rechts- und Bemessungsgrundlage stark voneinander. Der Begriff
der angemessenen Vergütung in der Vermiet- und Verleihrechtrichtlinie ist in allen
Mitgliedstaaten einheitlich auszulegen und von jedem Mitgliedstaat umzusetzen,
wobei dieser für sein Gebiet die Kriterien festsetzt, die am besten geeignet sind,
innerhalb der vom Gemeinschaftsrecht und insbesondere der Richtlinie gezogenen
Grenzen die Beachtung dieses Gemeinschaftsbegriffs zu gewährleisten.421
Die Höhe des Gesamtbetrages, der alljährlich für die Bibliothekstantieme zur
Verfügung gestellt wird, ist in Schweden gesetzlich festgelegt und ergibt sich aus
einem bestimmten Grundbetrag pro Band/Ausleihe, multipliziert mit der Band- bzw.
Ausleihzahl. Anders gestaltet sich die Situation in den anderen Ländern, wo sich der
Grundbetrag pro Band/Ausleihe nach einem gegebenen Gesamtbetrag richtet, so
dass der Betrag bei steigender Band-/ Ausleihzahl abnehmen muss. In Frankreich
stammen die einschlägigen Einnahmen aus zwei Quellen, aus einer Pauschalabgabe
von € 1 – 1,5 pro Anmeldung an eine öffentliche Bibliothek und aus einem steuer-
ähnlichen Abzug in Höhe von 6% des öffentlichen Verkaufspreises von Werken, die
zum öffentlichen Verleih bestimmt sind – zu entrichten von den Werkanbietern und
nicht von den öffentlichen Bibliotheken selber.422
Ein Vergleich der Verteilungsgrundlagen macht deutlich, dass die Vergütung zumeist entsprechend Ausmaß der Nutzung ausgeschüttet wird, von der jedoch aus
praktischen oder finanziellen Gründen abgewichen wird. Diese „Kollektivierung“
des einschlägigen Vergütungsanspruchs dient sowohl der Erleichterung der praktischen Abwicklung als auch der teilweisen Zuführung der eingehenden Mittel zu
sozialen und kulturellen Zwecken.423 Sozial- und Kulturfonds finden sich in allen
kontinentaleuropäischen Ländern, sind aber besonders ausgeprägt in Finnland und
Deutschland, wo Autoren und Übersetzer Zuschüsse zur Alters- und Krankenversicherung, kulturelle Förderungen und - soweit in Not - soziale Unterstützungsleistungen erhalten können.424 Die Durchführung der Bibliothekstantieme in der Praxis
basiert in der Regel auf einem Stichprobensystem; eine Ausweitung der Datenübermittlung auf den gesamten Bibliothekstatbestand war bis 1991 nur noch im dänischen System intendiert. Die erforderliche Mitarbeit der Bibliotheken mit den Verwertungsgesellschaften erfolgt aufgrund einer vertraglichen Auskunftspflicht (z.B.
in Deutschland) oder auf einer freiwilligen Basis (z.B. in Schweden).
420 Für eine Darstellung dieser Systeme siehe Alleaume, Propr. intell., juillet 2004 / N° 12, 718,
730 ff.
421 Art. 5 Info-Richtlinie, der in besonderer Weise einen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen nationalen Ansätzen widerspiegelt, sei nicht gerade ein Beispiel an Transparenz, so
Reinbothe, in: Becker (Hrsg.), Die Wahrnehmung von Urheberrechten an Sprachwerken,
1999, S. 65, 68.
422 Art. L. 133-3 CPI; eingehend Reneaud, RIDA Bd. 199 (janvier 2004), 65, 87 ff.
423 Siehe in dieser Hinsicht Dietz, GRUR 1976, 289, 290 f.
424 Eingehend von Lewinski, GRUR Int. 1992, 432, 440 f.
161
Vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Digitaltechnologie auf die bisher etablierte Landschaft der Informationsarchivierung ist der Übergang von der Präsenzbibliothek zur digitalen Bibliothek offensichtlich. Seit geraumer Zeit erproben
Nationalbibliotheken und leitende Fachinformationseinrichtungen in vertraglicher
Absprache mit Presseverlagen, Universitäten und - nicht zuletzt - Verbänden der
phonographischen Industrie die Ablieferung, Sammlung und dauerhafter Speicherung von Netzpublikationen bzw. Musikaufnahmen. Der interaktive, im Extremfall
weltweite Zugriff auf spezifische Informationspakete soll dabei auf den Weg gebracht werden. Dies setzt allerdings voraus, dass jede Bibliothek sich mit der Entscheidung befassen muss, in welchem Umfang und für welchen Nutzerkreis die
digitalen Lizenzen zu erwerben sind. Damit verbindet sich die Hoffnung, den Erhalt
des Wissens durch Archivierung zu sichern, die Nutzung besser zu kontrollieren und
sie angemessen abzurechnen. Die Höhe dieser Lizenzen, die den Leistungsumfang
und Zugangsrechte definieren, soll sich nach Anzahl der Nutzungen, der Nutzer, der
angeschlossenen Bildschirme bzw. der abgerufenen Seiten bemessen. Bei häufiger
Nachfrage könnte künftig die einschlägige Berechnung auf der Basis eines Online-
Abonnementsystems mehr von Vorteil als ein Pay-per-View- bzw. Pay-on-Demand-
Abrechnungssystem sein.425 Zur Abgeltung der Bibliothekstantieme treten neben
urheberrechtsvertragliche Vereinbarungen zwischen Bibliotheken und Verlagen
Gesamtverträge der Verwertungsgesellschaften hinzu, die eine pauschale Abrechungsweise vorsehen.
Bei der Umsetzung der Info-Richtlinie ins nationale Recht wurde in den meisten
EU-Mitgliedstaaten zugunsten der Vertragsfreiheit von einer gesetzlichen Regelung
über die digitale Werknutzung in öffentlichen Bibliotheken abgesehen. Der Gesetzgeber hat sich hingegen in Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland, Italien, Spanien, Portugal und Deutschland für die Einführung einer gesonderten Privilegierung entschieden. Demnach dürfen öffentliche Einrichtungen, wie
Bibliotheken, Museen und Archive, Bücher aus ihren Beständen an elektronischen
Leseplätzen verfügbar machen, wobei auf die Anzahl der bereitgestellten Exemplare
zu achten ist.426 Des Weiteren darf der Online-Zugriff auf die Bestände der Biblio-
425 von Lucius, in: Börsenverein des Deutschen Buchhandels/Bundesvereinigung Deutscher
Bibliotheksverbände/Deutsche Bibliothek (Hrsg.), Wissenschaftspublikation im digitalen Zeitalter, 2001, S. 96, 103. Die Entwicklung gemeinsamer Standards und Abrechnungsformen
sowie die Erweiterung der damit zusammenhängenden kooperativen Ansätze sind Zielsetzungen des europäischen Projekts TECUP, das aus dem Projekt ECUP (European Copyright User
Platform) des Europäischen Büros der Bibliotheks- und Informationsverbände EBLIDA hervorgegangen ist; eingehend dazu Mittler, in: Börsenverein des Deutschen Buchhandels/Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände/Deutsche Bibliothek (Hrsg.), Wissenschaftspublikation im digitalen Zeitalter, 2001, S. 108 ff. Siehe auch die entsprechende TE-
CUP-Dokumentation, Guidelines for negotiations by libraries with rightsholders, abrufbar
unter (Letzter Abruf: 14.02.2005).
426 Einschlägig sind Art. 22 § 1, 9° BE-UrhG, Art. 15h NL-UrhG, §§ 16a und 21(3) DK-UrhG,
Art. 42d SE-UrhG, § 16b FI-UrhG, Art. 71c IT-UrhG, Art. 37 (3) ES-UrhG, Art. 75° (2) lit. o)
PT-UrhG. Der griechische Gesetzgeber schließt die Freistellung einer solchen Nutzung aus,
Oekonomidis, in: Marinos (Hrsg.), Informationsgesellschaft und Urheberrecht. Rechtlicher
162
thek ausschließlich in den Räumlichkeiten der betreffenden Bibliotheken und nicht
von außen erfolgen. Dem gesetzlichen Vorhaben zufolge soll für die Zugänglichmachung geschützter Inhalte ein Anspruch auf angemessene Vergütung geregelt
werden, den nur eine Verwertungsgesellschaft geltend machen kann.427 Für die Zukunft zeichnet sich das Modell einer von den Verwertungsgesellschaften zu führenden Verwaltung virtueller Bibliotheken als der sowohl für die Rechteinhaber als
auch für die Nutzer adäquate Weg ab.428
III. Vergütungsfreie Nutzungsvorgänge
Ein Ausschluss von Vergütungsansprüchen ist grundsätzlich nicht durch jede Gemeinwohlerwägung, sondern durch ein gesteigertes öffentliches Interesse zu rechtfertigen; insbesondere reicht das Interesse der Allgemeinheit an einem ungehinderten Zugang zu urheberrechtlich geschützten Werken allein nicht aus, um neben dem
Einwilligungserfordernis auch die Vergütungspflicht entfallen zu lassen.429 Beim
Entfallen der Vergütungspflicht des Dritten, der das urheberrechtlich geschützte
Werk nutzen will, steht eine Entschädigungslast für die Allgemeinheit von vornherein nicht zur Diskussion, sondern nur die Frage, ob die durch Beschneidung der
Vergütungspflicht unmittelbar eintretende Unentgeltlichkeit „mehr als erforderlich“
eingreift, um das Gesetzesziel zu erreichen. Maßgebend für die zulässige Sozialbindung der Begrenzung urheberrechtlicher Positionen, die eine Zurückdrängung der
Vergütungspflicht aufgrund gesteigerter Gewichtigkeit der öffentlichen Interessen
rechtfertigt, ist das Kriterium der Zumutbarkeit: ob dem Urheber in der konkreten
Beziehung „im Interesse der Allgemeinheit ein Verzicht auf einen Nutzungsausgleich zugemutet werden kann“ oder nicht.430
Die Einführung bzw. Anpassung vergütungsfreier Schranken bleibt zwar ohne
jegliche Auswirkung auf die kollektive Wahrnehmung; deren Darstellung im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist jedoch aus Gründen der Vollständigkeit geboten.
Rahmen in Griechenland (auf Griechisch), 2003, S. 85, 89. Aus deutscher Sicht gilt die Beschränkung auf Bücher aus den Bibliothekbeständen mittlerweile als unumstritten und stützt
sich auf gegenseitiges Einvernehmen zwischen Verlagen und Bibliotheken, Schlömann, SZ,
2.03.2007, S. 14. Gemäß der neuen Schrankenbestimmung § 52b DE-UrhG darf die Zahl der
an den elektronischen Leseplätzen zugänglich gemachten Werkexemplare nicht die Zahl des
Bibliotheksbestands überschreiten. Ein Standardwerk, das in der Bibliothek nur in einem Exemplar vorhanden ist, darf also nicht digitalisiert und an mehreren elektronischen Leseplätzen
gleichzeitig zugänglich gemacht werden.
427 So die neue Regelung von § 52b, die im RefE v. 27.09.2004 über ein Zweites Gesetz zur
Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft enthalten ist.
428 Melichar, CR 1995, 756, 760 ff.
429 BVerfGE 31, S. 229, 243 – Schulbücher; siehe hierzu Fechner, Geistiges Eigentum und
Verfassung, 1999, S. 461 ff.
430 Siehe hierzu Lerche, FS Reichardt, 1990, S. 101, 106 ff. m.w.H. auf die verfassungsrechtliche
Rechtsprechung.
163
Somit soll das Bild aktueller Rechtsentwicklungen und herrschender Tendenzen im
Lichte der Digitalisierung abgerundet werden.
1. Vorübergehende Vervielfältigungen
Der Erlass der Info-Richtlinie verschaffte Klarheit in Bezug auf die bis dahin streitige Zulässigkeit ephemerer Vervielfältigungsvorgänge, wie Routing und Caching.
Von einer allgemeinen urheberrechtlichen Freistellung ephemerer Vervielfältigungen wurde einerseits abgeraten, da gerade Speicherungen im RAM weitere eigenständige Nutzungen ermöglichen, die allein dem Urheber vorbehalten sind.431 Als
sachgerechte Lösung wurde vorgeschlagen, den Widerspruch dahingehend zu lösen,
dass man von einer konkludenten Erteilung derjenigen Nutzungsrechte ausgeht, die
für die Online-Nutzung des Werks unentbehrlich sind.432 Angesichts der technischen
431 Eine rechtlich relevante Vervielfältigung wäre immer dann anzunehmen, wenn der technische
Vervielfältigungsvorgang zu einer gesteigerten Werknutzung führt, so Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 112; ähnlich Loewenheim/Koch, Online-Recht, 1998, S. 298
ff. An dieser Stelle wird von der Lehre meist die Regelung des § 69c (1) Nr. 1 DE-UrhG herangezogen, die in richtlinienkonformer Übernahme dem Urheber kurzfristige Vervielfältigungen von Computerprogrammen gewährt. Parallele Bestimmungen der Datenbankrichtlinie
(Art. 5 lit. a)) behalten ebenso dem Urheber das Recht auf die vorübergehende Vervielfältigung vor. Nach Katzenberger, GRUR Int. 1983, 895, 911, ist für eine „echte“ Vervielfältigung im Sinne des Urheberrechts eine hinreichende Beständigkeit der körperlichen Festlegung
zu fordern.
432 In der Praxis kommt es allerdings weniger auf die Anwendbarkeit der einschlägigen Rechtsvorschriften über das Vervielfältigungsrecht und mehr auf die Zugangsberechtigung zum
Werk an. Gerade bei offenen Netzen wie dem Internet wird in der Regel davon ausgegangen,
dass derjenige, der Dokumente oder Werke zur allgemeinen Benutzung einspeist, sich mit
Vervielfältigungshandlungen im Wege des elektronischen Abrufs einverstanden erklärt. In einigen Fällen ergibt sich die Vervielfältigungsbefugnis des Nutzers bereits aus den Schrankenvorschriften über die Vervielfältigung zum privaten und sonstigen Gebrauch. Vgl. Waldenberger, ZUM 1997, 176, 179, der in Bezug auf das Browsing die Annahme einer stillschweigenden Lizenzerteilung („Lizenz zum Blättern“) an den Online-Anbieter befürwortet. Unter
diesem Aspekt und aufgrund der wahrscheinlichen Gefahr ihrer Verbindung zu technisch vorgelagerten Vervielfältigungsvorgängen würde die Einstufung der Bildschirmanzeige als erneute Vervielfältigung im RAM oder auf einem Speichermedium dem Bedarf einer hinreichenden
Kontrolle seitens des Urhebers über die Nutzung des eigenen Werkes dienen, Schricker -
Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 113 ff. In der urheberrechtlichen Diskussion um die
Nutzung geschützter Werke im Zusammenhang mit Computeranlagen wird sowohl auf das
Einsetzen der urheberseitigen Kontrolle schon bei der Einspeicherung als auch auf die Regelung der Urhebervergütung für den gesamten Verwertungsvorgang abgestellt, etwa für die
Wiedergewinnung durch Ausdruck, Absenden oder Bildschirmabruf eines digitalen Werks,
Katzenberger, GRUR Int. 1983, 895, 901. Das Betrachten eines Werkes auf dem Bildschirm –
so vorübergehend es sein mag – erfordert in der Regel eine körperliche Festlegung im Arbeitsspeicher. Nur der reine Lesezugriff, bei dem bereits das Abspeichern blockiert wird, soll
von der Zustimmung des Urhebers freigestellt werden. Vgl. Koch, Internet-Recht, 1998, S.
428 ff.: „Entscheidend ist damit allein, ob mit der Abspeicherung im RAM ein fungibles, d. h.
164
Gegebenheiten des Internets und der Funktionalität des Caching-Verfahrens wurde
aus mancher Sicht für angemessen gehalten, in diesen Fällen ein ausdrückliches
Verbot seitens des Urhebers zu verlangen.433 Das Problem löste nun der europäische
Gesetzgeber dahingehend, dass flüchtige und technisch bedingte Vervielfältigungen,
die keine eigenständige wirtschaftliche Bedeutung auf dem Übertragungsweg haben,
weder zustimmungsbedürftig noch vergütungspflichtig sind, da sie keine weitere
Werknutzung ermöglichen; sie stellen lediglich einen reinen Werkgenuss dar und
verwirklichen keine dem Urheber vorbehaltenen Handlungen.434 Mit der in Art. 5 (1)
Info-Richtlinie statuierten materiellen Schutzausnahme erübrigt sich eine Anknüpfung flüchtiger Speicherungen an das am jeweiligen (schwer ermittelbaren) Ort
anwendbare Recht, wo diese stattfinden.
Diese zwingende Ausnahme der Info-Richtlinie wurde in den nationalen Urheberrechtsgesetzen wortwörtlich übernommen.435 Im niederländischen Gesetz wurde sie
sogar nicht dem Abschnitt „Beschränkungen“ zugeordnet, sondern als normatives
Prinzip, also als bloße „Minderung“ („carve-out“) des Vervielfältigungsrechts formuliert.436 Der Anwendbarkeit der neuen freien Werknutzung zugunsten flüchtiger
oder begleitender Vervielfältigungen kommen insoweit ergänzend die Haftungsbeschränkungen im Fall von Durchleitung, Hosting und Caching gemäß der E-
Commerce-Richtlinie in Betracht.
2. Elektronische Archive und Grenzfälle der Freistellung
Die Archivfreiheit stellt einen Unterfall der Vervielfältigungsfreiheit zum sonstigen
eigenen Gebrauch dar und unterliegt somit den entsprechenden Schrankenbestimmungen. Dem „eigenen Gebrauch“ ist sowohl der Selbstgebrauch als auch der betriebsinterne Gebrauch zuzuordnen. Die Zulässigkeit der archivarischen Nutzung
soll Hemmungen im Wirtschaftsleben und im Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse abbauen, ohne dass dies zum offenkundigen Rechtsmissbrauch führt.437
voll gemäß der jeweiligen Bestimmung nutzbares und verkörpertes Exemplar verfügbar ist.
Dies muss nach den Umständen des Einzelfalls festgelegt werden.“
433 Vgl. Schricker – Loewenheim, UrhR, 1999, § 16 Rn. 23, 24; Bechtold, ZUM 1997, 427, 437.
434 Durch diese Freistellung vorübergehender Vervielfältigungen wurde eine Überdehnung des
Vervielfältigungsrechts abgelehnt. Keinen Halt fand insofern die Ansicht von Spoor, in: Hugenholtz (Hrsg.), The Future of Copyright in a Digital Environment, 1996, S. 67, 78, die Vervielfältigung sei eigentlich an sich ein Mittel zur Kontrolle der Werkverbreitung und kein
Zweck des ausschließlichen Rechts, welche den Monopolcharakter vorübergehender Vervielfältigungsvorgänge begründen sollte.
435 § 44 a DE-UrhG, § 41a AT-UrhG, Art. 122-6-1° CPI, Art. 22 § 1, 10 BE-UrhG, Art. 13a NL-
UrhG, § 11a DK-UrhG, Art. 11a SE-UrhG, § 11a FI-UrhG, Art. 68a IT-UrhG, Art. 31 (1) ES-
UrhG, Art. 75° (1) PT-UrhG, Art. 28b GR-UrhG.
436 Dies bleibe nicht ohne Folgen für die Anwendung des Dreistufentests, Hugenholtz, RIDA 206
(octobre 2005), 117, 129 m.w.H.
437 So die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf des Urheberrechtsgesetzes, BT-Drucks.
IV/270, UFITA Bd. 45 (1965) 240, 289.
165
Da die Werkverwertung in digitaler Form eher auf Nutzungs- als auf reine Unterhaltungszwecke abstellt, nimmt die elektronische Archivierung an Bedeutung zu. Elektronische Archive bezeichnen jene Sammel- und Aufbewahrungssysteme, die sich
aus Gründen der Zeit- und Raumersparnis zur Archivierung einzelner Vervielfältigungsstücke von Werkteilen jeglicher Art oder Pressebeiträgen eignen und zumeist
in Form einer (Offline- oder Online-) Datenbank betriebsinternen Dokumentationsoder Recherchezwecken dienen. Es heißt, die laufende Nutzung und nicht die bloße
Aufbewahrung der Dokumente stehe bei elektronischen Archiven im Vordergrund.
Fraglich ist, ob sich die digitalisierte Archivierung ebenso in die einschlägige Ausnahmeregelung einbinden lässt. Mit der Einspeicherung, dem Zugang, der Einsichtnahme und internen Weiterverwertung der archivierten Inhalte hängt eine Reihe
urheberrechtlich relevanter Speicher-, Kopier- und Bearbeitungsvorgänge zusammen, die durch die gesetzliche Schranke für die Vervielfältigung zum eigenen
Gebrauch gedeckt sein dürften, solange die im Gesetz statuierten Voraussetzungen
erfüllt sind.438 Entscheidend ist nicht die technische Realisierungsform des Archivs,
sondern der Zweck seiner Verwendung.439 Demnach muss sich der Umfang der
elektronischen Vervielfältigung im Rahmen des Archivierungszwecks halten – sich
auf „einzelne Vervielfältigungsexemplare“ beschränken -, ohne dass es zu weiteren
Verwertungsvorgängen durch außenstehende Dritte kommt. Außerdem darf in das
elektronische Archiv nur ein eigenes Werkexemplar eingespeichert werden, das
weder geliehen bzw. gemietet noch aus dem Internet unzulässig abgerufen wird. Der
Interessenkonflikt wird noch dadurch verschärft, dass die Digitalisierung in erheblichem Umfang zusätzliche Zweitverwertungsmöglichkeiten von urheberrechtlich
geschützten Werken ermöglicht, insbesondere durch Einlesen in elektronische Datenbanken mit erleichterter anschließender Duplikation.
Eine unzulässige Intensivierung der Werknutzung stellen jene elektronischen Archive dar, deren Bestände einer Mehrzahl von Mitarbeitern eines Betriebsnetzwerks
zu beliebigem wiederholten Zugriff offenstehen. Ein solches sog. Inhouse-
Kommunikationssystem stellt zwar eine Sammelstelle für Geistesgut jeglicher Art
dar, doch die mehrfache Nutzung der betroffenen Werke spricht gegen ihre Qualifi-
438 Loewenheim/Koch, Online-Recht, 1998, S. 312 ff.; Hoeren/Sieber - Loewenheim, Multimediarecht, 2006, Teil 7.4 Rn. 28 ff. Im Übrigen sollte auch die weitere Voraussetzung der Vervielfältigungsfreiheit zum eigenen Gebrauch gegeben sein, so dass immer nur einige wenige Vervielfältigungsstücke hergestellt werden dürfen. Aus diesem Grund wird im Schrifttum gefordert, die betriebsinterne Online-Nutzung von Datenbankarchiven mit bis zu sieben
angeschlossenen Bildschirmen grundsätzlich als angemessen hinzunehmen; so Flechsig/Fischer, ZUM 1996, 833, 844. Ebenso muss für die Freistellung von elektronischen Archiven ein eigenes Exemplar als Vorlage für die Vervielfältigung vorliegen. Am Beispiel eines Museumsarchivs setzt die Herstellung und Aufnahme von Abbildungen sammlungsfremder Werke eine entsprechende Einwilligung der Rechtsinhaber voraus.
439 Koch, Internet-Recht, 1998, S. 463. Dementsprechend schlägt der deutsche RefE v.
27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft, abrufbar unter (Letzter Abruf: 26.03.2005), eine gesetzliche Ergänzung der Archivschranke vor, welche klarstellen soll, dass (digitale) Vervielfältigungen nur für Archive zulässig sind, die im „öffentlichen Interesse tätig sind“.
166
zierung als Archive440; der Hauptzweck des Archivs ist nicht mehr die Bestandssicherung. Das Argument, bei jedem Einzelvorgang werden nur „einzelne Vervielfältigungsstücke“ angefertigt, vermag hierbei die Notwendigkeit einer erneuten Zustimmung des Urhebers nicht zu entkräften.441 Im Ergebnis beschränkt sich das
Vervielfältigungsprivileg nur auf betriebseigene CD-ROM-Datenbanken bzw. Intranet-Dokumentationssysteme zum begrenzten internen Gebrauch, nämlich innerhalb
der einzelnen, in sich abgeschlossenen Betriebsbereiche.442 Erweiterte Archivnutzung durch Außenstehende oder eine unbestimmte Zahl von Betriebsangehörigen an
verschiedenen Orten sind ohne Zustimmung der Rechtsinhaber zu unterbinden.
Interne Netzwerke, die unter diese Kategorie fallen, sollten mit einer Betreiberabgabe belegt und somit durch die kollektive Wahrnehmung erfasst werden.
Der archivarische Gebrauch wird nicht in allen EU-Rechtsordnungen gesetzlich
geregelt. So scheidet eine Archivierung durch öffentliche Bibliotheken und Museen
von vornherein in Österreich aus. Demgegenüber wurde die Werkverwertung zu
Archivzwecken bereits durch das deutsche, dänische und griechische Urheberrechtsgesetz privilegiert.443 Als Folge der Umsetzung der Info-Richtlinie ins nationale
Recht wurde die einschlägige fakultative Schranke in den restlichen Ländern neu
eingeführt bzw. grundlegend neu geregelt.444 Nach strikten Vorgaben der EU-
440 So die höchstrichterliche Rechtsprechung Deutschlands, die sich vor dem Hintergrund der
bisherigen Rechtsprechung als konsequent erweist, BGH v. 10.12.1998, GRUR 1999, 325 =
K&R 1999, 225 ff. (mit Anm. Völker) – Elektronische Pressearchive; abweichend Nordemann, FS Hubmann, 1985, S. 325, 329, der die Aufnahme in ein eigenes Archiv für zulässig
wertet ohne Rücksicht darauf, ob dieses Archiv betriebsinternen Zwecken dient oder Dritten
zur Benutzung geöffnet wird. Vervielfältigungen des Archivmaterials jedoch nur auf Anfrage
zum persönlichen und eigenen Gebrauch des Nutzers dürfen hergestellt werden.
441 Loewenheim, AfP 1993, 613, 615.
442 Die Freistellung einer Aufnahme in das eigene elektronische Archiv vom Vervielfältigungsrecht kommt allerdings für elektronisch zugängliche Datenbankwerke nicht zum Tragen: Im
Anwendungsbereich der Datenbankrichtlinie sind Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch
ohne Einwilligung des Rechtsinhabers unzulässig. Die unbefugte Entlehnung von Teilen einer
Zeitungs-Volltext-Datenbank zur Aufnahme in das interne Pressearchiv wird also von der Archivfreiheit nicht gedeckt, es sei denn, sie erfolgt zum eigenen nichtkommerziellen wissenschaftlichen Gebrauch. Vgl. hierzu Kappes, GRUR 1997, 338, 348 ff., der eine Erhebung der
Betreiberabgabe für die elektronische Werknutzung im Rahmen betriebseigener Informationssammlungen bei weniger als 20 angeschlossenen PC-Arbeitsplätzen ausschließt.
443 § 53 (2) Nr. 2 DE-UrhG, § 16 DK-UrhG (hierzulande wird das Archivprivileg durch den
Erlass Nr. 876 v. 28.11.1997 ausführlich geregelt), Art. 22-23 GR-UrhG.
444 So der Fall in Frankreich, siehe Art. L. 122-5-8° CPI. Vor der Urheberrechtsnovelle war eine
Archivierung nur unter den Voraussetzungen des privaten Gebrauchs möglich. Trotz Kritik
hinsichtlich der bestehenden Gesetzeslücke wollten Teile der Lehre mit der bisherigen Praxis
nicht abbrechen; vgl. Lucas/Lucas, Traité de la propriété littéraire et artistique, 2001, Rn. 348.
Auch in Belgien und Italien wurde das Archivprivileg des königlichen bzw. staatlichen Filmarchivs auf sämtliche Bibliotheken, Archive und Museen ausgedehnt, soweit sie keine kommerziellen Zwecke verfolgen; siehe Art. 22 § 1, 8° BE-UrhG und Art. 68 (2) IT-UrhG. In
Finnland wurde das vorher im „embryonalen“ Zustand bestehende Archivprivileg durch neue
Vorschriften (§§ 16, 16a-16e FI-UrhG) angereichert und modernisiert; siehe hierzu Liedes,
RIDA 210 (octobre 2006), 53, 87. Im Übrigen war das Archivprivileg Gegenstand einer Neu-
167
Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft beschränkt sich die
Reichweite des digitalen Archivprivilegs allein auf die archivarische Tätigkeit sowie
die Erhaltung alter Bestände von öffentlichen Bibliotheken, Museen und Bildungseinrichtungen, die keinen wirtschaftlichen Zweck verfolgen. Sollte allerdings das
Bibliotheks- oder Institutsarchiv sämtlichen Mitarbeitern zugänglich gemacht werden, eröffnet dies zusätzliche Vervielfältigungsmöglichkeiten, die über den engen
Anwendungsbereich der einschlägigen Privilegierung hinausgehen. Im Rahmen der
Novellierungsarbeiten zur Modernisierung des Urheberrechts wird durch die deutsche Bundesregierung eine Öffnung der Archivbestände von Werken vorgenommen,
die bisher in modernen Medien nicht verwertet werden konnten, da diese Art von
Nutzung durch die Altverträge nicht gedeckt wurde. Der Regierungsentwurf vom
22.03.2006 ermöglicht nun die Verwertung in der neuen Nutzungsart und gibt dem
Urheber dafür einen Anspruch auf eine gesonderte angemessene Vergütung. Diese
Öffnung der Archive liege im Interesse der Allgemeinheit und der Urheber, weil sie
gewährleiste, dass Werke aus der jüngeren Vergangenheit in den neuen Medien
genutzt werden und Teil des Kulturlebens bleiben. Falls aber der Urheber nicht
möchte, dass sein Werk in einer neuen Nutzungsart verwertet wird, könne er der
Nutzung innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Gesetzes widersprechen.445
Einen ähnlichen Ansatz verkörpert die Initiative der Europäischen Kommission
i2020 Digitale Bibliotheken, welche die Digitalisierung, die Online-Zugänglichkeit
sowie die digitale Bewahrung des europäischen Kulturerbes behandelt. In einigen
isolierten Fällen grenzübergreifender Zusammenarbeit zwischen nationalen Bibliotheken und Archiven sollen Archivbestände der europäischen Bibliotheken über den
wissenschaftlichen Bereich hinaus digitalisiert und den interessierten Nutzern leicht
zugänglich gemacht werden. Freilich wird dieses Vorhaben angesichts der Menge
und Vielfalt des einschlägigen Materials nicht nur mit finanziellen, organisatorischen und technischen Herausforderungen konfrontiert. Die Herstellung und Zugänglichmachung von Kopien des Ursprungsmaterials wirft eine Reihe urheberrechtlicher Fragen auf, die u.a. im Rahmen eines Konsultationsverfahrens klargestellt werden müssen. In diesem Zusammenhang ist die Klärung und Transparenz
des urheberrechtlichen Schutzes von Werken sehr wichtig.446
regelung in der Niederlande (Art. 5(3)(n) NL-UrhG), in Spanien (Art. 37 (1) ES-UrhG) und in
Portugal (Art. 75° (2) lit. e) PT-UrhG).
445 So die Pressemitteilung des Bundestags zur beschlossenen Urheberrechtsnovelle, abrufbar
unter (Letzter Abruf: 16.02.2007).
446 Mitteilung der Kommission v. 30.09.2005 „i2010: Digitale Bibliotheken“, KOM(2005) 465
endg., S. 7. Der Trend zur Digitalisierung und Zugänglichmachung von Archivbeständen wird
schließlich durch die Initiative von Google, 15 Mio. Bücher aus vier bedeutenden USamerikanischen und einer europäischen Bibliothek zu digitalisieren, verstärkt.
168
3. Digitale Zitate
Die Mannigfaltigkeit der elektronischen Datenverarbeitung im Zusammenhang mit
der Online-Veröffentlichung zieht die Ausweitung der Gefahr unrechtmäßiger Aneignungen der schöpferischen Arbeit anderer (Plagiarismus) nach sich – vor allem
im wissenschaftlichen Bereich. Die unveränderte Übernahme erschienenen oder
veröffentlichten Materials ist nur dann als Zitat zulässig und vergütungsfrei, wenn
sie sich innerhalb des durch den Zweck gebotenen Umfangs hält.447 Die Zitierfreiheit, auch Entlehnungsfreiheit genannt, setzt eine innere Verbindung zwischen der
Auslese der Zitate und dem selbstständigen zitierenden Werk in Form einer kritischen Auseinandersetzung mit dem zitierten Werk oder die Erläuterung des Inhalts
des aufnehmenden Werks voraus. Das zitierende Werk darf allerdings keine erheblichen Änderungen an dem Zitatobjekt vornehmen, sondern muss dem Durchschnittsbetrachter erkennbar bleiben.
Das Zitat kann verschiedene Ausdrucksformen annehmen und sich im Einzelfall
auf bestimmte „Stellen“ eines Werks beschränken (Kleinzitat) oder auf größere
Werkteile erstrecken (Großzitat).448 Hinzu sind bestimmte Musikzitate erlaubt, die
als Kleinzitate zu werten sind. Zitate von Bildern oder Filmen, die in andere Bilder
oder Filme hinein montiert werden, sind gesetzlich vom Zitatrecht ausgeschlossen.449 Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Wiedergabe fremder Werke
bzw. Werkteile zu Zitatszwecken sind aber auch im digitalen Kontext durchaus
denkbar. Dabei sollten die Werke oder Werkteile unverändert übernommen und
durch Quellenangabe kenntlich gemacht werden. Ferner darf das Zitat nicht über den
447 Die Zitatschranke ist die einzige Bestimmung, die in der Berner Übereinkunft verpflichtend
ausgestaltet ist (Art. 10 (1) RBÜ). Einschlägig in den Urheberrechtsgesetzen der EU-
Mitgliedstaaten sind § 51 DE-UrhG, § 46 AT-UrhG, Art. L. 122-5- 3° CPI, Art. 21 § 1 BE-
UrhG, Art. 15a NL-UrhG, § 22 DK-UrhG, Art. 22 SE-UrhG, § 22 FI-UrhG, Art. 70 IT-UrhG,
Art. 32 (1) ES-UrhG, Art. 75° (2) lit. g) PT-UrhG, Art. 19 GR-UrhG.
448 Nach der deutschen Regelung sind Großzitate nur in einem selbstständigen wissenschaftlichen
Werk aufzunehmen, während das franz. Urheberrecht die Vervielfältigung von Analysen und
kurzen Zitaten auch dann gestattet, wenn der kritische, polemische, pädagogische oder informatorischer Charakter des Werkes, in das das Zitat eingefügt wird, gegeben ist. Die Zulässigkeit eines Zitats wird nach seiner Länge sowie nach der Länge des Werkes, aus dem das Zitat
entnommen wurde, beurteilt. So hat das TGI Paris entschieden, dass die Erstellung von 343
Vervielfältigungen eines Zitats von 86 Seiten aus einem Werk, das 320 Seiten umfasst, vom
Zitatrecht nicht mehr erfasst ist (Urteil v, 6.07.1972, Dalloz Jur. 1972, 628).
449 Das deutsche Urheberrechtsgesetz lässt die Sonderfälle des Film- und Bildzitats ungeregelt.
Die in der Lehre und Rechtsprechung herrschende Meinung befürwortet die Zulässigkeit sowohl des Bild- als auch des Filmzitats. In dieser Hinsicht ist insbesondere die BGH-
Entscheidung v. 4.12.1986, GRUR 1987, 362 ff. – Filmzitat, zu erwähnen, die § 51 Nr. 3 DE-
UrhG einer analogen Anwendung auf dort nicht erfasste Zitatformen für zulässig erklärte. Auf
der Grundlage dieses Gedankens ließ die deutsche Rechtsprechung die Zitierung sehr kurzer
Filmsequenzen als Kleinzitate sowie die Verwendung ganzer Bildzitate als Großzitat zu. Auf
die einschlägigen Urteile weist Reuter, GRUR 1997, 23, 31 ff., hin. Ausführlich zur Problematik der Zulässigkeitsvoraussetzungen dieser gesetzlich ungeregelten Sonderfälle Seydel, Zitierfreiheit, 2002, S. 66 ff.
169
Umfang hinausgehen, der durch den Zweck geboten ist. Zur Beurteilung der Zulässigkeit eines Zitats kommt es nämlich darauf an, zu welchem Zweck die entlehnten
Inhalte in die neue schöpferische Leistung, eine Web-Seite oder ein multimediales
Lexikon, eingebunden werden: sie dürfen nur als Hilfsmittel oder Beleg für eine
vertretene Auffassung fungieren und somit gegenüber dem Hauptwerk zurücktreten.
Der entnommene Werkteil wird somit dem neuen Werk nicht zugrundegelegt – im
Gegensatz zu der Bearbeitung – , sondern nur darin aufgeführt.
Die Freistellung von Zitaten setzt in der Regel deren kurzen Umfang voraus. Dabei gilt es allerdings nicht nach streng mathematischen Maßstäben vorzugehen.
Vielmehr bedarf es unter Berücksichtigung des Zitatzwecks einer Abwägung der
Interessen des Zitierten und des Zitierenden. Das zitierte Werk darf jedenfalls nicht
in seinem wirtschaftlichen Wert ausgehöhlt und dessen Verwertungsmöglichkeit
beeinträchtigt werden.450 Im Falle eines Großzitats, welches nur in wissenschaftlichen Werken zulässig ist, scheint die Übernahme ganzer Sprachwerke in digitaler
Form in ein selbstständiges Werk als bloßer Beleg, ohne eigene Auseinandersetzung
mit deren Inhalt, bedenklich.451 Wo jedoch die Multimediaproduktion die Entlehnung ganzer Fotographien oder Werke der bildenden Kunst notwendigerweise erfordert, dürfte die vollständige Übernahme von Bildwerken als zulässig angesehen
werden, sofern das Multimedia-Werk einen wissenschaftlichen Charakter aufweist
und die Bilder den Inhalt des wissenschaftlichen Werks nicht bloß illustrieren, sondern erläutern.452 Darüber hinaus wird in der deutschen Lehre die Meinung vertreten, dass neben der „klassischen“ Belegfunktion zur Darlegung oder Erläuterung der
eigenen Aussage auch die Verwendung fremder Bilder als künstlerisches Stilmittel
zulässigen Zitatzwecken zu dienen vermag, sofern der künstlerische Dialog und
Schaffungsprozess mit fremden Werken nur einen geringfügigen Eingriff in das
Urheberrecht der Bildgestalter ohne die Gefahr merklicher wirtschaftlicher Nachteile zur Folge hat.453
Bei Anwendung des Musikzitats auf Sachverhalte des Soundsampling stellt sich
die Frage, ob der unmittelbare Einbau von gesampleten Tonfolgen in das zitierende
450 OGH v. 11.08.2005, MR 2006, 88 – Smiths Freunde/Norweger.
451 vgl. Hoeren, in: Heymann (Hrsg.), Informationsmarkt und Informationsschutz in Europa,
1995, S. 17, 40; Hoeren/Sieber – Raue/Hegemann, Multimediarecht, 2006, Teil 7.5 Rn. 118.
452 Multimediale Anwendungen, die eher durch ihren Unterhaltungswert und weniger durch die
ernsthafte, methodische Suche nach Erkenntnis gekennzeichnet sind, fallen allerdings nicht
unter den Begriff der wissenschaftlichen Werke, Hoeren, in: Lehmann (Hrsg.), Cyberlaw,
1997, S. 95, 100 ff. Siehe dazu Schulz, ZUM 1998, 221, 232; Dreier, in: Lehmann (Hrsg.),
Cyberlaw, 1997, S. 119, 128; siehe auch Schricker – Schricker, UrhR, 2006, § 51 Rn. 45. Die
mehrfache Wiedergabe von Bildbeispielen in einem (populär-)wissenschaftlichen Werk überschreitet den Zitatzweck, LG München v. 27.7.1994, AfP 1994, 326 ff. – Zum Umfang des Zitatrechtes bei der Wiedergabe von Fotos in einem Zeitschriftenbeitrag. Dagegen hat die
Rechtsprechung Zitate ganzer (Presse-)Bilder in Filmwerken unter erweiternder Analogie zu §
51 Nr. 2 zum Zweck politischer oder sonstiger Meinungsauseinandersetzung erlaubt, Reuter,
GRUR 1997, 23, 32 m.w.H. auf die relevanten Gerichtsurteile.
453 Oldekop, Elektronische Bildbearbeitung im Urheberrecht, 2006, S. 296 ff., 302; Lucas/Lucas,
Traité de la propriété littéraire et artistique, 2001, Rn. 333 mit Hinweis auf Rechtsprechung.
170
Musikwerk die gesetzliche Voraussetzung des engen funktionalen Bezugs erfüllt.
Wird es dabei an den „Grundlinien des Zitatrechts“ ausgerichtet, dürfte das entsprechende Musikzitat zulässig sein.454 Ein zulässiges Musikzitat kann also dort gegeben
sein, wo im Rahmen einer selbstständigen Komposition nur einzelne kurze Samples
zur Herstellung einer assoziativen Verbindung zu bestimmten Orten, Zeiten oder gar
zur Ehrerbietung verwendet werden. An der erforderlichen „Beleg“-Funktion des
Zitats fehlt es hingegen bei der Verwertung von Originalklangfolgen in Mixproduktionen sowie bei der Aneinanderreihung kurzer Tonsequenzen in musikalischen
Potpourris.455 Des Weiteren steht die Zulässigkeit solcher Zitate insofern in Frage,
als die ordnungsgemäße Quellenangabe in der Praxis zumeist unterbleibt.
Nicht gedeckt von der Freistellungsnorm ist eine Zusammenstellung von Ausschnitten verschiedener Werke in Form einer Online-Datenbank, die sich in dieser
Ansammlung erschöpft.456 Es fehlt hierbei an der Aufnahme des Zitats in ein selbstständiges Werk. Schwer vorstellbar sind ebenso Zitierungen durch die Einbindung
von Links auf andere Werke in die eigene Web-Seite, da weder der Verweis per se
eine Werkentlehnung darstellt noch die Flüchtigkeit der Hypertextstruktur zur Erfüllung der Belegfunktion des Zitats ausreicht.457
Im Ergebnis scheint eine grundlegende Erweiterung der Zitierfreiheit im Hinblick
auf die digitale Werknutzung nicht angezeigt. Die deutsche Lehre hat eine analoge
Anwendung nur ausnahmsweise als zulässig betrachtet.458 Angesichts des Einsatzes
454 Schricker – Schricker, UrhR, 2006, § 51 Rn. 9; zustimmend Häuser, Sound und Sampling,
2002, S. 68. Dies besagte auch die dänische Justiz 2000; siehe Østre Landsrets v. 8.12.1997,
NIR 2000, 397 (auf schwedisch), zitiert von Schønning, RIDA 192 (avril 2002), 253, 279.
455 Fromm, Sampling, 1994, S. 96 ff. Vgl. auch Weßling, Digitales Sound-Sampling, 1995, S. 132
ff., der den Zitatzweck bei digitalen Sampling als verfehlt beurteilt; dem Sampling-Anwender
gehe es im Allgemeinen nicht darum, durch das Einfügen der Sequenz in den neuen musikalischen Kontext gleichsam in eine „musikalische Diskussion“ einzutreten. Deutliches Zeichen
für eine Überspannung des erlaubten Zitatumfangs beim Sampling zur Anreicherung eigener
Werke ist die Tatsache, dass der Komponist die bewusste Assoziierung nicht nur auf einzelne
Stellen, sondern auf das gesamte Stück überträgt, indem er sie öfter wiederholt, Münker, Digital Sampling, 1995, S. 172 ff.
456 Schwarz – Schwarz/Reber, Recht im Internet, 2002, Abschnitt 5 Rn. 12.
457 Schack, JZ 1998, 753, 758; ähnlich Kaeding, Rechte und Pflichte des Urhebers, 1998, S. 133.
Aufgrund seiner Flüchtigkeit erweise sich ein Link auch als Quellenangabe ungeeignet. Zudem könne der Zitatzweck auch nicht so weit reichen, zitierte Werke zu decken, die durch ein
Indexsystem unmittelbar abrufbar sind, Schulz, ZUM 1998, 221, 232 ff.; abweichend Seydel,
Zitierfreiheit, 2002, S. 200.
458 So Schricker - Dreier, Informationsgesellschaft, 1997, S. 161; übereinstimmend im Ergebnis
Seydel, der jedoch bezüglich der vorübergehenden Speicherung sowie der ungeregelten Sonderfälle des Film- und Bildzitats besondere Neuformulierungen vorschlägt, um Unsicherheiten
in der Rechtspraxis zu vermeiden, ders., Zitierfreiheit, 2002, S. 191 ff., 193, 198, 199. Tatsächlich nimmt der deutsche RefE v. 27.09.2004 für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft keine wesentliche Änderung der Zitatschranke
vor, sondern beschränkt sich auf eine Erweiterung seines Anwendungsbereichs auf Film- und
Multimediawerke und schließt sich somit – zumindest hinsichtlich des Filmzitats – der weiten
Auslegung des Bundesgerichtshofs an (BGHZ 99, 162, 165 – Filmzitat).
171
von technologischen Schutzmaßnahmen, der die Durchsetzbarkeit der Zitatschranke
unverhältnismäßig gefährdet, wird allerdings eine Klarstellung im digitalen Kontext
für sachgerecht gehalten, so dass die Zitierfreiheit nicht ihrer praktischen Anwendbarkeit beraubt wird. Im deutschen Recht soll nun eine generalklauselartige Formulierung dieser gewichtigen Schrankenregelung vorgenommen werden, die für weitere Bereiche geöffnet wird und trotzdem keine grundlegende Erweiterung erfährt.459
4. Digitale Katalogbilder und Grenzfälle der Freistellung
Obgleich sich das Recht, ein Werk in einem Katalog abbilden zu dürfen, nicht etwa
stillschweigend aus dem ausdrücklich getrennten Ausstellungsrecht herleitet, hatte
sich in Deutschland schon vor der gesetzlichen Katalogbildfreiheit gewohnheitsrechtlich eine entsprechende stillschweigende Rechtsüberzeugung gebildet, nach der
die bei Ausstellungen und Versteigerungen gezeigten bzw. angebotenen Werke in
hierfür vorgesehenen Versteigerungskatalogen und Ausstellungsverzeichnissen
honorarfrei vom Veranstalter vervielfältigt und verbreitet werden durften.460 Damit
scheiden aus dem Kreis der begünstigten Publikationen Verlagsobjekte aus, die zwar
aus Anlass einer Ausstellung von einem Verlag herausgegeben werden, jedoch in
ihrer Gestaltung und in ihrer Zusammenstellung keine Erläuterungen zum Konzept
und Aufbau der Ausstellung erhalten und mithin auf die Ausstellung selbst keinerlei
inhaltlichen Bezug nehmen.461 Mangels einer räumlichen bzw. zeitlichen Beziehung
zum Ausstellungszweck sind Werbeprospekte oder Ausstellungs- und Bestandskataloge, welche auch als Kunstbände außerhalb der branchenüblichen Laufzeit einer
Ausstellung im Buchhandel zu einem höheren Preis vertrieben werden, ebenso als
zustimmungsbedürftig anzusehen.462
Mit der Informationsgesellschaftsrichtlinie wird keine europaweite Einführung
der Katalogbildfreiheit beabsichtigt, sondern eher eine inhaltlich kohärente Einschränkung der einschlägigen Privilegierung auf das zulässige Maß (siehe Art. 5 (3)
lit. j) Info-Richtlinie). Die in der EU-Richtlinie zum Urheberrecht in der Informationsgesellschaft festgelegte Ausnahme ist weiter als die Katalogbildfreiheit des deutschen Urheberrechts, indem sie jede Werbemaßnahme bei Kunstauktionen und Ausstellungen mit erfasst. Außer in Deutschland besteht eine Katalogbildfreiheit in
Österreich, Belgien, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Finnland und Grie-
459 Vgl. Grassmuck, ZUM 2005, 104, 107.
460 Vgl. Jacobs, FS Vieregge, 1995, S. 381, 382 m.w.H.
461 Umstritten ist, ob die Vervielfältigung von Werken in Ausstellungskatalogen, die nicht zum
eigenen Museumsbestand gehören, sondern Teil einer temporären Ausstellung sind, ebenso
als zulässig gelten soll; siehe hierzu Pfennig, Museum und Urheberrecht, 2004, S. 113.
462 In zeitlicher Hinsicht ist der Vertrieb eines Versteigerungskatalogs insbesondere vor der
Versteigerung innerhalb einer Vorlaufzeit von ca. 2 bis 3 Wochen privilegiert; siehe noch
Schricker –Vogel, UrhR, 2006, § 58 Rn. 21.
172
chenland, wobei sich Inhalt und Grenzen der einschlägigen Privilegierung unterschiedlich gestalten.463
Besonders problematisch ist die Erweiterung der einschlägigen Schranke auf die
interaktive Wiedergabe via Internet – explizit wird die digitale Nutzung nur im
schwedischen Urheberrechtsgesetz von der Privilegierung ausgeschlossen. Vor dem
Hintergrund des Aussteller- und Verkaufsprivilegs muss im digitalen Umfeld über
die Zulässigkeit von Online- und Offline-Verzeichnissen mit ausstellungs- bzw.
versteigerungsbezogenen Inhalten entschieden werden. Im Schrifttum wird eine
Anpassung der herkömmlichen Regelung vorgeschlagen, die analoge und digitale
Nutzung gleich bewertet und Eingriffe in das Urheberrecht zum Zwecke der Werbung unter Ausschluss jeglicher anderer kommerzieller Nutzung gestattet.464 Dies
wäre auch mit den europäischen Vorgaben vereinbar. Die Erweiterung der Privilegierung solle sich noch auf die öffentliche Wiedergabe von Werken der bildenden
Künste im Wege des Online-Angebots erstrecken, indem sie das Werkangebot an
entsprechenden digitalen Besucherterminals von Museen und Galerien als zustimmungsfreie, jedoch vergütungspflichtige Nutzung zulässt. Die einschlägige Vergütung könnte in Form einer Künstlerabgabe erfolgen, bei deren Bemessung der geldwerte Vorteil des sich auf die Katalogbildfreiheit berufenden Kunstvermarktungsunternehmens sowie soziale Aspekte zu berücksichtigen sind.465 Damit können
Ausstellungen auch online beworben werden, sofern der Online-Katalog eine dienende Funktion hat, also sowohl in zeitlicher und sachlicher Hinsicht dem Ausstellungs- bzw. Versteigerungszweck untergeordnet bleibt. Jegliche andere kommerzielle Nutzung muss ausgeschlossen bleiben, genauso wie vermieden werden soll, dass
Bestandskataloge von öffentlichen Sammlungen im Internet auf Dauer abrufbar
sind.466 Des Weiteren werden auch Offline-Medien, z.B. CD-ROM, von der neuen
Schranke erfasst.
463 Das bereits bestehende bzw. durch Umsetzung der Info-Richtlinie eingeführte Katalogbildprivileg regeln § 58 DE-UrhG, § 54 AT-UrhG, Art. 22 § 1, 12° BE-UrhG, § 23 NL-UrhG, § 24
DK-UrhG, Art. 24 SE-UrhG, § 25a FI-UrhG, Art. 28 (2) GR-UrhG; siehe hierzu Hoeren,
MMR 2000, 515, 519; Kühl, Der internationale Leihverkehr der Museen, 2004, S. 92, 96;
Schulze, FS Dittrich, 2000, S. 311, 321 ff. Die Urheberrechtsgesetze Frankreichs, Italiens,
Spaniens, Portugals und Irlands kennen eine solche Privilegierung nicht. Was das britische
Recht angeht, wird auf Sec. 63 CDPA hingewiesen.
464 Berger, ZUM 2002, 21, 26 ff. Fraglich bleibt, ob die einschlägige Schranke ebenso die umfangreichen Museenkataloge decken soll, die schwer als Werbemaßnahmen anzusehen sind;
so Hoeren, MMR 2000, 515, 519. Vgl. für das österreichische Recht Walter, UrhG –
UrhGNov. 2003, S. 92.
465 So der Vorschlag von Schulze, FS Dittrich, 2000, S. 311, 326. Siehe auch Schricker - Dreier,
Informationsgesellschaft, 1997, S. 171; Einwände erhebt Hoeren, GRUR 1997, 866, 872, der
zwar eine Erweiterung des § 58 DE-UrhG befürwortet, eine Vergütungspflicht jedoch nicht
für einsichtig hält.
466 Vgl. Eingabe zum Diskussionsentwurf eines 5. Gesetzes zur Änderung des Urheberrechts,
GRUR 1999, 320, 321.
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C. Die Zukunft der Leistungsschutzberechtigten in der Informationsgesellschaft
I. Einführung
Durch die wesensbedingte Zweiteilung in der kontinentaleuropäischen Rechtstradition zwischen den Rechten des Urhebers einerseits und den verwandten Schutzrechten andererseits467 - das Copyright-System gewährt Filmproduzenten, Tonträgerherstellern und Sendeunternehmen seit lange ein echtes Urheberrecht - steht den Urhebern bereits ein Schutz zur Verfügung, um den die Leistungsschutzberechtigten erst
noch kämpfen müssen. Das Leistungsschutzrecht ist zwar als urheberrechtsähnliches
Recht mit persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Elementen aufzufassen; den Leistungsschutzberechtigten kommt jedoch vergleichsweise kein umfassender Rechtsschutz zu, sondern ihm verbleiben einzelne verwertungsrechtliche
Befugnisse, die dem besonderen Schutzgegenstand und der besonderen Interessenlage angepasst sind. Obwohl Unterschiede hinsichtlich der Schutzvoraussetzungen,
des Schutzumfangs und der Schutzdauer nicht verhindern, dass allgemein urheberrechtliche Bestimmungen, Grundsätze und - mit einigen speziellen Ausnahmen –
Schrankenregelungen auch auf die Leistungsschutzberechtigten Anwendung finden,
wird ein uneingeschränktes Nebeneinander ausschließlicher Verwertungsrechte der
Urheber und Leistungsschutzberechtigten auf der Basis dogmatischer und rechtspolitischer Erwägungen grundsätzlich abgelehnt.468 Nichtsdestotrotz wurden die Rech-
467 Der Gesetzgeber hat neben dem Urheberrechtsschutz für eine abschließend behandelte Reihe
von geistigen Leistungen, für die ein Urheberrechtsschutz nicht in Betracht kommt, subjektive
Rechte geschaffen, die als Leistungsrechte bezeichnet werden. Hierzu zählen der Schutz der
ausübenden Künstler, der Hersteller von Tonträgern, der Sendeunternehmen, der Datenbankhersteller sowie der Schutz für Lichtbilder und nachgelassene Werke. Grund für die Unterscheidung zwischen Geisteswerk und Aufführung, zwischen Sphäre der Schöpfung (Kreation,
Produktion) und Wiedergabe (Interpretation, Reproduktion) sei, dass man sich in der Vorstellung sicher und geborgen fühlte, dass das Heer der Berechtigten in zwei einander gegenüberstehenden Fronten zu teilen ist: Schriftsteller, Komponisten, Maler, Bildhauer, Architekten,
Bearbeiter und Übersetzer gegenüber Schauspielern, Sängern, Musikern, Dirigenten, Regisseuren, Tonmischern und Cuttern, so Fromm, GRUR 1964, 304. Vgl. auch die Definition des
ausübenden Künstlers in Art. L. 212-1 CPI.
468 Eine angestrebte Gleichförmigkeit der Schranken der Urheber- und Leistungsschutzrechte
spiegelt sich in der Verweisungstechnik des deutschen Urheberrechtsgesetzes wider, das im
Bereich der Leistungsschutzrechte eine sinngemäße Anwendung der Schrankenregelungen des
Urheberrechtsschutzes vorsieht (siehe § 84 d DE-UrhG). Diese Gleichförmigkeit der Schrankenbestimmungen wird in anderen Gesetzen durch eigenständige Formulierung vermieden; so
z.B. im österreichischen Urheberrechtsgesetz, Medwenitsch/Schanda, FS Dittrich, 2000, S.
219, 224.
Eingehende Darstellung Bäcker, Die Rechtsstellung der Leistungsschutzberechtigten im
digitalen Zeitalter, 2005, S. 61 ff. Von einem arbeitsteiligen Neben- und Miteinander charakterisierten Verhältnis zwischen Werk und Interpretation geht man hingegen vor allem im Bereich der zeitgenössischen Musikproduktion aus, wo Schöpfungs-, Interpretations- und Auf-
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Anpassung der kollektiven Wahrnehmung von Urheberrechten durch die Verwertungsgesellschaften an das digitale Zeitalter gewinnt zunehmend an Brisanz. Diese rechtsvergleichende Studie nimmt den Urheberrechtswandel in vielen Ländern Europas unter die Lupe, um anschließend die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Wahrnehmungspraxis ausgewählter Verwertungsgesellschaften zu untersuchen. Nachgezeichnet werden dabei die Konturen einer gemeinschaftsweiten Rechtewahrnehmung, vor allem im Bereich der Online-Lizenzierung. Dazu wird der Frage nach Handlungsoptionen für eine gestärkte Rolle der Verwertungsgesellschaften in einer stets wandelnden Medienlandschaft nachgegangen.