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6. Die sog. »sukzessive Mittäterschaft«
Eine seit langem umstrittene Fallkonstellation im Zusammenhang mit § 25 Abs.
2 ist die sog. »sukzessive Mittäterschaft«. Hierbei geht es um die Frage, bis zu
welchem Zeitpunkt ein Beteiligter noch in eine bereits begonnene Tatausführung
»eintreten« und gleichwohl als Mittäter dieser Tat bestraft werden kann. Hierbei
sind unterschiedliche Fallgestaltungen auseinander zu halten.
a) Die grundsätzliche Möglichkeit einer sukzessiven Mittäterschaft
In Rechtsprechung und Literatur ist eine sukzessive Mittäterschaft insoweit unbestritten, als damit die grundsätzliche Möglichkeit des nachträglichen Eintritts
in eine bereits begonnene Deliktsausführung gemeint ist.636 Wer etwa bei einer
Prügelei nachträglich hinzukommt oder bei einem bereits begonnenen Diebstahl
bei der Wegnahme der restlichen Beute mitwirkt, kann ohne weiteres Mittäter
sein. Der grundsätzlichen Möglichkeit einer derart verstandenen sukzessiven
Mittäterschaft stehen auch aus Sicht der hier entwickelten Auffassung keine Bedenken entgegen. Wenn A und B bereits damit begonnen haben, ein Warenlager
»auszuräumen« und der hinzukommende C nunmehr bei Wegnahme der noch verbleibenden Beute behilflich ist, so spricht nichts dagegen, eine gemeinschaftliche
Begehung des Diebstahls durch alle drei Beteiligten anzunehmen. Schließlich
wird der gesetzliche Tatbestand eindeutig durch das Verhalten mehrerer Beteiligter verwirklicht. Mittäter kann natürlich nach der hier vertretenen Auffassung
auch in diesen Konstellationen nur sein, wessen Verhalten jedenfalls teilweise unter den gesetzlichen Tatbestand subsumierbar ist. Dass einer der Beteiligten nicht
von Anfang an dabei war, kann jedenfalls in diesen Konstellationen keine Rolle
spielen. Voraussetzung soll weiterhin ein »nachträglicher (sei es auch stillschweigender) Eintritt in den gemeinsamen Tatplan«637 sein. Demgegenüber wurde bereits darauf hingewiesen, dass nach der hier vertretenen Auffassung auch eine
Mittäterschaft des Eintretenden aufgrund eines einseitigen »Einpassungsentschlusses« denkbar wäre.638 Voraussetzung wäre danach alleine, dass der Eintretende den gesetzlichen Tatbestand in objektiver Hinsicht mit dem bzw. den anderen Beteiligten im Wege der Korrelation der jeweiligen Beiträge verwirklicht und
entsprechenden Vorsatz aufweist. Wenn also beispielsweise im obigen Vergiftungsbeispiel639 der C vom Treiben der übrigen, ohne Tötungsvorsatz agierenden
Beteiligten erst erfährt, nachdem diese bereits mit der Zufügung des Giftes begonnen haben, und sodann durch seinen Beitrag die Dosis auf ein tödliches Maß
636 Vgl. RG St 8, 42 (43); BGH St 2, 344 (345); Freund AT § 10 Rn. 160; Gössel FS – Jeschek
S. 537 (555); MüKo – Joecks § 25 Rn. 178; Kühl AT § 20 Rn. 126; LK – Roxin § 25 Rn.
192; ders. AT II § 25 III Rn. 219; Stratenwerth / Kuhlen AT § 12 Rn. 88.
637 So Roxin AT II § 25 III Rn. 219.
638 Oben C. III. 2. b).
639 Oben C. III. 2. b).
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erhöht, so wäre dies nach hier vertretener Auffassung durchaus als ein Fall der
sukzessiven Mittäterschaft anzusehen. C wäre dann Mittäter eines Tötungsdeliktes, während A und B lediglich Mittäter einer Körperverletzung wären.640 Unabhängig von derartigen Fallkonstellationen, deren Schwierigkeiten mehr im subjektiven Bereich liegen und somit nicht primärer Gegenstand dieser Arbeit sind,
ist die grundsätzliche Möglichkeit einer Mittäterschaft durch einen Eintritt in eine
Deliktsbegehung nach Ausführungsbeginn im Einklang mit der ganz herrschenden Auffassung zu bejahen. Die Voraussetzungen hierfür sind hierbei keine anderen, als sie nach der hier vertretenen Auffassung generell zu fordern sind. Über
diese grundsätzliche Möglichkeit einer sukzessiven Mittäterschaft hinaus ergeben sich jedoch einige Schwierigkeiten.
b) Sukzessive Mittäterschaft nach formeller Vollendung der Tat
Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Mittäterschaft noch zwischen Vollendung
und Beendigung der Tat möglich ist. Die Streitfrage wird vor allem im Zusammenhang mit der Beihilfe diskutiert.641 Sie hat aber auch für die Frage der Mittäterschaft eine gewisse Bedeutung. So hat die Rechtsprechung die Möglichkeit einer Mittäterschaft nach der Vollendung der Tat bis zu deren endgültiger bzw. tatsächlicher Beendigung teilweise bejaht.642 Demgegenüber wird eine solche Mittäterschaft durch Beiträge zwischen Vollendung und Beendigung der Tat in der
Literatur überwiegend strikt abgelehnt.643 Dieser ablehnenden Auffassung ist unter Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung zu folgen. Sobald die Tat
vollendet, mithin der Tatbestand vollständig verwirklicht ist, kann unter keinen
Umständen hinsichtlich dieser Tat noch eine täterschaftsbegründende Handlung
stattfinden. Eine Bestrafung solchen »nachtatbestandsmäßigen« Verhaltens als
Täterschaft wäre offensichtlich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Insoweit
kann die grundsätzliche Berechtigung der ohnehin zweifelhaften, weil kaum fassbaren Unterscheidung zwischen Vollendung und Beendigung der Tat hier dahinstehen. Jedenfalls muss eine Mittäterschaft nach der Vollendung im Sinne der
vollständig abgeschlossenen Tatbestandsverwirklichung ausscheiden. Es verbleibt nun noch das letzte mit dem Begriff sukzessive Mittäterschaft verbundene
Problem, welches sich aber sogleich als das schwierigste erweisen wird.
640 Dazu bereits ausführlich s. oben C. III. 2. b).
641 Dazu Roxin AT II § 26 IV Rn. 257 ff.
642 RG HRR Nr. 469; OGH ST Bd. 3, 1 (3).
643 Herzberg Täterschaft S. 71 f.; MüKo – Joecks § 25 Rn. 182; Kühl AT § 20 Rn. 127 f.; Otto
Jura 1987, 246 (253); Roxin AT II § 25 III Rn. 221; Stratenwerth / Kuhlen AT § 12 Rn. 88.
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c) Die Zurechnung bereits abgeschlossener Erschwerungsgründe
Die Möglichkeit einer sukzessiven Mittäterschaft wird dort in Zweifel gezogen,
wo – etwa bei mehraktigen Delikten – einzelne, strafschärfende Tatbestandsmerkmale zum Zeitpunkt des Eintritts eines Beteiligten bereits vollständig verwirklicht sind. Hierzu folgendes Beispiel:644
A beabsichtigt dem B unter dem Einsatz qualifizierter Nötigungsmittel, hier
Gewalt gegen eine Person, dessen Kraftfahrzeug wegzunehmen. Nachdem die
Gewaltanwendung, nicht jedoch die Wegnahme vollendet ist, steigt der C in die
Tatausführung mit ein. C nutzt die von A verübte Gewalt vorsätzlich aus und ist
entschlossen, die wehrlose Lage des B notfalls mit weiterer Gewalt aufrechtzuerhalten. Gemeinsam vollenden beide die Wegnahme.
Dieser Fall wirft im Hinblick auf eine mögliche Mittäterschaft des C vor allem
zwei Fragen auf. Weitgehend unstreitig dürfte sein, dass der C keinesfalls Mittäter eines von A vor seinem Hinzutreten vollständig verwirklichten Körperverletzungsdeliktes sein kann.645 Dies ist auch und gerade nach der hier vertretenen
Auffassung evident, da C nicht Täter hinsichtlich eines tatbestandlich vollständig
abgeschlossenen Deliktes sein kann. Aber ist C gleichwohl Mittäter eines Raubes? Der BGH hat dies bejaht646, während das RG647 noch eine Zurechnung von
bei Eintritt eines Beteiligten bereits vollständig abgeschlossenen Erschwerungsgründen ablehnte. Auch von der herrschenden Lehre wird die Zurechnung von bei
Eintritt des Beteiligten bereits vollständig abgeschlossenen Erschwerungsgründen abgelehnt.648 Hiernach wäre eine Mittäterschaft des C hinsichtlich eines
Raubdeliktes ausgeschlossen. Die Charakterisierung von Mittäterschaft als Mitherrschaft lasse eine Zurechnung von Erschwerungsgründen nur insoweit zu, als
diese im Rahmen einer funktionsbedingten Arbeitsteilung verwirklicht worden
seien.649 Es verstoße gegen einen elementaren Gerechtigkeitssatz, würde man
einen Beteiligten trotz fehlender Einflussmöglichkeit für das Tun eines anderen
haften lassen.650 Außerdem könnten dem später hinzutretenden Beteiligten bereits
verwirklichte Tatteile schon deswegen nicht zugerechnet werden, weil es notwendig an der Kausalität hierfür fehlen müsse, die Grundvoraussetzung jeglicher
644 Nach dem vom BGH durch Urt. V. 02.04.1969, 4 StR 5/69 entschiedenen Fall, auszugsweise abgedr. bei Dallinger MDR 1969, 533.
645 So auch der BGH bei Dallinger a.a.o.; zust. etwa Roxin AT II § 25 III Rn. 226 f.
646 MDR bei Dallinger a.a.o.; vgl. auch BGH JZ 1981, 596; i.E. zust. Niese NJW 1952, 1146
(1147).
647 RG St 59, 79 (82); wie sich die dort geäußerte Auffassung mit der bereits dargestellten,
vom RG anerkannten Möglichkeit von Täterschaft durch Handlungen zwischen Vollendung und Beendigung verträgt, ist allerdings mehr als zweifelhaft.
648 Gössel FS – Jeschek S. 537 (556); Herzberg Täterschaft S. 152 f.; SK – Hoyer § 25 Rn.
125; MüKo – Joecks § 25 Rn. 182; Kühl AT § 20 Rn. 129; Küper JZ 1981, 568 (570 ff.);
LK – Roxin § 25 Rn. 195; ders. AT II § 25 III Rn. 227; Stratenwerth / Kuhlen AT § 12 Rn. 88.
649 LK – Roxin a.a.o.
650 Herzberg Täterschaft S. 153.
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strafrechtlicher Zurechnung sei.651 Weiterhin wird darauf verwiesen, dass die
Anerkennung einer sukzessiven Mittäterschaft im vorstehenden Fall auf die
Bestrafung eines dolus subsequens hinausliefe652 bzw. dass die für den Raub
erforderliche Finalität der Nötigung, anders als der Nötigungsakt selber, einer
nachträglichen Zurechnung nicht zugänglich sei653. Weniger eindeutig ist die
kategorische Ablehnung der Zurechnung bereits verwirklichter Erschwerungsgründe bei Otto. Er formuliert: »Auch eine Zurechnung schon verwirklichter Tatbestandshandlungen, z.B. bei einem mehraktigen Delikt, ist durchaus konstruktiv
möglich, wenn nämlich die Gesamtwertung des Geschehens zu einer Bewertung
der verschiedenen Tatanteile als gleichwertig führt.«654.
Wie verhält es sich nach der hier vertretenen Mittäterschaftskonstruktion im
vorstehenden Raubfall mit der mittäterschaftlichen Strafbarkeit des C hinsichtlich des Raubes? Die Ablehnung der Mittäterschaft des C durch die herrschende
Lehre ist im Ergebnis durchaus nicht unbedenklich. So wäre wohl unstreitig Mittäterschaft anzunehmen, hätte A den B – etwa durch Vorhalten einer Waffe bedroht anstatt Gewalt anzuwenden, sofern nur die Bedrohung bei Eintritt des C
in die Deliktsausführung noch andauerte.655 Warum die Mittäterschaft des C demgegenüber ausgeschlossen sein soll, weil der A sich eines Nötigungsmittels
bedient hat, das anders als die Drohung das Opfer durch seine andauernde Wirkung, nicht den andauernden Einsatz ausschaltet, ist nicht ohne weiteres einsehbar. Gleichwohl wäre diese Lösung auf der Basis der herrschenden Lehre konsequent. Die ihr mit Blick auf die vorstehenden Erwägungen durchaus innewohnende sachliche Friktion alleine vermag die herrschende Lehre sicher nicht zu
widerlegen. Wandeln wir obigen Fall folgendermaßen ab: A überfällt das
Geschäft des B kurz vor Ladenschluss. Er schlägt den B nieder, um anschließend
die Registrierkasse mitzunehmen. Bei dem Schlag bricht er sich jedoch die Hand
und kann somit die Kasse nicht mehr tragen. Der hinzukommende C sieht den am
Boden liegenden B und überblickt die Situation. Im Einvernehmen mit A, und
unter Billigung von dessen zum Zwecke der Ermöglichung der Wegnahme geleisteter Gewaltanwendung, trägt C die Kasse weg. Beide teilen anschließend die
Beute. In objektiver Hinsicht unterscheidet sich dieser Fall nicht von demjenigen,
in dem A und C nach vorheriger Vereinbarung derart arbeitsteilig vorgehen, dass
A den B qualifiziert nötigt, woraufhin dann C wegnimmt. Dies ist unstreitig ein
klassischer bzw. sogar der klassische Fall der Mittäterschaft hinsichtlich eines
Raubdeliktes. In objektiver Hinsicht beherrscht der C die Nötigung durch A in
beiden Fällen gleichermaßen bzw. hat dasselbe Maß an Einfluss auf diese. Die
Schwierigkeiten bei der Zurechnung bereits abgeschlossener Erschwerungsgründe können also allein auf der subjektiven Ebene liegen. Dabei erscheint es gewiss
sofort problematisch, dass der gesetzliche Tatbestand des § 249 das subjektive
651 SK – Hoyer § 25 Rn. 125.
652 MüKo – Joecks § 25 Rn. 182; Stratenwerth / Kuhlen AT § 12 Rn. 88.
653 Küper JZ 1981, 568 (570 ff.).
654 Otto Jura 1987, 246 (253).
655 So auch Jakobs AT 20 / 60.
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Merkmal der Finalität der Nötigung aufweist. Aber ist deswegen tatsächlich eine
Mittäterschaft desjenigen ausgeschlossen, der nach der in diesem Sinne finalen
Nötigung eines anderen in die Deliktsausführung einsteigt und die Wegnahme in
Kenntnis der zuvor durch den anderen erfolgten finalen Nötigung vornimmt?
Nach Küper muss die finale Zielsetzung stets das eigene Handeln jedes täterschaftlich an einem Raub Beteiligten bestimmen.656 Mithin sei die Finalität der
Nötigung ebenso wie die Zueignungsabsicht, als personengebundenes Tätermerkmal, einer Zurechnung nicht zugänglich. Im klassischen Beispiel der korrelativen Mittäterschaft nötigt tatplangemäß einer der Beteiligten, während der
andere wegnimmt. Beide sind, wie bereits mehrfach angesprochen, unstreitig
Mittäter eines Raubes. Hinsichtlich desjenigen Beteiligten, der plangemäß ausschließlich die Wegnahme vornimmt, kann aber gar keine eigene Finalität hinsichtlich der Nötigung durch den anderen vorliegen. Eine eigene Zwecksetzung
bezüglich einer bestimmten Handlung kann immer nur der Handelnde selber
haben. Hinsichtlich des anderen Beteiligten kommt also auch in diesem Fall nur
eine Kenntnis bzw. Billigung der bei dem Nötigenden vorhandenen Zwecksetzung in Betracht. Hierin liegt ein Unterschied zur Zueignungsabsicht, die ohne
Zweifel bei jedem Mittäter vorhanden sein kann und muss. Ist aber eine eigene
finale Zwecksetzung keine zwingende Voraussetzung einer Mittäterschaft beim
Raub, weil sie begrifflich immer nur beim Nötigenden selber vorhanden sein
kann, so kann die sukzessive Mittäterschaft nicht mit dem Verweis auf ihr Fehlen
abgelehnt werden. Es bleibt somit allein die Frage, ob die Anerkennung einer sukzessiven Mittäterschaft in den hier diskutierten Fällen tatsächlich auf die unzulässige Bestrafung eines dolus subsequens hinausliefe. Diesbezüglich muss
berücksichtigt werden, dass der Beteiligte – im obigen Beispiel der C – bei Vornahme der für ihn täterschaftsbegründenden Handlung – im obigen Beispiel der
Wegnahme – Vorsatz hinsichtlich der vollständigen, gemeinschaftlichen Tatbestandsverwirklichung hat. Es ist der gesetzliche Tatbestand des § 249, durch den
die zweckgerichtete qualifizierte Nötigung und die Wegnahme zu einem einheitlichen Geschehen verklammert werden. Dieses Geschehen657 ist beim Eintritt des
C im obigen Beispiel mitnichten abgeschlossen. Indem C die Registrierkasse
wegnimmt, verwirklicht er den Tatbestand des § 249 mit dem A gemeinschaftlich,
nämlich durch korrelatives Zusammenwirken der Tatbeiträge. Zum Zeitpunkt der
Erbringung seines Tatbeitrages658 hat C auch Vorsatz dahingehend, eine fremde
bewegliche Sache unter Ausnutzung einer gerade zu diesem Zwecke eingesetzten
qualifizierten Nötigung wegzunehmen. Dass die Nötigung von einem anderen
erbracht wurde und somit notwendig auch nur bei diesem eine entsprechende
finale Zwecksetzung gegeben sein kann, darf hier ebenso wenig eine Rolle spielen wie in dem klassischen Raubbeispiel, in dem die objektiv identische Vorgehensweise vorher verabredet wurde.
656 Küper JZ 1981, 568 (571).
657 Man könnte von dem tatbestandsmäßigen Gesamtgeschehen sprechen.
658 Ähnlich Niese NJW 1952, 1146 (1147).
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d) Zwischenergebnis
Die grundsätzliche Möglichkeit einer sukzessiven Mittäterschaft ist zu Recht unbestritten. Abzulehnen ist eine solche dort, wo der gesetzliche Tatbestand bereits
vollständig verwirklicht, die Tat mithin formell vollendet ist. Demgegenüber ist
eine Zurechnung von bei Eintritt eines Beteiligten bereits verwirklichten Erschwerungsgründen im Rahmen desselben, noch nicht vollständig abgeschlossenen Tatbestandes durchaus möglich. Voraussetzung hierfür ist, dass der nachträglich in die Tatausführung eintretende Beteiligte selbst noch einen Teil des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht und hinsichtlich etwaiger bereits verwirklichter
Teile Vorsatz aufweist. In diesem Fall hat der Beteiligte »bei Begehung der Tat«,
nämlich bei Vornahme seines eigenen täterschaftsbegründenden Tatbeitrages,
Vorsatz hinsichtlich des gesamten Tatbestandes bzw. dessen Verwirklichung
durch mehrere gemeinschaftlich. Es handelt sich demnach nicht um die unzulässige Bestrafung eines dolus subsequens. Auch beim Raub ist eine sukzessive Mittäterschaft möglich, wenn der später hinzutretende Beteiligte in Kenntnis der finalen Nötigung bei der Wegnahme mitwirkt. Eine eigene finale Zwecksetzung ist
keine Voraussetzung der mittäterschaftlichen Strafbarkeit beim Raub. Sie kann
vielmehr immer nur bei demjenigen vorliegen, der die Nötigung selber vornimmt,
was wiederum unstreitig nicht für jeden Mittäter der Fall sein muss.
7. Der Versuchsbeginn bei Mittäterschaft
Abschließend soll noch kurz aus der Sicht der hier entwickelten Auffassung die
Streitfrage nach dem unmittelbaren Ansetzen im Sinne des § 22 bei der Mittäterschaft angesprochen werden. Dabei können selbstverständlich nicht alle Aspekte
dieses Meinungsstreites ausführlich behandelt werden, insbesondere soweit sie
der Versuchslehre zuzuordnen sind. Es wird aber sogleich deutlich werden, dass
diese Streitfrage gleichwohl nach der hier vertretenen Auffassung eindeutig nur
auf einem Wege gelöst werden kann. Zunächst sollen kurz die in diesem Zusammenhang klassischerweise vertretenen Auffassungen, die herrschende Gesamtlösung und die Einzellösung dargestellt werden.
a) Gesamtlösung
Nach der in der Rechtsprechung und wohl auch in der Literatur herrschenden
Auffassung treten alle Mittäter in das Versuchsstadium ein, sobald einer von ihnen die Grenze des § 22 überschreitet.659 Dies entspreche der Struktur der Mittä-
659 BGH ST 40, 299 (301); SK – Hoyer § 25 Rn. 147; MüKo – Joecks § 25 Rn. 226, 227; Kühl
AT § 20 Rn. 123; Küper JZ 1979, 785 ff.; Stratenwerth / Kuhlen AT § 12 Rn. 107, 108;
Wessels / Beulke Rn. 611.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Das Werk behandelt die Abgrenzung von Mittäterschaft und Teilnahme, eine angesichts der Verbreitung des Tatherrschaftsgedankens rückläufige Diskussion. Losgelöst vom Begriff „Tatherrschaft“ wird die Mittäterschaft – anhand der sog. „additiven Mittäterschaft“ – konsequent auf ihre gesetzliche Regelung in § 25 Abs. 2 StGB zurückgeführt. Die entwickelte Lösung, eine teilweise Renaissance der formal-objektiven Theorie, mag dem Einwand fehlender argumentativer Flexibilität und somit mangelnder Praxistauglichkeit ausgesetzt sein. Demgegenüber steht die Rückbesinnung auf eine echte Tatbestandsbezogenheit, die den dahinterstehenden verfassungsrechtlichen Garantien die notwendige Geltung verschafft.