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4. Zusammenfassung – Prüfungsschema Umschichtung
Aus sämtlichen vorstehend angesprochenen Voraussetzungen ergibt sich folgendes
Prüfungsschema für die stiftungsrechtliche Zulässigkeit der einzelnen Umschichtung.
Übersicht 8: Prüfungsschema Umschichtung
0. Vorliegen einer Umschichtung
0.1 Rechtsgeschäft der Stiftung
0.2 mit dem Ziel einer Strukturänderung im Stiftungsvermögen
0.3 bei nominal gleich bleibendem Wert
1. Zulässigkeit nach Landesrecht
1.1 Einzelregelungen
Anzeigepflichten gem. § 13 Abs.1 Nr.1 Alt.3 StiftGBW; § 7 Abs.2
StiftGNRW; § 9 Abs.1 Nr.4 StiftGSH
Wenn (–): 1.2.4.
1.2 Verwaltungsgrundsätze
1.2.1 Sparsamkeit
(+) wenn Transaktionskosten angemessen sind und ein konkreter Vorteil der Zielanlage für die Stiftung zu erwarten ist.
Wenn (–): 1.4
1.2.2 Wirtschaftlichkeit
(+) wenn Zielanlage nicht generell unvernünftig und im Bezug auf das
Anlagekonzept des Stifters vorteilhaft ist.
1.2.3 Sicherheit
(+) wenn konkrete Umschichtung keinen Spekulationstatbestand verwirklicht oder das Gesamtrisiko des Portfolios verringert.
Wenn (–): 1.4
1.2.4 Ordnungsmäßigkeit
(+) wenn Maßnahme mit Zweckverwirklichungskonzept des Stifters
übereinstimmt.
Wenn (–): 2.1.2
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2. Zulässigkeit nach Stiftungsverfassung
2.1 Stiftungsgeschäft
(+) wenn keine konkludente Umschichtungssperre
2.2 Satzung/Anlagerichtlinie
2.1.1 Vermögensebene
(+) wenn keine ausdrückliche Umschichtungssperre.
Wenn (–): weiter zu 2.1.2
2.1.2 Zweckebene
(+) wenn keine mittelbare Umschichtungssperre aufgrund enger Zweckbeziehung
(+) wenn Umschichtungszwang wegen angeordneter Gemeinnützigkeit
(–) wenn Umschichtungssperre wegen angeordneter Gemeinnützigkeit
Die Vermögensverwaltung für Stiftungen unterliegt zwar – ähnlich wie die des Testamentsvollstreckers und des Vormunds – bestimmten allgemein anerkannten
Grundsätzen. Konkrete Vorgaben für Anlageentscheidungen lassen sich den Geboten der Sparsamkeit, Sicherheit und Ordnungsgemäßheit jedoch nicht entnehmen, da
sie keinen absoluten Maßstab enthalten. Sie stehen vielmehr in Beziehung zu den
der Vermögensverwaltung zu Grunde liegenden Anlagezielen. Ob die konkrete Anlage den genannten Vorgaben entspricht, bemisst sich nach ihrer Eignung, diese Anlageziele zu erreichen. Daher ist es unerlässlich, dass der Stifter seine Vorstellungen
hinsichtlich des Anlagekonzepts in der Stiftungsverfassung zum Ausdruck bringt.
Die Anlageziele sind dabei nicht rein ökonomisch zu verstehen. Als oberste Anlageprämisse ist immer der Stiftungszweck zu berücksichtigen. Ein Investment ist daher
nicht ordnungsgemäß, wenn es mit der ideellen Zielsetzung der Stiftung kollidiert.
Nach diesen allgemeinen Grundsätzen richtet sich auch die Zulässigkeit von Umschichtungen, sofern der Stifter sie nicht gesondert geregelt hat. Diese haben die
Veränderung der Vermögensstruktur zum Ziel. Alle Verwaltungsgrundsätze sprechen für eine eher restriktive Handhabung von Umschichtungen. Ob das einzelne
Umschichtungsvorhaben zulässig ist, lässt sich nicht isoliert danach beurteilen, dass
das angestrebte Investment beispielsweise zu einer höheren Ertragskraft oder einer
besseren Werterhaltung führen wird. Vielmehr ist in einer Gesamtbetrachtung zu
beurteilen, ob die Vermögensstruktur nach der Umschichtung voraussichtlich besser
zur Erreichung der vom Stifter vorgegebenen Anlageziele geeignet ist als vorher.
Eine Rechtfertigung für die Umschichtung kann auch darin liegen, dass die geplante
Anlage besser mit dem Stiftungszweck korreliert als die bisherige.
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References
Zusammenfassung
Die jüngste Finanzkrise hat in zahlreichen Stiftungsdepots deutliche Spuren hinterlassen und die Diskussion über die konkreten Anforderungen an das Vermögensmanagement von Stiftungen neu entfacht. Dabei zeigt sich, dass zentrale Begriffe wie Vermögenserhaltung, ertragbringende Anlage oder Wirtschaftlichkeit in der Praxis nach wie vor unterschiedlich interpretiert werden.
Das Werk untersucht zunächst die bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben zum Stiftungsvermögen, um anschließend den Gestaltungsspielraum des Stifters und des Stiftungsmanagements herauszuarbeiten. Ihnen obliegt es, die Art der Vermögensverwendung festzulegen – einschließlich des Erhaltungskonzepts. An den Anlagezielen Wert, Ertrag, Risiko und vor allem Zweck hat sich jede einzelne Anlage- und Umschichtungsentscheidung zu orientieren.
Dieses Buch enthält das rechtliche und ökonomische Basiswissen für alle Praktiker, die selbst Verantwortung für Stiftungsfinanzen tragen oder Stiftungen in Vermögensfragen beraten.
Der Autor ist im gehobenen Privatkundensegment einer großen Geschäftsbank für die Beratung von Stiftern und Stiftungen verantwortlich und verfügt über langjährige Praxiserfahrung in diesem Segment.