70
von den betreffenden Stiftungen am häufigsten genannten Beschränkungen lauteten
wie folgt.
Übersicht 5: Anlagebeschränkungen
Anlagebeschränkung Anteil
Mündelsicherheit 59,6 %
Nur festverzinsliche Wertpapiere 29,5 %
Keine Aktien 22,3 %
b) Interpretation der Ergebnisse
In der Stiftungspraxis spielen Anlagerestriktionen nach wie vor eine signifikante
Rolle. Auch nach der Abschaffung der entsprechenden Vorschriften in den Stiftungsgesetzen fühlt sich eine Reihe von Stiftungen immer noch an das Prinzip Mündelsicherheit gebunden. Unterstellt man, dass diese Aussagen nicht auf irrtümlichen
Annahmen beruhen, gibt es dafür zwei mögliche Erklärungen: Sind die Stiftungen
zu einer Zeit entstanden, in der die Mündelsicherheit im betreffenden Landesgesetz
noch vorgeschrieben war, so könnte der damalige Gesetzeswortlaut in die Satzung
übernommen worden sein. Soweit die Stiftungen erst nach dieser Zeit begründet
worden sind, muss der Stifter aus eigenen Überlegungen heraus entsprechende
Anordnungen getroffen haben. Es gibt also durchaus eine signifikante Anzahl von
Stiftern, die eine Regelung zur Vermögensanlage für sinnvoll halten. Soweit die
Stiftungen der Meinung sind, gesetzlichen Anlagebeschränkungen zu unterliegen, ist
im Weiteren zu untersuchen, in welchem Umfang dies tatsächlich der Fall ist.
II. Positivrechtliche Aussagen zum Stiftungsvermögen
1. Bundesrecht
Vor der Novellierung des Stiftungszivilrechts mit Wirkung zum 01.09.2002 war das
Stiftungsvermögen nur am Rande Regelungsgegenstand der Bundesgesetzgebung.
§ 82 BGB a.F. setzte die Widmung einer Vermögensausstattung durch den Stifter
voraus und normierte lediglich den daraus entstehenden Anspruch der Stiftung auf
Übertragung sowie die Übertragungsmodalitäten. Den Vermögensanfall bei Erlöschen der Stiftung hatte § 88 BGB a.F. zum Gegenstand. Die Anlage und Verwendung des Stiftungsvermögens blieben hingegen ungeregelt.
Der Gesetzgeber des Jahres 2002 sah im Bereich des Stiftungsvermögens offenbar ebenfalls nur geringen Regelungsbedarf. Die zentrale qualitative Aussage im
Hinblick auf das Stiftungsvermögen trifft § 80 Abs.2 BGB, ohne dieses dabei ausdrücklich zu erwähnen. Explizit geforderte Anerkennungsvoraussetzung ist demnach, dass die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert er-
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scheint. Der Bundesgesetzgeber beschränkt sich also darauf, das Ziel zu definieren,
während er die Festlegung der Methode ausdrücklich dem Stifter überlässt.235 Dennoch können sich aus der allgemeinen gesetzlichen Zielsetzung der dauernden und
nachhaltigen Zweckerfüllung und den übrigen Anerkennungsvoraussetzungen Folgerungen für die Beschaffenheit des Grundstockvermögens und dessen Bewirtschaftung ableiten lassen, denen die nachfolgende Untersuchung gilt. Soweit sich die Anforderungen an die Vermögensverwendung also aus den Anerkennungsvoraussetzungen ableiten, ergibt sich die Regelungskompetenz des Bundes für diese Materie
als Teil des Bürgerlichen Rechts aus Art. 74 Abs.1 Nr.1 GG.236
a) Vermögensausstattung
Als – zunächst einzige – materielle Grundlage für die Zweckverwirklichung muss
das Stiftungsvermögen geeignet sein, die hierzu erforderlichen Mittel aus sich selbst
heraus zu generieren. Daher ist seine erforderliche Größe, Zusammensetzung und
Beschaffenheit vom festgelegten Stiftungszweck abhängig.237 Im Anerkennungsverfahren überprüft die Stiftungsbehörde mittels einer Prognoseentscheidung, ob die
gewidmeten Vermögenswerte ausreichen, den Stiftungszweck dauerhaft zu erfüllen.
Sie darf sich dabei nicht lediglich auf das Ausstattungsvermögen beschränken, sondern hat in ihre Gesamtbetrachtung auch die Modalitäten seiner Nutzung einzubeziehen, etwa Umschichtungsverbote oder Anlagerestriktionen.238
Das Vermögen muss nicht von Anfang an zur Verfügung stehen, sondern erst
dann, wenn es tatsächlich gebraucht wird. So kann es genügen, dass das Stiftungsgeschäft eine gesicherte Forderung ausweist, die erst zu einem späteren Zeitpunkt zufließt.239
Im Grundsatz unterliegt das Ausstattungsvermögen keinerlei Beschränkungen
hinsichtlich der Art der gestifteten Vermögenswerte. So können Sachwerte wie Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen genauso eingebracht werden wie Geld,
Wertpapiere oder gesicherte Forderungen und Rechte.240 Insbesondere fordert das
Bundesrecht im Unterschied zu einzelnen Landesstiftungsgesetzen241 nicht ausdrücklich eine ertragbringende Anlage. Da das Bundesrecht die Anerkennungsvoraussetzungen abschließend regelt, könnten trotz der entgegenstehenden landesrech-
235 Vgl. BT-Drucks. 14/8765 S.10.
236 So mit ausführlicher Begründung BT-Drucks. 14/8765 S.7. Zur Zuordnung der Anerkennungsvoraussetzungen zum Bürgerlichen Recht i.S.d. Art.74 Abs.1 Nr.1 GG auf Grund einer
historischen Interpretation eingehend Machreich, S.19 ff.
237 Vgl. BT-Drucks. 14/8765 S.8: „Das Erfordernis der Gewährleistung der dauernden und
nachhaltigen Erfüllung des Stiftungszweckes wird besonders durch die Vermögensausstattung
der Stiftung tangiert.“
238 Ähnlich Burgard, § 6 C.II.1., S.165.
239 H.M., vgl. oben, S.27.
240 Seifart/v.Campenhausen-Hof, § 9, Rn. 34.
241 Anders § 4 Abs.2 S.2 Hs.1 HambStiftG, § 13 Abs.2 S.2 SächsStiftG für kommunale Stiftungen.
72
tlichen Einschränkungen auch die Aufsichtsbehörden in Hamburg oder Bayern einer
Stiftung die Anerkennung nicht verweigern, die vom Stifter beispielsweise teilweise
oder ausschließlich mit Barrengold ausgestattet wird.242 Die einzige Voraussetzung
dafür ist, dass dieses Vermögen sowohl hinsichtlich seines Volumens als auch hinsichtlich seiner Nutzung geeignet erscheint, die dauernde nachhaltige Zweckerfüllung zu sichern. Lässt der Stifter also entweder die Umschichtung in ertragbringendes Vermögen oder den sukzessiven Verbrauch des Goldes zu, und reicht dies aus,
um den Stiftungszweck über eine angemessene Dauer zu finanzieren, sind diesbezüglich alle Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt.
b) Dauerhaftigkeit der Zweckerfüllung
§ 80 Abs.2 BGB stellt offensichtlich eine Verbindung zwischen Zweckverwirklichung und Stiftungsvermögen her. Nur auf erstere bezieht sich die geforderte
Dauerhaftigkeit im Wortlaut der Vorschrift unmittelbar. Umstritten ist daher, welche
Folgerungen für die Verwaltung des Vermögens der bestehenden Stiftung sich aus
ihr ableiten lassen.
Im ersten Entwurf hatte das Bundeskabinett zunächst auf das Merkmal der Dauer
verzichtet und nur eine nachhaltige Zweckerfüllung gefordert.243 Erst die Stellungnahme des Bundesrats führte zur Ergänzung dieses Merkmals und damit zur heutigen Gesetzesfassung. Zur Begründung weist die Länderkammer darauf hin, dass die
Dauerhaftigkeit vielfach als Wesenselement der Stiftung aufgefasst werde. Ein vor-
übergehender Zweck erfordere nur in den wenigsten Fällen die rechtliche Verselbstständigung von seinem Initiator. Sie geht auch darauf ein, dass dies nicht die Errichtung von Stiftungen mit zeitlich begrenztem Zweck ausschließe. Für »sehr kurzfristige Vorhaben« sollten aber nicht die Rechtsform der (selbstständigen) Stiftung und
damit die knappen Ressourcen der öffentlichen Verwaltung in Anspruch genommen
werden können.244 Die Hauptzielrichtung der Bundesrats-Stellungnahme liegt also in
der rein zeitlichen Dimension der Stiftung. Folgerichtig werden erste Stimmen aus
der Aufsichtspraxis laut, die einfach eine Mindestbestehensfrist für die Stiftung definieren.245
Die Gegenäußerung der Bundesregierung246 stimmt mit der Stellungnahme zwar
darin überein, dass die Dauerhaftigkeit ein für die Stiftung typisches Moment sei. Ihr
242 Beispiel nach Brockhoff, NPLY 2002, 224.
243 § 80 Abs.2 BGB-E hatte in der Fassung des Kabinettsbeschlusses noch gelautet: „Die Stiftung ist als rechtsfähig anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft den Anforderungen des §
81 Abs. 1 genügt, die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und der
Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet.“, BT-Drucks.14/8765 S.5.
244 BT-Drucks.14/8765 S.13 f. (Anlage 2).
245 Stingl, S.53 nennt eine Zeitspanne zwischen 5 und 10 Jahren; Peiker, § 6 Erl.1 schlägt fünf
Jahre vor; ebenso Werner/Saenger-Werner, Kap.VII Rn.377; ursprünglich auch Seifart/v.Campenhausen-Hof (2. Aufl.), § 4 Rn.64. In der Neuauflage sind die Ausführungen zur
Stiftung von begrenzter Dauer nicht mehr enthalten.
246 BT-Drucks. 14/8765 S.15 (Anlage 3).
73
Hauptaugenmerk gilt allerdings nicht der zeitlichen Dimension. Sie hebt vielmehr
andere Aspekte des Merkmals hervor. Bei der dauernden Erfüllung des Stiftungszwecks gehe es um eine dauerhafte Zwecksetzung und die Beständigkeit während
des Bestehens der Stiftung, die eine Bindung des Stiftungsvermögens an den Zweck
erfordere. Das Moment der Dauerhaftigkeit der Stiftung besteht demnach aus drei
Komponenten:
• Der Zweck der Stiftung ist dann dauerhaft, wenn er nicht sofort oder sehr
kurzfristig erfüllbar ist.247 Die ewige Dauer im Sinne einer Zeitbestimmung
ist jedoch nicht erforderlich.248
• Die Beständigkeit der Zwecksetzung249 während des Bestehens gewährleistet die Wirkung des Zwecks unabhängig vom Wandel der Verhältnisse250 und löst das Moment der Dauer somit aus dem rein zeitlichen Kontext.251
• Hieraus ergibt sich die unauflösliche Bindung des Vermögens an den
Zweck, die es vor (vorzeitiger) Auszehrung und Misswirtschaft schützt.252
Diese Bindung determiniert den Bestand des Vermögens auch in zeitlicher
Hinsicht.253
Die wichtigste Folgerung aus diesem Verständnis der Dauerhaftigkeit der Stiftung
besteht darin, dass es kein grundsätzliches Spannungsverhältnis zwischen dem Verbrauch von Grundstockvermögen und dem in § 80 Abs.2 BGB formulierten Erfordernis der dauernden und nachhaltigen Zweckerfüllung gibt.254 Die Dauerhaftigkeit
bedeutet eben nicht den dauernden Bestand der Stiftung, sondern die dauernde Erfüllung des Stiftungszwecks während ihres Bestehens.255 Dieser Anforderung ist Genüge getan, wenn das Vermögen für die durch den Zweck vorgegebene Dauer die
Zweckverwirklichung ermöglicht.256 Ein darüber hinausgehendes Ausschüttungsverbot lässt sich auf die dauernde Zweckverwirklichung in diesem Sinne nicht stützen.
247 Vgl. Soergel-Neuhoff, Vor § 80 Rn.13; Seifart/v.Campenhausen-Hof, § 6 Rn.30; ders. in
Münchener Vertragshandbuch Vor VIII Anm.2; MünchKomm-Reuter, Vor § 80 Rn.50 differenziert danach, ob die geplante Dauer die rechtliche Verselbstständigung der Zweckverfolgung in einer von ihren Promotoren getrennten Organisation erforderlich erscheinen lässt.
248 Werner/Saenger-Werner, Kap.VII Rn.377.
249 Ebersbach, Handbuch, I-1.1, S.16; MünchKomm-Reuter,
Vor § 80 Rn.51 bestreitet den Zusammenhang dieser Komponente mit der Dauerhaftigkeit.
250 Ebersbach, Handbuch, I-1.1, S.16.
251 Erman-O.Werner, Vor 80 Rn.8.
252 Vgl. Soergel-Neuhoff, Vor § 80 Rn.13.
253 Janitzki, 121 (122), spricht von der „Kohärenz von Stiftungszweck und Lebensdauer“; ähnlich Werner/Saenger-Saenger, Kap.V Rn.184.
254 A.A. Burgard, § 6 C.II.3., S.170.
255 So auch Lutter, NPLY 2004, 43 (45).
256 So auch Reuter, NZG 2005, 649.
74
c) Gebot der nachhaltigen Zweckerfüllung
Wie gezeigt, bindet § 80 Abs.2 BGB das Vermögen insoweit an den Stiftungszweck,
als es dessen Verwirklichung über die Dauer des Bestehens der Stiftung sicherstellen muss.257 Teilweise werden in der Literatur aus dieser Regelung Folgerungen
auch für die Vermögensverwendung in der Betriebsphase der Stiftung abgeleitet.
Die auf Bundesebene geforderte Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit258 führe in der
Verwaltung der Stiftung zu einem Optimierungsgebot hinsichtlich dieser beiden Kriterien. So vertritt Reuter die Auffassung, die Anforderung der Nachhaltigkeit verpflichte die Stiftung zu einer besonders wirksamen Zweckverwirklichung und einer
entsprechenden Vermögensanlage. Die Stiftungsorgane seien daher verpflichtet,
Maßnahmen auch gegen den ausdrücklichen Stifterwillen zu ergreifen, wenn dies
zum Besten der Stiftung im Sinne der Zweckerfüllung sei.259 Im Ergebnis würde
diese Ansicht zu einer massiven Beeinträchtigung der Autonomie des Stifters führen, weil seine Anordnungen zur Vermögensbewirtschaftung immer unter dem Vorbehalt einer abweichenden Zweckmäßigkeitseinschätzung des Stiftungsvorstandes
stünden.
Diese Auffassung lässt sich allerdings weder auf systematische Argumente, noch
auf den Willen des Gesetzgebers stützen. So verfängt schon der Ansatz nicht, dem
im Gesetz verwendeten Begriff der Nachhaltigkeit einen eigenen Bedeutungsgehalt
zu unterstellen. Bundesrat und Regierung waren sich im Gesetzgebungsverfahren
einig, dass die nebeneinander verwendeten Begriffe dauernd und nachhaltig einheitlich auf die Dauerhaftigkeit gerichtet sind.260 Es gibt keinerlei Hinweise auf einen
darüber hinausreichenden Inhalt.
Das Vorhandensein eines zwecksichernden Vermögens bei Gründung und seine
ungeschmälerte Erhaltung während des Bestehens der Stiftung betreffen zudem ganz
unterschiedliche Fragestellungen. Entsprechend differenzierend muss auch ihre Einordnung in das Wertesystem des Stiftungswesens erfolgen.
Die Unterschiede zwischen anfänglicher Vermögensausstattung und späterer Bestandserhaltung beginnen schon beim Regelungsobjekt. Während § 80 Abs.2 BGB
n.F. an den Zeitraum vor der Stiftungsentstehung anknüpft, betreffen die landesrechtlichen Vermögenserhaltungsgebote die »Betriebsphase« der Stiftung nach ihrer
Gründung. Entsprechend unterschiedlich sind auch die Adressaten der jeweiligen
Vorschriften. Während sich die Anforderung der zur dauernden und nachhaltigen
Zweckverwirklichung ausreichenden Vermögensausstattung als Anerkennungsvoraussetzung ausschließlich an den Stifter richtet, gelten Vermögenserhaltungsgebot
und alle anderen auf die Stiftungsverwaltung bezogenen Vorschriften für die bereits
257 Siehe oben, S.57.
258 Nachhaltigkeit in diesem Sinne ist nicht zu verwechseln mit dem ursprünglich aus der Holzwirtschaft stammenden Begriff für die Herstellung von Produkten und Dienstleistungen unter
Verwendung von möglichst konfliktarmen Produktionsmethoden, vgl. Nagel, 7.4.3.1.1. Zur
Nachhaltigkeit als Anlagekriterium vgl. unten, S.173.
259 Reuter, NPLY 2005, 649 ff.
260 BT-Drucks. 14/8765 S.13 (Anlage 2) und S.15 (Anlage 3).
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bestehende Stiftung und betreffen somit als Regelungssubjekte primär die Stiftungsorgane. Dementsprechend sind die Regelungszwecke unterschiedlich angelegt. § 80
Abs.2 BGB schränkt die Stifterfreiheit zum Schutze des Rechtsverkehrs dahingehend ein, dass der Stifter eine juristische Person zur Verstetigung seines Willens nur
dann errichten kann, wenn er sie gleichzeitig mit einem ausreichenden Vermögen
ausstattet.261 Die Vorschriften zur Stiftungsverwaltung haben hingegen primär den
Zweck, die dauerhafte Umsetzung des Stifterwillens durch die Stiftung zu gewährleisten. Der Bundesgesetzgeber hat diese Regelungsmaterie der Ausgestaltung und
Arbeitsweise von Stiftungen ausdrücklich den Landesgesetzgebern überlassen,262 die
auch im Falle einer fälschlich erteilten Anerkennung korrigierend eingreifen können.
Eine normative Auswirkung des § 80 Abs.2 BGB auf die Vermögensverwaltung der
Stiftung lässt sich somit entgegen Reuter auf die gegenwärtige Rechtslage keinesfalls stützen. Dieses Verständnis würde vielmehr die ausdrückliche Intention des
Gesetzgebers, die Stifterfreiheit zu stärken,263 in ihr Gegenteil verkehren.
Abgesehen davon wäre eine objektivierte, durch die Stiftungsorgane anzustellende Zweckmäßigkeitsbewertung der Kontrolle der Stiftungsaufsicht entzogen. Hält
das Organ eine andere Anlagepolitik als die vom Stifter festgelegte für objektiv besser dem Stiftungszweck entsprechend, so müsste die Stiftungsaufsicht zur wirksamen Kontrolle dieser Entscheidung eigene Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen,
die ihr aber wegen der Beschränkung auf die reine Rechtsaufsicht verwehrt sind. Die
Abweichung vom Stifterwillen wäre dann insoweit ins Belieben der Organe gestellt,
was mit dem Grundgedanken der Stiftung nicht zu vereinbaren ist.
d) Satzungsregelungen über das Vermögen
Auch § 81 Abs.1 S.3 Nr.4 BGB enthält eine Vorgabe mit Vermögensbezug. Die
Vorschrift legt in ihrem Satz 3 die Mindestvoraussetzungen für eine anerkennungsfähige Satzung verbindlich und abschließend fest. Der Stifter ist demnach unter anderem verpflichtet, der Stiftung durch das Stiftungsgeschäft eine Satzung mit Regelungen über das Stiftungsvermögen zu geben. Schon vor der Neuregelung der §§ 81
ff. BGB im Jahr 2002 hatten die meisten Landesstiftungsgesetze Mindestanforderungen für Stiftungssatzungen normiert, die zwingend jeweils auch »Bestimmungen
über das Vermögen« vorsahen.264 Bei unbefangenem Verständnis dieser Normen läge es folglich nicht fern, in die Satzung etwa auch Regelungen über den bei der
261 A.A. Hüttemann, FS Flume S.64.
262 BT-Drucks. 14/8765 S.7.
263 BT-Drucks. 14/9876 S.1.
264 § 6 Abs.2 i.V.m. Abs.1 Nr.4 StiftGBW a.F.; Art. 9 Abs.2 S.1 BayStG a.F.; § 3 Abs.1
StiftGBln; § 5 Abs.2 S.1 i.V.m. Abs.1 Nr.3 StiftGBbg. a.F. als Soll-Vorschrift; § 5 Abs.2 S.1
i.V.m. Abs.1 BremStiftG a.F.; § 6 Hamburgisches AusführungsG zum BGB a.F.; § 6 Abs.2
i.V.m. Abs.1 4.Spstr. StiftGMV a.F.; § 5 Abs.2 Nr.4 NStiftG a.F.; § 5 Abs.3 i.V.m. Abs.1
Nr.4 StiftGNRW a.F., § 5 Abs.2 c) StiftGRP a.F. als Soll-Vorschrift; § 4 Abs.2 StiftGSL a.F.;
§ 10 Abs.1 StiftGST, gleichlautend SächsStiftG a.F., ThürStiftG a.F.; § 3 Abs.2 Nr.4
StiftGSH a.F.
76
Vermögensanlage zu beachtenden Sicherheitsgrad oder die einzuhaltende Vermögensstruktur aufzunehmen. In der Kommentarliteratur zu den Landesgesetzen schien
hingegen die Auffassung vorzuherrschen, hinreichende Bestimmungen über das
Stiftungsvermögen seien bereits dann getroffen, wenn Stiftungsgeschäft beziehungsweise Satzung schlicht die der Stiftung zur Verfügung gestellten Vermögenswerte
angeben265 oder im Verhältnis zum Stiftungsgeschäft näher konkretisieren. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob sich durch die bundeseinheitliche Regelung
dieser Materie ein anderer Bedeutungsgehalt ergeben hat, der den Stifter heute verpflichtet, auch die Vermögensverwendung konkret zu regeln.
aa) Wortlaut
Zunächst fällt auf, dass der Wortlaut des § 81 Abs.1 S.3 Nr.4 BGB leicht von dem
der meisten früheren Landesgesetze abweicht. Hinsichtlich der aufgezählten Elemente verlangt das BGB »Regelungen«, während die Landesgesetze überwiegend
von »Bestimmungen« gesprochen hatten. Der Begriff »Bestimmung« lässt sich in
zweierlei Hinsicht verstehen. Entweder könnte im Kontext der Landesstiftungsgesetze die rein deskriptive Festlegung des Grundstockvermögens gemeint sein. Alternativ kommt auch die Bedeutung im Sinne einer Regelung in Betracht. Über die reine Festlegung des Grundstockvermögens hinaus wären dann zielgerichtet Anordnungen zu treffen, wie mit dem Vermögen zu verfahren ist. Die Verwendung des
Wortes im Plural durch den Bundesgesetzgeber könnte letztere (Be-)Deutung unterstützen, da zur reinen Festlegung des Grundstockvermögens eine einzige »Bestimmung« ausreichend wäre. Allerdings bezieht sich der Plural in der Formulierung
der Vorschrift auf sämtliche in § 81 Abs.1 S.3 Nr.1 bis 5 BGB genannten Regelungsgegenstände, so dass diese Folgerung nicht zwingend ist und eine einzelne Regelung zum Vermögen ausreichend wäre. Die von den früheren Landesvorschriften
abweichende Formulierung des BGB legt aber das Verständnis nahe, dass es lediglich mit der genauen Angabe des (anfänglichen) Stiftungsvermögens in der Satzung
nicht getan ist. Vielmehr wären demnach weiter gehende Vorgaben des Stifters zur
Verwendung des Vermögens erforderlich.266
bb) Historie
Zumindest nicht gegen die vorstehend ausgeführte Interpretation des Wortlauts
spricht auch die Einordnung der Norm in den historischen Kontext ihrer Entstehung.
Der erste Gesetzentwurf geht auf das Jahr 2002 zurück. Damals traten bei den Stiftungen, die im Vertrauen auf die Fortsetzung des bis ins Jahr 2000 anhaltenden
265 Vgl. Siegmund-Schultze, Anm. 2d) zu § 5 NStiftG; Gebel-Hinrichsen, Anm. 4.4 zu § 3
StiftGSH a.F.; weiter gehend Voll/Störle, Art. 5 BayStG, Rn.7; v. Rotberg, Anm. cc) zu § 6
Nr.4 StiftGBW a.F.
266 Kritisch zu dieser mehrdeutigen Formulierung Muscheler, ZSt 2004, 3.
77
Aufwärtstrends an den Kapitalmärkten verstärkt auch in Aktien mit spekulativer
Ausrichtung investiert hatten, teilweise deutliche Probleme mit der Vermögenserhaltung auf. Nicht besser erging es aufgrund der seit 2000 anhaltend schwachen Zinsentwicklung den Stiftungen, deren Vermögensverwalter sich weiterhin an mündelsicheren Anlageformen orientierten. Zur Beurteilung, ob die verantwortlichen Stiftungsgremien ihrer Pflicht zur adäquaten Vermögensverwaltung genügt hatten, erschien eine klare Äußerung des Stifters zu dieser Thematik wünschenswerter denn
je.
cc) Systematik
Für die weiterreichende Bedeutung des Begriffes »Regelungen« spräche es ferner,
wenn die Festlegung des gewidmeten Vermögens bereits durch das Stiftungsgeschäft außerhalb der Satzung zu erfolgen hätte. In diesem Fall wären rein wiederholende Regelungen in der Satzung systematisch redundant. Daher ist das Verhältnis
zwischen Stiftungsgeschäft und Stiftungssatzung von Interesse. Beide haben Aussagen zum Vermögen zu treffen. Hieraus ergibt sich die Frage, welche konkrete Funktionsaufteilung diesbezüglich zwischen den beiden Bestandteilen der Stiftungsverfassung die §§ 80 f. BGB vorgeben.
§ 81 Abs.1 S.2 und S.3 BGB differenziert zwischen Stiftungsgeschäft und Satzung. Das in Satz 2 beschriebene Stiftungsgeschäft ist der Akt, mit dem der Stifterwille als auf die Errichtung einer Stiftung abzielende Willenserklärung in Erscheinung tritt.267 Bereits das Stiftungsgeschäft muss daher das gewidmete Vermögen
konkret individualisieren, schon um den Anforderungen an die Bestimmtheit einer
Willenserklärung zu genügen.
Die Satzung ist zwar Bestandteil des Stiftungsgeschäfts, und wird gemäß § 81
Abs.1 S.3 BGB durch dieses in Kraft gesetzt. Sie verfügt aber als Aufgaben- und
Organisationsplan der Stiftung268 über eine eigene, originäre Funktionalität. Dieses
Verständnis spiegelt auch die Formulierung des Gesetzentwurfes wider, wo von der
»dem Stiftungsgeschäft beizufügenden Satzung«269 die Rede ist. Das Entstehen einer
Stiftung setzt zudem nur ein vollständiges Stiftungsgeschäft voraus, während die
Satzungsgestaltung auch einem Erben oder Testamentsvollstrecker überlassen werden kann. Im Ergebnis können also die in § 81 Abs.1 S.3 Nr.4 BGB angesprochenen
Regelungen nicht mit der in Satz 2 der Vorschrift enthaltenen Vermögensdotation
identisch sein. Sie müssen vielmehr zwingend zusätzliche Anordnungen des Stifters
enthalten.270 Folglich wäre eine Stiftung grundsätzlich nicht anerkennungsfähig,
wenn zwar das Stiftungsgeschäft eine genaue Bestimmung des gewidmeten Vermögens vornimmt, in der Satzung diesbezüglich aber keine weiteren Regelungen getroffen sind.
267 Vgl. Seifart/v.Campenhausen-Hof, § 6 Rn.2.
268 Vgl. Seifart/v.Campenhausen-Hof, § 6 Rn.117.
269 BT-Drucks. 14/8765 S.8.
270 So auch Muscheler, ZSt 2004, 3 (7).
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dd) Folgerungen
Welche Regelungen der Stifter konkret zu treffen hat, geht aus der Formulierung des
Gesetzes nicht hervor. Die Gesetzesbegründung erwähnt in diesem Zusammenhang
beispielhaft Verfügungen des Stifters
• im Hinblick auf die Verwendung des Grundstockvermögens,
• auf mögliche Zustiftungen oder Zuwendungen und
• zur Verwendung der Stiftungsmittel.
Sie sollen die im Stiftungsgeschäft niedergelegte Vermögenszusage ergänzen.271
Nach dem Willen des Gesetzgebers steht es dem Stifter frei, über die erforderlichen
Festlegungen zu befinden. Er hält aber gerade auch im Hinblick auf das Stiftungsvermögen und dessen individuelles Erhaltungskonzept konkrete Vorgaben an den
Vorstand oder andere vom Stifter vorgesehene Stiftungsorgane für dienlich. Die
Zweckmäßigkeitserwägungen des Stifters hinsichtlich dieser Regelungen sind jedenfalls der Kontrolle durch die Stiftungsaufsicht entzogen. Diese hat lediglich zu überprüfen, ob ergänzende Regelungen vorhanden, nicht wie sie ausgestaltet sind.
Eine andere Beurteilung könnte sich im Geltungsbereich der Landesstiftungsgesetze ergeben, die auf eine Kodifikation des Vermögenserhaltungsgebots verzichten.272 Grundsätzlich kann auch dort hinsichtlich der bundes- und sogar verfassungsrechtlich gewährleisteten Stifterfreiheit nichts anderes gelten als im übrigen Bundesgebiet. Sie umfasst ausdrücklich auch die Freiheit, bestimmte Bereiche ungeregelt zu lassen.273
Diese »negative« Komponente der Stifterfreiheit erstreckt sich allerdings nicht
auf die Grundentscheidungen der Stiftung, denn der Rechtsverkehr – namentlich in
Gestalt der späteren Verantwortungsträger in der Stiftung – soll diesbezüglich nicht
im Unklaren gelassen werden. Um eine Grundentscheidung handelt es sich jedenfalls bei der Frage, ob274 und gegebenenfalls wie das Vermögen in seinem Bestand
erhalten werden soll. Sie kann bei der Errichtung ebenso wenig offen bleiben wie
der Stiftungszweck und seine Verwirklichung, denn die Art der Vermögensverwendung stellt eine wesentliche Prämisse für das spätere Stiftungsmanagement dar. Die
Gesetzgeber in den betreffenden Bundesländern haben diese Grundentscheidung unter ausdrücklicher Berufung auf § 81 Abs.1 S. 3 Nr. 4 BGB275 bewusst an den Stifter
271 BT-Drucks. 14/8765 S.10. Die Begründung spricht hier anders als der Gesetzestext im Singular von der in die Satzung aufzunehmenden „Regelung“.
272 Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern; ebenso: Hüttemann/Rawert, Modellentwurf
eines Landesstiftungsgesetzes, ZIP 2002, 2019 ff.
273 Vgl. BT-Drucks. 14/8765 S.10.
274 Angesichts der oben skizzierten uneingeschränkten Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung ist
dies keine Selbstverständlichkeit.
275 Vgl. LT. Brandenburg, Drucks. 3/7024,Begründung, Teil A. Hier ist wörtlich auf § 81 Abs.1
S.3 Nr.3 BGB verwiesen. Dabei dürfte es sich allerdings um ein Redaktionsversehen – wohl
in Anlehnung an die Erläuterungen zum Modellentwurf von Hüttemann/Rawert, ZIP 2002,
79
delegiert. Demnach sei es »allein Sache des Stifters«, ein bestimmtes Vermögenserhaltungskonzept festzulegen, so lange die dauernde und nachhaltige Erfüllung der
Stiftungszwecke gesichert erscheint.276
In der Konsequenz führt die Regelung des § 81 Abs.1 S.3 Nr.4 BGB in Kombination mit dem Fehlen des gesetzlichen Vermögenserhaltungsanspruchs in einzelnen
Landesstiftungsgesetzen dazu, dass die Stiftungssatzung in den betreffenden Bundesländern zur Frage der Vermögenserhaltung zwingend Stellung beziehen muss.
Anderenfalls fehlt es an einer Anerkennungsvoraussetzung.
Im Ergebnis geht die Vorschrift über eine unverbindliche Empfehlung an die Stifter hinaus und zwingt sie in gewissem Umfang, von der ihnen eingeräumten Autonomie auch Gebrauch zu machen.
e) Gemeinwohlgefährdung
Eine weitere Grenze für die Stifterautonomie im Vermögensbereich könnte eine Gefährdung des Gemeinwohls darstellen. Das moderne Leitbild im Stiftungswesen
ist, mittlerweile manifestiert durch die Neufassung der §§ 80 ff. BGB, die gemeinwohlkonforme Allzweckstiftung.277 Das Verhältnis der Stiftung zum Gemeinwohl
wird erstmals im Anerkennungsverfahren der behördlichen Prüfung unterworfen.
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung liegt eine Gemeinwohlgefährdung
dann vor, wenn es hinreichend wahrscheinlich, also eine nicht bloß entfernt liegende
Möglichkeit ist, dass die Erlangung der Rechtsfähigkeit und die damit verbundene
Verfolgung des Stiftungszwecks durch die dann rechtsfähige Stiftung zu einer Beeinträchtigung von Verfassungsrechtsgütern führen würden.278 Dem Wortlaut des §
80 Abs.2 BGB nach unterliegt allerdings nur der Stiftungszweck der Bindung an das
Gemeinwohl.279 Satzungsregelungen, die sich allein auf das Vermögen und seine
Bewirtschaftung beziehen, wären demnach nicht an die Voraussetzung der Gemeinwohlkonformität gebunden, weil sie nicht unmittelbar mit dem Zweck zusammenhängen. Dass Zweck und Vermögensbewirtschaftung hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das Gemeinwohl in dieser Weise auseinander fallen, ist in der Praxis nur in
seltenen Ausnahmefällen denkbar. Konkret wäre dafür ein Verstoß nur der vermögensbezogenen Satzungsregelungen gegen das Gesetz oder die guten Sitten erforderlich. Hier ist ähnlich wie bei der Errichtung einer Aktiengesellschaft oder GmbH insbesondere an die Verletzung solcher Vorschriften zu denken, die dem Gläubigerschutz dienen oder sonst im öffentlichen Interesse stehen.280 Betroffen wären etwa
Satzungsregelungen zum Verbrauch des Grundstockvermögens, die gegen die Li-
2019 (2022), die ebenfalls von „Nr. 3“ sprechen. Dabei handelt es sich allerdings um die Regelungen über den Stiftungszweck, nicht über das Vermögen.
276 LT. Brandenburg, Drucks. 3/7024, Begründung, Teil A.
277 Kritisch: MünchKomm-Reuter, Vor § 80 Rn.44.
278 Bundesverwaltungsgericht BVerwGE 106, 177 (186).
279 Instruktiv hierzu die Kritik Muschelers, NJW 2003, 3161 f.
280 Vgl. §§ 38 Abs.3 Nr.2 AktG; 9c Abs.2 Nr.2 GmbHG.
80
quidationsvorschriften der §§ 88 S.3 i.V.m. 46 ff. BGB verstoßen und dadurch eventuell vorhandene Gläubiger benachteiligen.281
Der Schutz des Gemeinwohls ist tangiert, wenn eine Umschichtungserlaubnis der
Stiftung einschränkungslos die Veräußerung von vorhandenem national wertvollem
Kultur- oder Archivgut im Sinne des Kulturgutschutzgesetzes auch ins Ausland gestattet.282 Ferner kann bereits das Ausstattungsversprechen im Stiftungsgeschäft
unabhängig vom einwandfrei gemeinnützigen Zweck das Gemeinwohl gefährden,
wenn die Vermögensübertragung beispielsweise dazu geeignet ist, das Aufspüren
von Gewinnen aus schweren Straftaten zu vereiteln, Ansprüche des Sozialhilfeträgers zu unterlaufen oder die Provenienz von Kunstgegenständen oder Steuerhinterziehungstatbestände zu verschleiern.
Es stellt sich daher die grundsätzliche Frage, ob sich aus der zweckfokussierten
Formulierung des § 80 Abs.2 auf eine Wertung schließen lässt, die den gemeinwohlkonformen Zweck die materiellen Mittel heiligen lässt, selbst wenn diese gemeinwohlgefährdend sind. Eine solche Wertung müsste Auswirkungen auch auf die
Reichweite der Stiftungsaufsicht über die Vermögensbewirtschaftung der Stiftung
haben.
Für die Auslegung einer Rechtsvorschrift ist nicht der Wortlaut alleine ausschlaggebend, sondern der darin zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem
Sinnzusammenhang ergibt, in den er hineingestellt ist.283 Das Verhältnis der Stiftung
zum Gemeinwohl wird nicht nur bei der Gründung überprüft, sondern ist auch Gegenstand der laufenden Aufsicht. So bestimmt § 87 Abs.1 Alt.2 BGB, dass die Stiftungsbehörde den Zweck der Stiftung ändern oder sie aufheben kann, wenn die Erfüllung des Stiftungszwecks das Gemeinwohl gefährdet. Im Unterschied zur ex-ante-
Sicht im Vorfeld der Gründung kommt es für die Gemeinwohlgefährdung durch die
bestehende Stiftung nicht nur auf den satzungsmäßigen Zweck, sondern auf die tatsächliche Tätigkeit der Stiftung an.284 Diese umfasst neben dem Zweck selbst auch
die Art und Weise seiner Verwirklichung. Die Vermögensbewirtschaftung im Dienste der Zweckverwirklichung gehört zur operativen Tätigkeit der Stiftung und unterfällt somit ebenfalls der Gemeinwohlbindung. Hieraus kann nur gefolgert werden,
dass es der Stiftung bereits an einer Anerkennungsvoraussetzung fehlt, wenn im
Vorfeld erkennbar ist, dass die Art der Vermögensbewirtschaftung, wie sie sich aus
der Satzung oder Anlagerichtlinie ergibt, das Gemeinwohl zu gefährden geeignet ist.
Denn es hätte keinen Sinn, einer Stiftung erst zur Rechtsfähigkeit zu verhelfen, um
sie, sobald sie ihre Geschäftstätigkeit aufnimmt, sofort wieder aufzuheben.
Diese Wertung fand auch im Gesetzgebungsverfahren des Gesetzes zur Modernisierung des Stiftungsrechts ihren Niederschlag. Der ursprüngliche Gesetzentwurf der
Bundesregierung hatte als Anerkennungsvoraussetzung noch den Passus enthalten,
281 So auch Burgard, § 6 C.II.3., S.171 f.
282 Vgl. Ausfuhrgenehmigungserfordernisse in den §§ 1 Abs.4 S.1; 10 Abs.1 S.2 KultgSchG.
283 BVerfGE 1, 312.
284 Erman-O.Werner, § 80 Rn.13; Palandt-Heinrichs, § 80 Rn.6; § 87 Rn.1.
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das Gemeinwohl dürfe durch die Stiftung nicht gefährdet werden.285 Erst die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses enthielt die auf den Stiftungszweck fokussierende Verengung. Dieser begründete die Änderung damit, dass es zum Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig nur möglich sei, den im Stiftungsgeschäft bestimmten Stiftungszweck und die darauf gerichteten, zu diesem
Zeitpunkt erkennbaren Bedingungen für seine Verwirklichung zu prüfen. Die Frage,
ob eine Stiftung das Gemeinwohl gefährde, sei erst aus ihrer tatsächlichen Betätigung zur Erfüllung des Stiftungszwecks zu beurteilen und unterliege der Prüfung
nach § 87 Abs. 1 BGB im Hinblick auf eine mögliche behördliche Aufhebung der
Stiftung.286 In der Begründung ist also wiederum nicht nur vom Stiftungszweck
selbst die Rede, sondern von allen Bedingungen für seine Verwirklichung, wie sie
im Gründungszeitpunkt erkennbar sind. Eine solche Bedingung ist ohne Zweifel
auch die in der Satzung festgelegte Art der Vermögensbewirtschaftung. Die Anordnungen des Stifters auf der Vermögensebene dürfen daher das Gemeinwohl nicht
gefährden.
2. Landesrecht
Die meisten Regelungen, die unmittelbar auf den Umgang mit dem Stiftungsvermögen Einfluss nehmen, namentlich das Vermögenserhaltungsgebot, finden sich auf
landesgesetzlicher Ebene. Hier ist zu untersuchen, inwieweit die Landesgesetzgeber
angesichts der durch die §§ 80 ff. vorgegebenen Regelungen noch normativ tätig
werden können und vor allem, in welchem Verhältnis sie zu den vom Stifter kraft
seiner Regelungsfreiheit geschaffenen Regelungen stehen.
a) Gesetzgebungskompetenz der Länder
Klärungsbedürftig erscheint zunächst, ob die Landesgesetzgeber überhaupt noch
über eine Gesetzgebungskompetenz für stiftungsrechtliche Regelungen hinsichtlich
der Verwaltung des Stiftungsvermögens verfügen. Dem Bund ist für das bürgerlichrechtliche Stiftungsrecht über Art. 74 Abs.1 Nr.1 GG die alleinige Gesetzgebungskompetenz zugewiesen.287 Die Bestimmungen über die Verwaltung der bestehenden
Stiftung einschließlich der mit hoheitsrechtlichen Eingriffsbefugnissen bewehrten
Rechtsaufsicht könnten hingegen als klassisch öffentlich-rechtliche Materie den
Ländern vorbehalten sein. Diese Kompetenzaufspaltung tritt jedoch dann nicht ein,
wenn die Verwaltungsbestimmungen verfahrens- und organisationsrechtliche Nebenregelungen der Hauptmaterie Stiftungsrecht darstellen und deshalb eine Annexkompetenz zu Gunsten des Bundes besteht. Dafür müssten die Verwaltungsbestim-
285 BT-Drucks. 14/8765 S.8.
286 BT-Drucks. 14/8894 S.10.
287 Vgl. oben, S.55.
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References
Zusammenfassung
Die jüngste Finanzkrise hat in zahlreichen Stiftungsdepots deutliche Spuren hinterlassen und die Diskussion über die konkreten Anforderungen an das Vermögensmanagement von Stiftungen neu entfacht. Dabei zeigt sich, dass zentrale Begriffe wie Vermögenserhaltung, ertragbringende Anlage oder Wirtschaftlichkeit in der Praxis nach wie vor unterschiedlich interpretiert werden.
Das Werk untersucht zunächst die bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben zum Stiftungsvermögen, um anschließend den Gestaltungsspielraum des Stifters und des Stiftungsmanagements herauszuarbeiten. Ihnen obliegt es, die Art der Vermögensverwendung festzulegen – einschließlich des Erhaltungskonzepts. An den Anlagezielen Wert, Ertrag, Risiko und vor allem Zweck hat sich jede einzelne Anlage- und Umschichtungsentscheidung zu orientieren.
Dieses Buch enthält das rechtliche und ökonomische Basiswissen für alle Praktiker, die selbst Verantwortung für Stiftungsfinanzen tragen oder Stiftungen in Vermögensfragen beraten.
Der Autor ist im gehobenen Privatkundensegment einer großen Geschäftsbank für die Beratung von Stiftern und Stiftungen verantwortlich und verfügt über langjährige Praxiserfahrung in diesem Segment.