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bot der Banken zu diesen Investments aus Sicht der Stiftungen mit einem Mittelwert
von 4,0 relativ schlecht ab.233
b) Interpretation der Ergebnisse
Insgesamt überrascht die geringe Anzahl der Stiftungen, die bei der Anlage ihres
Vermögens auf ideelle Gesichtspunkte achten. Die von den Organisatoren der Stuttgarter Befragung vermutete Affinität gemeinnütziger Stiftungen zu einer möglichst
gemeinwohlverträglichen Anlagepolitik scheint sich nicht zu bestätigen. Jedenfalls
sehen sich die Stiftungen in ihrer Gesamtheit nicht zu nachhaltiger Anlage verpflichtet.
Auffällig ist, dass sich größere Stiftungen offenbar eher zutrauen, eine nachhaltige Anlagestrategie umzusetzen als der Durchschnitt. Möglicherweise spielen hier
die höhere Professionalität und die erweiterten Informationsmöglichkeiten eine Rolle. Darauf lässt auch die Argumentation derjenigen Stiftungen schließen, die bislang
nicht nachhaltig investieren. Denn dass nachhaltige Investments ein höheres Risiko
oder eine schlechtere Rendite bedingen, lässt sich in der Praxis nicht belegen.234 Ein
Zusammenhang zwischen der Expertise der Stiftungsorgane in Anlagefragen und
der Aufgeschlossenheit für SRI geht auch aus der Umfrage des Bundesverbands
(2008) hervor: Die Zufriedenheit derer, die ihre eigenen Kenntnisse als »gut« einstufen, mit der diesbezüglichen Bankberatung liegt mit einem Mittelwert von 3,8 eine
ganze Notenstufe höher, als bei denjenigen mit geringen eigenen Kenntnissen (4,8).
Bei der Würdigung dieses Ergebnisses ist allerdings zu berücksichtigen, dass die
Stuttgarter Befragung bereits im Jahr 2002 stattfand. Damals waren nachhaltige Kapitalanlagen weit weniger bekannt und etabliert als heute. Dies belegt auch die
Heissmann Stiftungs-Studie. Selbst 2005 schätzten die hier befragten Stiftungen ihren Informationsstand zu ethischen Anlagen im Durchschnitt immer noch als eher
mittelmäßig ein. Im Jahr 2008 ist das Angebot an nachhaltigen Anlagen bereits deutlicher breiter – und über die Marketingaktivitäten der Anbieter auch in der öffentlichen Wahrnehmung präsenter.
5. Anlagebeschränkungen
a) Ergebnisse der Studie der Universität Stuttgart
Einzig die Studie der Universität Stuttgart befragte die Teilnehmer zu bestehenden
Anlagerestriktionen. 38 Prozent der befragten Stiftungen gaben an, gesetzlichen
oder satzungsmäßigen Anlagebeschränkungen zu unterliegen. Welche gesetzlichen
Anlagebeschränkungen hier gemeint sind, geht aus der Studie nicht hervor. Die drei
233 StiftungsReport 2008/09, S.24 f.
234 Heissmann Stiftungs-Studie 2005, S.14.
70
von den betreffenden Stiftungen am häufigsten genannten Beschränkungen lauteten
wie folgt.
Übersicht 5: Anlagebeschränkungen
Anlagebeschränkung Anteil
Mündelsicherheit 59,6 %
Nur festverzinsliche Wertpapiere 29,5 %
Keine Aktien 22,3 %
b) Interpretation der Ergebnisse
In der Stiftungspraxis spielen Anlagerestriktionen nach wie vor eine signifikante
Rolle. Auch nach der Abschaffung der entsprechenden Vorschriften in den Stiftungsgesetzen fühlt sich eine Reihe von Stiftungen immer noch an das Prinzip Mündelsicherheit gebunden. Unterstellt man, dass diese Aussagen nicht auf irrtümlichen
Annahmen beruhen, gibt es dafür zwei mögliche Erklärungen: Sind die Stiftungen
zu einer Zeit entstanden, in der die Mündelsicherheit im betreffenden Landesgesetz
noch vorgeschrieben war, so könnte der damalige Gesetzeswortlaut in die Satzung
übernommen worden sein. Soweit die Stiftungen erst nach dieser Zeit begründet
worden sind, muss der Stifter aus eigenen Überlegungen heraus entsprechende
Anordnungen getroffen haben. Es gibt also durchaus eine signifikante Anzahl von
Stiftern, die eine Regelung zur Vermögensanlage für sinnvoll halten. Soweit die
Stiftungen der Meinung sind, gesetzlichen Anlagebeschränkungen zu unterliegen, ist
im Weiteren zu untersuchen, in welchem Umfang dies tatsächlich der Fall ist.
II. Positivrechtliche Aussagen zum Stiftungsvermögen
1. Bundesrecht
Vor der Novellierung des Stiftungszivilrechts mit Wirkung zum 01.09.2002 war das
Stiftungsvermögen nur am Rande Regelungsgegenstand der Bundesgesetzgebung.
§ 82 BGB a.F. setzte die Widmung einer Vermögensausstattung durch den Stifter
voraus und normierte lediglich den daraus entstehenden Anspruch der Stiftung auf
Übertragung sowie die Übertragungsmodalitäten. Den Vermögensanfall bei Erlöschen der Stiftung hatte § 88 BGB a.F. zum Gegenstand. Die Anlage und Verwendung des Stiftungsvermögens blieben hingegen ungeregelt.
Der Gesetzgeber des Jahres 2002 sah im Bereich des Stiftungsvermögens offenbar ebenfalls nur geringen Regelungsbedarf. Die zentrale qualitative Aussage im
Hinblick auf das Stiftungsvermögen trifft § 80 Abs.2 BGB, ohne dieses dabei ausdrücklich zu erwähnen. Explizit geforderte Anerkennungsvoraussetzung ist demnach, dass die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert er-
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References
Zusammenfassung
Die jüngste Finanzkrise hat in zahlreichen Stiftungsdepots deutliche Spuren hinterlassen und die Diskussion über die konkreten Anforderungen an das Vermögensmanagement von Stiftungen neu entfacht. Dabei zeigt sich, dass zentrale Begriffe wie Vermögenserhaltung, ertragbringende Anlage oder Wirtschaftlichkeit in der Praxis nach wie vor unterschiedlich interpretiert werden.
Das Werk untersucht zunächst die bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben zum Stiftungsvermögen, um anschließend den Gestaltungsspielraum des Stifters und des Stiftungsmanagements herauszuarbeiten. Ihnen obliegt es, die Art der Vermögensverwendung festzulegen – einschließlich des Erhaltungskonzepts. An den Anlagezielen Wert, Ertrag, Risiko und vor allem Zweck hat sich jede einzelne Anlage- und Umschichtungsentscheidung zu orientieren.
Dieses Buch enthält das rechtliche und ökonomische Basiswissen für alle Praktiker, die selbst Verantwortung für Stiftungsfinanzen tragen oder Stiftungen in Vermögensfragen beraten.
Der Autor ist im gehobenen Privatkundensegment einer großen Geschäftsbank für die Beratung von Stiftern und Stiftungen verantwortlich und verfügt über langjährige Praxiserfahrung in diesem Segment.