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2. Vereinigungsfreiheit, Art. 9 Abs.1 GG
Da bei einer Stiftung im Unterschied zum Verein das korporative Element gerade
nicht im Vordergrund steht, scheidet ein Rückgriff auf die Vereinigungsfreiheit des
Art. 9 Abs.1 GG von vorneherein aus.114
3. Eigentumsgrundrecht, Art.14 Abs.1 GG
Weil der Stiftungsakt mit der Widmung eine vermögensrechtliche Verfügung
enthält, wurde vereinzelt vertreten, die Errichtung sei insoweit durch das Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs.1 GG geschützt.115 Hiergegen wird zu Recht vorgebracht, dass sich die Eigentumsgewährleistung nicht auf eine bestimmte Form der
Eigentumsverwendung beziehe.116 Das Eigentumsgrundrecht eignet sich daher nicht
als verfassungsrechtlicher Ankerpunkt der Stifterfreiheit, obwohl die Stiftungen mit
gemeinwohlbezogenen Zwecken den in Art. 14 Abs.2 GG enthaltenen Grundsatz,
dass der Gebrauch des Eigentums der Allgemeinheit dienen soll, geradezu idealtypisch umsetzen. Das Vermögen der bestehenden Stiftung wiederum steht unter dem
Schutz der in Art. 14 GG enthaltenen Eigentumsgarantie.
4. Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs.1 GG
Mittlerweile wird der grundrechtliche Schutz für die Stiftungserrichtung durch den
lebenden Stifter überwiegend auf die allgemeine Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs.1
GG gestützt.117 Dieser Ansatz trägt dem Umstand Rechnung, dass eine Stiftung nicht
nur aus ihrem Vermögen und ihrer Organisationsstruktur besteht, sondern im Kern
vor allem aus einer ideellen Zwecksetzung, die der Stifter vorgeben kann.118 Auf das
allgemeine Freiheitsrecht beziehen sich auch einige landesrechtliche Regelungen,
wenn sie die Beachtung des Stifterwillens als oberstes Leitprinzip formulieren.119
Vor dem Hintergrund des umfassenden Freiheitsrechts ergibt sich beinahe von
selbst die Folgerung, dass die Stifterfreiheit sich nicht in dem abstrakten Recht erschöpft, auf die bestehende Rechtsform Stiftung zurückzugreifen. Umgesetzt auf
den konkreten Stiftungsakt prägt sie sich auch in einer umfassenden Regelungsfreiheit des Stifters aus. Er kann selbst über den Inhalt und die Ausgestaltung des Stif-
114 Sachs-Höfling, Art.9 Rn.10.
115 Staudinger-Rawert, Vor §§ 80 ff. Rn.43 ff.; Machreich, S.162, 172 auf Grund einer gesamtwertenden Betrachtung von Eigentums- und Erbrechtsgarantie.
116 Frowein, S.16.
117 A.A. Machreich, S.216, der auf Grund der Anwendung des spezielleren Art.14 Abs.1 GG
konsequenterweise das allgemeine Freiheitsgrundrecht als subsidiär verwirft.
118 Seifart/v.Campenhausen-Hof, § 4 Rn.21.
119 Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung Rheinland-Pfalz vom 12.05.2004, Begründung zu §
1, Landtag Rheinland-Pfalz, Drucks. 14/3129, S.13.
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References
Zusammenfassung
Die jüngste Finanzkrise hat in zahlreichen Stiftungsdepots deutliche Spuren hinterlassen und die Diskussion über die konkreten Anforderungen an das Vermögensmanagement von Stiftungen neu entfacht. Dabei zeigt sich, dass zentrale Begriffe wie Vermögenserhaltung, ertragbringende Anlage oder Wirtschaftlichkeit in der Praxis nach wie vor unterschiedlich interpretiert werden.
Das Werk untersucht zunächst die bundes- und landesgesetzlichen Vorgaben zum Stiftungsvermögen, um anschließend den Gestaltungsspielraum des Stifters und des Stiftungsmanagements herauszuarbeiten. Ihnen obliegt es, die Art der Vermögensverwendung festzulegen – einschließlich des Erhaltungskonzepts. An den Anlagezielen Wert, Ertrag, Risiko und vor allem Zweck hat sich jede einzelne Anlage- und Umschichtungsentscheidung zu orientieren.
Dieses Buch enthält das rechtliche und ökonomische Basiswissen für alle Praktiker, die selbst Verantwortung für Stiftungsfinanzen tragen oder Stiftungen in Vermögensfragen beraten.
Der Autor ist im gehobenen Privatkundensegment einer großen Geschäftsbank für die Beratung von Stiftern und Stiftungen verantwortlich und verfügt über langjährige Praxiserfahrung in diesem Segment.