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geben werde, die nicht dem wahren Willen des Erblassers entspreche. Sei der Nachlass so vergeben, wie der Erblasser es wirklich wolle, könne die letztwillige Verfügung nicht angefochten werden, weil der Wille des Erblassers auf Wertungen
beruhe, die der Anfechtende nicht teile.431 Dem muss zugestimmt werden.
IX. Die Wirkung der Anfechtung bei einseitigen Testamenten
Die mit Erfolg erklärte Anfechtung hat die Unwirksamkeit der angefochtenen Verfügung zur Folge (§ 142 Abs. 1 BGB). Dies wird in den meisten Fällen zur gesetzlichen Erbfolge führen, da durch die Anfechtung die Situation geschaffen wird, die
ohne die Verfügung von Todes wegen bestünde. Die Anfechtung erfasst jedoch
nicht zwingend das gesamte Testament, sondern nur die Verfügung, die vom Irrtum
erfasst wird.432 Andere irrtumsfreie Verfügungen in dem Testament können gemäß §
2085 BGB durchaus wirksam bleiben. Nur wenn anzunehmen ist, dass die übrigen
Verfügungen nicht ohne die angefochtene Verfügung getroffen worden wären, ist
eine vollständige Unwirksamkeit des Testamentes gegeben.
X. Die Wirkung der Anfechtung beim gemeinschaftlichen Testament
Gemäß § 2270 Abs. 1 BGB hat die Unwirksamkeit einer Verfügung in einem gemeinschaftlichen Testament die Unwirksamkeit der anderen im wechsel-bezüglichen
Verhältnis zu ihr stehenden Verfügung zur Folge. Ob auch einseitige, d. h. nicht
wechselbezügliche Verfügungen von der Unwirksamkeit betroffen werden, richtet
sich nach § 2085 BGB. Die Unwirksamkeit solcher Verfügungen hängt mithin von
der Frage ab, ob der Erblasser diese Verfügungen nicht ohne die erfolgreich angefochtene und damit unwirksame Verfügung getroffen haben würde.
XI. Die Wirkung der Anfechtung beim Erbvertrag
Die Nichtigkeit einer von beiden Vertragsparteien getroffenen vertragsmäßigen Verfügung oder die erfolgreiche Anfechtung einer solchen Verfügung in einem Erbvertrag hat die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages zur Folge (§ 2298 Abs. 1
BGB). Ob einseitige Verfügungen in einem Erbvertrag von der Unwirksamkeit einzelner vertragsmäßiger Bestimmungen erfasst werden, richtet sich dagegen nach §
2085 BGB.
431 BayObLG FamRZ 1995, 1523, 1524 u. Hinweis auf BGH FamRZ 1956, 83, 84
432 BGH NJW 1985, 2025; Staudinger-Otte, § 2078 Rn. 32; BayObLG ZEV 1994, 369 m.w.N.
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References
Zusammenfassung
Wenn Abkömmlinge durch ihre unentgeltliche Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers oder durch erhebliche Geldleistungen in besonderem Maße zur Nachlassmehrung – oder dessen Erhalt – beigetragen haben, kann dies einen Ausgleichungsanspruch bei der Erbauseinandersetzung rechtfertigen.
Selbst die möglicherweise Jahrzehnte zurückliegenden Leistungen der Kinder im Rahmen der §§ 1619, 1620 BGB stehen der Ausgleichungspflicht nicht entgegen.
In den erbrechtlichen Fokus gelangen immer häufiger Pflegeleistungen von Abkömmlingen gegenüber ihren Eltern. Diese rechtfertigen nach der derzeitigen Gesetzeslage nur dann einen Ausgleichungsanspruch wenn die Pflege und der Verzicht auf berufliches Einkommen erfolgt (§ 2057 a Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Situation soll nach dem Willen der Bundesregierung (Regierungsentwurf vom 30.01.2008) durch die Schaffung eines § 2057 b BGB-E geändert werden.
Pflege wird mittlerweile als gesellschaftliche Aufgabe verstanden. Es wird nunmehr auch erkannt, dass alle gesetzlichen Erben – also auch der Ehepartner – an der Ausgleichung beteiligt werden sollen, was nach der bisherigen Gesetzeslage nicht der Fall war und zu Ungereimtheiten führte.
Weil es immer mehr ältere Menschen in unserer Gesellschaft gibt und diese im Falle einer Pflegebedürftigkeit nach Möglichkeit in ihrem häuslichen Bereich gepflegt werden möchten und dabei der Unterstützung ihrer Kinder und Ehepartner bedürfen, kann angenommen werden, dass die Ausgleichungspflicht auf Grund von Sonderleistungen nach §§ 2057 a, 2057 b BGB-E in Zukunft häufiger bei der Erbauseinandersetzung zu beachten sein wird.