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wird, seinen wahren irrtumsfreien Willen zu ermitteln, ist diesem Vorrang einzuräumen (§ 2084 BGB). Für eine Anfechtung besteht dann kein rechtliches
Bedürfnis.414
V. Die Bestätigung der anfechtbaren Verfügung
Die Anfechtung einer Erklärung des Erblassers in einem Erbvertrag oder in einem
gemeinschaftlichen Testament (nach Ableben des Erblassers) ist dann ausgeschlossen, wenn der Erblasser das anfechtbare Rechtsgeschäft bestätigt hat (§ 144 BGB).
Dies ist durch jede formlose Willenserklärung möglich.415 Im Falle eines einseitigen
Testamentes ist gemäß § 2080 BGB nur derjenige anfechtungsberechtigt, welchem
die Anfechtung der letztwilligen Verfügung unmittelbar zustatten kommen würde.
Anfechtungsberechtigt ist mithin nicht der Erblasser selbst. Er hat es zu seinen Lebzeiten „in der Hand“, das einmal errichtete Testament zu widerrufen (§ 2253 BGB).
Da der Erblasser mithin nicht selbst anfechtungsberechtigt ist, wird ihm auch das
Recht zur Bestätigung (§ 144 BGB) abgesprochen.416 Unbestritten können jedoch
die Vertragspartner eines zweiseitigen Erbvertrages oder ein Ehepartner nach dem
Ableben des Erstversterbenden anfechtungsberechtigt sein (§ 2281 BGB). Ihnen
steht deshalb auch das Recht zur Bestätigung der getroffenen , anfechtbaren Verfügung zu. Die Bestätigung bedarf gemäß § 144 Abs. 2 BGB nicht der Form, welche
für das bestätigende Rechtsgeschäft einzuhalten wäre (§ 144 Abs. 2 BGB). Es
genügt ein Verhalten des Erblassers, aus dem die Schlussfolgerung gezogen werden
kann, er wolle an seiner Verfügung von Todes wegen festhalten, dies in Kenntnis
des Umstandes, dass nach seinem neuen Kenntnisstand eigentlich ein Anfechtungsgrund bestünde.417
VI. Der Anfechtungsgrund
Eine letztwillige Verfügung ist anfechtbar, wenn einer der in §§ 2078, 2079 BGB
genannten Anfechtungsgründe gegeben ist. Dies gilt gemäß § 2281 BGB auch für
die Anfechtung eines Erbvertrages oder eines gemeinschaftlichen Testamentes nach
dem Tod des Erstversterbenden der Ehepartner. Ein Grund zur Anfechtung kann
danach gegeben sein, wenn und soweit der Erblasser über den Inhalt seiner Erklärung im Irrtum war oder er eine Erklärung dieses Inhaltes überhaupt nicht
414 H.M.: Soergel-Loritz, § 2078 Rn. 3; Erman-Schmidt, § 2078 Rn. 2; Staudinger-Otte, § 2078
Rn. 6; Kipp/Coing, § 24, II 4b m.w.N.
415 Palandt-Edenhofer, § 2078 Rn. 9
416 H.M.: Brox/Walker Rn. 241; Michalski Rn. 373; Schellhammer Rn. 387; Kipp/Coing, § 24,
VII 1; BayOblG Rpfleger 1975, 242; Ischinger, Rpfleger 1951, 159, 161; a.A. MünchKomm-
Leipold, § 2078 Rn. 51
417 MünchKomm-Leipold, § 2078 Rn. 51
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Wenn Abkömmlinge durch ihre unentgeltliche Mitarbeit im Haushalt, Beruf oder Geschäft des Erblassers oder durch erhebliche Geldleistungen in besonderem Maße zur Nachlassmehrung – oder dessen Erhalt – beigetragen haben, kann dies einen Ausgleichungsanspruch bei der Erbauseinandersetzung rechtfertigen.
Selbst die möglicherweise Jahrzehnte zurückliegenden Leistungen der Kinder im Rahmen der §§ 1619, 1620 BGB stehen der Ausgleichungspflicht nicht entgegen.
In den erbrechtlichen Fokus gelangen immer häufiger Pflegeleistungen von Abkömmlingen gegenüber ihren Eltern. Diese rechtfertigen nach der derzeitigen Gesetzeslage nur dann einen Ausgleichungsanspruch wenn die Pflege und der Verzicht auf berufliches Einkommen erfolgt (§ 2057 a Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Situation soll nach dem Willen der Bundesregierung (Regierungsentwurf vom 30.01.2008) durch die Schaffung eines § 2057 b BGB-E geändert werden.
Pflege wird mittlerweile als gesellschaftliche Aufgabe verstanden. Es wird nunmehr auch erkannt, dass alle gesetzlichen Erben – also auch der Ehepartner – an der Ausgleichung beteiligt werden sollen, was nach der bisherigen Gesetzeslage nicht der Fall war und zu Ungereimtheiten führte.
Weil es immer mehr ältere Menschen in unserer Gesellschaft gibt und diese im Falle einer Pflegebedürftigkeit nach Möglichkeit in ihrem häuslichen Bereich gepflegt werden möchten und dabei der Unterstützung ihrer Kinder und Ehepartner bedürfen, kann angenommen werden, dass die Ausgleichungspflicht auf Grund von Sonderleistungen nach §§ 2057 a, 2057 b BGB-E in Zukunft häufiger bei der Erbauseinandersetzung zu beachten sein wird.