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lange der Vorrat reicht« aus. Nur wenn es sich um eine ganz außergewöhnliche
Prämie handelt, muss die konkret vorgehaltene Menge angegeben werden.
II. Unangemessene unsachliche Beeinflussungen durch Bonusprogramme
gemäß § 4 Nr. 1 3. Alt UWG (Übertriebenes Anlocken)
Nach der Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Frage der Transparenz
bzw. Irreführungsfreiheit von Bonusprogrammen wird im Folgenden der konkrete Einsatz der einzelnen Parameter Meile, Digits, Punkte etc. einerseits und
Prämie anderseits näher untersucht. Dabei kommt insbesondere ein Konflikt mit
dem Verbot der unsachlichen Beeinflussung in Betracht. Seit der UWG Novelle
2004 ist diese Fallgruppe in § 4 Nr. 1 UWG ausdrücklich geregelt.
In Betracht kommt allerdings nur die dritte Tatbestandsalternative des sonstigen unangemessenen unsachlichen Einflusses. Die Gesetzesbegründung stellt
hierzu erklärend fest: »Dazu können auch Maßnahmen der Wertreklame gehören,
wenn sie bezwecken, die Rationalität der Verbraucherentscheidung auszuschalten. Durch das Kriterium der Unangemessenheit wird der Tatsache Rechnung
getragen, dass der Versuch einer gewissen unsachlichen Beeinflussung der Werbung nicht fremd und auch nicht per se unlauter ist.«298
Dies verdeutlicht, dass von § 4 Nr. 1, 3. Alt. UWG auch das erfasst sein soll,
was bisher gemeinhin als »übertriebenes Anlocken« charakterisiert worden ist.299
Von einem übertriebenen Anlocken wird grundsätzlich dann gesprochen, wenn
ein Gewerbetreibender seinen Kunden »übermäßige« und »übertriebene« Vorteile im Falle einer Kontaktaufnahme in Aussicht stellt, wodurch die Rationalität
der Nachfrageentscheidung in den Hintergrund tritt. Der Gewerbetreibende hält
seine Kunden auf diese Weise von der sachlichen Prüfung der sich gegenüberstehenden Angebote ab, so dass seine Konkurrenten keine Chance mehr haben, mit
ihren gleichwertigen Angeboten zum Zuge zu kommen.300
Davon zu unterscheiden sind Fälle des so genannten »psychischen Kaufzwangs«, die ebenfalls unter § 4 Nr. 1 UWG zu diskutieren sind.301 Ein solcher
liegt vor, wenn mit außerhalb der Sache liegenden Mitteln der Einflussnahme derart auf die Willensentscheidung des Umworbenen eingewirkt wird, dass dieser
zumindest anstandshalber nicht umhin kann, auf das Angebot einzugehen ohne
298 Begr.-RegE BT-Drucks. 15/1487, S. 17 wobei der Begriff Wertreklame synonym zu den
Begriff Verkaufsförderungsmaßnahme verwendet wird.
299 Zu Begriff und Herkunft Emmerich FS Piper S. 171.
300 Emmerich FS Piper, 171, 173; ders. Unlauterer Wettbewerb, § 12 IV 4. b).
301 Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.32 f; Eppe WRP 2004, 153, 154; zu den anderen Möglichkeiten der unlauteren Einflussnahme auf die Verbraucherentscheidung vgl.
Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 99 ff.
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unhöflich oder undankbar zu erscheinen.302 Bei Bonusprogrammen wird es in
Regel nicht zu der klassischen Situation des psychischen Kaufzwangs kommen,
da hier kein moralischer Druck, sondern wirtschaftliche Anreize im Vordergrund
stehen.303 Deshalb bleibt diese Fallgruppe in der folgenden Darstellung außer
Betracht.
1. Entscheidungssituationen im Rahmen von Bonusprogrammen
Im Rahmen von Bonusprogrammen ist es durchaus häufig, dass es zu Entscheidungssituationen kommt, die die konkrete Kaufentscheidung beeinflussen. Das
ist ausgemachtes Ziel von Bonusprogrammen. Zu denken ist zum einen an extrem
hohe Währungsgutschriften bzw. besonders günstige Prämien, die zum Bezug
von Waren aus dem Sortiment der jeweiligen Ausrichter hinreißen können. Aber
auch ganz außergewöhnliche, sonst nicht käufliche Prämien, wie beispielsweise
ein Treffen mit einem Prominenten oder die Teilnahme an einer exklusiven Veranstaltung, können einen erheblichen Anreiz setzen, die Bezüge auf das entsprechende System zu konzentrieren. Im Falle des Einsatzes von Bonusstaffeln, Realisierungsschwellen und Verfallsdaten kann sich ferner die Situation einstellen,
dass nur noch wenig Umsatz fehlt, um das nötige Guthaben für die begehrte Prämie zu erreichen, während gleichzeitig das Guthaben zu verfallen droht. Man
wird also dazu neigen, Einkäufe nur deshalb zu tätigen, um die nötige Schwelle
zu überschreiten. Bei zeitlich nur ganz kurz verfügbaren, besonders attraktiven
Angeboten besteht schließlich die Gefahr, vorschnelle Entscheidungen zu treffen,
ohne zuvor Angebotsvergleiche angestellt zu haben.
Auch wenn all diese Entscheidungssituationen die Kaufentscheidung beeinflussen werden, so ist es aus lauterkeitsrechtlicher Sicht jedoch allein entscheidend, ob diese Beeinflussung »unangemessen und unsachlich« ist, oder ob in
anderer Terminologie ein »Übertriebenes Anlocken« gegeben ist. Dies ist jedoch
eine Wertungsfrage. Da das Lauterkeitsrecht gerade in der jüngeren Zeit erheblichen Umwälzungen unterlegen ist, ist die Entscheidung hierüber nicht immer
gleich ausgefallen. Auch gegenwärtig besteht keine uneingeschränkte Einigkeit
über die anzulegenden Kriterien.304 Um die angesprochenen Fragenkreise angemessen zu untersuchen, soll deshalb zunächst eine kurze Darstellung der Rechtsentwicklung erfolgen.
302 BGH GRUR 1998, 735, 736 – Rubbelaktion; BGH GRUR 2000, 820, 821 – Space-Fidelity
Peep-Show; BGH GRUR 2002, 1000, 1002 - Testbestellung; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.32 f; Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 106 ff.
303 A.A. aber unzutreffend Littmann S. 180.
304 Vgl. Beater § 16 Rn 48 ff, Emmerich § 12 IV 4. b); ders. FS BGH II, 627, 639 ff; Schuhler
S. 61 ff; Eppe WRP 2004, 153, 160 f.; Köhler GRUR 2003, 729, 736; vgl. auch Heermann/
Ruess WRP 2001, 883, 886; Hennnig-Bodewig WRP 2000, 886, 889; BGH WRP 2003,
1428, 1429 – Einkaufsgutschein; BGH WRP 2003, 1217, 1218 f – Buchclub-Kopplungsangebot.
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2. Rechtsentwicklung zur Frage des übertriebenen Anlockens
a) Rechtslage hinsichtlich des übertriebenen Anlockens bis Ende der 90er
Jahre
In der Vergangenheit wurde die Unlauterkeitsgrenze in den entsprechenden Sachverhalten relativ niedrig angesetzt. So wurde zum Beispiel der Verkauf einer so
genannten Goldkarte im Wert von 20 DM, die den Erwerber berechtigt, während
eines Jahres maximal 20 Filme nebst Entwicklung stark verbilligt zu beziehen als
unlauter angesehen.305 Ebenfalls unzulässig war die Verteilung stark verbilligter
Fahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr durch eine Autoversicherung an
seine Kunden, sofern sie über eine bestimmte Versicherungskarte verfügten.306
Sogar das Angebot eines kleinen Frühstücks mit Ei in einem Kaffeegeschäft
wurde verboten.307 Diese extrem restriktive Grundhaltung war rechtshistorisch
stark mit den Wertungen der ZugabeVO und des RabattG verbunden und letztlich
Ausdruck des damals durchgängig vorherrschenden und oben bereits angesprochenen Leitbilds vom Leistungswettbewerb.308
b) Die »Schmuck-Set«-Entscheidung (1998)
Die »Wende« markierte das »Schmuck-Set«-Urteil von 1998. Hier stellte der
BGH fest, dass die Zulässigkeitsgrenze bei der Inaussichtstellung von Vergünstigungen erst dann erreicht sei, wenn von ihnen eine derartige Anziehungskraft
ausgehe, dass der Kunde »gleichsam magnetisch« angezogen werde.309 Im Wesentlichen rekurrieren alle Entscheidungen, die sich bereits vor der Aufhebung
des RabattG und der ZugabeVO für eine Liberalisierung der Maßstäbe des übertriebenen Anlockens aussprachen, auf das sich durch das Gemeinschaftsrecht ge-
änderte Verbraucherleitbild. Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Wertreklame sei von einem »informierten, mündigen und verständigen Durchschnittsverbraucher« auszugehen, der sich übereilt und ohne Prüfung der Marktverhältnisse zu einem Vertragsschluss verleiten lässt.310
305 BGH GRUR 1981, 286 – Goldene Karte I.
306 BGH GRUR 1995, 353 – Super-Spar-Fahrkarte.
307 OLG Düsseldorf NJW-RR 1997, 42, wobei hier auch Elemente des psychischen Kaufzwangs zum Tragen kamen.
308 Zur rechtshistorischen Verbindung schon BGH GRUR 1969, 295, 296 – Goldener Oktober,
mit Anm. Droste; für eine Neubewertung Beater § 16 Rn. 50, § 26 Rn. 4 f, Rn. 40 ff; Fezer
WRP 2001, 989, 1008; zum Leitbild des Leistungswettbewerbs vgl. oben Kap. 3 C. II. 1.
309 BGH NJW-RR 1998, 1420 – Schmuck-Set; ebenso BGH GRUR 1999, 256 – 1000 DM
Umwelt-Bonus; vgl. auch OLG Düsseldorf WRP 1999, 865, 867 f; KG GRUR-RR 2001,
279, 280.
310 Z.B. OLG Karlsruhe GRUR-RR 2002, 168 – Zwei Knaller mwN; vgl. Fezer/Steinbeck § 4-
1 Rn. 199.
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c) Gegenwärtige Rechtslage nach der Aufhebung des RabattG und der
ZugabeVO
Seit der Aufhebung des RabattG und der ZugabeVO herrscht in Bezug auf die
Fallgruppe des übertriebenen Anlockens nun eine gewisse Unsicherheit. Während Teile der Literatur311 sowie namentlich das OLG Karlsruhe312 fordern, diese
Fallgruppe in Bezug auf den Einsatz von Rabatten und Zugaben nun endgültig
aufzugeben, wollen andere Instanzgerichte313 sowie der BGH314, getragen von
verschiedenen Stimmen in der Literatur315, nach wie vor an ihr festhalten. Die jeweils aufgestellten Kriterien sind aber äußerst großzügig. So führten die dem
BGH bis dato vorgelegten Sachverhalte bislang noch nicht zu einer Untersagung.
Lediglich das OLG Hamburg hat die Ausgabe von 30 DM – Gutscheinen durch
einen Büroartikelhersteller als unlauter qualifiziert.316
d) Rechtslage bei zeitlich befristeten Angeboten
Unter dem Gesichtspunkt des übertriebenen Anlockens wird in der Rechtsprechung wie in der Literatur traditionell nicht nur die Werthaltigkeit eines Angebots
bzw. einer Nebenleistung thematisiert, sondern auch deren zeitliche Verfügbarkeit und damit die Frage, wie viel Zeit der Kunde hat, um sich mit dem Angebot
auseinander zu setzen. Fällt dieser Zeitraum je nach Art des Angebots zu kurz aus,
311 Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 12 IV 4. b) und c); ebenso Schuhler S. 61 ff; Ohly
GRUR 2004, 889, 897; Eppe WRP 2004, 153; Köhler GRUR 2003, 729, 738; Schricker
AfP 2001, 101; ders. GRUR Int. 1996, 473, 476.
312 OLG Karlsruhe, OLG-Report 2002, 75, 76 »das Unlauterkeitskriterium des übertriebenen
Anlockens hat ausgedient«; vgl. zu dieser Entscheidung Eppe, S. 189; ders. WRP 2004,
153.
313 OLG Jena NJW-RR 2002, 182, 183; OLG Frankfurt a.M. NJW-RR 2002, 835, 836; OLG
Köln GRUR-RR 2002, 115.
314 BGH WRP 2002, 1256ff – Kopplungsangebot I und II; BGH WRP 2003 1217, 1218 –
Buchclub-Kopplungsangebot; BGH WRP 2003, 1428 – Einkaufsgutschein; BGH GRUR
2004, 343 – Playstation; BGH WRP 2004, 960 – 500 DM-Gutschein.
315 Für Rabatte vor allem Piper/Ohly § 4.1 Rn. 1/86 ff; tendenziell Cordes WRP 2001, 867,
874; vgl. Lange WuW 2002, 220, 223; für Zugaben: Piper/Ohly § 4.1 Rn. 1/117; Cordes
WRP 2001, 867, 870; Berlit WRP 2001, 349, 352; Lange/Spätgens Rn. 439; Nordemann
NJW 2505, 2511.
OLG Karlsruhe, OLG-Report 2002, 75, 76; vgl. zu dieser Entscheidung Eppe, S. 189; ders.
WRP 2004, 153.
316 OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 203; vgl. auch OLG Celle GRUR-RR 2002, 336.
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sind weite Teile der Literatur317 und die Rechtsprechung318 der Auffassung, dass
dies den Kunden zu unüberlegten, d.h. nicht rationalen Kaufentscheidungen verleiten kann, ohne etwaige Konkurrenzangebote zu berücksichtigen. Vereinzelt
sind demgegenüber Stimmen geblieben, die auch bei nur ganz kurz verfügbaren
Angeboten von einer Zulässigkeit ausgehen, solange der Geltungszeitraum wahrheitsgemäß angegeben wird.319 Dieser Fallgestaltung wird in Zukunft erhöhte Bedeutung zukommen, weil mit der Aufhebung des Sonderveranstaltungsrechts der
§§ 7 und 8 UWG aF durch die UWG-Novelle 2004 zeitlich limitierte Sonderaktionen nicht mehr nur auf die Fälle von vereinzelten Sonderangeboten, Jubiläums- oder Jahresschlussverkäufen begrenzt sind.320
3. Übertriebenes Anlocken durch Bonusprogramme im Einzelnen
Bei der Frage, ob von Bonusprogrammen ein unsachlicher Einfluss im Sinne
eines übertriebenen Anlockens ausgehen kann, können folgende Fallgestaltungen
unterscheiden werden.
a) Besonderer Gegenstand der Prämie
Zum ersten ist zu fragen, ob es aus lauterkeitsrechtlicher Sicht darauf ankommen
kann, um welche Art von Prämie es sich im konkreten Einzelfall handelt. Dabei
gilt es zu trennen, ob sachfremde Prämien, also solche, die in keinem Funktionszusammenhang mit der Hauptleistung stehen, angeboten werden, oder ob es sich
um Prämien handelt, die käuflich überhaupt nicht zu erwerben sind.
aa) Das Kriterium des Funktionszusammenhangs
Bei den meisten Bonusprogrammen werden Prämien angeboten, die in keinem
Zusammenhang mit den eigentlich incentivierten Leistungen stehen.321 Lange/
Spätgens sind aber der Ansicht, dass es auch nach der Aufhebung der ZugabeVO
für die Beurteilung der Anlockwirkung beachtlich ist, ob zwischen dem Prämi-
317 Harte/Henning/Stuckel § 4 Nr. 1 Rn. 48; Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 209 ff; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.95; ders. GRUR 2003, 729, 738; ders. GRUR 2001, 1067, 1074;
Berneke WRP 2001, 615, 618; Eppe WRP 2004, 153, 160 f.
318 Z.B. OLG Köln WRP 2002, 1189; LG Dresden WRP 2002, 261 – Angebote nur am Sonntag; OLG Zweibrücken GRUR 1997, 69 – Super-Preis-Hit; OLG Schleswig NJWE-WettbR
1997, 16.
319 Soweit ersichtlich nur Ruoff S. 176.
320 Instruktiv Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 17.
321 Vgl. nur die Prämien beim MR-Programm von American Express.
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engegenstand und dem Hauptgeschäft ein sachlicher Zusammenhang besteht.322
Dies ist abzulehnen. In den Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« hat sich
der BGH zutreffend von dem zu Zeiten der ZugabeVO kursierenden Begriff des
Funktionszusammenhangs verabschiedet.323 Dieses Kriterium hatte allein die
Aufgabe den Anwendungsbereich der ZugabeVO bereits zu deren Geltung einzuschränken.324 Nunmehr ist mit dem Gericht davon auszugehen, dass es den Unternehmen grundsätzlich frei steht, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit
bildenden Produkten in der Weise zu verbinden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere Produkt ohne Berechnung oder unter Berechnung eines nominellen Betrags abgegeben wird.325 Es ist nämlich kein Grund ersichtlich, warum
sich ein durchschnittlich informierter, mündiger Verbraucher beispielsweise von
einer durch ein Mineralölunternehmen auf gewisse Bezüge hin in Aussicht gestellten Gartenliege »übertriebener« angelockt fühlen soll als von einem kostenlosen Ölwechsel.
bb) Nicht käufliche oder nur ideelle Prämien
Weiter wird zuweilen die Ansicht vertreten, dass sowohl von herkömmlichen Zugaben als auch von Prämien im Rahmen eines Bonusprogramms eine unzulässige
Anlockwirkung ausgehen kann, wenn diese nicht käuflich zu erwerben sind oder
nur einen rein ideellen Wert haben. Der Käufer habe in dieser Situation nämlich
gar keine andere Möglichkeit an die Nebenleistung zu gelangen, als die Ware(n),
von deren Bezug die Gewährung abhängt, zu erwerben.326 Beispielhaft wird hier
die Teilnahme an exklusiven Veranstaltungen oder ein Treffen mit Prominenten
angeführt. Auch dies ist abzulehnen.327 Richtig ist, dass von solchen Gelegenheiten in der Tat eine besondere Attraktivität ausgehen kann. Allerdings vermag
nur der verständige Durchschnittsverbraucher selbst abzuwägen, ob ihm die in
Aussicht gestellte Prämie die nötige Anzahl der Geschäfte wert ist oder nicht.328
Jedenfalls, solange der Verbraucher alle nötigen wertqualifizierenden Merkmale
der Prämie kennt und solange auch der zu leistende Einsatz für die Inanspruch-
322 Lange/Spätgens Rn. 433, 439; vgl. auch OLG Stuttgart WRP 2002, 580, 582; ebenso OLG
Frankfurt a.M. NJW-RR 2002, 835, 836.
323 BGH WRP 2002, 1256 ff – »Kopplungsangebot I und II«.
324 Vgl. Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 206 f; sowie oben Kap. 2 B. I.
325 BGH WRP 2002 1256, 1257 - Kopplungsangebot I; vgl. auch BGH WRP 2003 1217, 1218
– Buchclub-Kopplungsangebot; bereits zuvor speziell für den Bereich der Bonusprogramme OLG Köln GRUR-RR 2002, 115, 117; auch der Literatur: Fezer/Steinbeck § 4-1
Rn. 208; Köhler GRUR 2003, 729, 732; Ohly NJW 2003, 2135, 2136; Fezer WRP 2001,
989, 1008.
326 Ruoff S. 92 ff, 177, 223; Berneke WRP 2001, 615, 618.
327 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn 1.82; ders. GRUR 2001, 1067, 1074 f; ders. GRUR
2003, 729, 738; ebenso Eppe WRP 2004, 153, 160; zustimmend Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn.
203.
328 Köhler GRUR 2001, 1067, 1075.
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nahme von vorneherein eindeutig feststeht, entspräche es einer unangemessenen
Gängelung der Konsumenten, ihnen diese Gelegenheit mit Mitteln des Wettbewerbsrechts abzuschneiden.329 Wenn man nach Aufhebung des RabattG und der
ZugabeVO Vergünstigungen als grundsätzlich wettbewerbskonformes Werbemittel ansieht, kann es eben keinen Unterschied mehr machen, ob sich der Wert aus
finanziellen oder ideellen Gesichtspunkten ergibt.330 Im Übrigen ist auch der
BGH in seiner »Treue-Punkte«-Entscheidung331 auf diesen Gesichtspunkt mit
keinem Wort eingegangen, obwohl auch hier Prämien ausgelobt wurden, die zum
größten Teil nur eigens für die Aktion hergestellt, also sonst nicht käuflich zu erwerben waren.
b) Besondere Werthaltigkeit der Vergünstigungen
Weiter ist es denkbar, dass im Rahmen von Bonusprogrammen den Kunden extrem werthaltige Vergünstigungen in Aussicht gestellt werden. Zu denken ist zum
einen an besonders hohe Gutschriften für das jeweilige Einzelgeschäft, oder an
besonders günstig zu erhaltende Prämien. Aber auch wenn im Laufe der Geschäftsbeziehung die zu erwartende Vergünstigung überproportional ansteigt
(Bonusstaffeln), kann dies den Verbraucher dazu veranlassen, seine Bezüge auf
das System zu konzentrieren. Hier stellt sich aber die Frage, inwiefern ein so gestalteter Anreiz aus lauterkeitsrechtlicher Sicht relevant sein kann.
aa) Hohe Gutschriften und günstige Prämien
Für die Frage, ob von besonders hohen Gutschriften und günstigen Prämien im
Rahmen von Bonusprogrammen eine übertriebene Anlockwirkung ausgehen
kann, ist zunächst ein Blick auf die Beurteilung von herkömmlichen Rabatt- und
Zugabesachverhalten geboten.
(1) Kritische Stimmen zum Anlockpotenzial von Rabatten und Zugaben
Zu Zeiten der Geltung des RabattG waren Rabatte auf eine Höhe von 3% begrenzt
(§ 2 RabattG). Diese Einschränkung gilt nun nicht mehr. Dennoch wird im Rahmen der lauterkeitsrechtlichen Diskussion vereinzelt die Ansicht vertreten, dass
von besonders hohen Preisnachlässen eine übertriebene Anlockwirkung ausgehen könne, da die Verbraucher mehr auf deren Höhe als auf den tatsächlich zu entrichtenden Endpreis achteten und der Rabattwettbewerb trotz der Liberalisierung,
329 Vgl. Eppe WRP 2004, 153, 160.
330 Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 203.
331 BGH GRUR 2004, 344 – Treue-Punkte.
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jedenfalls hier, eine Grenze finden müsse.332 Auch aus der »Einkaufsgutschein«-
Entscheidung des BGH geht hervor, dass von Preisnachlässen, jedenfalls grundsätzlich, eine übertriebene Anlockwirkung ausgehen kann.333 Untersagt hat aber
bislang nur das OLG Hamburg die Ausgabe von 30 DM Gutscheinen durch einen
Büroartikelhersteller.334
Durch den § 1 Abs. 2 ZugabeVO war die Gewährung von Zugaben auf solche
beschränkt, die entweder nur geringfügig oder handelsüblich waren. Ebenso wie
im Falle von Rabatten wird auch in Bezug auf Zugaben die Auffassung vertreten,
dass diese auch nach der Liberalisierung nicht uneingeschränkt eingesetzt werden
dürfen. In der Literatur wird zu diesem Zwecke die Einführung einer gewissen
Wertgrenze erwogen. In Bezug auf die Höhe besteht aber Uneinigkeit. Berlit sieht
die Grenze bereits dann als erreicht, wenn die Zugabe den doppelten Wert dessen
aufweist, was früher als geringfügig galt.335 Für Lange/Spätgens ist die kritische
Grenze bei 20-25%,336 für Nordemann bei 50% des Wertes der Hauptleistung
überschritten.337 Cordes hingegen möchte erst einschreiten, wenn der Wert der
Zugabe den der Hauptleistung übersteigt.338
Auch der Rechtsprechung ist zu entnehmen, dass von besonders werthaltigen
Zugaben, jedenfalls grundsätzlich, eine übertriebene Anlockwirkung ausgehen
kann. Die dem BGH seit der Aufhebung der ZugabeVO vorgelegten Sachverhalte
wurden allesamt als zulässig eingestuft.339 Insbesondere hat der BGH sich nicht
auf eine bestimmte Wertgrenze festgelegt. Lediglich einer Entscheidung des OLG
Karlsruhe lässt sich entnehmen, dass ein übertriebenes Anlocken dann erreicht
sein kann, wenn ein Geschenk den Wert der zu bestellenden Ware erreicht.340
(2) Rechtsprechung zu Bonusprogrammen
Die bislang zu Bonusprogrammen ergangene Rechtsprechung behandelt ausschließlich das von dem konkreten Prämiensortiment ausgehende Anlockpotenzial. Sachverhalte, in denen besonders hohe Gutschriften erfolgten, waren bislang
noch nicht gerichtsgegenständlich.
332 Vor allem Piper/Ohly § 4.1 Rn. 1/86; Littmann S. 181; tendenziell auch Cordes WRP 2001,
867, 874.
333 BGH WRP 2003, 1428, 1429 – Einkaufsgutschein; vgl. auch OLG Frankfurt GRUR 2002,
460.
334 OLG Hamburg GRUR-RR 2002, 203; vgl. auch OLG Celle GRUR-RR 2002, 336.
335 Berlit WRP 2001, 349, 352.
336 Lange/Spätgens Rn. 439
337 Nordemann NJW 2001, 2505, 2511; zustimmend Gloy/Loschelder/Jeager-Lenz § 68 Rn.
91; »eine Frage des Einzelfalls« Piper/Ohly § 4.1 Rn. 1/117.
338 Cordes WRP 2001, 867, 870.
339 Vgl. BGH WRP 2002, 1256 ff – »Kopplungsangebot I und II« BGH; WRP 2003 1217,
1219 – Buchclub-Kopplungsangebot; BGH WRP 2004, 960 – 500 DM-Gutschein
340 OLG Karlsruhe NJW-RR 2002, 1044, 1045.
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Vor Aufhebung der ZugabeVO und des RabattG äußerte sich der BGH in der
bereits angesprochenen »Bonusmeilen«-Entscheidung neben der im konkreten
Sachverhalt besonders virulenten Frage der Preisverschleierung auch zu dem Problem des übertriebenen Anlockens. Er stellte fest, die angekündigten Hotelübernachtungen und Flüge wären von so hohem Wert, dass sie geeignet seien, den
Karteninhaber zu beeinflussen.341 Dabei ließ das Gericht auch nicht den Einwand
gelten, dass die angesprochenen Verkehrskreise, nämlich Akademiker und Kaufleute, es vermögen, diese Angebote richtig einzuschätzen.342
Dem folgten das OLG Nürnberg343 und das OLG Köln344 nicht. Es hieß, ein
übertriebenes Anlocken komme nicht in Betracht, da die angesprochenen Verkehrskreise den Wert der Zuwendung zutreffend einschätzen könnten und sich
durch diese nicht zu unüberlegten Entscheidungen hinreißen lassen würden.345
Nach Aufhebung der ZugabeVO und des RabattG erging erneut eine Entscheidung des OLG Köln zum Anlockpotenzial des Miles & More-Programms.346 Konkret ging es um eine Werbung der Programmbetreiber, in der die Prämien, die bei
entsprechendem Guthaben erlangt werden konnten, dargestellt wurden. Zum Beispiel wurden »Gourmetfreuden zu Hause« für 500.000 Meilen, in einem Restaurant für 70.000 Meilen etc. beworben. Das Gericht hielt dies für zulässig. Insbesondere sei kein übertriebenes Anlocken zu verzeichnen. Der angesprochene Personenkreis lasse sich nicht ohne weiteres von einem Angebot blenden, das sich
für ihn nicht rechnet. Insbesondere stehe für diesen trotz der in Aussicht gestellten Vergünstigungen nach wie vor das eigentliche Leistungspaket der Fluggesellschaft im Vordergrund, welches sich maßgeblich aus Kriterien wie Sicherheit,
Pünktlichkeit und sonstigem Service zusammensetze. Etwaige Meilen oder später
Prämien empfinde der Kunde möglicherweise als angenehme Draufgabe. Die
Entschließungsfreiheit vermögen diese aber nicht zu beeinflussen.347
(3) Hohe Gutschriften und günstige Prämien im Rahmen von
Bonusprogrammen mit Auszahlungsfunktion
Sehen Bonusprogramme die Möglichkeit vor, das Guthaben alternativ zur Einlösung gegen Prämien auch in Bar- oder Buchgeld auszuzahlen, so wird die jeweilige Gutschrift aufgrund ihres realmonetären Wertes bereits beim jeweiligen Einzelgeschäft vom Verbraucher gedanklich vom Preis der Hauptware abgezogen
341 BGH WRP 1999, 424, 428 – Bonusmeilen; vgl. auch LG Mönchengladbach BB 1999, 283.
342 BGH WRP 1999, 424 428 f – Bonusmeilen.
343 OLG Nürnberg WRP 2001, 302.
344 OLG Köln WRP 2001, 721.
345 OLG Nürnberg WRP 2001, 302, 303; OLG Köln WRP 2001, 721, 723 f.
346 OLG Köln GRUR-RR 2002, 115 (nicht rechtskräftig; Revision wird beim BGH unter Az.
I ZR 5/02 geführt).
347 OLG Köln GRUR-RR 2002, 115, 116 (nicht rechtskräftig; Revision wird beim BGH unter
Az. I ZR 5/02 geführt).
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werden und ist insofern mit einem Rabatt vergleichbar. Entgegen der oben genannten Auffassungen kann in diesen Fällen auch eine noch so hohe Gutschrift
nicht zu einem übertriebenen Anlocken führen. Wie bei herkömmlichen Niedrigpreisen handelt es sich auch hier um nichts anderes als um preisgünstige Angebote. Diese können anerkanntermaßen nicht wettbewerbswidrig sein, sondern
stellen vielmehr eine erwünschte Folge des Wettbewerbs dar.348 Die Annahme, der
Verbraucher achte mehr auf die Höhe des Nachlasses als auf den tatsächlich zu
entrichtenden Preis, bleibt demgegenüber eine Mutmaßung und wird nur schwerlich mit dem normativen Leitbild des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers in Einklang zu bringen sein. Niedrige Preise liegen vielmehr
im Interesse der Konsumenten und dürfen ihnen nicht durch das Wettbewerbsrecht vorenthalten werden.
Bonusprogramme mit Auszahlungsmöglichkeit setzen neben der unmittelbaren Incentivierung des jeweiligen Einzelgeschäfts ferner darauf, ihren Kunden
exklusiv Prämien anzubieten, die nur gegen das erwirtschaftete Guthaben eingetauscht werden können, um so einen Anreiz für den Aufbau einer langfristigen
Kundenbeziehung zu geben. Hierbei ist es denkbar, dass relativ wertvolle Prämien gegen ein nur geringes Guthaben angeboten werden, um so die Attraktivität
des Programms zu steigern. Auch hierin kann aber kein übertriebenes Anlocken
gesehen werden.349 Es gilt nichts anderes als im Rahmen der Währungsgutschrift.
Durch die Auszahlungsmöglichkeit wird der Programmteilnehmer in die Lage
versetzt, sein Guthaben jederzeit auch anderweitig in den Wirtschaftskreislauf
einzubringen. Er kann also über die erwirtschaftete Vergünstigung, jedenfalls ab
Erreichen der Realisierungsschwelle, frei verfügen. Aus Verbrauchersicht stellt
die Einlösung des Guthabens in Prämien folglich ein erneutes Einzelgeschäft dar.
Ist dieses besonders günstig, so widerstreitet dies nicht den Verbraucherinteressen, sondern kommt ihnen vielmehr gerade entgegen. Unter Zugrundelegung des
geänderten Verbraucherleitbildes kann deshalb auch bei extremen Missverhältnissen zwischen Prämie und monetärem Gegenwert des Guthabens keine wettbewerbswidrige Verbraucherbeeinflussung ausgemacht werden.
Die Preisgestaltung, sei sie in Form von Rabatten oder im Wege von Bonusprogrammen mit Auszahlungsfunktion, findet ihre Grenze nach der Aufhebung des
RabattG vielmehr nur im Verbot der Irreführung oder in den §§ 19 f GWB, § 4
Nr. 10 UWG bzw. Art. 82 EG.350, wenn sie eine Behinderung der Konkurrenten
348 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.95; Gloy/Loschelder/Jeager-Lenz § 68 Rn. 157;
Fezer/Steinbeck § 4 Rn. 251; Lettl Rn. 184; Eppe WRP 2004, 153, 160; Heermann WRP
2001, 855, 861; Berlit WRP 2001, 349, 352; Nordemann NJW 2001, 2505, 2510; Schuhler
S. 145 mwN; Ruoff S. 174; Emmerich FS BGH Bd. II, 627, 639 f; ders. Unlauterer Wettbewerb, § 12 IV 4. b); grundlegend zu Niedrigpreisen bereits BGH GRUR 1979, 321 323
– Verkauf unter Einstandspreis I; BGH GRUR 1999, 265 – Handy für 0,00 DM; BGH
WRP 2003, 1101, 1103 – Foto-Aktion.
349 So aber wohl Littmann S. 181 f.
350 Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 12 IV 4. b) und c); ebenso Schuhler S. 61 ff, 143; Ruoff
S. 173 f; Eppe WRP 2004, 153, 160.
99
darstellt. Auf letzteren Aspekt wird im Rahmen dieser Arbeit noch gesondert eingegangen werden.
(4) Hohe Gutschriften und günstige Prämien im Rahmen von
Bonusprogrammen ohne Auszahlungsfunktion
Im Rahmen von Bonusprogrammen ohne Auszahlungsfunktion kann die jeweilige Gutschrift beim Einzelgeschäft mangels Auszahlbarkeit nicht von dem für
die Hauptleistung zu entrichtenden Preis abgezogen werden. Eine Parallele zu hohen Rabattgewährungen oder Niedrigpreisen scheidet somit aus. Angesichts des
in diesen Fällen vorliegenden Kopplungseffekts bietet sich aber ein Vergleich zu
herkömmlichen Zugabesachverhalten an. Entgegen den oben genannten Auffassungen ist nach der Aufhebung der ZugabeVO auch hier von einer wertmäßig unbegrenzten Zulässigkeit solcher Incentivierungsmaßnahmen auszugehen. Es ist
kein Grund ersichtlich, warum die Rationalität der Nachfrageentscheidung eines
verständigen Verbrauchers beispielsweise im Rahmen von Miles & More bei einer aktionsweise fünf- oder auch zehnfachen Incentivierung einer Flugverbindung oder Mietwagenanmietung völlig in den Hintergrund treten sollte. Gleiches
gilt für die Inaussichtstellung besonders günstiger Prämien. Insofern ist den Entscheidungen des OLG Köln351 sowie der Entscheidung des OLG Nürnberg352 vollumfänglich zuzustimmen. Für einen verständigen Verbraucher kann der hohe
Wert einer Vergünstigung vielmehr ein wichtiges und rationales Kalkül der Nachfrageentscheidung darstellen.353 Die bei herkömmlichen Zugabesachverhalten
aufgezeigten Diskrepanzen in Bezug auf die vorgeschlagenen Wertgrenzen zeugen demgegenüber von einer solchen Ansätzen innewohnenden latenten Willkürlichkeit. Schon die zu Zeiten der Geltung des RabattG und der ZugabeVO de lege
ferenda getätigte Äußerung Schrickers zeigt deren Unzulänglichkeit auf. Es
heißt: »Das Anlocken von Abnehmern ist wettbewerbsimmanent; ein intensiver
Wettbewerb ist in unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung erwünscht und wird
als solcher geschützt. Dass der ‚allzu intensive’ Wettbewerb dann doch verboten
sein soll, entbehrt der Begründung. Wo soll die quantitative Grenze liegen?«354
Anstatt dem Verbraucher günstige Gelegenheiten mittels des Wettbewerbsrechts abzuschneiden, muss es nach der Freigabe des Nebenleistungswettbewerbs
und der Neuausrichtung des Verbraucherleitbilds vielmehr darauf ankommen, die
Transparenz von komplexen Angeboten zu gewährleisten. Dass gerade bei
Bonusprogrammen ohne strengen Umsatzbezug in dieser Beziehung erhebliche
351 OLG Köln WRP 2001, 721; OLG Köln GRUR-RR 2002, 115.
352 OLG Nürnberg WRP 2001, 302.
353 Vgl. für Zugaben Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.81; ders. GRUR 2001, 1067,
1069; Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 202; dies. ZIP 2001, 1741, 1745; Eppe S. 184.
354 Schricker GRUR Int. 1996, 473, 476; vgl. auch ders. AfP 2001, 101; Emmerich FS BGH
Bd. II, 627, 639 f; ders. Unlauterer Wettbewerb, § 12 IV 4. b).
100
Defizite auszumachen sind, wurde bereits aufgezeigt.355 Im Übrigen liegt auch bei
Bonusprogrammen, die keine Auszahlungsmöglichkeit vorsehen, die wettbewerbsrechtliche Grenze erst dort, wo die Interessen der Mitbewerber über Gebühr
beeinträchtigt werden.356
bb) Bonusstaffeln
Ein weiterer Punkt, der mit Blick auf die Rationalität der Verbraucherentscheidung im Rahmen von Bonusprogrammen thematisiert wird, ist der Einsatz so genannter Bonusstaffeln. Diese liegen vor, wenn die gewährten Vergünstigungen
progressiv im Verhältnis zum Umsatz ansteigen. Nach Ruoff führt der Einsatz von
Bonusstaffeln zu einer unangemessen unsachlichen Beeinflussung der Programmteilnehmer.357 Er führt hierfür folgendes theoretisches Beispiel an: Ein Unternehmen gewährt dem Kunden bis 1.000 € Umsatz 5%, bis 10.000 € 10% und
darüber hinaus 20% Rabatt. Hat der Kunde nun bereits für 9.500 € eingekauft, so
bekommt er darauf 950 € Rabatt. Möchte er nun ein weiteres Produkt zu 1000 €
erwerben, stiege dadurch sein Gesamtumsatz auf 10.500 € und der Rabattsatz auf
20%. Die entspricht einem Betrag von 2.100 €, so dass der zusätzliche Rabatt um
1.500 € größer ist als der Preis für den letzten Einkauf. Damit seien Preis und
Qualität als vordringliche Aktionsparameter im Wettbewerb ausgeschaltet. Der
Preis werde quasi negativ und damit unschlagbar. Zudem verlöre er die Funktion,
die Knappheit von Gütern am Markt zu indizieren. Der Käufer würde hinsichtlich
der Qualität der Leistung weitgehend indifferent.358 Diesen Ansatz konsequent
weitergedacht stünden dem tatsächlich praktizierten Peek & Cloppenburg-Kundenkartensystem erhebliche lauterkeitsrechtliche Bedenken entgegen. Hier beläuft sich der in Aussicht gestellte Bonus bei einem Umsatz von 1.990 € noch auf
4 %, was am Ende der Referenzperiode einem Preisnachlass von 79,60 € entspricht. Wird nun ein weiterer Einkauf von 20 € getätigt, steigt der Gesamtumsatz
auf 2.010 € an, was bei einem Bonus von 5 % eine Vergünstigung von 20,90 € ergibt. Folglich handelt es sich auch hier um einen negativen Preis.
Ruoffs Ansicht ist aber abzulehnen. Es ist kein Grund ersichtlich, warum es
einem verständigen Verbraucher verwehrt sein sollte, ein günstiges Angebot, sei
es auch in der geschilderten Entscheidungssituation, in Anspruch zu nehmen.
Solange er klar und deutlich erkennen kann, dass es sich tatsächlich um ein solches handelt, also die Transparenz eines solchen Angebotes359 gewährleistet ist,
ist ein wirtschaftlicher Schaden des Verbrauchers mit der Folge eines nicht nachfragegerechten Einsatzes seiner Kaufkraft zum Nachteil der Volkswirtschaft nicht
355 Vgl. oben Kap. 3 D. I. 4. c) ii).
356 Dazu unten Kap. 4.
357 Ruoff S. 129 f, 219.
358 Ruoff S. 129.
359 Zum Problem der Preistransparenz im Rahmen von Bonusprogrammen vgl. oben unter
Kap. 3 D. I. 4.
101
gegeben. Auch wenn Ruoff zutreffend herausarbeitet, dass es sich in der konkreten Situation um die Inaussichtstellung eines negativen Preises handelt, so
kann hierin kein Anknüpfungspunkt für den Unlauterkeitsvorwurf liegen. Letztlich stellt auch dies nichts anderes als ein besonders preisgünstiges Angebot dar,
das anerkanntermaßen nicht wettbewerbswidrig sein kann. Es ist vielmehr eine
erwünschte Folge des Wettbewerbs.360 Eine andere Frage ist, ob angesichts solcher Anreize (Schwellenwerte) nicht die Gefahr besteht, dass der Verbraucher
Käufe tätigt, die er eigentlich nicht benötigt (Bezug über Bedarf). Hierauf wird
unter c), ii) eingegangen.361 Ferner wird die Frage zu stellen sein, ob der Einsatz
von gestaffelten Gutschriften im Rahmen von Bonusprogrammen nicht möglicherweise eine unangemessene Beeinträchtigung der Marktchancen der Konkurrenten mit sich bringt. Auch diese Frage wird im Rahmen dieser Untersuchung
noch eine eigenständige Würdigung erfahren.
c) Besondere Entscheidungssituationen im Rahmen von Bonusprogrammen
Wenn die Rationalität der Verbraucherentscheidung im Rahmen von Bonusprogrammen im Raum steht, ist weiter zu berücksichtigen, dass der Teilnehmer eines
solchen Programms zuweilen vor bestimmte Entscheidungssituationen gestellt
wird, die aus lauterkeitsrechtlicher Sicht bedenklich sein können. Zum einen ist
es gängige Praxis, dass im Rahmen solcher Programme von Zeit zu Zeit gewisse
Aktionen lanciert werden, bei denen in begrenzten Zeiträumen, sei es für mehrere
Tage, zum Beispiel in der Weihnachtszeit, oder gar nur für gewisse Stunden in
Form von so genannten »Frühaufsteher«- oder »Happy Hour«-Aktionen, ein
Mehrfaches der üblichen Gutschriften für das gesamte Sortiment oder für Teile
davon ausgeschrieben werden. Weiter sehen die meisten Bonusprogramme vor,
dass das erwirtschaftete Guthaben erst ab einer gewissen Schwelle, sei es in Baroder Buchgeld oder in Prämien, realisiert werden kann, dieses aber gleichzeitig
nur einen gewissen Gültigkeitszeitraum hat. Der Kunde kann also unter Umständen in die Situation geraten, dass er entweder einen weiteren Kauf im System tätigen muss, um die besagte Schwelle zu nehmen, oder dass sein Guthaben zu verfallen droht. Vor einer ähnlichen Entscheidung steht der Teilnehmer, wenn er
zwar schon ein realisierungsfähiges Guthaben vorweisen kann, ihn aber weitere
Bezüge in die Lage versetzen würden, die nächsthöhere Prämie zu erlangen.
Schließlich kommt es insbesondere im Rahmen des Miles & More-Programms
häufig vor, dass ein Teilnehmer, der das Programm zu geschäftlichen Zwecken in
Anspruch nimmt, zwar nicht für die Kosten des jeweiligen Fluges oder der Hotelübernachtung aufkommen muss – diese übernimmt in der Regel sein Arbeitgeber –, er aber über die hierbei erworbenen Meilen privat verfügen darf (sog. principal-agent-Problem). In all den geschilderten Situationen stellt sich die Frage, ob
360 So Ruoff selbst, S. 174.
361 Bereits an dieser Stelle sei vorweggenommen, dass auch Ruoff dieses Kriterium nicht als
Unlauterkeitsmerkmal gelten lassen möchte. Vgl. Ruoff S. 222.
102
nicht zumindest hier die Rationalität der Nachfrageentscheidung in einer Weise
beeinträchtigt sein kann, dass das Lauterkeitsrecht einschreiten muss.
aa) Zeitlich befristete Angebote
In Bezug auf zeitlich befristete Sonderaktionen im Rahmen von Bonusprogrammen gilt es zwischen solchen zu unterscheiden, die über mehrere Tage andauern,
und solchen, die nur für Stunden gelten.
(1) Sonderaktionen über mehrere Tage
Vor der UWG-Novelle im Jahre 2004 mussten sich zeitlich befristete Sonderaktionen an den Regeln des Sonderveranstaltungsrechts (§§ 7 und 8 UWG aF) messen lassen. Das Gesetz unterschied im Wesentlichen zwischen Sonderveranstaltungen, Sonderangeboten, Saisonschluss- und Jubiläumsverkäufen sowie den
hier nicht weiter interessierenden Räumungsverkäufen. Nach § 7 Abs. 1 UWG aF
waren Sonderveranstaltungen grundsätzlich verboten. Das Gesetz verstand darunter Verkaufsveranstaltungen im Einzelhandel, die außerhalb des regelmäßigen
Geschäftsverkehrs stattfinden, der Beschleunigung des Warenabsatzes dienen
und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile hervorrufen. Abzustellen war dabei auf den regelmäßigen Geschäftsverkehr der betreffenden Branche.362 Hiervon abzugrenzen waren zulässige Sonderangebote. Solche lagen nach
§ 7 Abs. 2 UWG aF vor, wenn einzelne nach Güte oder Preis gekennzeichnete
Waren angeboten wurden und sich das Angebot in den regelmäßigen Geschäftsbetrieb des betreffenden Unternehmens einfügte. Eine weitere Ausnahme ergab
sich aus § 7 Abs. 3 UWG aF für Saisonschluss- und Jubiläumsverkäufe. Saisonschlussverkäufe waren danach nur jeweils ab dem letzten Montag im Januar und
Juli für die Dauer von zwölf Werktagen erlaubt und nur auf bestimmte Waren wie
zum Beispiel Textilien oder Schuhwaren beschränkt. Jubiläumsverkäufe waren
nur jeweils nach fünfundzwanzig Jahren im selben Geschäftszweig möglich.
Diese Regelungen resultierten genau wie das RabattG und die ZugabeVO aus
den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Sie waren vornehmlich dem Konkurrentenschutz gewidmet. Es hieß: »Der anständige Gewerbetreibende« solle
vor einem »überhandnehmenden Wettbewerb« mit Sonderveranstaltungen
geschützt werden.363 In der Folgezeit wurden sie aber verstärkt unter Verbraucherschutzgesichtspunkten angewendet und gerechtfertigt.364 Eppe spricht treffend
362 BGH GRUR 1998, 1046 – Geburtstagswerbung II; Eppe WRP 2003, 29, 34 ff.
363 Vgl. die Nachweise bei Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 17 I.
364 Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 17 I; Fezer WRP 2001, 898, 1001; Eppe WRP 2003,
29, 34 f.
103
von einer »pauschal vermuteten übertriebenen Anlockwirkung«, die Sonderveranstaltungen zugeschrieben wurde.365
Anders als das RabattG und die ZugabeVO, die bereits im Jahre 2001 aufgehoben wurden, beanspruchte das Sonderveranstaltungsrecht noch bis ins Jahr
2004 Geltung. Danach wurden zum Beispiel mehrtätige Rabattaktionen, wenn sie
sich nicht nur auf einzelne Waren, sondern auf das ganze Sortiment bezogen, als
unerlaubte Sonderveranstaltungen qualifiziert.366 Eine solch restriktive Handhabung stand der mit der Liberalisierung verbundenen Zielsetzung der Belebung
des Nebenleistungswettbewerbs natürlich diametral entgegen.367 Dies hat auch
der Gesetzgeber erkannt368 und die Regeln ersatzlos aufgehoben.
Fortan steht es den Unternehmen also frei, zu jedem beliebigen Zeitpunkt im
Jahr für Tage oder Wochen, sei es auch unter dem Stichwort »Schlussverkauf«
oder »Jubiläum«, besondere Preisaktionen zu starten, die über das hinausgehen,
was früher als zulässiges Sonderangebot qualifiziert wurde. Für Bonusprogramme bedeutet dies, dass in diesen Zeiträumen beispielsweise flächendeckend
ein Mehrfaches der sonst üblichen Gutschrift erfolgen kann. Denkbar ist auch,
dass gewisse »Sommer-« oder »Winterprämien« für einen bestimmten Zeitraum
günstiger als sonst abgegeben werden. Nach Ansicht des Gesetzgebers finden solche Aktionen in Zukunft nur noch dann eine Grenze, wenn sie irreführend sind.369
Dies kann der Fall sein, wenn über den Anlass der Aktion getäuscht wird oder
wenn die Attraktivität der zu erlangenden Vergünstigungen mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand beworben wird, obwohl die Vergünstigung tatsächlich
nur sehr gering ausfällt.370
(2) Auf Stunden begrenzte Sonderaktionen
Die Aufhebung des Sonderveranstaltungsrechts darf aber nicht zu dem Schluss
verführen, dass nunmehr jegliches in zeitlicher Hinsicht begrenzte Angebot zulässig sei. Vielmehr bestehen, jedenfalls dem Grunde nach, weiterhin wettbewerbsrechtliche Bedenken, wenn besonders günstige Angebote nur für nur ganz
365 Vgl. Eppe WRP 2003, 29, 35.
366 Ausführlich hierzu Eppe WRP 2003, 29 ff unter Hervorhebung der Bemühungen der
Gerichte, solche Aktionen unter Umständen als mittlerweile branchenüblich vom Anwendungsbereich des § 7 UWG auszunehmen.
367 Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 17 I; Fezer WRP 2001, 898, 1001 »Das Verbot der
Verkaufsveranstaltungen wird zukünftig nach Aufhebung des RabattG und der ZugabeVO
geradezu anachronistisch wirken«; kritisch auch Köhler/Bornkamm/Henning-Bodewig
WRP 2003, 1317, 1326; pragmatisch Eppe WRP 2003, 29, 35 f.
368 So heißt es in der Gesetzesbegründung BT-Drucks. 15/1487 S. 14 »Das in den §§ 7 und 8
UWG a. F. geregelte Recht der Sonderveranstaltungen ist gerade nach der Aufhebung von
Rabattgesetz und Zugabeverordnung oft als übriggebliebes Liberalisierungshemmnis
angesehen worden.«
369 Vgl. BT-Drucks. 15/1487 S. 14.
370 Vgl. Emmerich Unlauterer Wettbewerb § 17 II 2.
104
kurze Zeit, zum Beispiel nur für Stunden verfügbar sind. Das LG Dresden erklärte
zum Beispiel eine auf fünf Stunden begrenzte Aktion mit preisreduzierten Sonderangeboten für unzulässig.371 Das OLG Schleswig untersagte ein Sonderangebot, dass nur einen Tag Gültigkeit hatte.372
Dem ist mit Blick auf die Beurteilung von nur kurzfristig verfügbaren Incentivierungen im Rahmen von Bonusprogrammen jedenfalls insofern zuzustimmen,
als dass man davon auszugehen hat, dass auch ein durchschnittlich informierter
und mündiger Verbraucher, nach dessen Präferenzen sich das Angebotsspektrum
der Wettbewerber schließlich zu gestalten hat, seine Rolle als vollwertiger Marktteilnehmer nur dann fehlerfrei ausüben kann, wenn er die Möglichkeit hat, alle
bestehenden Alternativen ausreichend zu reflektieren und zu vergleichen. Ist dies
aber bereits aus zeitlichen Gründen nicht der Fall, ist es in der Tat möglich, dass
die Kaufentscheidung wegen eben dieses zeitlichen Drucks über Gebühr beeinträchtigt wird.373 Dies verkennt Ruoff, der allein darauf abstellen möchte, ob die
Zeitvorgabe der Wahrheit entspricht oder nicht.374
Allerdings, und möglicherweise kommt dies der Ansicht Ruoffs nahe, wird es,
wenn man die Rationalität der Verbraucherentscheidung als Maßstab wirklich
ernst nimmt, in diesen Situationen maßgeblich darauf ankommen müssen, welchen werblichen Vorlauf eine solche zeitlich begrenzte Aktion hat. Soweit
ersichtlich, wurde dies in den genannten Judikaten bisher nicht berücksichtigt. Es
muss aber einen Unterschied machen, ob eine auf Stunden begrenzte Aktion beispielsweise durch Werbebeilagen in Zeitungen, im Radio oder im Fernsehen
bereits viele Tage im Voraus angekündigt wird oder aber nur ganz kurzfristig,
möglicherweise erst am Tag der Aktion selbst. Im ersteren Fall stehen vor dem
Hintergrund des zugrunde zu legenden geänderten Verbraucherleitbildes auch
zeitlich nur auf Stunden begrenzten Aktionen wie zum Beispiel (regelmäßig wiederkehrenden) »Happy Hour«-Aktionen keine lauterkeitsrechtlichen Bedenken
entgegen.
bb) Schwellenwerte und Verfallsdaten (Bezug über Bedarf)
Auch der Einsatz von Schwellenwerten, insbesondere einer Realisierungsschwelle in Kombination mit Verfallsdaten, kann das Kaufverhalten der Teilnehmer eines Bonusprogramms beeinflussen. Die meisten Bonusprogramme sehen
vor, dass das erwirtschaftete Punkteguthaben erst ab einer gewissen Schwelle, sei
371 LG Dresden WRP 2002, 261 – Angebote nur am Sonntag; OLG Zweibrücken GRUR 1997,
69 – Super-Preis-Hit.
372 OLG Schleswig NJWE-WettbR 1997, 16.
373 Harte/Henning/Stuckel § 4 Rn. 48; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.95; ders.
GRUR 2003, 729, 738; ders. GRUR 2001, 1067, 1074; Berneke WRP 2001, 615, 619;
Heermann WRP 2001, 855, 864; ebenso Eppe WRP 2004, 153, 160 f; vgl. Fezer/Steinbeck
§ 4-1 Rn 209.
374 Ruoff S. 176.
105
es in Bar- oder Buchgeld oder in Prämien, umgetauscht werden kann (sog. Realisierungsschwelle). Gleichzeitig hat das Guthaben aber in der Regel nur einen
gewissen Gültigkeitszeitraum. Der Kunde kann also unter Umständen in die Situation geraten, dass, wenn er die besagte Schwelle im vorgegebenen Zeitraum
nicht nehmen kann, sein bereits erwirtschaftetes Guthaben gänzlich verfällt, obwohl er zumindest Teile seiner Bezüge bereits auf das System konzentriert hat.
Davon ist die Situation zu unterscheiden, in der der Teilnehmer zwar schon ein
realisierungsfähiges Guthaben vorweisen kann, ihn aber weitere Bezüge in die
Lage versetzen würden, die nächst höhere Prämienstufe zu erlangen. Droht aber
der Verfall, möglicherweise auch nur eines Teils seines Guthabens, muss er diese
schnell tätigen.
(1) Kritische Stimmen in der Literatur
Den Einsatz einer Realisierungsschwelle in Kombination mit einer zeitlichen
Komponente im Rahmen von Bonusprogrammen beurteilen in der juristischen
Literatur vor allem Berneke und Fritzsche besonders kritisch. Das Verdikt der Unlauterkeit stützen sie auf die Vermutung, dass es dem Teilnehmer besonders
schwer fallen wird, sich auch da noch strikt an seinen »Bedarf« zu halten, wenn
nur wenig Umsatz fehlt, um eine reizvolle Vergünstigung zu erlangen.375
Auch die OECD äußert diesbezüglich Bedenken. Der Verbraucher werde,
wenn er bereits über ein gewisses Guthaben verfüge, aber noch weitere Einheiten
der internen Währung (bei Miles & More z.B. »Meilen«) benötige, um in den
Genuss einer Prämie zu gelangen, weniger gewillt sein das Angebot eines anderen Anbieters anzunehmen, auch wenn dies für ihn günstiger wäre. Dies werde
verstärkt, wenn das Guthaben zu verfallen drohe.376
(2) Ansichten in der Rechtsprechung
Bei einer Betrachtung der Rechtsprechung muss zwischen den Zeiten vor und
nach der Geltung des RabattG unterschieden werden.
Zu Zeiten der Geltung des RabattG war der Einsatz von gestreckten Incentivierungen stark reglementiert. Nach § 4 Abs. 1 RabattG war die Bindung der
375 Berneke WRP 2001, 615, 618; Fritzsche BB 1999, 273, 277; siehe auch Piper/Ohly § 4.1
Rn. 1/130 f; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.104; ders. GRUR 2001, 1067, 1075;
Schricker/Henning-Bodewig WRP 2001, 1367, 1403.
376 »As a traveller approaches one of the miles thresholds, he is less and less willing to consider
travelling with another airline even if a lower fare is offered to opt for a competitor’s lower
fare might mean indefinitely postponing receiving a free flight, especially if the accumulated miles are lost if not redeemed within a set period of time.« OECD DAFFE/COMP
(2002)21, S. 23; speziell für Vielfliegerprogramme auch Beyhoff Int. Verkehr, 334 ff;
Woerz Deregulierungsfolgen, S. 68 und 140 ff.
106
Rabattausschüttung nur an einen Mindestumsatz von maximal 50 DM erlaubt,
soweit sich die Rabatthöhe im Rahmen der vorgesehenen 3% hielt. Das OLG
Hamm untersagte dementsprechend die Gewährung eines Barzahlungsrabattes,
der davon abhängig war, dass der Kunde innerhalb von 6 Monaten einen Mindestumsatz von insgesamt 500 DM tätigte.377
Die bereits aus dem Jahre 1978 stammende »RAMA-Mädchen«-Entscheidung
des KG betraf eine auf vier Monate begrenzte Werbeaktion einer marktbeherrschenden Tochtergesellschaft des Unilever-Konzerns, in der den Verbrauchern
bei Einsendung von zwölf auf den Deckeln der 500g Becher aufgedruckten
»RAMA-Mädchen« eine Vergütung von 3 DM versprochen worden war, was
10,7% des durchschnittlichen Einzelhandelsverkaufspreises entsprach. Zwar war
eine derartig hohe Rabattierung trotz der damaligen Geltung des RabattG möglich, da § 13 DVO RabattG für Markenwaren hier eine Ausnahme vorsah. Das
Gericht war aber dennoch der Ansicht, dass diese Maßnahme als unsachliche
Beeinflussung wirke. Denn der Käufer würde wegen der zeitlichen Begrenzung
unter Druck gesetzt, in kurzer Zeit die zwölf Abschnitte zu sammeln, um in den
Genuss der Vergünstigung zu gelangen. Eine Untersagung unterblieb im konkreten Fall nur, weil die erforderlichen Marktwirkungen nicht nachgewiesen werden konnten.378
Auch nach der Aufhebung des RabattG und der ZugabeVO trat in einer Entscheidung des OLG Jena eine vergleichbare Wertung zu Tage. Das Gericht untersagte die Ausgabe von Abo-Karten für Haarfärbung, da erst sieben Haarcolorationen innerhalb eines Jahres in Anspruch genommen werden müssten, um eine
achte umsonst zu bekommen.379 Das Gericht war der Ansicht, das Angebot verleite den Kunden dazu, die genannten Dienstleistungen »über Bedarf« zu beziehen. Wegen der zeitlichen Begrenzung und Höhe der Vergünstigung führe dies zu
einem übertriebenen Anlocken.380
Weniger streng argumentierte das OLG Köln hingegen in Bezug auf eine Werbung des Miles & More-Programms. Dabei ging es um eine Werbung der Programmbetreiber, in der die Prämien, die bei entsprechenden Guthaben erlangt
werden können, dargestellt wurden. Konkret wurden zum Beispiel »Gourmetfreuden zu Hause« bei 500.000 Meilen, in einem Restaurant bei 70.000 Meilen
etc. beworben. Das Gericht hielt dies für zulässig. Insbesondere gehe von der
Werthaltigkeit der in Aussicht gestellten Prämien kein übertriebenes Anlocken
377 OLG Hamm WRP 2000, 796; vgl. auch OLG Düsseldorf EWiR 1999, 596.
378 KG WuW/E OLG 1983, 1986 – RAMA-Mädchen. Es war nicht nachweislich, dass durch
die konkrete Maßnahme eine nicht nur vorübergehende und nicht unerhebliche Gefährdung des Restwettbewerbes gegeben sei, da keine konkret zu fassenden Umstände der
Gefahr einer unabwendbaren Verdrängung von Mitbewerbern vorliege, weshalb das
Gericht die Maßnahme billigte. Vgl. KG WuW/E OLG 1983, 1987 f. – RAMA-Mädchen.
379 OLG Jena GRUR-RR 2002, 32.
380 OLG Jena GRUR-RR 2002, 32, 34; vgl. auch BGH GRUR 1981, 286, 287 – Goldene Karte
I.
107
aus.381 Daran ändere sich auch nichts, wenn die Erreichung eines Schwellenwertes zur Erlangung einer attraktiven bzw. attraktiveren Prämie bevorstehe.
Auch hier werde der Kunde nicht ohne jede Abwägung entscheiden. Entscheide
er sich im Zweifel dennoch für den Systemanbieter, läge darin lediglich ein im
Interesse des Wettbewerbs gewünschter Anlockeffekt.382 Anzumerken ist hier
aber, dass das Gericht die Frage des drohenden Verfalls in der genannten Entscheidung nicht angesprochen hat.
Deutlich liberalere Töne schlägt auch der BGH in der »Treue-Punkte«-Entscheidung an. Hierbei ging es um eine Aktion eines Einzelhandelsunternehmens,
in der mit einigen Wochen Vorlauf pro 10 DM Umsatz Treuemarken ausgegeben
wurden, die ab einem gewissen Zeitpunkt 14 Tage lang gegen gewisse, teils
eigens für die Aktion hergestellte Prämien eingetauscht werden konnten. Der Vorrat dieser Prämien war allerdings begrenzt, weshalb die Aktion unter dem Vorbehalt »solange der Vorrat reicht« beworben wurde. Das Gericht sah dies als zulässig an. Bei einem verständigen Verbraucher habe dies trotz der Möglichkeit des
Nichterreichens der nötigen Anzahl von Punkten bzw. der Nichtverfügbarkeit
einer ins Auge gefassten Prämie nicht zur Folge, dass die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund trete. Der Kunde sei auch unter
solchen Umständen nicht gehindert, seine Kaufentscheidung in Ruhe und in
Abwägung der Vor- und Nachteile zu treffen.383
(3) Stellungnahme
Sowohl die »Treue-Punkte«-Entscheidung des BGH als auch die genannte Entscheidung des OLG Köln sind zu begrüßen. Es gilt aber, wie oben bereits angesprochen, zwischen dem Einsatz einer Realisierungsschwelle und sonstigen
Schwellenwerten zu differenzieren.
Zunächst ist festzustellen, dass, im Wertungseinklang mit den genannten
Gerichtsentscheidungen, der Einsatz einer Realisierungsschwelle in Kombination mit einer begrenzten Gültigkeit der einzelnen Gutschrift im Rahmen von
Bonusprogrammen, wie hoch diese auch sein mag, fortan als grundsätzlich zulässig anzusehen ist. Hierfür spricht zum einen der durch die ersatzlose Aufhebung
des § 4 Abs. 1 RabattG zum Ausdruck kommende Liberalisierungswille des
Gesetzgebers. Aber auch nach der Liberalisierung kann die Befürchtung
Bernekes, Fritzsches sowie die des OLG Jena, es bestünde die Gefahr eines
»Bezugs über Bedarf« nicht als Anknüpfungspunkt für die Begründung des
Unlauterkeitsvorwurfs herangezogen werden. Von einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher wird man erwarten können, dass sich die-
381 OLG Köln GRUR-RR 2002, 115, 116 (nicht rechtskräftig; Revision wird beim BGH unter
Az. I ZR 5/02 geführt).
382 OLG Köln GRUR-RR 2002, 115, 117 (nicht rechtskräftig; Revision wird beim BGH unter
Az. I ZR 5/02 geführt).
383 BGH GRUR 2004, 344 f – Treue-Punkte.
108
ser vorher überlegt, ob die Angebotspalette eines Bonusprogramms für ihn so
attraktiv ist, dass er voraussichtlich die Realisierungsschwelle erreichen wird.384
Seinen »Bedarf« festzulegen obliegt jedenfalls nur ihm selbst und ist keine justiziable Größe.385 Hieran ändert auch der Einsatz von Verfallsdaten nichts, denn
schließlich sind diese von vorneherein bekannt und werden in die Entscheidung
mit einfließen.386 Erscheint die aufgelegte Schwelle als zu hoch bzw. der Zeitraum
als zu kurz, wird man annehmen müssen, dass sich der Durchschnittsverbraucher
gegen die Teilnahme am System entscheiden wird.
Allerdings gilt es sich zu vergegenwärtigen, dass Bonusprogramme ihre Teilnehmer in aller Regel nicht in allzu extreme Entscheidungszwänge bringen werden. Es kann nicht im Interesse des Anbieters eines Bonusprogramms liegen, die
Erwartungen seiner Kunden derart zu frustrieren, dass ihnen trotz regelmäßiger
Bezüge gar keine Belohnung bleibt.387 So ist beim Miles & More-Programm die
günstigste Sachprämie beispielsweise für 19.500 Meilen zu haben, bei HappyDigits liegt die Realisierungsschwelle bei 750 Punkten. Eine Gutschrift hat in beiden Programmen eine Geltungszeit von 3 Jahren. Diese Hürden scheinen durchaus zielgruppengerecht zu sein.
Wenn die Realisierungsschwelle schließlich überschritten ist, kann auch der
Anreiz, durch »Weitersparen« in den Genuss einer werthaltigeren Prämie zu
gelangen, lauterkeitsrechtlich nicht beanstandet werden.388 Die Aussicht auf eine
höherwertige Prämie ist durchaus interessengerecht, steht ihr schließlich auch ein
erhöhter Umsatz gegenüber. Droht in dieser Situation der Verfall des gesamten
Guthabens oder eines Teils, so hat der Teilnehmer stets die Möglichkeit sein Guthaben gegen eine dem gegenwärtigen Stand entsprechende Prämie einzutauschen. Die »Prämienwelten« der gängigen Bonusprogramme sind jedenfalls so
konzipiert, dass es auf jeder »Stufe« eine relativ breite Auswahl an Prämien gibt
und somit für jeden etwas dabei sein wird.389 Entscheidet sich der Teilnehmer für
das Weitersparen, geschieht dies also nicht aus einer Zwangslage heraus. Schließlich gilt es auch zu berücksichtigen, dass es ein gewichtiges Interesse der Unternehmen gibt, nicht für jeden Punktestand eine entsprechende Prämie vorhalten zu
müssen.
384 Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 321; vgl. BGH GRUR 1999, 755 – Altkleider-Warengutschein.
385 Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 209; Ruoff S. 222.
386 Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 322.
387 Vgl. Ruoff 222.
388 OLG Köln GRUR-RR 2002, 115, 117 (nicht rechtskräftig; Revision wird beim BGH unter
Az. I ZR 5/02 geführt).
389 So Ruoff S. 221 f; Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn 321. Vgl. auch die Wertung bei BGH GRUR
1999, 755, 756 – Altkleider-Wertgutschein, nach der für den Fall der Ausgabe von Wertgutscheinen die Gefahr der übertriebenen Anlockwirkung dieser Maßnahme mit der Zahl
der Akzeptanzstellen sinkt.
109
cc) Das so genannte principal-agent-Problem
Abschließend sei auf das so genannte principal-agent-Problem eingegangen. Gerade im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ist es üblich, dass der Arbeitgeber für
die Reisekosten seines Arbeitnehmers aufkommt, wohlwissentlich, dass dieser,
wenn er die Leistungen innerhalb eines Bonusprogramms (beispielsweise Miles
& More) in Anspruch nimmt, die ausgelobten Vergünstigungen zu seiner freien
Verfügung benutzt.
Fritzsche sieht hierin die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung, da dies
dazu führe, dass der Angestellte seine Bezüge unter Außerachtlassung anderer
Angebote nur deshalb auf das Programm konzentriert, weil er eine (flugfremde)
Zusatzleistung erlangen will.390 Schärfer formuliert Borck, der der Ansicht ist, das
Bonusmeilensystem Miles & More diene »der Korrumpierung der durch dieses
System in Versuchung geführten Entscheidungsträger« und sei deshalb unlauter.391
Dies ist mit Steinbeck abzulehnen. Richtig ist, dass in dieser Situation die
finanzielle Belastung der Nachfrageentscheidung als Korrektiv im Auswahlprozess fehlt. Der Kunde entscheidet sich hier in der Tat eventuell für eine Leistung,
die er ohne die in Aussicht gestellte Vergünstigung nicht gewählt hätte. Deshalb
aber von einer unsachlichen Beeinflussung im Sinne eines übertriebenen Anlockens auszugehen, geht zu weit. Zum einen werden gerade Geschäftskunden trotz
der fehlenden finanziellen Belastung nicht ausschließlich solche Leistungen in
Anspruch nehmen, die ihnen eine persönliche Vergünstigung versprechen. Vielmehr werden Kriterien wie die konkrete Abflugzeit, Pünktlichkeit, Sicherheit und
möglicherweise auch das Renommee des Anbieters die Auswahlentscheidung
determinieren.392 Den genannten Auffassungen stehen aber auch grundsätzliche
Bedenken entgegen. So gilt es zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit, dass ein
Käufer das finanzielle Risiko eines Kaufs nicht selbst trägt, grundsätzlich bei
allen entgeltlichen Geschäften besteht. Auch bei Bonusprogrammen kann es aber
nur allein demjenigen, der auch die Kosten hierfür trägt, obliegen zu kontrollieren, ob seine Interessen gewahrt werden. Einen Anknüpfungspunkt für ein übertriebenes Anlocken bietet diese Kosten- bzw. Risikoverteilung jedenfalls nicht.393
4. Ergebnis und Abgleich mit der Unlauterkeitsrichtlinie
Es kann also festgehalten werden, dass eine unangemessene unsachliche Beeinflussung iSd § 4 Nr. 1 3. Alt. UWG im Rahmen von Bonusprogrammen nur in Betracht kommt, wenn besondere Vergünstigungen ohne angemessenen werblichen
390 Fritzsche BB 1999, 273, 277; vgl. bereits Maluga WRP 1996, 184, 189.
391 Borck WRP 2002, 1131, 1132; ders. WRP 1996 965, 972 f.
392 Vgl. hierzu die Wertung der bereits angesprochenen Entscheidung des OLG Köln GRUR-
RR 2002, 115.
393 Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 323.
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Vorlauf für nur ganz kurze Zeit in Aussicht gestellt werden. Solange dies nicht
der Fall ist, sind sowohl besonders werthaltige Angebote, sei es auch unter Einsatz von Schwellenwerten oder Bonusstaffeln, aus Verbrauchersicht nicht zu beanstanden. Auch die mit dem principal-agent-Problem umschriebene Kostenbzw. Risikoverteilung vermag den Unlauterkeitsvorwurf nicht zu begründen.
Die getroffenen Wertungen stimmen mit dem überein, was in der am 12. Juni
2005 in Kraft getretenen und bis zum 12. Juni 2007 in nationales Recht umzusetzenden Unlauterkeitsrichtlinie vorgesehen ist. Schwerpunktmäßig erfasst diese
nur irreführende (Art. 6 und 7) und aggressive (Art. 8 und 9) Geschäftspraktiken.
Die hier im Hinblick auf ein übertriebenes Anlocken verworfenen Auffassungen
lassen sich jedenfalls nicht unter den Topos aggressive Geschäftspraktik subsumieren, denn ausweislich des Art. 2 lit. j), des Art. 9 und des Anhangs I Nr. 24 ff.
fallen hierunter nur nötigende bzw. machtbedingte oder belästigende Geschäftspraktiken.394 Aber auch die Generalklausel des Art. 5 der Richtlinie wird keinen
Anknüpfungspunkt für derartige Wertungen bieten.395 Sowohl in Art. 2 lit e) als
auch in den Erwägungsgründen 6 und 7 kommt zum Ausdruck, dass die Richtlinie
lediglich die Informiertheit des Verbrauchers im Blick hat. Erwägungen, die die
werthaltige Übermäßigkeit eines Angebots im Blick haben, finden in diesem
Konzept keinen Platz.396 Auch aus dem Vorschlag zu einer Sales-Promotion-Verordnung geht hervor, dass Verkaufsförderungsmaßnahmen aus europäischer Sicht
vorzugsweise unbegrenzt zulässig sein sollten, wenngleich die konkret vorgeschlagenen Informationspflichten abzulehnen sind.397
E. Zusammenfassung
Aus Verbrauchersicht sind Bonusprogramme also dann unlauter, wenn auch der
mündige Verbraucher wegen der Unzulänglichkeit der bereitgehaltenen Informationen die Bedingungen und Wertigkeit des Programms nicht ausreichend abschätzen kann oder wenn er in zeitlicher Hinsicht derart unter Druck gesetzt wird,
dass er keine rationale Kaufentscheidung fällen kann. Auch der mündige Verbraucher benötigt bei komplexen Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Bonusprogrammen einige Basisinformationen, die die Programmausrichter für ihn bereithalten müssen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist § 4 Nr. 4 UWG, der allerdings im Hinblick auf Art und Zeitpunkt der Informationsbereitstellung situationsadäquat im Sinne des Modells der abgestuften Information ausgelegt werden
muss. In Fragen der Preistransparanz ist § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG der richtige dog-
394 MünchKommUWG/Micklitz EG H Rn. 28.
395 Zum Generalklauselcharakter des Art. 5 der Unlauterkeitsrichtlinie vgl. Lettl WRP 2004
1079, 1100; Henning-Bodewig GRUR Int. 2005, 629, 631.
396 Vgl. Henning-Bodewig GRUR Int. 2005, 629, 631.
397 Zur Sales-Promotion-Verordnung und der deutschen Fallgruppe des übertriebenen Anlockens vgl. Lettl WRP 2004 1079, 1102; zu diesem Vorschlag allgemein oben Kap 3 C. II.
2. a).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit untersucht Bonusprogramme wie Miles & More oder Payback aus lauterkeits- und kartellrechtlicher Sicht. Sie präzisiert den gängigen Terminus Kundenbindungssystem vor dem Hintergrund wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.
Einen Schwerpunkt stellen die lauterkeitsrechtlichen Anforderungen an die Transparenz solcher Programme dar. Dabei wird zwischen der Transparenz der Inanspruchnahmebedingungen und der Werttransparenz unterschieden. Die Frage, inwiefern Bonusprogramme mit den Missbrauchstatbeständen des deutschen und europäischen Kartellrechts konfligieren können, bildet einen weiteren Schwerpunkt. Neben den Grenzen der Angebots- und Preisgestaltungsfreiheit wird hier der Aspekt der Sogwirkung diskutiert.