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Markt – gebührend Rechnung zu tragen. Die mit dieser Norm einhergehenden
Nachteile werden sogleich noch ausführlich behandelt.
Abschließend sei angemerkt, dass das UWG die Verbraucherinteressen nicht
nur in informationeller Hinsicht schützt. Vergleichbar mit den Vorgaben der
Art. 8 und 9 der Unlauterkeitsrichtlinie, handelt nach § 4 Nr. 1 UWG unlauter,
wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher durch Ausübung von Druck, in menschenverachtender
Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. In § 7 UWG schließlich sind Handlungen kodifiziert, die eine unzumutbare Belästigung darstellen.
D. Die lauterkeitsrechtlichen Anforderungen im Einzelnen
Nachdem nun die Grundkoordinaten zum Schutz der Verbraucherinteressen im
Rahmen von Verkaufsförderungsmaßnahmen dargestellt worden sind, sollen im
Folgenden die einzelnen kritischen Parameter von Bonusprogrammen genauer
untersucht werden. In diesem Zusammenhang lässt sich eine Grobeinteilung einerseits nach den Anforderungen an die Transparenz und andererseits nach den
Gefahren der unsachlichen Beeinflussung durch einzelne Komponenten von Bonusprogrammen vornehmen.
I. Anforderungen an die Transparenz von Bonusprogrammen
Um komplexe Systeme wie Bonusprogramme durchschauen zu können, ist der
Verbraucher auf Informationen angewiesen. Nur wenn ein hinreichendes Informationsniveau besteht kann eine rationale Entscheidung darüber getroffen werden, ob die Teilnahme an einem solchen System sinnvoll ist. Hierzu bedarf es einerseits Informationen darüber, welche Vorraussetzungen erfüllt sein müssen, um
überhaupt in den Genuß der ausgelobten Prämien zu gelangen. Damit ist die
Frage nach der Transparenz der Bedingungen der Inanspruchnahme angesprochen. Andererseits muss der Verbraucher auch abschätzen können, welchen wirtschaftlichen Vorteil die Teilnahme an einem solchen Programm mit sich bringt.
Damit ist die Frage nach der Werttransparenz von Bonusprogrammen angesprochen. Maßgeblich ist jeweils die Sicht eines mündigen Verbrauchers.
1. Rechtsquellen von Informationspflichten im UWG
Um ein gewisses Informationsniveau im Falle von Verkaufsförderungsmaßnahmen zu gewährleisten, hält das Gesetz zwei Anknüpfungspunkte bereit.
Zum einen gebietet es § 4 Nr. 4 UWG, bei Verkaufsförderungsmaßnahmen die
Bedingungen der Inanspruchnahme klar und eindeutig anzugeben. Die Norm
55
wurde im Zuge der UWG-Novelle 2004 geschaffen. Mit ihr soll dem erhöhten
Informationsbedarf des Verbrauchers im Falle von zusätzlichen Vergünstigungen
Rechnung getragen werden.180 Vorbild der Regelung war der auf den elektronischen Geschäftsverkehr zugeschnittene Art. 6 lit. c) der e-commerce-Richtlinie, der in den Vorschriften des § 10 Abs. 4 Nr. 3 des Mediendienste-Staatsvertrages und des § 6 Abs. 1 Nr. 3 des Telemediengesetzes seine Umsetzung gefunden hat. Der Gesetzgeber hat die Vorschrift nun auch auf das allgemeine Lauterkeitsrecht übertragen, weil »eine unterschiedliche Behandlung des elektronischen Geschäftsverkehrs in diesen Fällen nicht sachgerecht ist.«181
Informationspflichten ergeben sich aber auch aus § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG.
Auch diese Norm hat erst mit der Novelle 2004 Einzug ins Gesetz gehalten.
Danach kann auch ein Verschweigen einer Tatsache irreführend sein. Dabei
kommt es auf die Bedeutung der Tatsache für den Vertragsschluss nach der Verkehrsauffassung sowie auf die Eignung des Verschweigens zur Beeinflussung der
Entscheidung an. Hierbei handelt es sich um ungeschriebene Informationspflichten, die sich aus dem Irreführungsverbot ableiten. Die Norm erfordert es –
anders als § 4 Nr. 4 UWG – in jedem Einzelfall die involvierten Interessen unter
Berücksichtigung der jeweiligen Umstände sorgfältig auszutarieren, um festzustellen, über welche Umstände eines Angebotes aufzuklären sind und über welche
nicht. Entscheidend ist hierbei jedoch nicht, ob eine Marktentscheidung tatsächlich unzulässig beeinflusst wurde. Ausreichend ist vielmehr, dass die fragliche
Maßnahme generell geeignet ist, bei einem mündigen Verbraucher eine Fehlvorstellung hervorzurufen und die zu treffende Entscheidung in wettbewerblich relevanter Weise zu beeinflussen.182 Dem Relevanzerfordernis kommt dabei einschränkender Charakter zu. Die Verletzung des Wahrheitsgebotes soll nur dann
sanktioniert werden, wenn es eine gewisse Bedeutungsschwelle überschritten
wurde, da sonst die Funktionen des Wettbewerbs nicht berührt sind.183
Zum Verhältnis der beiden Normen lässt sich Folgendes sagen: Fällt ein Sachverhalt nicht unter § 4 Nr. 4 UWG – etwa weil nicht die Bedingungen der Inanspruchnahme betroffen sind – bleibt immer noch zu überprüfen, ob eine unterbliebene Information nicht einen Fall der Irreführung durch Unterlassen nach
§ 5 Abs. 2 Satz 2 UWG darstellt.184 Andererseits wird man jedoch nicht annehmen können, dass jede Verletzung von § 4 Nr. 4 UWG automatisch den Tatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG erfüllt, denn das Konzept des § 4 Nr. 4 UWG
ist vom Grundsatz her starrer und damit tendenziell strenger als das des § 5 Nr. 2
Satz 2 UWG. Es bleibt aber abzuwarten, ob sich im Rahmen der Anwendung des
180 BT-Drucks. 15/1487, S. 17.
181 BT-Drucks. 15/1487, S. 17.
182 BT-Drucks. 15/1487, S. 19; MünchKommUWG/Reese § 5 Rn. 216 ff; Hefermehl/Köhler/
Bornkamm § 5 Rn. 2.169 ff; Lettl WRP 2004, 1079, 1115 mwN; vgl. auch BGH GRUR
2004, 437, 438 – Fortfall einer Herstellerpreisempfehlung.
183 BGH GRUR 2000, 914, 915 – Tageszulassung II; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rn.
2.169 ff; MünchKommUWG/Reese § 5 Rn. 216 ff.
184 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.6; MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn.
16 ff.
56
§ 4 Nr. 4 UWG nicht eine flexible und situationsadäquate Praxis herausbilden
wird, nach der sich die Beurteilungsmaßstäbe der Normen annähern, wenn nicht
gar decken.
2. Bonusprogramme im Anwendungsbereich des § 4 Nr. 4 UWG
§ 4 Nr. 4 UWG ist speziell auf den Bereich der Verkaufsförderungsmaßnahmen
zugeschnitten. Da Bonusprogramme eine – wenn auch systematische – Verkaufsförderungsmaßnahme darstellen, fallen auch diese in den Anwendungsbereich
der Norm.185
Jedenfalls für Bonusprogramme ist es dem Grundsatz nach zu begrüßen, dass
durch ausdrückliche Informationspflichten versucht wird, ein gewisses Informationsniveau des Verbrauchers zu sichern. Auch für einen mündigen Verbraucher
sind nämlich die Bedingungen der Inanspruchnahme von Vergünstigungen im
Rahmen von Bonusprogrammen zuweilen nur schwer zu durchschauen. Angesichts der Komplexität mancher Programme ist es deshalb gerechtfertigt, dem
ausrichtenden Unternehmen die Verpflichtung aufzuerlegen, dem Teilnehmer
einen effizienten Zugang zu allen notwendigen Informationen zu ermöglichen,
um Fehlvorstellungen über die Funktionsweise des jeweiligen Programms zu vermeiden.
Fraglich ist jedoch, in welchem Umfang und auf welche Art und Weise dies zu
geschehen hat. Problematisch ist dabei zum einen welche Informationen genau
von dem Begriff »Bedingungen der Inanspruchnahme« erfasst sind. Unproblematisch kann dies zunächst für gewisse Basisinformationen, wie die Modalitäten der
Währungsgutschrift und der Prämieneinlösung gesagt werden. Zweifelhaft
erscheint dies jedoch für die Frage nach der Werttransparenz von Bonusprogrammen. Der genaue monetäre Gegenwert eines einzelnen Bonuspunktes kann nämlich schon begrifflich nur schwer als Bedingung der Inanspruchnahme aufgefasst
werden. Im Folgenden soll nun zunächst auf den Bereich der stets anzugebenden
Basisinformationen eingegangen werden. Dabei soll auch die weitere entscheidende Frage im Rahmen des § 4 Nr. 4 UWG geklärt werden, in welcher Form und
zu welchem Zeitpunkt diese Informationen dem Verbraucher zur Verfügung
gestellt werden müssen. Die Frage nach den Anforderungen an die Preistransparenz von Bonusprogrammen sowie nach dem richtigen dogmatischen Anknüpfungspunkt wird dann unten in einem eigenen Abschnitt erörtert.
a) Basisinformationen im Rahmen von Bonusprogrammen
Als Bedingungen der Inanspruchnahme der Vorteile eines Bonusprogramms im
Sinne von § 4 Nr. 4 UWG werden in der Literatur übereinstimmend all die Kon-
185 Vgl. auch BT-Drucks. 15/1487, S. 17 »Kundenbindungssysteme«.
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ditionen angesehen, die gegenwärtig in den jeweiligen Teilnahmebedingungen
ausgeführt sind.186 Dies ist zutreffend. Diese Informationen sollen im Folgenden
als Basisinformationen bezeichnet werden. Hierzu gehören Informationen darüber, welche Unternehmen an dem Programm teilnehmen und ob der Anwendungsbereich des Programms in räumlicher oder persönlicher Hinsicht in irgendeiner Weise begrenzt ist. Ferner ist es erforderlich, die Modalitäten der Währungsgutschrift deutlich zu machen, ob zum Beispiel eine Gutschrift nur bei bestimmten Waren bzw. Dienstleistungen oder bei allen erfolgt. Von herausragender
Bedeutung ist es weiter, den Verbraucher darüber aufzuklären, ob die Gutschrift
nur eine begrenzte Gültigkeit hat bzw. wie lang deren Gültigkeitszeitraum ist. Besteht die Möglichkeit der Barauszahlung und hängt diese von einem Mindestguthaben ab, muss auch dies angegeben werden. Sieht ein System die Transferierung
des ganzen oder eines Teils des Währungsguthabens in ein anderes System vor,
wie dies häufig der Fall ist, muss angegeben werden, zu welchen Konditionen
dies erfolgt.
Ferner müssen im Rahmen von Bonusprogrammen die Modalitäten der Prämiengewährung deutlich gemacht werden. In erster Linie muss klar sein, welche
Prämien verfügbar sind und welcher Punktewert für die Einlösung aufgebracht
werden muss bzw. ob etwaige Zuzahlungen zwingend erforderlich sind. Weiter
muss angegeben werden, wer im Falle von Mängeln des Prämiengegenstandes für
die Gewährleistung einzustehen hat. Auch die Tatsache, dass eine Prämie nur
begrenzt verfügbar ist und deshalb möglicherweise zur Zeit des Erreichens des
erforderlichen Guthabens bereits vergriffen ist, ist dem Wortsinn nach eine
Bedingung der Inanspruchnahme und muss entsprechend deutlich gemacht werden.187
b) Zeitpunkt und der Art der Bereitstellung
Es ist grundsätzlich begrüßenswert, wenn seitens des Gesetzgebers versucht wird
zu gewährleisten, dass dem Verbraucher die genannten und aus dessen Sicht sicherlich unverzichtbaren Informationen aktiv zugänglich gemacht werden müssen. Der Versuch, dies in einen konkreten Gesetzeswortlaut zu fassen, kann aber
nicht als geglückt bezeichnet werden. Über die konkrete Art und den Zeitpunkt
der Bereitstellung dieser Informationen besteht deshalb Uneinigkeit.188
Probleme leiten sich vor allem daraus ab, dass nach der Formulierung des
§ 4 Nr. 4 UWG die Bedingungen der Inanspruchnahme bei der Verkaufsförde-
186 Vgl. hierzu die allgemeinen Ausführungen bei Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 20 ff; Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 36 ff; Heermann WRP 2005, 141, 145.
187 Zutreffend Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 32; dies verkennen Steingass/Teworte WRP
2005, 676, 684 f und wohl auch Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 26.
188 Vgl. Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 24 ff und Harte/Henning/Bruhn § Rn 63 ff einerseits und
MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 76 ff andererseits; ausführlich hierzu unten
Kap. 3 D. I. 3. b).
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rungsmaßnahme klar und eindeutig anzugeben sind. Dies lässt sich so interpretieren, dass alle aufgezeigten notwendigen Angaben für ein Bonusprogramm
bereits in der konkreten Werbung selbst vollumfänglich zum Ausdruck kommen
müssen. Die Möglichkeit, im Rahmen einer Printanzeige eine bestimmte Prämie
herauszustellen und etwa im Wege eines Sternchenhinweises auf die Teilnahmebedingungen oder auf die Prämienbroschüre des jeweiligen Programms zu verweisen, schlösse eine solche enge Interpretation aus. Die Bereitstellung dieser
weiterführenden Informationen würde nämlich nicht mehr bei der Verkaufsförderungsmaßnahme erfolgen, sondern im Zweifel erst zeitlich versetzt. Die Konsequenz wäre, dass für komplexe Bonusprogramme nur noch eine schlichte Aufmerksamkeitswerbung189 für die Existenz des Bonusprogramms selbst in Frage
käme. Eine darüber hinausgehende Werbung, in der auf konkrete Angebote innerhalb des Systems hingewiesen wird, wäre de facto nicht mehr darstellbar. Insbesondere Heermann und Steingass/Teworte wollen dies so hinnehmen.190 Als
Bestätigung der Sichtweise wird auf die Wertungen der »Bonusmeilen«-Entscheidung aus dem Jahre 1999 verwiesen.191
Dies muss vor dem Hintergrund der gebotenen Gewährleistung der Handlungsbzw. Werbefreiheit der Unternehmen Bedenken aufkommen lassen, zumal ein
derartig weitgehender Einschnitt aus Verbrauchersicht auch nicht zwingend
erforderlich erscheint.
Zum ersten ist schon der angesprochene Verweis auf die »Bonusmeilen«-Entscheidung nicht tragfähig, denn dieser Fall weist zahlreiche Besonderheiten auf
und kann insofern nicht als verallgemeinerungsfähig betrachtet werden. Konkret
ging es um eine Zeitungswerbung des Kreditkartenunternehmens American
Express. Gegen Zahlung einer geringfügig erhöhten Jahresgebühr wurden dem
Kunden je 10 DM getätigten Umsatzes so genannte Bonusmeilen in Aussicht
gestellt, die zunächst auf einem Meilenkonto bei American Express geführt werden sollten. Ab einem Stand von 750 Meilen bestand die Möglichkeit, das Guthaben in Währungen anderer Bonusprogramme einzutauschen, unter anderem in
Meilen des Miles & More-Systems. Eigene Prämien sah American Express nicht
vor. In den ebenfalls in der Werbung abgedruckten allgemeinen Teilnahmebedingungen hieß es sinngemäß: Die Umrechnung in die Währung anderer Systeme
erfolge nach den mit diesen vereinbarten Verrechnungsraten, die gesondert mitgeteilt werden. Die Leistungen werden auf Grundlage der Teilnahmebedingungen
der jeweiligen Programme erbracht. Für Art, Umfang und Qualität dieser Leistungen wird keine Haftung übernommen.192 Angesichts dieser Einschränkungen
bemängelte das Gericht zutreffender-weise, dass der angesprochene Kunde durch
189 Die schlichte Aufmerksamkeitswerbung aus dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 4 UWG
ausnehmend MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 70 und 76 ff; ders. WRP 2005,
141, 148; Steingass/Teworte WRP 2005, 676, 681 f; vgl. OLG Köln MMR 2002, 469.
190 MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 70 und 76 ff; ders. WRP 2005, 141, 145, 150;
Steingass/Teworte WRP 2005, 676, 682 f.
191 BGH WRP 1999, 424 – Bonusmeilen; vor allem MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4
Rn. 69 f und 76 ff; ders WRP 2005, 141, 145.
192 Vgl. BGH WRP 1999, 424, 425 – Bonusmeilen.
59
die konkrete Werbung keine Information darüber erhalte, wie die Meilen in Flüge
und Hotelübernachtungen umgewandelt werden können und welche Zahl von
Meilen für welche Flüge und welche Übernachtungen nötig sind. Dies galt aber
vor allem deshalb, weil der Wert einer Meile im letztlich gewählten Bonusprogramm wegen des genannten Umrechnungsvorbehaltes im konkreten Fall nicht
abgeschätzt werden konnte. Ferner beanstandete das Gericht die Haftungsfreizeichnung, weil das Unternehmen nicht einmal dafür einstehen wolle, dass die
Leistungen auch erbracht werden.193 Hierbei handelt es sich um zwei grundsätzliche Unwägbarkeiten. Deshalb überzeugt es, wenn das Gericht der Auffassung
ist, die Ausrichter erweckten den Anschein, es werde etwas Attraktives versprochen, in Wirklichkeit wisse der Karteninhaber aber nicht, was er erhalten werde
und ob er überhaupt etwas erhalten werde.194 Allerdings hat die Schilderung des
Sachverhalts auch deutlich gemacht, dass es sich bei der »Bonusmeilen«-Entscheidung um eine absolute Sondersituation handelte, die nicht als generell für
Bonusprogramme verallgemeinerungsfähig bezeichnet werden kann.195
Im Übrigen stünde dies auch im Widerspruch zu den Wertungen des OLG
Nürnberg aus dem Jahre 2001. In dieser Entscheidung ging es um eine Werbung,
in der für den Fall der Eröffnung eines kostenlosen Kontos bei einem Kreditinstitut Bonusmeilen des Miles & More-Systems in Aussicht gestellt wurden. Unter
Betonung des gewandelten Verbraucherleitbildes stellte das Gericht fest, die Werbung sei nicht zu beanstanden, da sich das Angebot nur an Miles & More Kunden
richte, die aufgrund der zugänglichen Prämienbroschüren ersehen könnten, welche Leistungen durch den Einsatz genau benannter Meilenpunkte in Anspruch
genommen werden können.196 Auch das OLG Köln ließ unter Berufung auf das
Verbraucherleitbild bzw. die angesprochenen Verkehrskreise eine Werbung des
Kreditkarten-unternehmens VISA für eine um eine Kreditkartenfunktion erweiterte Teilnehmerkarte des Miles & More-Programms unbeanstandet, in der es
ohne weitere Ausführungen zu den tatsächlich zu erlangenden Vergünstigungen
oder sonstigen Bedingungen hieß »brauchen sie 1.000 Meilen, kaufen sie sich
einen Anzug«.197
Aber auch ganz allgemeine Erwägungen sprechen gegen die oben geschilderte
enge Wortlautinterpretation. So ist es außerhalb der Werbung mit Nebenleistungen gängige Praxis, in informationeller Hinsicht begrenzte Werbeaussagen zuzulassen. Im Bereich der Arzneimittelwerbung genügt es zum Beispiel, im Rahmen
von TV-Spots den Zusatz »zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie ...« anzufügen. Also selbst im sensiblen Bereich der Gesundheitswerbung ist keine kom-
193 BGH WRP 1999, 424, 428 – Bonusmeilen; vgl. Ruoff S. 214.
194 BGH WRP 1999, 424, 428 – Bonusmeilen. Nicht zuletzt wegen dieser Entscheidung entschloss sich American Express ein eigenes Bonusprogramm in die Welt zu rufen.
195 Insofern geht Heermanns apodiktischer Hinweis, der BGH habe sich von dieser Entscheidung in der Folge nicht distanziert, ins Leere, vgl. WRP 2005, 141, 145.
196 OLG Nürnberg WRP 2001, 302, 303; vgl. OLG Hamburg GRUR-RR 2001, 36, 37 f.
197 OLG Köln WRP 2001, 721, 724.
60
plette Aufklärung erforderlich, sondern nur eine Aufklärung darüber, wo der Werbeadressat zusätzliche Informationen erhalten kann.198 Auch im Falle der Preiswerbung wird herkömmlicherweise so verfahren. Beispielsweise bei der Mobilfunkwerbung ist der Anbieter nicht verpflichtet, das zur Vertragsbindung gehörige Tarifsystem vollumfänglich abzubilden. Hier werden Sternchenhinweise als
ausreichend angesehen.199 Wenn aber schon bei dem Kriterium des Preises und
selbst in der Gesundheitswerbung eine allumfassende Aufklärung nicht erforderlich ist, stellt sich die Frage, warum dies nicht auch für die Werbung mit Vergünstigungen gelten kann.200
Ferner stünde die Forderung, stets zum Zeitpunkt der jeweiligen Werbung alle
Bedingungen offenlegen zu müssen, auch im Widerspruch mit den Vorgaben der
Unlauterkeitsrichtlinie. In Art. 7 Abs. 3 heißt es:
»Werden durch das für die Geschäftspraxis verwendete Kommunikationsmedium räumliche oder zeitliche Beschränkungen auferlegt, so werden diese
Beschränkungen und alle Maßnahmen, die der Gewerbetreibende getroffen hat,
um den Verbrauchern die Informationen anderweitig (Hervorhebung durch den
Verfasser) zur Verfügung zu stellen, bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten wurden, berücksichtigt.«
Allerdings lässt die Richtlinie in Art. 3 Abs. 5 für den Zeitraum bis zum
12. Juni 2013 strengeres nationales Recht zu, wenn dies unbedingt erforderlich
ist, um sicherzustellen, dass die Verbraucher auf geeignete Weise vor unlauteren
Geschäftspraktiken geschützt werden, und es zur Erreichung dieses Ziels verhältnismäßig ist. Ob der Hinweis in der Begründung zur UWG-Novelle 2004, Verkaufsförderungsmaßnahmen wohne regelmäßig ein erhöhtes Gefahrenpotenzial
inne, weshalb (weitergehende) Informationsauflagen erforderlich seien,201 eine
Abweichung von der Richtlinie zu rechtfertigen vermag, ist zweifelhaft. Denn
selbst in der zu Recht als zu bürokratisch kritisierten Sales-Promotion-Verordnung ist in Bezug auf Verkaufsförderungsmaßnahmen, sofern deren Inanspruchnahme an gewisse Bedingungen geknüpft ist, lediglich vorgesehen, dass ein Hinweis darauf zu erfolgen hat, wo diese Bedingungen oder sonstige Informationen
erhältlich sind und wie die einschlägigen Bedingungen der Verkaufsförderaktion
zu erhalten sind (Anhang Nr. 1.1 Spiegelstrich 3 und 4).
Ein Ausweg aus dem sich abzeichnenden Wertungsmissklang bestünde darin,
die Formulierung bei in § 4 Nr. 4 UWG im Sinne von im Rahmen von Verkaufsförderungsmaßnahmen zu verstehen. Dies eröffnete die Möglichkeit, im Falle
von Verkaufsförderungsmaßnahmen die Interessen der Verbraucher und die des
werbenden Unternehmens entsprechend der konkreten Ausgestaltung einer Werbung, auch unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber betonten gesteigerten
Gefahrenpotenzials, im Wege der Abwägung angemessen auszugleichen.
198 Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 72 mwN.
199 Siehe BGH GRUR 1999, 265, 267 – Handy für 0,00 DM; zuletzt OLG Frankfurt a.M. MMR
2005, 116.
200 Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 24.
201 BT-Drucks. 15/1487, S. 17.
61
Um dies zu entscheiden, ist ein abermaliger Blick in die Gesetzgebungsmaterialien notwendig. Dort heißt es: »Die Regelung entspricht der für Mediendienste
geltenden Vorschrift des § 10 Abs. 4 Nr. 3 des Mediendienste-Staatsvertrages
sowie der für Teledienste geltenden Bestimmung des § 7 Nr. 3 des Teledienstegesetzes. Da eine unterschiedliche Behandlung des elektronischen Geschäftsverkehrs in diesen Fällen nicht sachgerecht ist, wurde die Regelung auf das allgemeine Lauterkeitsrecht übertragen«. Die in der Begründung angeführten Normen
wurden in Umsetzung der bereits angesprochenen e-commerce-Richtlinie
geschaffen und geben wortlautgetreu deren Art. 6 lit. c) wieder. Dieser lautet:
»soweit Angebote zur Verkaufsförderung wie Preisnachlässe, Zugaben und
Geschenke im Mitgliedstaat der Niederlassung des Diensteanbieters zulässig
sind, müssen sie klar als solche erkennbar sein, und die Bedingungen für ihre
Inanspruchnahme müssen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig
angegeben werden.«
Auf den ersten Blick verstört die Kumulierung der Voraussetzungen »leicht
zugänglich sein« sowie »klar und unzweideutig angegeben werden«, denn im
Grunde schließen sich diese aus. Entweder müssen die Informationen (an Ort und
Stelle) klar und unzweideutig angegeben werden oder sie müssen (nur) leicht
zugänglich sein.202 Zum besseren Verständnis gilt es sich aber zu vergegenwärtigen, dass Art. 6 lit. c) speziell auf den Handel im Internet zugeschnitten ist.
Dieses Medium bietet die Besonderheit, eine bestimmte Werbung beispielsweise
in einem Banner oder einem Pop-up-Fenster mit einem Link zu versehen, der
dann seinerseits zu allen wesentlichen Informationen führt. Diese konkrete Situation vor Augen, lässt sich Art. 6 lit. c) also so verstehen, dass es jedenfalls im
online-Bereich durchaus zulässig ist, in einer Werbung nur auf gewisse Bestandteile eines Angebotes hinzuweisen, wenn gleichzeitig gewährleistet ist, dass
etwaige einschränkende Bedingungen leicht zugänglich sind und diese dort klar
und unzweideutig dargestellt sind.203 Angesichts der speziellen Situation im
Internet wird man als leicht zugänglich aber nur die Bereitstellung eines Links
ansehen können. Ein bloßer Sternchenhinweis dürfte hier nicht ausreichen.204
Wenn nun die Frage im Raum steht, wie die Formulierung »bei« im Rahmen
einer auf on- und offline Angebote gleichermaßen anzuwendenden Norm zu verstehen ist, muss man sich weiter die Motive des Gemeinschaftsgesetzgebers vergegenwärtigen, die zu Art. 6 lit. c) geführt haben. Es heißt: »In Anbetracht der
Informationsmöglichkeiten, die das Internet bietet, erleichtert eine solche Verpflichtung den Verbraucherschutz und die Gewährleistung lauterer Geschäft-
202 Die Tatsache, dass bei der Einführung des § 7 des Teledienstegesetzes und § 10 des Mediendienste-Staatsvertrages durch das Elektronische-Geschäftsverkehr-Gesetz diesen Normen nur rein deklaratorische Wirkung beigemessen und eine Änderung des UWG für überflüssig gehalten wurde, da die europarechtliche Vorgabe durch den Stand der lauterkeitsrechtlichen Dogmatik ohnehin abgedeckt sei (vgl. BT-Drucks 14/6098, S. 22) führte dazu,
dass zu diesen Normen und damit auch zum genauen Regelungsbereich zu Art. 6 lit. c)
keine weiterführende Literatur vorhanden ist; vgl. Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 1 ff.
203 Vgl. Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 67 ff.
204 Zum Parallelproblem der AGB vgl. Fezer/Hoeren § 4-S13 Rn. 52 mwN.
62
spraktiken, ohne den Akteuren erhebliche Mehrkosten zu verursachen.«205 Der
Gemeinschaftsgesetzgeber hat also speziell für die Situation im Internet eine
Abwägung vorgenommen, in der die Interessen der Anbieter und die der Verbraucher in Abgleich gebracht wurden. Diese Abwägung kann durchweg als interessengerecht eingestuft werden. Denn in diesem Medium ist es in der Tat unproblematisch und somit dem Unternehmer zu Gunsten der Interessen des Verbrauchers auch zumutbar, alle wesentlichen Informationen detailliert und übersichtlich bereitzuhalten.
Wenn nun im Rahmen des § 4 Nr. 4 UWG an die Grundwertung des Art. 6 lit.
c) der e-commerce-Richtlinie angeknüpft werden soll, die Anwendungsfälle aber
aus der ursprünglich zugrunde liegenden (Kommunikations-)Situation herausgehoben werden, versteht es sich von selbst, dass diese Abwägung erneut vorgenommen werden muss. Schließlich kann es angesichts der Zielsetzung des
Gesetzgebers, eine Gleichbehandlung von on- und offline Angeboten zu bewirken, schwerlich in dessen Willen gelegen sein, dass die Auslegung der Norm dazu
führt, dass de facto für gewisse Verkaufsförderungsmaßnahmen – hier Bonusprogramme – nur noch eine online-Werbung möglich ist. Bruhn ist deshalb zuzustimmen, wenn er vorschlägt, im Rahmen der Beurteilung nach § 4 Nr. 4 UWG eine
Differenzierung nach dem jeweils verwendeten Werbemedium und der allgemeinen Kommunikationssituation vorzunehmen.206 Steinbeck bezeichnet diese Vorgehensweise treffend als Modell der »abgestuften Information«.207 Diese Sichtweise liegt auch Art. 7 Abs. 3 der Unlauterkeitsrichtlinie zugrunde. Dabei ist
einerseits zu berücksichtigen, dass der Verbraucher unterschiedlichen Medien
auch unterschiedliche Aufmerksamkeit entgegen bringt.208 Auf der anderen Seite
ist aus Anbietersicht die Möglichkeit der Unterbringung von (zusätzlichen) Informationen durch das verwendete Medium determiniert.
Konkret bedeutet dies, dass es dem Werbenden zum Beispiel bei einem Coupon
ohne weiteres möglich und deshalb auch zu Gunsten des Verbraucherschutzes
zumutbar ist, alle relevanten Informationen wie Geltungsdauer, Ort der Einlösung, Zuzahlungen etc. auf dem Coupon abzudrucken. Bei komplexen Verkaufsförderungsstrategien wie Bonusprogrammen muss hingegen differenziert werden.
Handelt es sich um eine bloße Aufmerksamkeitswerbung für ein Bonusprogramm bedarf es keiner zusätzlichen Hinweise auf die Basisinformationen.
Anders verhält es sich bei einer Werbung, die sich auf spezifische Komponenten
des Programms, wie einzelne Prämien oder Gutschriften bezieht. Fest steht hier
zunächst, dass die genannten Basisinformationen überhaupt zugänglich sein müssen, da sich sonst auch ein verständiger Verbraucher kein Bild von dem bewor-
205 KOM (1998) 586 endg. S. 26.
206 Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 67 ff; dies verkennen Steingass/Teworte WRP 2005,
676, 682 f.
207 Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 24; zustimmend Erdmann WRP 2005 S. 663, 670; vgl. bereits
Ruoff S. 214 f.
208 Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 68.
63
benen Programm machen kann. Da diese Informationen im offline-Bereich angesichts ihrer Komplexität jedoch nicht in jeder einzelnen Werbung dargestellt werden können, reicht ein Sternchenhinweis auf diese aus. Ob ein Hinweis auf die
entsprechende Internetseite genügt, hängt davon ab, welches die angesprochenen
Verkehrskreise sind.209 Bei einem Vielfliegerprogramm wie Miles & More muss
man dies bejahen können. Bei einem im Wesentlichen auf Konsumgüter zielenden Programm wie Payback, erscheint es demgegenüber angemessen, dass entsprechende Broschüren in den teilnehmenden Geschäften ausliegen. Soweit einzelne Prämien oder Gutschriftenaktionen beworben werden, hängen die Anforderungen an die bereits in der Werbung mitzuliefernden Informationen vom jeweiligen Einzelfall ab. Gilt eine Aktion beispielsweise nur für einen kurzen Zeitraum, kann es nicht ausreichen, dass sich dies erst durch einen Blick auf die Internetseite erschließt. Hierauf muss bereits die Werbung ausdrücklich hinweisen.
Grundsätzlich lässt sich mit Steinbeck in diesem Zusammenhang jedoch sagen,
dass der Grad der nach § 4 Nr. 4 UWG mitzuliefenden Information, davon
abhängt, wie ausführlich bzw. herausgehoben eine einzelne Komponente eines
Bonusprogramms beworben wird.210 Für die konkrete schriftbildliche Gestaltung
kommt es schließlich auf das jeweils verwendete Werbemedium an. Bei Plakatwerbungen im öffentlichen Straßenraum, die nur im Vorbeigehen wahrgenommen
werden, müssen beispielsweise strengere Maßstäbe gelten als bei Anzeigen in
Printmedien. Aber auch hierbei müssen die angesprochenen Verkehrskreise im
Auge behalten werden.
c) Ergebnis und Verhältnis zu § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG
Bei komplexen Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Bonusprogrammen müssen
also seitens der Ausrichter auch dem mündigen Verbraucher gewisse Basisinformationen zur Verfügung gestellt werden. Im Hinblick auf Art und Zeitpunkt der
Bereitstellung ist jedoch eine flexible Handhabe nötig und dies auch in dogmatischer Hinsicht möglich. Es gilt das Modell der abgestuften Information.
Die Untersuchung hat gezeigt, dass auch § 4 Nr. 4 UWG ein Beispiel dafür ist,
dass die pauschale Festschreibung von Informationspflichten im Wettbewerb
zwar vordergründig den Charme hat, eine allgemeinverbindliche Regel zu schaffen. Angesichts der Vielgestaltigkeit und Unvorhersehbarkeit der Erscheinungsformen von Wettbewerb sind diese aber häufig nicht in der Lage, zu sachgerechten Lösungen zu gelangen. Die hier vorgeschlagene Auslegung der Norm hat
den Vorteil, dass das grundsätzlich zu begrüßende Anliegen, dem Verbraucher ein
209 Vgl. Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 24; sowie OLG Nürnberg WRP 2001, 302, 303 Miles &
More – Kontoeröffnung
210 Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 24; vgl. auch OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 287, 288 – Weihnachts-Kerzenleuchter für die etwas anders gelagerte der Frage nach den Anforderungen
an die Werbung für nur beschränkt bevorratete Waren.
64
hinreichendes Informationsniveau zu sichern, gewährleistet wird und gleichzeitig
den Interessen der werbenden Unternehmen Rechnung getragen wird.
Die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen des § 4 Nr. 4
UWG stellt darüber hinaus auch einen Gleichklang zu den Wertungen des § 5
Abs. 2 Satz 2 UWG her. Im Rahmen dieser Norm käme das Verschweigen von
essentiellen Basisinformtionen oder der unangemessen schwere Zugang zu diesen sicherlich auch einer Irreführung durch Unterlassen gleich. Für die Frage,
wann der Ausrichter eines Bonusprogramms seiner Informationspflicht genüge
getan hat, kämen im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung letztlich
die gleichen Erwägungen, zum Tragen, wie sie hier für die Auslegung des § 4 Nr.
4 UWG angestellt wurden. Die Beurteilungsmaßstäbe der beiden Normen würden
sich letztlich also decken.
3. Preistransparenz im Rahmen von Bonusprogrammen
Ein weiterer zentraler Vorwurf gegenüber Bonusprogrammen lautet, diese
könnten der Preisverschleierung Vorschub leisten und seien deshalb lauterkeitsrechtlich bedenklich.211 Dahingehende Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen, denn schließlich wird als Ziel von Bonusprogrammen von den Marketingexperten selbst eine Reduzierung der Preissensitivität des Kunden bei gleichzeitiger
Umsatzsteigerung angegeben.212 Im Folgenden wird also der Frage nachzugehen
sein, ob Bonusprogramme tatsächlich preisverschleiernd wirken, wo dieser Themenkreis in dogmatischer Hinsicht zu verorten ist und welche Grenzen das UWG
hierfür zieht.
a) Bedeutung des Preises in einer wettbewerblich verfassten
Wirtschaftsordnung
Um die Problematik der Preisverschleierung zu verdeutlichen, gilt es vorab festzuhalten, dass wettbewerbliche Kommunikationsstrategien, welche die Preiswürdigkeit einer Ware oder Dienstleistung betreffen, stets besonders aufmerksam betrachtet werden müssen. In einer wettbewerblich verfassten Wirtschaftsordnung
ist nämlich der Preis eines der zentralen Lenkungsinstrumente, denn über den
211 Vgl. Lange/Spätgens, Rn. 156; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.11; ders. BB 2001,
265, 268 ff; ders. BB 2001, 1157; Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 20 ff; Gloy/Loschelder/Jeager-Lenz § 68 Rn. 107; Schricker/Henning-Bodewig WRP 2001, 1367, 1403 f, 1407; Fezer
WRP 2001, 989, 1013; Römermann/van der Moolen Rn 270 ff; Nordemann NJW 2001,
2505, 2510; Berneke WRP 2001, 615, 619; OECD DAFFE/COMP (2002)21, S. 24;
Schweizerische Sonntagszeitung vom 13.10.2002, S. 125 ff.
212 Künzel S. 33 f und Glusac S. 146 ff jeweils mwN; vgl. Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn.
36 sowie die Nachweise bei Competitive Airlines S. 78.
65
Preis werden Angebot und Nachfrage zum Ausgleich gebracht.213 Neben weiteren
Variablen wie Produktqualität, Service und Werbung stellt der Preis eines der
wichtigsten, wenn nicht gar das wichtigste Mittel dar, dessen sich die Anbieter
zur Erreichung ihrer Absatzziele bedienen können.214 Aber auch aus Sicht der
Nachfrager kommt dem Preis eine zentrale Bedeutung zu. Neben der Beschaffenheit und Qualität einer Ware oder Leistung ist der Preis regelmäßig das entscheidende Kriterium für die Marktorientierung und die Bewertung der verschiedenen
Angebote. Sind Konkurrenzangebote nach Art und Güte vergleichbar, ist meist
der Preis das ausschlaggebende Moment für die Auswahlentscheidung. Der Preis
gibt also Auskunft über die Wertschätzung und Knappheit eines Gutes und führt
zu einer Selektion der Anbieter nach Nachfragerpräferenzen. Ferner setzt dieser
Mechanismus einen wichtigen Anreiz zur Verbesserung von Gütern und Produktionsverfahren.215 Damit ist die Gewährleistung eines objektiven Preisvergleichs
durch Markttransparenz Grundvoraussetzung für die Funktionsfähigkeit einer
freien und wettbewerbsorientierten Marktordnung.216
b) Preistransparenz von Bonusprogrammen als Anwendungsfall des
§ 4 Nr. 4 UWG oder des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG?
In den Kommentierungen von Heermann, Steinbeck, und Köhler wird die Auffassung vertreten, dass bei Bonusprogrammen Transparenzdefizite nicht nur in der
Frage der oben dargestellten Basisinformationen, sondern auch Transparenzdefizite in preislicher Hinsicht einen Anwendungsfall des § 4 Nr. 4 UWG darstellen.217 Auch das OLG Rostock hat in der »Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung
im Hinblick auf die Preistransparenz eines Bonusprogramms § 4 Nr. 4 UWG angewendet. Es konstatiert: »Bei einem Kundenbindungssystem muss klar angegeben werden, welchen Wert ein Berechnungsfaktor (Bonuspunkt) hat, so dass der
angesprochene, durchschnittlich informierte und verständige Kunde sehen kann,
welche Bedingungen gelten.218
Dieser Ansicht kann aber nicht zugestimmt werden. Eine Verortung der Problematik unter § 4 Nr. 4 UWG ist schon deshalb zweifelhaft, weil die Werthaltigkeit eines einzelnen Punktes oder einer einzelnen Meile bereits vom Wortlaut her
schwerlich als Bedingung der Inanspruchnahme qualifiziert werden kann. Wenn
213 Aus volkswirtschaftlicher Sicht Woll Allgemeine Volkswirtschaftslehre; Fischbach/Wollenberg Volkswirtschaftslehre I, S. 331 f.
214 Busche Preisbindungsverbot, S. 81.
215 Busche Preisbindungsverbot, S. 82.
216 Völker PangV Einl. Rn 1; Micklitz/Keßler GRUR Int. 2002, 885, 890; Fezer WRP 2001,
989, 1011: »einem Verstoß gegen den Grundsatz der Preisklarheit und Preiswahrheit
kommt eine das Wettbewerbsunrecht konstituierende Bedeutung zu.«
217 Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 23; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.11; MünchKommUWG/ Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 72; ders. WRP 2005, 141, 145.
218 OLG Rostock GRUR-RR 2005, 391, 392 – Apotheken-Bonuscard.
66
es in der Gesetzesbegründung heißt, § 4 Nr. 4 UWG solle der Tatsache Rechnung
tragen, dass bei Bonusprogrammen oft »hohe Hürden für die Inanspruchnahme
des Vorteils aufgestellt werden«,219 deutet dies vielmehr darauf hin, dass durch
diese Norm lediglich sichergestellt werden soll, dass die versprochenen Vergünstigungen auch tatsächlich gewährt werden, also die versprochene Anzahl an
Punkten auch gutgeschrieben wird und die Prämie für die angegebene Anzahl an
Punkten auch erhältlich ist.220 Der Regelungsgehalt betrifft mit anderen Worten
ausschließlich die dargestellten Basisinformationen oder, allgemeiner formuliert,
nur die äußeren Rahmenbedingungen von Bonusprogrammen, nicht aber die
Frage der Preistransparenz.
Richtiger dogmatischer Anknüpfungspunkt für die Frage nach der Preistransparenz von Bonusprogrammen ist nach hier vertretener Ansicht vielmehr
§ 5 Abs. 2 Satz 2 UWG, der im Zuge der UWG-Novelle 2004 ins Gesetz eingeführt wurde.221 Danach kommt es bei der Einstufung von Informationsdefiziten
als irreführend darauf an, welche Bedeutung die jeweils verschwiegene Tatsache
für die Entscheidung zum Vertragsschluss hat sowie ob das Verschweigen geeignet ist, diese Entscheidung zu beeinflussen.
Sowohl Heermann als auch Köhler selbst sehen, jedenfalls soweit es um die
Preistransparenz herkömmlicher Kopplungsangebote oder Zugabensachverhalte
geht, hierfür in § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG den geeigneten Anknüpfungspunkt,
obwohl es sich hierbei ebenfalls um Verkaufsförderungsmaßnahmen im Sinne
von § 4 Nr. 4 UWG handelt.222 Dies ist auch zutreffend, denn ausweislich der
Gesetzesmaterialien handelt es sich bei § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG um die Kodifikation dessen, was in den Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« genau für
diesen Fragenkreis als Maßstab entwickelt wurde.223 Bei Bonusprogrammen und
bei herkömmlichen Kopplungssachverhalten ist aber in Fragen der Preistransparenz im Wesentlichen die gleiche Interessenlage zu verzeichnen. Gerade im Fall
von Bonusprogrammen ohne Auszahlungsfunktion bleibt der Wert des Guthabens
an das System gebunden und bewirkt damit einen Kopplungseffekt. Der einzige
Unterschied zu herkömmlichen Kopplungssachverhalten ist lediglich der, dass
nicht bereits vor Abschluss des jeweiligen Einzelgeschäfts der gekoppelte Gegenstand feststeht, sondern die Prämienwahl in zeitlicher wie in sachlicher Hinsicht
im Belieben des Verbrauchers steht. Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür,
auch Bonusprogramme in Fragen der Preistransparenz unter § 5 Abs. 2 Satz 2
UWG zu problematisieren. Dies stünde auch im Wertungsgleichklang mit der
219 BT-Drucks. 15/1487, S. 17.
220 Bezeichnenderweise hat das OLG Rostock in der genannten Entscheidung unter § 4 Nr. 4
UWG nach dem zitierten Einleitungssatz dann auch nur genau diese Fragen thematisiert.
Die eigentliche Problematik der Preistransparenz behandelte es unter dem Aspekt der Irreführung (!), OLG Rostock GRUR-RR 2005, 391, 392.
221 Ebenso Piper/Ohly § 5 Rn. 446 f.
222 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.67; ders. a.a.O. § 4 Nr. 4 Rn. 4.12; ders. GRUR
2003, 729, 733. f; MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 49 ff und 64 ff; ebenso
Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 26; Ohly GRUR 2004 889, 898.
223 BT Drucks 15/1487, S. 19 f.
67
inhaltsgleichen Vorgabe des Art. 7 der Unlauterkeitsrichtlinie, der eine Regelung
nach dem Zuschnitt des § 4 Nr. 4 UWG fremd ist.224
c) Mögliche Preistransparenzdefizite im Rahmen von Bonusprogrammen
Nicht alle Arten von Bonusprogrammen sind in Bezug auf die Preiswürdigkeit
gleichermaßen intransparent. Es ist vielmehr geboten, die genaue Funktionsweise
der einzelnen Programme in den Blick zu nehmen. Hierfür bietet es sich an, wie
bereits vorgezeichnet zwischen Bonusprogrammen mit und solchen ohne Auszahlungsfunktion zu unterscheiden.
aa) Bonusprogramme mit Auszahlungsfunktion
Bonusprogramme mit Auszahlungsfunktion wie zum Beispiel HappyDigits sind
aus Preistransparenzgesichtspunkten unproblematisch. Aufgrund des festgeschriebenen Wertes von 1 Cent pro Digit und der vorgesehenen Auszahlbarkeit
besitzt jede Gutschrift einen realmonetären Gegenwert. Deshalb ist es gleichgültig, ob zum Beispiel im Rahmen des HappyDigits Programms bei Quelle für den
Kauf der Privileg Kaffeemaschine »Esperienza« zum Preis von 399 € nur 200 Digits, bei Karstadt hingegen für die Uhr Speedway CH-2335 der Marke Fossil mit
einem Kaufpreis von 99,90 € zusätzlich zu den regulären 100 Digits im Rahmen
einer Aktion weitere 1.000 Digits gutgeschrieben werden. Der Teilnehmer kann
die Werthaltigkeit des jeweiligen Angebotes leicht abschätzen, indem er im ersten
Fall 2 € vom zu entrichtenden Kaufpreis und im zweiten Fall 11 € abzieht.
Nichts anderes gilt für die Prämiengewährung. Ebenfalls bei HappyDigits wird
der Wasserkocher »Cucina« der Marke Philips für 2.990 Digits angeboten. Dies
entspricht 29,90 €. Durch die Auszahlbarkeit ist das Guthaben nicht an das System gebunden, kann also jederzeit bei anderen, als günstiger eingeschätzten Gelegenheiten verausgabt werden. Wenn hier aufgrund der exklusiven Bereitstellung
der Prämien nur an Programmteilnehmer von einem gewissen Kopplungsaspekt
gesprochen werden kann, dann handelt es sich nach alter Diktion um eine offene
Kopplung, gegen die aus Preistransparenzgesichtspunkten nichts eingewendet
werden kann.225 Daran ändert sich auch nichts, wenn im Rahmen solcher Programme Zuzahlungen zur Prämienerlangung möglich oder gar zwingend erforderlich sind.
Selbst wenn im Rahmen von Bonusprogrammen mit Auszahlungsfunktion völlig unabhängig vom Kauf eines Produktes zum Beispiel die Teilnahme an Umfragen oder die erfolgreiche Neukundenvermittlung mittels einer bestimmten Wäh-
224 Lettl WRP 2004, 1079, 1104; Apostolopoulos GRUR Int. 2005, 292, 298 f; umfassend zu
Art.7 der Richtlinie MünchKommUWG/Micklitz EG F Rn. 196 ff.
225 Vgl. oben Kap. 2 B. I. und unten Kap. 3 D. 4. c) i).
68
rungsgutschrift incentiviert würden,226 wäre dies nicht zu beanstanden, da auch
diese letztlich realmonetär entlohnt werden würden.
bb) Bonusprogramme ohne Auszahlungsfunktion
Schwieriger stellt sich die Beurteilung der Preistransparenz von Bonusprogrammen ohne Auszahlungsmöglichkeit dar. Hier gilt es zu differenzieren, ob ein Bonusprogramm einen strengen Umsatzbezug aufweist oder nicht.
(1) Programme mit strengem Umsatzbezug
Im Rahmen des MR-Classic-Programms von American Express beispielsweise
wird für jeden mittels der Kreditkarte umgesetzten Euro ein Bonuspunkt gutgeschrieben. Es herrscht also strenger Umsatzbezug. Eine Auszahlungsmöglichkeit
besteht jedoch nicht. Auch einen festen Punktewert sieht das System nicht vor.
Dieser hängt vielmehr von der konkreten Verausgabung ab. Einige Beispiele:
Ausweislich des Prämienkataloges 2005 besteht für die Teilnehmer die Möglichkeit, gegen einen Punktewert von 6.800 ein Halbjahresabonnement der Zeitschrift
»Auto Motor Sport« zu beziehen. Bezöge man diese Zeitschrift über den Verlag,
wäre ein Preis von 39,95 € zu entrichten. Rechnet man anhand dieses Verhältnisses den Wert eines einzelnen Punktes aus, ergibt sich ein Wert von 0,58 ct. Für
31.000 Punkte wird in der gleichen Broschüre ein Kinderrad von BMW (BMW-
Kidsbike) angeboten. Der Herstellerpreis beläuft sich auf 249 €. Hier errechnet
sich ein Punktewert von 0,80 ct. Der iPod von Apple ist für 92.700 Punkte erhältlich. Bei einem Herstellerpreis von 299 € errechnet sich ein Punktewert von 0,32
ct.
Auch wenn hier also, anders als beispielsweise bei HappyDigits, der Wert der
einzelnen Gutschrift unklar bleibt, so muss jedoch berücksichtigt werden, dass es
dem Teilnehmer aufgrund des strengen Umsatzbezugs immerhin leicht möglich
ist auszurechnen, dass er zum Beispiel 6.800 € umsetzen muss, um in den Genuss
des genannten Zeitschriftenabonnements zu gelangen. Allerdings wird der
strenge Umsatzbezug bei MR-Classic dadurch aufgeweicht, dass im Rahmen
dieses Programms auch rein verhaltens- oder ereignisbezogene Incentivierungen
vorgesehen sind. So erfolgt hier eine Gutschrift von 1.500 Punkten für die Vermittlung eines Neukunden. Je häufiger ein Kunde dieses Angebot wahrnimmt, um
so größeren Einfluss hat dies auf die Wertschätzbarkeit seines bereits angesammelten Guthabens.
226 Soweit ersichtlich, ist dies bis dato jedenfalls bei Payback und HappyDigits nicht der Fall.
69
(2) Programme ohne strengen Umsatzbezug
Besondere Schwierigkeiten in Bezug auf die Preistransparenz zeigen sich im
Rahmen von Bonusprogrammen ohne Auszahlungsmöglichkeit, denen kein
strenger Umsatzbezug zugrunde liegt. Dies sei an folgenden Beispielen verdeutlicht:
Das MR-Compact-Programm von American Express gibt gegenüber dem MR-
Classic-Programm den strengen Umsatzbezug auf, indem es dem Karteninhaber
ermöglicht, in drei ausgewählten Geschäften für jeden umgesetzten Euro Umsatz
einen Bonuspunkt gutgeschrieben zu bekommen, in allen anderen Bezahlsituationen jedoch nur für jeden zweiten. Setzt der Inhaber die Karte aber sowohl in den
ausgewählten Geschäften als auch bei anderen Gelegenheiten ein, kann er nicht
mehr abschätzen, wie viel Umsatz er tätigen muss, um in den Genuss einer speziellen Prämie zu gelangen. Dass sich der Punktewert auch nicht aus dem Prämienangebot erschließt, wurde bereits aufgezeigt.
Auch die Leistungen der Lufthansa im Rahmen des Miles & More-Programms
weisen unter Preistransparenzgesichtspunkten deutliche Defizite auf. Im Rahmen
ihrer Reihe »Competition Policy Roundtabels« hat die OECD unter dem Titel
»Loyalty and Fidelity Discount and Rebates« im Februar 2003 einen Bericht ver-
öffentlicht, der sich auch mit Vielfliegerprogrammen befasst. Danach bestehen
nach Auffassung der Organisation bei diesen Programmen besondere Bedenken
in Bezug auf die Preistransparenz. Die Teilnahme an einem Vielfliegerprogramm
erschwere es, den »wirklichen« Preis für ein Ticket auszumachen. Dies beziehe
sich sowohl auf den Preis für das Ticket, mit dem die Meilen erworben werden,
wie auch auf den Wert des in Aussicht gestellten Freifluges.227 Diese Bedenken
werden auch von anderer Stelle geteilt.228
Für das Miles & More-Programm sei dies an folgenden konkreten Beispielen
verdeutlicht. Seit dem 1.8.2004 gelten unter anderem folgende Konditionen:229 So
werden für einen Inlandsflug in der Economy Class in den Buchungsklassen G,
227 «It would be exceedingly difficult for a traveller enrolled in an FFP to determine the true
price of a ticket. About all he might be able to estimate is the mean value of the price.
There could be quite a dispersion around that means value based on various scenarios
involving the probability of qualifying for a free flight, which destination is ultimately chosen, and the selling price of that flight at the time the reward is used. Complications also
arise because the airline is free to change the price of the flights required to qualify for
the discount. Matters could be considerably worse for price comparisons if the traveller
is enrolled in several different FFP’s with airlines offering imperfectly overlapping networks.« OECD DAFFE/COMP (2002)21, S. 24, mwN.
228 Insbesondere Beyhoff Int. Verkehr 1994, 334, 337 mwN; vgl. zu den Wertdiskrepanzen im
Rahmen des Miles & More-Programms auch The Economist von 6. Januar 2005, S. 15;
ebenso Tagesspiegel vom 17. Januar 2005 S. 19; vgl. auch die Feststellungen bei OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 867, 874 – Gemania allerdings zu Miles & More vor der Umstellung
im Jahre 2004; dazu auch unten Kap 4 C. II. 2.
229 Die Möglichkeiten, bei der Inanspruchnahme der Lufthansa Meilen zu sammeln, sind so
zahlreich, dass diese hier nicht in Gänze dargestellt werden können. Es sollen deshalb zu
Zwecken dieser Untersuchung nur einige einfache Beispiele hervorgehoben werden.
70
H, K, M, Q, S, V und W grundsätzlich 500 Meilen gutgeschrieben. Die Ticketpreise für einen Flug von Berlin nach München beispielsweise belaufen sich aber
in eben diesen Buchungsklassen zwischen 36 € und 271 €. Ähnliche Diskrepanzen ergeben sich bei innereuropäischen Flügen. Hierfür werden in den
genannten Buchungsklassen pauschal 750 Meilen gutgeschrieben. Auf der Strecke Berlin – Paris variieren die Ticketpreise aber zwischen 50 € und 747 €.230
Auch hier besteht also kein Anhaltspunkt, den Guthabenwert mit dem getätigten
Umsatz ins Verhältnis zu setzen.
Der Wert einer einzelnen Meile lässt sich auch nicht anhand der Prämien feststellen. Wohingegen jedenfalls die im WorldShop des Miles & More-Programms
erhältlichen Sachprämien auf einen relativ konstanten Meilenwert von ca. 0,4 ct
hindeuten,231 zeigen sich demgegenüber im Bereich der Flugprämien erhebliche
Wertdiskrepanzen.232 Für 15.000 Meilen erhält man eine innereuropäische Fly
Smart Prämie zum Beispiel nach Malaga. Dabei handelt es sich um ein nicht
umbuchbares Ticket mit der Gültigkeit von einem Monat bei maximal zweiwöchiger Vorausbuchung. Regulär hat dieser Flug einen Wert von ca. 490 €. Hieraus
errechnet sich ein Meilenwert von 3,27 ct. 25.000 Meilen kann man gegen einen
Fly Smart Flug in der Business Class zum Beispiel nach Athen einlösen. Bei
einem regulären Ticketpreis von ca. 1.180 € errechnet sich ein Meilenwert von
4,72 ct. Für 140.000 Meilen könnte man zum Beispiel in der First Class nach Kapstadt fliegen. Der First Class Tarif auf dieser Strecke würde regulär 8.329 € kosten. In diesem Fall hätte eine Meile einen Wert von 5,95 ct.233 Hinzu kommt, dass
aktionsweise zum Beispiel zur Urlaubszeit gewisse innereuropäische Flugprämien für nur 10.000 Meilen angeboten werden, also ca. 30% unterhalb der sonst
gängigen 15.000 Meilen für den günstigsten Freiflug.
Innerhalb des Miles & More-Programms lässt aber nicht nur die Lufthansa
einen strengen Umsatzbezug vermissen. Gleiches gilt auch für die Gutschriften
von Vodafone im Rahmen dieses Programms. Dort erhält der Kunde nämlich eine
Meile pro telefonierter Minute, unabhängig davon, in welchem Tarif er sich
gerade befindet.
Nun arbeiten nicht alle Partnerunternehmen des Miles & More-Programms mit
umsatzunabhängigen Incentivierungsmodellen. Inhaber der Miles & More VISA-
Karte beispielsweise bekommen streng umsatzbezogen für jeden umgesetzten
Euro eine Meile gutgeschrieben. Ferner schreibt die Vermögensberatungsgesellschaft DWS Investments ihren Kunden 1,5 Meilen für jeden in ausgewählte
230 Die genannten Beispiele basieren auf einer Reisebüroauskunft im Juni 2005.
231 Z.B. wird der Sony DVD Player RDR HX900S zu einem Verkaufspreis von € 999 auch
gegen 240.000 Meilen angeboten, die Digitalkamera Cybershot DSC-W15 ebenfalls von
Sony bei einem Verkaufspreis von € 389 für 98.000 Meilen.
232 Dies erlangt insbesondere dann Bedeutung, wenn man sich vergegenwärtigt, dass in der
Regel 95% der Meilen in Gratisflüge eingetauscht werden, Competitive Airlines S. 77, Fn.
99.
233 Die genannten Beispiele basieren auf einem Testbericht des Internetportals doyoo zum
Miles & More-Programm 2004 (abrufbar unter http://www.dooyoo.de/transportmittelinternational/miles-and-more/1013883/).
71
Fonds investierten Euro gut. Problematisch ist hier aber – vergleichbar mit der
Situation bei MR-Compact –, dass die Programmteilnehmer in der Regel ihr Meilenguthaben nicht ausschließlich bei diesen Partnern erwirtschaften, sondern sich
dieses aus verschiedenen Geschäften innerhalb des Programms zusammensetzen
wird. Auf diese Weise geht der Umsatzbezug und damit die Wertschätzbarkeit des
Guthabens wieder verloren.
(3) Zwischenergebnis
Es kann also festgehalten werden, dass vor allem Bonusprogramme, die keinen
festen Umsatzbezug aufweisen mit Blick auf die Preistransparenz besonders kritisch zu betrachten sind. Aber auch der Einsatz von verhaltens- oder ereignisbezogenen Incentivierungen beeinträchtigt die Wertschätzbarkeit des im Laufe der
Zeit erwirtschafteten Guthabens und wirkt deshalb tendenziell preisverschleiernd.
d) Auffassungen in der Literatur
In Bezug auf die Anforderungen an die Preistransparenz von Bonusprogrammen
werden in der Literatur verschiedene Auffassungen vertreten.
Für Heermann, Steinbeck und Jeager-Lenz reicht es unter Berufung auf die
bereits dargestellte »Bonusmeilen«-Entscheidung des BGH in Bezug auf die
Preistransparenz aus, wenn der Kunde abschätzen kann, in welchem Verhältnis
die in Aussicht gestellten Prämien zu den getätigten Umsätzen stehen.234 Danach
wäre das MR-Classic-Programm dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Unzulässig dürfte nach dieser Auffassung dagegen zum Beispiel das Vorgehen von
Vodafone sowie der Lufthansa im Rahmen des Miles & More-Programms sein,
denn ein Umsatzbezug liegt hier gerade nicht vor.
Einen anderen Ansatz verfolgt Köhler. Er fordert, dass im Rahmen von
Bonusprogrammen zu Zwecken der Preistransparenz klar angegeben sein muss,
welchen Wert ein Berechnungsfaktor (Bonuspunkt, Meile etc.) hat.235 Diesen
Anforderungen würde keines der genannten Bonusprogramme ohne Auszahlungsfunktion genügen, auch wenn ein strenger Umsatzbezug besteht. Diese Auffassung weist eine deutliche Nähe zu dem Vorschlag für eine Sales-Promotion-
Verordnung auf. Nach dieser muss im Falle des Einsatzes von Zugaben zur Verkaufsförderung deren Wert explizit angegeben werden (Anhang Nr. 2.1 Spiegelstrich 2).236 Ausweislich des Erwägungsgrundes 7 soll die Verordnung auch auf
234 MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 72; Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 20 ff; ebenso
Gloy/Loschelder/Jeager-Lenz § 68 Rn. 107; Piper/Ohly § 5 Rn. 447.
235 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.11; zustimmend Lettl Rn. 285.
236 KOM (2002) 585 endg.; zu den Defiziten dieser Auflage im Fall von herkömmlichen Zugabesachverhalten vgl. Eppe S. 170.
72
Treueprogramme und Flugmeilensysteme Anwendung finden.237 Allerdings geht
aus dem Verordnungsvorschlag nicht eindeutig hervor, ob sich die Pflicht zur
Wertangabe im Rahmen von Bonusprogrammen auf die einzelne Währungseinheit selbst oder (lediglich) auf die Prämie beziehen soll. Eine Deckungsgleichheit
zwischen diesen beiden Ansätzen wäre aber dann gegeben, wenn unter der Geltung der Sales-Promotion-Verordnung bereits die einzelne Gutschrift als Zugabe
zu verstehen ist.
Gerade vor dem Hintergrund der Sales-Promotion-VO drängt sich weiter die
Frage auf, ob nicht die Verpflichtung zur Angabe des Wertes einer Prämie zur
Transparenz von Bonusprogrammen beiträgt. Jedenfalls für den Bereich der
Zugaben hat ebenfalls Köhler zunächst eine entsprechende Wertangabepflicht
gefordert.238 Zwar hat er diesen Standpunkt mittlerweile aufgegeben. Dennoch
soll dies Anlass genug sein, um hierauf einzugehen.
e) Auffassungen in der Rechtsprechung
Seit Aufhebung der ZugabeVO sind mittlerweile zwei Entscheidungen ergangen,
die sich unter anderem auch mit der Preistransparenz von Bonusprogrammen auseinandergesetzt haben.
aa) »Treue-Punkte«-Entscheidung des BGH
Kurz vor der UWG-Novelle im Jahre 2004 hatte der BGH239 über ein Treue-
Punkte-System eines Einzelhandelsunternehmen zu entscheiden. Dieses händigte
bei jedem Einkauf für einen Warenwert von 10 DM eine Marke aus. Ab einer gewissen Anzahl waren die Kunden berechtigt, zum größten Teil eigens für die Aktion hergestellte Waren zu einem »Treuepreis« zu erwerben. Das Gericht hielt
dies für zulässig. Es sei wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenklich, wenn
die Einräumung des Rechts, näher bestimmte Waren zu erwerben, daran geknüpft
werde, dass zuvor andere Waren mit einem bestimmten Wert gekauft worden
seien.240 Es sei Sache des Kunden vor dem Kauf dieser Waren Preisvergleiche und
Überlegungen zur Preiswürdigkeit anzustellen. § 1 UWG aF habe nicht den
Zweck über die geltenden Preisangabevorschriften hinaus unabhängig vom
Schutz der Verbraucher vor unlauterer Beeinflussung die Gewerbetreibenden an-
237 KOM (2002) 585 endg. S. 6 Erwägungsgrund (7).
238 Köhler GRUR 2001, 1067, 1070 ff.
239 BGH GRUR 2004, 344 – Treue-Punkte.
240 BGH GRUR 2004, 344, 345 – Treue-Punkte mit Verweis auf BGH GRUR 2003, 538, 539
– Gesamtpreisangebot.
73
zuhalten, in der Werbung Elemente ihrer Preisbemessung nachvollziehbar darzustellen, um Preisvergleiche zu erleichtern.241
bb) Die »Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung des OLG Rostock
Im Jahre 2005 ist mit der »Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung242 des OLG Rostock das erste Urteil zu einem Bonusprogramm nach der UWG-Novelle 2004 ergangen. Dieser lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem ein Apotheker an seine Kunden beim Einlösen von Rezepten oder beim Einkauf in der Apotheke Bonuspunkte vergab. Diese wurden auf einer so genannten Bonuscard abgestempelt und
konnten bei Vollstand gegen die Erstattung der Praxisgebühr oder gegen hochwertige Markenprodukte eingetauscht werden. In der entsprechenden Werbung
wird erläutert, dass die Gutschrift je eines Bonuspunktes für jedes Rezept, für einen Einkauf über zehn Euro, bei Wartezeiten länger als zehn Minuten, bei Nicht-
Verfügbarkeit des Arzneimittels und erforderlichem Zweimal-Besuch sowie bei
unpünktlicher Lieferung erfolgt. Eine Auszahlung der Bonuspunkte sei jedoch
nicht möglich. Weiter wird beispielhaft dargestellt, welche Prämien in Form einzelner Pflegeprodukten für wie viele Bonuspunkte erhältlich sind. Die Aktion
wurde von dem Gericht in allen lauterkeitsrechtlichen Belangen als zulässig eingestuft.243
Insbesondere hielt das Gericht das System nicht für irreführend. Selbst wenn
der genaue Wert der jeweiligen Bonuspunkte, die später beim Kauf anderer Apothekenprodukte verrechnet oder in Form der Praxisgebühr sogar ausgezahlt werden, nicht sogleich feststellbar, sondern erst im Vergleich der Punktzahl mit den
beispielhaft angeführten Produkten nebst Gutschriften zu ermitteln ist, stelle dies
keine unzulängliche Information oder Irreführung dar. Denn eine generelle,
genaue Wertangabepflicht für Zugaben gebe es nicht.244
f) Rechtsentwicklung bei Kopplungssachverhalten
Um vor dem geschilderten Hintergrund die Frage zu beantworten, ob und unter
welchen Umständen Bonusprogramme ohne Auszahlungsfunktion in lauterkeitsrechtlicher Hinsicht als intransparent zu qualifizieren sind, muss zunächst ein
Blick auf die Rechtsentwicklung zu den Transparenzanforderungen bei herkömmlichen Kopplungsangeboten geworfen werden. Es wurde bereits darge-
241 BGH GRUR 2004, 344, 345 – Treue-Punkte mit Verweis auf BGH GRUR 2003, 538, 539
– Gesamtpreisangebot.
242 OLG Rostock GRUR-RR 2005, 391 – Apotheken-Bonuscard.
243 Zu der Problematik des § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. den gesetzlichen Vorschriften über die Praxisgebühr bzw. das Heilmittelwerbegesetz siehe OLG Rostock GRUR-RR 2005, 391,
392 ff.
244 OLG Rostock GRUR-RR 2005, 391, 392 – Apotheken-Bonuscard.
74
stellt, dass gerade Bonusprogramme ohne Auszahlungsfunktion wesensverwandt
mit herkömmlichen Kopplungsangeboten sind, auch wenn hier die Kopplung
quasi über einen längeren Zeitraum gestreckt erfolgt.245 Aus den Wertungen, die
also gleichsam in Bezug auf die »Grundkonstellation« ergangen sind, sollen sodann die Anforderungen an den »Spezialfall« Bonusprogramm abgeleitet werden.
aa) Ausgangspunkt
Den Ausgangspunkt der Rechtsentwicklung stellen die Wertungen der ZugabeVO
dar. Eine ihrer maßgeblichen Zielsetzungen war die Vermeidung von Preisverschleierungen. Man war der Ansicht, der Käufer, dem etwas ohne besondere Berechnung zugegeben wird, bilde sich leicht ein, ihm werde etwas geschenkt, während in Wahrheit allein der in Rechnung gestellte Preis der Hauptware (bzw. -leistung) um die Kosten der Zugabe erhöht sein kann. Durch diese Manipulation
werde es dem Käufer unmöglich gemacht, den wirklichen Preis zu erkennen.
Seine Preisvorstellungen würden verwirrt und seine Urteilsfähigkeit getrübt, da
er den Preis der Hauptware (bzw. -leistung) mit den Preisen, welche die Mitbewerber für sie verlangen, nicht vergleichen kann. Die Konkurrenzfunktion der
Preise werde auf diese Weise beseitigt.246
Auch Kopplungsangebote, die wegen ihrer Entgeltlichkeit nicht unter die
ZugabeVO fielen, wurden in deren Lichte ausgelegt. Insbesondere so genannten
verdeckten Kopplungsangeboten stand man unter Preisverschleierungsgesichtspunkten kritisch gegenüber. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass nur der
Gesamtpreis, nicht aber die Einzelpreise angegeben sind. Besondere Bedenken
hatte die Praxis bei einer Verbindung solcher Waren, die keinerlei Verwandtschaft
aufwiesen.247 Eine Untersagung wurde in der Regel damit begründet, dass eine
derartige Kopplung den Preisvergleich hinsichtlich der einzelnen Waren übermä-
ßig erschwere.248 Als grundsätzlich zulässig wurden aber stets offene Kopplungen
eingestuft, also solche, bei denen die Einzelpreise deutlich angegeben sind.249
245 Siehe oben Kap 2 B. II. 2.
246 Vgl. Baumbach/Hefermehl Zugabe VO Rn. 7; auch Gloy/Loschelder/Jaeger-Lenz § 68 Rn.
98.
247 Z.B. die Kopplung des Verkaufs gebrauchter Kraftfahrzeuge mit einer Fernreise (OLG
Hamm GRUR 1989, 923) und die Kopplung der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft mit
dem Abschluss einer Rechtsschutzversicherung (BGH NJW 1991, 287). Vgl. Emmerich
Unlauterer Wettbewerb, § 12 IV 2; Ohly NJW 2003, 2135, 2136.
248 BGH GRUR 1971, 582, 584 – Kopplungen im Kaffeehandel; vgl. Emmerich Unlauterer
Wettbewerb, § 12 IV 2; Ohly NJW 2003, 2135, 2136.
249 Schon BGH GRUR 1962, 415, 417 – Glockenpackung; vgl. Emmerich Unlauterer Wettbewerb, § 12 IV 2; Ohly NJW 2003, 2135, 2136.
75
bb) »Saustarke Angebote«-Entscheidung (1995)
In Bezug auf die Einschätzung von Kopplungsangeboten bildet das Urteil »Saustarke Angebote« aus dem Jahre 1995 einen ersten Meilenstein auf dem Weg der
Liberalisierung.250 Das streitgegenständliche Angebot – bestehend aus einer Tiefkühltruhe und einer Schweinehälfte zu einem Gesamtpreis – fiel nach den damals
gängigen Kategorien unter die Gruppe der verdeckten Kopplungsangebote. Das
Berufungsgericht hatte noch darauf abgestellt, es handele sich um Leistungsgegenstände, die in keinem Zusammenhang zueinander stehen, schließlich könne
die Schweinehälfte nicht bei der Beklagten bezogen werden. Ferner seien
Schweinehälften nicht standardisiert und würden gängigerweise nicht an Endverbraucher verkauft, wodurch die Beurteilung der Preiswürdigkeit des Angebots erheblich erschwert werde.251 Der BGH trat dem nicht bei. Rechtserheblich sei allein, ob ein Mindestmaß an Preistransparenz gegeben ist. Auf eine Sachfremdheit
komme es folglich nicht (mehr) an. Unter dem Eindruck des sich immer stärker
durchsetzenden europäischen Verbraucherleitbildes befand das Gericht das Angebot für nicht unlauter, da der Preis einer Schweinehälfte für den Verbraucher,
etwa durch Nachfrage beim ortsansässigen Schlachter, durchaus zu ermitteln sei.
Eine Preisvergleichsmöglichkeit sei mithin gegeben.252
cc) Die Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« (2002)
Nach Aufhebung der ZugabeVO im Jahre 2001 ergriff der BGH in den Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« die Gelegenheit, den Bereich der Zugaben
und Kopplungsangebote neu zu ordnen. In Bezug auf das Preisverschleierungspotenzial solcher Maßnahmen schlug er aber durchaus kritische Töne an. Er verabschiedete sich zunächst von den bisherigen Kategorien der offenen und verdeckten Kopplungen sowie von der Zugabe und stellte alle entsprechenden Angebote nunmehr (nur noch) unter eine »Art Missbrauchskontrolle, die sich nicht
allein auf § 3 UWG aF und § 1 PangV, sondern auch unmittelbar auf § 1 UWG aF
stützen könne.«253 Fortan sei es den Unternehmen grundsätzlich nicht mehr verwehrt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in der
Weise zu verbinden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere Produkt ohne
Berechnung oder unter Berechnung eines nominellen Betrags abgegeben wird.
Die wettbewerbsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit müssten sich
vielmehr an den Gefahren orientieren, die von derartigen Geschäften für den Ver-
250 BGH GRUR 1996, 363 – Saustarke Angebote; vgl. Ohly NJW 2003, 2135, 2136; Fezer
WRP 2001, 989, 1009 f.
251 Vgl. BGH GRUR 1996, 363, 364 – Saustarke Angebote.
252 BGH GRUR 1996, 363, 364 f – Saustarke Angebote.
253 BGH WRP 2002, 1256, 1258 Kopplungsangebot I; BGH WRP 2002, 1259, 1262 – Kopplungsangebot II.
76
braucher ausgehen.254 Die erste und vornehmliche Gefahr bestehe darin, dass der
Verbraucher nicht richtig oder nicht ausreichend über das Angebot informiert
werde und er aus diesem Grund keine rationale Kaufentscheidung treffen könne.255 Kopplungsangebote erschwerten typischerweise für den Verbraucher den
Preisvergleich und beinhalteten auch ein gewisses Irreführungs- und Preisverschleierungspotenzial. Im Interesse des Verbrauchers sei daher die Transparenz
des Angebots zu fordern.256 Den konkreten Entscheidungen lag jeweils eine Werbung zugrunde, in der einmal ein Fernseher und ein andermal ein Videorekorder
zu einem besonders günstigen Preis angeboten wurden. Das Angebot war aber an
die Bedingung gekoppelt, dass auch ein 24-monatiger Stromlieferungsvertrag abgeschlossen wird, worauf im Wege eines Sternchenhinweises aufmerksam gemacht wurde. Lediglich in einem Fall befand das Gericht die Werbung für unzulässig, da die schriftbildliche Darstellung der Kosten des Stromlieferungsvertrages gegenüber dem herausgestellten niedrigen Preis nicht ausreichend zur Geltung kam.257 Der vereinzelt geäußerten Forderung aber, dass nach der grundsätzlichen Freigabe des Zugabenwettbewerbs zumindest der Wert des gekoppelten
Produktes angegeben werden müsse, um eine ausreichend transparente Entscheidungsgrundlage für den Verbraucher zu schaffen,258 erteilte das Gericht eine Absage. Eine solche allgemeine Pflicht zu begründen, sei dem Gesetzgeber vorbehalten.259
dd) »Gesamtpreisangebot«-Entscheidung (2003)
In der »Gesamtpreisangebot«-Entscheidung des BGH galt es, die Werbung für
eine Pauschalreise und Skier der Marke »F«, und zwar entweder Abfahrt-Skier
(Standard oder Carving) mit Bindung oder Langlauf-Skier mit Bindung, Schuhen
und Stöcken, die zu einem Gesamtpreis angeboten wurden, zu beurteilen. Das Berufungsgericht stellte noch darauf ab, dass der bloße Hinweis auf Skier der Marke
»F« nicht aussagefähig sei, weil es Markenskier von jedem Hersteller in höchst
unterschiedlicher Qualität und Preisstufe gebe. Vor der Buchung könne der Interessent zwar im Reisebüro nähere Informationen zu den angebotenen Skiern erhalten, er befände sich dann aber schon in einem Verkaufsgespräch und sei regelmäßig nicht mehr willens und in der Lage zur Vornahme eines Preisvergleichs
254 BGH WRP 2002 1256, 1257 - Kopplungsangebot I; vgl. Köhler GRUR 2003, 729, 732;
Ohly NJW 2003, 2135, 2136.
255 BGH WRP 2002, 1256, 1257, 1258 - Kopplungsangebot I.
256 BGH WRP 2002, 1256 – Kopplungsangebot I; ebenso BGH GRUR 2003, 343 – Einkaufsgutschein; BGH GRUR 2004, 255, 259 – Strom und Telefon I; BGH GRUR 2004, 343 –
Playstation.
257 BGH WRP 2002, 1259, 1263 – Kopplungsangebot II.
258 So zunächst vertreten von Köhler GRUR 2001, 1067, 1070 ff, doch später wieder aufgegeben Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.75.
259 BGH WRP 2002, 1256, 1258 Kopplungsangebot I; BGH WRP 2002, 1259, 1262 – Kopplungsangebot II.; vgl. nun Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.75.
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hinsichtlich der Skier.260 Dem trat der BGH nicht bei. Die Möglichkeit, Güter und
Dienstleistungen zu Gesamtangeboten zusammenzustellen und dementsprechend
zu bewerben, gehöre zur Freiheit des Wettbewerbs. Ein Kopplungsangebot sei
nicht schon deshalb wettbewerbswidrig, weil es den Preisvergleich erschwere.
§ 1 UWG aF habe nicht den Zweck, den Gewerbetreibenden anzuhalten, in der
Werbung die Elemente seiner Preisbemessung nachvollziehbar darzustellen, um
Preisvergleiche zu erleichtern. Es sei Sache des Verbrauchers Preisvergleiche anzustellen und sich Gedanken über die Preiswürdigkeit des Angebots zu machen.261 Zumindest anhand des letztlich maßgebenden Gesamtpreises seien Preisvergleiche immer möglich.262
ee) Beurteilung und Bedeutung für Bonusprogramme
Auf den ersten Blick scheint insbesondere durch die »Gesamtpreisangebot«-Entscheidung der Aspekt der Preistransparenz im Rahmen der Wertreklame deutlich
an Bedeutung verloren zu haben. In der Tat bürdet diese Entscheidung im konkreten Einzelfall die Informationslast allein dem Verbraucher auf.
Hieraus lässt sich jedoch nicht der Grundsatz ableiten, dass im Bereich der
Wertreklame und speziell für den Fall der Bonusprogramme fortan die Preistransparenz überhaupt keine Rolle mehr spielt, wie eine genauere Analyse zeigt.
Die »Saustarke-Angebote«-Entscheidung stand am Anfang einer deutlichen
Liberalisierung der Beurteilung von den damals so genannten verdeckten Kopplungsangeboten, also solchen, bei denen zwei Komponenten zu einem Preis abgegeben wurden. Abweichend von der bis dahin gültigen Rechtslage wurde die
Informationslast auch für den Fall, dass zwischen den beiden Angebotskomponenten kein Funktionszusammenhang besteht, verstärkt dem Verbraucher aufgebürdet. Die »Gesamtpreisangebot«-Entscheidung führt diese Wertung konsequent für die Zeit nach der ZugabeVO fort. Diese Liberalisierung ist zu begrüßen.
Insbesondere steht sie nicht im Widerspruch zu den Paradigma der Konsumentensouveränität. Die Werbewirkung liegt bei solchen Angeboten in dem angebotenen Gesamtpaket selbst. In diesen Fällen ist die Gesamtkostenlast durch die
Angabe des Endpreises für den Verbraucher von Anfang an erkennbar. Eine
getrennte Preisangabe würde dem Konsumenten ferner auch nichts nützen. Denn
erstens gebietet es die Angebotsfreiheit, den Kaufmann nicht zu verpflichten, die
einzelnen Leistungskomponenten auch getrennt abzugeben. Zweitens könnte der
Kaufmann aufgrund der Kalkulationsfreiheit die Einzelpreise nach seinem Belieben bis hin zur Untergrenze des Einstandspreises festsetzen.263 Deshalb obliegt
260 BGH GRUR 2003, 538, 539 – Gesamtpreisangebot; Pluskat WRP 2004, 282, 283.
261 BGH GRUR 2003, 538, 539 – Gesamtpreisangebot; Ohly NJW 2003, 2135, 2137; Pluskat
WRP 2004, 282, 283; Köhler GRUR 2003, 729.
262 BGH GRUR 2003, S. 538, 539 – Gesamtpreisangebot.
263 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.72; ders. GRUR 2003, 729, 735; vgl. auch Ohly
NJW 2003, 2135, 2137; Pluskat WRP 2004, 282.
78
es, jedenfalls bei Gesamtpreisangeboten, dem Verbraucher selbst Preisvergleiche
anzustellen, was auch durchaus zumutbar ist. Dysfunktionalitäten in Bezug auf
den Wettbewerbsprozess sind nicht zu befürchten.
In den Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« ging es im Gegensatz
dazu gerade nicht um ein Gesamtpreisangebot, sondern um den Abschluss eines
Dauerlieferungsvertrages über Strom, der mittels einer werblich deutlich herausgestellten, stark vergünstigten zusätzlichen Leistungskomponente beworben
wurde.264 Um dem Verbraucher aber auch in Bezug auf die Hauptleistung eine
ausreichende Entscheidungsgrundlage zu verschaffen, wurden die erwähnten
Transparenzerfordernisse aufgestellt. Diese stehen nicht im Widerspruch zu den
Grundsätzen der »Gesamtpreisangebot«-Entscheidung, sondern tragen nur der
besonderen Fallkonstellation Rechnung. Letztlich geht es darum, dass auch bei
einem Kopplungsangebot, in dem nur eine Komponente hervorgehoben wird, ein
Überblick über die Gesamtkostenlast gewährleistet ist.265
Überträgt man diese Wertungen auf Bonusprogramme, muss es also auch hier
entscheidend sein, inwieweit die Gesamtkostenlast der Teilnahme am System
abzuschätzen ist. Gesamtkostenlast bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eingeschätzt werden kann, welchen Wert das Grundgeschäft einschließlich der Währungsgutschrift mit Blick auf die in Aussicht gestellte Prämie hat, um zu entscheiden, ob Angebote anderer Anbieter vernünftigerweise außer Acht zu lassen sind.
g) Anforderungen an die Preistransparenz von Bonusprogrammen ohne
Auszahlungsfunktion nach § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG
Vor dem geschilderten Hintergrund soll nun dargestellt werden, welche Anforderungen ein Bonusprogramm im Hinblick auf die Preistransparenz erfüllen muss,
um nicht als irreführend wegen Preisverschleierung im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz
2 UWG eingestuft zu werden. Dass diese Norm und nicht § 4 Nr. 4 UWG hier der
richtige Anknüpfungspunkt ist, ergibt sich schon aus den Gesetzesmaterialien.
Danach handelt es sich hierbei nämlich um die Kodifikation dessen, was in den
Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« genau für den Fragenkreis der
Preisverschleierung als Maßstab entwickelt wurde.266
Im Folgenden sollen nun zuerst die in der Literatur aufgestellten Anforderungen an die Preistransparenz von Bonusprogrammen bewertet werden. In diesem Zusammenhang werden die »Treue-Punkte«-Entscheidung des BGH und die
264 In diesem Sinne entscheidet auch Köhler GRUR 2003, 729, 735 f. Vgl. auch die Sachverhalte bei BGH GRUR 2003, 343 – Einkaufsgutschein; BGH GRUR 2004, 255, 259 – Strom
und Telefon I; BGH GRUR 2004, 343 – Playstation, in denen trotz der Gesamtpreisangebot
– Entscheidung auf die Wertungen der Entscheidung »Kopplungsangebot I und II« zurückgegriffen wird.
265 Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Nr. 1.67; ders. GRUR 2003, 729, 735; ders. GRUR
2001, 1067, 1071; Schicker/Henning-Bodewig WRP 2001, 1367, 1403 f.
266 BT Drucks 15/1487, S. 19 f; zur Disskussion siehe oben Kap. 3 D. I 3. b).
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»Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung des OLG Rostock kommentiert. Dabei
wird erneut zwischen Bonusprogrammen mit und solchen ohne strengen Umsatzbezug unterschieden. Im Anschluss erfolgen Ausführungen darüber, ob eine
Pflicht zur Angabe des Wertes der jeweiligen Prämien besteht.
aa) Bonusprogramme mit strengem Umsatzbezug; zugleich Anmerkung zur
»Treue-Punkte«-Entscheidung des BGH
Weist ein Bonusprogramm einen strengen Umsatzbezug auf, müssten Steinbeck,
Jeager-Lenz und Heermann zu dem Ergebnis kommen, dass ein solches Programm nicht zu beanstanden ist, denn bei diesen kann der Kunde, wie gezeigt, abschätzen in welchem Verhältnis die in Aussicht gestellten Prämien zu den getätigten Umsätzen stehen.267 Nur Köhler fordert, dass im Rahmen von Bonusprogrammen zu Zwecken der Preistransparenz klar angegeben sein muss, welchen
Wert ein Berechnungsfaktor (Bonuspunkt, Meile etc.) hat.268
Vordergründig betrachtet weist Köhlers Ansatz einige Vorteile auf. Legte man
beispielsweise im Fall von MR-Classic durchgängig einen (wohl dem Durchschnitt entsprechenden) verbindlichen Punktewert von 0,5 ct. zugrunde, so würde
deutlich werden, dass zum Beispiel das BMW-Kidsbike bei einem Punktewert
von 31.000 innerhalb des Systems zu einem »Preis« von umgerechnet 155 € zu
haben wäre. So eröffnete sich also die Möglichkeit, vor der Prämieneinlösung
Preisvergleiche mit Angeboten anderer Anbieter einzuholen. Dies wäre auch aus
Konkurrentensicht begrüßenswert, denn sie könnten auf diese Weise abschätzen,
welchen Preis sie ihrerseits unterbieten müssten, um am Markt zum Zuge zu kommen. Schließlich ließe sich auf diese Weise leicht feststellen, ob im Rahmen eines
Bonusprogramms möglicherweise in wettbewerbsrechtlich bedenklicher Weise
der Einstandspreis oder die Selbstkosten unterschritten werden.269 Es muss allerdings auch beachtet werden, dass eine solche Vorgehensweise nur scheinbar ein
Mehr an Transparenz schafft. Solange das Guthaben nicht, wie beispielsweise bei
Payback, realmonetär realisiert werden kann, bleibt die Festlegung des Punktewerts allein im Ermessen des Anbieters und damit fiktiv, was wiederum seinerseits zu Transparenzdefiziten führen kann.
Aber auch aus grundsätzlichen Erwägungen ist Köhlers Ansatz jedenfalls für
Bonusprogramme mit strengem Umsatzbezug abzulehnen. In einer freien Wettbewerbsordnung muss bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung einer Verkaufsförderungsmaßnahme zunächst stets vom Grundsatz der Freiheit der Preisund Angebotsgestaltung ausgegangen werden.270 Dieser unternehmerische Freiheitsbereich findet erst dort seine Grenze, wo die Interessen der Verbraucher an
267 Vgl. Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 20 ff; ebenso Gloy/Loschelder/Jeager-Lenz § 68 Rn. 107;
MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 72.
268 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.11; zustimmend Lettl Rn. 285.
269 Zu diesem Problem vgl. unten Kap 4 C. II und E.
270 Vgl. BGH GRUR 2003, 538, 539 – Gesamtpreisangebot; Fezer WRP 2001, 989, 1008.
80
einer informierten Kaufentscheidung über Gebühr beeinträchtigt werden. Es
wurde bereits dargestellt, dass die Entscheidung, welche Informationen vom
Unternehmen zur Verfügung gestellt werden müssen und welche Informationen
sich der Verbraucher selbst beschaffen muss, vorzugsweise nach der Methode der
Interessenabwägung zu erfolgen hat.271 Dabei kommt es auf der einen Seite darauf
an, inwieweit es dem Werbenden möglich und zumutbar ist, die fraglichen Angaben zu machen, ohne dass die Attraktivität seines Angebots leidet. Auf der anderen Seite ist es maßgeblich, in welchem Umfang der Umworbene auf die jeweilige
Information angewiesen ist, inwieweit die Information als bekannt vorausgesetzt
werden kann und mit welchem Zeit- und Kostenaufwand er sie sich selbst
beschaffen kann.272
Solange ein strenger Umsatzbezug besteht, muss diese Abwägung aber zu
Gunsten der Unternehmen ausfallen. Köhlers Ansatz stellte demgegenüber einen
schwerwiegenden Eingriff in die Preisgestaltungsfreiheit dar, der über das hinausgeht, was aus Verbrauchersicht notwendig ist, und deshalb unverhältnismäßig
wäre. Wenn in den Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« gefordert wird,
dass bei einem Angebot die Gesamtkosten nicht verschleiert werden dürfen, so
ist dies im Falle des strengen Umsatzbezuges gewahrt. Denn es ist von vorneherein klar, wie viel Euro Umsatz getätigt werden muss, um in den Genuss der Prämie der Wahl zu gelangen. In der »Gesamtpreisangebot«-Entscheidung wurde
weiter klargelegt, dass das Lauterkeitsrecht nicht den Zweck habe, den Gewerbetreibenden darüber hinaus anzuhalten, in der Werbung die Elemente seiner Preisbemessung nachvollziehbar darzustellen, um Preisvergleiche zu erleichtern. Es
sei vielmehr Sache des Verbrauchers, Preisvergleiche anzustellen und sich
Gedanken über die Preiswürdigkeit des Angebots zu machen.273
Diese Wertungen gehen auch mit der Entscheidung des BGH zum Treue-
Punkte-System eines Einzelhandelsunternehmens konform.274 Dort herrschte
strenger Umsatzbezug, da dem Kunden bei jedem Einkauf für einen Warenwert
von 10 DM eine so genannte Treuemarke ausgehändigt wurde. Dem Verbraucher
war von vorneherein klar, in welchem Umfang Geschäfte zu tätigen sind, um ausreichend Marken zu akquirieren und so in den Genuss der vergünstigten und
näher definierten Prämien zu gelangen.275 Dies muss im Sinne der Konsumentensouveränität genügen.
Abschließend ist aber anzumerken, dass im MR-Classic-Programm der strenge
Umsatzbezug dadurch aufgeweicht wird, dass auch rein verhaltensbezogene
Incentivierungen, wie zum Beispiel eine Gutschrift von 1.500 Punkten für die
271 Vgl. oben Kap 3 C. II 3.
272 Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 162; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.67; Fezer/Peifer
§ 5 Rn. 392.
273 BGH GRUR 2003, 538, 539 - Gesamtpreisangebot; Ohly NJW 2003, 2135, 2137; Pluskat
WRP 2004, 282, 283; Köhler GRUR 2003, 729.
274 BGH GRUR 2004, 344 – Treue-Punkte.
275 BGH GRUR 2004, 344, 345 – Treue-Punkte mit Verweis auf BGH GRUR 2003, 538, 539
– Gesamtpreisangebot, allerdings ohne die Frage des Umsatzbezuges explizit anzusprechen.
81
Vermittlung von Neukunden, vorgesehen sind. Gerade weil nach hier vertretener
Ansicht die Preistransparenz von Bonusprogrammen keine Frage des (starren)
§ 4 Nr. 4 UWG darstellt, führt dies aber nicht per se dazu, dass alleine deshalb
das gesamte System als unlauter zu qualifizieren wäre. Auch hierdurch zeigt sich
die Stärke des hier vertretenen Ansatzes, denn die Einstufung als Irreführungssachverhalt ermöglicht es, nur ganz marginale Aufweichungen des Umsatzbezuges wie die Incentivierung produktunabhängiger Verhaltensweisen mangels
Relevanz dogmatisch sauber vom Irreführungsvorwurf auszunehmen.276 Dies ist
auch marktgerecht. Es kommt vielmehr darauf an, welchen Anteil solche Ausnahmen am Incentivierungsmodell insgesamt haben. Bleibt dieser aus Sicht eines
verständigen Verbrauchers gering, ist es nicht notwendig diese zusätzliche Incentivierungsart dem Unternehmer abzuschneiden bzw. dem Verbraucher vorzuenthalten.
bb) Bonusprogramme ohne strengen Umsatzbezug; zugleich Anmerkung zur
»Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung des OLG Rostock
Weist ein Programm, wie beispielsweise Miles & More oder auch MR-Compact,
keinen strengen Umsatzbezug auf, müssten sowohl Köhler als auch Steinbeck, Jaeger-Lenz und Heermann zu dem Ergebnis kommen, dass dies irreführend im
Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG ist, weil der Wert der einzelnen Vergünstigung
nicht ins Verhältnis zu den getätigten Umsätzen gestellt werden kann. Das OLG
Rostock hat in der »Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung aber gegenteilig entschieden.277
Richtig ist, dass der Kunde bei diesen Systemen vor der Teilnahme nicht
abschätzen kann, welchen Betrag er aufwenden muss, um in den Genuss der in
Aussicht gestellten Vergünstigungen zu kommen. Dies gilt im Falle von Miles &
More auch dann, wenn einzelne Partner streng umsatzbezogen incentivieren, weil
nach einer Reihe von Geschäften innerhalb des Systems der Umsatzbezug verloren geht und es dann nicht mehr nachvollziehbar ist, welchen Umsätzen der
erlangte Guthabenwert überhaupt gegenübersteht. In dieser Situation verliert der
Preis seine Lenkungsfunktion, denn die zu erlangende Vergünstigung kann nicht
mehr ins Verhältnis zu anderen Kaufgelegenheiten gesetzt werden. Dysfunktionalitäten im wettbewerblichen Entscheidungs- und Selektionsprozess sind die
Folge. Die Kaufkraft der Verbraucher wird unangemessen an das System gebunden und die allokative Effizienz beeinträchtigt. Der damit einhergehende volkswirtschaftliche Schaden steht im Widerspruch zu den Zielfunktionen des freien
Wettbewerbs.
Um dem Unlauterkeitsvorwurf zu entgehen, wäre es nach Steinbeck, Jaeger-
Lenz und Heermann in dieser Situation anzuraten, auch hier einen strengen
276 Zum Erfordernis der Relevanz in Irreführungsfragen vgl. MünchKommUWG/Reese § 5
Rn. 216 ff; Lettl WRP 2004, 1079, 1115 mwN.
277 OLG Rostock GRUR-RR 2005, 391 – Apotheken-Bonuscard.
82
Umsatzbezug zu etablieren. Aber gerade bei einem Multi-Partner-Programm wie
Miles & More brächte dies den Nachteil mit sich, dass sich dieser auf alle angeschlossenen Unternehmen gleichermaßen erstrecken müsste. Denn dem Teilnehmer wäre nicht geholfen, wenn er beispielsweise bei VISA eine Meile pro umgesetzten Euro gutgeschrieben bekäme, bei Lufthansa möglicherweise aber zwei,
denn auf dem einheitlichen Meilenkonto würden sich beide Guthaben vermischen.
Insofern könnte Köhlers Vorschlag, einen monetären Gegenwert der einzelnen
Gutschrift anzugeben, einen Ausweg darstellen. Dies böte den angeschlossenen
Unternehmen die Möglichkeit, gänzlich unterschiedliche Incentivierungsstrategien zu verfolgen. Allerdings wurde bereits festgestellt, dass dieser Ansatz nur
scheinbar zu mehr Preistransparenz führen würde, da ein festgeschriebener Wert
im Rahmen eines Programms ohne Auszahlungsfunktion letztlich fiktiv bliebe.
Insofern würde auch dieser Weg nicht vom Verdikt der Irreführung befreien.
Nach hier vertretener Ansicht gibt es aber auch eine dritte Lösungsmöglichkeit, welche die Interessen der Verbraucher und die Interessen der Unternehmen
in einen angemessenen Ausgleich bringt. Das beschriebene Transparenzdefizit
könnte dadurch beseitigt werden, dass im Rahmen des gemeinsamen Meilenkontos nicht nur die gutgeschriebenen Meilen dokumentiert werden würden, sondern
parallel dazu auch alle anderen bei den Partnerunternehmen getätigten Umsätze.278 Dies ist zur Zeit nicht der Fall. Zwar wäre es auch dann nicht von vorneherein klar, wie viel Euro Umsatz aufgewendet werden muss, um in den Genuss einer
bestimmten Prämie zu gelangen. Es bestünde aber immerhin die Möglichkeit im
Laufe der Teilnahme die Werthaltigkeit des Guthabens einzuschätzen und somit
zumindest zum Zeitpunkt der Prämieneinlösung eine rationale Kaufentscheidung
zu treffen. Den Interessen eines mündigen Verbrauchers stünde ein solcher Programmzuschnitt jedenfalls nicht entgegen. Denn es muss berücksichtigt werden,
dass Fremdkäufe von keinem der derzeit praktizierten Systeme wirtschaftlich in
irgendeiner Weise sanktioniert werden. Sie setzen lediglich einen Anreiz zur
Bezugskonzentration. Da aber wohl selten bereits zu Beginn der Teilnahme an
einem solchen System eine konkrete Vorstellung über die in Zukunft zu tätigenden Umsätze vorliegt oder gar eine konkrete Prämie ins Auge gefasst worden
ist, muss es ausreichen, im Laufe der Zeit die Wertigkeit in der geschilderten
Weise für sich selbst einschätzen zu können. Dann kann auch abgeschätzt werden,
ob in einer konkreten Situation Fremdkäufe möglicherweise als wirtschaftlicher
empfunden werden. Allerdings setzt diese Sichtweise voraus, dass die Frage der
Preistransparenz von Bonusprogrammen als ein Fall des § 5 Abs. 2 Satz UWG
aufgefasst wird, der im Gegensatz zu § 4 Nr. 4 UWG für solche Überlegungen
offen ist.
Dieser Lösung stünden auch nicht die Wertungen der »Bonusmeilen«-Entscheidung entgegen. Es wurde bereits erwähnt, dass in dieser ein Bonusprogramm deshalb untersagt wurde, weil der Teilnehmer aufgrund des im konkreten
278 So neuerdings wohl auch MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 72 »...die zwischenzeitlich getätigten Umsätze...«, jedoch ohne nähere Begründung.
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Fall gegebenen Umrechnungsvorbehalts »nicht einmal den Wert der in Aussicht
gestellten Zugaben und das Verhältnis dieses Wertes zu den getätigten Umsätzen
abschätzen« konnte.279 Damit ist aber noch nicht gesagt, wie der notwendige
Umsatzbezug herzustellen ist. Dem hier unterbreiteten Vorschlag widersprächen
auch nicht die Wertungen der Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II«. Aus
diesen geht zwar hervor, dass in den konkreten Fällen die Gesamtkosten vor
Abschluss des Vertrages, ja schon in der Werbung, klar sein müssen. Die den Entscheidungen zugrunde liegende Interessenlage lässt sich aber nicht ohne weiteres
auf Bonusprogramme übertragen. Dort ging es um den Abschluss eines langfristigen Stromlieferungsvertrages, der mit einer günstigen und besonders hervorgehobenen Zusatzleistung beworben wurde. Mit Bonusprogrammen geht aber keine
langfristige vertragliche Verpflichtung einher. Die Systemteilnahme erfolgt vielmehr freiwillig. Der Teilnehmer kann sich jederzeit auch für andere Angebote
entscheiden. Deswegen muss es hier ausreichen, wenn der Kunde quasi parallel
zur andauernden Geschäftsbeziehung die Werthaltigkeit der in Aussicht gestellten Vergünstigungen kontinuierlich beobachten kann, um zu entscheiden, welchen konkreten Nutzen die Teilnahme für ihn hat.
Aus den genannten Gründen kann auch der »Apotheken-Bonuscard«-Entscheidung des OLG Rostock nicht zugestimmt werden. Es handelte sich um ein Programm ohne festen Umsatzbezug. Die Bonuspunkte wurden hier unabhängig von
der Höhe der jeweiligen Zuzahlung für ein Rezept gutgeschrieben. Ferner
erfolgte die Gutschrift anlässlich zahlreicher produktunabhängiger Ereignisse
wie Wartezeiten oder die Nichtverfügbarkeit von Medikamenten. Als Prämie
wurden die Erstattung der vierteljährlichen Praxisgebühr von 10 € oder verschiedene Pflegeprodukte in Aussicht gestellt. Welche dies konkret waren, geht aus
dem Tatbestand des Urteils zwar nicht hervor, es kann jedoch davon ausgegangen
werden, dass diese nicht durchgängig dem Preis von 10 € entsprachen. In ihren
Ausführungen zur Preistransparenz zieht sich die Entscheidung darauf zurück,
dass eine generelle, genaue Wertangabepflicht für Zugaben nicht bestehe. Dies
kann angesichts des Sachverhalts nur so interpretiert werden, dass die »Zugabe«
in der einzelnen Gutschrift gesehen wird. Dies ist aber unzutreffend. Die Zugabe,
oder um einen unbelegten Begriff zu verwenden, die kaufanreizende Draufgabe,
liegt vielmehr in den verschiedenen Prämien, denn der einzelne Punkt hat für sich
genommen gerade keinen Wert. Bei den Punkten handelt es sich um eine interne
Währung, die nicht als eigenständige Zugabe im Sinne einer Verkaufsförderungsmaßnahme gewertet werden kann. Als Verkaufsförderungsmaßnahme ist vielmehr das gesamte Bonusprogramm zu sehen.280 Aber auch wenn man davon ausgeht, dass keine Pflicht zur Angabe des Wertes der einzelnen Prämie besteht –
hierauf wird sogleich noch gesondert eingegangen – so muss doch in jedem Fall
der Preis der einzelnen Prämie deutlich werden. Dieser erschließt sich aber nur
aus den dem Punkteguthaben zugrundeliegenden Umsätzen. Aufgrund des fehlenden Umsatzbezuges und aufgrund der Hereinnahme der zahlreichen verhal-
279 BGH WRP 1999, 424, 428 – Bonusmeilen; vgl. auch OLG Nürnberg WRP 2001, 302.
280 Vgl hierzu oben Kap. 2 B.
84
tens- bzw. ereignisbezogenen Incentivierungen kann dieser aber nicht abgeschätzt werden. Deshalb hätte das System nach hier vertretener Ansicht nach
§ 5 Abs. 2 Satz 2 UWG untersagt werden müssen.
cc) Pflicht zur Angabe des Wertes einer Prämie
Eine Pflicht zur Angabe des Wertes einer Prämie nach § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG
besteht nicht.281 Es ist zu begrüßen, dass sich nach den Entscheidungen »Kopplungsangebot I und II« mittlerweile wohl allseitig die Auffassung durchgesetzt
hat, dass weder bei klassischen Zugabesachverhalten noch bei Kopplungsangeboten die Angabe des Wertes des gekoppelten Angebotteils erforderlich ist.282 Da
hier keine wesentlich andere Interessenlage gegeben ist, kann auch nichts anderes
für die Anpreisung von Bonusprämien in den jeweiligen Broschüren oder im Rahmen spezieller (Print-)Werbekampagnen283 gelten. Der gegenteilige Ansatz liegt
jedoch dem bereits angesprochenen Vorschlag zu einer Sales-Promotion-VO zugrunde. Auch Köhlers frühe Äußerungen lassen sich in diese Richtung interpretieren.284 Der Gesetzgeber hat diesen Ansatz aber trotz Kenntnis der Problematik
zu Recht nicht übernommen.285 Auch der Unlauterkeitsrichtlinie ist ein solcher
Ansatz fremd.
Eppe führt zutreffend an, dass eine so gekennzeichnete Angebotskomponente
ihren Wert als Verkaufsförderungsinstrument gänzlich verlieren würde, weil ihr
die Anlockwirkung, auf die ihr Einsatz zielt, entzogen wird.286 Selbst wenn eine
solche Pflicht bestünde, trüge dies weiter wohl kaum zu einem Mehr an Transparenz bei. Denn zum einen könnte der Kaufmann aufgrund der Kalkulationsfreiheit
die Einzelpreise ohnehin nach seinem Belieben festsetzen.287 Der Preis bliebe
letztlich fiktiv. Zum anderen besteht bei Bonusprogrammen ein grundlegender
Unterschied zu herkömmlichen Zugabesachverhalten. Eine Prämie eines
Bonusprogramms kann gerade nicht einem einzelnen Grundgeschäft zugeordnet
werden. Es werden vielmehr bei verschiedenen Gelegenheiten Punkte oder Meilen gesammelt, die zum Bezug der Prämie legitimieren. Insofern ist die Angabe
eines nominalen Betrages, den eine Prämie wert sein soll, völlig unbedeutend,
wenn nicht das gesamte System in preislicher Hinsicht transparent ist. Dabei ist
281 Zutreffend Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 316; MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 74.
282 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.75; Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 170 ff; Harte/Henning/Stuckel § 4 Nr. 1 Rn. 45; MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 49 ff und 65.
283 Dass § 4 Nr. 4 UWG einer solchen Maßnahme nicht entgegensteht, wurde bereits dargestellt; a.A MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 70 und 76 ff; ders. WRP 2005, 141,
145, 150; Steingass/Teworte WRP 2005, 676, 682 f.
284 Köhler GRUR 2001, 1067, 1070 ff.
285 Vgl. MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 49 ff.
286 Eppe WRP 2004, 153, 157.
287 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.72; ders. GRUR 2003, 729, 735; vgl. auch Ohly
NJW 2003, 2135, 2137; Pluskat WRP 2004, 282.
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der Umsatzbezug das entscheidende Kriterium. Hierzu wurde ausführlich Stellung genommen.
Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch im Rahmen eines
Bonusprogramms für einen verständigen Verbraucher notwendig ist, dass die
wertqualifizierenden Merkmale einer Prämie deutlich werden.288 Diese sind für
eine informierte Kaufentscheidung notwendig und vom Verbraucher selbst nicht
oder nur unter unzumutbar schweren Bedingungen selbst zu beschaffen. Auch der
strengste Umsatzbezug hat keinen Nutzen, wenn sich der Verbraucher eine Prämie vorstellt, die weniger werthaltig ist als gemeint. In dieser Hinsicht gilt jedoch
nichts anderes als bei herkömmlichen Zugabesachverhalten. Als wertqualifizierende Merkmale sind zum Beispiel Hersteller und Typenbezeichnungen von
Geräten zu betrachten. Für den Fall, dass etwa eine Reise ausgelobt wird, ist die
Hotel- und Verpflegungsklasse wertqualifizierend. Dem ist jedenfalls dann genüge getan, wenn diese Merkmale explizit offen gelegt werden.289 Auf eine explizite
Angabe dieser Merkmale kann nur dann verzichtet werden, wenn im Einzelfall
davon auszugehen ist, dass ein verständiger Verbraucher diese kennt oder sie in
zumutbarer Weise selbst in Erfahrung bringen kann.290
h) Ergebnis
Es kann also in Bezug auf die Preistransparenz von Bonusprogrammen folgendes
festgehalten werden: Richtiger dogmatischer Anknüpfungspunkt für diesen Fragenkreis ist § 5 Abs. 2 Satz 2 UWG. Bonusprogramme mit Auszahlungsfunktion
sind angesichts des realmonetären Gegenwerts der einzelnen Gutschrift unbedenklich. Bei Bonusprogrammen ohne Auszahlungsfunktion kommt es darauf an,
ob ein fester Umsatzbezug vorliegt oder nicht. Liegt ein solcher vor, ist es einem
mündigen Verbraucher zuzumuten die Werthaltigkeit der jeweiligen Angebote
selbst einzuschätzen. Liegt ein solcher nicht vor, bestehen erhebliche Bedenken
wegen Irreführung durch Preisverschleierung. Denn nach einer Reihe von Geschäften ist nicht mehr nachvollziehbar, welchen Umsätzen das erwirtschaftete
Guthaben gegenübersteht. Einen Ausweg bietet hier eine parallele Dokumentation der Umsätze durch die Ausrichter des Programms. Problematisch kann es
weiter sein, wenn in einem Programm der grundsätzlich strenge Umsatzbezug für
einige Produkte oder im Rahmen von Sonderaktionen aufgegeben wird. Damit
geht die Wertschätzbarkeit des Guthabens tendenziell verloren. Bleiben diese
Elemente jedoch gering, kann dies vom Irreführungsvorwurf wegen fehlender
Relevanz ausgenommen werden. Gleiches gilt für die Integration rein verhaltensbezogener Incentivierungen in ein Programm, denen per se gar kein nachvollzieh-
288 Ruoff S. 214; MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 74.
289 MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 52; Eppe WRP 2004, 153, 158.
290 Zu dieser Aufweichung Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 185 ff; Hefermehl/Köhler/Bornkamm
§ 4 Rn. 1.76; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rn. 7.30; MünchKommUWG/Busche § 5
Rn. 525; Ruoff S. 212; grundlegend BGH GRUR 2003, S. 538, 539 – Gesamtpreisangebot.
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barer monetärer Wert gegenübersteht. Eine Pflicht zur Angabe des Wertes der
Prämien besteht nicht. Es reicht aus, wenn die wertqualifizierenden Merkmale der
Prämie deutlich werden.
4. Verfügbarkeit von Prämien als Transparenzkriterium
Aus lauterkeitsrechtlicher Sicht ist es weiter bedenklich, wenn im Rahmen von
Bonusprogrammen Prämien angeboten werden, die nicht in ausreichender Menge
vorhanden sind. Es kann sich die Situation einstellen, dass ein Teilnehmer wegen
einer gewissen Prämienausschreibung seine Bezüge auf ein bestimmtes Bonusprogramm konzentriert, bei Erreichen des notwendigen Guthabens aber feststellen muss, dass die ins Auge gefasste Prämie bereits vergriffen ist.
a) Grundsätzliches
Für die Frage der Bevorratung von Waren und Dienstleistungen sieht
§ 5 Abs. 5 UWG eine Spezialregelung vor. Danach ist es irreführend, wenn eine
Ware oder Dienstleistung unter Berücksichtigung der Art sowie der Gestaltung
und Verbreitung derselben nicht in angemessener Menge zur Befriedigung der zu
erwartenden Nachfrage vorgehalten ist. Angemessen ist im Regelfall ein Vorrat
für zwei Tage.
Das Gesetz geht also von dem Grundsatz aus, dass sich der Warenvorrat nach
der zu erwartenden Nachfrage richten muss. Dies entspricht der Vorgabe der
Unlauterkeitsrichtlinie nach Art. 6 iVm Anhang I Nr. 5. Die Zwei-Tages-Fiktion
des § 5 Abs. 5 Satz 2 UWG hat im Wesentlichen die Funktion einer Beweislastregel. Danach obliegt es dem Werbenden, darzulegen, warum die Vorratsmenge
nicht für zwei Tage gereicht hat.291 Dies schließt aber nicht aus, dass es auch Situationen gibt, in denen nur eine Bevorratung für längere Zeiträume angemessen
ist.292
So verhält es sich bei Bonusprogrammen. Genau wie im Falle herkömmlicher
Warenkataloge wird man zunächst davon ausgehen müssen, dass der Verkehr
erwartet, dass die in den Prämienbroschüren beworbenen Prämien nicht nur für
zwei Tage, sondern grundsätzlich für den gesamten Gültigkeitszeitraum der Broschüre lieferbar sind. Dies schließt jedoch aus Sicht des Verbrauchers nicht aus,
dass einzelne, besonders begehrte Artikel vorübergehend vergriffen sein können
und erst nachbestellt werden müssen.293 Werden außerhalb der Broschüre für
einen bestimmten Zeitraum Sonderprämien wie zum Beispiel spezielle Sommer-
291 BT-Drucks 15/1487, S. 20; Fezer/Peifer § 5 Rn. 447 f.
292 Vgl. nur Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rn. 8.16; sowie BT-Drucks 15/1487, S. 20
»Länge des Zeitraums entzieht sich einer schematischen Betrachtung«.
293 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rn. 8.16; BGH GRUR 1999, 1011, 1012 f. – Werbebeilage; vgl. auch BGH NJW 2005, 2229 – Internet-Versandhandel.
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oder Winterprämien angeboten, so müssen auch diese im gesamten angegebenen
Zeitraum verfügbar sein.294
b) Mengenmäßig begrenzte Prämien
Kann oder will ein Anbieter eines herkömmlichen (Sonder-)Angebotes nicht garantieren, dass sein Vorrat im angegebenen Zeitraum die zu erwartende Nachfrage
befriedigt, kann er nach allgemeiner Ansicht dem Anwendungsbereich des § 5
Abs. 5 UWG dadurch entgehen, dass er auf die Begrenztheit seines Vorrates, etwa
durch eine Formulierung wie »solange der Vorrat reicht«, hinweist.295 Handelt es
sich bei dem Angebot aber um eine Verkaufsförderungsmaßnahme, die mengenmäßig begrenzt ist, wird im Rahmen von § 4 Nr. 4 UWG gefordert, dass in diesen
Fällen stets die genaue Anzahl der bereitgehaltenen Vergünstigungen angegeben
wird.296
Auch diese Vorgabe scheint auf den ersten Blick einleuchtend, erweist sich
aber bei näherem Hinsehen als zu schematisch. Richtig ist zunächst, dass bei nur
begrenzt verfügbaren Prämien eine grundsätzlich andere Situation vorliegt als bei
herkömmlichen (Sonder-)Angeboten. Besteht bei letzteren lediglich die Gefahr,
dass auf eine Werbung hin ein bestimmtes Geschäft aufgesucht wird, dann aber
festgestellt werden muss, dass die beworbene Ware bereits vergriffen ist, konzentriert der Teilnehmer eines Bonusprogramms seine Einkäufe möglicherweise
wegen einer ganz bestimmten Prämie auf das System. Er ist also quasi bereits in
Vorleistung gegangen. Es muss allerdings auch berücksichtigt werden, dass der
Verbraucher gerade bei Bonusprogrammen in der Mehrzahl der Fälle nicht die
Auskehrung einer bestimmten Prämie, sondern primär den Zugang zu den so
genannten Prämienwelten an sich erwarten wird. Bonusprogramme zeichnen sich
nämlich gerade dadurch aus, dass dem Teilnehmer nicht nur eine bestimmte, sondern eine Vielzahl von unterschiedlichen Prämien zur Auswahl gestellt wird, die
er gegen die interne Währung nach Belieben (in zeitlicher Hinsicht wie in Hinsicht auf den Gegenstand der Prämie selbst) eintauschen kann. Es ist nicht fernliegend anzunehmen, dass gerade diese Flexibilität einer der Gründe für den
Erfolg dieses Marketinginstrumentes darstellt. Wenn es sich beim Prämientausch
aber zumindest auch um eine mehr oder weniger spontane Entscheidung handelt,
dann ist es auch geboten, dies bei der lauterkeitsrechtlichen Beurteilung zu
berücksichtigen. Bei Programmen mit Auszahlungsfunktion kommt die Besonderheit hinzu, dass sich der Teilnehmer sein Guthaben im Falle der Nichtverfüg-
294 Vgl. Fezer/Peifer § 5 Rn. 443.
295 Vgl. BGH GRUR 2004, 343, 344 – Playstation; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 5 Rn. 8.6
mwN; zur einer möglichen unsachlichen Beeinflussung durch ein mengenmäßig begrenztes Angebot siehe unten Kap. 3 D. II. 3. c); vgl. auch MünchKommUWG/Busche § 5 Rn.
699.
296 Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn. 32; Heermann WRP 2005, 141, 143, 145.
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barkeit einer anvisierten Prämie auch in Bar- oder Buchgeld auszahlen lassen
kann.
Bei der Frage, ob bei einem begrenzten Prämienkontingent der bloße Hinweis
»solange der Vorrat reicht« ausreicht oder ob die genaue Anzahl der verfügbaren
Exemplare anzugeben ist, wird es also maßgeblich auf den konkreten Prämiengegenstand ankommen. Es gilt zu fragen, wie viele andere gleichwertige Prämien
sonst noch zur Verfügung stehen bzw. ob diese im Falle der Auszahlungsmöglichkeit eine gleichwertige Form der Incentivierung darstellt. Dies muss nach der
Erwartung des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verkehrskreise
beurteilt werden. Die Zumutbarkeit des Verweises auf eine andere, aber gleichwertige Prämie ergibt sich auch aus der Unlauterkeitsrichtlinie. In deren Anhang
I unter Nr. 5 ist die
»Aufforderung zum Kauf von Produkten zu einem bestimmten Preis, ohne dass dar-
über aufgeklärt wird, dass der Gewerbetreibende hinreichende Gründe für die Annahme hat, dass er nicht in der Lage sein wird, dieses oder ein gleichwertiges Produkt (Hervorhebung durch den Verfasser) zu dem genannten Preis für einen Zeitraum und in einer Menge zur Lieferung bereitzustellen oder durch einen anderen
Gewerbetreibenden bereitstellen zu lassen, wie es in Bezug auf das Produkt, den
Umfang der für das Produkt eingesetzten Werbung und den Angebotspreis angemessen wäre (Lockangebote),«
unter allen Umständen als unlauter zu qualifizieren. Also, nur wenn es sich um
eine ihrer Art nach ganz einzigartige Prämie handelt bzw. wenn diese durch ihre
Herausstellung in der Werbung oder durch ihren »Preis« eine Sonderrolle einnimmt,297 muss man, wenn die Prämie nicht unbegrenzt vorgehalten wird, einen
Hinweis auf die vorhandene Anzahl fordern. Zwar gibt dem Verbraucher auch
dies keine Gewähr, dass die Prämie bei Erreichen des notwendigen Guthabenstandes nicht bereits vergriffen ist. Dennoch kann er dann besser abschätzen, ob
es sich lohnt, hierauf zu »sparen«.
Ganz allgemein sei abschließend angemerkt, dass die Gefahr eher gering sein
wird, dass die Verbrauchererwartung im Rahmen von Bonusprogrammen, die
gerade die langfristige Kundenbindung im Auge haben, enttäuscht wird. Denn
frustrierte Kunden werden kaum Willens sein, auch in Zukunft ihre Bezüge auf
ein solches System zu konzentrieren.
c) Ergebnis
Abschließend lässt sich also festhalten, dass Prämien im Rahmen von Bonusprogrammen prinzipiell im gesamten Geltungszeitraum der Prämienbroschüren oder
angekündigten Aktionszeiträume vorgehalten werden müssen. Kann dies seitens
der Ausrichter nicht gewährleistet werden, reicht grundsätzlich ein Hinweis »so-
297 Vgl. hierzu OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 287, 288 – Weihnachts-Kerzenleuchter.
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lange der Vorrat reicht« aus. Nur wenn es sich um eine ganz außergewöhnliche
Prämie handelt, muss die konkret vorgehaltene Menge angegeben werden.
II. Unangemessene unsachliche Beeinflussungen durch Bonusprogramme
gemäß § 4 Nr. 1 3. Alt UWG (Übertriebenes Anlocken)
Nach der Auseinandersetzung mit der grundsätzlichen Frage der Transparenz
bzw. Irreführungsfreiheit von Bonusprogrammen wird im Folgenden der konkrete Einsatz der einzelnen Parameter Meile, Digits, Punkte etc. einerseits und
Prämie anderseits näher untersucht. Dabei kommt insbesondere ein Konflikt mit
dem Verbot der unsachlichen Beeinflussung in Betracht. Seit der UWG Novelle
2004 ist diese Fallgruppe in § 4 Nr. 1 UWG ausdrücklich geregelt.
In Betracht kommt allerdings nur die dritte Tatbestandsalternative des sonstigen unangemessenen unsachlichen Einflusses. Die Gesetzesbegründung stellt
hierzu erklärend fest: »Dazu können auch Maßnahmen der Wertreklame gehören,
wenn sie bezwecken, die Rationalität der Verbraucherentscheidung auszuschalten. Durch das Kriterium der Unangemessenheit wird der Tatsache Rechnung
getragen, dass der Versuch einer gewissen unsachlichen Beeinflussung der Werbung nicht fremd und auch nicht per se unlauter ist.«298
Dies verdeutlicht, dass von § 4 Nr. 1, 3. Alt. UWG auch das erfasst sein soll,
was bisher gemeinhin als »übertriebenes Anlocken« charakterisiert worden ist.299
Von einem übertriebenen Anlocken wird grundsätzlich dann gesprochen, wenn
ein Gewerbetreibender seinen Kunden »übermäßige« und »übertriebene« Vorteile im Falle einer Kontaktaufnahme in Aussicht stellt, wodurch die Rationalität
der Nachfrageentscheidung in den Hintergrund tritt. Der Gewerbetreibende hält
seine Kunden auf diese Weise von der sachlichen Prüfung der sich gegenüberstehenden Angebote ab, so dass seine Konkurrenten keine Chance mehr haben, mit
ihren gleichwertigen Angeboten zum Zuge zu kommen.300
Davon zu unterscheiden sind Fälle des so genannten »psychischen Kaufzwangs«, die ebenfalls unter § 4 Nr. 1 UWG zu diskutieren sind.301 Ein solcher
liegt vor, wenn mit außerhalb der Sache liegenden Mitteln der Einflussnahme derart auf die Willensentscheidung des Umworbenen eingewirkt wird, dass dieser
zumindest anstandshalber nicht umhin kann, auf das Angebot einzugehen ohne
298 Begr.-RegE BT-Drucks. 15/1487, S. 17 wobei der Begriff Wertreklame synonym zu den
Begriff Verkaufsförderungsmaßnahme verwendet wird.
299 Zu Begriff und Herkunft Emmerich FS Piper S. 171.
300 Emmerich FS Piper, 171, 173; ders. Unlauterer Wettbewerb, § 12 IV 4. b).
301 Vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.32 f; Eppe WRP 2004, 153, 154; zu den anderen Möglichkeiten der unlauteren Einflussnahme auf die Verbraucherentscheidung vgl.
Fezer/Steinbeck § 4-1 Rn. 99 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit untersucht Bonusprogramme wie Miles & More oder Payback aus lauterkeits- und kartellrechtlicher Sicht. Sie präzisiert den gängigen Terminus Kundenbindungssystem vor dem Hintergrund wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.
Einen Schwerpunkt stellen die lauterkeitsrechtlichen Anforderungen an die Transparenz solcher Programme dar. Dabei wird zwischen der Transparenz der Inanspruchnahmebedingungen und der Werttransparenz unterschieden. Die Frage, inwiefern Bonusprogramme mit den Missbrauchstatbeständen des deutschen und europäischen Kartellrechts konfligieren können, bildet einen weiteren Schwerpunkt. Neben den Grenzen der Angebots- und Preisgestaltungsfreiheit wird hier der Aspekt der Sogwirkung diskutiert.