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Kapitel 3
Bonusprogramme und die Verbraucherinteressen
Nachdem die vorangegangene Darstellung dem Zweck diente, den Leser für den
Begriff und vor allem für verschiedene Nuancen von Bonusprogrammen zu sensibilisieren, sollen nun die bereits aufgezeigten Konfliktlagen von Bonusprogrammen mit den Interessen der Verbraucher genauer in den Blick genommen
werden.
A. Konfliktpotenzial von Bonusprogrammen aus Verbrauchersicht
Wie schon im Meinungsstand angesprochen lautet ein wesentlicher Vorwurf gegenüber Bonusprogrammen, diese könnten der Preisverschleierung Vorschub
leisten und damit die Souveränität der Konsumentenentscheidung beeinträchtigen, weshalb ein besonderes Augenmerk auf die Transparenz solcher Systeme zu
legen sei.114 Auch bestehe die Gefahr, dass die Bedingungen zur Inanspruchnahme der ausgelobten Vergünstigungen nicht hinreichend deutlich angegeben
werden.115 In diesem Zusammenhang steht auch die Forderung im Raum, bei Bonusprogrammen müsse stets der Wert eines einzelnen Berechnungsfaktors wie einer Meile oder eines Bonuspunktes angezeigt werden.116 Aus lauterkeitsrechtlicher Sicht kann es ferner bedenklich sein, wenn im Rahmen von Bonusprogrammen Prämien angeboten werden, die nicht in ausreichender Menge vorhanden
sind. Es kann sich die Situation einstellen, dass ein Teilnehmer wegen einer gewissen Prämienausschreibung seine Bezüge auf ein bestimmtes Bonusprogramm
konzentriert, bei Erreichen des notwendigen Guthabens aber feststellen muss,
dass die ins Auge gefasste Prämie bereits vergriffen ist. Mit diesen Problemkreisen ist vornehmlich die Frage nach der Transparenz von Bonusprogrammen angesprochen.
Daneben gilt es die Elemente von Bonusprogrammen zu untersuchen, die
unabhängig von Transparenzgesichtspunkten möglicherweise zu einer unzuläs-
114 Vgl. Lange/Spätgens Rn. 156; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.11; ders. BB 2001,
265, 268 ff; ders. BB 2001, 1157; Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 20 ff; MünchkommUWG/
Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 69 ff; Piper/Ohly § 5 Rn. 447; Gloy/Loschelder/Jeager-Lenz § 68
Rn. 107; Schricker/Henning-Bodewig WRP 2001, 1367, 1403 f, 1407; Fezer WRP 2001,
989, 1013; Römermann/van der Moolen Rn 270 ff; Nordemann NJW 2001, 2505, 2510;
Berneke WRP 2001, 615, 619; OECD DAFFE/COMP (2002)21, S. 24, mwN; Beyhoff Int.
Verkehr 1994, 334, 337 mwN.
115 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn 4.11; Fezer/Steinbeck § 4-4 Rn. 20 ff; Harte/Henning/Bruhn § 4 Nr. 4 Rn 36 ff; MünchKommUWG/Heermann § 4 Nr. 4 Rn. 69 ff.
116 Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 4.11; zustimmend Lettl Rn. 285.
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sigen Beeinflussung des Verbrauchers führen können. Als kritisch wird insbesondere die Staffelung von Vergünstigungen und der Einsatz von Verfallsdaten für
das erwirtschaftete Guthaben angesehen.117 Zu denken ist darüber hinaus aber
auch an besonders hohe Währungsgutschriften oder äußerst günstige Prämien,
sowie an den Einsatz von Prämien, die sonst nicht käuflich zu erwerben sind.
Schließlich kann auch von zeitlich stark befristeten Angeboten im Rahmen von
Bonusprogrammen unter Umständen eine unsachliche Beeinflussung der Verbraucher ausgehen.
B. Rechtsrahmen
Der Schutz der Verbraucherinteressen vor unzulässigen Verkaufsförderungsmaßnahmen ist vornehmlich Aufgabe des Lauterkeitsrechts. Dies kommt seit der Novelle im Jahre 2004 durch die so genannte Schutzzwecktrias in § 1 UWG nun
auch deutlich zum Ausdruck.
Die maßgeblichen Normen zur Reglementierung von Verkaufsförderungsmaßnahmen zum Zwecke des Schutzes der Verbraucherinteressen unter Transparenzgesichtspunkten stellen das Gebot der Bereitstellung der Bedingungen der Inanspruchnahme nach § 4 Nr. 4 UWG sowie das Irreführungsverbot nach § 5 UWG
dar. Gerade bei komplexen Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Bonusprogrammen wird zu entscheiden sein, welches konkret die Bedingungen der Inanspruchnahme sind, die dem Verbraucher mitgeteilt werden müssen und wann diese in
welcher Form zur Verfügung gestellt werden müssen. In diesem Zusammenhang
wird weiter die Frage zu klären sein, ob auch die Wertschätzbarkeit der einzelnen
Gutschrift oder die Angabe der konkreten Anzahl der vorgehaltenen Prämien eine
Bedingung der Inanspruchnahme im Sinne des § 4 Nr. 4 UWG darstellt oder ob
dies nicht eher eine Frage der Irreführung ist.
Die Frage der Zulässigkeit von speziellen Prämien, extrem hohen Vergünstigungen, des Einsatzes von Bonusstaffeln und Verfallsdaten sowie von zeitlich
extrem kurzen Angeboten wird anhand des Verbotes der unsachlichen Beeinflussung nach § 4 Nr. 1 UWG zu entscheiden sein.
C. Beurteilungsmaßstäbe
Die genannten Problemkreise können allerdings nur hinreichend erörtert werden,
wenn zuvor einige grundsätzliche Überlegungen darüber angestellt wurden, welche Maßstäbe zur Identifizierung von Verkaufsförderungsmaßnahmen, die den
117 Hierzu Ruoff, S. 223; Hefermehl/Köhler/Bornkamm § 4 Rn. 1.104; ders. GRUR 2003, 729,
738; ders. GRUR 2001, 1067, 1074; Piper/Ohly § 4 Rn. 4.1 Rn. 1/130 f; Berneke WRP
2001, 615, 619; Heermann WRP 2001, 855, 864; ebenso Eppe WRP 2004, 153, 160 f;
OECD DAFFE/COMP (2002)21, S. 23.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit untersucht Bonusprogramme wie Miles & More oder Payback aus lauterkeits- und kartellrechtlicher Sicht. Sie präzisiert den gängigen Terminus Kundenbindungssystem vor dem Hintergrund wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.
Einen Schwerpunkt stellen die lauterkeitsrechtlichen Anforderungen an die Transparenz solcher Programme dar. Dabei wird zwischen der Transparenz der Inanspruchnahmebedingungen und der Werttransparenz unterschieden. Die Frage, inwiefern Bonusprogramme mit den Missbrauchstatbeständen des deutschen und europäischen Kartellrechts konfligieren können, bildet einen weiteren Schwerpunkt. Neben den Grenzen der Angebots- und Preisgestaltungsfreiheit wird hier der Aspekt der Sogwirkung diskutiert.