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Das bedeutet, dass es das vornehmste Ziel des Wettbewerbsrechts sein muss,
die Aufrechterhaltung der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Wirtschaftssubjekte zu gewährleisten, damit der für Wettbewerb elementare permanente Informations-, Such- und Lernprozess nicht zum Erliegen kommt.65 Die
Hervorhebung der freiheitlichen Komponente harmoniert schließlich auch in
besonderer Weise mit der grundgesetzlichen Werteordnung, in der durch die Art.
1 und 2, aber auch durch die Art. 12 und 14 der Freiheit und Selbstbestimmung
gerade im Wirtschaftsleben eine herausragende Stellung zugemessen wird.66
D. Gang der Untersuchung
Im Folgenden soll nun untersucht werden, inwieweit den gegenüber Bonusprogrammen geäußerten Bedenken mit dem gegenwärtigen Rechtsinstrumentarium
Rechnung getragen werden kann. Wie im Meinungsstand bereits vorgezeichnet,
wird die nachstehende Untersuchung zwischen der Beeinträchtigung der Interessen der Verbraucher, der Interessen der Konkurrenten und einem Verstoß gegen
Allgemeininteressen durch Bonusprogramme unterscheiden. Die aufgezeigten
Interessenkreise sind jedoch nicht gänzlich voneinander zu trennen. Eine Irreführung oder unsachliche Beeinflussung des Verbrauchers wird letztlich ebenso den
Konkurrenteninteressen zuwiderlaufen, wie eine wettbewerbsinkonforme Verdrängung eines Wettbewerbers, jedenfalls auf lange Sicht, nicht den Interessen
der Verbraucher entsprechen kann. Auch die Frage der wettbewerbsrechtlich geschützten Allgemeininteressen lässt sich nicht losgelöst von den Interessen der
unmittelbar betroffenen Marktakteure behandeln.
Ausdrücklich ausgenommen von der Darstellung wird aber der Fragenkreis des
§ 1 GWB bzw. Art. 81 EG. Dieser hat durch Lange67 und Köhler68 bereits eine
umfassende Bearbeitung erfahren. Wegen des wettbewerbsrechtlichen Zuschnitts
werden datenschutzrechtliche Fragestellungen, die bei Bonusprogrammen
sicherlich auch eine nicht unwesentliche Rolle spielen, nur soweit behandelt wie
dies für diese Arbeit notwendig ist.69
Bevor jedoch auf die einzelnen aufgeworfenen Probleme eingegangen werden
kann, sollen zunächst die charakteristischen Funktionsparameter von Bonusprogrammen deutlicher herausgearbeitet werden.
65 Hoppmann Wettbewerb als Aufgabe, S. 63, 90.
66 Harte/Henning/Schünemann § 1 Rn. 28 und Säcker Zielkonflikte, S. 59 f jeweils mwN.
67 Lange WuW 2002, 220 ff.
68 Köhler BB 2001, 1157 ff.
69 Vgl. hierzu die umfassende Studie des Vzbv »Kundenbindungssysteme und Datenschutz«
(2003).
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit untersucht Bonusprogramme wie Miles & More oder Payback aus lauterkeits- und kartellrechtlicher Sicht. Sie präzisiert den gängigen Terminus Kundenbindungssystem vor dem Hintergrund wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse.
Einen Schwerpunkt stellen die lauterkeitsrechtlichen Anforderungen an die Transparenz solcher Programme dar. Dabei wird zwischen der Transparenz der Inanspruchnahmebedingungen und der Werttransparenz unterschieden. Die Frage, inwiefern Bonusprogramme mit den Missbrauchstatbeständen des deutschen und europäischen Kartellrechts konfligieren können, bildet einen weiteren Schwerpunkt. Neben den Grenzen der Angebots- und Preisgestaltungsfreiheit wird hier der Aspekt der Sogwirkung diskutiert.