136
5. Ergebnis
Die Antwortverteilung zeigt insgesamt, dass die Befragten in Lübeck auf die vorgegebene Situation deutlich häufiger mit einer Widerstandsanzeige reagierten als
ihre Kollegen in Mannheim und lediglich etwas häufiger als ihre Kollegen in Kiel.
Bei der geschlechtsspezifischen Auswertung der Antworten fällt auf, dass die weiblichen Befragten tendenziell häufiger eine Deeskalationstaktik und die männlichen
Befragten eher eine Durchsetzungsstrategie ohne Verrechtlichung wählten. Diese
unterschiedlichen Bewertungen wirken sich allerdings mit einem nur geringfügigen
Unterschied von 3,4 Prozent nahezu gar nicht auf das Anzeigeverhalten aus. Die
dienstgradbezogene Auswertung führt zu dem Ergebnis, dass die Beamten des
höheren Dienstes den Autofahrer im vorgegebenen Sachverhalt mit einem Unterschied von ca. 5 Prozent etwas seltener kriminalisierten als ihre Kollegen des
mittleren Dienstes. Diensterfahrene Befragte reagierten häufiger mit einer Deeskalationstaktik. Im Gegensatz hierzu thematisierten die dienstunerfahrenen
Polizeibeamten den Konflikt eher, entschieden sich allerdings gegen eine Mobilisierung des Widerstandsparagrafen.
II. Situation 2: häusliche Gewalt
Der zweite Sachverhalt beinhaltete das Phänomen der häuslichen Gewalt. Folgende
Situation war vorgegeben: „Ehestreit mit Körperverletzung zulasten der Frau: Sie
erteilen dem Mann X rechtmäßig eine Wegweisung. Dieser weigert sich. Nach
einem Handgemenge zwischen Ihnen und X, lässt X von Ihnen ab, verlässt die
Wohnung aber nicht.“
Die rechtliche Würdigung lässt je nach Auslegung des Begriffs Handgemenge auf
eine Erfüllung des Widerstandsparagrafen schließen. Da ein Handgemenge schon
einen körperlichen Kraftaufwand beinhaltet und dieser gegen die Person des Vollstreckenden gerichtet war, um die Durchsetzung der Diensthandlung zumindest zu
erschweren, kann hierin bereits ein tatbestandliches Widerstandleisten mit Gewalt
gesehen werden. Für die Annahme eines tätlichen Angriffs, der stets eine auf den
Körper des Beamten zielende feindselige Einwirkung voraussetzt408, fehlen weitere
Anhaltspunkte.
Dieser Konflikt zielte darauf ab, das Phänomen der häuslichen Gewalt näher zu
beleuchten, welches spätestens mit der Einführung des Gewaltschutzgesetzes und
dem Aktionsplan der Bundesregierung vom Dezember 1999 wieder in den Fokus
öffentlicher Debatten gerückt ist. Dabei wird das Gewaltschutzgesetz flankiert von
408 So schon RGSt. 7, S. 301; 59, S. 264; auch LK-StGB/Bubnoff (1994); § 113 Rn. 17; Fischer
(2008), § 113 Rn. 27; Lackner/Kühl (2007), § 113 Rn. 6; NK-StGB/Paeffgen (2005), Rn. 31;
§ 113 Rn. 19; Schönke/Schröder-Eser (2006), § 113 Rn. 46.
137
einer neuen bzw. veränderten Implementation vorhandener oder neu geschaffener
polizeilichen Befugnisse.409 Als rechtliches Mittel stehen den Beamten der Polizei in
Schleswig-Holstein seit Mitte 2004410 die Regelung des § 201a Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein zur Verfügung. Dieser regelt die Wohnungswegweisung
sowie ein Rückkehr- und Betretungsverbot zum Schutz vor häuslicher Gewalt.
Danach kann die Polizei eine Person bis zu vierzehn Tage aus ihrer Wohnung verweisen und ihr die Rückmgjt"fqtvjkp"wpvgtucigp."È
ã000" wenn Tatsachen, insbesondere ein von ihr begangener tätlicher Angriff, die Annahme
rechtfertigen, dass diese Maßnahme zur Abwehr einer von ihr ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit der gefährdeten Person erforderlich ist0Ð" (§ 201a LVwG
S-H).
Das Bundesland Baden-Württemberg kam bisher ohne eine spezielle landesrechtliche Normierung der Wohnungswegweisung bei häuslicher Gewalt aus. Derartige
Aufenthaltsverbote bzw. Wohnungswegweisungen werden dort auf §§ 1, 3 PolG-
Baden-Württemberg gestützt.411 Dieses befristete Hausverbot kann auch nach einer
Prüfung durch die Ortspolizeibehörde aufrechterhalten werden.412
Der von der Wegweisung betroffenen Person drohen nicht unerhebliche Konsequenzen. Dies kann zu einer steigenden Abwehrbereitschaft führen. Hinzu kommt,
dass die Stimmung beim Eintreffen der Polizeibeamten wegen des bereits vorangegangenen Konflikts oftmals aggressiv ist und sich diese Aggression gegen den
Vollstreckungsbeamten richten kann.
Von besonderem Interesse ist die taktische Vorgehensweise der Beamten. Da der
Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung auf dem Verrechtlichungsverhalten
i.S.d. § 113 StGB liegt, kann keine tiefgängige Auseinandersetzung mit dem
Phänomen der häuslichen Gewalt stattfinden. Allerdings ist zu prüfen, ob § 113
StGB gezielt gegen gewalttätige Ehepartner mobilisiert wird. In einem späteren
Strafverfahren kann der Polizeibeamte dann als Zeuge gegen den Ehemann aussagen. Dies wäre vor allem dann vorstellbar, wenn die Ehefrau selbst keine Anzeige,
zum Beispiel wegen der Verwirklichung eines Körperverletzungstatbestandes nach
409 Frommel (2003), S. 285.
410 Davor gab es seit 2002 nur einen auf die Generalermächtigung nach § 176 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein gestützten Erlass.
411 Würtenberger/Heckmann (2005), S. 146.
412 Leuze-Mohr (2005), S. 151 f. Es gibt in Baden-Württemberg noch keine Vorgaben zur Ermessensausübung, wie lange ein Platzverweis wenigstens und höchstens dauernd darf. Leuze-
Mohr (2005, S. 152) legt Ergebnisse des Abschlussberichtes zum Modellversuch des Platzverweises dar, die zeigen, dass in den meisten Fällen (47,3 Prozent) die Frist von einer
Woche nicht überschritten wurde. Jedoch dauerten immerhin 24,4 Prozent der angeordneten
Platzverweise länger als zwei Wochen und bis zu drei Monaten. Siehe auch unter URL
http://www.interventionsstelleheidelberg.de/pdf/Platzverweis_BroschuereLand_2004.pdf?PHPSESSID= 6877ad07338987
33057ad37962cd8ae3 (zuletzt aufgerufen am 19.11.2007). Im Zusammenhang mit dem
Platzverweis sind auch noch weitere polizeirechtliche Maßnahmen möglich. Siehe hierzu
Leuze-Mohr (2005), S. 152.
138
§§ 223 ff. StGB gegen ihren Mann stellen will, sich aber dennoch Hilfe vom Staat
erhofft. Eine hohe Verrechtlichungsrate würde demnach auf ein gutes polizeiliches
Problembewusstsein im Umgang mit häuslicher Gewalt hindeuten.
1. Regionale Situationsbewertung
Die Bereitschaft, den vorgegebenen Sachverhalt zu verrechtlichen, wird zunächst
getrennt nach Städten aufgeschlüsselt, um regionale Unterschiede aufzudecken (Abbildung 28).
Es bestand insgesamt eine sehr hohe Motivation, den Konflikt zu verrechtlichen.
Dabei entschieden sich etwa 10 Prozent der Befragten in Kiel, Lübeck und Mannheim für eine Deeskalationstaktik und deutlich weniger als 10 Prozent für eine
Durchsetzungsstrategie mit prophylaktischer Anzeige. Die Unterschiede zwischen
den drei untersuchten Städten sind diesbezüglich mit einer maximalen Abweichung
von nur 2 Prozent jedoch verschwindend gering.
Mindestens 68 Prozent aller Befragten sprachen sich für die Variante der Durchsetzungsstrategie und für eine anschließende Verrechtlichung aus. Hierbei tun sich
unverkennbare Unterschiede auf. In Mannheim wurde die Durchsetzungsstrategie
mit Anzeige mit einem Anteil von 68 Prozent deutlich seltener gewählt als in Kiel
mit 76 Prozent. Mit deutlichem Abstand zu Mannheim und Kiel nimmt Lübeck mit
83 Prozent die Spitzenposition ein. Hier wurde die genannte Situation sehr häufig
als rechtlich relevant thematisiert, der Widerstandsparagraf mobilisiert und damit
das im Sachverhalt geschilderte Verhalten kriminalisiert.
Abbildung 28: Tgikqpcng"Dgygtvwpi""fgu"Mqphnkmvgu"ãj“wunkejg"IgycnvÐ
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Durchsetzungsstrategie ohne Anzeige
Durchsetzungsstrategie und Anzeige
Durchsetzungsstrategie und
prophylaktische Anzeige
deeskalierende Strategie
Prozent
Mannheim (n = 100) Lübeck (n = 100) Kiel (n = 100)
139
Bei der letzten Antwortvariante, die die Durchsetzungsstrategie ohne Verrechtlichung, also eine reine Thematisierung des Widerstandes enthielt, zeichnet
sich ein uneinheitliches Bild ab: 17 Prozent der Befragten in Mannheim nannten
zwar eine Thematisierung, entschieden sich jedoch gegen eine Anzeige, in Kiel
waren es 10 Prozent und Lübeck lediglich 3 Prozent.
Insgesamt lässt sich die Tendenz festhalten, dass bei diesem Sachverhalt in
Lübeck deutlich häufiger eine Verrechtlichung gewählt wurde als in Kiel und
Mannheim.
2. Geschlechtsspezifische Situationsbewertung
Das Antwortverhalten ist auch geschlechtsspezifisch auszuwerten (Abbildung 29).
Die Ergebnisse zeigen interessanterweise ein deutlich abweichendes Reaktionsverhalten der beiden Geschlechter. So ist der Unterschied bei der Anwendung einer Deeskalationstaktik mit 8,8 Prozent zu 11,3 Prozent noch sehr gering. Bei der Durchsetzungsstrategie mit prophylaktischer Anzeige sind die Abstände mit 4,1 Prozent zu
12,2 Prozent sowie bei der Durchsetzungsstrategie ohne Verrechtlichung mit 9,8
Prozent zu 15,1 Prozent schon deutlicher erkennbar. Signifikante Unterschiede gibt
es bei der Reaktionsvariante der Durchsetzungsstrategie mit Verrechtlichung.
Hierfür entschieden sich nahezu 80 Prozent der männlichen, jedoch nur etwa 62
Prozent der weiblichen Probanden.
Abbildung 29: Geschlechtsspezifische Bewertung des Konfliktes
ãj“wunkejg"IgycnvÐ
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Durchsetzungsstrategie ohne Anzeige
Durchsetzungsstrategie und Anzeige
Durchsetzungsstrategie und
prophylaktische Anzeige
deeskalierende Strategie
Prozent
weiblich (n = 65) männlich (n = 235)
140
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Durchsetzungsstrategie ohne Anzeige
Durchsetzungsstrategie und Anzeige
Durchsetzungsstrategie und
prophylaktische Anzeige
deeskalierende Strategie
Prozent
gehobener Dienst (n = 124) mittlerer Dienst (n = 175)
Es fällt auf, dass sich die weiblichen Probanden ungefähr genauso häufig wie ihre
männlichen Kollegen für eine Thematisierung entschieden. Unterschiede bestehen
allerdings bei der Entscheidung über die Mobilisierung des Widerstandsparagrafen.
Während die männlichen Befragten insgesamt und abhängig von prophylaktischen
Motiven etwas häufiger eine Anzeige wählten, war dies bei den weiblichen Befragten seltener der Fall.
Die Polizeibeamtinnen, die eine Durchsetzungsstrategie mit anschließender Verrechtlichung bevorzugten, taten dies vielfach auch aus prophylaktischen Motiven
heraus. Nur ein geringer Teil aller Befragten wählte eine Deeskalationsstrategie.
Filtert man die Antwortverteilung danach, ob der Sachverhalt im Ergebnis verrechtlicht wurde, so zeigt sich, dass sich die männlichen Befragten zu 10 Prozent häufiger
als ihre Kolleginnen für eine Mobilisierung des Widerstandsparagrafen aussprachen.
Es bestehen demnach deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede im Anzeigeverhalten, die sich jedoch mit einem Unterschied von nur 10 Prozent auf die Anzeigehäufigkeit auswirken.
3. Dienstgradspezifische Situationsbewertung
Die nachfolgende Unterteilung soll dienstgradspezifische Abweichungen offenlegen
(Abbildung 30).
Abbildung 30: Dienstgradspezifische Bewertung des Konfliktes
ãh“wunkejg"IgycnvÐ
141
X Y Z
;
I
QI
;
I
?QI
;
I
?
RQI
?
?
(
[[\
!"Z #
[[ \
!"# [[ \
!"X #
Wir sehen, dass bei der Anwendung einer Deeskalationstaktik mit 7 Prozent zu 9
Prozent keine nennenswerten Abweichungen bei den Dienstgraden vorhanden sind.
Ebenso zeigt es sich bei der Durchsetzungsstrategie mit prophylaktischer Anzeige
mit Anteilen von 7,4 Prozent zu 4 Prozent sowie bei der Durchsetzungsstrategie
ohne anschließende Verrechtlichung mit 11,4 Prozent zu 8,1 Prozent. Eine prophylaktische Anzeige scheint hier zwar keine gewichtige Rolle zu spielen, dominiert
jedoch leicht bei den Befragten des mittleren Dienstes.
Von Interesse ist vor allem, ob es dienstgradspezifische Unterschiede bei der Verrechtlichung des vorgegebenen Sachverhalts gibt. Nahezu gleich viele Angehörige
des mittleren und des gehobenen Dienstes thematisierten den Konflikt. Die Reaktionsmöglichkeit der Durchsetzungsstrategie mit Verrechtlichung wählten mit 72
Prozent zu 80,7 Prozent mehr Beamte des gehobenen Dienstes. Betrachtet man das
Anzeigeverhalten, ohne prophylaktische Motive zu berücksichtigen, so minimiert
sich die Abweichung bei der Verrechtlichung auf 5,3 Prozent. Damit kann festgehalten werden, dass die Befragten des gehobenen Dienstes hier nur etwas häufiger
zu einer Verrechtlichung des Konfliktes tendierten.
4. Dienstzeitspezifische Situationsbewertung
Schließlich ist zu überprüfen, ob und wie sich die Diensterfahrung im hier behandelten Kontext auswirkt (Abbildung 31).
Abbildung 31: Dienstzeitspezifische Bewertung des Konfliktes
„häusliche Gewalt“
142
Es besteht eine Gleichverteilung der Antworten bei der Durchsetzungsstrategie
ohne Anzeige. Berufsanfänger, aber auch sehr diensterfahrene Beamte bevorzugten
etwas häufiger als ihre Kollegen mit einer nur mittleren Diensterfahrung eine Deeskalationstaktik. Der Großteil der Befragten entschied sich allerdings für eine
Thematisierung des Konflikts und für eine anschließende Mobilisierung des § 113
StGB. Fasst man die beiden Antwortmöglichkeiten, die eine Anzeige vorsahen, unabhängig von prophylaktischen Motiven zusammen, so zeigt sich, dass der Sachverhalt der häuslichen Gewalt nahezu gleichermaßen von allen Angehörigen der drei
Kategorien verrechtlicht wurde.
5. Ergebnis
Insgesamt bestand eine sehr hohe Motivation, das Verhalten von X mit einer Anzeige gemäß § 113 StGB zu kriminalisieren. Die Befragten aus Lübeck entschieden
sich mit einem deutlichen Abstand zu den Kieler und einem großen Abstand zu den
Mannheimer Probanden für diese Vorgehensweise. Die befragten Beamtinnen bevorzugten, verglichen mit ihren männlichen Kollegen, eher eine Deeskalationstaktik.
Bei der Entscheidung über die Verrechtlichung des Konflikts ließen sich die Frauen
mit einem Abstand von 8 Prozent häufiger von prophylaktischen Motiven leiten. Die
männlichen Befragten nannten zu 10 Prozent häufiger als die Polizeibeamtinnen
eine Mobilisierung des § 113 StGB. Mehr Probanden des gehobenen Dienstes
tendierten im Gegensatz zu denen des mittleren Dienstes zu einer Verrechtlichung
der Situation. Minimale dienstzeitspezifische Unterschiede gibt es bei der Wahl
einer Verrechtlichungsstrategie aus prophylaktischen Gründen. Eine solche Motivation nimmt mit steigender Diensterfahrung ab.
III. Situation 3: Konflikt auf Volksfest
Der nächste Konflikt ereignete sich auf einem Volksfest und war folgendermaßen
vorgegebep<" ãCwh" gkpgo" Xqnmuhguv" mqoov" gu" ¦w" gkpgt" Uejn“igtgk" ¦ykuejgp" ¦ygk"
Jugendgruppen à drei Personen. Während der Sachverhaltsaufnahme entfacht die
Schlägerei erneut. Bei der Trennung beider Parteien tritt Ihnen Jugendlicher X absichtlich gegen Ihr Schienbein.Ð
Die rechtliche Würdigung des Sachverhaltes ist bezogen auf § 113 StGB relativ
eindeutig. Durch den Tritt gegen das Schienbein des Polizeibeamten soll die Ausführung der Vollstreckungshandlung, hier die Aufnahme der Personalien der an der
Schlägerei beteiligten Personen, unter Einsatz körperlicher Kraft verhindert werden.
Diese Handlung soll die Vollstreckungshandlung zumindest erschweren. Da der
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit knüpft an das irritierende Faktum an, dass in der Hansestadt Lübeck zumindest in den Jahren 1999 bis 2004, aber auch noch aktuell, deutlich mehr Delikte wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte nach § 113 StGB registriert worden sind als in Kiel. Dennoch ist die Zahl der Verurteilten nahezu gleich. Es liegt die Vermutung nahe, dass nur mehr Widerstände thematisiert werden als verurteilt.
Bisher vorhandene Studien zum Thema Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gehen zumeist ätiologisch vor. Sie liefern keine Erklärung für das unterschiedliche Registrierungsverhalten, aber wichtige Vorerkenntnisse über die zu erwartenden Konflikte und sozialen Besonderheiten der „widerständigen“ Personen.
Die Arbeit knüpft an diese Erkenntnisse an, überprüft sie bezüglich ihrer Aktualität und stellt einen eigenen vollständigen theoretischen Ansatz auf. Dieser kriminalsoziologische Ansatz unterscheidet zwischen Wahrnehmung eines Konfliktes, Thematisierung des Konfliktes und Mobilisierung des Widerstandsparagrafen. Die Datenerhebung erfolgte per schriftlicher Befragung mit Interviews bei 300 Polizeibeamtinnen und -beamten. Einbezogen wurden Kiel, Lübeck und – des regionalen Vergleichs wegen – die sozialstrukturell vergleichbare Stadt Mannheim. Abgefragt wurden zahlreiche Konfliktkonstellationen und Einflussfaktoren, solche wie Geschlecht, Diensterfahrung und Dienstgrad. Die Arbeit wertet die Daten umfangreich auf unterschiedliche Reaktionsmuster hin aus.