kostensparende Versorgung.16 Kosteneffizient zu arbeiten bedeutet, dass unnötige
Ausgaben vermieden werden.17
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass kosteneffiziente Preise und damit eine
preiswerte Versorgung aufgrund der wettbewerblichen Marktmechanismen ermöglicht werden. Diese Annahme basiert auf der wettbewerbstheoretischen Überlegung,
Wettbewerb rufe angemessene Preise hervor.18 Die Definition von Wettbewerb und
seinen Auswirkungen sind „unendlich vielschichtig“19 und kann deshalb hier nur
vereinfacht vorgenommen werden.
Vereinfacht basiert Wettbewerb auf dem Prinzip von Angebot und Nachfrage.20
Wettbewerbspreise sind dann die Folge des daraus resultierenden Marktprozesses:
überwiegt das Angebot gegenüber der Nachfrage, sinkt der Preis. Verlassen Anbieter daraufhin den Markt, verknappt sich das Angebot, was zu steigenden Preisen
führt. Aufgrund dieses Mechanismus' sorge die unsichtbare Hand des Marktes („invisible Hand“ nach Adam Smith) für eine dezentrale Angleichung von Angebot und
Preis.21 Voraussetzung dieser Überlegungen ist das Vorhandensein mehrerer Anbieter. Bietet lediglich ein (Monopol-) Unternehmen Ware an, stehen dem Nachfrager
keine Alternativen zur Verfügung. Es fehlt der Wettbewerb unter den Anbietern.
Der Monopolist kann also im Vergleich zu einem Marktumfeld mit Konkurrenten
überhöhte Preise verlangen.22
Ist kein Wettbewerb möglich, wie zwischen den Betreibern der meisten Energienetze, wird ein Preisniveau durch Regulierung bestimmt. Beide Möglichkeiten der
Preisbildung, Wettbewerb und Regulierung, spiegeln sich in der Gesetzesbegründung wider, wenn ausgeführt wird, dass die Energieversorgung entweder zu Wettbewerbspreisen oder ersatzweise zu möglichst geringen Kosten zu verwirklichen ist.
IV. Wettbewerb
Aus den Betrachtungen zum Preiswertigkeitsziel wird deutlich, dass Wettbewerb ein
wichtiges Mittel zu dessen Durchsetzung ist. Das Wettbewerbsziel wird nicht in § 1
Abs. 1 EnWG genannt, sondern nur als Ziel der Regulierung in § 1 Abs. 2 EnWG.
Nach einem Urteil des OLG Düsseldorf herrscht auf dem deutschen Strommarkt ein
16 GesE der BReg zum EnWG 98, BT-Drucks 13/7274, S. 14.
17 Büdenbender, EnWG 98, § 1 Rn. 20.
18 So auch Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, EnWG I B1 § 1 Rn. 17.
19 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 2 Rn. 22; Kuxenko, Umweltverträgliche Energieversorgung,
S. 83.
20 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 2 Rn. 9.
21 Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 2 Rn. 10. Die Annahme ist nur ein Gedankenmodell, weil einerseits selten von gleichartigen Gütern ausgegangen werden könne und andererseits Märkte
nicht so transparent sind, dass der Abnehmer über alle Preise und Umstände informiert ist, Beater, Unlauterer Wettbewerb, § 2 Rn. 22 f. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Unternehmen
nicht so günstig wie möglich anbieten, sondern der Markt sich an demjenigen Preis orientiert,
der sich gerade noch durchsetzen lässt, Pielow, Anreizregulierung, S. 36 f.
22 Mankiw, Principles of Economics, S. 318 ff.
129
marktbeherrschendes Duopol von RWE und E.ON.23 Zwischen den beiden Unternehmen finde kein Wettbewerb statt.24 Auch im Gasbereich sind einige wenige große
Unternehmen aktiv. Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob es auf dem Energiemarkt überhaupt möglich ist, dass Energiekunden zu Wettbewerbspreisen versorgt
werden. Bei der Betrachtung, inwieweit Wettbewerb gegeben ist, muss zwischen unterschiedlichen Marktebenen differenziert werden. Denn das Wettbewerbsziel bezieht sich als Maßgabe für die Regulierung nur auf die Regulierung der Netze. Nur
diese, nicht Vertrieb und Produktion, sind von der Regulierung betroffen. Allerdings
könnte der Betrieb von Netzen Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation in Vertrieb und Produktion haben. Bei der Untersuchung, inwieweit im Netzbereich Wettbewerb besteht, muss deshalb differenziert werden. Einerseits sind die Auswirkungen des Netzbetriebs auf den Wettbewerb in Produktion und Vertrieb zu betrachten.
Andererseits ist zu untersuchen, ob Wettbewerb zwischen den Netzbetreibern besteht.
1. Wettbewerb zwischen Netzbetreibern
Fraglich ist, ob Wettbewerb zwischen den Netzbetreibern vorliegt. Voraussetzung
dafür wäre es, dass die Netzkunden eine Auswahl zwischen mehreren Anbietern haben. Anders als im Telekommunikationsbereich haben Anbieter von Strom und Gas
keine andere Möglichkeit, als mithilfe des Netzes ihr Produkt wirtschaftlich zu vertreiben. Voraussetzung von Wettbewerb wäre deshalb der Bau von Parallelleitungen. Da der Parallelleitungsbau hohe Kosten verursachen würde, sind die Gas- und
Elektrizitätsnetze üblichweise natürliche Monopole.25 Ein natürliches Monopol liegt
dann vor, wenn ein einziges Unternehmen die Nachfrage nach seinen Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen befriedigen kann, als dies mehrere Unternehmen tun
könnten.26 Zwar gibt es im Strombereich zahlreiche Netzbetreiber, deren Netze überschneiden sich aber grundsätzlich nicht, sondern decken unterschiedliche Regionen
ab. Eine Wettbewerbssituation kann sich damit nur in dem seltenen Fall ergeben, in
dem ein Kunde in einer Grenzregion zwischen zwei Netzen die Wahl zwischen den
Netzbetreibern hat. Die gleiche Situation gilt für Gasverteilernetzbetreiber.
Eine Besonderheit könnte sich allerdings für den Gasfernleitungsbetrieb ergeben.
Mit dem Markteintritt der Wingas ist es teilweise für Industriekunden möglich, zwi-
23 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6. 6. 2007, Az. VI-2 Kart 7/04 (V), Rn. 30.
24 OLG Düsseldorf, Urt. v. 6. 6. 2007, Az. VI-2 Kart 7/04 (V), Rn. 43.
25 Albrecht, in: Schneider/Theobald (Hg.), Hdb EnWR, § 8 Rn. 5; Missling, in: Danner/Theobald,
Energierecht. EnPrR III B 2, Rn. 3. Außerdem wirkt der große Umfang an versunkenen Kosten
wettbewerbshemmend. Diese irreversibelen Kosten für die Leitungsinfrastruktur, die bei der
Preisgestaltung kurzfristig vernachlässigt werden können, hindern Wettbewerber daran, in den
Markt einzutreten. Vgl. Pfaffenberger/Scheele, Wettbewerbsfragen im Zusammenhang mit § 3
GasNEV, S. 22 f.
26 Säcker, Regulierungsrecht zwischen öffentlichem und privatem Recht, AöR 130, S. 180, 185.
130
schen der Wingas und einem Wettbewerber zu wählen.27 Auch gibt es eine gewisse
Menge an Parallelleitungsstrukturen.28 Deshalb wurde mit § 24 S. 2 Nr. 5 EnWG
eine Abweichung vom Grundsatz der Kostenorientierung des § 21 Abs. 1 EnWG ermöglicht, wenn Unternehmen in tatsächlichem oder potentiellem29 Wettbewerb stehen. Mit § 3 Abs. 2 S. 1 GasNEV wurde die Ermächtigung für den Gasbereich umgesetzt und konkretisiert.30 Sollte den Ferngasnetzbetreibern der Nachweis von
Wettbewerb gelingen, erfolgte die Entgeltregulierung nicht kostenorientiert, sondern
nur nach dem Vergleichsmarktkonzept des § 19 GasNEV.31 Inwieweit der Wettbewerb aber tatsächlich nachgewiesen werden kann, ist noch ungewiss. Die Monopolkommission lehnt die Annahme von Wettbewerb mit dem Argument ab, dass der Parallelleitungsbau durch die Wingas stelle nur eine historische Ausnahme dar und
auch der sonstige Bau von Parallelleitungen führe nur in Ausnahmefällen32 dazu,
dass Kunden die Wahl zwischen mehreren Gasnetzanbietern hätten.33 Diese Frage
kann hier nicht geklärt werden. Hier soll deshalb davon ausgegangen werden, dass
Netzbetreiber üblicherweise ein natürliches Monopol im Durchleitungsmarkt haben.
Zwischen den Netzbetreibern herrscht also kein Wettbewerb, womit grundsätzlich
auch keine Wettbewerbspreise gelten. Um die Bildung von Monopolpreisen zu verhindern, müssen die Netzentgelte reguliert werden.
2. Wettbewerb „auf“ den Netzen
Die Monopolsituation im Netzbetrieb hat nicht nur Auswirkungen auf die Höhe der
Netzentgelte. Auch der Bereich der Energieproduktion ist indirekt betroffen.
Grundsätzlich können unterschiedlichen Eigentümern gehörende Erzeugungsanlagen zwar diskriminierungsfrei an das Netz angeschlossen werden und Netzzugang
erhalten, §§ 17 Abs. 1, 20 Abs. 1 EnWG. Je mehr Anbieter auf den Markt kommen,
desto geringer ist für den Marktbeherrscher die Möglichkeit, durch Angebotsver-
27 Monopolkommission, Hauptgutachten 2004/2005, S. 65, Rn. 37.
28 Übersicht bei Pfaffenberger/Scheele, Wettbewerbsfragen im Zusammenhang mit § 3 GasNEV,
S. 47.
29 Potentieller Wettbewerb ist gegeben, wenn ein Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung nicht ausnutzen kann, weil damit zu rechnen ist, dass ein Konkurrent zu niedrigeren Preisen auf den Markt tritt. Damit kann potenzieller Wettbewerb ähnlich disziplinierend wirken
wie tatsächlicher Wettbewerb. Ausführlich dazu Pfaffenberger/Scheele, Wettbewerbsfragen im
Zusammenhang mit § 3 GasNEV, S. 22 f.
30 Im Strombereich hat der Gesetzgeber von der Verordnungsermächtigung keinen Gebrauch gemacht.
31 Missling, in: Danner/Theobald, Energierecht, EnWG I B 6, Rn. 28 und 43 ff.
32 Mit Ausnahme der Netzstruktur der Wingas seien alle anderen Netze noch klar durch die ehemaligen Demarkationsgrenzen voneinander getrennt.
33 Monopolkommission, Hauptgutachten 2004/2005, S. 65, Rn. 37.
131
knappung höhere Preise zu erzielen.34 Somit kann im Bereich der Erzeugung Wettbewerb unter den Anbietern herrschen.35
Der Netzbetreiber kann den Wettbewerb jedoch durch eine Diskriminierung der
Produzenten stark einschränken.36 Als Mittel zur Diskriminierung bieten sich die
Netzzugangsbedingungen und erhöhte Netzentgelte an.37 Um Wettbewerb zu ermöglichen, genügt es also nicht, lediglich einen Anspruch auf Zugang zu den Netzen gesetzlich zu garantieren. Vielmehr müssen auch die Rahmenbedingungen des Netzzugangs reguliert werden.38
3. Ergebnis – Wettbewerbsziel
Das Regulierungsziel Wettbewerb bedeutet vor allem, dass durch die Regulierung
des Netzes der Wettbewerb im vorgelagerten Bereich Produktion ermöglicht wird.
Das gleiche gilt für den nachgelagerten Vertrieb.39 Der Wettbewerbsgedanke muss
deshalb bei der Gestaltung von Netzentgelten seinen Niederschlag finden – bei der
geltenden Regulierung im Rahmen des Vergleichsverfahren, bei der Anreizregulierung im Rahmen des Benchmarking.
V. Verbraucherschutz
Das Verbraucherschutzziel wurde mit der EnWG Reform 2005 als neues Gesetzesziel aufgenommen. Weder das Gesetz noch die Gesetzesbegründung führen allerdings aus, wie der Begriff zu verstehen ist.
Die Aufnahme des Gesetzesziels Verbraucherschutz wurde vom Bundesrat kritisiert. Der Begriff fasse im Wesentlichen die herkömmliche Zieltrias Sicherheit,
Preisgünstigkeit und Umweltverträglichkeit zusammen, weshalb aus Gründen der
Rechtsklarheit auf ihn verzichtet werden solle. Spezielle zusätzliche Aspekte der Regulierung würden durch § 1 Abs. 2 EnWG abgedeckt, der die Ziele der Regulierung
behandele.40 Tatsächlich betreffen die hergebrachten Ziele einen wichtigen Aspekt
des Verbraucherschutzes: Preishöhe und das „Ob“ der Leistungserbringung sind we-
34 Monopolkommission, Hauptgutachten 2004/2005, S. 62.
35 Die Erzeugung von Erdgas trägt in Deutschland zwar keinen großen Anteil an der Gasversorgung (Überblick bei BMWi, Versorgungssicherheit bei Erdgas, S. 13 ff.). Aber die Einspeisung
von Biomethan wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen und kann so zu einer stärkeren nationalen Erzeugung von Gas führen.
36 von Scholz/Kriebel, Wettbewerb in der Erzeugung erfordert Neutralisierung der Netze, ET
2007, S. 40, 41.
37 Monopolkommission, Hauptgutachten 2004/2005, S. 60, Rn. 15.
38 Missling, in: Danner/Theobald, Energierecht, EnPrR III B2, Rn. 5.
39 GesE der BReg zum EnWG, BT-Drucks 15/3917, S. 48; BNetzA, Beschl. vom 17. 11. 2006,
Az. BK7-06/074, S. 106.
40 Stellungnahme des BR zum GesE der BReg des EnWG, BT-Drucks. 15/3917 (Anlage 2), S. 78
Nr. 4.
132
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Das Werk befasst sich mit dem Gesetzesziel „Umweltverträglichkeit“ des Energiewirtschaftsgesetzes. Der Autor reduziert das Gesetzesziel auf eine Definition mit wenigen Kriterien. Ferner wird die Rechtsqualität von Ziel- und Zweckbestimmungen untersucht. Umwelteinwirkungen der Energieversorgung werden aufgezeigt – insbesondere in welchem Umfang Netztechnik, Struktur und Steuerung der Netze Auswirkungen auf die Umwelt haben. Umweltverträglicher Netzbetrieb bedeutet so beispielsweise die möglichst weitgehende Einbindung dezentraler Erzeuger und eine effiziente Abstimmung von Angebot und Nachfrage. Schließlich werden Beispiele gebildet, um zu zeigen, inwieweit „Umweltverträglichkeit“ in Abwägung mit den anderen Zielbestimmungen des EnWG Auswirkung bei der Auslegung des Energiewirtschaftsrechts haben kann. So wird unter anderem deutlich, dass „Netzausbau“ unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit nicht nur den Bau neuer Leitungen, sondern auch das Überwachen der Temperatur der bestehenden Leitung bedeuten kann.