2. EE-Richtlinie
Nach zähem politischen Ringen132 wurde im September 2001 die Richtlinie zur Förderung von Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt133 (EERL) verabschiedet. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, nationale Richtziele für die Entwicklung erneuerbarer Energien festzulegen und Maßnahmen zu ergreifen, um die Steigerung des Verbrauchs von Strom aus erneuerbaren
Energien im Sinne der Richtziele zu erreichen. Art. 7 EERL verpflichtet die Mitgliedstaaten, den Netzanschluss der Anlagen und die vorrangige Übertragung des
Stroms aus erneuerbaren Energien sicherzustellen. Die Richtlinie legt sich nicht auf
ein bestimmtes Vorgehen fest. In der EU werden im Wesentlichen zwei Fördermodelle verwendet – entweder eine Mindesquote für den Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien aufgestellt. Oder aber die Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von
Strom aus erneuerbaren Energien erhalten einen Anschluss und Vergütungsrecht.
Die Förderregelungen müssen nach einer angemessenen Übergangszeit an den
sich entwickelnden Binnenmarkt angepasst werden (Erwägungsgrund Nr. 16). Zurzeit stimmt sich die Kommission mit den Mitgliedstaaten ab, welches Fördermodell
sich dafür eignen könnte, es europaweit einzuführen. Ziel ist es, eine Richtlinie zu
erlassen, die die geltende EERL ersetzen könnte und zwingende Vorgaben hinsichtlich der Förderung erneuerbarer Energien macht.
3. KWK-Richtlinie
Die Richtlinie über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-
Wärme-Kopplung134 (KWK-RL) zielt darauf ab, gemeinsame transparente Rahmenbedingungen für die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung zu schaffen. Die Kommission legt harmonisierende Wirkungsgrad-Referenzwerte vor, die die Grundlage
für Herkunftsnachweise bilden. Gemäß Art. 7 KWK-RL muss sich die Förderung
von KWK an einer Analyse nationaler Einsatzpotentiale orientieren. Dabei muss
auch die Möglichkeit von Energieeinsparungsmaßnahmen berücksichtigt werden.
III. Ergebnis – Verankerung im europäischen Energiewirtschaftsrecht
Im europäischen Primärrecht sind keine speziellen Vorschriften zu finden, die den
Gedanken der Umweltverträglichkeit auf das Energierecht beziehen. Bestimmungen,
die Auswirkungen auf den Betrieb und Ausbau von Energienetzen haben, finden
sich im Wesentlichen im Sekundärrecht. In den einschlägigen Richtlinien werden
132 Zur Entstehungsgeschichte: Schneider, in: Schneider/Theobald (Hg.), Hdb EnWR, § 18 Rn.
180 ff.
133Richtlinie 2001/77/EG, ABl. 2001 L 283, S. 33
134Richtlinie 2004/8/EG, ABl. L 52, S. 50.
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Mittel genannt, wie die Umweltverträglichkeit der Energieversorgung zu gewährleisten ist. Nicht nur werden erneuerbare Energien ausdrücklich gefördert. Auch der
Einsparungsgrundsatz aus § 3 Nr. 33 EnWG lässt sich auf europäischer Ebene verorten. Insbesondere die KWK-RL wie auch Art. 14 Abs. 7 EltRL fördern Maßnahmen,
die zu Energieeffizienz und Energieeinsparung beitragen.
Die Querschnittsklausel Art. 6 EG verlangt die Beachtung von Umweltschutzbelangen auch in jeder sekundärrechtlichen Regelung. Art. 174 EG führt dabei näher
aus, was die Ziele europäischer Umweltschutzpolitik sein müssen. Eine umweltverträgliche Entwicklung ist somit auch Ziel der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen, die das Recht der Energiewirtschaft beeinflussen. Das Umweltverträglichkeitsziel in § 1 EnWG ist damit die Konkretisierung von Art. 6 EG i. V. m. Art. 174 EG.
E. Exkurs: Umweltverträglichkeit erneuerbarer Energien und der KWK
Im Folgenden soll ein Überblick gegeben werden, inwieweit erneuerbare Energien
und KWK der gesetzlichen Vermutung entsprechen und umweltverträglich sind. Dabei ist zu bedenken, dass eine vollständige Umweltverträglichkeit nicht gegeben sein
kann. Denn wie jede Art der Energiegewinnung beeinträchtigen auch erneuerbare
Energien die Umwelt.135
I. Erneuerbare Energien
Schon der Begriff erneuerbare Energie bedarf der Klärung. Eine Aufzählung verschiedener Arten erneuerbarer Energien findet sich in § 3 Abs. 1 EEG. Mit dem
EEG wird im Wesentlichen nur die Einspeisung von Strom aus bestimmten erneuerbaren Energiequellen gefördert. Deshalb ist die Aufzählung im EEG nicht abschlie-
ßend.136 Grundsätzlich muss der Begriff erneuerbar also losgelöst von § 3 Abs. 1
EEG definiert werden. Erneuerbare oder auch regenerative Energien sind Primärenergieträger, die nach menschlichen Maßstäben unerschöpflich sind.137 Fossile
Energieträger wie Öl und Erdgas sind dagegen erschöpflich.138 Bei der Beurteilung
der Erschöpflichkeit ist ein „menschlicher“ Maßstab anzulegen, weil auch die Sonne
als Grundform vieler erneuerbarer Energien (außer Geothermie) in mehreren Milliarden Jahren erlöschen wird, wohingegen sich fossile Energieträger wie Öl und
Kohle binnen mehrerer Millionen Jahre erneuern können (allerdings wiederum auch
135 So schon SRU, Sondergutachten "Energie und Umwelt", 1981, Tz. 186 ff.
136Böwing, in: Säcker (Hg.), Berliner Kommentar EnR, § 1 EEG, Rn. 4 f.; Salje, EEG, § 3 Rn. 6.
137Kloepfer, Umweltrecht, § 16 Rn. 65; Schneider, in: Schneider/Theobald (Hg.), Hdb EnWR,
§ 18 Rn. 8; RNE, Perspektiven der Kohle in einer nachhaltigen Energiewirtschaft, S. 7; Theobald/Theobald, Grundzüge des Energiewirtschaftsrechts, S. 334.
138Büdenbender/Heintschel von Heinegg/Rosin, Energierecht I, S. 775 Rn. 1387 sprechen von einer Endlichkeit „vielleicht schon in diesem Jahrhundert“; dagegen: Frondel/ Schmidt, Von der
baldigen Erschöpfung der Rohstoffe und anderen Irrtümern, ET 2007, S. 88 ff.
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References
Zusammenfassung
Das Werk befasst sich mit dem Gesetzesziel „Umweltverträglichkeit“ des Energiewirtschaftsgesetzes. Der Autor reduziert das Gesetzesziel auf eine Definition mit wenigen Kriterien. Ferner wird die Rechtsqualität von Ziel- und Zweckbestimmungen untersucht. Umwelteinwirkungen der Energieversorgung werden aufgezeigt – insbesondere in welchem Umfang Netztechnik, Struktur und Steuerung der Netze Auswirkungen auf die Umwelt haben. Umweltverträglicher Netzbetrieb bedeutet so beispielsweise die möglichst weitgehende Einbindung dezentraler Erzeuger und eine effiziente Abstimmung von Angebot und Nachfrage. Schließlich werden Beispiele gebildet, um zu zeigen, inwieweit „Umweltverträglichkeit“ in Abwägung mit den anderen Zielbestimmungen des EnWG Auswirkung bei der Auslegung des Energiewirtschaftsrechts haben kann. So wird unter anderem deutlich, dass „Netzausbau“ unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit nicht nur den Bau neuer Leitungen, sondern auch das Überwachen der Temperatur der bestehenden Leitung bedeuten kann.