VII. Netzanschluss
Eine Anlage kann nur Energie ins Netz einspeisen, wenn sie daran angeschlossen ist.
Der Anschluss ist tatsächliche und rechtliche Voraussetzung für den Netzzugang.33
Die gesetzlichen Grundlagen des Anschlusses von Anlagen richten sich grundsätzlich nach dem EnWG. Es gelten spezielle Regelungen im Anwendungsbereich von
EEG und KWK-G.
1. Netzanschluss nach EnWG
Nach § 17 Abs. 1 EnWG haben Betreiber von Erzeugungsanlagen einen Anspruch auf Netzanschluss. Der Anschluss kann gemäß § 17 Abs. 2 EnWG verweigert werden, wenn er unter Berücksichtigung der Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG nicht
möglich oder nicht zumutbar ist. Die Bestimmungen des Netzanschlusses können
gemäß § 17 Abs. 3 S. 2 EnWG durch eine Anschlussverordnung konkretisiert werden, wovon im Strombereich mit der KraftNAV Gebrauch gemacht worden ist.
Ein Anschluss ist insbesondere dann (subjektiv) unmöglich, wenn keine ausreichende Kapazität zur Aufnahme des produzierten Stroms im jeweiligen Netzabschnitt vorhanden ist.34 Bei Kapazitätsmangel muss der Netzbetreiber die konkreten
Maßnahmen und Kosten darlegen, die zum Ausbau des Netzes erforderlich wären,
§ 17 Abs. 2 S. 3 EnWG. Inwieweit eine Ausbauverpflichtung des Netzbetreibers besteht, ist streitig. Teilweise wird sie abgelehnt, weil § 17 Abs. 2 EnWG keine explizite Ausbauverpflichtung enthalte. Auch die EltRL ordne den Ausbau nicht zwingend an.35 Dagegen wird angeführt, die Netzbetreiber seien nach § 11 Abs. 1 EnWG
verpflichtet, das Netz im Rahmen des wirtschaftlich zumutbaren bedarfsgerecht auszubauen. Auch nach § 12 Abs. 3 EnWG müssen Betreiber von Übertragungs- und
Verteilernetzen (dann in Verbindung mit § 14 Abs. 1 EnWG) sicherstellen, dass die
Nachfrage nach Übertragung von Elektrizität durch Bereitstellung entsprechender
Übertragungskapazität befriedigt werden kann.36 Die genannten Ausbauverpflichtungen sind nicht auf besondere Situationen wie zum Beispiel die Durchleitung beschränkt. Somit erstreckt sich die Ausbauverpflichtungen im Rahmen der wirtschaftlichen Zumutbarkeit auch auf den Netzanschluss von Kraftwerken. Eine explizite
Ausbauverpflichtung in § 17 Abs. 2 EnWG ist also nicht erforderlich.
patching, RdE 2007, S. 36, 37.
33 GesE der BReg zum EnWG, BT-Drucks, 15/3917, S. 58.
34 Salje, EnWG, § 17 Rn. 36 f.
35 Salje, EnWG, § 17 Rn. 43.
36 V. Hammerstein, Netzanschluss und Netzzugang, ZNER 2006, S. 110, 111.
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2. Netzanschluss im Anwendungsbereich von EEG und KWK-G
Für Anlagen, die in den Anwendungsbereich des EEG oder des KWK-G fallen, richtet sich der Anschluss nach § 4 EEG beziehungsweise § 4 KWK-G. Diese gehen als
lex specialis den Regelungen des EnWG vor, wie sich aus § 2 Abs. 2 EnWG ergibt.
Aus § 4 EEG beziehungsweise § 4 KWK-G folgt eine Anschlusspflicht für den
Netzbetreiber. Diese Pflicht trifft grundsätzlich den Betreiber desjenigen technisch
geeigneten Netzes, das der Anlage am nächsten ist. Ist das Netz ausgelastet, ist der
Netzbetreiber gemäß § 4 Abs. 3 S. 2 EEG beziehungsweise § 4 Abs. 6 S. 2 KWK-G
zum wirtschaftlich zumutbaren Ausbau verpflichtet. Gemäß § 4 Abs. 3 S. 2 EEG ist
der Anlagenbetreiber darüber hinaus zum unverzüglichen Ausbau des Netzes verpflichtet. Dieser Zusatz fehlt im KWK-G. Beim Ausbau für KWK-Anlagen ist dem
Netzbetreiber demnach zum Beispiel eine etwas stärkere Berücksichtigung seiner
Personalkapazitäten zuzubilligen. Auf keinen Fall darf der Netzbetreiber jedoch den
Ausbau bewusst hinauszögern.37
Bei Offshore-Windenergieanlagen (also bei der Windenergienutzung auf See)
geht die Anschlusspflicht sogar noch über die Verpflichtung aus dem EEG hinaus:
Gemäß § 17 Abs. 2a S. 1 Hs. 2 EnWG muss die Netzanbindung bereits errichtet
sein, wenn die technische Betriebsbereitschaft der Offshore-Anlage hergestellt ist.
Auch wenn der Netzbereich zeitweise vollständig durch Strom aus erneuerbaren
Energien ausgelastet ist, besteht trotzdem nach § 4 Abs. 3 S. 1 EEG die Pflicht, die
Anlagen anzuschließen.38 Voraussetzung ist allerdings, dass der Anlagenbetreiber
seine Anlage mit einer technischen Einrichtung zur Reduzierung der Einspeiseleistung (ERE) ausstattet. Nur wenn keine ERE installiert ist, kann das Recht auf Netzanschluss im Falle einer zeitweisen Netzauslastung eingeschränkt werden. Sinn und
Zweck dieser Einschränkung des Netzanschlusses ist es, dass der Netzbetreiber bei
Bedarf die Einspeiseleistung der Anlagen im zeitweise ausgelasteten Netzbereich
herunterregeln kann.39
Diese Pflicht zum Anschluss trotz teilweiser Netzauslastung wird im KWK-G
nicht aufgeführt. Allerdings ist die Regelung des § 4 Abs. 3 EEG laut Gesetzesbegründung nur deklaratorischer Natur.40 Da die Anschlusspflicht des § 4 Abs. 1
KWK-G wie auch die des § 4 Abs. 1 EEG nicht eingeschränkt ist, müssen auch
KWK-Anlagen an das Netz angeschlossen werden, selbst wenn dieses zeitweise ausgelastet ist. Um die Systemsicherheit des Netzes nicht zu gefährden, ist es zwingend
notwendig, dass bei teilweiser Netzauslastung auch für KWK-Anlagen eine technische Vorrichtung zur Reduzierung der Einspeiseleistung Anschlussvoraussetzung
ist.41 Die Möglichkeit, die Anschlusspflicht bei zeitweiliger Netzauslastung einzu-
37 Büdenbender/Rosin, KWK-AusbauG, § 4 Rn. 31.
38 Seitens der Anlagenbetreiber besteht ein Interesse am Anschluss, da eine Auslastung meist nur
zu Spitzenzeiten vorliegt. In der restlichen Zeit kann dann ungehindert eingespeist werden.
39 Fischer/Henning, Stromabnahme, Netzlastmanagement und Netzausbau nach § 4 EEG, ZUR
5/2006, S. 225, 228.
40 GesBegr der BReg zum EEG, BT-Drucks. 15/2864, S. 34.
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schränken, wenn der Anlagenbetreiber keine ERE installiert hat, muss aus Gründen
der Systemsicherheit somit auch für KWK-Anlagen gelten.
Eine Besonderheit für EEG-Anlagen ist das Vorrangprinzip des § 4 Abs. 1 EEG.
Begehren mehrere Anlagen Netzanschluss und können aus technischen Gründen
nicht alle angeschlossen werden, so ist der EEG-Anlage Vorrang zu gewähren.42 Da
das KWK-G keine dementsprechende Vorrangregelung kennt, gilt der Vorrang von
EEG-Anlagen auch gegenüber KWK-Anlagen.
Zusammenfassend gilt für EEG- und KWK-Anlagen, dass sie, auch wenn die
Netzkapazitäten zeitweise erschöpft sind, an das Netz angeschlossen werden müssen, solange sie eine ERE installiert haben. Der Netzbetreiber muss das Netz (bei
EEG-Anlagen: unverzüglich) ausbauen.
VIII. Netzzugang
Der Netzzugang richtet sich im Grundsatz nach dem EnWG und ist vom Netzanschluss zu unterscheiden. Bildlich ausgedrückt entspricht der Netzanschluss der Anbindung eines Warenlagers an das Straßensystem und der Netzzugang der Erlaubnis
des Straßenbetreibers, auf der Straße mit dem LKW fahren zu dürfen. Anschluss wie
Zugang werden dabei insbesondere unter Berücksichtigung der Kapazität desjenigen
Straßenabschnitts ermöglicht, der durch das erhöhte LKW-Aufkommen besonders
belastet werden wird.
Die Bedingungen des Zugangs sind in der StromNZV verbindlich konkretisiert,
die auf der Rechtsgrundlage des § 20 Abs. 1a EnWG erlassen wurde. Der Zugang
für Anlagen im Anwendungsbereich von EEG und KWK-G ist gesondert zu betrachten.
1. Netzzugang nach EnWG
Unter Netzzugang ist der Erwerb eines Nutzungsrechts an dem im fremden Eigentum stehenden Energienetz zu verstehen.43 Gemäß § 20 Abs. 1 EnWG ist der Zugang
grundsätzlich jedermann zu gewähren, der die technischen Zugangsbedingungen erfüllt.44 Wie auch der Netzanschluss, kann der Netzzugang unter Berücksichtigung
der Ziele des § 1 EnWG verweigert werden, wenn der Zugang nicht möglich oder
nicht zumutbar ist, § 20 Abs. 2 S. 1 EnWG. Allerdings ist auch im Rahmen des
Netzzugangs zu beachten, dass die Netzbetreiber gemäß § 11 Abs. 1 EnWG zum bedarfsgerechten Ausbau der Netze verpflichtet sind. Nicht möglich oder zumindest
41 LG Krefeld, RdE 2002, S. 109; Lührig, in: Säcker (Hg.), Berliner Kommentar EnR, § 4 KWK-
ModG, Rn. 24.
42 GesBegr der BReg zum EEG, BT-Drucks. 15/2864, S. 48 f.; Altrock/Oschmann/Theobald,
EEG, § 4 Rn. 32.
43 Salje, EnWG, vor §§ 20-28a, Rn. 1.
44 Darüber hinaus ist gegebenenfalls ein Einspeisevertrag erforderlich.
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Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Das Werk befasst sich mit dem Gesetzesziel „Umweltverträglichkeit“ des Energiewirtschaftsgesetzes. Der Autor reduziert das Gesetzesziel auf eine Definition mit wenigen Kriterien. Ferner wird die Rechtsqualität von Ziel- und Zweckbestimmungen untersucht. Umwelteinwirkungen der Energieversorgung werden aufgezeigt – insbesondere in welchem Umfang Netztechnik, Struktur und Steuerung der Netze Auswirkungen auf die Umwelt haben. Umweltverträglicher Netzbetrieb bedeutet so beispielsweise die möglichst weitgehende Einbindung dezentraler Erzeuger und eine effiziente Abstimmung von Angebot und Nachfrage. Schließlich werden Beispiele gebildet, um zu zeigen, inwieweit „Umweltverträglichkeit“ in Abwägung mit den anderen Zielbestimmungen des EnWG Auswirkung bei der Auslegung des Energiewirtschaftsrechts haben kann. So wird unter anderem deutlich, dass „Netzausbau“ unter Berücksichtigung der Umweltverträglichkeit nicht nur den Bau neuer Leitungen, sondern auch das Überwachen der Temperatur der bestehenden Leitung bedeuten kann.