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sich zweifelsfrei bereits aus Bundesrecht ergibt. Der Stiftungsaufsicht kann jedoch das Erkennen einer völlig selbstverständlichen und im Stiftungsrecht unbestrittenen Tatsache durchaus zugemutet werden. Soweit ihr dies nicht möglich ist
oder die Stiftungsorgane eine Auslegung anhand des Stifterwillens nicht einsehen, kann fachkundiger Rat oder einschlägige rechtliche Literatur weiterhelfen.
Einer nochmaligen gesetzlichen Normierung bedarf es nicht. Dem Landesgesetzgeber fehlt überdies auch die Kompetenz, eine solche Regelung auszusprechen,
da es sich um eine inhaltsgleiche Wiederholung der bundesrechtlichen Systematik handelt. Darüberhinaus ist es kein Beitrag zur Übersichtlichkeit und Rechtsklarheit, völlig selbstverständliche Ergebnisse, die aus Bundesrecht folgen, in
Landesgesetzen noch mal neu zu normieren.
Soweit die landesrechtlichen Normen keine absolute Auslegungsregel für den
Stiftungszweck, sondern lediglich einen Auslegungsgrundsatz für die Handhabung des jeweiligen Landesstiftungsgesetzes festschreiben616, ist die Rechtslage
anders zu beurteilen. Derartige Regelungen sind keine inhaltsgleichen Wiederholungen, die in den Kompetenzbereich des Bundesgesetzgebers fallen, da durch sie
nur das Landesstiftungsgesetz selbst konkretisiert wird. Die Auslegung der Landesstiftungsgesetze ist in den §§ 80 ff. BGB nicht geregelt. Die Landesstiftungsgesetze überschreiten diesbezüglich keinen bundesgesetzlich vorgeschriebenen
Rahmen.
3. Pflichten bzgl. der Vermögensverwaltung
a. Bestandserhaltung
Die Landesstiftungsgesetze sehen meist generalklauselartig vor, daß die Stiftungen das ihnen zugewendete Vermögen in seinem Bestand ungeschmälert zu erhalten haben617, wobei unterschiedliche Formulierungen und minimal abweichende Normierungen getroffen werden. Auch in dieser Frage wird von den Ländern Selbstverständliches geregelt618. In der Literatur wird wiederkehrend das
Fehlen eines gesetzlichen Konzepts zur Vermögenserhaltung beklagt619, wobei
die uneinheitlichen Landesstiftungsgesetze zu dieser Frage gerne als Beispiel angeführt werden. Dabei wird jedoch übersehen, daß die Pflicht zur Vermögenser-
616 Art. 2 I StiftG Bayern; § 2 StiftG Baden-Württemberg; § 3 StiftG Bremen; § 2 StiftG Sachsen; § 2 StiftG Thüringen; § 2 StiftG Sachsen-Anhalt; § 2 StiftG Niedersachsen.
617 Art. 11 II StiftG Bayern: »Das Vermögen, das der Stiftung zugewendet wurde, um aus seiner Nutzung den Stiftungszweck dauernd und nachhaltig zu erfüllen (Grundstockvermögen), ist ungeschmälert zu erhalten.«; ähnlich § 6 StiftG Niedersachsen; § 7 II StiftG
Baden-Württemberg; § 3 StiftG Berlin; § 7 I StiftG Bremen; § 4 II StiftG Hamburg; § 6 I
StiftG Hessen; § 4 II StiftG NRW; § 7 II StiftG Rheinland-Pfalz; § 6 I StiftG Saarland;
§ 14 II StiftG Sachsen-Anhalt; § 4 III StiftG Sachsen; § 4 II StiftG Schleswig-Holstein;
§ 14 II StiftG Thüringen; im StiftG Brandenburg fehlt eine derartige Regelung.
618 Wegweisend Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2022.
619 Richter/Sturm, NZG 2005, 655, 657; Backert/Carstensen, ZIP 2003, 284, 285 ff.
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haltung bereits alleine und abschließend aus Bundesrecht folgt und somit keineswegs uneinheitlich oder ohne gesetzliches Konzept ist.
Die Pflicht zur Vermögenserhaltung ergibt sich aus § 80 II BGB i.V.m. § 81 I 2
BGB, kann also ebenso wie die Pflicht zur Stiftungszweckerfüllung nicht mehr
generalklauselartig von den Landesstiftungsgesetzgebern normiert werden620.
Derartige allgemeine Grundsätze führen die Vermögenserhaltungspflicht nicht
aus, sondern kodifizieren nur ausdrücklich, was nach Bundesrecht aus der Gesetzessystematik folgt621. Eine isolierte Pflicht zur Vermögenserhaltung gibt es
wegen des Verbots der Selbstzweckstiftung nicht. Da der Stiftungsvorstand aber
den Stiftungszweck zu erfüllen hat, ergibt sich die Vermögenserhaltungspflicht
aus der Stiftungszweckerfüllung622. Diese dienende Stellung der Vermögenserhaltungspflicht gegenüber der Stiftungszweckerfüllung623 zeigt sich im Landesrecht aber ebensowenig wie die Ausnahmen, die aus systematischen Gründen zur
Erfüllung des Stiftungszwecks gemacht werden können. Auch wird der irrige
Eindruck erzeugt, die Pflicht zur Vermögenserhaltung basiere auf Landesrecht
und variiere daher in den einzelnen Ländern624. Die Landesgesetzgebung versucht
mit diesen Normen das Bundesrecht klarer zu formulieren und läßt dabei einiges
an Regelungsgehalt fallen, was nur aus der bundesrechtlichen Systematik folgt.
Die Länder regeln eine Materie, die nicht nur keiner entsprechenden landesrechtlichen Behandlung bedarf, sondern mit der sogar der Aussagegehalt des Bundesrechts eingeschränkt wird. Konkretisierungsbedarf besteht hierbei durch Landesrecht nicht, da die bundesrechtliche Systematik völlig ausreichend klarstellt, welche Stellung die Pflicht zur Vermögenserhaltung im Verhältnis zur Stiftungszweckerfüllung hat. Zudem leisteten die landesrechtlichen Regelungen ohnehin
keinen Konkretisierungsbeitrag, sondern tragen nur zur Verwirrung bei. Die bundesrechtliche Systematik ist auch hinsichtlich der Vermögenserhaltungspflicht
abschließend. Die Landesnormen sind unwirksam.
620 Vgl. dazu die Ausführungen zur Vermögenserhaltung unter B II, S. 54 ff.; unkritisch allerdings Schulte, ZSt 2006, 154, 158.
621 Dieser Punkt wird offensichtlich von Backert/Carstensen, ZIP 2003, 284, 285, 287, übersehen, die das völlig richtige Fehlen landesrechtlicher Vermögenserhaltungsvorschriften
im Musterentwurf eines Landesstiftungsgesetzes von Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019
ff. kritisieren.
622 Damit wird auch die von Backert in Backert/Carstensen, ZIP 2003, 284, 285, aufgeworfene Frage geklärt, die Beachtung welcher Gesetze die Rechtsaufsicht in Fragen der Vermögenserhaltung denn überwachen solle, wenn entsprechende landesrechtliche Vorschriften fehlten.
623 Schwintek, S. 34; Andrick, DVBl. 2003, 1246, 1250; Rawert, Non Profit Law Yearbook
2003, 1, 7; Seifart/v.Campenhausen/Hof, § 8, Rn. 55; Andrick/Suerbaum, § 2, Rn. 7 mit
Verweis auf OVG NRW, NWVBl. 1994, 393, 393.
624 Hüttemann/Rawert, ZIP 2002, 2019, 2022.
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b. Ausnahmen von der Vermögenserhaltungspflicht
Weiterhin bedeutsam ist, daß die Landesstiftungsgesetze Ausnahmen von der
Pflicht zur Vermögenserhaltung zulassen625. Diese werden häufig dann gestattet,
wenn die Stiftungssatzung dies bestimmt626 oder wenn die Stiftungsaufsichtsbehörde diesbezüglich Ausnahmen gestattet627. In Sachsen sind solche Ausnahmen
alternativ möglich628.
Problematisch an diesen Regelungen ist, daß die Landesstiftungsgesetze damit
die Pflicht zur Vermögenserhaltung zumindest teilweise zur Disposition des Stifters bzw. der Aufsichtsbehörde stellen. Wenn nach der Landesnormierung eine
Ausnahme von der Pflicht zur Vermögenserhaltung in der Stiftungssatzung festgelegt bzw. von der Aufsichtsbehörde im Einzelfall gestattet sein kann, wird de
facto der Grundsatz der Vermögenserhaltung aufgeweicht, indem die Landesgesetzgeber § 80 II BGB i.V.m. § 81 I 2 BGB im Ergebnis als zumindest teilweise
dispositive Norm qualifizieren. Die Entscheidung über die Frage, ob die Vermögenserhaltungspflicht, die sich aus den §§ 80 ff. BGB ergibt, dispositiv sein kann,
kann aber nicht vom Landesgesetzgeber getroffen werden, sondern muß sich aus
der Systematik der bundesrechtlichen Regelungen ergeben. Die Landesgesetze
versuchen auch hier, das vermeintlich regelungsarme Bundesrecht für die Praxis
in vermeintlich klarere Formulierungen zu zwängen, um den beschwerlicheren –
wenngleich richtigen – Weg der systematischen Auslegung umgehen zu können.
Die bundesrechtliche Systematik kann schließlich durchaus Ausnahmen von der
Vermögenserhaltungspflicht zulassen, wenn beispielsweise die vorrangige Stif-
625 § 7 I StiftG Bremen; § 6 I StiftG Niedersachsen; § 3 StiftG Berlin; § 6 I StiftG Hessen;
§ 7 II StiftG Baden-Württemberg; § 4 III StiftG Sachsen; § 14 II StiftG Sachsen-Anhalt;
§ 14 II StiftG Thüringen; § 4 II StiftG NRW; § 6 I StiftG Saarland; § 4 II StiftG Schleswig-Holstein; § 7 II StiftG Rheinland-Pfalz; § 4 II StiftG Hamburg; Ausnahmen sind das
StiftG Brandenburg, das StiftG Bayern und das StiftG Mecklenburg-Vorpommern.
626 § 7 II StiftG Baden-Württemberg: »Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand zu erhalten, es sei denn, daß die Satzung eine Ausnahme zuläßt oder der Stifterwille nicht anders
zu verwirklichen ist; […]«; ähnlich § 3 StiftG Berlin; § 4 II StiftG Hamburg; § 4 II StiftG
NRW; § 7 II StiftG Rheinland-Pfalz; § 14 II StiftG Sachsen-Anhalt; § 14 II StiftG Thüringen; § 4 II StiftG Schleswig-Holstein.
627 § 7 I StiftG Bremen: »Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert zu
erhalten. Die Stiftungsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn der Stifterwille nicht
anders zu verwirklichen ist und der Bestand der Stiftung für angemessene Zeit gewährleistet ist.«; ähnlich § 6 I StiftG Niedersachsen; § 7 I StiftG Bremen; § 6 I StiftG Saarland;
§ 6 I StiftG Hessen.
628 § 4 III StiftG Sachsen: »Das Stiftungsvermögen ist wertmäßig in seinem Bestand und seiner Ertragskraft zu erhalten, es sei denn, daß die Satzung oder die Stiftungsbehörde eine
Ausnahme zuläßt und der Stiftungszweck nicht anders zu verwirklichen ist. […]«
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tungszweckerfüllung ein Abweichen von der nachrangigen Vermögenserhaltungspflicht erfordert629.
(1) Ausnahmen durch die Stiftungssatzung
Die Gestattung von Ausnahmen von der Vermögenserhaltungspflicht durch die
Stiftungssatzung entspricht dem Gedanken der Stiftung auf Zeit bzw. der Verbrauchsstiftung630. Mit der Zulässigkeit einer solchen Stiftungskonzeption631 ist
damit auch die grundsätzliche Zulässigkeit von Ausnahmen bzgl. der Vermögenserhaltungspflicht auch aus Bundesrecht nicht zu beanstanden, soweit sich die
Ausnahmen aus der Stiftungssatzung ergeben, mithin vom Stifter so festgelegt
wurden632. Der Stifter hat nach den §§ 80 ff. BGB die Befugnis, den Umfang der
Stiftungszweckerfüllung und damit der Vermögenserhaltungspflicht selbst zu bestimmen. Benennt der Stifter Ausnahmen von der Vermögenserhaltungspflicht,
so definiert er letztlich nur den Umfang der Pflicht zur Stiftungszweckerfüllung
neu und handelt damit im Rahmen seiner stifterlichen Freiheit633. Da Ausnahmen
von der Vermögenserhaltungspflicht zu Lasten einer konsequenten und dauerhaften Stiftungszweckerfüllung gehen, sind solche Ausnahmen aber jedenfalls dann
grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die Lebensfähigkeit der Stiftung beeinträchtigt wird634.
Eine satzungsmäßige Ausnahme von der Vermögenserhaltungspflicht ist
jedoch bereits aufgrund bundesrechtlicher Systematik zulässig. Den landesrecht-
629 Die Formulierung der Landesgesetz zeigt, daß diese Tatsache übersetzt werden sollte: vgl.
§ 6 I StiftG Niedersachsen: »Das Stiftungsvermögen ist in seinem Bestand ungeschmälert
zu erhalten. Die Stiftungsbehörde kann Ausnahmen zulassen, wenn der Stifterwille anders
nicht zu verwirklichen und der Bestand der Stiftung für angemessene Zeit gewährleistet
ist. […]«; ähnlich: § 6 I StiftG Hessen; § 7 I StiftG Bremen; § 6 I StiftG Saarland; im
Wesentlichen übereinstimmend: § 7 II StiftG Baden-Württemberg; § 4 III StiftG Sachsen;
§ 14 II StiftG Sachsen-Anhalt; § 14 II StiftG Thüringen; § 4 II StiftG Hamburg; vgl.auch
§ 4 II StiftG NRW: »Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist, oder der Wille
der Stifterin oder des Stifters auf andere Weise nicht verwirklicht werden kann, ist das Stiftungsvermögen ungeschmälert zu erhalten. […]; ähnlich: § 7 II StiftG Rheinland-Pfalz;
§ 4 II StiftG Schleswig-Holstein.
630 Andrick/Suerbaum, § 7, Rn. 18; Soergel/Neuhoff, Vor. § 80, Rn. 13.
631 Vgl. die Ausführungen zur Verbrauchsstiftung unter B I 1, S. 20 ff.
632 Zustimmend Schneider, S. 83, die jedoch zusätzlich verlangt, daß der Stiftungszweck nicht
anders zu verwirklichen sein darf.
633 Schindler, DB 2003, 297, 300.
634 Dementsprechend erkennen Andrick/Suerbaum, § 7, Rn. 18 die Zulässigkeit von Ausnahmen vom Grundsatz der Vermögenserhaltung nur an, wenn sie die Lebensfähigkeit der Stiftung nicht wesentlich beeinträchtigen.
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lichen Regelungen635 fehlt es an der Gesetzgebungskompetenz und diese sind als
inhaltsgleiche Wiederholungen unwirksam.
(2) Ausnahmen durch Genehmigung der Aufsichtsbehörde
Wie bereits gesehen, liegt es nicht in der Macht der Länder, Ausnahmen von der
Vermögenserhaltungspflicht zu bestimmen. Es muß also erst recht die Befugnisse
der Behörde überschreiten, nach eigenem Ermessen Ausnahmen von der Vermögenserhaltung aus Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu gestatten. Es ist die
Pflicht der Aufsichtsbehörde, darüber zu wachen, daß die Stiftungszweckerfüllung gemäß dem ursprünglichen Stifterwillen erfolgt636. Sie darf ihre Aufgabe als
Rechtsaufsicht637 nicht überschreiten638. Gleichwohl wird in den Ländern vorgesehen, daß die Aufsichtsbehörde Ausnahmen von der Pflicht zur Erhaltung des
Stiftungsvermögens zulassen kann639. Mit diesen Normen wird eine rein ermessensgestützte Ausnahmegenehmigung der Aufsichtsbehörde in Fragen der Vermögenserhaltung zugelassen, daher sind diese ebenfalls nichtig.
Es kann nur Aufgabe der Aufsichtsbehörde sein, mittels einer rechtsaufsichtlichen und gerichtlich überprüfbaren Grenzkontrolle des Vorstandshandelns zu
klären, ob eine Abweichung vom Grundsatz der Vermögenserhaltung vom vorrangigen Interesse der Stiftungszweckerfüllung gedeckt ist, d.h. ob eine Abweichung vom Grundsatz der Vermögenserhaltung nicht dem Prinzip der Stiftungszweckerfüllung widerspricht. Eine Entscheidung über die Zweckmäßigkeit des
Abweichens von der Vermögenserhaltungspflicht steht ihr auch in Konfliktfällen
nicht zu.
c. Vermögenstrennung
In kompetenzrechtlicher Hinsicht unproblematisch ist dagegen die Pflicht des
Stiftungsvorstands, das Stiftungsvermögen von anderem Vermögen getrennt zu
635 § 7 II StiftG Baden-Württemberg; § 3 StiftG Berlin; § 4 II StiftG Hamburg; § 4 II StiftG
NRW; § 7 II StiftG Rheinland-Pfalz; § 14 II StiftG Sachsen-Anhalt; § 14 II StiftG Thüringen; § 4 II StiftG Schleswig-Holstein; § 4 III StiftG Sachsen.
636 Suerbaum, NVwZ 2005, 160, 161.
637 § 6 I StiftG Sachsen; § 18 StiftG Sachsen-Anhalt; § 18 StiftG Thüringen; Art. 18 I StiftG
Bayern; § 8 I StiftG Baden-Württemberg; § 5 I StiftG Hamburg; § 6 I StiftG NRW; § 9 I
StiftG Rheinland-Pfalz; § 4 I StiftG Mecklenburg-Vorpommern; § 6 I StiftG Brandenburg.
638 Vgl. auch BVerwGE 40, 347, 351.
639 § 7 I StiftG Bremen; § 6 I StiftG Niedersachsen; § 7 I StiftG Bremen; § 6 I StiftG Saarland;
§ 6 I StiftG Hessen; § 4 III StiftG Sachsen.
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halten640. Eine solche Pflicht ist in den §§ 80 ff. BGB nicht vorgesehen, dennoch
entspricht ein solches Vermischungsverbot dem System der Bundesnormen, da
mit diesem Verbot einem Mißbrauch durch den Stiftungsvorstand vorgebeugt
werden soll. Die Norm dient der Transparenz des Stiftungsvermögens und führt
zu keiner weitergehenden Pflicht des Stiftungsvorstandes. Für die Aufsichtsbehörde muß jederzeit zu erkennen sein, ob die Vermögensmassen, die bei Errichtung der Stiftung zugewendet wurden, noch vorhanden sind und wie hoch das übrige Stiftungsvermögen am Ende des Geschäftsjahres ist641. Es wird eine strikte
Sorgfalt bei der Handhabung des Grundstockvermögens angemahnt und in einem
Vermögenstrennungsverbot konkretisiert. Ein konkretes Vermischungsverbot ist
nicht ausdrücklich in den §§ 80 ff. BGB geregelt, widerspricht aber als Ausfluß
der Transparenz und der Sorgfaltspflicht auch nicht den bundesrechtlichen Vorgaben. Die Vermögenstrennungspflicht ist damit eine echte Konkretisierung der
Pflicht zur dauerhaften und nachhaltigen Stiftungszweckerfüllung aus §§ 80, 81
BGB und zulässig.
d. Vermögensverwaltung
Neben den Pflichten zur Bestandserhaltung und dem Vermischungsverbot enthalten die Landesstiftungsgesetze häufig auch die ebenfalls generalklauselartige Anordnung, das Stiftungsvermögen sparsam bzw. sicher und wirtschaftlich zu verwalten642. Diese Normen geben einen generellen Auftrag der Landesgesetzgebung wieder, das Stiftungsvermögen keinen unnötigen Risiken auszusetzen,
gleichzeitig aber maximale Gewinne für das Ertragsvermögen zu erzielen643. Die
Begriffe der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit haben schon im Kommunalrecht
zentrale Bedeutung und sind beispielsweise in Art. 61 II, III BayGO644 kodifiziert. Der Begriff der Sparsamkeit bezeichnet dort die Vermeidung unnötiger
Ausgaben, d. h. die Vermeidung von Ausgaben, die nicht durch die Erfüllung ge-
640 Art. 11 I 2 StiftG Bayern; § 4 II StiftG Schleswig-Holstein; § 6 I StiftG Saarland; § 14 II
StiftG Thüringen; § 4 III StiftG Sachsen; § 14 II StiftG Sachsen-Anhalt; § 7 II StiftG
Rheinland-Pfalz; § 7 II StiftG Bremen; § 6 II StiftG Hessen; § 4 II StiftG Hamburg; § 7
II StiftG Baden-Württemberg; § 6 I StiftG Niedersachsen.
641 Gebel/Hinrichsen, § 4, Anm.4.2.
642 Art. 11 I 1 StiftG Bayern: »Die Stiftung ist sicher und wirtschaftlich zu verwalten.«; ähnlich § 14 I StiftG Thüringen; § 4 I StiftG Sachsen; § 14 I StiftG Sachsen-Anhalt; § 7 I
StiftG Baden-Württemberg; dagegen § 5 I StiftG Saarland: […] »[Die Stiftungsorgane]
sind zur ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Verwaltung der Stiftung verpflichtet.[…]«; § 6 III StiftG Niedersachsen: »Die Mitglieder der Stiftungsorgane sind zur ordnungsgemäßen Verwaltung der Stiftung verpflichtet.[…]«.
643 Schindler, DB 2003, 297, 297.
644 Art. 61 II BayGO: »Die Haushaltswirtschaft ist sparsam und wirtschaftlich zu planen und
zu führen […].«
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meindlicher Aufgaben gerechtfertigt sind645. Der Begriff der Wirtschaftlichkeit
benennt die Aufgabe, mit bestimmtem Mitteleinsatz ein möglichst gutes Ergebnis
(Maximalprinzip), bzw. ein bestimmtes Ergebnis mit möglichst geringem Mitteleinsatz (Minimalprinzip) zu erreichen646. Letztlich soll die Wirtschaftlichkeit das
Kosten-Nutzen-Verhältnis optimieren. Der Gemeinde kommt hinsichtlich der Beurteilung dieser Begriffe ein Beurteilungsspielraum zu647.
Die §§ 80 ff. BGB enthalten ihrerseits das Gebot, den Stiftungszweck mittels
des Stiftungsvermögens dauerhaft und nachhaltig zu verwirklichen648. Diese
Begriffe fordern ebenfalls eine optimale Ertragserwirtschaftung, das Vermeiden
wirtschaftlicher Risiken und die Optimierung der Vermögensanlage. Dabei ist im
Rahmen des Spannungsverhältnisses zwischen Rendite und Risiko dem Stiftungsvorstand jeweils ein Ermessensspielraum eingeräumt. Die Begriffe der
Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit zielen mithin auf das völlig gleiche Ergebnis
und sind in der Terminologie der dauernden und nachhaltigen Stiftungszweckerfüllung enthalten.
Die Begriffe der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bezeichnen letztlich, was
die logische Konsequenz aus der Pflicht zur Stiftungszweckerfüllung sein muß:
Mittels des Vermögens wird – wie von den §§ 80 ff. BGB vorausgesetzt - die
Ertragsmasse erwirtschaftet, welche aktiv der Verfolgung des Stiftungszwecks
dient. Dabei ist es notwendig, daß die Ertragsmasse so hoch wie möglich sein soll,
um eine möglichst effektive Verfolgung des Stiftungszwecks zu erreichen. Ebenfalls ist es bereits aus den §§ 80 ff. BGB klar zu ersehen, daß die Stiftungszwekkerfüllung nur dann mit maximalem Wirkungsgrad erreicht werden kann, wenn die
Verwaltung des Vermögens überflüssige Ausgaben unterläßt, die Verwaltungskosten minimiert649 und von verschiedenen gleichwertigen notwendigen Ausgaben
diejenige wählt, die im Kosten-Nutzen-Verhältnis die günstigste ist650. Dabei ist
das Stiftungsvermögen notwendigerweise in irgendeiner Form ertragbringend
anzulegen; gleichzeitig muß aber gewährleistet bleiben, daß die Anlage nicht zum
Verlust oder Teilverlust des Vermögens führt. Die Verwaltung des Stiftungsvermögens steht somit in jedem Fall im Spannungsverhältnis zwischen möglichst
sicherer und gleichzeitig möglichst rentabler Vermögensverwaltung651. Es spricht
somit bereits einiges dafür, die Deckungsgleichheit dieser Begriffspaare zu bejahen.
Geht man richtigerweise davon aus, daß mit dauernder und nachhaltiger Stiftungszweckerfüllung auch nur eine sparsame und wirtschaftliche Vermögensver-
645 Widtmann/Grasser, Art. 61, Rn. 5; Masson/Samper/Bauer/Böhle, Art. 61 GO, Rn. 14;
Prandl/Zimmermann/Büchner, Art. 61 GO, Rn. 6.
646 Widtmann/Grasser, Art. 61, Rn. 5; Masson/Samper/Bauer/Böhle, Art. 61 GO, Rn. 14;
Prandl/Zimmermann/Büchner, Art. 61 GO, Rn. 6.
647 Widtmann/Grasser, Art. 61, Rn. 5; Masson/Samper/Bauer/Böhle, Art. 61 GO, Rn. 14;
Prandl/Zimmermann/Büchner, Art. 61 GO, Rn. 6.
648 Vgl. die Ausführungen unter B I, S. 19 ff., und B II, S. 54 ff.
649 Vgl. v.Rotberg, § 7, Anm.1a.
650 Vgl. v.Rotberg, § 7, Anm.1b.
651 Eingehend dazu auch Schauhoff, DStR 2004, 471 (471 f.); Schindler, DB 2003, 297, 297 f.
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waltung gemeint ist, d.h. daß die Begriffe völlig deckungsgleich sind, handelt es
sich bei den Normen der Landesstiftungsgesetze652 um inhaltsgleiche Wiederholungen der Bundesnormen, die wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz nichtig sind.
Ein inhaltlicher Unterschied zwischen den Begriffen »sparsam und wirschaftlich« auf der einen Seite und »dauernde und nachhaltige Zweckerfüllung« auf der
anderen Seite könnte allenfalls in einer Konkretiserung des letztgenannten
Begriffspaars durch das erstgenannte liegen. Diese würde sich vor allem durch die
umfangreiche Rechtsprechung653 zu den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Kommunalrecht ergeben654. Dazu müßte das Bundesrecht den
Begriff der dauernden und nachhaltigen Zweckerfüllung aber überhaupt zu einer
Konkretisierung durch Landesrecht zulassen. Dies ist nicht der Fall, wenn die
bundesrechtlichen Begriffe insoweit abschließend formuliert sind. Dem Bundesgesetzgeber waren die Rechtsbegriffe der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit bei
der Fixierung der dauernden und nachhaltigen Zweckerfüllung in den
§§ 80 ff. BGB bekannt. Der Bundesgesetzgeber wählte in Kenntnis dieser kommunalrechtlich zentralen Begriffe diese gerade nicht, sondern bestand auf die
Begrifflichkeit der dauernden und nachhaltigen Stiftungszweckerfüllung. Dies
läßt nur den Schluß zu, daß der Bundesgesetzgeber diese Nomenklatur nicht verwenden wollte. Gleichwohl war es nicht beabsichtigt, daß die Landesgesetzgebung die bundesrechtlichen Begriffspaare durch eine im Bundesrecht absichtlich
nicht gewählte Terminologie ersetzt. Würde man also davon ausgehen, daß die
Begriffspaare »sparsam und wirtschaftlich« die Begrifflichkeit »dauernd und
nachhaltig« konkretisieren, war eben diese Konkretisierung vom Bundesgesetzgeber nicht gewollt. Es wäre für den Bundesgesetzgeber schließlich ein Leichtes
gewesen, die kommunalrechtliche Terminologie zu verwenden. Es wäre von einer
abschließenden Regelung der §§ 80 ff. BGB auch in dieser Frage auszugehen.
Den Landesgesetzegebern fehlte daher ebenfalls die Gesetzgebungskompetenz
zum Erlaß konkretisierender Normen.
Die Landesnormen, die den Stiftungsvorstand zu sparsamer und wirtschaftlicher Vermögensverwaltung verpflichten, sind damit in jedem Fall unwirksam.
652 Art. 11 I 1 StiftG Bayern; § 14 I StiftG Thüringen; § 4 I StiftG Sachsen; § 14 I StiftG Sachsen-Anhalt; § 7 I StiftG Baden-Württemberg; § 5 I StiftG Saarland; § 6 III StiftG Niedersachsen.
653 Z.B. BVerwGE 59, 249, 252; BayVGH BayVBl. 1992, 628, 630; BayVGH, BayVBl. 1998,
402, 403; vgl. für weitere Nachweise auch Prandl/Zimmermann/Büchner, Art. 61 GO, Rn.
6; Bauer/Böhle/Masson/Samper, Art. 61 GO, Rn. 14 ff.
654 A.A. allerdings Schindler, DB 2003, 297, 297, der die Begriffe der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit als nicht entscheidungsrelevant formuliert und damit für untauglich hält.
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e. Ertragsverwendung
Die Landesstiftungsgesetze legen fest, daß die Erträge des Stiftungsvermögens
grundsätzlich nur entsprechend dem Stiftungszweck verwandt werden dürfen655.
Auch diese Normen lassen Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit aufkommen. Wie bereits dargestellt, folgt die Trennung des Stiftungsvermögens in Grundstockvermögen und Ertragsvermögen bereits aus § 87 II 2 BGB656. Nach den bundesrechtlichen Regelungen ist klar, daß die Vermögensausstattung der Stiftung nur der Erfüllung des Stiftungszwecks dient. Damit kann die Auslegung der §§ 80 ff. BGB
nur zu dem Ergebnis kommen, daß die Erträge des Stiftungsvermögens zur Verfolgung des Stiftungszwecks zu verwenden sind657. Auch hier wird durch Landesrecht wiederum der Einruck vermittelt, selbiges sei die originäre Rechtsquelle der
Pflichten des Stiftungsvorstands; das Bundesrecht wird in seiner Relevanz zurückgestuft658. Die Verwendung des Ertragsvermögens als Mittel zur Erfüllung
des Stiftungszwecks ist eine ebensolche Selbstverständlichkeit659 wie die Stiftungszweckerfüllung selbst und folgt bereits konkret aus Bundesrecht. Dabei sind
Unterschiede zwischen Rücklagenbildung oder Unkostendeckung und Ausschüttung an Destinatäre nicht bedeutsam660, es handelt sich in jedem Fall um eine Ertragsverwendung zugunsten des Stiftungszwecks, da ohne diese Ausgaben eine
Stiftungszweckerfüllung nicht möglich wäre661. Die landesrechtlichen Normen
sind wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz unwirksam.
Teilweise sehen die Landesnormen Ausnahmen von der Pflicht zur Verwendung des Ertragsvermögens zugunsten des Stiftungszwecks vor, wenn diese in der
655 Art. 11 III 1 StiftG Bayern: »Erträge des Vermögens der Stiftung und zum Verbrauch
bestimmte Zuwendungen dürfen nur zur Erfüllung des Stiftungszwecks verwendet werden.«; ähnlich § 4 III StiftG Hamburg; § 6 II StiftG Niedersachsen; § 4 III StiftG Schleswig-Holstein; § 7 III StiftG Bremen; § 6 III StiftG Hessen; § 7 III StiftG Rheinland-Pfalz;
§ 4 III StiftG NRW; § 6 II StiftG Saarland.
656 Vgl. unter B II 1, S. 56 ff.
657 Bereits Seifart, BB 1987, 1889, 1893 nennt die Ertragsverwendung für den Stiftungszweck
das Resultat des im Stiftungsbegriff enthaltenen Vorverständnisses.
658 Dieses Verständnis zeigt sich auch in Voll/Störle, Art. 13, Rn. 1, wonach Art. 13 StiftG
Bayern a.F., der dem neugefaßten Art. 11 III 1 StiftG Bayern im Wesentlichen entspricht,
der Konkretisierung und Ergänzung von Art. 2 I StiftG Bayern und nicht etwa § 80 II BGB
dienen soll.
659 Bork, ZSt 2003, 14, 14 f.
660 Bork, ZSt 2003, 14, 15, unterstreicht in Anlehnung an Carstensen, S. 53, daß diese »stiftungsrechtliche Finalität« nicht streng als Mittelausschüttung an die Destinatäre zu verstehen ist.
661 Abgrenzungen, inwieweit eine Rücklagenbildung oder Unkostendeckung mit dem Ertragsvermögen zulässig ist, und in welchem Umfang diese als Stiftungszweckerfüllung anzusehen sind, ist eine andere Frage, vgl. dazu B II 1 b (2), S. 64 f.
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Satzung bestimmt sind662. Mit diesen Ausnahmen sollen die Fälle der Thesaurierung663 erfaßt werden, wie insbesondere § 6 II StiftG Niedersachsen664 zeigt.
Diese Normen sind unwirksam. Zum einen wäre die Frage der Thesaurierungen
ohnehin nicht durch Landesrecht regelbar665; zum anderen erfassen die allgemeinen Formulierungen, welche Ausnahmen von der Pflicht der Ertragsverwendung
zugunsten der Stiftungszweckerfüllung bei entsprechenden Öffnungsklauseln
zulassen, jede stifterliche Bestimmung, auch wenn diese mit der Stiftungszwekkerfüllung nicht vereinbar ist. Somit wird dem Stifter nach den Landesstiftungsgesetzen ermöglicht, Erträge des Stiftungsvermögens zu jedem beliebigen Zweck
zu verwenden. Sogar eine Satzungsbestimmung, die den Stifter in den alleinigen
Genuß der Stiftungserträge bringt, wäre nach Landesrecht zulässig.
Damit würden durch Landesrecht bundesrechtliche Verbote – wie etwa das der
Stiftung für den Stifter – umgangen werden können, die fraglichen Normen sind
zu weit gefaßt und regeln damit auch bundesrechtlich abschließend fixierte Materie. Die Normen sind unwirksam.
f. Rücklagenbildung
Weiterhin gestatten einzelne Landesstiftungsgesetze die Bildung von Rücklagen
als Teil der Ertragsverwendung im Rahmen der Stiftungszweckerfüllung666. Derartige Regelungen begegnen keinen kompetenzrechtlichen Bedenken: Die Bildung angemessener Rücklagen entspricht dem Gedanken der dauerhaften und
nachhaltigen Stiftungszweckerfüllung667. Eine Rücklage dient dem Zweck, Verluste bei der Generierung des Ertragsvermögens aus dem Stiftungsvermögens
auszugleichen668. Bei einer Rücklagenbildung wird in Zeiten guter Ertragslagen
662 § 4 III StiftG Hamburg: »Soweit nicht in der Satzung etwas anderes bestimmt ist, sind die
Erträge des Stiftungsvermögens und die nicht ausdrücklich zum Vermögen gewidmeten
Zuwendungen Dritter nach Abzug der notwendigen Verwaltungskosten zur Verwirklichung des Stiftungszwecks zu verwenden. Rücklagen können gebildet werden, soweit dies
der nachhaltigen Verwirklichung des Stiftungszwecks dient und die Satzung nicht entgegensteht.«; ähnlich § 7 III StiftG Rheinland-Pfalz; § 4 III StiftG NRW.
663 Vgl. auch die Ausführungen unter C II 4 a (3) (f) [b], S. 154 f.
664 »Die Erträge des Stiftungsvermögens sind ausschließlich für den Stiftungszweck zu verwenden. Sie dürfen dem Stiftungsvermögen zugeführt werden, wenn es die Satzung vorsieht oder wenn es zum Ausgleich von Vermögensverlusten erforderlich ist.«
665 Vgl. unter C II 4 a (3) (f) [b], S. 154 f.
666 § 4 III StiftG Hamburg: »[…] Rücklagen können gebildet werden, soweit dies der nachhaltigen Verwirklichung des Stiftungszwecks dient und die Satzung nicht entgegensteht.«;
§ 7 III StiftG Bremen: »[…] die Verwendung für den Stiftungszweck schließt die Bildung
angemessener Rücklagen mit ein. […]«, ähnlich § 6 II StiftG Saarland.
667 Schauhoff, DStR 2004, 471, 472; Bork, ZSt 2003, 14, 15.
668 Für Fragen der steuerlichen Gemeinnützigkeit ist eine Rücklagenbildung im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb dann zulässig, wenn sie zur Sicherung des wirtschaftlichen Erfolgs
des wirtschaftlichen egschäftsbetriebs benötigt wird, vgl. BFH, Urteil v. 15. Juli 1998 –
IR 156/94 = BStBl. II 2002, 162.
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ein angemessener Betrag des Ertragsvermögens gehortet, um in Zeiten schlechter
Ertragslagen diese Rücklage dem Ertragsvermögen zuzuführen und so eine kontinuierliche Stiftungsarbeit zu ermöglichen (sog. freie Rücklage669). Eine zweite
Form der Rücklagenbildung stellt die sog. zweckgebundene Rücklage dar, bei der
zur Realisierung eines größeren Projektes Mittel für längere Zeit angesammelt
werden, um dann auf einmal ausgeschüttet zu werden670. Die Landesgesetzgeber
engen hierbei die Verpflichtung des Stiftungsvorstandes zur Stiftungszweckerfüllung nicht ein, da bereits die Verpflichtung des Stiftungsvorstandes zur dauerhaften und nachhaltigen Stiftungszweckerfüllung eine gewisse Weitsichtigkeit beim
Einsatz der Ertragsmasse postuliert671. Auf der anderen Seite läßt sich eine ebenso
konkrete Aussage zur Rücklagenbildung aus den §§ 80 ff. BGB nicht ableiten.
Die Rücklagenbildung darf jedoch nicht zu einer Umgehung des Verbots der
Selbstzweckstiftung führen, die Bildung angemessener Rücklagen darf mithin
nicht zu einer vollständigen Hortung der Erträge mutieren, deren Ausschüttung
eher die Ausnahme als die Regel ist. Die Rücklagenbildung ist nur zum Schutz
vor zukünftigen Ertragseinbußen oder der Realisierung größerer Vorhaben zu
nutzen und muß daher in einem angemessenen Verhältnis zur gesamten Ertragsmasse stehen672. Für freie Rücklagen ist dieses angemessene Verhältnis nicht ohne
weiteres konkret zu bestimmen. Als Anhaltspunkt können steuerrechtliche Normen dienen, die die Zulässigkeit der Rücklagenbildung bei gleichzeitigem Erhalt
der steuerlich begünstigten Gemeinnützigkeit regeln673. Danach ist es mit einer
gemeinnützigen Zwecksetzung zu vereinbaren, wenn höchstens ein Drittel der
Erträge einer freien Rücklage zugeführt werden674.
4. Einfluß der Stiftungsaufsicht
Der Kern der Regelungen der Landesstiftungsgesetze besteht in Normen über die
Stiftungsaufsicht und deren Eingriffs- und Kontrollbefugnisse. Für die Pflichten
des Vorstands ist die Existenz der Stiftungsbehörde von großer Relevanz, da die
Aufsichtsbehörde aufgrund des Fehlens körperschaftsähnlicher Strukturen bei
669 Seifart/v.Campenhausen/Hof, § 10, Rn. 95 ff.
670 Seifart/v.Campenhausen/Hof, § 10, Rn. 97.
671 Vgl. dazu Helberger, S. 29 f.; Walter/Golpayegani, DStR 2000, 701, 708; Carstensen, WPg
1996, 793.
672 Bühner/Wallmeier, Kreditwesen 2006, 81, 82, behaupten dagegen eine Rücklagenbildung
sei ausgeschlossen, wenn dies zur Erfüllung des Stiftungszwecks nicht erforderlich ist;
a.A. zu Recht Walter/Golpayegani, DStR 2000, 701, 708, die mit Verweis auf Merl/Koss,
S. 1041 ff., davon ausgehen, daß eine Rücklagenbildung immer Pflicht des Stiftungsvorstands sei. Dem ist zuzustimmen, da in der Praxis eine freie Rücklage immer notwendig
sein wird, um jederzeit zu erwartende marktwirtschaftliche Schwankungen ausgleichen zu
können.
673 § 58 Nr.7 a) AO.
674 Vgl. auch Langenfeld, ZEV 2002, 481, 482.
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References
Zusammenfassung
Die Stiftung des bürgerlichen Rechts wird vom Stiftungsvorstand als grundsätzlich einzigem Organ verwaltet. Die oft immensen Vermögensmassen der Stiftungen sind damit der zunächst alleinigen Verantwortung des Vorstands übergeben. Da dieser zentralen Einfluss auf die Geschicke der Stiftung hat, ist es notwendig, einen Pflichtenkatalog zu formulieren, der die Aufgaben und Spielräume des Stiftungsvorstands zusammenfasst und verständlich erläutert. Im Rahmen einer rechtswissenschaftlichen Untersuchung wird daher mit diesem Buch geklärt, welche grundlegenden Pflichten der Stiftungsvorstand hat, wo diese ihre rechtlichen Grundlagen finden und welche haftungsrechtlichen Folgen sich bei Pflichtverletzungen des Stiftungsvorstands ergeben können.
Dabei ist es gelungen, Abstimmungsfehler zwischen Bundes- und Landesrecht aufzuzeigen, die zur formellen Verfassungswidrigkeit zahlreicher Landesnormen im Stiftungsrecht geführt haben. Dies hat Auswirkungen sowohl auf die Arbeit des Stiftungsvorstands als auch auf die Arbeit der Stiftungsaufsichtsbehörde, deren Aufgabe es ist, die Mitgliederlosigkeit der Stiftung durch staatliche Kontrolle und Fürsorge auszugleichen.