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beispiel Manoussakis v. Greece891 geht der staatliche Verweis auf das Schutzbedürfnis
der religiösen Mehrheit soweit, dass das Entstehen einer Begegnungsstätte einer religiösen Minderheit verboten wird. Das Fallbeispiel Murphy v. Ireland892 begründet
insofern eine deutliche Ausnahme, spricht sich der Staat doch angesichts der religiösen
Sensibilität in der Gesellschaft für eine gänzliche Freiheit des staatlichen Raums von
religiös relevanten Aussagen aus, um dadurch im Besonderen den Ausgleich zwischen
Minderheiten und Mehrheit zu wahren.
Von dieser Ausnahme abgesehen, konkretisieren die Fallbeispiele die bereits aufgeworfene Gefahr einer Monokultur der Mehrheit und bestätigen dabei die ethnologische Annahme, wonach die verschiedenen Normativitätssysteme nicht holistisch nebeneinander bestehen, sondern interlegal ineinander greifen. Von besonderem Aussagecharakter und besonderer kultureller Bedeutung ist dabei die Frage, welches System
nicht-staatlicher Legitimität ausdrücklichen staatlichen Schutz durch die Integration
in staatliches Gesetzesrecht erlebt und welches nicht; konstituieren Religionsgemeinschaften – die Heterogenität der Gesellschaft beachtend – doch nur eine dominante
soziale Gruppe unter vielen, deren besonderes Schutzbedürfnis nicht auf natürliche
Weise vorgegeben, sondern Produkt der (kultur-)wertenden Entscheidung des Staates
ist.
III. Fazit zu kultur- und rechtspluralistischen Kon? ikten im Verfahren
vor dem EGMR
Die Auswertungen der verschiedenen Kon? iktformen erlauben eine Zusammenfassung der Details zu gesellschaftlichem Kultur- und Rechtspluralismus und zum Zustandekommen rechtspluralistischer Kon? ikte: Wie kommt es zum Kon? ikt? Es
kommt zum Aufeinanderprallen von pluralistischen Rechtssystemen, wenn die Geltungssphären von normativen Systemen unterschiedlicher Legitimationsgrundlage
sich überschneiden und die für die soziale Praxis rechtsrelevanten Bedeutungsinhalte
und Verhaltensinstruktionen einander zudem widersprechen. Überschneidungssituationen entstehen in den Fallbeispielen entweder, wenn eine im privaten Raum abgehaltene soziale Praxis insofern von öffentlicher, staatlicher Relevanz ist, als auch der
Staat die Gestaltung des privaten Raums mitbestimmt, oder wenn eine soziale Praxis,
die ihre Legitimation im privaten Raum ? ndet, unmittelbar im staatlich reglementierten, öffentlichen Raum etabliert oder institutionalisiert werden und rechtliche Anerkennung ? nden soll. Wird diese Überschneidungsmenge in Kategorien des staatlichen
Gesetzesrechts übersetzt, so ist die Etablierung soziokultureller Legitimität im privaten oder öffentlichen Raum u.a. von der Zuteilung staatlicher Genehmigungen oder
(Sonder-)Rechtspositionen, vom Ausbleiben staatlicher Restriktionen und von der Befreiung von staatlichen P? ichten abhängig.
891 EGMR, Manoussakis and others v. Greece (Nr. 18748/91), 26. September 1996.
892 EGMR, Murphy v. Ireland (Nr. 44179/98), 10. Juli 2003.
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Wer ist am Kon? ikt beteiligt? Kon? iktbeteiligte sind auf der einen Seite der Staat,
der regulierend in den öffentlichen und privaten Raum einwirkt und soziale Praktiken
erlaubt oder verbietet, und auf der anderen Seite das Individuum, das sich aus einer
bestimmten Wertung heraus zur Aktion aufgerufen oder von der Aktion abgehalten
fühlt. Die in den Fallbeispielen betroffenen Individuen fühlen sich, ihrem Vortrag im
Verfahren vor dem EGMR entsprechend, in unterschiedlichem Maße in soziale Gruppen und gesellschaftliche Institutionen eingebunden, die sich ihrerseits in unterschiedlichem Maße organisieren und institutionalisieren: Die Bandbreite der vom Kulturund Rechtspluralismus betroffenen Individuen reicht von Antragstellern, deren Gruppenzugehörigkeit gänzlich offen steht, über Mitglieder einer sozialen oder religiösen
Mehrheit bis hin zu Mitgliedern von sozialen, sprachlichen, religiösen und ethnischen
Minderheiten, die entweder im Kollektiv (als Vereinigung oder politische Partei) oder
als Individuen (und Repräsentanten der Minderheitennormativität) auftreten. Diese
Bandbreite beweist, dass Kultur- und Rechtspluralismus die Gesamtheit einer Gesellschaft berühren und herausfordern, sich dagegen nicht auf Fragen des ethnischen oder
sozialen Minderheitenschutzes reduzieren lassen.
Kon? iktgegenstand ist in allen Fallbeispielen eine spezi? sche soziale Praxis, die
ihrerseits nicht-sichtbare moralische Verhaltensmuster, Wertvorstellungen und Sinnhorizonte repräsentiert. Staatliche Legalität knüpft an einen rechtlich relevanten Tatbestand eine Rechtsfolge, die zu sozialer Aktion oder zum Ausbleiben sozialer Aktion
verp? ichtet und dabei jener Normativität, die das Individuum als handlungsanleitend
emp? ndet, widerspricht. Gelangt der Rechtsstreit erst nach Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtswegs zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte893, so
wird deutlich, dass die Antragsteller in allen Fallbeispielen auf nationalstaatlicher
Ebene aufgrund der Übergeordnetheit staatlicher Legalität zur Zuwiderhandlung gegen ein soziokulturelles Verhaltenspostulat – religionsrechtlicher, gewohnheitsrechtlicher oder allgemeiner gesellschaftlicher Art – gezwungen werden.
Streitobjekte pluralistischer Normativität sind in den Fallbeispielen u.a. die Konzeption der Familie, Ehe und Sexualität, die Zuweisung und Ausfüllung der Elternrolle, die Ausgestaltung der Erziehungs- und Bildungsbeziehung zwischen Eltern und
Kindern, der Umgang mit dem ungeborenen (künstlich und natürlich gezeugten) und
dem geborenen Leben und Sterben, die Umstände staatlicher Bildung, das Verständnis
von Privatsphäre, Glaubenspraktiken, -symbole und -gemeinschaften, die Praxis von
Sprachen von Minderheiten und Mehrheiten, Praktiken des Wohnens und der Nahrungsbeschaffung, Formen der Kunst und Arten der gesellschaftspolitischen Ein? ussnahme (in sozialer, rechtlicher, politischer und religionskritischer Hinsicht) sowie
deren Implementierung und Kollektivierung im öffentlichen Raum. Kon? igierende
staatliche Legalität und individuelle Normativität weisen dabei verschiedene Charakteristika auf.
893 Vgl. zu den sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen von Beschwerden vor dem EGMR gemäß
Art. 35 EMRK: Villiger, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2. Au? age,
S. 63 ff.
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Zur Konstituierung individueller Normativität: Die am Vorbringen der Antragsteller
orientierte Gegenüberstellung der drei Kategorien soziokultureller Normativität, religionsrechtlicher, gewohnheitsrechtlicher und nicht spezi? zierter gesellschaftlicher
Normativität, erlaubt verschiedene Schlussfolgerungen hinsichtlich der ethnologisch
angemahnten „Kulturalisierung“894 von rechtlichen Problemfragen. Dabei ist Kulturalisierung als Erklären, Rechtfertigen oder Zurückweisen von rechtlichen Forderungen oder rechtlich relevanten Verhaltensweisen durch den generalisierten Rekurs auf
„die Kultur“ des Menschen zu verstehen. In allen Fallbeispielen steht die staatlichrechtliche Durchsetzung eines individuellen Existenz- und Handlungsentwurfes, der
sich aus der spezi? schen Mischung schematischer (enkulturations- und sozialisierungsbedingter) und individualistischer Erfahrungen des Individuums konstituiert,
also die unverwechselbare Kultur des Einzelnen, im Streit. Es wird deutlich, dass die
individuelle Tendenz zur Kulturalisierung der rechtlichen Streitfragen dabei jedoch
vom Ausmaß der selbst erklärten Zugehörigkeit des Individuums zu einer de? nierbaren oder sich als solche de? nierenden sozialen Gruppe und von der Konkretheit deren
gruppeninterner Verhaltenskodizes abhängt. Während sich keiner der Antragsteller im
Kontext allgemeiner gesellschaftlicher Normativität auf „seine Kultur“ beruft (wenngleich diese in Gestalt des umstrittenen Existenz- und Handlungsentwurfes doch betroffen ist), so ist der Rekurs auf die vermeintlich statische und holistische Gruppenkultur im Vorbringen der Antragsteller, die sich als Mitglieder einer Minderheit im
traditionsrechtlichen Kon? ikt emp? nden, doch omnipräsent.
Je klarer die individuelle Zugehörigkeit zu einer sich institutionalisierenden sozialen Gruppe empfunden wird, desto größer erscheint – dem Vorbringen der Antragsteller im Verfahren vor dem EGMR nach – die Abhängigkeit des Individuums von Integration und desto deutlicher die Tendenz zur Kulturalisierung von Recht. Seiner funktionellen Dimension als Ordnungsrahmen für soziale Interaktion entsprechend, ist die
Institutionalisierung von nicht-staatlichem Recht in explizite „Wenn-Dann-Schemata“
somit variabel und gruppenabhängig: An den Angehörigen einer Religionsgemeinschaft, für den diese Gruppenzugehörigkeit im Vordergrund seines Handelns steht,
sind deutlichere bzw. explizitere Verhaltenspostulate gerichtet als an denjenigen, der
sich in seiner individuellen Normativität keiner de? nierbaren Gruppe zuschreibt. Eine
unre? ektierte gerichtliche Akzeptanz jeglicher generalisierter Rekurse auf die „Größe
der Kultur“ könnte zur Folge haben, dass die multiple Gruppenzugehörigkeit und Individualität des Individuums, der umstrittene, offene und dynamische Charakter von
Kultursystemen und letztlich auch die hohe kulturelle Brisanz und das rechtliche
Schutzbedürfnis von individueller Normativität, die nicht im Berufen auf „die Kultur“
vorgetragen wird, verkannt werden. Denn auch in der dritten, allgemeingesellschaftlichen Kon? iktkategorie stehen Kulturkonzepte, ohne dass die Antragsteller expliziten
Rekurs auf ihre Kultur nehmen, in Gestalt von nicht-sichtbaren moralischen Verhaltensmustern, Wertvorstellungen und Sinnhorizonten zur gerichtlichen Entscheidung.
894 Giordano, Inkompatibilität von Normen – Der Ethnologe als forensischer Gutachter, in: Institut
für Ethnologie der Universität Hamburg (Hrsg.), ETHNOSCRIPTS Jahrgang 2, Heft 2, S. 20.
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Aus dem Vorangegangenen wird deutlich, dass die Art und Weise, in der das soziale Feld, also das gesellschaftliche Zusammenleben, im Rahmen von Gruppen und
Institutionen ausgestaltet und organisiert ist, maßgeblichen Ein? uss auf soziale Praktiken und Repräsentationsformen des Individuums hat. Wertvorstellungen und normative Überzeugungen sind – wie ethnologisch konstatiert – nicht von jenen politischen,
wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gruppen und Institutionen abzusondern, die
durch ihre Praxis das gesellschaftliche Zusammenleben und die Lebensverhältnisse
des Individuums organisieren, lenken und dadurch prägen. Individuelle Normativität
als Ausdruck individueller Kultur steht im strukturellen Abhängigkeitsverhältnis zur
Organisation der sozialen Gruppen des Einzelnen. Diese sozialen Gruppen nehmen
ihrerseits in unterschiedlichem Maße gesellschaftspolitischen Ein? uss, was die Kulturproblematik und die Geltungsanerkennung kon? igierender individueller Normativität auf Fragen innergesellschaftlicher Macht- und Kompetenzverteilung zurückwirft.
Zur Konstituierung staatlicher Legalität: Die Fallbeispiele zeigen eine staatliche
„Legalisierung von Kultur“ auf und erlauben insofern, den die individuelle Normativität berührenden Gedanken der „Kultur-De? nitionsmacht“ auch auf den Staat zu erstrecken. Der Staat entwirft in seinem Gesetzesrecht (auf rechtsverbindliche und soziokultureller Normativität auf staatlicher Ebene grundsätzlich übergeordneter Weise)
u.a. Konzeptionen der Familie, der Ehe, der Kunst, der Bildung und der Politik und
kreiert durch die De? nition rechtmäßiger sozialer Aktion Wertvorstellungen und Sinnhorizonte. Die Fallbeispiele zum staatlichen Rekurs auf den Schutz gesellschaftlicher
Moral und Religiosität decken dabei Facetten des Konstituierungsprozesses staatlicher
Legalität und staatlicher Kultur auf; eine Konstituierung, die insofern vom Gesetzgebungsprozess als Ausdruck der demokratischen Rückbindung staatlicher Legalität an
einen Akt des Parlaments und der Repräsentation des Volkes abzugrenzen ist, als sie
Aufschluss über die hinter dem Gesetzestext stehende ratio legis und über die normative Richtungsweisung im Kontext der wertenden Auslegung von unbestimmten
Rechtsbegriffen gibt. Es wird deutlich, dass der Staat zur inhaltlichen Ausfüllung seiner Legalität von staatsfernen, gesellschaftlichen Erkenntnisquellen, Kulturquellen,
notwendigerweise abhängt. Die Multiplizität von Rechtssystemen und ein Verständnis
von Rechtmäßigkeit, das auf einem Zusammenspiel von normativen Systemen – auf
Interlegalität – aufbaut, erwächst zum unausweichlichen Charakteristikum staatlicher
Legalität: Die Fallbeispiele demonstrieren die Spannbreite von staatlichen Erkenntnisquellen nicht-staatlicher Art, die religionsrechtliche Ordnungen einer Religionsgruppe, der die gesellschaftliche Mehrheit angehört, historische politische Erfahrungen der
Gesellschaft oder den nicht weiter substantiierten Rekurs auf eine gesellschaftliche
„Normalität“ erfasst.
Staatliche Legalität ist auf variable Weise entweder Deskription oder Präskription
gesellschaftlicher Normativität. Der Staat rechtfertigt seine Legalität entweder im Verweis darauf, was seine Gesellschaft als „Recht“ anerkennt, oder darauf, was seine Gesellschaft anzuerkennen hat. Dem expliziten staatlichen Rekurs auf eine gesellschaftliche Mehrheit steht der nicht substantiierte Rekurs auf gesellschaftliche Normalitäten
entgegen, was verdeutlicht, dass auch die Transparenz von Interlegalität, d.h. des Ent-
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stehens von hybriden, synkritischen Rechtsformen, von Staat zu Staat variiert. In jedem Fall hat die staatliche Ausgestaltung jener Interlegalität eine selektive Hierarchisierung von Bedeutungssphären pluralistischer normativer Systeme und eine Teilanerkennung von nicht-staatlichen Rechtssystemen zur Folge. Bezieht der Staat explizit
Stellung und benennt eine religionsrechtliche Gesetzesfundierung als staatsfremde Erkenntnisquelle bei der Ausgestaltung seines Gesetzesrechts, so wird dieser Religion
als soziokulturellem Gesetzgeber eine Vormachtstellung gegenüber sonstigen Quellen
nicht-staatlicher Legitimität eingeräumt, was mittelbar eine Stärkung der betroffenen
sozialen (religiösen) Gruppe zur Folge hat. Ebenso wie individuelle Normativität und
Kultur steht auch staatliche Legalität und Kultur im Spannungsfeld zu innergesellschaftlicher Macht- und Kompetenzverteilung, was insbesondere für das Schutzbedürfnis des nicht repräsentierten Individuums von rechtlicher Brisanz ist.
C. Lösungstechniken für kultur- und rechtspluralistische Kon? ikte in der
Rechtsprechung des EGMR
I. Zur Übersetzung kultur- und rechtspluralistischer Kon? ikte in die
Prüfungssystematik der Europäischen Menschenrechtskonvention
1. Konventionsrechte und -freiheiten als „ordre public européen“
und als „europäische Kulturordnung“
Das Schutzbedürfnis des Individuums vor Rechtsverletzungen des Staates, dessen Hoheitsgewalt es unterworfen ist, begründet die Zielvorgabe des europäischen Systems
zum Schutz der Menschenrechte. Die Europäische Menschenrechtskonvention ist das
völkerrechtliche Instrument zur Etablierung eines europäischen „ordre public“, d.h.
eines auf dem Schutz der Menschenrechte basierenden europaweiten zwischen- und
innerstaatlichen Ordnungskonzepts895. Das Bestreben der Gründerstaaten des Europarats, in Reaktion auf die Ereignisse des Zweiten Weltkrieges durch die Verabschiedung
einer Europäischen Menschenrechtskonvention ein regionales System zum Schutz der
Menschenrechte zu errichten, baut dabei auf zwei grundlegenden Überzeugungen auf:
Der Überzeugung von der Notwendigkeit einer Verankerung und Effektivierung des
Menschenrechtsschutzes auf internationalem Niveau sowie eines Verstärkens der Einheit zwischen europäischen Staaten durch den Rekurs auf deren gemeinsame, geteilte
Werte896.
895 Vgl. zur Etablierung des „ordre public européen“ als allgemeiner Schutzzweck der EMRK:
Wildhaber, Some re? ections on the First Year of Operation of the „New“ European Court of
Human Rights, in: Markesinis (Hrsg.), Millenium Lectures – The Coming Together of the Common Law and the Civil Law, S. 217 ff.
896 Decaux, Les États parties et leurs engagement, in: Pettiti/Decaux/Imbert (Hrsg.), La Convention européenne des droits de l’homme – Commentaire article par article, S. 4 : „L’idée d’une
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Der Kulturpluralismus, der gegenwärtige Gesellschaften prägt, stellt Staat, Individuum und EGMR vor Herausforderungen: Der Staat ist angehalten, das Spannungsfeld, das bisweilen zwischen staatlichem Recht und den Verhaltenspostulaten soziokultureller Normativität (Beispiel muslimisches Kopftuch) besteht, in seinem Rechtssystem zu lösen – ohne allein der ethnischen oder sozialen Mehrheit gerecht zu werden. Das Individuum befindet sich bei einem Widerspruch zwischen staatlichem Recht und „seiner Kultur“ in einem „Kulturkonflikt“, der notwendigerweise die Verletzung einer der anwendbaren Handlungsnormen – staatlicher oder nicht-staatlicher Art – bedingt. Der EGMR ist in derartigen Fällen herausgefordert, über den Konventionsschutz von Antragstellern zu entscheiden, deren Kulturwerte und -praktiken auf nationaler Ebene Restriktionen ausgesetzt sind.
Die Untersuchung zeigt systematisch verschiedene Formen kulturpluralistischer Konflikte nationaler und internationaler Natur auf. Sie erarbeitet, auf welche methodische Art und Weise der EGMR durch die Anwendung der EMRK eine „europäische Kulturordnung“ schafft, die das Zusammenspiel von staatlichem Recht und pluralistischer gesellschaftlicher Kultur auf nationaler Ebene prägt.