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F) Raum für die Kombinationsmethode bei Verträgen mit nicht untergeordnetem
Montageelement?
Richtet sich ein Vertrag auf die Herstellung einer unbeweglichen Sache oder dem
Schwerpunkt nach auf die Veränderung einer anderen Sache, ist der Vertrag also im
Ganzen werkvertragsrechtlicher Natur, so stellt sich abschließend die Frage, ob die
bisherige Linie der Rechtsprechung fortzuführen ist, nach der ein solcher Vertrag
alleine nach Werkvertragsrecht zu behandeln war.749 § 434 Abs. 2 S. 1 erzwingt
dies nicht. Denn diese Norm verbietet nur die Anwendbarkeit des werkvertragsrechtlichen Gewährleistungsrechts in ihrem Anwendungsbereich. Sie ordnet aber
nicht an, dass außerhalb ihres Anwendungsbereichs alleine Werkvertragsrecht
anzuwenden ist, eine kombinierte Anwendung von Kauf- und Werkvertragsrecht
wäre daher nach dem Gesetzeswortlaut im Prinzip zulässig.
Dennoch spricht alles dafür, dass ein Vertrag mit nicht untergeordneter Montageleistung nach wie vor alleine nach Werkvertragsrecht zu behandeln ist.750 Es hat
sich nichts daran geändert, dass das geschuldete Gesamtergebnis in einem solchen
Fall als Erfolg i.S.d. § 631 betrachtet werden kann. Seiner Gesamtnatur nach entspricht ein solcher Vertrag einem Änderungswerkvertrag, der darauf gerichtet ist,
die Sache, in welche die gelieferte Sache einzubauen ist, zu verändern. Das logisch
vorgeschaltete Lieferelement dient nur dazu, diesen Gesamterfolg vorzubereiten.
G) Ergebnis
Im Ergebnis kann festgehalten werden, dass die Einordnung von Lieferungsverträgen mit Montageverpflichtung letztlich nur dadurch komplexer geworden ist, dass
werktypische Handlungen nunmehr je nach ihrem Bezug auch dem Lieferelement
eines solchen Vertrags zuzuordnen sein können. In Anpassung an dieses Novum
gelten aber im Wesentlichen die gleichen Kriterien wie im bisherigen Recht.
Man kann die Einordnungskriterien mithin zu folgender Gesamtnorm zusammenfassen751:
749 Vgl. oben A) I.
750 So auch Faust in Bamberger/Roth § 434 Rn. 90; Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 12; Erman/B.
Grunewald § 434 Rn. 50; Jauernig/Berger § 434 Rn. 18; H. P. Westermann NJW 2002, 241,
244 f.; Reinking DAR 2002, 15, 17; Leupertz BauR 2006, 1648, 1650.
751 Zu den hier verwendeten Begriffen vgl. oben A) II.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
§ 651 BGB ist durch die Schuldrechtsreform grundlegend verändert worden. Während zuvor für die Anwendbarkeit des Kaufrechts letztlich entscheidend war, ob der Vertrag im Schwerpunkt kauftypisch ist, scheint nunmehr nur maßgeblich zu sein, ob eine bewegliche Sache zu liefern ist, selbst wenn sie nach individuellen Vorgaben herzustellen ist. Diese Abgrenzung wird vielfach als unbefriedigend empfunden, gerade weil sie nicht typologisch, sondern nur anhand von (nur scheinbar einfach zu bestimmenden) Äußerlichkeiten erfolgt. Der Autor untersucht zum einen den Anwendungsbereich der neuen Norm. Die Probleme liegen hier u.a. im Baurecht, bei komplexen Maschinen (Anlagenbau) und bei der Abgrenzung zu geistigen Leistungen. Problematisch sind wegen Bezügen zum Sachenrecht auch Fälle, bei denen der maßgebliche Stoffanteil vom Besteller gestellt wird. Zum anderen untersucht der Autor die z.T. praktisch sehr gravierenden Rechtsfolgen und inwiefern vertragliche Abweichungen möglich sind. Dabei legt er vor dem europäischen Hintergrund (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) dar, welche methodischen Grenzen einer restriktiven Auslegung gesetzt sind. Das Werk ist damit zugleich ein wichtiger Beitrag zur Dogmatik der (überschießenden) Richtlinienumsetzung.