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Kapitel 3: Die Einordnung von Lieferungsverträgen mit
Montageverpflichtung
A. Einführung in die Problematik
I. Der Lieferungsvertrag mit Montageverpflichtung im bisherigen Recht
Unter einem Lieferungsvertrag mit Montageverpflichtung verstand man im bisherigen Recht einen gemischten Vertrag in Form eines Typenkombinationsvertrags, bei
dem eine oder mehrere bewegliche Sachen zunächst zu liefern und anschließend am
Zielort in einen bestimmten Zustand zu versetzen waren.601 Lieferelement konnte
dabei ein kauftypisches Element oder ein werklieferungstypisches Element sein.
Dabei erübrigte sich die Einordnungsfrage bezüglich des Gesamtvertrages im letzteren Fall praktisch, da schon aufgrund des Lieferelements überwiegend Werkvertragsrecht anzuwenden war (§ 651 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 a.F.).602
Das Spektrum der Verträge, die diesem Schema entsprachen, war sehr groß. Mit
dem Vertrag über die Lieferung und Montage eines konkret benennbaren Gegenstands (die Küche, der Schrank, die Alarmanlage usw.) gab es zwar eine Art »Normalfall« innerhalb dieser Fallgruppe. Z.B. fielen aber auch Bauverträge genaugenommen in das Spektrum der Montagelieferungen, soweit der Bauunternehmer die
Baustoffe zu stellen hatte.603 Gleiches traf auf Reparaturen zu, soweit die zur Reparatur benötigten Materialien vom Unternehmer gestellt wurden. Als Montage kamen
alle möglichen Zustandsveränderungen in Betracht. Dabei ließen sich drei Grundkategorien festmachen: Aufstellung, Zusammenbau und Einbau.604
Die Einordnung dieser Verträge war zwar auch im bisherigen Recht nicht ganz
einfach. Dadurch, dass es § 651 a.F. gab, wurde sie aber zumindest in der Praxis
nicht unwesentlich erleichtert.
Da § 651 Abs. 2 a.F. und § 651 Abs. 1 S. 2. Halbs. 2 a.F. ganz oder weitestgehend
auf das Werkvertragsrecht verwiesen, war es im Ergebnis regelmäßig irrelevant,
zwischen Lieferungselement und Montageelement zu differenzieren. So konnten
zum einen Werklieferungselemente ohne Einfluss auf das Ergebnis als Montageelemente aufgefasst werden, zum anderen konnten Montageelemente ohne Einfluss
601 Vgl. nur Graue AcP 163 (1963), 401 f.; Droste S. 18 ff.
602 Droste (S. 18) nimmt diese Fälle daher in ihrer Arbeit über Lieferungsverträge mit Montageverpflichtung von der weiteren Untersuchung aus.
603 Vgl. Droste S. 20 f.
604 Vgl. Graue AcP 163 (1963), 401, 404.
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auf das Ergebnis als Werklieferungselemente aufgefasst werden. Praktisch stellte
sich nur die Frage, ob der Vertrag von kauftypischen oder von werktypischen Elementen dominiert war. Davon ausgehend ließen sich dann die allgemeinen Regeln
über die Einordnung von Typenkombinationsverträgen anwenden.
Betrachtet man die Rechtsprechung alleine unter dem Gesichtspunkt dieser allgemeinen Regeln, so ließen sich die folgenden Grundzüge erkennen: Der gesamte
Vertrag wurde nach Werkvertragsrecht behandelt, wenn die Montageleistung nicht
nur von untergeordneter Bedeutung war, die Kombinationsmethode605 wurde also
insoweit nicht angewandt.606 Die Montageleistung wurde dabei als nicht unbedeutend eingestuft, wenn die Errichtung einer den individuellen Bedürfnissen des
Bestellers entsprechenden Anlage herzustellen war und der Warenumsatz nicht im
Vordergrund stand.607 Hierbei zeigte sich eine gewisse werkvertragsfreundliche
Tendenz608, z.B. ordnete der BGH einen Einbauküchenfall ins Werkvertragsrecht
ein, obwohl die Montage nur 5 % der Gesamtvergütung kostete.609 War die Montageleistung hingegen nur von untergeordneter Bedeutung, so wurde der Vertrag als
Kauf mit werkvertraglicher Nebenleistung eingeordnet.610 Dabei zeigte sich in letzter Zeit immer mehr die Tendenz, hinsichtlich der Montage Normen des Werkvertragsrechts anzuwenden.611 Hier neigte die Rechtsprechung also zur Anwendung
der Kombinationsmethode.
Dabei untermauerte die Rechtsprechung ihre Einordnung häufig durch einen
Verweis auf § 651 a.F., obwohl dessen Voraussetzungen bei genauerer Betrachtung
in der Regel nicht bejaht werden konnten. Es fehlte regelmäßig an einer Sachherstellung, denn bei der Montage einer Sache wird ja keine Sache neu hergestellt, sondern
605 Vgl. zur Kombinationsmethode im einzelnen unten B).
606 BGH WM 1981, 1049 (Rauchgasklappenregulatoren für Heizkessel, die in aufwändiger Arbeit
anzupassen und zu montieren waren); BGHZ 83, 197, 198 (Tierkörperverwertungsanlage); BGH
NJW 1983, 1489, 1490 f. (Fertighaus); BGH DB 1990, 1278 f. (Einbauküche); BGH NJW 1991,
2486 f. (Teppichverlegen mittels Klebers); OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 55, 56 (Einbauküche);
OLG Köln NJW-RR 2002, 1487 (Einbauküche).
607 Vgl. nur (Werkvertragsrecht) BGH WM 1977, 1051 f.; BGH WM 1981, 1049; BGHZ 83, 197,
199; BGH NJW 1983, 1489, 1490 f.; (Kaufrecht) BGH WM 1977, 365 f.; BGH WM 1986, 214,
715; BGH NJW 1998, 3197, 3198.
608 So sieht dies auch Soergel12/Huber vor § 433 Rn. 278; vgl. auch Medicus JuS 1992, 273, 276.
609 BGH DB 1990, 1278 f.; vgl. auch BGH NJW 1991, 2486 f. (Teppichboden, Verlegepreis ca. ¼ des
Teppichpreises); BGH BauR 2004, 995 f. (Solaranlage für Wohnhaus, Montage hier ca. ¼ des
Gesamtpreises, Überwiegen des Kaufelements wurde bejaht, weil die individuelle Anpassung
nicht erforderlich bzw. geringen Umfangs war).
610 BGH WM 1977, 365 ff. (Lieferung und Montage von ölgefeuerten Warmluftheizungen); BGH
WM 1986, 714 ff. (Lieferung und Anschluss von Heizöltank, Einbettung ins Erdreich); BGH NJW
1998, 3197, 3198 (Lieferung und Montage einer aus Serienteilen bestehenden Förderanlage); BGH
NJW-RR 2004, 1205 f. (Lieferung und Aufstellung eines Mobilheims) OLG Köln BB 1982, 1578
(Lieferung und Montage von Heizkörpern); OLG Düsseldorf NJW-RR 1992, 564 (Lieferung und
Montage von handelsüblicher Markise).
611 OLG Köln BB 1982, 1578 (hinsichtlich Montage Verjährung nach § 638 a.F.); OLG Düsseldorf
NJW-RR 1992, 564; OLG Köln VersR 2000, 501, 502 (bei Montagemängeln Werkvertragsrecht
anwendbar, obiter dictum); vgl. auch aus neuerer Zeit BGH NJW 1998, 3197, 3198 f. (Rücktritt
vom gesamten Vertrag wegen Verzugs bei Montageleistungen, da diese trotz fehlender Vertragsprägung synallagmatische Hauptleistungspflicht sei); BGH BauR 2004, 995 ff. (Solaranlage; Mängel der Montageleistung richten sich nicht nach §§ 459 ff. a.F.).
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es werden lediglich bereits existente bzw. vorher herzustellende612 Sachen montiert.
Angesichts der praktischen Irrelevanz einer genauen Abgrenzung zwischen Lieferelement und Montageelement verwundert diese Ungenauigkeit allerdings nicht.
Außerdem erscheint diese Argumentation auch deshalb nachvollziehbar, weil § 651
a.F. zumindest nach der hinter dieser Norm stehenden Wertung eine taugliche Orientierung bieten konnte. Denn immerhin war diese Norm die Einordnungsregel für
eine Fallgruppe typengemischter Verträge, die den Montagelieferungsverträgen
sehr nahe stand: Der Sachherstellungsvertrag war wie der Montagelieferungsvertrag
ein Unterfall aus dem Bereich des Obertypus der sachbezogenen Kauf- und Werkverträge, wobei sich beide Unterfälle dadurch auszeichneten, dass kauftypische Elemente und werktypische Elemente miteinander verknüpft waren. Deshalb liegt der
Gedanke nahe, dass der Gesetzgeber für den Montagelieferungsvertrag im bisherigen Recht eine dem § 651 a.F. ähnliche Wertung getroffen hätte.
Bei Verträgen über die Lieferung und den Einbau von Einbauküchen und ähnlich
gelagerten Fällen begründete die Rechtsprechung ihre Einordnung in das Werkvertragsrecht beispielsweise regelmäßig auch damit, dass durch die Anpassung und den
Einbau eine unvertretbare Sache hergestellt werde und daher § 651 Abs. 1 S. 2
Halbs. 2. a.F. anzuwenden sei.613 Wenn eine Sache durch die Montage Bestandteil
eines Grundstücks wurde, wurde § 651 Abs. 2 herangezogen, da hier das Grundstück die Hauptsache sei.614 Ordnete die Rechtsprechung einen Vertrag ins Kaufrecht ein, so begründete sie dies bisweilen damit, dass eine vertretbare Sache bei
einer weniger gewichtigen Montage nicht unvertretbar werden würde und daher
§ 651 Abs. 1 S. 1, S. 2 Halbs. 1 anzuwenden sei.615
Trotz der etwas ungenauen Begründungen konnte der Rechtsprechung im Ergebnis allerdings regelmäßig zugestimmt werden, und zwar auch hinsichtlich der
»werkvertragsfreundlichen Tendenz«: Ist das Montageelement nicht nur von untergeordneter Bedeutung, so ist ein Gesamtergebnis geschuldet, das sich als Erfolg
i.S.v. § 631 verstehen lässt. Auch die Literatur folgte im Wesentlichen dieser Einordnung, wobei bisweilen ebenfalls § 651 a.F. zur Begründung herangezogen
wurde.616
612 Beispiele solcher Kombinationen aus Werklieferung und Montage sind BGH NJW-RR 1987, 1305
(Blockheizkraftwerk); BGH WM 1974, 80 f. (Klimaanlage für Druckerei) und BGHZ 83, 197, 199
(Tierkörperverwertungsanlage).
613 BGH WM 1987, 214 (Serien-Ballenpresse für Papierentsorgungsanlage); BGH WM 1974, 80 (Klimaanlage für Druckerei); BGH DB 1990, 1278 f. (Einbauküche); BGH NJW 1991, 2486 f. (Teppichverlegen mittels Klebers); BGH WM 1991, 1591, 1592 f. (Lieferung und Montage einer Hausbrauereianlage); BGHZ 117, 121, 122 ff. (Containerkombination als Ladengeschäft, die Einstufung als Werklieferung über unvertretbare Sache durch Berufungsgericht wurde nicht beanstandet); OLG Frankfurt NJW-RR 2001, 55, 56 (Einbauküche); OLG Köln NJW-RR 2002, 1487 (Einbauküche).
614 BGH NJW 1983, 1489, 1490 f. (Fertighaus); OLG Düsseldorf BauR 1982, 164, 165 (Fertiggarage).
615 BGH WM 1977, 365, 366; BGH NJW 1998, 3197, 3198.
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II. Definition hier verwendeter Begriffe: »werktypisch«, »kauftypisch«, »kaufrechtlich«, »werkvertragsrechtlich«, »Lieferelement«, »Montageelement«,
»Hauptpflicht«, »Nebenpflicht«
Um die Verständlichkeit der Ausführungen zu erleichtern, folgen nunmehr einige
Erläuterungen zu den hier verwendeten Begriffen. Auch hier geht es wie bei anderen
Begriffsbestimmungen innerhalb dieser Arbeit nur darum, Missverständnisse zu
vermeiden, es sollen keine rechtlichen Einordnungen vorweggenommen werden.
»Werktypisch« sind solche Handlungen, Elemente usw., die bei isolierter
Betrachtung ungeachtet einer möglichen Anwendbarkeit des § 651 S. 1 auf die Herstellung eines auf Tätigkeit basierenden Erfolgs i.S.d. § 631 gerichtet sind.
»Kauftypisch« sind solche Handlungen, Elemente usw., die bei isolierter
Betrachtung auch im Rahmen eines typischen Kaufs, d.h. eines reinen Warenumsatzvertrags ohne Herstellungselemente erfolgen könnten. Insbesondere geht es um
die Verschaffung des Eigentums und des Besitzes an einer Sache.
»Kaufrechtlich« sind solche Handlungen, Elemente usw., die einem Vertragselement zuzuordnen sind, auf das bei isolierter Betrachtung Kaufrecht anzuwenden
wäre. Das Vertragselement muss also bei isolierter Betrachtung ein typischer Kauf
(§ 433 Abs. 1) oder ein Werklieferungsvertrag, Herstellungswerkvertrag bzw. Lieferungsvertrag mit Änderungsverpflichtung über eine bewegliche Sache (§ 651 S. 1
in direkter oder analoger Anwendung) sein.617 »Kaufrechtlich« kann mithin auch
ein werktypisches Element sein, soweit es bei isolierter Betrachtung unter § 651 S. 1
(direkt oder analog) fällt.
»Werkvertragsrechtlich« bezeichnet Handlungen, Elemente usw., die einem
Vertragselement zuzuordnen sind, das bei isolierter Betrachtung dem Werkvertragsrecht unterfallen würde. »Werkvertragsrechtlich« bezeichnet also werktypische
Vertragsbestandteile, die nicht kaufrechtlich sind.
»Lieferelement« sind sämtliche kaufrechtlichen Handlungen innerhalb eines
Liefervertrags mit Montageverpflichtungen. »Lieferelement« ist damit weitergehender als der Lieferungsbegriff des § 651 S. 1618, denn Teil des Lieferelements
616 Der Rechtsprechung folgten im Ergebnis: Erman10/Grunewald vor § 433 Rn. 19; MünchKomm3/
H.P. Westermann vor § 433 Rn. 22 f.; Soergel12/Huber vor § 433 Rn. 278 f.; Staudinger13/2000/
Peters § 651 Rn. 27 ff.; Droste S. 104 ff.; Medicus JuS 1992, 273, 276. Eick S. 145 f. lehnt die
Anwendung der Kombinationsmethode bei untergeordneter Montageleistung ab, möchte sie hingegen bei nicht untergeordnetem Montageelement anwenden; Larenz SchR II12 S. 426 f. möchte die
Kombinationsmethode generell anwenden; Graue AcP 163 (1963), 401, 408 f. differenziert nach
Fallgruppen und einzelnen Normen des Werkvertragsrechts; v. Craushaar FS Korbion S. 27, 28 ff.
wendet das Werkvertragsrecht bei allen Montagen im Rahmen einer Bauleistung an, ansonsten
befürwortet er die Kombinationsmethode.
617 Vgl. Kap. 1; insbesondere zur Anwendung des § 651 auf Herstellungswerkverträge (Irrelevanz der
Stoffherkunft) dort C) IV., zur analogen Anwendung des § 651 auf Lieferungsverträge mit Änderungsverpflichtung dort C) V.; zu den hier verwendeten Begriffen für die genannten Häufigkeitstypen vgl. dort C) I.
618 Vgl. Kap. 1, C) VII.
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sind auch die Herstellungs- bzw. Anpassungshandlungen innerhalb einer kaufrechtlichen Leistung.
»Montageelement« sind sämtliche werkvertragsrechtlichen Handlungen innerhalb eines Liefervertrags mit Montageverpflichtung.
»Hauptpflicht« bzw. »Nebenpflicht« oder ähnliche Begriffe sollen im Folgenden nur bedeuten, dass die eine Pflicht bzw. Leistung gegenüber der anderen eine
andere wirtschaftliche Bedeutung innerhalb der Gesamtleistungspflicht hat. Es geht
nicht darum, die Einklagbarkeit einer weniger bedeutenden Leistungspflicht zu
leugnen oder eine Leistungspflicht außerhalb des Synallagmas zu stellen.619
III. Die Problematik des neuen Rechts
Im neuen Recht stellt sich das Problem, dass die Norm, die bisher eine Differenzierung zwischen Lieferelement und Montageelement entbehrlich machte, an der entscheidenden Stelle verändert wurde. Sachherstellungsverträge über bewegliche
Sachen werden nunmehr unabhängig von ihrer Werktypik ins Kaufrecht verwiesen.620 Darüber hinaus sind auch Lieferungsverträge mit Änderungsverpflichtungen nunmehr analog § 651 S. 1 unabhängig von ihrer Werktypik nach Kaufrecht
zu behandeln.621 Änderungswerkverträge und Verträge über die Herstellung unbeweglicher Sachen werden hingegen nach wie vor nach Werkvertragsrecht behandelt.622
Damit ist es nicht mehr möglich, den Vertrag einfach danach zu beurteilen, ob
der Warenumsatz oder die Herstellung eines individuellen Werks im Vordergrund
stehen, denn jedenfalls dann, wenn die Herstellung des Werks alleine durch kaufrechtliche Handlungen erfolgt, ist über § 651 S. 1 (analog) Kaufrecht anzuwenden,
auch wenn diese Handlungen ihrer Urnatur nach werktypisch sind.
619 Die begriffliche Kategorisierung der verschiedenen Pflichtenarten führt recht schnell zu Missverständnissen, wenn der Kontext, in welchem die Begriffe verwendet werden (sollen), nicht dem
Leser oder Zuhörer mitgeteilt wird. So wird in der Literatur z.T. bemerkt, dass § 434 Abs. 2 S. 1 die
Montage nun zur vertraglichen Hauptpflicht erhebe (z.B. Palandt/Weidenkaff § 434 Rn. 40). Das
ist nur dann zutreffend, wenn man mit »Hauptpflicht« meint, dass die Montagepflicht, sofern sie
vereinbart ist, Teil der einklagbaren und innerhalb des Synallagmas stehenden Verkäuferpflichten
ist. Doch auch bei diesem Verständnis bestehen gewisse Einwände gegen diese Aussage: Die Montagepflicht war auch schon vor der Schuldrechtsmodernisierung »Hauptpflicht« in diesem Sinne,
§ 434 Abs. 2 S. 1 regelt nur neu, welche Rechtsfolgen im Falle einer Schlechterfüllung dieser
»Hauptpflicht« bestehen. Was innerhalb des Synallagmas steht und einklagbar ist, ergibt sich
bereits aus dem Vertrag. Wenn man »Hauptpflicht« wie hier versteht, so ist die Aussage in der
Literatur falsch: § 434 Abs. 2 S. 1 bezweckt nicht, die wirtschaftliche Bedeutung der Montage
innerhalb der Gesamtleistung auf das gleiche Niveau wie die Lieferpflicht zu heben, vgl. dazu
näher unten D) I.
620 Vgl. Kap. 1, B) IV. und C) IV.
621 Vgl. Kap. 1, C) V.
622 Vgl. Kap. 1, C) II. (Änderungswerkverträge) und Kap. 1, B) III. (Herstellung unbeweglicher
Sachen). Zum Begriff des Änderungswerkvertrags vgl. Kap. 1, C) I.
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Auch dann, wenn noch ein Montageelement hinzutritt, ist diese einfache Beurteilung nicht mehr möglich. Wie bereits ausgeführt wurde, normiert § 651 S. 1 einen
eigenen Typus, was zur Folge hat, dass sich kaufrechtliche Elemente gegenüber
werkvertragsrechtlichen Elementen auch dann fremdtypisch verhalten, wenn sie
werktypisch sind.623 Die bloße Frage nach der Dominanz der Kauf- oder Werktypik
würde dies nicht berücksichtigen können. Beispielsweise wäre ein Vertrag, bei dem
ein Schrank nach individuellen Wünschen herzustellen und anschließend aufzuhängen ist, nach bisherigem Recht unproblematisch nach Werkvertragsrecht zu behandeln, da die werktypischen Elemente (individuelle Herstellung und Aufhängen) klar
überwiegen. Im neuen Recht verhält sich jedoch die Herstellung trotz ihrer Werktypik gegenüber dem Aufhängen wie ein fremdtypisches Element, da sie bei isolierter
Betrachtung § 651 S. 1 und damit dem Lieferelement des Vertrags unterfällt. Der
Vertrag ist daher kaufrechtlicher Vertrag mit werkvertragsrechtlicher Nebenleistung.
Ein weiteres Hindernis in der Fortführung der bisherigen Einordnung liegt in
§ 434 Abs. 2 S. 1. Diese Norm besagt, dass ein Sachmangel i.S.d. Kaufrechts auch
dann gegeben ist, wenn eine vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen
Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Hier ist von Bedeutung,
dass auch die innerhalb eines Vertrags nach § 651 S. 1 (analog) vereinbarte Montage der gelieferten Sache zur Anwendung des § 434 Abs. 2 S. 1 führt.624 Dies liegt
daran, dass § 434 Abs. 2 S. 1 als Norm des Kaufrechts von der Verweisung des
§ 651 S. 1 erfasst ist. Diese Verknüpfung beruht auf einer Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie: § 434 Abs. 2 S. 1 setzt Art. 2 Abs. 5 VerbrGKRL um.
Da Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter gemäß Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL als Kaufverträge i.S.d. Verbrauchsgüterkaufrichtlinie gelten, findet Art. 2 Abs. 5 VerbrGKRL auch dann Anwendung, wenn
eine Montage Bestandteil eines Vertrags i.S.d. Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL ist. Wenn
aber § 434 Abs. 2 S. 1 auch in Fällen des § 651 S. 1 anwendbar ist, dann kann es für
die Einordnung in das Werkvertragsrecht nicht auf eine Gesamtbetrachtung der
Werktypik ankommen, da ja bereits im Lieferelement so viel Werktypik (nämlich
die Herstellung) enthalten sein kann, dass diese insgesamt überwiegt.
Bei § 434 Abs. 2 S. 1 stellt sich ferner die Frage, welches Gewicht das kaufrechtliche Element gegenüber dem Montageelement haben muss, damit der Vertrag § 434 Abs. 2 S. 1 unterfällt. Die eine Seite vertritt hier analog zum bisherigen
Recht, das kaufrechtliche Element müsse den Schwerpunkt bilden, während die
andere Seite § 434 Abs. 2 S. 1 eher weiter interpretiert und auch Verträge als
erfasst ansieht, die bisher aufgrund ihres gewichtigeren Montageelements werkvertragsrechtlich behandelt wurden.625 Mit wenigen Ausnahmen626 beschäftigen
623 Vgl. Kap. 1, A).
624 So auch Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 12; i.Erg. auch Leupertz in Prütting/Wegen/Weinreich
§ 651 Rn. 7.
625 Vgl. im einzelnen unten D) I.
626 Z.B. Leupertz BauR 2006, 1648, 1649 ff.
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sich die Stellungnahmen aber nur mit dem »klassischen« Montagelieferungsvertrag, als mit der Verknüpfung von rein kauftypischem Lieferelement (Lieferung
einer fertigen Sache) mit einer Montage.627 Verträge mit werktypischem Lieferelement (Lieferung einer herzustellenden oder anzupassenden Sache) werden meist
nicht oder nicht deutlich in die Betrachtung einbezogen, was aber aufgrund der
oben dargestellten Verknüpfung zwischen § 651 S. 1 und § 434 Abs. 2 S. 1 erforderlich wäre.
§ 434 Abs. 2 S. 1 lässt schließlich noch eine weitere Frage offen: Nach dem Wortlaut beschränkt sich dessen Rechtsfolge auf die Anwendbarkeit des kaufrechtlichen Mängelgewährleistungsrechts bei Montagemängeln, es wird also nicht generell die Anwendbarkeit
des Kaufrechts angeordnet. Es ist mithin denkbar, dass insoweit noch Raum für die Anwendung des Werkvertragsrechts bleibt. Allerdings ist hier nicht der Platz, dieses Problem im Einzelnen zu behandeln. Im Zusammenhang mit der Erläuterung des § 434
Abs. 2 S. 1 sollen deshalb hierzu nur einige grundlegende Erwägungen erfolgen.628
All diese Fragen machen es erforderlich, die Einordnung von Lieferungsverträgen mit Montageverpflichtung neu zu überdenken. Da für die Einordnung von
gemischten Verträgen allgemeine Regeln gelten, sollen diese zunächst dargestellt
werden. Anschließend werden diese Regeln unter Berücksichtigung der im Grundlagenkapitel ermittelten Ergebnisse und der gesetzlichen Vorgaben konkretisiert.
B) Der Lieferungsvertrag mit Montageverpflichtung unter dem Licht der allgemeinen Einordnungsgrundsätze
Für die Einordnung gemischter Verträge gibt es bekanntlich keine gesetzliche Vorschrift. Mit der Zeit haben sich aber allgemeine Lehren herauskristallisiert, die in
den Details zwar umstritten sind, im Kern aber folgendes besagen:
Zunächst stellt sich die Frage, ob überhaupt ein gemischttypischer Vertrag vorliegt. Dabei sollte man »gemischttypischer Vertrag« weit verstehen, um rechtliche
Wertungen nicht vorwegzunehmen. Auch ein Vertrag, bei dem ein anderstypisches
Element nur von untergeordneter Bedeutung ist, ist zunächst ein gemischttypischer
Vertrag, was aber nichts darüber aussagt, wie der Vertrag seinem Gesamtbild nach
typologisch einzuordnen ist.629
Sofern ein gemischttypischer Vertrag vorliegt, ist zu untersuchen, welches
Typenvertragsrecht auf diesen Vertrag anzuwenden ist. Hierzu ist zunächst von den
627 Vgl. z.B. Staudinger/Peters § 651 Rn. 13.
628 Vgl. unten D) II.
629 Insoweit h.M., vgl. Droste S. 30 m.w.N.; v. Craushaar FS Korbion S. 27; Soergel12/Wolf § 305
Rn. 28; a.A. Larenz SchR II12 S. 424 f.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
§ 651 BGB ist durch die Schuldrechtsreform grundlegend verändert worden. Während zuvor für die Anwendbarkeit des Kaufrechts letztlich entscheidend war, ob der Vertrag im Schwerpunkt kauftypisch ist, scheint nunmehr nur maßgeblich zu sein, ob eine bewegliche Sache zu liefern ist, selbst wenn sie nach individuellen Vorgaben herzustellen ist. Diese Abgrenzung wird vielfach als unbefriedigend empfunden, gerade weil sie nicht typologisch, sondern nur anhand von (nur scheinbar einfach zu bestimmenden) Äußerlichkeiten erfolgt. Der Autor untersucht zum einen den Anwendungsbereich der neuen Norm. Die Probleme liegen hier u.a. im Baurecht, bei komplexen Maschinen (Anlagenbau) und bei der Abgrenzung zu geistigen Leistungen. Problematisch sind wegen Bezügen zum Sachenrecht auch Fälle, bei denen der maßgebliche Stoffanteil vom Besteller gestellt wird. Zum anderen untersucht der Autor die z.T. praktisch sehr gravierenden Rechtsfolgen und inwiefern vertragliche Abweichungen möglich sind. Dabei legt er vor dem europäischen Hintergrund (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) dar, welche methodischen Grenzen einer restriktiven Auslegung gesetzt sind. Das Werk ist damit zugleich ein wichtiger Beitrag zur Dogmatik der (überschießenden) Richtlinienumsetzung.