65
wenn sie die Herstellung unvertretbarer Sachen betreffen, den »normalen« Werkverträgen sehr nahe stehen können. Deutlich wird dies sofort, wenn man sich § 651
S. 1 hinweg denkt oder wenn man einen Vergleich mit der bisherigen Rechtslage
zieht; man würde dann auf viele Fälle § 631 anwenden. Ein Vertrag i.S.d. § 651 S. 1
kann mit anderen Worten bereits selbst viele Elemente haben, die werktypisch i.S.d.
§ 631 sind. Tritt nun eine solche Vertragskomponente mit werktypischen Komponenten in Verbindung, die bei isolierter Betrachtung nicht § 651 S. 1 unterfallen, so
müssen die einzelnen Komponenten voneinander abgegrenzt werden und verhalten
sich dann untereinander trotz ihrer typologischen Gleichartigkeit wie verschiedentypische Elemente. Das verkompliziert insbesondere die Einordnung von Montagelieferungsverträgen.181
B) Der Begriff der beweglichen Sache
Herstellungs- bzw. Erzeugungsergebnis und Lieferungsgegenstand muss eine
bewegliche Sache sein.
Der Begriff der beweglichen Sache stellt eine Umsetzung des Begriffs des Verbrauchsguts in Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL dar. Dieser Begriff wird in Art. 1 Abs. 2
lit. b) VerbrGKRL legaldefiniert. Demnach sind Verbrauchsgüter bewegliche körperliche Gegenstände (objet mobilier corporel, tangible movable item) mit Ausnahme von fließendem Gas, Wasser und Strom sowie mit Ausnahme von Gegenständen, die aufgrund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen verkauft werden. Anstatt diese Definition in § 651 S. 1 zu übernehmen, setzte der Gesetzgeber den Begriffsteil »körperlicher Gegenstand« durch
einen Rückgriff auf den Begriff »Sache« und damit auf die Legaldefinition des § 90
um.
Der Begriff der beweglichen Sache ist ein zusammengesetzter Rechtsbegriff für
die Prüfung der tatbestandlichen Erfassung eines Rechtsobjekts. Dies macht es notwendig, den Begriff der beweglichen Sache zunächst in seiner Eigenschaft als
zusammengesetzter Rechtsbegriff zu beleuchten. Daraufhin können die beiden
Begriffsbestandteile hinsichtlich ihrer weiteren Merkmale untersucht werden.
Abschließend wird zur Erfassung unvertretbarer Sachen Stellung zu nehmen sein.
181 Dazu Kap. 3.
66
I. Grundsätze der Auslegung des Begriffs der beweglichen Sache in seiner Eigenschaft als zusammengesetzter Rechtsbegriff
1. Unabhängigkeit von der Verbrauchereigenschaft des Käufers/Bestellers (»Neutralitätsgrundsatz«)
Obwohl der Wortlaut des § 651 S. 1 nicht erkennen lässt, dass der Begriff der
beweglichen Sache durch weitere Merkmale als die enthaltenen Begriffsbestandteile »beweglich« und »Sache« definiert wird, wird in der Literatur zum Teil vorgeschlagen, quasi als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal zusätzlich eine gewisse
Verbrauchergeschäftstypik zu verlangen. Das Motiv besteht dabei in der Suche nach
Möglichkeiten, insbesondere bei Nichtverbrauchergeschäften im Bereich der »kritischen« Fallgruppen (z.B. Individualsoftware und Verträge am Bau) § 651 S. 1
restriktiv auszulegen.
Diese Thesen finden ihren argumentativen Hintergrund zum einen in einer
restriktiven Auslegung des Begriffs des Verbrauchsguts in der Richtlinie, zum anderen in einer subjektiv-teleologischen Interpretation des § 651 S. 1. So wird dafür
plädiert, durch eine wertende Betrachtung danach zu fragen, ob die bewegliche
Sache ein Verbrauchsgut sei182 oder zum Verbrauch bestimmt sei183. Andere stellen
auf die Häufigkeit ab, mit der bestimmte Klassen von beweglichen Sachen von
»Verbrauchern« bei »Verkäufern« (d.h. von Personen, die im Rahmen der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handeln, Art. 1 Abs. 2 lit. c VerbrGKRL) gekauft
werden.184 Ein großer Teil der Literatur erwägt, nur »Massengüter« als Verbrauchsgüter anerkennen.185 Soweit auf den Umsetzungsakt Bezug genommen wird, wird
argumentiert, § 651 S. 1 diene vornehmlich der Richtlinienumsetzung, weshalb eine
wertende Einschränkung auf »typische« Verbrauchsgüter geboten sei.186 Schließlich gibt es Stimmen, welche aus ähnlichen Gründen insbesondere für den Businessto-Business-Bereich typische Investitionsgüter vom Anwendungsbereich des § 651
S. 1 ausnehmen wollen.187
Im Folgenden soll untersucht werden, ob eine solche verbrauchergeschäftstypische Auslegung möglich ist. Dabei ist aufgrund der Notwendigkeit, die Richtlinie
182 Vorwerk BauR 2003, 1 (Fn. 6).
183 MünchKomm4/Busche § 651 Rn. 10.
184 In diese Richtung K. Diedrich CR 2002, 473, 474, 476; Heussen CR 2004, 1, 7; Schmidl MMR
2004, 590, 592; Bräutigam/Rücker CR 2006, 361, 367; Leupertz in Prütting/Wegen/Weinreich
§ 651 Rn. 9.
185 Kniffka, Bauvertragsrecht, § 651 Rn. 18 (der aber sodann [aaO Rn. 19] vertritt, die Umsetzung in
§ 651 S. 1 beschränke sich nicht auf Verbrauchsgüter, was die restriktive Auslegung letztlich wohl
wieder ausschließe); Thode ZfBR 2000, 363, 365; Lippert CR 2002, 458, 464; Schudnagies NJW
2002, 396, 398; Motzke in Bauträger-, Bau- und Maklervertrag, S. 17, 22; in diese Richtung auch
H.-B. Ulbrich/S. Ulbrich FS Thode S. 181, 198.
186 In diese Richtung Lippert CR 2002, 458, 464.
187 Insbesondere Metzger AcP 204 (2004), 231, 260 ff. (allerdings auf Basis einer gespaltenen Auslegung, vgl. dazu oben Teil 1, B) I.; dem folgend Leistner JA 2007, 81, 89 und OLG Nürnberg, Urt.
v. 17.06.2008 – 1 U 148/08.
67
bei der Auslegung zu berücksichtigen, zunächst zu untersuchen, wie sich die Richtlinie zu dieser Frage verhält.188
a) Bei der Auslegung zu berücksichtigende Richtlinienvorgaben
Für eine bestimmte verbrauchergeschäftstypische Eigenschaft des »Verbrauchsguts« scheint zu sprechen, dass statt eines neutraleren Begriffs wie etwa »Ware«
eben der Begriff »Verbrauchsgut« verwendet wird. Auch die Überschrift der Richtlinie scheint in diese Richtung zu deuten, denn es heißt nicht »Aspekte des Kaufs
von beweglichen körperlichen Gegenständen durch Verbraucher von Unternehmern
. . .«, sondern »Aspekte des Verbrauchsgüterkaufs . . .«. Auch ist zuzugeben, dass
die Richtlinie nur bezweckt, die Gewährleistung bei Verbrauchergeschäften zu vereinheitlichen, so dass viele Geschäfte über bewegliche Sachen typischerweise schon
deshalb nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, weil die jeweilige
Sache in der Regel nicht von Verbrauchern gekauft wird und der personelle Anwendungsbereich damit regelmäßig nicht eröffnet ist.
Der Wortlaut spricht jedoch gegen eine solche zusätzliche Eigenschaft. In Art. 1
Abs. 2 lit. b) VerbrGKRL wird der Verbrauchsgutsbegriff als beweglicher körperlicher Gegenstand definiert, ohne dass ein weiteres Kriterium vorgesehen ist. Dabei
kann auch nicht auf das Wort »Verbrauchsgut« selbst abgestellt werden, denn dies
befindet sich nicht auf der begriffserläuternden Seite der Legaldefinition, sondern
auf der zu erläuternden Seite. In anderen Übersetzungen wird noch deutlicher, dass
sich im Wortlaut kein Ansatz für eine solche Eigenschaft findet. Dort heißt es häufig, dass »alle« beweglichen Sachen Verbrauchsgüter seien (»any tangible movable
item«, »tout objet mobilier corporel«, »cualquier bien mueble corpóreo«). Der
Begriff »Verbrauchsgut« ist mithin lediglich ein Kürzel für den Begriff des beweglichen körperlichen Gegenstands, an dessen Stelle auch ein anderes Kürzel hätte
gewählt werden können (z.B. »Ware«). Ein bestimmter Bezug zum Begriff des Verbrauchers in Art. 1 Abs. 2 lit. a) VerbrGKRL besteht nicht, vielmehr handelt es sich
bei den beiden Legaldefinitionen um eigenständige Definitionen.
Weiterhin spricht gegen einen bestimmten Verbraucherbezug, dass die Richtliniengeber während des Richtliniengebungsverfahrens jegliche weitere Einschränkung
des Verbrauchsgutsbegriffs verworfen haben.189 Dazu im Einzelnen:
Im Grünbuch190 war zunächst vorgeschlagen worden, nur »bewegliche, langlebige, neue Verbrauchsgüter« zu erfassen. Das Parlament bemängelte dies mit dem
Argument, Probleme des Verbrauchers würden sich nicht auf solche Geschäfte
beschränken.191 Kritisiert wurde in weiteren Reaktionen, dass entsprechende
188 Vgl. allgemein zum Einfluss der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Teil 1, A), B) und C).
189 Vgl. zum folgenden auch Vorsmann S. 24 ff.
190 Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften über Verbrauchsgarantien und Kundendienst, 15. November 1993, KOM (93) 509 endg., S. 9.
191 Entschließung des Parlaments zum Grünbuch der Kommission über Verbrauchsgütergarantien und
Kundendienst, 6. Mai 1994, Punkt J, Abl. EG 1994, Nr. C 205/563.
68
Beschränkungen in den einzelstaatlichen Regelungen unbekannt seien und dass der
Begriff »langlebig« Abgrenzungsschwierigkeiten aufwerfe. Deshalb wurde schon
im Kommissionsentwurf192 nicht mehr darauf zurückgegriffen.193 Dort hieß es in
Art. 1 Abs. 2 lit. b), Verbrauchsgut sei »jedes in der Regel für den Letztverbrauch
oder zur Letztverwendung bestimmte Erzeugnis mit Ausnahme von Immobilien194«.
Auch diese Definition wurde nicht übernommen. Das spricht insbesondere gegen
die oben genannte These, es müsse sich um ein zum Verbrauch bestimmtes Gut
handeln.
In Art. 1 Abs. 2 lit. b) der Stellungnahme des Parlaments195 und des geänderten
Kommissionsentwurfs196 wurde schließlich formuliert: »jede bewegliche Sache, die
von einem Verkäufer an den Verbraucher geliefert wird«. Aus dieser Tautologie
hätte man nichts ableiten können, da sich von selbst versteht, dass es in der Richtlinie nur um Geschäfte zwischen Verbrauchern und Verkäufern geht. Das Anhängsel
wurde wohl auch deshalb nicht in der verabschiedeten Version übernommen.
Der Richtliniengeber hat mithin bewusst auf jegliche einschränkenden Merkmale
verzichtet. Vor diesem Hintergrund wird auch die Überschrift und die Terminologie
der Richtlinie verständlicher: Letztlich handelt es sich um die Übernahme von
»Stichwörtern« aus der politischen Diskussion, die sich als Bezeichnung der zu
regelnden Thematik durchgesetzt hatten.
Auch nach Sinn und Zweck finden sich keine Argumente für eine weitere Einschränkung. Zweck der Anwendungsbereichsbestimmung ist es, Verträge über die
Lieferung beweglicher körperlicher Gegenstände zu erfassen, sobald auf der einen
Seite ein »Verbraucher« i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. a) VerbrGKRL und auf der anderen
Seite ein »Verkäufer« i.S.d. Art. 1 Abs. 2 lit. c) VerbrGKRL steht. Typischerweise
treten solche Konstellationen natürlich eher bei solchen Gegenständen auf, die aufgrund ihrer Eigenschaften gewöhnlich (auch) von Verbrauchern gekauft werden. Es
ist jedoch nicht erkennbar, dass der Richtliniengeber den Willen zur Vereinheitlichung des Verbraucherschutzes nur auf Fälle beschränken wollte, bei denen es um
solche typischen Gegenstände geht. Denn es ist alleine durch das Fehlen einer solchen Typik nicht gesichert, dass ein Gegenstand nur von Nichtverbrauchern gekauft
wird. Daher ist es näherliegend, dass der Richtliniengeber auch solche seltenen Fälle
erfassen wollte. Dies entspräche auch dem Grundsatz des »effet utile«, welcher –
wie im Rahmen der allgemeinen Ausführungen zur Methode erörtert wurde – praktisch unter anderem den Inhalt hat, nicht näher begründbare Einschränkungen des
Anwendungsbereichs einer europäischen Norm zu verbieten.197
192 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über
den Verbrauchsgüterkauf und -garantien, 25. August 1996, Abl. EG 1996, Nr. C 307/8.
193 Vgl. Begründung zu Art. 1 Abs. 2 lit. b) des Kommissionsentwurfs, abgedruckt in ZIP 1996, 1845,
1849.
194 Kommissionsentwurf, Abl. EG 1996, Nr. C 307/9. Zu »Erzeugnis« vgl. Jud ÖJZ 1997, 441, 442:
jede bewegliche Sache.
195 Vom 10. März 1998, Abl. EG 1998, Nr. C 104/30, 33.
196 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den
Verbrauchsgüterkauf und -garantien, 1. April 1998, Abl. EG 1998, Nr. C 148/12, 15.
197 Vgl. Teil 1, D) III.
69
Auch aus Rechtssicherheitsgründen erscheint eine solche weite Auslegung
näherliegend. Die Frage nach einer bestimmten Typik eines Verbrauchsguts wirft
nämlich das Problem der Feststellung einer solchen Typik auf. Klare Grenzen wird
man hier kaum finden können. Wie die oben erwähnte Diskussion um den Begriff
der Langlebigkeit aus den Vorschlägen im Grünbuch zeigt, hat der Richtliniengeber
gerade auch vor dem Hintergrund solcher Abgrenzungsschwierigkeiten auf weitere
Einschränkungen verzichtet.
Alles in allem findet eine weitere Einschränkung des Verbrauchsgutsbegriffs keinen Rückhalt in der Richtlinie. Man muss daher davon ausgehen, dass jeder bewegliche körperliche Gegenstand Verbrauchsgut ist, sofern er nicht unter die in Art. 1
Abs. 2 lit. b) genannten Bereichsausnahmen fällt.198
Da Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL auf den in Art. 1 Abs. 2 lit. b) definierten neutralen
Verbrauchsgutsbegriff verweist, ist auch im Sinne dieser Norm jeder bewegliche
körperliche Gegenstand ein Verbrauchsgut. Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL kennt mithin
ebenfalls keine Einschränkungen. Insbesondere ist bereits an dieser Stelle darauf
hinzuweisen, dass der Verbrauchsgutsbegriff auch unvertretbare bewegliche körperliche Gegenstände umfasst und daher auch die Lieferung herzustellender unvertretbarer Sachen Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL unterfällt. Dieser Befund klingt auf den
ersten Blick trivial. Die Neutralität des Verbrauchsgutsbegriffs schließt aber nicht
nur eine Differenzierung zwischen vertretbaren und unvertretbaren Sachen aus, sondern auch das Hineinlesen ungeschriebener Tatbestandsmerkmale, durch welche die
Irrelevanz der Unvertretbarkeit umgangen werden könnte. Was dies konkret bedeutet, wird an anderer Stelle noch vertieft zu erörtern sein.199
b) Der Neutralitätsgrundsatz in § 651 S. 1 BGB
aa) Allgemeine Geltung / insbesondere: Autonome Ausweitung auf Nichtverbrauchergeschäfte
Der Wortlaut des § 651 S. 1 lässt wie oben bereits erwähnt nicht erkennen, dass es
für die Anwendung auf eine bestimmte Verbrauchergeschäftstypik ankommt. Folgt
man der hier vertretenen Richtlinieninterpretation, so erfordert zudem der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung, dass der Begriff der beweglichen Sache
bei Verbrauchergeschäften in der gleichen Weise neutral auszulegen ist wie der
Verbrauchsgutsbegriff der Richtlinie. Sofern es um die Herstellung und Lieferung
einer beweglichen Sache geht, findet § 651 S. 1 daher stets Anwendung, und zwar
auch dann, wenn der Verbraucher einen Gegenstand bestellt, der üblicherweise
nicht von Verbrauchern bestellt wird.
Aber auch im Übrigen finden sich keine Anhaltspunkte für eine verbrauchergeschäftstypische Einschränkung des Begriffs der beweglichen Sache. Insbesondere
198 Ebenso Luna Serrano in Grundmann/Bianca Art. 1 Rn. 29; Sommer S. 157 f.; Kämpf S. 114.
199 Vgl. unten IV.
70
lässt sich gegen das Argument, eine solche Einschränkung ergebe sich aus dem
Zweck des § 651 S. 1, vornehmlich die Richtlinie umzusetzen200, einwenden, dass
der Gesetzgeber durch die überschießende Umsetzung bewusst auf eine wertende
Einschränkung auf typische Verbrauchsgüter verzichtet hat. Dies wird auch durch
die Gesetzesbegründung bestätigt.201 Die Richtlinienumsetzung ist demnach nicht
der einzige Zweck. Neben der Richtlinienumsetzung verfolgte der Gesetzgeber
viele andere autonome Zwecke, wobei gerade die Vermeidung eines Unterschieds
zwischen Verbrauchern und Nichtverbrauchern hervorzuheben ist.202 Das Argument, dass § 651 S. 1 vornehmlich der Richtlinienumsetzung diene, findet mithin
keinen Rückhalt.
Damit ist schließlich auch einer gespaltenen Auslegung der Boden entzogen,
soweit diese gerade mit der fehlenden Verbrauchergeschäftstypik des jeweiligen
Gegenstands begründet werden soll.
Der Begriff der beweglichen Sache ist mithin einheitlich neutral auszulegen:
Unabhängig von den beteiligten Personen unterfällt jeder Vertrag über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender beweglicher Sachen § 651 S. 1.
bb) Keine (autonome) Ausweitung des Verbraucherschutzes durch verbraucherspezifische Erweiterung des Begriffs der beweglichen Sache
Bisher wurde festgestellt, dass es nicht statthaft ist, die Erfassung eines Gegenstands, der die Merkmale »beweglich« und »Sache« erfüllt, damit abzulehnen, er sei
nicht verbrauchergeschäftstypisch. Unbeantwortet blieb bisher die umgekehrte
Frage, ob Gegenstände, deren Subsumtion unter § 651 S. 1 anhand dieser beiden
Merkmale nicht (sicher) möglich ist, alleine wegen des Verbraucherbezugs eines
Geschäfts von § 651 S. 1 erfasst werden. Es stellt sich mit anderen Worten die
Frage, ob der Verbraucherbezug eines Geschäfts eine weite Auslegung des Begriffs
der beweglichen Sache erfordert oder rechtfertigt.
In der Richtlinie findet eine solche Erweiterung keinen Rückhalt, eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung ist damit nicht geboten. Der neutrale Verbrauchsgutsbegriff definiert nämlich gerade den sachlichen Anwendungsbereich
der Richtlinie, d.h. er legt zusammen mit den übrigen Anwendungsbereichsbestimmungen die Grenzen fest, innerhalb derer der Richtliniengeber eine Angleichung
200 In diese Richtung Lippert CR 2002, 458, 464.
201 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 268. Bedenklich daher die Argumentation des OLG
Naumburg in BauR 2008, 1142 ff., wonach der Schutzzweck des § 651 nicht betroffen sei, wenn es
sich um einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern handele (im konkreten Fall ging es um die
Zerkleinerung von Betonbruch des Bestellers zur Wiederverwertung an der Baustelle; ob hierauf
Werkvertragsrecht Anwendung findet, entscheidet sich nach anderen Kriterien [Herstellungsbegriff, vgl. unten C) VI. 3. und die Frage nach Maßgeblichkeit der Stoffherkunft, vgl. C) IV. 2.]);
ebenso bedenklich mit ähnlicher Argumentation OLG Nürnberg, Urt. v. 17.06.2008 – 1 U 148/08
(Herstellung und Lieferung eines Lagersystems nach individuellen Vorgaben sei kein Fall des
§ 651 S. 1).
202 Vgl. dazu Teil 1, B) I. 3.
71
des Verbraucherschutzes anstrebt. Daher führt eine Argumentation alleine mit dem
Verbraucherschutz nur zu Zirkelschlüssen.203 Der Verbraucherschutz kann nur als
Argument dafür dienen, dass aus der Menge der Verbrauchsgüter i.S. des neutralen
Begriffs keine Gegenstände ausgenommen werden sollen, da im Prinzip jeder
bewegliche körperliche Gegenstand von einem Verbraucher bestellt werden kann.
Der Verbraucherschutz wirkt damit nur als Argument gegen eine einschränkende
Auslegung, nicht als Argument für eine erweiternde Auslegung. Ebenso erfordert
der sog. »effet-utile-Grundsatz« keine solche Erweiterung des Verbrauchsgutsbegriffs, da es nach diesem Grundsatz darum geht, die durch die Auslegung ermittelten Ziele bestmöglich zu verwirklichen, nicht aber darum, diese Ziele erst zu definieren.204
Auch zu § 651 S. 1 bestehen keine Anhaltspunkte für eine solche verbraucherfreundliche Auslegung. Dies zeigt gerade die Wahl eines für Verbraucher und
Nichtverbraucher einheitlich geltenden Begriffs. Ferner spricht die Orientierung an
der Richtlinie hierfür. Zwar besteht insoweit keine Bindung an den Grundsatz der
richtlinienkonformen Auslegung, denn die Richtlinie erlaubt ja einen über deren
Mindeststandard hinausgehenden Verbraucherschutz (Art. 8 Abs. 2 VerbrGKRL).
Mittelbaren Einfluss gewinnt die Auslegung der Richtlinie hier aber im Wege der
subjektiven Teleologie (Richtlinienumsetzung als Rezeption).205
cc) Die prinzipielle Möglichkeit der einheitlich weiten Auslegung des Begriffs der
beweglichen Sache
Der Neutralitätsgrundsatz lässt aber zu, dass der Begriff der beweglichen Sache in
§ 651 S. 1 einheitlich weiter auszulegen ist als der Begriff des Verbrauchsguts der
Richtlinie. Hintergrund hierfür ist, dass insoweit der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung und der einheitlichen Auslegung nicht gilt, denn Art. 8 Abs. 2
VerbrGKRL erlaubt den Mitgliedsstaaten, über den Mindeststandard der Richtlinie
hinauszugehen. Sollte sich beispielsweise ergeben, dass Verträge über Individualsoftware nicht von der Richtlinie erfasst sind, so erlaubt dies noch nicht den Schluss,
dass für § 651 S. 1 das Gleiche gilt, denn es ist denkbar, dass der deutsche Begriff
der beweglichen Sache Individualsoftware erfasst. Ob sich tatsächlich solche
Abweichungen ergeben, wird im jeweiligen Kontext zu erörtern sein. Es kann aber
schon hier vorweggenommen werden, dass die allgemeine Orientierung an der
Richtlinie (Richtlinienumsetzung als Rezeption)206 ein nicht unerhebliches Argument gegen solche Abweichungen darstellt.
203 Vgl. dazu Teil 1, D) IV.
204 Vgl. dazu Teil 1, D) III.
205 Vgl. dazu Teil 1, C).
206 Vgl. dazu Teil 1, C).
72
dd) Die Wahrung des Neutralitätsgrundsatzes als Voraussetzung einer gespaltenen
Auslegung
Wie oben bereits erwähnt wurde, ist es aufgrund des Neutralitätsgrundsatzes ausgeschlossen, den Begriff der beweglichen Sache mit dem Argument gespalten auszulegen, der jeweilige Gegenstand sei typischerweise nicht Gegenstand eines Verbrauchergeschäfts, denn dies käme einer Verletzung des autonom verallgemeinerten
Neutralitätsgrundsatzes gleich.207 Dies bedeutet aber nicht, dass aufgrund des Neutralitätsgrundsatzes eine gespaltene Auslegung in jeder Hinsicht ausgeschlossen ist.
Sie bleibt dann denkbar, wenn der Neutralitätsgrundsatz nicht verletzt wird:
Im Rahmen der Vorbemerkungen zur Methode wurde ausführlich dargelegt, dass
als Mindestvoraussetzung einer gespaltenen Auslegung hinsichtlich eines Sachproblems eine Abweichung im Tatbestand der Umsetzungsnorm vom Tatbestand der
Richtliniennorm vorliegen muss.208 Folglich wäre die Möglichkeit einer gespaltenen Auslegung dann näher zu untersuchen, wenn der neutrale Begriff der beweglichen Sache des § 651 S. 1 vom neutralen Begriff des Verbrauchsguts der Richtlinie
abweichen sollte. Unterstellte man z.B., dass die Richtlinie kopierbare geistige
Werke auf materiellen Trägern erfasst, dass aber solche Leistungen nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers generell nicht als bewegliche Sachen einzuordnen
sind, so könnte diesbezüglich eine gespaltene Auslegung vorbehaltlich der weiteren
Voraussetzungen nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Dann wäre nämlich
für Verbrauchergeschäfte zur Wahrung der Richtlinienkonformität der neutrale
Richtlinienbegriff maßgeblich, während bei Nichtverbrauchern unter Umständen
auf den neutralen Begriff des deutschen Rechts abgestellt werden könnte.209 Ob solche abweichende Sachentscheidungen hinsichtlich des Begriffs der beweglichen
Sache tatsächlich festgestellt werden können und ob die weiteren – recht hohen210 –
Anforderungen an eine gespaltene Auslegung vorliegen, wird bei den jeweiligen
Einzelproblemen zu erörtern sein.
207 Vgl. oben aa).
208 Vgl. Teil 1, B) I. 2. und 3.
209 Vgl. hierzu Kap. 4, C) III. 4.; vgl. auch zum Parallelproblem bei Softwareerstellung Kap 5 C) III.
Auch Metzger AcP 204 (2004), 231, 252, 263 hält eine gespaltene Auslegung des Begriffs der
beweglichen Sache prinzipiell für möglich. Dies begründet er aber unter anderem mit einem Rückgriff auf eine restriktive Auslegung des Herstellungs- und Lieferungsbegriffs: Eine bewegliche
Sache sei nicht Vertragsgegenstand, wenn zur Herstellung einer Maschine nach individuellen Vorgaben aufwendige Ingenieurleistungen erforderlich sind. Insoweit kann ihm jedoch, wie an anderer
Stelle noch ausführlicher zu erörtern ist, nicht gefolgt werden, denn zum einen wird hierdurch die
Irrelevanz der Unvertretbarkeit umgangen (vgl. unten IV.), zum anderen müssen Ingenieurleistungen als Teil des Sachherstellungsprozesses begriffen werden, wenn gegenüber dem Besteller/Käufer die Lieferung der fertigen Sache geschuldet ist (vgl. Kap. 4, E). Schließlich entsprechen die
Grundvoraussetzungen, die nach Metzger eine gespaltenen Auslegung erlauben, nicht den hier vertretenen Grundvoraussetzungen, vgl. dazu im einzelnen Teil 1, B). Das OLG Nürnberg (Urt. v.
17.06.2008 – 1 U 148/08) folgt im Ergebnis Metzger, ohne hierbei von gespaltener Auslegung zu
sprechen.
210 Vgl. Teil 1, B).
73
ee) Zwischenergebnis
Ob ein Gegenstand eine bewegliche Sache i.S.d. § 651 S. 1 ist, bestimmt sich
alleine danach, ob er i.S.d. § 651 S. 1 »beweglich« ist und Sacheigenschaft aufweist. Die Eigenschaften der an dem Geschäft Beteiligten bleiben außer Betracht;
insbesondere ist es irrelevant, ob der Gegenstand verbrauchergeschäftstypisch ist
oder nicht.
Dieser Neutralitätsgrundsatz erlaubt im Prinzip einen über den Mindeststandard
der Richtlinie hinausgehenden Begriff der beweglichen Sache (postuliert ihn aber
nicht). Ferner kann anhand der vorstehenden Erwägungen noch nicht die Möglichkeit einer gespaltenen Auslegung ausgeschlossen werden: Eine solche bleibt »theoretisch« denkbar, wenn sie nicht ausschließlich mit der fehlenden Verbrauchergeschäftstypik eines Geschäfts begründet wird.
2. Die Mobilienkauftauglichkeit eines Herstellungsergebnisses als Schranke einer
einschränkenden Auslegung
Der Begriff der beweglichen Sache wird nicht nur in § 651 verwendet, sondern auch
in § 474 als Tatbestandsmerkmal des Verbrauchsgüterkaufs. Dass die Begriffe
gleichbedeutend sind, ist damit aufgrund der »Relativität der Rechtsbegriffe« allerdings noch nicht endgültig belegt.
Wären die Begriffe gleichbedeutend, so ergäbe sich daraus eine sehr wichtige
Konsequenz: Es wäre nicht statthaft, die Anwendung des § 651 S. 1 zu verneinen,
wenn das Herstellungs- oder Erzeugungsergebnis als solches Gegenstand eines
Mobilienkaufs sein könnte. Die praktische Relevanz mag folgendes Beispiel verdeutlichen: Da ein fertiges Porträt unbestreitbar ein beweglicher, körperlicher und
auch verkaufbarer Gegenstand ist, wäre ein Vertrag über die Lieferung eines noch
zu zeichnenden Porträts offenbar unter § 651 S. 1 zu subsumieren. Man könnte
allenfalls noch daran ansetzen, dass sich der Vertrag über das Zeichnen des Portraits
trotz der Beweglichkeit, Körperlichkeit und Verkaufbarkeit des fertigen Portraits im
Schwerpunkt nicht auf die Herstellung und Lieferung desselben, sondern auf ein
anderes, als solches nicht als Mobilie verkaufbares Arbeitsergebnis richte, z.B. auf
die dahinterstehende geistige Leistung.211
Daher muss geprüft werden, ob die Begriffe tatsächlich gleichbedeutend sind.
Neben dem Wortlautvergleich zwischen § 474 und § 651 S. 1 spricht hierfür
zunächst einer der Hauptzwecke des § 651 S. 1, nämlich die Ausweitung der
Anwendbarkeit der §§ 474 ff. auf Verbrauchergeschäftsfälle des § 651 S. 1.212 Die
Normen stehen also teleologisch gesehen in Verbindung miteinander, dies spricht
211 Vgl. dazu näher Kap. 4 D), dort auch zur Frage, ob diese Argumentation zutreffend ist.
212 Vgl. Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 268.
74
für eine Bedeutungsentsprechung der verwendeten Terminologie. Vor allem sprechen hierfür aber Sinn und Zweck sowie Systematik der durch § 651 S. 1 und
§§ 474 ff. umgesetzten Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. In Art. 1 Abs. 2 lit. b) VerbrGKRL wird für die Richtlinie als Ganzes der Begriff des Verbrauchsguts legaldefiniert. Diese Definition bezieht sich damit nicht nur auf die ohne weiteres von der
Richtlinie erfassten klassischen Mobilienkäufe, sondern auch auf die in § 651 S. 1
umgesetzte Anwendungsbereichserweiterung des Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL. Da die
Richtlinie primär den Zweck hat, den Verbraucherschutz bei klassischen Mobilienkäufen anzugleichen – was sich u.a. dadurch zeigt, dass die Ausweitung in Art. 1
Abs. 4 VerbrGKRL erst im Verlaufe des Richtliniengebungsverfahrens angeregt
wurde213 – muss dieser Verbrauchsgutsbegriff alle Gegenstände erfassen, die als
solche mobilienkauftauglich sind. Wenn nun Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL auf diesen
»kaufgeprägten« Verbrauchsgutsbegriff Bezug nimmt, kann dies nur bedeuten, dass
Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL stets dann Anwendung findet, wenn das zu liefernde Herstellungsergebnis – wenn es schon fertig wäre – als Mobilie verkauft werden könnte.
Da der Begriff der beweglichen Sache diesen Begriff des Verbrauchsguts sowohl in
§ 474 als auch in § 651 S. 1 umsetzen soll, ist von einer entsprechenden Gleichbedeutung auszugehen. Die Kontrollfrage lautet also: Unterstellt, der Gegenstand
wäre nicht erst herzustellen, sondern würde bereits existieren und zwischen einem
Unternehmer und einem Verbraucher gehandelt werden, wären dann die §§ 474 ff.
anzuwenden? Wenn dies der Fall wäre, so liegt ein Fall des § 651 S. 1 vor.
Der Begriff der beweglichen Sache ist mithin im Kaufrecht und in § 651 S. 1
identisch. Damit kommt § 651 S. 1 stets dann zur Anwendung, wenn das Herstellungsergebnis als solches tauglicher Gegenstand eines Mobilienkaufs sein könnte.
II. Sache
Auf den ersten Blick ergibt sich der Sachbegriff des § 651 unproblematisch aus der
Legaldefinition des § 90, nach der körperliche Gegenstände Sachen sind. Der
Gesetzgeber griff auf diese Legaldefinition zurück, weil Verbrauchsgüter gemäß
Art. 1 Abs. 2 lit. b) VerbrGKRL der deutschen Richtlinienversion bewegliche körperliche Gegenstände sind (Art. 1 Abs. 2 lit. b) VerbrGKRL).
In Wahrheit ist es methodisch etwas komplizierter. Jedenfalls bei Verbrauchergeschäften muss der Inhalt des Sachbegriffs richtlinienkonform ausgelegt werden, was
praktisch zur Folge hat, dass als Mindeststandard der Begriff des Verbrauchsguts in
Art. 1 Abs. 2 lit. b) VerbrGKRL maßgebend ist. Dabei beschränkt sich die Notwendigkeit einer richtlinienkonformen Auslegung auf § 651, so dass eine Anpassung
des § 90 an den Verbrauchsgutsbegriff nicht erforderlich ist. Daher sind insoweit
213 Im Kommissionsentwurf (Abl. EG 1996, Nr. C 307/8 ff.) war noch kein Vorläufer des späteren
Art. 1 Abs. 4 enthalten; ein erster Vorläufer trat mit der Stellungnahme des Parlaments zu diesem
Entwurf auf (vgl. dort Änderung 17 [Art. 1 Abs. 2a], Abl. EG 1998, Nr. C 104/34).
75
Abweichungen zwischen dem Sachbegriff des § 651 S. 1 und der Legaldefinition
des § 90 denkbar.214 Es kann aber vorweggenommen werden, dass diese Abweichungen allenfalls gering sind. Man kann sich daher an der Kasuistik zum herkömmlichen deutschen Sachbegriff weitestgehend orientieren.215 Soweit § 90 weitergehend sein sollte als der Richtlinienbegriff, kann ohne Blick auf die Richtlinie
auf § 90 zurückgegriffen werden, da die Richtlinie einen über ihren Mindeststandard hinausgehenden Verbraucherschutz erlaubt (Art. 8 Abs. 2 VerbrGKRL).
Bei Geschäften mit Nichtverbrauchern gilt der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung nicht. Daher kann der Begriff des Verbrauchsguts insoweit nur aufgrund der überschießenden Umsetzung einen Einfluss auf den Sachbegriff des § 651
S. 1 haben.216
Aus diesen Hintergründen erwachsen die folgenden Grundprobleme:
1. Das Erfordernis der Körperlichkeit
Ein kleineres Problem liegt zunächst darin, ob Sachen i.S.d. § 651 nur körperliche
Gegenstände sind. Es bleiben vor dem Hintergrund der Richtlinienkonformität
gewisse Restzweifel, weil nicht in allen authentischen Übersetzungen der Richtlinie
Termini verwendet werden, die dem Begriff »körperlich« entsprechen.217 In den
meisten Fassungen ist dies zwar der Fall, z.B. tangible item (engl.), objet corporel
(fr.), bem corpóreo (port.), bien corpóreo (span.); bene materiale (ital.), lichamelijke
zaken (nl.). In der schwedischen Fassung wird aber darauf verzichtet (lösa saker =
bewegliche Sachen). Die sich daraus ergebenden Zweifel können aber überwunden
werden.
Erstens bezeichnet das Wort »sak« im rechtlichen Sprachgebrauch grundsätzlich
nur körperliche Gegenstände.218 Zweitens sind die nationalen Fassungen, deren
Wortlaut ausdrücklich die Körperlichkeit voraussetzen, in der Mehrheit. Dies ist
zumindest ein Indiz dafür, dass der Wortlaut dieser Mehrheit auch den richtigen
Inhalt der Richtlinie wiedergibt. Zwar ist darauf kein sicherer Verlass. Doch hier
kommt hinzu, dass das Wort »sak« ohne Wortlautbedenken einschränkend als körperlicher Gegenstand ausgelegt werden kann und regelmäßig auch so verstanden
wird. Es erscheint daher unwahrscheinlich, dass der Verzicht auf ein ausdrückliches
Körperlichkeitselement in dieser Minderheitsfassung Auswirkung auf die mehrheitlich anderslautenden Übersetzungen hat. Erwähnenswert ist zudem, dass Staudenmayer, der am Richtliniengebungsverfahren beteiligt war, betont, dass die Ähnlichkeit zwischen dem Verbrauchsgutsbegriff in der Fassung der meisten Mitgliedsstaa-
214 Zu weitgehend daher Lehmann JZ 2000, 280, 281 f. (Entsprechung der Begriffe) sowie Stichtenoth
K&R 2003, 105, 106 (»unbestreitbar gleichen Inhalts wie im Sachenrecht«).
215 Ähnlich Jorden S. 27.
216 Vgl. dazu Teil 1, B) I.
217 Vgl. allgemein zur Auslegung des EG-Rechts durch Vergleich der verschiedensprachigen authentischen Texte Anweiler S. 153 ff.
218 Vgl. Bloth in Gr. v. Westphalen, Produkthaftung, § 143 Rn. 27 f.
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ten und dem Sachbegriff des § 90 »durchaus nicht zufällig« sei.219 Damit kann
davon ausgegangen werden, dass die Richtlinie nur körperliche Gegenstände
erfasst.
2. Der Begriff der Körperlichkeit
Mit der Einschränkung auf körperliche Gegenstände stellt sich jedoch die Frage
nach der Auslegung des Begriffs der Körperlichkeit.
In Deutschland ist anerkannt, dass ein nach natürlicher Anschauung für sich
allein bestehender, im Verkehrsleben besonders bezeichneter und bewerteter
Gegenstand, der aus räumlich zu Tage tretender Materie besteht, »körperlich« ist.220
Die in den anderssprachigen Richtlinienversionen verwendeten Begriffe »corporel«, »tangible« usw. haben in den jeweiligen Rechtsordnungen einen im Wesentlichen entsprechenden Inhalt.221 Erfasst sind damit jedenfalls alle räumlich abgegrenzten Anhäufungen von Materie. Nicht erfasst sind Rechte und sonstige Immaterialgüter.
Der Begriff der Körperlichkeit wirft die im Rahmen des § 651 sehr bedeutende
Frage auf, wie körperliche Gegenstände von Immaterialgütern abzugrenzen sind,
was insbesondere bei Softwareerstellungsverträgen, Verträgen über die Erbringung
von geistigen Leistungen und Verträgen über Bildende Kunst problematisch ist.
Diese Fallgruppen werden in besonderen Kapiteln zu erörtern sein.222
3. Gespaltene Auslegung?
Eine weitere Frage ist schließlich, ob und gegebenenfalls inwieweit der Sachbegriff
gespalten auszulegen ist. Dass hierzu bei den einzelnen Sachproblemen entsprechende Untersuchungen nicht ganz ausgespart werden dürfen, legt die bereits
erwähnte Umsetzungstechnik nahe. Es ist zumindest theoretisch denkbar, dass es
Abweichungen zwischen dem Sachbegriff des § 90 und dem Verbrauchsgutsbegriff
gibt, die auf § 651 S. 1 durchschlagen und damit zu einem unterschiedlichen Sachbegriff für Verbrauchergeschäfte und Nichtverbrauchergeschäfte führen.223 Insbesondere bei der Untersuchung von geistigen Werken auf materiellen Trägern und
von Softwareerstellungsverträgen wird darauf noch zurückzukommen sein.224
219 Staudenmayer NJW 1999, 2393, 2394.
220 Vgl. nur Soergel/Marly § 90 Rn. 1; MünchKomm/Holch § 90 Rn. 7.
221 Vgl. zu »tangible«: Höß S. 127; v. Beseler/Jacobs-Wüstenfeld, Stichwort »tangible«; vgl. zu »corporel«: Köbler, Stichwort »corporel«; Ellenberger/Froschauer, Kap. 8 »Eigentum u. Besitz«,
Deutsch-Französisch, Stichwort »körperlicher Gegenstand«.
222 Kap. 4, C) und D) (kopierbare geistige Werke, Bildende Kunst); Kap. 5, C) (Software).
223 Zu den Voraussetzungen einer gespaltenen Auslegung vgl. Teil 1, B).
224 Kap. 4, C) III. 4. (kopierbare geistige Werke); Kap. 5, C) III. (Software).
77
III. Beweglich
Der Inhalt des Beweglichkeitsbegriffs ist vor allem deswegen problematisch, weil
die Differenzierung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen im bisherigen Recht nach sachenrechtlichen Kriterien vorgenommen wurde und praktisch
auch nur im Sachenrecht von Bedeutung war. Als Kriterium für die Einordnung von
Schuldverträgen spielte diese Differenzierung keine Rolle. Wenn im Schuldrecht
die Grundstücksbezogenheit von Leistungen eine Rolle spielen sollte, wurde nicht
auf sachenrechtliche Einordnungen abgestellt, sondern auf das äußere Erscheinungsbild. Auswirkungen hat die Auslegung des Beweglichkeitsbegriffs deshalb
insbesondere im privaten Baurecht.
Im Folgenden wird zunächst zu diskutieren sein, ob ein sachenrechtliches Verständnis des Beweglichkeitsbegriffs dazu geeignet ist, die sich hier stellenden Probleme zu lösen. Unter Berücksichtigung der Richtlinie ist danach zu prüfen, ob eine
alternative Auslegung möglich ist. Daraufhin wird dargestellt, welcher Zeitpunkt
für die Beurteilung der Beweglichkeit maßgeblich ist. Im Anschluss daran bedarf es
noch einer Konkretisierung des Beweglichkeitsbegriffs, d.h. es sind Kriterien vorzuschlagen, die der Praxis eine Differenzierung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen i.S. der zuvor gefundenen Grundsatzdefinition erlauben.
Abschließend soll in diesem Abschnitt mit der Frage nach der typenvertragsrechtlichen Einordnung von Zubehör, das im Zuge einer Grundstücksveräußerung
mitveräußert werden soll, ein Problem angesprochen werden, das zwar nicht
unmittelbar den Beweglichkeitsbegriff betrifft, dessen Erörterung sich aber vor dem
Hintergrund der Grundstücksbezogenheit eines solchen Geschäfts dennoch in diesem Kontext anbietet.
1. Die Nachteile einer sachenrechtlichen Interpretation
Nach dem bisherigen deutschen Recht werden Grundstücke und Grundstücksbestandteile i.S.d. § 94 zu den unbeweglichen Sachen gezählt. Sogenannte Scheinbestandteile i.S.d. § 95 fallen nicht darunter. Teile der Literatur folgen dieser herkömmlichen Einteilung auch im Rahmen des § 651.225 Unter der Voraussetzung,
dass man die entsprechenden Handlungen als Sachherstellung und Lieferung anse-
225 Zur Richtlinie noch Thode ZfBR 2000, 363, 365, 367; vgl. aber dagegen ders. NZBau 2002, 360,
361 ff. (Annäherung an die hier vertretene Ansicht); Raab in Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring § 9
Rn. 8; Hertel in Amann/Brambring/Hertel S. 224 f. (aber unter Ausschluss entsprechender Verträge über den Begriff der Lieferung); Sienz BauR 2002, 181, 190 f.; ders. FS Thode S. 627, 644
(unter Hinweis auf die Probleme und mit Verlangen nach Klarstellung im Gesetz); Kraus BauR
2002, 524, 526; Ott MDR 2002, 361, 363; Kreft ZInsO 2003, 1120, 1222; H.-B. Ulbrich/S. Ulbrich
FS Thode S. 181, 196 ff. (alle mit teils vehementer Kritik); Englert in Wirth/Sienz/Englert Teil II
§ 651 Rn. 4; Doehner S. 115; Thiele in Messerschmidt/Voit Syst. Teil C Rn. 150; tendenziell auch
Tiedtke in Reinicke/Tiedtke Rn. 1146 f.; offen lassend mit der dringenden Empfehlung indidualvertraglicher Regelung Hilgers/Buscher Rn. 23 ff.
78
hen kann226, hätte dies zur Folge, dass auch die Errichtung von Bauwerken unter
§ 651 fallen würde, soweit das Bauwerk nur Scheinbestandteil wird.227 Relevant
wird dies vor allem in zwei Fällen: Zum einen bei der Errichtung von Bauwerken
auf gepachtetem Grund228, zum anderen bei Bauwerken, die aufgrund eines Erbbaurechts errichtet werden.229 Im letzteren Fall ergibt sich dies daraus, dass das Bauwerk gemäß § 12 Abs. 1, 2 ErbbauV zwar wesentlicher Bestandteil des Erbbaurechts, aber nicht gleichzeitig Bestandteil des Grundstücks wird.230
Dies hätte weitreichende negative Konsequenzen für die erfassten Bauverträge.
Da das Werkvertragsrecht nicht anwendbar wäre, gäbe es u.a. keine Abnahmeregeln, kein Selbstvornahmerecht und kein Unternehmerwahlrecht bei der Nacherfüllung.231
Das eigentliche Problem liegt aber in einer Ungleichbehandlung strukturell sehr
ähnlicher Leistungen (Errichten von Bauwerken), für die keine Rechtfertigung
ersichtlich ist.232 Dies wird dadurch verschärft, dass der Unternehmer oftmals nicht
erkennen kann, welchen sachenrechtlichen Status das von ihm zu errichtende Bauwerk haben wird.233 Der sachenrechtliche Beweglichkeitsbegriff ist also offensichtlich nicht dazu geeignet, die sich hier stellenden schuldrechtlichen Fragen angemessen zu lösen.
2. Das Erfordernis einer natürlichen Betrachtungsweise
Ein Großteil der Literatur stellt deshalb nicht auf die sachenrechtliche Beurteilung,
sondern auf eine natürliche Betrachtungsweise ab.234 »Beweglich« wäre demnach
226 Was häufig der Fall wäre: Eine Bauwerkserrichtung ist Sachherstellung, vgl. Kap. 3, C) II., und
eine Lieferung läge konsequent ebenfalls vor, da es für den Lieferungsbegriff nicht auf eine Ortsveränderung ankommt, vgl. in diesem Kapitel C) VII.
227 Vgl. nur Thode ZfBR 2000, 363, 365, 367; Sienz BauR 2002, 181, 190.
228 Vgl. nur Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 3.
229 Sienz BauR 2002, 181, 191; Preussner BauR 2002, 231, 241; Kraus BauR 2002, 524, 526; Voit in
Bamberger/Roth § 651 Rn. 3; Kniffka in Kniffka/Koeble2 6. Teil Rn. 8; Erman/Schwenker § 651
Rn. 5.
230 A.A. Hertel in Amann/Brambring/Hertel S. 224 f.; Nitschke BauR 2004, 1340.
231 Vgl. auch Sienz BauR 2002, 181, 190 f.; Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 3; Konopka/Acker
BauR 2004, 251, 253. Zu den Rechtsfolgen des § 651 S. 1 vgl. im einzelnen Teil 3, Kap. 1.
232 So auch Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 3; AnwK-BGB/Raab § 651 Rn. 13; Leistner JA 2007,
81, 82; Schultz S. 58.
233 Haas in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland Kap. 6 Rn. 64; Staudinger/Peters § 651 Rn. 3;
AnwK-BGB/Raab § 651 Rn. 13.
234 Staudinger/Peters § 651 Rn. 3; MünchKomm4/Busche § 651 Rn. 9; Lapp in JurisPraxKomm § 651
Rn. 11; AnwK-BGB/Raab § 651 Rn. 13; Messerschmidt/Ledig in Messerschmidt/Voit § 651 Rn.
12 ff.; Haas in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland Kap. 6 Rn. 64; Lampe/Wieberneit in
Schimmel/Buhlmann S. 649; Werner/Pastor Rn. 1442; Kniffka in Kniffka/Koeble 6. Teil Rn. 14;
ders., Bauvertragsrecht, § 651 Rn. 11 ff.; Kleine-Möller in Kleine-Möller/Merl § 2 Rn. 4; Wenzel/
Wilken Rn. 1069; Mankowski MDR 2003, 854, 856 f.; Preussner BauR 2002, 231, 241; Metzger
AcP 204 (2004), 231, 244 f., 252; Nitschke BauR 2004, 1340 f.; Schuhmann ZGS 2005, 250,
253 f.; tendenziell auch Thode NZBau 2002, 360, 362; Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 3;
Erman/Schwenker § 651 Rn. 5; Konopka/Acker BauR 2004, 251, 254; Leupertz BauR 2006, 1648,
79
das Gegenstück zu tatsächlich ortsgebunden Sachen, namentlich Grundstücken,
Bauwerken, Gebäuden und sonstigen ähnlichen ortsgebundenen Sachwerken. Ob
dem gefolgt werden kann, soll im Folgenden geprüft werden. Auch hier soll vor dem
Hintergrund des Einflusses der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie235 zunächst der
Beweglichkeitsbegriff der Richtlinie untersucht werden.
a) Der Beweglichkeitsbegriff der Richtlinie
Der Wortlaut der Richtlinie gibt keine Kriterien für die Bestimmung des Beweglichkeitsbegriffs vor. Insbesondere fehlt es an einer Legaldefinition. Betrachtet man
jedoch Sinn und Zweck der Richtlinie, so erscheint eine sachenrechtliche Konzeption des Begriffs fernliegend: In der Richtlinie geht es nicht darum, sachenrechtliche
Zuordnungen zu treffen. Die Richtlinie bezweckt nur die Angleichung der Gewährleistung bei den von ihr erfassten schuldrechtlichen Liefergeschäften. Dabei ist auch
zu bedenken, dass die Richtlinie zur sachenrechtlichen Zuordnung von Gegenständen jedenfalls im hier relevanten Bereich schon alleine deshalb gar keine Aussage
treffen kann, weil dies zumindest insoweit noch eine rein nationale Angelegenheit
ist. Nicht nur durch die Richtlinie, sondern auch durch sonstige EG-Normen ist bisher keine Angleichung der Vorschriften erfolgt, nach denen die rechtliche Zuordnung von Gegenständen zu den Grundstücken zu beurteilen ist.236 Würde man daher
von einer sachenrechtlichen Konzeption des Beweglichkeitsbegriffs ausgehen, so
würde der Anwendungsbereich der Richtlinie von den sachenrechtlichen Zuordnungen der nationalen Rechte bestimmt werden. Dies hätte nicht nur die merkwürdige
Folge, dass der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung insoweit in einen
Grundsatz der nationalrechtskonformen Auslegung umgekehrt wäre. Viel gravierender wäre, dass die Angleichungsbestrebungen der Richtlinie scheitern müssten,
da die nationalen Sachenrechte an dieser Stelle voneinander abweichen.237 Ein
sachenrechtliches Verständnis des Beweglichkeitsbegriffs der Richtlinie muss
daher abgelehnt werden.
Als Alternative kommen nur Kriterien in Betracht, die aus der Richtlinie selbst,
insbesondere aus deren schuldrechtlicher Natur, entwickelt werden können. Als ein
vernünftiger Ausgangspunkt erscheint dabei zunächst der Gleichheitsgrundsatz: Bei
Betrachtung aus der schuldrechtlichen Perspektive müssen die erfassten Fälle vergleichbar sein. Für eine solche Differenzierung ist alleine das äußere Erscheinungs-
234
1651; Leistner JA 2007, 81, 82; i.Erg. auch Zänker S. 137 ff., der dieses Ziel aber nicht über den
Beweglichkeitsbegriff erzielt (insoweit folgt er der Gegenansicht), sondern über eine teleologische
Reduktion des Begriffs der Lieferung, die sich auf die Tatsache gründet, dass es schuldrechtlich
keinen Unterschied machen kann, ob eine Leistung vom Pächter oder Eigentümer eines Grundstücks bestellt wird.
235 Vgl. Teil 1, A), B) und C).
236 Darauf verweisen auch Schuhmann ZGS 2005, 250, 252; Doehner S. 109.
237 So auch Schuhmann ZGS 2005, 250, 252.
80
bild ein brauchbares Kriterium. Abzustellen ist daher auf eine noch näher zu konkretisierende natürliche Betrachtungsweise.238
Auch für die Konkretisierung der natürlichen Betrachtungsweise ergeben sich
Hinweise aus der Richtlinie. Hier kann darauf zurückgegriffen werden, dass die
Richtlinie primär auf den typischen Mobilienkauf ausgerichtet ist und daher als Verbrauchsgüter (nur) solche Gegenstände in Betracht kommen, die im fertigen
Zustand als Mobilie verkauft werden könnten.239 Das ist ein Hinweis darauf, dass
Bauwerke und sonstige ortsgebundene Sachwerke nicht erfasst sein sollen, denn
diese werden im fertigen Zustand typischerweise nicht als Mobilie verkauft, sondern zusammen mit den Grundstücken, auf denen sie sich befinden.240 Ein weiterer
Anhaltspunkt ist, dass Mobilien üblicherweise im Rahmen der Erfüllung eines
Kaufs einem Ortswechsel unterliegen, während Immobilien auch nach dem Kaufabschluss an ihrem Ort verbleiben. Auch diese Ortsfestigkeit ist charakteristisch für
Bauwerke und sonstige ortsgebundene Sachwerke, und zwar auch dann, wenn sie
nach sachenrechtlichem Status beweglich sind.
b) Der Beweglichkeitsbegriff in § 651 S. 1 BGB
Die Auslegung des Beweglichkeitsbegriff in § 651 S. 1 bereitet mehr Schwierigkeiten, da es im BGB im Unterschied zur Richtlinie mit dem aus den §§ 94, 95 abgeleiteten Beweglichkeitsbegriff auf den ersten Blick eine grundsätzliche Einteilung zu
geben scheint. Hier ist zudem von Bedeutung, dass auf den natürlichen Beweglichkeitsbegriff der Richtlinie nicht mit dem bloßen Hinweis auf die richtlinienkonforme Auslegung zurückgegriffen werden darf, denn der Gesetzgeber ist nach Art. 8
Abs. 2 VerbrGKRL dazu befugt, über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinauszugehen.241
Daher äußern Teile der Literatur Bedenken gegen eine natürliche Betrachtungsweise. Der Beweglichkeitsbegriff habe dann mehrere Bedeutungen innerhalb einer
Rechtsordnung.242 Zum Teil wird dies sogar als Wertungswiderspruch bezeichnet.243 Bedenken werden schließlich erhoben, weil die §§ 94, 95 Normen des Allgemeinen Teils seien, so dass eine von der Grundstückszuordnung unabhängige Auslegung des Beweglichkeitsbegriffs im Widerspruch zur Systematik des BGB
stünde.244
238 Preussner BauR 2002, 231, 241; Lampe/Wieberneit in Schimmel/Buhlmann S. 649; tendenziell
auch Thode NZBau 2002, 360, 362; Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 3; Erman/Schwenker § 651
Rn. 5; Konopka/Acker BauR 2004, 251, 254; Metzger AcP 204 (2004), 231, 254; Schuhmann ZGS
2005, 250, 252.
239 Vgl. oben I. 2.
240 Auf die »Grundtendenz der Richtlinie« verweisen in diesem Zusammenhang auch Konopka/Acker
BauR 2004, 251, 254.
241 Insoweit wie hier auch Sienz FS Thode S. 627, 643 f.; vgl. allgemein zu diesem Methodenproblem
Teil 1, C).
242 Konopka/Acker BauR 2004, 251, 254; Erman/Schwenker § 651 Rn. 5.
243 Sienz BauR 2002, 181, 191.
244 Sienz FS Thode S. 627, 644.
81
Diesen Bedenken kann entgegnet werden, dass sich aus den §§ 94, 95 keine zwingende Vorgabe für das gesamte BGB ergibt. Die grundsätzlich einheitliche Auslegung von Rechtsbegriffen unterliegt dem Vorbehalt der »Relativität der Rechtsbegriffe«, d.h. die Bedeutung eines Begriffs innerhalb eines Gesetzeswerks kann je
nach Kontext divergieren.245 Darin liegt insbesondere kein Wertungswiderspruch,
denn eine solche Divergenz kann ja gerade deshalb erforderlich werden, weil
gewisse kontextbezogene Wertungen berücksichtigt werden müssen. Man muss
umgekehrt Wertungswidersprüche befürchten, wenn Begriffe nicht auch durch
ihren Kontext beeinflusst werden könnten. Beispiele dieser Relativität gibt es sogar
bei legaldefinierten Begriffen, z.B. bedeutet »Sache« in § 119 Abs. 2 etwas anderes
als in § 90.246
Beim Beweglichkeitsbegriff fehlt es sogar an einer solchen Legaldefinition247,
denn die §§ 94, 95 bezwecken gerade keine Definition des Beweglichkeitsbegriffs,
sondern regeln nur die Frage, wann ein mit dem Grund und Boden verbundenes
Objekt Gegenstand besonderer Rechte sein kann und wann nicht. Das ist eine allein
sachenrechtliche Frage und kann daher auch allenfalls als Differenzierung zwischen
Mobilien und Immobilien i.S.d. Sachenrechts verstanden werden.248 Aus den gleichen Gründen liegt auch kein Widerspruch zur Systematik des BGB vor: auch dies
wäre allenfalls dann der Fall, wenn die §§ 94, 95 eine Legaldefinition des Beweglichkeitsbegriffs enthielten. Aber selbst wenn es eine allgemeine Legaldefinition des
Beweglichkeitsbegriffs gäbe, wäre dies kein zwingendes Argument für eine entsprechende Auslegung des Begriffs in § 651 S. 1, wie das oben erwähnte Beispiel des
§ 119 Abs. 2 demonstriert.
Der Weg für eine an § 651 S. 1 angepasste Auslegung des Beweglichkeitsbegriffs ist daher im Prinzip frei. Nun stellt sich die Frage, welche Maßstäbe aus § 651
S. 1 heraus entwickelt werden können. Es spricht einiges dafür, dass auch hier eine
natürliche Betrachtungsweise vorzugswürdig ist, die im Ergebnis dem Beweglichkeitsbegriff der Richtlinie entspricht.
Dafür streitet zunächst der Umstand, dass die Übernahme von Richtlinienbegriffen auch dann ein Indiz für die Auslegung ist, wenn der Gesetzgeber über den Richtlinienbegriff hinausgehen darf, denn diese Übernahme manifestiert einen allgemeinen Orientierungswillen des Gesetzgebers an der Richtlinie.249 Weiterhin streitet
245 Schmalz Methodenlehre Rn. 241; im hier gegebenen Zusammenhang vgl. Konopka/Acker BauR
2004, 251, 254; Schultz S. 58; ähnlich auch Schuhmann ZGS 2005, 250, 253 f.
246 Beispiel von Konopka/Acker BauR 2004, 251, 254.
247 Darauf weisen auch Erman/Schwenker § 651 Rn. 4; Lapp in JurisPraxKomm § 651 Rn. 11; Metzger AcP 204 (2004), 231, 244 und Leupertz BauR 2006, 1648, 1651 hin.
248 Zutreffend Metzger AcP 204 (2004), 231, 244; Leupertz BauR 2006, 1648, 1651; ähnlich auch
Leistner JA 2007, 81, 82.
249 Vgl. dazu (auch zur Abgrenzung zur richtlinienkonformen Auslegung) Teil 1, C); ähnlich Voit in
Bamberger/Roth § 651 Rn. 3; Lampe/Wieberneit in Schimmel/Buhlmann S. 649. Für diejenigen
Literaturstimmen, die entgegen der hier vertretenen Auffassung den Anwendungsbereich des
Grundsatzes der richtlinienkonformen Auslegung eröffnet sehen, ist die Auslegung des Verbrauchsgutsbegriffs konsequent ausschlaggebendes Argument: Thode NZBau 2002, 360, 362;
82
dafür, dass es bei § 651 ebenso wie in der Richtlinie nur um Fragen geht, für welche
die sachenrechtliche Zuordnung unerheblich ist.250 Angesichts der nachteiligen
Rechtsfolgen und der drohenden Ungleichbehandlung strukturell ähnlicher Schuldverträge ist daher auch hier kein Grund ersichtlich, auf eine sachenrechtliche Beurteilung abzustellen. Schließlich ergeben sich auch aus der Gesetzesbegründung Hinweise, dass das äußere Erscheinungsbild entscheidend sein soll. Dort heißt es, dass
»die Herstellung von Bauwerken« weiterhin der Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts unterfallen soll.251 Es kann vermutet werden, dass der Gesetzgeber hiermit
den herkömmlichen Bauwerksbegriff meint, der vom sachenrechtlichen Status
unabhängig ist.252 Angesichts des Zwecks des § 651 S. 1 erscheint dies jedenfalls
näherliegend als das Gegenteil.253
Auch für § 651 S. 1 ist daher auf eine natürliche Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Beweglichkeit abzustellen. Unbeweglich sind demnach Bauwerke und
sonstige ortsgebundene Sachwerke. Weiter unten wird noch zu konkretisieren sein,
welche Maßstäbe für diese natürliche Einteilung gelten.254
3. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beweglichkeit; insbesondere: Relevanz der
Zweckbestimmung von Bauteilen und Fertiggebäuden?
Bei der Errichtung von Bauwerken kommt es häufig vor, dass ein individuell auf ein
Bauwerk zugeschnittenes Bauteil in der Weise in Auftrag gegeben wird, dass dieses
lediglich herzustellen und an die Baustelle zu liefern ist, ohne dass der Einbau mitgeschuldet ist. Zu denken ist etwa an speziell gegossene Betonträger oder an individuell angefertigte Haustüren. Es sind sogar Fälle denkbar, bei denen ein individuell
gefertigtes Bauwerk als Ganzes, quasi »am Stück« geliefert wird: Typische Beispiele hierfür sind Fertiggaragen oder Mobilheime.
Solche Fertiggebäude sind freilich in vielen Fällen Serienanfertigungen und damit vertretbare Sachen, so dass – nicht anders als im bisherigen Recht255 – unproblematisch
Kaufrecht Anwendung findet, wenn nicht zusätzlich Einbauarbeiten von einigem Gewicht mitgeschuldet sind. Hier soll es aber um Sonderanfertigungen gehen, auf die im bisherigen Recht über § 651 Abs. 1 S. 1 Halbs. 2 a.F. im wesentlichen Werkvertragsrecht
Anwendung fand.
249
Preussner BauR 2002, 240, 241; Konopka/Acker BauR 2004, 251, 254; Schuhmann ZGS 2005,
250, 253 f.; Leupertz in Prütting/Wegen/Weinreich § 651 Rn. 9; Messerschmidt/Ledig in Messerschmidt/Voit § 651 Rn. 16 ff.; vgl. auch Erman/Schwenker § 651 Rn. 5.
250 Ähnlich Haas in Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland Kap. 6 Rn. 64; Staudinger/Peters
§ 651 Rn. 3; Metzger AcP 204 (2004), 231, 245 f.; Schuhmann ZGS 2005, 250, 253 f.; Schultz
S. 59.
251 Begr. RegE BT-Drucks. 14/6040 S. 268.
252 Vgl. zum Bauwerksbegriff unten 5.
253 Ähnlich auch Kniffka in Kniffka/Koeble 6. Teil Rn. 14; Konopka/Acker BauR 2004, 251, 253;
Schuhmann ZGS 2005, 250, 254.
254 Vgl. unten 5.
255 Vgl. z.B. BGH NJW-RR 2004, 1205 f.
83
Gerade in diesem Bereich wäre die Anwendbarkeit des Kaufrechts mit Blick auf
die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen256 – trotz der Anwendbarkeit der in § 651
S. 3 genannten Normen – nicht unproblematisch. Dass z.B. das Wahlrecht bei der
Nacherfüllung dem Käufer/Besteller zustünde und ein Selbstvornahmerecht nicht
vorgesehen wäre, wäre dabei nur ein Teil des Problems. Unwägbarkeiten entstünden
vor allem auch dadurch, dass bei der Weitervergabe einer Bauteilherstellung im
Verhältnis zwischen Bauteilelieferant und Unternehmer andere Regeln gälten als im
Verhältnis zwischen Unternehmer und Bauherr. Insbesondere erlangten die Unterschiede im Bereich Gefahrübergang und Abnahme hier große Bedeutung. Auch die
Frage, ob die VOB/B in Fällen des § 651 S. 1 vereinbart werden kann, wird in solchen mehrstufigen Vertragsbeziehungen besonders akut. Wenn es nun auf den
Zweck solcher Sachen ankäme, unbeweglich zu werden, so würde sich die Möglichkeit ergeben, Verträge über die Herstellung und Lieferung solcher Sachen von der
Anwendbarkeit des § 651 S. 1 auszuschließen.257
Der Wortlaut des § 651 S. 1 spricht jedoch dafür, dass es allein auf den Zeitpunkt
der Lieferung bzw. des Endes des Herstellungsprozesses und nicht auf die Zweckbestimmung der Sache ankommt. Eine Beschränkung auf bewegliche Sachen, die
nicht zum Einbau in ein Bauwerk gedacht sind, ist nicht ersichtlich. Vom Wortlaut
sind sogar die bereits genannten Fertiggebäude erfasst, die als Ganzes geliefert werden, denn es lässt sich nicht leugnen, dass ein solches Fertiggebäude zum Zeitpunkt
der Lieferung noch im natürlichen Sinne beweglich ist, schließlich kann es ja an den
Zielort transportiert werden. Dafür spricht auch die Gesetzessystematik, denn es
fehlt im Werkvertragsrecht eine der kaufrechtlichen Vorschrift des § 438 Abs. 1
Nr. 2 b) und Nr. 3 entsprechende Aufteilung der beweglichen Sachen in Baustoffe
und sonstige Sachen. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber offenbar davon ausgeht, dass
Baustofflieferungen nunmehr in das Kaufrecht einzuordnen sind, denn ansonsten
hätte eine entsprechende Differenzierung auch ihren Platz in § 634a Abs. 1 gefunden.
Für eine auf die Zweckbestimmung ausgerichtete Auslegung spricht lediglich der
sich in den angesprochenen Rechtsfolgenproblemen widerspiegelnde Wertungswiderspruch. Dieser wird gerade in den Fällen offenbar, in denen ein Bauwerk als
Ganzes zu liefern ist, denn solche Fälle unterscheiden sich von einer Bauwerkserrichtung vor Ort letztlich nur durch die (vorübergehende) Beweglichkeit des Herstellungsergebnisses. Bei Licht betrachtet ist dies jedoch nur eine Ausprägung eines
dahinterstehenden allgemeineren Wertungswiderspruchs, den die Einführung des
§ 651 S. 1 mit sich brachte: Der Gesetzgeber ordnete durch § 651 S. 1 die Anwendung des Kaufrechts auf im Kern werktypische Verträge an, während bei anderen
werktypischen Verträgen weiterhin das Werkvertragsrecht anwendbar bleibt, wobei
das Unterscheidungskriterium eben der Begriff der beweglichen Sache ist. Dieser
256 Vgl. dazu im einzelnen Teil 3, Kap 1.
257 In diese Richtung Schudnagies NJW 2002, 396, 398; bei Fertiggaragen auch Motzke in Bauträger-,
Bau- und Maklervertrag, S. 17, 20.
84
Wertungswiderspruch lässt sich durch eine Reduktion des § 651 S. 1 nicht beseitigen, sondern nur verschieben. Eine solche Verschiebung führt jedoch zu kaum lösbaren Folgeproblemen, insbesondere zu Rechtsunsicherheiten. So müsste man z.B.
die Frage stellen, ob die Zweckbestimmung der Sache stets zu beachten ist (also
auch bei Verträgen zwischen Lieferant und Zwischenhändlern) oder nur dann, wenn
sich der Zweck der Sache im unmittelbaren Zusammenhang mit dem konkreten
Vertrag verwirklichen soll (Verträge zwischen Bauherr und Lieferant oder zwischen
Hauptunternehmer und Lieferant). Wollte man nach der Art der Bauteile differenzieren, z.B. nach deren Größe oder deren Relevanz, käme man in den Bereich der
Willkür. So scheint zwar beispielsweise auf den ersten Blick eine Differenzierung
zwischen ganzen Gebäuden (Fertiggarage) und Bauteilen schlüssig, kann aber bei
großen Bauteilen (z.B. Mast eines Windrades, Brückenrohlinge aus Beton) nicht
mehr überzeugen. Gleiches gilt entsprechend für jeglichen Vergleich von Bauteilen
untereinander, letztlich ist die Grenzziehung immer willkürlich.
Dass eine bauspezifische Betrachtungsweise nur eine willkürliche Differenzierung darstellen würde, zeigt auch der Vergleich mit anderen unvertretbaren
Sachen, insbesondere mit sonstiger Großfahrnis wie z.B. individuell angefertigten
Maschinen.258 Hier wirft die Subsumtion unter § 651 S. 1 ähnliche Probleme auf
der Rechtsfolgenseite auf. Die Problematik des § 651 S. 1 ist mithin nicht bauspezifisch; zuzugeben ist allenfalls, dass sich das Problem u.a. aufgrund der modernen Arbeitsteilung am Bau hier wirtschaftlich in besonderer Weise bemerkbar
macht.
Eine auf die Zweckbestimmung eines Bauteils abstellende Einordnung wäre
zudem bei Verbrauchergeschäften (z.B. individuell angefertigte Fenster für ein Einfamilienhaus) auch nicht mit dem Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung in
Einklang zu bringen. Der Wortlaut des Art. 1 Abs. 4 VerbrGKRL sowie die übrigen
Vorschriften der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lassen nicht erkennen, dass Bauteile
vom Anwendungsbereich ausgenommen werden sollen, weitere Indizien für eine
entsprechende Einschränkung sind nicht ersichtlich. Selbst Fertiggebäude, die als
Ganzes geliefert werden, sind vom Wortlaut erfasst. Eine solche vom Zweck des
Gegenstands unabhängige Beurteilung des Beweglichkeitsbegriffs entspricht auch
der Auslegung des Warenbegriffs im UN-Kaufrecht, dem Vorbild der Richtlinie.259
Da der Gesetzgeber wie oben ausgeführt bei der Umsetzung in das deutsche Recht
nicht zu erkennen gegeben hat, dass zwischen Bauteilen und sonstigen beweglichen
Sachen zu differenzieren sei, bleibt schließlich in diesem Bereich auch kein Raum
für eine gespaltene Auslegung.260 Dies gilt insbesondere auch für solche Bauteile,
die gewöhnlich nicht von Verbrauchern bestellt werden (z.B. Brückenrohlinge), da
258 Vgl. zur Anwendbarkeit des § 651 S. 1 auf sonstige Großfahrnis unten IV.; Kap. 2 (Schiffe) und
Kap. 4, D) (komplizierte Maschinen).
259 Vgl. Staudinger/Magnus Art. 1 CISG Rn. 50; Piltz NJW 2005, 2126, 2127. Zur Vorbildfunktion
des UN-Kaufrechts vgl. Teil 1, D) IV.
260 Vgl. dazu Teil 1, B).
85
es nicht statthaft ist, auf die Verbrauchergeschäftstypik eines Gegenstands abzustellen.261
§ 651 S. 1 findet mithin unabhängig von der Zweckbestimmung eines Gegenstands Anwendung. Beweglich sind mit anderen Worten alle Gegenstände, die im
Zeitpunkt ihrer Fertigstellung bzw. Lieferung im natürlichen Sinne fortbewegt werden können, und zwar auch dann, wenn sie später (z.B. als Teil eines Bauwerks)
unbeweglich werden sollen.262
Eine von diesem Ergebnis unabhängige und damit noch unbeantwortete Frage
betrifft die Beurteilung von Verträgen, bei denen der Unternehmer/Verkäufer neben
der Herstellung und Lieferung auch den Einbau des Bauteils vorzunehmen hat (sog.
Lieferungsverträge mit Montageverpflichtung). Diese Frage hat nichts mit dem
Beweglichkeitsbegriff des § 651 S. 1 zu tun. Es geht vielmehr um die Einordnung
von gemischten Verträgen, die aus § 651-Elementen und »normalen« werktypischen Elementen bestehen. So betrifft ein Vertrag über die Lieferung und den Einbau einer herzustellenden Einbauküche zwar durchaus bewegliche Sachen, da die
Küchenmöbel vor ihrem Einbau beweglich sind. Damit steht jedoch noch keineswegs fest, dass auf diesen Vertrag Kaufrecht anzuwenden ist, da auch die Einbauverpflichtung noch eine Rolle für die Einordnung des Vertrags spielt. Eine Berührung zum Beweglichkeitsbegriff besteht nur, wenn die Verbindung der Bauteile zur
Herstellung einer neuen Sache führt, so dass die Beweglichkeit des Endergebnisses
beurteilt werden muss. Auf Einzelheiten dieses Problemkomplexes wird noch in
einem gesonderten Kapitel einzugehen sein.263
4. Die Irrelevanz einer tatsächlichen Ortsveränderung
Ebenfalls insbesondere im Bausektor ist von Interesse, ob der Beweglichkeitsbegriff
verlangt, dass es nach der Herstellung tatsächlich zu einer Ortsveränderung kommt.
261 Vgl. dazu (»Neutralitätsgrundsatz«) I. 1.
262 Für Bauteile ebenso OLG Nürnberg BauR 2007, 122 (Lieferung von 100 speziell angefertigten
Türen); vgl. dagegen aber OLG Nürnberg, Urt. v. 17.06.2008 – 1 U 148/08 (Lieferung eines Lagersystems, das vom Endkunden auf einem Fundament montiert werden sollte); wie hier auch Kniffka
in Kniffka/Koeble, Teil 6 Rn. 13; ders., Bauvertragsrecht, § 651 Rn. 16 ff. (mit rechtspolitischer
Kritik und der Diskussion einer restriktiven Auslegung, welche aber letztlich abgelehnt wird);
AnwK-BGB/Raab § 651 Rn. 14; Galda in Wirth/Sienz/Englert Teil II § 433 Rn. 11; Messerschmidt/Leidig in Messerschmidt/Voit § 651 Rn. 26 ff.; Langenecker in Englert/Motzke/Wirth
§ 651 Rn. 6; Werner/Pastor Rn. 197; Cuypers, Bauvertragsrecht, Rn. 411, Zänker S. 141 f.; Mankowski MDR 2003, 854, 856; H.-B. Ulbrich/S. Ulbrich FS Thode S. 181, 196 f.; Schuhmann ZGS
2005, 250, 252 f., 254 f. (mit rechtspolitischer Kritik); Leupertz BauR 2006, 1648 f.; ders. in Prütting/Wegen/Weinreich § 651 Rn. 1; wohl auch MünchKomm4/Busche § 651 Rn. 10; allgemein kritisch und bezüglich Fertiggaragen a.A. Motzke in Bauträger-, Bau- und Maklervertrag S. 17, 20,
22. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine jüngst ergangene Entscheidung des OLG Naumburg (BauR 2008, 1142 ff.), wonach ein Vertrag über die Zerkleinerung von Betonbruch zur Wiederverwertung auf der Baustelle dem Werkvertragsrecht unterfalle, weil das Vertragsziel die Wiederverwendbarkeit des Materials sei. Die Argumentation ist insoweit abzulehnen, als der Zweck
des Materials als Einordnungskriterium herangezogen wird. Maßgeblich ist nach hier vertretener
Auffassung die Frage, ob die Zerkleinerung des Betonbruchs mit dem Ziel einer bestimmten Qualität als Herstellung einer neuen Sache einzuordnen ist [vgl. dazu C) VI. 3.)].
263 Vgl. Kap. 3.
86
Zu denken ist z.B. an die Herstellung eines großen Betonträgers direkt an der Baustelle, der anschließend noch mittels eines Krans aufgerichtet und mit dem Boden
verbunden werden muss.
Ein Gegenstand ist jedoch nicht nur dann im natürlichen Sinne beweglich, wenn
es tatsächlich zu einer Bewegung kommt, sondern bereits dann, wenn er im natürlichen Sinne fortbewegt werden kann, was auf den erwähnten Betonträger ohne Zweifel zutrifft. Die Differenzierung nach einer tatsächlichen Ortsveränderung wäre
willkürlich, was folgendes Gegenbeispiel verdeutlicht: Man wird nicht bestreiten
können, dass ein Tisch eine bewegliche Sache ist, selbst wenn der Schreiner ihn
direkt an seinem Bestimmungsort herstellt. Der Unterschied zum Betonträger
besteht allenfalls darin, dass Gegenstände dieser Art aufgrund ihrer Zweckbestimmung möglicherweise häufiger direkt vor Ort hergestellt werden oder nicht. Letztlich entspricht damit ein Abstellen auf eine (typische) Ortsveränderung einem
Abstellen auf die Zweckbestimmung, was nach hier vertretener Auffassung unzulässig ist.264
Ein Gegenstand kann also ohne weiteres im Sinne des § 651 S. 1 auch dann
beweglich sein, wenn er im Rahmen der Erfüllung des konkreten Vertrags an seinem Entstehungsort verbleibt. Ein Ansatzpunkt für das Erfordernis einer tatsächlichen Ortsveränderung könnte daher nur der Begriff der Lieferung sein. Es wird
jedoch noch darzulegen sein, dass auch für eine Lieferung keine tatsächliche Ortsveränderung erforderlich ist.265
Auch insoweit bleibt klarzustellen, dass damit über Verträge, bei denen auch der
Einbau des Betonträgers geschuldet ist, noch kein endgültiges Urteil gefällt ist. Für
solche Fälle (Lieferungsverträge mit Montageverpflichtung) gelten besondere
Regeln, die in einem gesonderten Kapitel zu erörtern sein werden.266
5. Konkretisierung des Beweglichkeitsbegriffs: Abgrenzung zu Bauwerken und
sonstigen ortsgebundenen Sachwerken
Im Grundsatz bereitet es keine großen Schwierigkeiten, bewegliche Sachen im
natürlichen Sinne von unbeweglichen Sachen abzugrenzen. Die Kriterien der
natürlichen Betrachtungsweise und der Ortsgebundenheit sind auch im bisherigen
deutschen Recht in anderem Zusammenhang bekannt, und zwar bei der Einordnung unter die Begriffe »Bauwerk« und »Arbeit an einem Grundstück« i.S.d.
§ 638 Abs. 1 S. 1 a.F. Solange es an einer bindenden Auslegung durch den EuGH
fehlt, wird man sich daher weitestgehend an der entsprechenden Kasuistik orientieren können.
»Bauwerk« in diesem Sinne sind in Verbindung mit dem Erdboden hergestellte
Sachen267, wobei die sachenrechtliche Einordnung nicht entscheidend ist268. Ent-
264 Vgl. oben 3.
265 Vgl. unten C) VII.
266 Vgl. dazu Kap. 3.
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scheidend sind vor allem die tatsächliche Ortsfestigkeit und eine entsprechende
Zweckbestimmung.269 Unter »Arbeiten an einem Grundstück« verstand man
Werke, die ohne Bauwerk zu sein mit dem Grundstück oder mit einem auf dem
Grundstück errichteten Gebäude im tatsächlichen Sinne eng verbunden sind und auf
Dauer verbunden bleiben sollen.270
In einem wichtigen Punkt bleibt der Rückgriff auf die bisherige Kasuistik freilich
entsprechend der hier vertretenen Auffassung verschlossen. Die Rechtsprechung
stufte vielfach die Herstellung und Lieferung von Bauteilen als »Bauwerk« ein,
auch wenn der Einbau von einem Dritten erfolgen sollte.271 Diese Einordnung ist
auf § 651 S. 1 nicht übertragbar, da es auf die Zweckbestimmung des Gegenstands
nicht ankommt.272
6. Ergebnis
»Beweglich« i.S.d. § 651 S. 1 sind alle Sachen, die im natürlichen Sinne zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung bzw. Lieferung fortbewegt werden können. Dabei kommt
es auf die Zweckbestimmung der Sache nicht an; »beweglich« sind damit auch individuell angefertigte, tatsächlich bewegbare Bauteile oder am Stück gelieferte Fertiggebäude. Eine tatsächliche Ortsveränderung ist nicht erforderlich.
Diese Differenzierung sagt noch nichts darüber aus, wie ein Vertrag einzuordnen
ist, bei dem den Unternehmer/Verkäufer zusätzlich noch eine Einbauverpflichtung
trifft. Dieser Problemkreis bleibt einem besonderen Kapitel vorbehalten.273
7. Exkurs: Grundstückszubehör
Werden im Zuge eines Grundstückskaufvertrags bewegliche Zubehörstücke (§ 97)
oder sonstige bewegliche Sachen, die im Zusammenhang mit dem Grundstück stehen, mitverkauft, so stellt sich die Frage, ob bei einem Verbrauchergeschäft die
§§ 474 ff. in Bezug auf die mitverkauften beweglichen Sachen Anwendung finden.
Analog stellt sich die Frage, ob § 651 (zumindest bei Verbrauchergeschäften)
Anwendung findet, wenn Zubehör oder sonstige bewegliche Sachen anlässlich eines
Vertrags über die Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an einem Grundstück herzustellen sind. Dieses Problem wird sich praktisch insbesondere bei Bauträgerverträgen stellen.
267 BGHZ 57, 60, 61.
268 BGHZ 117, 121, 123; BGH NJW 1999, 2434, 2435; v. Craushaar NJW 1975, 993, 995.
269 BGHZ 117, 121, 123 f.; BGH NJW 1999, 2434, 2435; vgl. auch Voit in Bamberger/Roth § 634a
Rn. 6.
270 Vgl. BGH NJW 1970, 942 f.; Palandt60/Sprau § 638 Rn. 8; vgl. zuletzt mit ähnlichem Ansatz (Lieferung und Einbau von Betonrecyclingmaterial und anderer Materialien zur Herstellung einer profilgerechten Containerabstellfläche unterfällt dem Werkvertragsrecht) OLG Brandenburg, Urt. v.
09.04.2008 – 4 U 179/04 [juris].
271 Vgl. MünchKomm3/Soergel § 638 Rn. 23.
272 Vgl. oben 3.
273 Vgl. dazu Kapitel 3 (Lieferungsverträge mit Montageverpflichtung).
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Klarzustellen ist zunächst, dass sich die Frage nach der Anwendbarkeit des § 651
S. 1 dann nicht stellt, wenn die bewegliche Sache im Zuge der Erfüllung eines einheitlichen Bau(träger)vertrags ihren Status als bewegliche Sache im natürlichen
Sinne verliert. Dieser Teilaspekt geht dann in dem einheitlichen Bau(träger)vertrag
auf, wird also Teil eines Vertrags über die Lieferung einer (herzustellenden) unbeweglichen Sache. Das gilt auch dann, wenn bei einer isolierten Betrachtung der
Bauteillieferung ein Lieferungsvertrag mit untergeordneter Montageverpflichtung
vorläge.274 Bei einem Bauträgervertrag, der gerade davon geprägt ist, dass ein
Grundstück mit einem schlüsselfertigen Bauwerk als Gesamtheit geschuldet ist,
wäre also auf die mitgeschuldete Lieferung einer bloß abzustellenden Fertiggarage
trotz der obenstehenden Erwägungen275 § 651 nicht anzuwenden. Vielmehr wäre –
sofern man der bisherigen Rechtsprechung zu Bauträgerverträgen noch folgen
möchte276 – bezüglich der Gesamtbauleistung alleine Werkvertragsrecht anzuwenden. Wenn man der Rechtsprechung zu Bauträgerverträgen nicht mehr folgen
möchte und stattdessen den Bauträgervertrag zumindest bei bereits fertig gestellten
Gebäuden als Kaufvertrag einordnen möchte277, so wäre auf die Lieferung der
Garage das Verbrauchsgüterkaufrecht nicht anwendbar.
Nicht so einfach ist es hingegen, wenn die bewegliche Sache nicht ihren Status
als bewegliche Sache (im natürlichen Sinne) verlieren soll, wenn sie also lediglich
Zubehör werden oder sogar in einem noch loseren Zusammenhang zum Grundstück
stehen soll. In diesem Fall kann nicht ohne weiteres behauptet werden, insoweit
ginge es um die Verschaffung einer einheitlichen unbeweglichen Sache, denn die
Zubehörteile verlieren ja gerade nicht ihre Selbständigkeit. Dabei ist gemäß der hier
maßgeblichen natürlichen Anschauung278 weniger die sachenrechtliche Betrachtungsweise entscheidend, sondern die natürliche Fortbewegbarkeit des jeweiligen
Gegenstands vom Grundstück, welche hier die Betrachtung als zur natürlichen
Gesamtheit des Grundstücks zugehörig stört.
Soweit es um Zubehör geht, wird dennoch vielfach vertreten, dass das Verbrauchsgüterkaufrecht insoweit keine Anwendung finde.279 Dieser Ansicht ist zuzugeben, dass Zubehör in vieler Hinsicht einen Sonderstatus genießt. So fällt insbesondere § 311c ins Auge, demnach ist von einem Vertrag über die Verpflichtung zur
Eigentumsübertragung an einem Grundstück im Zweifel auch das Zubehör
erfasst.280 Weiterhin unterfällt Zubehör unter bestimmten Voraussetzungen dem
Haftungsverband der Hypothek, der Immobiliarvollstreckung und ist im Zweifel
274 Vgl. zur Einordnung solcher Fälle im Übrigen Kapitel 3, dort insbes. D) I.
275 Vgl. oben 3.
276 Vgl. nur BGHZ 74, 204, 206 f.; für die Aufrechterhaltung z.B. Voit in Bamberger/Roth § 631 Rn.
17.
277 So z.B. Palandt/Sprau Vorb. v. § 633 Rn. 3.
278 Vgl. oben 2.
279 Bohne in Hoeren/Martinek Teil 1 Rn. 542; Wälzholz/Bülow MittBayNot 2001, 509, 518; Feller
MittBayNot 2003, 81, 84 f.; wohl auch Martinek in Grundmann, Systembildung, S. 511, 547.
280 Darauf verweisen Bohne in Hoeren/Martinek Teil 1 Rn. 542 und Feller MittBayNot 2003, 81, 84.
89
gemäß § 926 Abs. 1 S. 2 von einer Auflassung erfasst. Zweck dieser Regelungen ist
stets die Wahrung der wirtschaftlichen Einheit des Grundstücks.281
Ob dies einen Rückschluss auf die Anwendbarkeit des Verbrauchsgüterkaufrechts bzw. des § 651 S. 1 erlaubt, erscheint jedoch fraglich.282 So enthält § 311c
lediglich eine widerlegbare Auslegungsregel für den Fall eines schuldrechtlichen
Vertrags über ein Grundstück, aber keine Regelung über die typologische und
typenvertragsrechtliche Einordnung, erst recht nicht des Inhalts, dass der das Zubehör betreffende Vertragsaspekt den gleichen Regeln des Besonderen Schuldrechts
folgt wie der das Grundstück betreffende Vertragsaspekt. Auch die übrigen Vorschriften haben mit der Erhaltung der wirtschaftlichen Einheit des Grundstücks
einen Zweck, der mit der hier in Rede stehenden Problematik nichts zu tun hat und
insbesondere auch nicht durch eine gesonderte typenvertragsrechtliche Einordnung
gestört werden würde.
Betrachtet man solche Verträge indes unter dem Licht der allgemeinen Einordnungsregeln, liegt eine Differenzierung zwischen Grundstück und Zubehör nahe: Im
Sinne der herkömmlichen Nomenklatur liegt eine Typenkombination vor, nämlich
eine Kombination aus einer Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an einem
Grundstück (ggf. verknüpft mit der Pflicht zur Errichtung eines Gebäudes) und der
Verpflichtung zur Lieferung (herzustellender) beweglicher Sachen. Dass hier die
Lieferung beweglicher Sachen geschuldet wird, steht dabei außer Frage. Für solche
Fälle gilt grundsätzlich folgende allgemeine Regel: Werden verschiedene Leistungen, die bei isolierter Betrachtung verschiedenen Typenvertragsrechten unterfallen,
unter dem Dach eines einheitlichen Vertrags vereint, so ist regelmäßig die Kombinationsmethode anzuwenden.283 Es findet also auf den jeweiligen Aspekt grundsätzlich das Typenvertragsrecht Anwendung, das bei einer isolierten Betrachtung des
jeweiligen Aspekts ebenfalls anwendbar wäre. Eine Ausnahme gilt regelmäßig nur
für den Fall, dass die verschiedenartigen Leistungen aufeinander aufbauen (z.B. bei
bestimmten Lieferungsverträgen mit Montageverpflichtung284). Eine solche Ausnahme liegt aber hier nicht vor.
Auch vor dem Hintergrund der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie spricht viel für
eine solche differenzierte Betrachtung. Zwar wird vielfach eingewandt, die Lieferung von Zubehör im Rahmen eines Grundstücksgeschäfts werde nicht von der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfasst.285 Ein Beleg hierfür findet sich indes nicht. Insbesondere erfasst der Wortlaut der Richtlinie solche Gegenstände. In Betracht
kommt daher lediglich eine teleologische Reduktion. Hierfür wird argumentiert, bei
Grundstückszubehör handele es sich per definitionem um grundstücksbelegene
Sachen, welche nicht Gegenstand des gängigen innereuropäischen Warenverkehrs
281 Vgl. nur Palandt/Heinrichs § 97 Rn. 1.
282 Zutreffend Doehner S. 115 f.
283 Larenz/Canaris SchR II/2 § 63 I. 3. c) (S. 45).
284 Vgl. Kap. 3, insbes. dort B) und F).
285 So Wälzholz/Bülow MittBayNot 2001, 509, 518; Feller MittBayNot 2003, 81, 84 f.; wohl auch
Martinek in Grundmann, Systembildung, S. 511, 547.
90
seien.286 Dagegen ist folgendes einzuwenden: Zwar ist zutreffend, dass die Herstellung eines Mindestniveaus beim Rechtsverkehr mit Verbrauchsgütern vornehmlich
vor Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt schützen soll. Dabei kommt es
jedoch nicht auf die Zahl der potentiellen Geschäfte an. Grundstücksgeschäfte können durchaus grenzüberschreitend sein, auch wenn dies seltener vorkommen
mag.287
Selbst wenn man dieser Interpretation der Richtlinie nicht folgt, kann daraus
nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass dies auch die Nichtanwendbarkeit des
Verbrauchsgüterkaufrechts bzw. des § 651 bedeute.288 Das wäre nur der Fall, wenn
sich Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die oben dargestellten allgemeinen
Regeln für Typenkombinationen hier nicht Anwendung finden. Faktisch käme das
einer teleologischen Reduktion des § 474 Abs. 1 S. 1 bzw. des § 651 gleich. Als
Argument hierfür könnte herangezogen werden, dass es dem Gesetzgeber bei der
Schaffung der Verbrauchsgüterkaufvorschriften laut Gesetzesbegründung darum
gegangen sei, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen Regelungen zu treffen.289 Bei genauerer Betrachtung erweist sich dieses Argument aber nicht als tragfähig. Der Gesetzgeber ist hinsichtlich vieler Aspekte bei der Schaffung der §§ 474
ff. ersichtlich über die Richtlinienvorgaben hinausgegangen, er hat also gerade nicht
nur die zur Umsetzung erforderlichen Maßnahmen getroffen. Die Richtlinienumsetzung ist vielmehr nur ein Motiv unter vielen. Dass der Gesetzgeber mit »erforderlich« – ähnlich der bekannten Erforderlichkeitsdefinition beim verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz – das geringste zur Umsetzung geeignete Mittel meinte, kann mithin nicht behauptet werden.
Folgt man der hier vertretenen Richtlinienauslegung, so stellt sich abschließend
die Frage, ob bei Nichtverbrauchergeschäften eine gespaltene Auslegung möglich
ist. Dafür bestehen jedoch keine Anhaltspunkte; vielmehr ist wie oben dargelegt
bereits ohne Rücksicht auf die Richtlinie eine Differenzierung zwischen Grundstück
und Zubehör vorzunehmen.
Das Verbrauchsgüterkaufrecht findet auf den Zubehöraspekt mithin Anwendung290; gleiches gilt für § 651, falls das Zubehör noch herzustellen ist.
IV. Die Irrelevanz der Unvertretbarkeit der beweglichen Sache
Abschließend soll erläutert werden, welche Konsequenzen sich daraus ergeben,
dass durch § 651 S. 1 nunmehr auch Verträge über die Herstellung und Lieferung
unvertretbarer Sachen vollumfänglich in das Kaufrecht verwiesen werden.
286 Wälzholz/Bülow MittBayNot 2001, 509, 518; Feller MittBayNot 2003, 81, 85.
287 Ähnlich Doehner S. 110. Zur Problematik der Argumentation mit der quantitativen Bedeutung
eines Häufigkeitstyps vgl. in anderem Zusammenhang bereits oben I. 1. a) und b).
288 Insoweit zutreffend auch Feller MittBayNot 2003, 81, 85.
289 So Feller MittBayNot 2003, 81, 85; vgl. dazu BT-Drucks. 14/6040 S. 242.
290 So auch Brambring DNotZ 2001, 904, 909; Hertel ZNotP 2002, 4, 30 f.; Kornexl ZNotP 2002, 86,
91 f.; Doehner S. 115 f.; Faust in Bamberger/Roth § 474 Rn. 8.
91
Dass § 651 S. 1 auch unvertretbare Sachen erfasst, kann angesichts des klaren
Wortlauts dieser Norm in Verbindung mit § 651 S. 3 nicht bestritten werden. Die in
§ 651 S. 3 genannten Normen sind lediglich neben den Normen des Kaufrechts
anwendbar, soweit es um unvertretbare Sachen geht.
Gleichzeitig ist die Irrelevanz der Unvertretbarkeit richtlinienbedingt. Art. 1
Abs. 4 VerbrGKRL kennt keine Einschränkung auf vertretbare Sachen.291 Das
ergibt sich letztlich daraus, dass der Verbrauchsgutsbegriff des Art. 1 Abs. 2 lit. b)
VerbrGKRL durch keine weiteren Kriterien als der Beweglichkeit, der Körperlichkeit und der Fähigkeit, im fertigen Zustand Gegenstand eines klassischen Mobilienkaufs zu sein, definiert ist.292 Damit liegt die Richtlinie auch auf der Linie des Vorbilds des Art. 3 Abs. 1 CISG293, auch diese Norm differenziert nicht zwischen vertretbaren und unvertretbaren Waren.
Es ist auch nicht möglich, eine Differenzierung zwischen vertretbaren und unvertretbaren Sachen durch eine auf Nichtverbrauchergeschäfte beschränkte gespaltene
Auslegung des § 651 S. 1 einzuführen.294 Dass es auch bei Nichtverbrauchergeschäften keine Differenzierung geben soll, hat durch § 651 S. 3 einen eindeutigen
Niederschlag im Gesetz gefunden.
Seine besondere Bedeutung erlangt dieser Grundsatz, weil dadurch auch der
sogenannte »echte Werklieferungsvertrag«295, auf den im bisherigen Recht im
wesentlichen Werkvertragsrecht anzuwenden war (§ 651 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 a.F.),
nunmehr in das Kaufrecht verwiesen wird. Aus rechtspolitischer Sicht ist dies nicht
unproblematisch, weil dadurch einige Normen des Werkvertragsrechts von der
Anwendbarkeit ausgeschlossen werden, die zumindest bei unvertretbaren Sachen
regelmäßig angemessener sind als die Normen des Kaufrechts.296 Dabei muss auch
der Zweck der bisherigen Differenzierung in den Blick genommen werden: Das Kriterium der Unvertretbarkeit diente gleichsam dazu, die beim echten Werklieferungsvertrag regelmäßig gesteigerte Werktypik auszudrücken, welche die Anwendbarkeit
des Werkvertragsrechts rechtfertigte. Ein typisches Kennzeichen werktypischer
Verträge ist gerade, dass der Unternehmer die Aufgabe hat, einen bestimmten, vom
Besteller gewünschten und damit individuellen Erfolg herbeizuführen297, d.h. typisches Arbeitsergebnis eines werktypischen Sachherstellungsvertrags ist eine unvertretbare Sache.
Aufgrund dieser rechtspolitischen Bedenken ist nachvollziehbar, dass man in der
Literatur und Rechtsprechung zum Teil bestrebt ist, die Anwendbarkeit des § 651
291 Luna Serrano in Grundmann/Bianca Art. 1 Rn. 28.
292 Vgl. oben I.
293 Convention on Contracts for the International Sale of Goods (Übereinkommen der Vereinten
Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf von 1980, UN-Kaufrecht).
294 Entgegen Metzger AcP 204 (2004), 231, 252, 257 ff. (gespaltene Auslegung bei typischen Investitionsgütern denkbar); dem folgend offenbar OLG Nürnberg, Urt. v. 17.06.2008 – 1 U 148/08. Zu
den Voraussetzungen einer gespaltenen Auslegung vgl. Teil 1, B).
295 Vgl. zu dieser Bezeichnung MünchKomm4/Busche § 651 Rn. 2; andere gängige Bezeichnung:
»eigentlicher Werklieferungsvertrag«, vgl. Palandt60/Sprau § 651 Rn. 2.
296 Zu den Rechtsfolgen vgl. Teil 3 Kap. 1.
297 Vgl. nur Voit in Bamberger/Roth § 631 Rn. 2.
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S. 1 wenigstens in einigen Fällen der Herstellung unvertretbarer Sachen zurückzudrängen. Doch darf dies nicht in der Weise geschehen, dass der Grundsatz der Irrelevanz der Unvertretbarkeit umgangen oder sogar offen geleugnet wird.298 So kann
die Anwendbarkeit des § 651 S. 1 nicht mit dem Argument abgelehnt werden, die
Herstellung des fraglichen Gegenstands gehe auf die Erfüllung besonderer Bestellerwünsche zurück299, denn die besonderen Bestellerwünsche drücken sich ja
gerade in der Unvertretbarkeit des herzustellenden beweglichen Gegenstands aus.
Aus dem gleichen Grund ist es unzulässig, die Anwendbarkeit des § 651 S. 1 auf
»Massengüter« oder die »Lieferung herzustellender standardisierter Sachen aus
einer Serienproduktion« zu beschränken.300 Weiterhin ist es nicht möglich, die
Anwendbarkeit des § 651 S. 1 aufgrund eines besonderen Zwecks der Sache abzulehnen. Für individuell angefertigte Sachen, die zum Einbau in ein Bauwerk gedacht
sind, wurde dies bereits dargelegt.301 Gleiches gilt aber z.B. auch für Industriemaschinen, die der Besteller/Käufer für einen speziellen Produktionsprozess benötigt.
Hier lässt sich nicht sagen, dass es eigentlich darum gehe, dass sich die Maschine in
diesen Produktionsprozess einfügt und deshalb kein Fall des § 651 S. 1 vorläge,
denn es ist ja gerade der individuelle und damit die Unvertretbarkeit kennzeichnende Zweck der Sache, seine Funktion in diesem Produktionsprozess zu erfüllen.302 Schließlich ist es nicht zulässig, aufgrund von bestimmten Vorarbeiten im
Vorfeld einer Sachherstellung, wie z.B. bei Ingenieurleistungen im Vorfeld der Her-
298 Für letzteres ist H. Beckmann DStR 2006, 1329 f. exemplarisch (§ 651 S. 1 erfasse nur standardisierte Sachen aus einer Serienproduktion, solche Sachen sind aber geradezu das typische Beispiel
vertretbarer Sachen).
299 Insbesondere zu Individualsoftware (deren Einordnung unter § 651 hier aus anderen Gründen
abgelehnt wird, vgl. Kap. 5, C) findet sich dieses Argument sehr häufig; vgl. z.B. Hoeren in Dauner-Lieb/Konzen/Schmidt S. 515, 518 f.; Spindler/Klöhn CR 2003, 81, 83 f. Vgl. auch Schudnagies
NJW 2002, 396, 398, der bei Baustoffen nach wie vor auf die Individualität abstellen möchte. Lapp
in JurisPraxKomm § 651 Rn. 14 schließlich will § 651 nicht anwenden, wenn die Parteien den Herstellungsprozess zum wesentlichen Vertragsinhalt erheben, diese Ansicht verstößt nicht nur gegen
den Grundsatz der Irrelevanz der Unvertretbarkeit, sie verkennt zudem, dass § 651 gerade auch
werktypische Verträge erfasst, bei denen eine Sache vor der Lieferung erst hergestellt werden muss
und die Parteien dies wissen und wollen; unzutreffend auch OLG Nürnberg, Urt. v. 17.06.2008 –
1 U 148/08, welches ähnlich wie Lapp argumentiert (§ 651 S. 1 sei bei der Herstellung von Investitionsgütern nicht anwendbar, weil der Schwerpunkt des Vertrags auf der Herstellung liege).
Auch die Frage, inwiefern sich aus der Natur oder den Klauseln des Vertrags Mitwirkungsobliegenheiten ergeben, ist ohne Relevanz: es kann nicht mit dem Bedürfnis nach einer den §§ 642, 643
entsprechenden Regel argumentiert werden, um zur Nichtanwendbarkeit des § 651 zu kommen
(a.A. Lapp in JurisPraxKomm § 651 Rn. 14), denn diese Normen erklärt § 651 S. 3 gerade deshalb
für anwendbar, um diesem Bedürfnis gerecht zu werden.
300 So aber Thode ZfBR 2000, 363, 365; Lippert CR 2002, 458, 464; Schudnagies NJW 2002, 396,
398; Motzke in Bauträger-, Bau- und Maklervertrag, S. 17, 22; H. Beckmann DStR 2006, 1329 f.;
in diese Richtung auch H.-B. Ulbrich/S. Ulbrich FS Thode S. 181, 198; vgl. hierzu auch oben I. 1.
(Neutralitätsgrundsatz).
301 Vgl. oben III. 3. Nicht zu folgen ist deshalb auch der Argumentation des OLG Naumburg (BauR
2008, 1142 ff.), wonach ein Vertrag über die Zerkleinerung von Betonbruch mit dem Ziel der Wiederverwendbarkeit des Materials kein Fall des § 651 sei, weil die Wiederverwendbarkeit ein über
die Zerkleinerung hinausgehender Erfolg sei. Das OLG Naumburg verkennt, dass die Wiederverwendbarkeit lediglich eine bestimmte Beschaffenheit des Materials ist, die geschuldet war. Fraglich ist allerdings, ob die Zerkleinerung von Betonbruch die Herstellung einer neuen Sache darstellt, dazu vgl. unten C) VI. 3.
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stellung einer komplizierten Maschine, die Anwendbarkeit des § 651 S 1 auszuschließen, wenn der Vertrag auf die Lieferung dieser Maschine gerichtet ist.303
Denn diese Ingenieurleistungen gehen ebenfalls im individuellen Charakter der
Maschine und damit in ihrer Unvertretbarkeit auf.304 Ein anderes Ergebnis wäre hier
nur denkbar, wenn sich vertreten ließe, dass sich der Vertrag im Schwerpunkt nicht
auf die Herstellung der Maschine, sondern auf die im Vorfeld zu erbringende Ingenieurleistung richte. Im Kapitel zu Verträgen über geistige Leistungen wird noch
darzustellen sein, dass dies nicht der Fall ist, da es sich bei den Ingenieurleistungen
»nur« um notwendige Vorarbeiten zum Herstellungsprozess handelt.305
V. Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse
Bewegliche Sachen sind alle körperlichen Gegenstände, die im natürlichen Sinne
fortbewegt werden können. Ob die Sache dazu bestimmt ist, nach der Lieferung
unbeweglich zu werden, ist ohne Relevanz; erfasst sind damit insbesondere auch
Sachen, die zur Herstellung eines Bauwerks bestimmt sind. Irrelevant ist ferner, ob
die an dem Geschäft beteiligten Personen Unternehmer und/oder Verbraucher sind
oder ob die Sache typischerweise von Verbrauchern bestellt wird oder nicht. Irrelevant ist schließlich, ob die Sache unvertretbar ist oder nicht und welchem Zweck sie
dem Besteller/Käufer dienen soll.
C) Herstellung, Erzeugung und Lieferung
Das zentrale Problem um die Begriffe Herstellung, Erzeugung und Lieferung ist die
Frage, ob eine rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung zwingende Voraussetzung für eine Lieferung ist. Da nach der bisher herrschenden Meinung der Besteller/
Käufer regelmäßig schon durch den Herstellungsprozess Eigentümer wurde, wenn
er den wesentlichen Teil der Stoffe stellte306, hängt dies unmittelbar mit der Frage
302 A.A. Voit in Bamberger/Roth § 651 Rn. 12. Zur Frage, wie Verträge zu beurteilen sind, wenn auch
der Einbau in den Produktionsprozess geschuldet ist, vgl. Kap. 3 (Lieferungsverträge mit Montageverpflichtung).
303 So aber Metzger AcP 204 (2004), 231, 252 f.; 263; Leistner JA 2007, 81, 88 f.; dem folgend (vorher
u.a. in Bezug auf die Statik zu planendes Lagersystem für Agrarprodukte) OLG Nürnberg, Urt. v.
17.06.2008 – 1 U 148/08; tendenziell auch Messerschmidt in Messserschmidt/Voit Syst. Teil B
Rn. 11; offen lassend (Planung und Lieferung einer Aufzugsanlage, die von einem anderen Unternehmer eingebaut werden soll) Kniffka, Bauvertragsrecht, § 651 Rn. 15.
304 So auch Schuhmann ZGS 2005, 250, 255.
305 Vgl. Kap. 4, E). Davon zu trennen ist freilich die Frage, wie ein Vertrag einzuordnen ist, bei dem
nur die Ingenieurleistung geschuldet ist. Dann kann § 651 S. 1 selbst dann unanwendbar sein,
wenn im Zuge dieser Leistung körperliche Ergebnisse entstehen, wie z.B. Prototypen (auch hierzu
näher Kap. 4, E).
306 Zu Nachweisen vgl. unten IV. 3. d).
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References
Zusammenfassung
§ 651 BGB ist durch die Schuldrechtsreform grundlegend verändert worden. Während zuvor für die Anwendbarkeit des Kaufrechts letztlich entscheidend war, ob der Vertrag im Schwerpunkt kauftypisch ist, scheint nunmehr nur maßgeblich zu sein, ob eine bewegliche Sache zu liefern ist, selbst wenn sie nach individuellen Vorgaben herzustellen ist. Diese Abgrenzung wird vielfach als unbefriedigend empfunden, gerade weil sie nicht typologisch, sondern nur anhand von (nur scheinbar einfach zu bestimmenden) Äußerlichkeiten erfolgt. Der Autor untersucht zum einen den Anwendungsbereich der neuen Norm. Die Probleme liegen hier u.a. im Baurecht, bei komplexen Maschinen (Anlagenbau) und bei der Abgrenzung zu geistigen Leistungen. Problematisch sind wegen Bezügen zum Sachenrecht auch Fälle, bei denen der maßgebliche Stoffanteil vom Besteller gestellt wird. Zum anderen untersucht der Autor die z.T. praktisch sehr gravierenden Rechtsfolgen und inwiefern vertragliche Abweichungen möglich sind. Dabei legt er vor dem europäischen Hintergrund (Verbrauchsgüterkaufrichtlinie) dar, welche methodischen Grenzen einer restriktiven Auslegung gesetzt sind. Das Werk ist damit zugleich ein wichtiger Beitrag zur Dogmatik der (überschießenden) Richtlinienumsetzung.