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lässt sich das durch diese Ansicht akzentuierte Problem auch durch eine materiellrechtsfreundliche Qualifikation lösen.
Konkret auf die Parteifähigkeit bezogen stellt sich also folgendes Bild dar.
II. Die Bestimmung der Parteifähigkeit von Gebilden in Anwendung der
Sachnormen der lex fori
1. Überblick
Kernstück dieses Ansatzes ist die Anwendung der Sachnormen der lex fori, die erst
bei der Feststellung von Defiziten durch noch näher zu bestimmende Mechanismen
korrigiert werden muss. Sie betont demnach die grundsätzliche Geltung des lex-fori-
Prinzips innerhalb des IZVR.
Dem Institut der Parteifähigkeit wird dabei folgende, schon bei LESKE-
LOEWENFELD579 zugrunde gelegte, Zweiteilung entnommen. Einerseits gebe es eine
Parteifähigkeit, die auf der materiellrechtlichen Rechtsfähigkeit beruhe, wie aus
§ 50 Abs. 1 ZPO ersichtlich sei. Andererseits gebe es eine Parteifähigkeit die „lediglich im Prozessrecht wurzele.“580
Aus dem, nach dieser Ansicht gleichwohl begrenzten, materiellrechtlichen Bezug
der Parteifähigkeit folge, dass von ihrem Vorliegen ausgegangen werden müsse,
wenn nach dem durch das IPR berufene Recht die Rechtsfähigkeit gegeben sei.581
Das deutsche Prozessrecht könne auf Normen des IPR zurückgreifen, deren Verweisungsumfang jedoch vom telos der betroffenen Verfahrensregel bestimmt wird.582
Die Rechtsfähigkeit wird so zur eigenständig angeknüpften Vorfrage.583 Damit erscheint gleichzeitig die Frage, ob auch die Parteifähigkeit dem Gebilde nach seinem
Heimatrecht zuerkannt wird, zumindest auf dieser Prüfungsebene irrelevant.
Für den Aspekt der Parteifähigkeit, der ausschließlich im Prozessrecht zu verorten
sei, stellt sich die Lage anders dar. § 50 Abs. 2 ZPO und § 124 HGB würden für das
deutsche Recht aufzeigen, dass es auch Gebilde geben könne, denen zwar die
Rechtsfähigkeit fehle, die trotzdem aber parteifähig seien.584 Mit dem Blick auf ausländische Gebilde, denen nach ihrem Heimatrecht lediglich die Parteifähigkeit zuerkannt wird, führe eine nur auf das Vorhandensein der Rechtsfähigkeit abstellende
Lösung zu einer nicht zu rechtfertigenden Erschwerung der Rechtsverfolgung durch
579 LESKE-LOEWENFELD, Int. Rechtsverfolgung I, S. 20; a.A. PAGENSTECHER, ZZP 64 (1951),
249, 254.
580 LESKE-LOEWENFELD, Int. Rechtsverfolgung I, S. 20.
581 V. BAR/MANKOWSKI, IPR I, § 5 Rz. 86.
582 V. BAR/MANKOWSKI, IPR I, § 5 Rz. 86.
583 BASEDOW, Qualifikation, S. 131, 147; V. BAR/MANKOWSKI, IPR I, § 5 Rz. 86.
584 Dieser Standpunkt wurde oben mit der Entscheidung für das materielle Parteifähigkeitskonzept abgelehnt, s. S. 62.
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inländische Gläubiger.585 Nur das deutsche Prozessrecht könne bestimmen, wann in
einem deutschen Prozess die Parteifähigkeit vorliege oder nicht.586 Eine „ergebnisblinde Ankoppelung an ausländisches Verfahrensrecht“ sei „untunlich.“587 Aus § 50
Abs. 2 ZPO und § 124 HGB wird somit eine Lücke hergeleitet, die durch verschiedene Ansätze (aber nicht notwendigerweise durch eine analoge Anwendung des § 50
Abs. 2 ZPO) geschlossen werden soll.588
2. Lückenfüllung im Bereich der „genuin im Prozessrecht verankerten“
Parteifähigkeit
Problematisch erweist sich demnach der Anwendungsbereich der Parteifähigkeit, die
nach dieser Sichtweise genuin im Prozessrecht zu verorten ist.
a) Lückenfüllung durch Vergleichbarkeit mit Einrichtungen des deutschen Rechts
Um die entstandenen Lücken zu schließen. wird vertreten, dass sich die Parteifähigkeit nach deutschem Verfahrensrecht nur dann besteht, wenn das als ausländisch zu
qualifizierende Gebilde einem parteifähigen Gebilde des deutschen Rechts vergleichbar ist.589 Dabei sei die Parteifähigkeit nach dem jeweiligen Heimatrecht zwar
ein gewichtiges Indiz, jedoch nicht allein ausschlaggebend.590 Methodisch handelt es
sich um eine Substitution, die voraussetzt, dass auf den Normzweck der deutschen
Parteifähigkeitsregelungen bezogen, das ausländische Gebilde strukturell einem
deutschen parteifähigen Gebilde entspricht.591 Der Rückgriff auf die Substitution
wirkt auf den Kreis der parteifähigen Gebilde in zweierlei Hinsicht. Handelt es sich
um ein vergleichbares Gebilde, begründet sie die Parteifähigkeit. Ist die Vergleichbarkeit indes zu verneinen, entfaltet sich in Relation zu einer u.U. nach dem Heimatrecht gegebenen Parteifähigkeit eine begrenzende Wirkung.
Schon KANN hat das Kriterium der Vergleichbarkeit für den Gesellschaftstypus
der OHG näher untersucht.592 Die OHG entbehrte aus seiner Perspektive freilich der
Rechtsfähigkeit. Nach KANN sind solche nach ihrem Heimatrecht nicht rechtsfähigen Gebilde parteifähig, die ihrer Struktur nach wie die deutsche „Gesamthänder-
585 BGH NJW 1960, 1204, 1205; BGH WM 1986, 641; zustimmend: V. BAR/MANKOWSKI, IPR
I, § 5 Rz. 86.
586 V. BAR/MANKOWSKI, IPR I, § 5 Rz. 86.
587 V. BAR/MANKOWSKI, IPR I, § 5 Rz. 87.
588 Dazu eingehend FURTAK, Parteifähigkeit, S. 131ff.; vgl. auch V. BAR/MANKOWSKI, IPR I,
§ 5 Rz. 87ff.
589 Vgl. V. BAR/MANKOWSKI, IPR I, § 5 Rz. 87.
590 V. BAR/MANKOWSKI, IPR I § 5 Rz. 87.
591 Vgl. hierzu oben und BASEDOW, Qualifikation, S. 131, 151.
592 KANN, FS Heinitz, S. 328f.
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schaft“ organisiert sind, ohne aber gleichzeitig eine juristische Person zu sein.593
Dogmatisch ordnet KANN dies als handelsprozessrechtliches Gewohnheitsrecht der
Gerichte aller Kulturstaaten ein. Zumindest lasse sich dieses Ergebnis auf eine analoge Anwendung des § 124 HGB stützen.594 Auch die Begründung der Parteifähigkeit anderer ausländischer Gebilde hält KANN für möglich, wenn sie einem anderen
Typus eines parteifähigen inländischen Gebildes entsprechen.595 Konkrete Hinweise
in diese Richtung bleibt KANN jedoch schuldig. Wird in diesem Falle das telos von
§ 124 HGB dahingehend konkretisiert, dass die gesamthänderische Prägung für die
Zuerkennung der Parteifähigkeit ausschlaggebend ist, so drängt sich für alle übrigen
Normen des „Systems der Parteifähigkeitsverleihung“596 dieselbe Frage nach deren
Zweck auf. Es ist ihr Zweck, der ermittelt werden muss, um letztlich eine Substitution prüfen zu können. Nebenbei soll hier darauf hingewiesen werden, dass für KANN
bezeichnender Weise gerade der gesamthänderische Charakter eines Gebildes und
nicht etwa deren Registerpublizität den Ausschlag für die Bejahung einer dem sachrechtlichen Ansatz zufolge rein prozessrechtlich verorteten Parteifähigkeit gibt.
FURTAK streitet der Vergleichbarkeitsprüfung den Charakter eines Substitutionsvorgangs ab, da eine Substitution aufgrund der „Regelungsunterschiede des Gesellschaftsrechts verschiedener Rechtsordnungen sehr aufwendig und angesichts der
Weite, der nicht erfassten Regelungsbereiche nur eingeschränkt erfolgsversprechend“ sei.597 Das Kriterium der Vergleichbarkeit laufe so auf einen pauschalen Typusvergleich hinaus und sei aufgrund seiner schweren Handhabbarkeit unbefriedigend.598
Wäre der hier berührte Bereich der Parteifähigkeit rein prozessrechtlicher Natur,
so müssten diese Schwierigkeiten überwindbar sein. Denn dann könnten aus dem
prozessrechtlichen Zweck einer deutschen Parteifähigkeitsvorschrift nähere, die Parteifähigkeit konstituierende Strukturmerkmale wie z.B. die Registerpublizität herausgearbeitet werden. Dazu müssten solche Kriterien gefunden werden, die sich
stimmig in ein prozessrechtliches „System der Parteifähigkeitsverleihung“599 integrieren ließen. Diese Kriterien müssten zudem den rein prozessrechtlichen Zweck der
jeweiligen Vorschrift klar hervortreten lassen. Die enge Verknüpfung von Rechtsund Parteifähigkeit bedingt den Befund, dass eine Substitution nicht praktikabel ist.
Vom materiellen Recht zu unterscheidende Kriterien lassen sich nicht finden, da es
sich bei den diskutierten Bestimmungen vom Standpunkt einer prozessualen Qualifikation der Parteifähigkeit lediglich um Korrekturen im Einzelfall, nicht jedoch um
ein in sich stimmiges Regelungsgefüge handelt.
593 KANN, FS Heinitz, S. 328f.
594 Ähnlich RIEZLER, IZPR, S. 416f., der dieses Vorgehen durch Zweckmäßigkeitsgründe gerechtfertigt sieht.
595 KANN, FS Heinitz, S. 331.
596 FURTAK, Parteifähigkeit, S. 21.
597 FURTAK, Parteifähigkeit, S. 145.
598 FURTAK, Parteifähigkeit, S. 145f.
599 FURTAK, Parteifähigkeit, S. 21.
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b) Lückenfüllung durch Rechtsschein
aa) Analoge Anwendung von § 50 Abs. 2 ZPO
Der BGH wandte in einer Grundsatzentscheidung vom 28.01.1960600
§ 50 Abs. 2 ZPO auch bei ausländischem Personalstatut analog an. Ein beklagtes
Gebilde sei jedenfalls dann passiv parteifähig, wenn es im Inland durch sein Auftreten den Anschein gesetzt habe, es sei rechtsfähig. Dabei lässt sich auch hier der
BGH von dem Gedankengang leiten, dass bei Setzung eines Rechtsscheins der
Schutz des redlichen inländischen Geschäftsverkehrs durch die Fiktion einer ihm
entsprechenden Rechtslage gewährleistet werden muss.601 Wie im ersten Teil der
Untersuchung festgestellt, begegnet eine Analogie auf § 50 Abs. 2 ZPO zur Begründung der Parteifähigkeit aus Rechtsscheingesichtspunkten tief greifenden Bedenken.602 Auch hier wird § 50 Abs. 2 ZPO ein Rechtsgedanke entnommen, der ihm
nicht beiliegt. Bei prozessrechtlicher Qualifikation der Parteifähigkeit hätte dem
§ 50 Abs. 2 ZPO lediglich eine beschränkende Wirkung, nicht jedoch eine erweiternde Wirkung hinsichtlich der Bestimmung der Parteifähigkeit entnommen werden
können.603 Zuordnungsschwierigkeiten bei den durch die Urteilswirkungen betroffenen Rechtsträgern würden auch hier zwangsläufig entstehen, ohne dass für dieses
Problem eine schlüssige Lösung ersichtlich wäre.
Das gewichtigste Argument gegen eine analoge Anwendung des § 50 Abs. 2 ZPO
ist jedoch der Umstand, dass ein Rechtsschein, der auf die Rechtsfähigkeit und nicht
auf die Parteifähigkeit hindeutet, gerade kein Rechtsschein ist, der seine Wirkung
ausschließlich im Prozessrecht entfalten sollte. Vielmehr müsste dann der Rechtsschein primär die Rechtsfähigkeit begründen, auf die sich dann wiederum die Parteifähigkeit gem. § 50 Abs. 1 ZPO stützen ließe. Dieser Ansatz lässt sich einem Urteil
des OLG Nürnberg604 entnehmen. Trotzdem wendete das OLG Nürnberg auch
§ 50 Abs. 2 ZPO an. § 50 Abs. 2 ZPO sollte die Folge einer umfassenden Parteifähigkeit auf die passive Parteifähigkeit reduzieren. Auch wenn man die Möglichkeit
einer Rechtsfähigkeit kraft Rechtsscheins in Fällen mit Auslandsbezug dahinstellt,
so erweist sich eine analoge Anwendung des § 50 Abs. 2 ZPO höchstens als eine
Begrenzung auf die passive Parteifähigkeit.
Eine analoge Anwendung des § 50 Abs. 2 ZPO ist daher abzulehnen. Aus
§ 50 Abs. 2 ZPO lässt sich weder eine genuin im Prozessrecht verankerte Parteifähigkeit herleiten, noch kann in der Folge hiervon eine etwaige (oben abgelehnte)605
Begrenzungsfunktion zur Lückenfüllung taugen.
600 BGH NJW 1960, 1204f. (= WM 1960, 662ff. = IPRspr. 1960/1961, Nr. 186, S. 588).
601 Vgl. auch FURTAK, Parteifähigkeit, S. 138.
602 Vgl. S. 46f.
603 Vgl. S. 46f.
604 OLG Nürnberg IPRax 1985, 342.
605 Vgl. S. 46f.
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bb) Analoge Anwendung von Art. 12 S. 1 EGBGB
Vielerorts wird auch eine analoge Anwendung von Art. 12 S. 1 EGBGB vertreten.606
Auch hier ist freilich zu untersuchen, ob sich der Rechtsschein wirklich auf die Parteifähigkeit bezieht.607 Bevor es darauf aber ankommt, müsste Art. 12 Abs. 1
EGBGB überhaupt auf rechtliche Gebilde analog anwendbar sein. Art. 12 EGBGB
hat seinen Ursprung in Art. 11 EVÜ, der das Internationale Gesellschaftsrecht gerade nicht regelt. Dies schließt eine analoge Anwendung über den Wortlaut hinaus auf
juristische Personen aber nicht per se aus.608
Hinsichtlich der Rechtsfähigkeit ist eine analoge Anwendung auf nicht existente
Gebilde jedoch zweifelhaft. Während bei natürlichen Personen der gänzlichen Versagung der Rechtsfähigkeit heute keine nennenswerte Bedeutung mehr zukommen
wird, ist dies bei rechtlichen Gebilden anders. M.E. kann eine Analogie nur insoweit
tragen, als es um das Ausmaß des Schutzniveaus geht. Nur Einschränkungen einer
gegebenen Rechtsfähigkeit, wie sie z.B. durch die ultra-vires-Lehre vorkommen,
können durch eine analoge Anwendung des Art. 12 Abs. 1 EGBGB überwunden
werden. Gegen eine analoge Anwendung des Art. 12 Abs. 1 EGBGB unmittelbar
auf die Parteifähigkeit spricht der Umstand, dass es sich um eine Rechtsschutznorm
des materiellen Rechts und nicht des Prozessrechts handelt. Schutzzweck des Art. 12
Abs. 1 EGBGB ist das Vertrauen der inländischen Geschäftspartner auf die Gültigkeit der mit der ausländischen Gesellschaft abgeschlossenen Rechtsgeschäfte.609
Nicht umfasst ist die Frage, ob ein Gebilde verklagt werden können soll.610 Wie
schon im ersten Teil dargelegt,611 widerspräche dies auch der Zuordnungsfunktion
der Parteifähigkeit.612
3. Würdigung
Der sachnormrechtliche Ansatz hat zur Prämisse, dass ein bestimmter Bereich der
Parteifähigkeit genuin im Prozessrecht wurzelt. Bei Gebilden, denen es nach ihrem
Heimatrecht an der Rechtfähigkeit mangelt, wird vom sachnormrechtlichen Ansatz
eine Regelungslücke ausgemacht. Zur Schließung dieser Lücke werden unterschiedliche Wege vorgeschlagen. Eine Substitution ist zur Lückenfüllung unpraktikabel,
da sich keine rein prozessrechtlichen Kriterien herleiten lassen, die sich stimmig in
das behauptete „System der Parteifähigkeitsverleihung“ integrieren ließen. Auch ei-
606 Vgl. WERNER, Nachweis, S. 102, m.w.N.
607 So auch WERNER, Nachweis, S. 102; diesen Punkt nicht erwähnend: FURTAK, Parteifähigkeit, S. 139f.
608 Hierzu MüKo-SPELLENBERG, EGBGB, Art. 12, Rz. 12a; a.A. aber ohne weitergehende Begründung: GEIMER, IZPR, Rz. 2204.
609 WERNER, Nachweis, S. 104.
610 MüKo-SPELLENBERG, EGBGB, Art. 12, Rz. 31; WERNER, Nachweis, S. 104.
611 Vgl. S. 46f; zur Zuordnungfunktion s. S. 70f.
612 Im Ergebnis ebenso: FURTAK, Parteifähigkeit, S. 140.
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ne analoge Anwendung von § 50 Abs. 2 ZPO, die eine parteifähigkeitsbegründende
Wirkung zeitigt, ist von einer parteifähigkeitsbegrenzenden Interpretation des § 50
Abs. 2 ZPO nicht gedeckt. Insbesondere der Ansatz über die Substitution zeigt indes
auf, dass es sich nicht um eine Parteifähigkeit handeln kann, die genuin prozessrechtlich verankert ist. Die Akzeptanz der durch das Heimatrecht zuerkannten
Rechtsfähigkeit als Voraussetzung für die Parteifähigkeit nach deutschem Verfahrensrecht ist gerade eine „ergebnisblinde Abkoppelung“ im Sinne der Verfechter eines sachnormrechtlichen Ansatzes. Denn es kann nicht ausgeschlossen werden, dass
„Oasenstaaten“ geringere Anforderungen an die Rechtsfähigkeit stellen als das deutsche Recht. Die Parteifähigkeit taugt somit nicht als Garant einer speziellen Beschaffenheit des Verfahrenssubjekts. Wollte man hier korrigierend z.B. mit dem ordre public eingreifen, müsste dies zudem schon auf der Ebene der materiellrechtlichen Vorfrage der Rechtsfähigkeit geschehen. Der sachnormrechtliche Ansatz
kann mit seiner Zweiteilung in eine materiellrechtlich akzessorische und rein prozessual verankerte Parteifähigkeit nicht überzeugen.
III. Die Lehre PAGENSTECHERS von der einseitigen ungeschriebenen Verfahrenskollisionsnorm zur Anknüpfung der Parteifähigkeit von ausländischen Gebilden
PAGENSTECHER hat 1951 einen Aufsatz über die Parteifähigkeit bei Sacherverhalten
mit Auslandsberührung veröffentlicht,613 der den wissenschaftlichen Diskurs nachhaltig beeinflusst hat. Er vertritt darin eine einseitige ungeschriebene Verfahrenskollisionsnorm zur Anknüpfung der Parteifähigkeit von ausländischen Gebilden.
1. Prämissen Pagenstechers
Bevor jedoch auf seine Lehre näher eingegangen wird, soll noch einmal auf die im
ersten Teil dieser Untersuchung schon berichtete Grundeinstellung PAGENSTECHERS
gegenüber dem Verhältnis von Parteifähigkeit und Rechtsfähigkeit zurückgekommen werden. PAGENSTECHER qualifiziert die Parteifähigkeit als prozessrechtliche
Norm. Er ist der Ansicht, dass es für die „Stellung eines parteifähigen Gebildes im
Zivilprozess […] gleichgültig“ sei, „ob es rechtsfähig ist oder nicht.“614 Ein Gebilde
sei nach den deutschen Sachnormen nur dann parteifähig, „wenn der deutsche Gesetzgeber ihm die Parteifähigkeit verliehen habe.“615 Mit der Rechtsfähigkeit habe
die Parteifähigkeit nur insofern Berührungspunkte, als in den Fällen der Verleihung
der Rechtsfähigkeit über § 50 Abs. 1 ZPO auch automatisch die Parteifähigkeit verliehen werde.616 Es lässt sich daher festhalten, dass PAGENSTECHER seinen Ausfüh-
613 PAGENSTECHER, ZZP 64 (1951), 249ff.
614 PAGENSTECHER, ZZP 64 (1951), 249, 255.
615 PAGENSTECHER, ZZP 64 (1951), 249, 254.
616 PAGENSTECHER, ZZP 64 (1951), 249, 254.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Mit der Untersuchung der Parteifähigkeit erörtert der Autor grundsätzliche Fragen des prozessualen und materiellen Gesellschaftsrechts und zeigt bestehende Brüche zwischen beiden Regelungsmaterien auf.
Die Parteifähigkeit wurde traditionell vor allem prozessrechtlich qualifiziert. Nach der Zuerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit an die Außen-GbR durch den BGH und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in den Verfahren Centros, Überseering und Inspire Art steht die hergebrachte Konzeption auf dem Prüfstand.
Diesen Befund nimmt der Autor zum Anlass und untersucht zunächst die Dogmatik der Parteifähigkeit anhand inländischer Sachverhalte. Nach einem rechtsvergleichenden Teil geht der Verfasser auf die Parteifähigkeit von Gebilden mit ausländischem Personalstatut ein und diskutiert insbesondere die so genannte Scheinauslandsgesellschaft. Darüber hinaus wird die gemeinschaftsrechtliche Dimension der Parteifähigkeit erörtert.