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Folgen, Art und Ausmaß einer Verquickung von Rechts- und Parteifähigkeit ersehen. Gerade die „Gesetzeskollision ist der Prüfstein für die materielle […] Natur einer prozessualen Vorschrift.“ 4
Über die Kategorie der Scheinauslandsgesellschaft eröffnet sich auch die gemeinschaftsrechtliche Dimension der Parteifähigkeit. Die Betrachtung der in Frage stehenden Gebilde wirft ein Schlaglicht, auf welche Weise die Niederlassungsfreiheit
das Verhältnis von Rechts- und Parteifähigkeit determiniert.
Mit dieser Untersuchung soll versucht werden, das Verhältnis von Rechts- und
Parteifähigkeit auf eine dogmatische Grundlage zurückzuführen, auf der sich die
zahlreichen Rechtsprobleme um die Parteifähigkeit wieder mit größerer Rechtssicherheit lösen lassen.
B. Gang der Untersuchung
Der erste Teil der Untersuchung erforscht die Funktion der Parteifähigkeit und das
daraus folgende Verhältnis von Rechts- und Parteifähigkeit bei rein inländischen
Sachverhalten. Im Vordergrund steht dabei § 50 Abs. 2 ZPO als prägende Vorschrift
des bisherigen Verständnisses der Parteifähigkeit. Die traditionelle Interpretation der
Parteifähigkeit kann nur auf dem Hintergrund dieser Vorschrift richtig eingeordnet
werden. Sie wird anhand verschiedener Beispiele einer kritischen Würdigung unterzogen. Der Befund dient als Grundlage, die materiellrechtlichen Bezüge der Parteifähigkeit näher zu konkretisieren und so den Funktionsumfang des Parteifähigkeitsinstituts zu bestimmen.
Im zweiten Teil sind die Rechtsordnungen der Schweiz, Österreichs und Frankreichs Gegenstand einer rechtsvergleichenden Betrachtung. Auf diese Weise sollen
weitere Rückschlüsse auf das Wesen der Parteifähigkeit ermöglicht werden. Alle
drei Rechtsordnungen verfügen über keine dem § 50 Abs. 2 ZPO vergleichbare Regelung, weshalb hier die oft ins Feld geführte Relevanz der „Grundsätze des Verfahrensrecht“ viel stärker in den Vordergrund treten muss. Im Mittelpunkt werden die
jeweils entsprechenden Gebilde stehen, die sich gleichsam an der Grenze zur juristischen Persönlichkeit befinden und daher schon im ersten Teil der Untersuchung behandelt werden.
Die Bestimmung der Parteifähigkeit von Gebilden mit ausländischem Personalstatut wird im dritten Teil der Untersuchung erörtert. Nachdem das methodische Instrumentarium unter einer prozessrechtlichen Qualifikation der Parteifähigkeit und
die hieraus erwachsenden Standpunkte dargestellt werden, wird die Rechtsprechung
zur Scheinauslandsgesellschaft nachgezeichnet. Da der Scheinauslandsgesellschaft
nunmehr ein ausländisches Personalstatut zugrunde gelegt wird, ist auf die Folgen
dieser Rechtsprechung für die Bestimmung der Parteifähigkeit von Gebilden mit
4 NIEDERLÄNDER, RabelsZ 20 (1955), 1, 43.
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ausländischem Personalstatut und das Verhältnis von Rechts- und Parteifähigkeit
einzugehen.
In welcher Weise die Parteifähigkeit durch die gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsfreiheit beeinflusst wird, wird im vierten Teil wiederum am Beispiel der
Scheinauslandsgesellschaft überprüft. Entscheidend ist dabei die Funktion, die der
Niederlassungsfreiheit vor allem im Spannungsverhältnis von Systemwettbewerb
und Harmonisierung zukommt. Daraus lässt sich ableiten, ob den mitgliedstaatlichen
Rechtsordnungen im Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit die Entziehung
oder Vorenthaltung der Parteifähigkeit als Sanktionsmittel offen steht. Die Rolle
prozessrechtlicher Argumente lässt hier weitere Folgerungen auf den Charakter der
Parteifähigkeit zu.
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References
Zusammenfassung
Mit der Untersuchung der Parteifähigkeit erörtert der Autor grundsätzliche Fragen des prozessualen und materiellen Gesellschaftsrechts und zeigt bestehende Brüche zwischen beiden Regelungsmaterien auf.
Die Parteifähigkeit wurde traditionell vor allem prozessrechtlich qualifiziert. Nach der Zuerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit an die Außen-GbR durch den BGH und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs in den Verfahren Centros, Überseering und Inspire Art steht die hergebrachte Konzeption auf dem Prüfstand.
Diesen Befund nimmt der Autor zum Anlass und untersucht zunächst die Dogmatik der Parteifähigkeit anhand inländischer Sachverhalte. Nach einem rechtsvergleichenden Teil geht der Verfasser auf die Parteifähigkeit von Gebilden mit ausländischem Personalstatut ein und diskutiert insbesondere die so genannte Scheinauslandsgesellschaft. Darüber hinaus wird die gemeinschaftsrechtliche Dimension der Parteifähigkeit erörtert.