208
B) Kapitalmarktrechtliche Regelungen des Erwerbs eigener Aktien
I.) Allgemeines
Neben den genannten gesellschaftsrechtlichen Vorschriften bestehen für den Erwerb
eigener Aktien detaillierte kapitalmarktrechtliche Regelungen. Zwar gibt es auch in
diesem Bereich einzelstaatliche Gesetze, sog. blue sky laws. Ihnen kommt gegen-
über dem bundesrechtlichen Kapitalmarktrecht (federal securities laws) jedoch nur
untergeordnete Bedeutung zu1078. Das gilt insbesondere für diejenigen blue sky laws,
die den Erwerb eigener Aktien betreffen. Die wichtigsten Gesetze des bundesrechtlichen Kapitalmarktrechts sind dagegen der Securities Act von 1933 und der Securities Exchange Act von 1934. Die Securities and Exchange Commission (SEC)
überwacht deren Einhaltung und erlässt auf ihrer Basis Verordnungen (Rules).
II.) Kursmanipulation
1.) Verbotstatbestände
Section 9 (a) (2) des SEA 19341079 untersagt allgemein eine Kursbeeinflussung, die
zum Ziel hat, andere Personen zum Handel in den betroffenen Wertpapieren zu
bewegen. Speziell für den Erwerb eigener Aktien kommt es in diesem Rahmen entscheidend auf den Nachweis einer Manipulationsabsicht an1080. Von praktisch weitaus größerer Bedeutung ist jedoch die unter Section 10b SEA 19341081 erlassene
Rule 10b-5; sie verbietet im Zusammenhang mit dem Handel von Wertpapieren in
genauer umschriebenen Tatalternativen das Bewirken von Täuschungen der Anleger1082. Auch wenn eine Gesellschaft eigene Aktien zurückerwirbt, finden diese
Regelungen Anwendung. Dies bedeutet insbesondere, dass die Gesellschaft relevante und kurserhebliche Informationen gegenüber den Anlegern offenzulegen hat1083,
denn Rule 10b-5 (b) verbietet auch das Zurückhalten wesentlicher Tatsachen, wenn
dies mit einer Irreführung verbunden sein kann.
1078 Näher zu den blue sky laws und ihrem Verhältnis zu den federal securities laws vgl. etwa
Hazen, The Law of Securities Regulation, S. 401 ff.
1079 15 U.S.C.A. § 78 i (a) (2).
1080 Vgl. Benckendorff, S. 165 f. m.w.N.
1081 15 U.S.C.A. § 78 j (b).
1082 Vgl. dazu näher etwa Hazen, The Law of Securities Regulation, S. 568 ff.; Loss/Seligman, S.
936 ff.
1083 Vgl. Benckendorff, S. 166 ff. m.w.N.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Öffentliche Angebote zum Erwerb eigener Aktien erfreuen sich – dem US-amerikanischen Vorbild folgend – auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit. Basierend auf der fortschreitenden Modernisierung des europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrechts haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland in dieser Hinsicht in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt.
Mit einem vergleichenden Blick in die USA, und angelehnt an die Erscheinungsformen und Hintergründe öffentlicher Rückkaufverfahren in der Wirtschaftspraxis, analysiert und hinterfragt die vorliegende Arbeit den geltenden Rechtsrahmen sowie die einschlägige Verwaltungspraxis. Einen Schwerpunkt stellt die vom Autor geforderte Anwendung des WpÜG auf öffentliche Rückerwerbsangebote dar. Zudem spricht sich der Autor unter Verweis auf Missbrauchspotentiale im Zusammenhang mit dem Erwerb eigener Aktien gegen eine Liberalisierung nach US-amerikanischem Vorbild, und dabei insbesondere gegen die An- bzw. Aufhebung der derzeit geltenden 10%-Bestandgrenze für eigene Aktien, aus.
Der Autor ist als Rechtsanwalt im Bereich M&A und Gesellschaftsrecht in einer international ausgerichteten Wirtschaftskanzlei in Stockholm tätig.