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II. Großbritannien
In Großbritannien stellte sich die Richtlinienumsetzung vergleichsweise einfacher
dar, da sie durch die Änderung nur eines Gesetzes formal bewerkstelligt werden
konnte. Hinsichtlich der Psychotherapeuten ist eine Umsetzung nicht erforderlich,
da dieser Beruf in Großbritannien bislang nicht reguliert ist.811 In Bezug auf die
Ärzteschaft erfolgte eine Umsetzung durch die Änderung des Medical Acts 1983.
1. Umsetzung von Art. 8 und 56
Durch den neu eingeführten Sec. 49B wird der GMC grundsätzlich bezüglich aller
Angelegenheiten der Richtlinie für zuständig erklärt. Ausgenommen ist die Befugnis
zur Abnahme von Examina bzw. die Verleihung staatlich anerkannter Qualifikationen.812 Im einzelnen werden die aus der Richtlinie folgenden Aufgaben und Befugnisse des GMC in der Tabelle des Schedule 4A Medical Act 1983 aufgeführt. Auf
diesen Schedule 4A wird durch Sec. 49B Abs. 5 Medical Act verwiesen. Der Vorteil
dieser Umsetzungssystematik besteht darin, dass für den Gesetzestextleser auf einen
Blick813 die durch die Richtlinie dem GMC zugewiesenen Funktionen ersichtlich
sind. So werden in der genannten Tabelle unter Benennung der jeweiligen Richtlinienregelung die Funktionen aufgeführt. Hier besteht ein großer Unterschied zur
deutschen Umsetzungssystematik, da die einzelnen durch die Richtlinie den Heilberufekammern zugewiesenen Aufgaben in die Heilberufegesetze der Länder eingearbeitet wurden. Dort wurde auf eine Übersicht der Neuerungen der Richtlinie verzichtet. Oftmals, im Hinblick auf die durch Art. 8 und 56 der Richtlinie festgelegte
Verwaltungszusammenarbeit, ist dort eine Umsetzung auch gänzlich unterblieben.
Die in der Richtlnie vorgeschriebene Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in Bezug auf die grenzüberschreitende Berufsausübung der Träger von Heilberufen wird in Großbritannien ausdrücklich begrüßt.814 Auf eine Konkretisierung
der Verwaltungszusammenarbeit wird im Medical Act 1983 selbst jedoch verzichtet.
Ähnlich wie in den deutschen Heilberufegesetzen erfolgt hier nur eine Wiederholung der Richtlinienregelungen ohne konkrete Ausgestaltungslösungen. Gleichwohl
wird im Konsultationspapier zum Umsetzungsrechtsakt darauf hingewiesen, dass
durch die Vorgaben zu Verwaltungszusammenarbeit das HPCB-Projekt fortgesetzt
wird. Darüber hinaus wird IMI als unterstützendes System für diesen Informations-
811 Bestätigt durch Auskunft des BPC vom 9.6.2008.
812 Dies wird den in Sec. 4 Medical Act genannten Universitäten und staatlichen Stellen vorbehalten.
813 (den Blick auf die Tabelle des Schedule 4A Medical Act)
814 Vgl. Sec. 46 Implementation of European Directive 2005/36/EC for Health and Social Care
Professions in the UK, Consultation paper as of 17/8/2007,; abrufbar auf der Homepage des
Department of Health unter
http://www.dh.gov.uk/en/Consultations/Liveconsultations/DH_074933.
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austausch genannt.815 Damit werden hier, anders als in Deutschland, die bestehenden
europäischen Einrichtungen bzw. Projekte in die Umsetzungsüberlegungen zur
Verwaltungszusammenarbeit einbezogen.
2. Sprachtests
Auf die Aufnahme einer Regelung zu Sprachtests in den Medical Act 1983 wurde in
Großbritannien ausdrücklich verzichtet. Dies ist als Konsequenz daraus zu sehen,
dass Art. 53 der Richtlinie ausdrücklich untersagt, die Anerkennungsentscheidung
von einem solchen Sprachtest abhängig zu machen. In dem britischen Konsultationspapier zum Umsetzungsakt wird vielmehr vorgeschlagen, mit den Arbeitgebern
des NHS angemessene Regelungen zur Gewährleistung von Sprachstandards zu
erarbeiten.816 Die Problematik des Art. 53 der Richtlinie, die darin besteht, dass
Sprachtests durchgeführt werden dürfen, ohne dass eine Konsequenz auf die Anerkennungsentscheidung gezogen werden darf, wurde damit in Großbritannien berücksichtigt. Für Deutschland kann diese Aussage nicht getroffen werden. Hier finden sich Regelungen in den Heilberufegesetzen zu Sprachanforderungen, die nur
teilweise berücksichtigen, dass eine Konsequenz für die Anerkennungsentscheidung
nicht gezogen werden darf. Auch werden keine Überlegungen angestregt, wie
gleichwohl Sprachstandards für die Berufsausübung aufrechterhalten werden können.
3. Sonstiges
Um den Vorgaben der Richtlinie gerecht zu werden, musste die Regelungen des Art.
45 Medical Act gestrichen werden. Demnach konnte der GMC bislang gemäß Sec.
45(6) Medical Act 1983 a.F. auch gegenüber Ärzten aus Staaten des EWR ein Praktizierungsverbot in Großbritannien aussprechen, wenn diese als zur Berufsausübung
untauglich befunden wurden oder der Fitness to Practise Panel feststellt, dass der
betreffende Arzt in einem EWR-Staat, in dem er praktiziert hat, strafrechtlich verurteilt worden ist. Diese Entscheidung war gemäß Sec. 40 Abs. 1 lit. c) in Verbindung
mit Sec. 45 Abs. 6 Medical Act 1983 a.F. gerichtlich überprüfbar. Die Regelungen
wurden ebenfalls gestrichen. Es gelten in diesem Zusammenhang nunmehr die
Maßgaben der Richtlinie, insbesondere Art. 8 und 56 Abs. 2.
Wie in Deutschland wird für die vorübergehende Berufsausübung im Rahmen der
Dienstleistungsfreiheit des Art. 49 EG ein neuer „provisorischer“ Registrierungstyp
815 Zum IMI-System sowie zum HPCB-Projekt vergleiche obige Ausführungen unter E./I./4.
816 Vgl. Sec. 44 Implementation of European Directive 2005/36/EC for Health and Social Care
Professions in the UK, Consultation paper as of 17/8/2007, abrufbar auf der Homepage des
Department of Health unter
http://www.dh.gov.uk/en/Consultations/Liveconsultations/DH_074933 Stand: 21.9.2008
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die Arbeit widmet sich der Einflussnahme der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG auf die Berufsaufsicht über Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland und Großbritannien. Im Rahmen dessen erfolgt eine Auseinandersetzung mit den europäischen Harmonisierungskonzepten und dem Rechtskonzept der Berufsanerkennungsrichtlinie. Die Autorin erörtert die Auswirkungen einzelner Richtlinienvorschriften nach ihrer Umsetzung, insbesondere auf die deutschen Heilberufekammern. Sie analysiert dabei insbesondere die von der Richtlinie vorgegebene Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Berufsaufsicht sowie amtshaftungsrechtliche Aspekte, die sich im Rahmen der Aufsichtsarbeit der Berufskammern stellen.