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6. Berufsgerichtsbarkeit
Berufsgerichte sind staatliche Gerichte für besondere Sachgebiete i.S. von Art. 101
Abs. 2 GG.379 Sie sind in den Ländern unterschiedlich organisiert. Die Anforderungen des Art. 92 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatprinzip sind jedoch stets zu
beachten.
Bezirks- und Landesberufsgerichte für Ärzte und Psychotherapeuten werden
durch die Heilberufs- und Kammergesetze der Länder errichtet. Mangels einer Bundeskompetenz zur Einrichtung eines Bundesberufsgerichts, existiert keine bundeseinheitliche Rechtsprechung zu den jeweiligen Berufsrechten.380 Ein rechtliches
Problem ergibt sich hieraus nicht. So sind von Ort zu Ort divergierende rechtliche
Maßstäbe für den föderativen Bundesstaat gerade typisch.381
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird eine Institution nur als Gericht anerkannt, wenn die staatliche Mitwirkung bei der Berufung der
Richter gesichert ist, eine hinreichende organisatorische und personelle Trennung
von Verwaltungsbehörden vorliegt, die Richter unbeteiligt und daher unabhängig
sind und schließlich, wenn der Spruchkörper neutral und die Mitglieder für die Aus-
übung des Richteramts geeignet sind.382 Trotzdem sind in Baden-Württemberg die
Bezirks- und Landesberufsgerichte Organe der Kammern, also Organe öffentlichrechtlicher Körperschaften.383 Um hier dennoch eine Unabhängigkeit des Gerichts
zu gewährleisten, darf ein Gerichtsmitglied nicht gleichzeitig auch eine Kammerfunktion wahrnehmen. Insbesondere ist gemäß § 21 Abs. 3 S. 3 HBKG BW die
Zugehörigkeit zu einem anderen Kammerorgan oder der Aufsichtsbehörde ausgeschlossen. Ähnlich ist dies auch im Saarland, wo die Berufsgerichte durch die
Kammern zu errichten sind. Dabei müssen sie jedoch unabhängig sein und dürfen
Weisungen nicht unterworfen werden.384
a. Einleitung des Verfahrens, Antragsbefugnis
Wird eine Ärzte- oder Psychotherapeutenkammer auf ein Berufsvergehen eines ihrer
Mitglieder aufmerksam, so wird sie zunächst ermittelnd tätig. Erhärtet sich der Verdacht eines Berufsvergehens, der eine berufsgerichtliche Maßnahme erforderlich
werden lässt, so beantragt sie das berufsgerichtliche Verfahren. Daneben ist auch die
379 Vgl. BVerfGE 27, Beschl. vom 20.1.1970, Az. 2 BvR 149/65, S. 355 (361f.); BVerfGE 22,
Beschl. vom 30.5.1967, Az. 2 BvR 380/65, S. 42 (47); BVerfGE 18, Beschl. vom 24.11.1964,
Az. 2 BvL 19/63, S. 241 (257); Ruffert, Handbuch für Kammerrecht, H, Rn. 8-9;
Andreas/Debong/Bruns, Handbuch Arztrecht in der Praxis, Rn. 58.
380 Andreas/Debong/Bruns, Handbuch Arztrecht in der Praxis, Rn. 59.
381 Vgl. Rehborn, GesR 2004, S. 170 (173).
382 Vgl. BVerfGE 48, Urt. vom 30.5.1978, Az. 2BvR 685/77, S. 300 (315 f.) sowie Ruffert, in
Kluth, Handbuch des Kammerrechts, H, Rn. 9.
383 Vgl. § 17 Abs. 1 HBKG BW.
384 Vgl. § 34 Abs. 2 SHKG.
105
Aufsichtsbehörde antragsbefugt (in Baden-Württemberg ist hingegen von der Herbeiführung einer berufsgerichtlichen Entscheidung durch ein Kammermitglied die
Rede)385. In den Ländern, die einen Kammeranwalt vorsehen, also in Baden-
Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern, stellt dieser den Antrag für die
Kammer.386 Die meisten Länder weisen dem Beschuldigten selbst zudem ein Antragsrecht zu (sog. „Selbstreinigungsrecht“).387 In keinem Bundesland besteht eine
Antragsbefugnis für Patienten. Diese haben keine Rechte im Verfahren, was im
Kontext eines besseren Patientenschutzes im Gesundheitswesen oftmals bemängelt
wird.388
b. Rechtsweg, Instanzen und Besetzung
(1) Rechtsweg und Instanzen
Die Berufsgerichtsbarkeit ist zweistufig aufgebaut. In jedem Bundesland existiert
mindestens ein Berufsgericht erster Instanz (in einigen Bundesländern, wie z. B. in
Baden-Württemberg, spricht man von Bezirksberufsgericht) sowie ein Landesberufsgericht bzw. Berufsgericht zweiter Instanz.
Teilweise wird diese Rechtsmittelinstanz auch als Landesberufsgerichtshof bzw.
Gerichtshof der Heilberufe bezeichnet.389 Während in Bayern und Sachsen die Berufsgerichte der ordentlichen Gerichtsbarkeit, den Zivilgerichten, angegliedert
sind,390 sind in den meisten anderen Ländern die Berufsgerichte organisatorischer
Bestandteil der Verwaltungsgerichtsbarkeit.391 Hingegen sind Berufsgerichte für
Ärzte und Psychotherapeuten in den Ländern Baden-Württemberg, Niedersachsen
und im Saarland nicht einem Verwaltungs- oder Zivilgericht angegliedert.392
385 Vgl. § 55 Abs. 3 HBKG BW.
386 Vgl. z.B. § 74 Abs. 1 Satz 2 HeilBerG MV.
387 Vgl. z. B. § 69 Abs. 2 HeilBerG Brandenburg. Ein Selbstreinigungsrecht ist nur in Baden-
Württemberg nicht vorgesehen (vgl. § 31 Abs. 1 Berufsgerichtsordnung BW).
388 Vgl. Kranich/Vitt, Das Gesundheitswesen am Patienten orientiert, S. 128.
389 So in Bremen (§ 66 Abs. 1 Nr. 2 HeilBerG Br), Hamburg (§ 5 Abs. 2 GBH HH), Mecklenburg-Vorpommern (§ 65 HeilBerG MV), Niedersachsen (§ 67 Abs. 1 HKG NI), Schleswig-
Holstein (§ 59 Abs. 2 HBKG SH).
390 Vgl. § 62 Abs. 2 SächsHKaG; § 68 Abs. 2 HKaG BY.
391 Vgl. § 18 KG BE; § 60 HeilBerG BB; § 66 Abs. 1 HeilBerG HB; § 5 Abs. 2, 3 GBH HH;
§ 51 Abs. 1, 2 HeilBerG HE; § 65 HeilBerG MV; § 61 HeilBerG NW; § 48 Abs. 1 HeilBerG
RP; § 49 KGHB-LSA; § 59 Abs. 1, 2 HBKG SH; § 49 HeilBerG TH.
392 Vgl. § 21 Abs. 1 HBKG BW; § 67 Abs. 1 HKG NI; § 34 Abs. 1 SHKG.
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(2) Besetzung
(a) Gerichte erster Instanz
Gerichte erster Instanz entscheiden als Kammern überwiegend in der Besetzung mit
einem Vorsitzenden und zwei beisitzenden Schöffen. Der vorsitzende Richter muss
dabei jeweils die Befähigung zum Richteramt aufweisen.393 Einzig in Berlin entscheidet das Gericht erster Instanz mit einem Vorsitzenden Berufsrichter, einem
weiteren Berufsrichter als Beisitzer und drei beisitzende Schöffen.394
(b) Rechtsmittelinstanz
Die Senate der Gerichte der Rechtsmittelinstanz sind fast überall mit einem Vorsitzenden Richter und vier Beisitzern besetzt. Der Vorsitzende und zwei der Beisitzer
müssen dabei Richter mit Befähigung zum Richteramt sein.395 In Baden-
Württemberg, Sachsen und im Saarland entscheidet die Rechtsmittelinstanz jeweils
in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzenden, einem beisitzenden
Berufsrichter und drei weiteren Schöffen.396
(c) Anforderungen an Schöffenrichter
Bei den Schöffen handelt es sich um Angehörige der Berufsgruppe des Beschuldigten.397 Teilweise ist auch explizit die Kammermitgliedschaft für Schöffen vorgeschrieben.398 In einigen Ländern werden hingegen Mitglieder eines Kammerorgans,
393 Vgl. § 21 Abs. 2, Satz 2 HBKG BW; Art. 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HKaG BY; § 61 Abs. 1
HeilBerG BB; § 67 Abs. 1 HeilBerG HB; § 9 Abs. 1 GBH HH; § 52 Abs. 1 Satz 1 HeilBerG
HE; § 67 Abs. 1, 2 HeilBerG MV; § 68 Abs. 1 HKG NI § 62 Abs. 1 HeilBerG NW; § 49
Abs. 1 Satz 1 HeilBerG RP; § 34 Abs. 1 Satz 2 SHKG; § 63 Abs. 1 Satz 1 SächsHKaG; § 50
Abs. 1 KGHB-LSA; § 50 Abs. 1 ThürHeilBG.
394 Vgl. § 19 Satz 1 KG BE.
395 Vgl. § 21 Abs. 2 Satz 1 HBKG BW; Art. 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HKaG BY; § 19 Satz 2 KG
BE; § 67 Abs. 2 Satz 2 HeilBerG HB; § 9 Abs. 1 GBH HH; § 52 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG HE;
§ 67 Abs. 2, 4 HeilBerG MV; § 68 Abs. 2 HKG NI; § 62 Abs. 2 HeilBerG NW; § 49 Abs. 2
Satz 1 HeilBerG RP; § 50 Abs. 2 KGHB-LSA; § 50 Abs. 2 ThürHeilBG.
396 Vgl. § 21 Abs. 2, 2. Halbsatz HBKG BW; § 63 Abs. 1 Satz 2 SächsHKaG; § 34 Abs. 1 Satz 1
SHKG.
397 Vgl. § 19 Sätze 1, 2 KG BE; § 61 Abs. 1, 2 HeilBerG BB; § 67 Abs. 1, 2 HeilBerG HB; § 9
Abs. 1, 2 GBH HH; § 52 Abs. 1 Saatz 1, Abs. 2 Satz 1 HeilBerG HE; § 67 Abs. 3 HeilBerG
MV; §§ 61 Abs. 1, 3, 62 Abs. 2 HeilBerG NW; § 50 Abs. 1, 2 KGHB-LSA; § 50 Abs. 1, 2
ThürHeilBG.
398 Vgl. § 21 Abs. 2 Satz 2 HBKG BW; Art. 69 Abs. 2 HKaG BY; § 68 Abs. 1, 2 HKG NI; § 49
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, Satz 1 HeilBerG RP, § 34 Abs. 1 Satz 3 SHKG, § 63 Abs. 1 Satz 4
SächsHKaG.
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Bedienstete der Aufsichtsbehörde oder Angestellte einer Kammer als Schöffen nicht
zugelassen.399
Die Auswahl der Schöffen erfolgt regelmäßig durch die Aufsichtsbehörde auf
Vorschlag der jeweiligen Kammer.400 In Bremen und Thüringen ist vorgesehen, dass
es sich um Deutsche i.S. des Art. 116 Abs. 2 GG handeln muss.401 Dort sowie in
Sachsen wird zudem die Vollendung des dreißigsten Lebensjahrs vorausgesetzt.402
In Hamburg ist die Vollendung des fünfunddreißigsten Lebensjahrs erforderlich.
Darüber hinaus enthalten die Heilberufegesetze der Länder entweder einen eigenen
Katalog der nicht zu berufenden bzw. auszuschließenden Personen403 oder es wird
(ergänzend) auf die entsprechenden Vorschriften der StPO oder VwGO verwiesen.404
(3) Verfahren
Regelungen zum Berufsgerichtsverfahren finden sich überwiegend in den Kammerund Heilberufegesetzen der Länder. In manchen Ländern richtet sich das Verfahren
vor den Berufsgerichten auch nach eigenen Berufsgerichtsordnungen, die auf
Grundlage des jeweiligen Landesheilberufe-gesetzes erlassen wurden.
Solche existieren in Baden-Württemberg, Hamburg und im Saarland. 405 Die
Hauptverhandlung vor den Berufsgerichten ist in den meisten Ländern dabei nicht
399 Vgl. § 21 Abs. 3 Satz 2 HBKG BW; Art. 71 Abs. 2 HKaG BY; § 68 Abs. 2 HeilBerG MV;
§ 65 Abs. 3 SächsHKaG; auch Angestellte der Kammern: § 51 Abs. 2 Nr. 1, 2 KGHB-LSA,
§ 6 Abs. 2 GBH HH; § 62 Abs. 4 HeilBerG NW; § 51 Abs. 2 Satz 2 ThürHeilBG.
400 Vgl. § 21 Satz 1 KG BE; § 68 Abs. 2 Satz 1 HeilBerG HB; § 6 Abs. 2 GBH HH, § 35 Abs. 1
Satz 2 SHKG; § 21 Abs. 4 HBKG BW (Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit Justizministerium); Art. 70 Abs. 3 Satz 1 HKaG BY (durch „für Bestellung (der Gerichtspersonen) zuständige Behörde“); § 63 Abs. 4 HeilBerG BB; § 64 Abs. 4 HeilBerG NW (Wahl jeweils
durch eigenen Berufswahlausschuss); § 57 Abs. 2 HeilBerG HE (Ministerium der Justiz im
Einvernehmen mit Ministerium für Gesundheitswesen); § 67 Abs. 6 HeilBerG MV (Minister
der Justiz im Einvernehmen mit Minister für Bundes- und Europangelegenheiten); § 70
Abs. 1 Nr. 2 HKG NI (Berufung durch „zuständiges Ministerium“); § 50 Abs. 1 Nr. 2 Heil-
BerG RP (Berufung durch für Berufsgerichtsbarkeit zuständiges Ministerium); § 64 Abs. 1
Nr. 2 SächsHKaG (Berufung durch Staatsministerium für Justiz); § 51 Abs. 1 KGHB-LSA
(Berufung durch Präsident des OVG); § 51 Abs. 2 Satz 1 ThürHeilBG (Berufung durch das
für das Gericht zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Ministerium für Gesundheitswesen und Veterinärwesen).
401 Vgl. § 68 Abs. 2 Satz 2 HeilBerG HB; § 51 Abs. 2 Satz 3 HK ThürHeilBG .
402 Vgl. § 68 Abs. 3 HeilBerG HB; § 65 Abs. 1 SächsHKaG; § 51 Abs. 2 Satz 3 ThürHeilBG.
403 Vgl. Art. 71 HKaG BY; § 65 HeilBerG BB; §§ 68 Abs. 4, 5, § 69 HeilBerG HB; § 8 GBH
HH; § 54 Abs. 1 HeilBerG HE; § 68 HeilBerG MV; §§ 69, 70 Abs. 3 HKG NI; § 66 Heil-
BerG NW; § 51 HeilBerG RP; § 35 Abs. 2 SHKG; § 65 SächsHKaG; § 52 Abs. 2 KGHB-
LSA; § 52 Abs. 1 ThürHeilBG.
404 § 21 Abs. 5 HBKG BW (StPO); § 23 KG BE (VwGO).
405 Vgl. Berufsgerichtsordnung zur Durchführung des berufsgerichtlichen Verfahrens nach dem
Kammergesetz Baden-Württemberg; Gesetz über die Berufsgerichtsbarkeit Hamburg; Be-
108
öffentlich.406 Vereinzelt wird insofern auf die Vorschriften des GVG verwiesen und
ggf. zusätzlich die Möglichkeit gewährt, die Öffentlichkeit zur Wahrung des Berufsgeheimnisses ganz oder teilweise auszuschließen.407 In Berlin und Schleswig-
Holstein fehlen entsprechende Bestimmungen.
Schon aufgrund der teilweise unterschiedlichen Rechtswege, ist das Berufsgerichtsverfahren als Mischverfahren ausgestaltet. Es weist Ähnlichkeiten mit dem
Strafverfahren nach der StPO und dem Verwaltungsgerichtsverfahren nach der
VwGO sowie den jeweiligen Landesdisziplinarverfahren auf.408 Regelmäßig wird
auf die Verfahrensvorschriften der StPO409, VwGO410, des GVG411 und/oder des
jeweiligen Disziplinarverfahrensrechts412 verwiesen.
Die Wiederaufnahme des Verfahrens richtet sich in den meisten Ländern nach
den Vorschriften der StPO.413 Wo dies nicht der Fall ist, existieren eigene Regelungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens414 oder diese richten sich nach dem jeweiligen Landesdisziplinargesetz415. In Sachsen-Anhalt wird diesbezüglich auch auf die
VwGO verwiesen.416 In den Fällen der eigenständigen Regelung der Wiederaufnahme des Verfahrens, bestehen deutliche Abweichungen zu den Vorschriften der
StPO. So ist beispielsweise im hessischen Heilberufegesetz die Wiederaufnahme nur
für die Beibringung neuer Beweismittel, die zu einer milderen Strafe oder einem
Freispruch führen sowie in den Fällen der Mitwirkung von Richtern, die von der
Entscheidungsfindung auszuschließen waren, vorgesehen. Die Wiederaufnahmegründe der StPO gemäß § 359 Nr. 1, 2, 4 und 6 StPO bleiben hingegen unberücksichtigt. Mithin ist in Hessen eine Wiederaufnahme des Verfahrens in folgenden
Fällen nicht vorgesehen: Eine in der Hauptverhandlung zu Ungunsten des Beschuldigten als echt vorgelegte Urkunde war unecht oder verfälscht (§ 359 Nr. 1 StPO);
eine zu Ungunsten des Beschuldigten verwendete Zeugen- oder Sachverständigenaussage stellte eine fahrlässige Verletzung der Eidespflicht oder eine vorsätzlich
rufsgerichtsordnung für die angehörigen der Ärzte-, Apotheker-, Psychotherapeuten-, und
Tierärztekammer Saarland.
406 Vgl. § 36 Abs. 3 Satz 1 BGO BW; § 82 Satz 1 HeilBerG HB; § 22 Abs. 1 GBH HH; § 69
Abs. 1 Satz 1 HeilBerG HE; § 79 Abs. 1 Satz 1 HeilBerG MV; § 81 Abs. 2 Satz 1 HKG NI;
§ 78 HeilBerG RP; § 20 BGO Saarland; § 63 Abs. 2 Satz 1 KGHB-LSA; § 67 Abs. 1 Satz 1
ThürHeilBG.
407 Vgl. Art. 88 Abs. 1 HKaG BY; § 83 HeilberG BB; § 85 HeilBerG NW; § 53 Abs. 2 SächsH-
KaG.
408 Vgl. Andreas/Debong/Bruns, Handbuch Arztrecht in der Praxis, Rn. 58.
409 Vgl. z. B. §§ 88 Abs. 1, 105 Abs. 1 HeilBerG NW; § 34 BGO Saarland.
410 Vgl. z. B. § 23 KG BE.
411 Vgl. z. B. § 23 KG BE.
412 Vgl. z. B. § 29a Abs. 3 KG BE; § 73 Abs. 1 HeilBerG HB.
413 Vgl. zur Wiederaufnahme nach StPO: § 66 Abs. 1 HBKG BW; § 94 Satz 1 HKaG BY; § 104
HeilBerG BB; §§ 93, 89 HeilBerG MV; § 106 HeilBerG NW; § 34 BGO Saarland; § 61
SächsHKaG.
414 Vgl. § 92 Abs. 2 HeilBerG RP (ergänzend das LandesdisziplinarG, Abs. 3), §§ 30-33 GBH
Hmbg, § 77 HeilBerG HE, § 75 ThürHeilBG.
415 Vgl. § 24 KG BE, § 85 HeilBerG HB, § 72 HBKG SH, § 68 Abs. 1 KGHB-LSA.
416 Vgl. § 68 Abs. 1 KGHB-LSA.
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falsche uneidliche Aussage dar (§ 359 Nr. 2 StPO); ein zivilgerichtliches Urteil, auf
welches das berufsgerichtliche Urteil gegründet ist, wurde durch ein anderes rechtskräftig gewordenes Urteil aufgehoben (§ 359 Nr. 4); der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte stellte eine Verletzung der „Europäischen Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ oder eines ihrer Protokolle fest
und das Urteil beruht auf dieser Verletzung (§ 359 Nr. 6 StPO).
(4) Zwischenergebnis
Das berufsgerichtliche Verfahren unterscheidet sich in den einzelnen Ländern durch
unterschiedliche Rechtswege (Zivilgerichtsbarkeit in Bayern und Sachsen, ansonsten
Verwaltungsgerichtsbarkeit bzw. eigenständige Gerichtsbarkeit in Baden-
Württemberg, Niedersachsen und im Saarland). Unterschiede bestehen auch in den
Besetzungen, den Anforderungen an die Gerichtspersonen, den Verfahrensvorschriften sowie den Schlichtungsinstrumenten. Einer eigenständigen Untersuchung bedürfte die Einflussnahme der verschiedenartig ausgestalteten Berufsgerichtsbarkeiten auf die Rechtsprechung der Landesberufsgerichte zum Berufsrecht der Ärzte und
Psychotherapeuten. Hierauf wird im Rahmen dieser Untersuchung nicht eingegangen. Vor dem Hintergrund einer fehlenden Bundesberufsgerichtsbarkeit und der
Vielzahl aufgezeigter Unterschiede, erscheint eine einheitliche Rechtsanwendung
jedoch nur schwerlich möglich.
c. Verhältnis zum Strafverfahren/Disziplinarverfahren
(1) Subsidiarität
Hinsichtlich des Strafverfahrens gilt primär das in Art. 103 Abs. 3 GG niedergelegte
Gebot des ne bis in idem (gemeinhin verstanden als Verbot der Doppelbestrafung).
Darüber hinaus ist das Berufsgerichtsverfahren grundsätzlich subsidiär zu Strafverfahren und Disziplinarverfahren. So ist das berufsgerichtliche Verfahren beispielsweise auszusetzen, wenn wegen desselben Sachverhalts die Klage im strafrechtlichen Verfahren erhoben wurde oder das Kammermitglied bereits disziplinären
Maßnahmen unterliegt.417 Es kann jedoch fortgesetzt werden, wenn z. B. im strafrechtlichen Verfahren nicht verhandelt wird, weil Beschuldigte flüchtig sind.418 Im
417 Vgl. z. B. § 56 Abs. 2 HBKG BW; § 64 Abs. 1 Satz 1 HeilBerG HB; § 63 Abs. 1 Satz 1
HeilBerG MV; § 62 Abs. 1 Satz 1 KG NI; § 76 Abs. 1 HeilBerG NW; § 70 Abs. 1 HeilBerG
RP; § 14 Abs. 1 BGO Saarland; § 44 Abs. 6 Satz 1 SächsHKaG (hier ist die Regelung jedoch
als Kann-Vorschrift ausgestaltet. Eine Aussetzung des Verfahrens muss damit nicht erfolgen); § 61 Abs. 1 KGHB-LSA (Aussetzung nur bei Erhebung der Klage im strafrechtlichen
Verfahren) ; § 47 Abs. 2, 61 Abs. 3 Satz 1 ThürHeilBG.
418 Vgl. z. B. § 74 Abs. 1 Satz 3 HeilBerG Brandenburg; § 61 Abs. 3 Satz 3 ThürHeilBG.
110
Saarland ist das Verfahren zudem auszusetzen, wenn die Sache aufgrund der Schwere des Sachverhalts der Approbationsbehörde vorzulegen ist.419 Bei außerhalb des
Dienstes begangenen Berufspflichtverstößen ist ein Berufsverfahren gegen Beamte
nur mit Genehmigung der obersten Dienstbehörde möglich.420
(2) Beruflicher Überhang
Hat eine strafrechtliche Verurteilung schon stattgefunden, so kann wegen desselben
Verhaltens ein berufsrechtliches Verfahren grundsätzlich nicht mehr eingeleitet
werden. Eine Ausnahme besteht für den Fall, dass ein „beruflicher Überhang“ („Beruflicher Überhang“) vorliegt, also die strafrechtliche Verurteilung nicht die ebenfalls verwirklichten berufsrechtlichen Verstöße abdeckt.421 Dementsprechend kann
auch ein berufsgerichtliches Verfahren eingeleitet werden, wenn zwar ein Freispruch
im Strafverfahren erfolgt ist, das in Rede stehende Verhalten also keinen Straftatbestand erfüllt, gleichwohl aber ein Berufsvergehen darstellt.422 Ein Verstoß gegen
Art. 103 Abs. 3 GG kommt schon deshalb nicht in Betracht, da im Falle des Beruflichen Überhangs nicht mehr die allgemeinen Strafgesetze, sondern die außerhalb des
Strafrechts liegenden spezifischen Sonderregelungen des Berufsrechts zur Anwendung kommen.
(3) Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit
Trotz der Vereinbarkeit des Beruflichen Überhangs mit Art. 103 Abs. 3 GG, ist auch
die Vereinbarkeit mit verfassungsrechtlichen Grundsätze im Übrigen zu prüfen. So
erfordert das Prinzip der Rechtstaatlichkeit, dass bei einer strafgerichtlichen Verurteilung eine bereits verhängte disziplinarische Arreststrafe zu berücksichtigen ist.423
Umgekehrt muss dies auch im Falle des beruflichen Überhangs gelten, also wenn
dem berufsgerichtlichen Verfahren eine strafgerichtliche Verurteilung oder disziplinarische Ahndung vorausgegangen ist.
419 Vgl. § 33 Abs. 5 Satz 1 SHKG. Gemäß § 33 Abs. 4 Satz 2 ist die Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens jedoch nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Verletzung der Berufspflicht oder das standeswidrige Verhalten den Widerruf der Approbation rechtfertigen kann.
420 Vgl. § 57 KG BW.
421 Vgl. z. B. § 63 Abs. 4, 5 HeilBerG MV; vgl. auch LBerufG Hessen, Urt. vom 29.6.1994,
LBG 1368/94, MedR 1995, S. 250 (251); zum berufsrechtlichen Überhang auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. vom 3.2.2004, Az. 13 B 2369/03, MedR 2004, S. 327 (328) (sexueller Missbrauch bei Patientinnen) sowie OVG-Rheinland-Pfalz, Urt. vom 20.9.2005, Az. 6 A
10556/05, MedR 2005, S. 301 (304).
422 Vgl. auch § 76 Abs. 2 HeilBerG NW.
423 Vgl. BVerfG, Beschl. vom 2.5.1967, Az. 2 BvR 391/64 und 263/66, NJW 1967, S. 1651
(1651).
111
Zweifel an der Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips entstehen angesichts der Abwesenheit einer einheitlichen und hinreichend bestimmten Definition für das Vorliegen eines Beruflichen Überhangs. Bezogen auf die Ärzteschaft soll nach Laufs ein
solcher gegeben sein, wenn das dem Arzt zur Last gelegte Verhalten „den Kern“
seiner berufsrechtlichen Pflichten berührt.424
Für die Rechtsprechung liegt ein Beruflicher Überhang dann vor, wenn die strafgerichtliche Verurteilung keine erschöpfende Ahndung darstellt und davon ausgegangen werden muss,
„dass die in der strafrechtlichen Verurteilung liegende Pflichtenmahnung nicht ausreicht, um
den Beschuldigten zukünftig zu einem pflichtgemäßen Verhalten anzuhalten.“425
Transparente, klare und praxistaugliche Definitionen werden so jedoch nicht geschaffen. Erachtet demnach ein Berufsgericht berufsrechtliche Maßnahmen neben
bereits erfolgten Ahndungen für notwendig, ist stets die Einhaltung des Grundsatzes
der Rechtsstaatlichkeit kritisch zu hinterfragen. Insbesondere die Verhältnismäßigkeit ist in diesen Fällen sorgfältig zu prüfen.
(4) Feststellungen im Strafrechtsverfahren und Strafbefehlsverfahren
Feststellungen im strafgerichtlichen Urteil sind grundsätzlich für das berufsgerichtliche Verfahren bindend.426 Auch können Niederschriften aus einem Strafverfahren
im berufsgerichtlichen Verfahren verlesen werden.427 Für eine Verwertbarkeit im
berufsgerichtlichen Verfahren kommt es dabei darauf an, dass ein ordnungsgemäßes
Verfahren stattgefunden hat.428 Das Berufsgericht kann jedoch bestimmen, dass eine
Nachprüfung der strafgerichtlichen Feststellungen erfolgt. Zum Teil soll dies nur
möglich sein, wenn das Heilberufsgericht einstimmig eine Nachprüfung beschließt.429 In Bayern ist eine erneute Tatsachenüberprüfung schon möglich, wenn
die Mehrheit der Mitglieder des Gerichts die Richtigkeit der getroffenen Feststellungen bezweifelt.430
In manchen Heilberufegesetzen wird hingegen vorgegeben, dass eine erneute Tatsachenüberprüfung vom Gericht festgestellt werden muss. Dabei wird nicht vorgeschrieben, ob es sich um eine Einstimmigkeits- oder Mehrheitsentscheidung handeln
muss.
424 Laufs, in Laufs/Uhlenbruck/Genzel, Handbuch des Arztrechts, § 14 Rn. 25.
425 Vgl. LBerufG Hessen, Urt. vom 29.6.1994, Az. LBG 1368/94, MedR 1995, S. 250 (251).
426 Vgl. nur § 14 Abs. 3 BGO Saarland.
427 Vgl. LBerufG Hessen, Urt. vom 28.10.1987, Az. LBG 5/82, Sammlung berufsgerichtlicher
Entscheidungen B4.2 Nr. 9, S. 1004.6, 1004.9.
428 Vgl. LBerufG Hessen, Urt. vom 28.10.1987, Az. LBG 5/82, Sammlung berufsgerichtlicher
Entscheidungen B4.2 Nr. 9, S. 1004.9.
429 Vgl. § 74 Abs. 3 HeilBerG Brandenburg; § 14 Abs. 3 BGO Saarland.
430 Vgl. Art. 86 Abs. 3 Satz 2 HKaG Bayern.
112
Es stellt sich die Frage, ob berufsgerichtliche Feststellungen auch auf, in einem
rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen, tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen
gründen können. Grundsätzlich dient das Strafbefehlsverfahren der Vereinfachung
und Beschleunigung eines Verfahrens. Es kann deshalb nicht das Maß an Ergebnissicherheit wie ein Urteilsverfahren bieten. Aus diesem Grund sollen in einem Strafbefehl enthaltene tatsächliche Feststellungen z. B. keine Bindungswirkung für Disziplinarverfahren erzeugen.431
Dies gilt in Nordrhein-Westfalen gemäß § 76 Abs. 3 HeilBerG NW auch für das
berufsgerichtliche Verfahren. Die Bindungswirkung von Feststellungen ist demnach
auf das strafgerichtliche Urteil beschränkt. Entsprechendes gilt gemäß § 76
Abs. 4 HeilBerG NW für das Disziplinarverfahren und das Gerichtsverfahren wegen
Ordnungswidrigkeiten. Im Ordnungsrecht wird von der Rechtsprechung jedoch
anerkannt, dass die in einem rechtskräftigen Strafbefehl enthaltenen tatsächlichen
und rechtlichen Feststellungen regelmäßig auch zur Grundlage einer behördlichen
oder gerichtlichen Beurteilung der betroffenen Persönlichkeit gemacht werden dürfen. Dies gilt soweit sich nicht gewichtige Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit solcher Feststellungen ergeben.432 Strafbefehle erwachsen, ebenso wie Urteile, in
Rechtskraft, wenn Beschuldigte nicht rechtzeitig Einspruch erheben oder getätigte
Einsprüche zurücknehmen.433
Vor diesem Hintergrund erscheint aber auch der Ausschluss einer grundsätzlichen
Bindungswirkung von Feststellungen des Strafbefehlverfahrens im Berufsgerichtsverfahren als nicht sachgerecht. Dies zumindest dann, wenn kein gesetzlicher Ausschluss im Landesheilberufegesetz existiert und sich die Feststellungen aus dem
jeweiligen Akteninhalt ableiten lassen. Dafür spricht, dass selbst dann, wenn Feststellungen eines Strafbefehls nicht verwendet werden dürfen, eine Verwertung des
Akteninhalts des Verfahrens gleichwohl möglich bleiben soll.434 Anführen lässt sich
auch, dass die Berufsaufsicht grundsätzlich eher dem Ordnungsrecht als dem Disziplinarrecht zuzuordnen ist. So steht weniger die Disziplinierung der Berufsangehörigen als vielmehr das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere auch das der Patienten,435 im Vordergrund. Folglich müssen auch die Grundsätze des Ordnungsrechts
Anwendung finden. Letztlich spricht gerade auch die Existenz des § 76 Abs. 3
HeilBerG NW (und die Wertung des § 410 Abs. 3 StPO) dafür, dass grundsätzlich
Feststellungen im Strafbefehlsverfahren Bindungswirkung im Berufsgerichtsverfahren entfalten.
431 Vgl. BVerwG, Urt. vom 26.9.2002, Az. 3 C 37/01, NJW 2003, S. 913 (915/916).
432 Vgl. BVerwG, Urt. vom 26.9.2002, Az. 3 C 37/01, NJW 2003, S. 913 (916).
433 Vgl. BVerwG, Urt. vom 26.9.2002, Az. 3 C 37/01, NJW 2003, S. 913 (916).
434 So in NRW; vgl. LBerufG Nordrhein-Westfalen, Urt. vom 13.1.1986, Az. ZA 13/83, Sammlung berufsgerichtlicher Entscheidungen B9 Nr. 21, S. 1126.13 (S. 8).
435 Vgl. dazu auch nachfolgende Ausführungen zur Drittbezogenheit der Kammerpflichten unter
E./III./2./a.
113
(5) Verjährung
Wenn seit der Berufspflichtverletzung mehr als fünf Jahre vergangen sind, tritt in
den meisten Ländern Verjährung ein. In dem Falle, dass die Tat gleichzeitig gegen
ein Strafgesetz verstößt, verjährt die Berufspflichtverletzung jedoch nicht vor Verjährung der Strafverfolgung.436 Des Weiteren ruht während des Strafverfahrens die
Verfolgungsverjährung im berufsgerichtlichen Verfahren.437 Teilweise wird hinsichtlich des Ruhens der Verfolgungsverjährung auch auf die Vorschriften des StGB
verwiesen.438 Wie nachfolgend aufgezeigt, sind auch hier die landesrechtlichen Regelungen unterschiedlich:
Bundesland Verjährung
(nach Zeitpunkt
der Berufspflichtverletzung)
Verjährungsregelung
gilt nicht für Feststellung der Berufsunwürdigkeit
Baden-Württemberg
Berufsgerichtsordnung Baden-Württemberg
vom 20.11.2001, GBl. S. 609, (BGO BW).
5 Jahre
(§ 19).
Feststellung der Berufsunwürdigkeit nicht
vorgesehen.
Bayern
Heilberufe-Kammergesetz (HKaG BY).
3 Jahre
(Art. 66 Abs. 2
Satz 1).
Feststellung der Berufsunwürdigkeit nicht
vorgesehen.
Berlin
Berliner Kammergesetz (KG BE).
5 Jahre
(§ 16 Abs. 3 Satz 1)
Nein.
436 Art. 66 Abs. 2 Satz 3 BY; § 16 Abs. 3 Satz 2 KG BE; § 58 Abs. 3 Sätze 1, 2 HeilBerG BB;
§ 62 Abs. 5 Satz 3 HeilBerG HB; § 49 Abs. 2 Satz 3 HeilBerG HE; § 60 Abs. 4 Satz 3
HeilBerG MV; § 65 Abs. 1 Satz 2 HKG NI; § 47 Satz 2 HeilBerG RP; § 33 Abs. 6 Satz 2
SHKG; § 43 Abs. 2 Satz 1 SächsHKaG; § 47 Satz 2 KGHB-LSA; § 56 Satz 2 HBKG SH;
§ 47 Abs. 3 Satz 3 ThürHeilBG. Eine solche Regelung fehlt jedoch in Baden-Württemberg
(es gilt die Verjährungsfrist nach § 19 BGO BW), Hamburg (es gilt die Verjährungsfrist nach
§ 4 Abs. 1 GBH HH) und Nordrhein-Westfalen (es gilt die Verjährungsfrist des § 59 Abs. 4
HeilBerG NW).
437 Vgl. § 56 Abs. 4 HBKG BW; § 58 Abs. 3 Satz 1 HeilBerG BB; § 49 Abs. 2 Satz 2 HeilBerG
HE; § 4 GBH HH (für höchstens 5 Jahre ist ein Ruhen möglich); § 59 Abs. 4 HeilBerG NW;
§ 61 Abs. 2 Satz 1 HKG NI; § 47 Abs. 3 ThürHeilBG. Nur in Rheinland-Pfalz wird dies nicht
explizit vorgesehen. Hier gilt gemäß § 47 HeilBerG RP eine Verjährungsfrist von fünf Jahren, wobei bei gleichzeitiger Verletzung eines Strafgesetzes keine Verjährung vor der strafgesetzlichen Verjährung eintritt.
438 Vgl. Art. 66 Abs. 2 Satz 2 HKaG BY; § 16 Abs. 3 Satz 1 KG BE; § 62 Abs. 5 Satz 2 Heil-
BerG HB; § 60 Abs. 4 Satz 3 HeilBerG MV; § 61 Abs. 2 Satz 2 HKG NI; § 59 Abs. 4 Heil-
BerG NW; § 43 Abs. 2 Satz 2 SächsHKaG; § 33 Abs. 6 Satz 3 SHKG; § 47 Satz 3 KGHB-
LSA; § 56 Satz 3 SH; § 47 Abs. 3 Satz 4 ThürHeilBG.
114
Brandenburg
Brandenburgisches Heilberufegesetz
(HeilBerG BB).
5 Jahre
(§ 58 Abs. 3 Satz 1 ).
Ja.
Bremen
Heilberufegesetz Bremen (HeilBerG HB).
5 Jahre
(§ 62 Abs. 5 Satz 1).
Nein.
Hamburg
Gesetz über die Berufsgerichtsbarkeit der Heilberufe (GBH HH), in der Fassung vom
01.09.2005 (GVBl. S. 387).
5 Jahre
(§ 4).
Nein.
Hessen
Gesetz über die Berufsvertretungen, die Berufsausübung, die Weiterbildung und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tier-
ärzte, Apotheker, Psychologischen Psychotherapeuten und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten (HeilBerG HE).
5 Jahre
(§ 49).
Ja.
Mecklenburg-Vorpommern
Heilberufegesetz für Mecklenburg-Vorpommern
(HeilBerG MV.).
5 Jahre
(§ 61 Abs. 4 Satz 1).
Nein.
Niedersachsen
Kammergesetz für die Heilberufe (HKG NI).
5 Jahre
(§ 65 Abs. 1 Satz 1).
Nein.
Nordrhein-Westfalen
Heilberufegesetz NRW (HeilBerG NW).
5 Jahre
(§ 59 Abs. 4).
Ja, Gilt nur für Verletzung der Berufspflicht
die höchstens Geldbuße
gerechtfertigt hätte.
Rheinland-Pfalz
Heilberufegesetz (HeilBerG RP).
5 Jahre
(§ 47 Satz 1).
Feststellung der Berufsunwürdigkeit nicht
vorgesehen.
Saarland
Saarländisches Heilberufekammergesetz
(SHKG).
5 Jahre
(§ 33 Abs. 6 Satz 1).
Feststellung der Berufsunwürdigkeit nicht
vorgesehen.
Sachsen
Sächsisches Heiberufekammergesetz
(SächsHKaG).
3 Jahre
(§ 43 Abs. 2 Satz 1).
Feststellung der Berufsunwürdigkeit nicht
vorgesehen.
Sachsen-Anhalt
Gesetz über die Kammern für Heilberufe Sachsen-Anhalt (KGHB-LSA).
5 Jahre
(§ 47 Satz 1).
Nein.
Schleswig-Holstein
Gesetz über die Kammern und die Berufsgerichtsbarkeit für die Heilberufe
(HBKG SH).
3 Jahre
(§ 56 Satz 1).
Feststellung der Berufsunwürdigkeit nicht
vorgesehen.
Thüringen
Thüringer Heilberufegesetz (ThürHeilBG).
5 Jahre
(§ 47 Abs. 3 Satz 1).
Nein.
115
7. Übersicht: Aufsicht über Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland
ÄK
BB
ÄK/PK
HB
ÄK/PK
HH
ÄK/PK
BE
ÄK/PK
BY
ÄK/PK
BW
ÄK/PK
HE
ÄK
MVÄK/PK
NI
ÄK/PK
NW
ÄK/PK
RP
ÄK/PK
SL
ÄK/OPK
SN
ÄK
ST
ÄK/PK
SH
ÄK/PK
TH
Keine
gem.
RGL
ÄK/PK
LBG
Ärzte- oder Psychotherapeutenkammer (ÄK/PK) zuständig für die Überwachung der
Berufspflichten. Bei Verstö-
ßen ggf. Einleitung des
berufsgerichtlichen Verfahren beim zuständigen Landesberufsgericht (LBG).
Rechtsgrundlage (RGL) für
Aufsichtsmaßnahmen ist das
jeweilige Landesheilberufegesetz.
Berufsaufsicht über Psychotherapeuten in den neuen
Bundesländern durch die
Ostdeutsche Psychotherapeutenkammer (OPK) auf
Grundlage des SächsHKaG.
Approbationsbehörde informiert
jeweils über Maßnahmen die
Approbation betreffend. Nur
vereinzelt besteht auch Pflicht
der Landeskammern, die Approbationsbehörde einzuschalten.
ApprB
BB
ApprB
HB
ApprB
HH
ApprB
BE
ApprB
BY
ApprB
BW
ApprB
HE
ApprB
MVApprB
NI
ApprB
NW
ApprB
RP
ApprB
SL
ApprB
SN
ApprB
ST
ApprB
SH
ApprB
TH
BÄO/
PsychThG
Approbationsbehörden
(ApprB) zuständig für Erteilung, Widerruf, Rücknahme
oder Ruhen der Approbation
eines Arztes/ Psychotherapeuten
(= Berechtigung zur uneingeschränkten Ausübung
des ärztlichen/ psychotherapeutischen Berufs) . Maßnahmen erfolgen auf Grundlage der jeweiligen Approbationsordnung bzw. der
BÄO oder dem PsychThG
(= gemeinsame Rechtsgrundlage).
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References
Zusammenfassung
Die Arbeit widmet sich der Einflussnahme der Berufsanerkennungsrichtlinie 2005/36/EG auf die Berufsaufsicht über Ärzte und Psychotherapeuten in Deutschland und Großbritannien. Im Rahmen dessen erfolgt eine Auseinandersetzung mit den europäischen Harmonisierungskonzepten und dem Rechtskonzept der Berufsanerkennungsrichtlinie. Die Autorin erörtert die Auswirkungen einzelner Richtlinienvorschriften nach ihrer Umsetzung, insbesondere auf die deutschen Heilberufekammern. Sie analysiert dabei insbesondere die von der Richtlinie vorgegebene Verwaltungszusammenarbeit im Bereich der Berufsaufsicht sowie amtshaftungsrechtliche Aspekte, die sich im Rahmen der Aufsichtsarbeit der Berufskammern stellen.