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C. Die Haftung des Sachschuldners eines Herstellungsvertrags
Für den Bereich des Herstellungsvertragsrechts hat sich der englische Normgeber
ebenfalls entschieden, in den ss. 11M ff. SGSA ein weiteres Haftungsregime neben
die bisherigen Bestimmungen treten zu lassen.1269 Da das alte Regime der Haftung
für „breach of contract“ praktisch unverändert fortgilt, muss für die Darstellung der
Neuerungen des Herstellungsvertragsrechts lediglich das neu eingefügte Haftungsregime herangezogen werden.1270 Anzumerken ist, dass der bereits vor Umsetzung
der Richtlinie bestehende Gleichlauf von SGSA und SGA sich auch in der Umsetzungsmaßnahme fortsetzt. Große Teile der „regulations“ für SGA und SGSA decken
sich beinahe wortwörtlich, überwiegend sind nur die Nummerierungen der „sections“ entsprechend verändert worden.1271 Daher kann in weiten Bereichen der folgenden Darstellung auf die Erläuterungen verwiesen werden, die sich mit der Umsetzung der Richtlinie in das Veräußerungsvertragsrecht des SGA befassen. Im Folgenden wird zunächst ein Überblick über die Struktur des neuen Haftungstatbestands bzw. die systematische Verortung der Fälle der Schlechtleistung gegeben. Im
Anschluss daran werden die Voraussetzungen und Folgen der neu eingefügten Einstandspflicht des Sachschuldners für „conformity with the contract“ dargestellt.
I. Die systematische Behandlung von Fällen der Schlechtleistung
Wie im Veräußerungsrecht richtete sich im Herstellungsvertragsrecht die Haftung
des Sachschuldners für Beschaffenheitsabweichungen auch weiterhin nach der monistisch strukturierten Haftung für „breach of contract“.1272 Der Haftungstatbestand
des neuen in den SGSA eingefügten Haftungsregimes macht sich, insoweit im
Gleichlauf zum SGA, durch die Verweisung in s. 11S (1)(a) SGSA auf die ss. 3-5
SGSA und die vereinbarten „express terms“ die bestehende Struktur zueigen. Er erfasst die Fallgruppen der Aliud-Lieferung, Quantitäts- sowie die Qualitätsabweichung.
II. Haftungsvoraussetzungen
Bevor im Folgenden die Haftungsvoraussetzungen inhaltlich dargestellt werden,
wird auf den Bezugspunkt der durch das neue Haftungsregime geschaffenen Sach-
1269 Miller, in: Benjamin’s Suppl., Rn. 1-241.
1270 Die Veränderungen des alten Haftungsrechts beschränken sich auf das Hinzufügen der Einstandspflicht des Sachschuldners für öffentliche Äußerungen im Sinne des Art. 2 II d) der
Richtlinie, s. „regulation“ Nr. 8 bzw. s. 11D (3) (a)-(c) SGSA.
1271 Twigg-Flesner, GPR 2003, 12 (19); Yeoman-Clark, L.T. 38 (2004), 248 (251); Vorpeil,
ZVglRWiss 103, 432 (436).
1272 S. Kap. 3 C. I.
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References
Zusammenfassung
Herstellungs- und Veräußerungsverträge spielen im Wirtschaftsalltag eine überragende Rolle. Mithilfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der europäische Gesetzgeber starken Einfluss auf den Kernbereich der mitgliedstaatlichen Zivilrechtsordnungen ausgeübt und bisher überwiegend eigenständige Vertragstypen einheitlichen Regelungen unterworfen.
Der Autor setzt sich rechtsvergleichend mit der Frage auseinander, inwiefern die vorgesehene Gleichbehandlung der Verträge rechtlich und wirtschaftlich möglich ist und ob die Umsetzung der Richtlinie einen Gleichlauf des Vertragsrechts tatsächlich bewirkt hat. Dazu untersucht er die Gewährleistung bei Herstellungs- und Veräußerungsverträgen in den Rechtsordnungen Deutschlands, Englands und Frankreichs vor und nach der Umsetzung der Richtlinie. Abweichungen und Unterschiede hinterfragt er in ihrem wirtschaftlichen Kontext, wobei er sich auch mit Aspekten der ökonomischen Analyse des Zivilrechts auseinandersetzt.