182
führte zum Verlust aller Ansprüche wegen offensichtlicher Beschaffenheitsabweichungen.805 Aus der Funktion der Abnahme ergab sich, dass sie der letztlich maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung des Vorliegens einer Abweichung war. Durch
die erfolgte Abnahme ging die Gefahr einer zufälligen Verschlechterung bzw. des
Untergangs der Sachleistung über.806 Der für die Bewertung der Sachbeschaffenheit
maßgebliche Zeitpunkt war daher mit dem Gefahrübergang verbunden.
4. Ergebnis zu den Haftungsvoraussetzungen
Die Einstandspflicht des Sachschuldners für Beschaffenheitsabweichungen unterlag
im Herstellungsvertragsrecht überwiegend einheitlichen Grundsätzen. Die vom
Sachschuldner geschuldete Beschaffenheit bzw. Verwendungstauglichkeit der Sachleistung bestimmte sich primär anhand kommunikativer Elemente. Grundsätzlich
musste ein Konsens vorliegen, um den Sachschuldner vertraglich entsprechend zu
binden. Dem Sachschuldner lediglich kundgetane, einseitige Verwendungsabsichten
konnten teilweise das sachschuldnerische Soll ebenfalls beeinflussen. Subsidiär
orientierte sich der Inhalt der Schuld daran, was üblicherweise in einer vergleichbaren Situation zu leisten war. Die Anwendung des „droit commun“ führte dazu, dass
eine tatbestandliche Geringfügigkeitsschwelle fehlte. Der für die Bewertung der Beschaffenheit maßgebliche Zeitpunkt war der Moment der Abnahme und fiel zumeist
mit dem Gefahrübergang zusammen.
III. Haftungsfolgen – Die Rechtsbehelfe des Sachgläubigers
Der fragmentarische Charakter der Kodifikation des „contrat d’entreprise“ zeigte
sich auch im Bereich der Folgen der Haftung des Schachschuldners für Beschaffenheitsabweichungen. Es mangelte dem Code civil an einer eigenständigen Regelung
der Haftungsfolgen für das allgemeine Herstellungsvertragsrecht.
Rn. 442; Dutilleul/Delebecque (2004), Rn. 737 f.; Bénabent (2004), Rn. 577 f.; Puig,
Rn. 401; Labarthe/Noblot, JCP 2005, 1680 (1683).
805 Die alleinige Annahme der Lieferung ohne erfolgte Abnahme führte (wie im deutschen
Recht) nicht zu einem Rechtsverlust, Kengne, L.P.A. 1998, N° 94, 24 (26) – s. dort aber auch
zur Möglichkeit der „réception tacite“; Mainguy, Rn. 442; wie im alten deutschen Werkvertragsrecht konnten dem Sachgläubiger auch vor erfolgter Abnahme schon Rechtsbehelfe wegen einer Beschaffenheitsabweichung zustehen, Bloeck, S. 195 ff.; Lorenz, in: IECL, Rn. 55.
806 Bénabent (2004), Rn. 578; Mainguy, Rn. 442; Malaurie/Aynès/Gautier (2003), Rn. 771; Labarthe/Noblot, JCP 2005, 1680 (1684); Bloeck, S. 166; Lorenz, in: IECL, Rn. 129 u. 143.
183
1. Einleitung
Die Rechtsbehelfe des Sachgläubigers ergaben sich aus dem Rückgriff auf die
Grundsätze des „droit commun“.807 Da sich auch die Haftung des Sachschuldners
eines „contrat de vente“ wegen Nichterfüllung der Lieferpflicht nach den Grundsätzen des „droit commun“ richtete, können die folgenden Ausführungen knapp gehalten werden. Es kann im Wesentlichen auf die Ausführungen zum „contrat de vente“
verwiesen werden. Die Ansprüche aus „droit commun“ setzten prinzipiell den Verzug des Sachschuldners voraus. Ein Verzug lag jedenfalls dann vor, wenn der Sachgläubiger Klage auf Beseitigung der Abweichung oder auf Schadensersatz erhoben
hatte.808
2. Das Recht zur Auswahl des Rechtsbehelfs
Das Recht zur Auswahl des Rechtsbehelfs stand grundsätzlich dem Sachgläubiger
zu. Es ist aber an die Ermessensspielräume zu erinnern, die den Gerichten im Bereich der Nichterfüllungshaftung des „droit commun“ grundsätzlich zugebilligt wurden.809 Im Laufe der Zeit hatten sich feste Grundsätze herausgebildet, nach denen
sich die Gewährung des jeweiligen Rechtsbehelfs richtete. Lagen die erforderlichen
Voraussetzungen vor, folgten die Gerichte der Wahl des Sachgläubigers.810
3. Die Rechtsbehelfe der Neuherstellung oder Nachbesserung
Entsprach die Beschaffenheit der hergestellten Sachleistung nicht dem geschuldeten
Soll, konnte der Sachgläubiger die Annahme verweigern. Denn der Sachschuldner
konnte seine Pflicht nur durch die Lieferung einer der Schuld entsprechenden Sachleistung erfüllen. Dasselbe galt, wenn der Sachgläubiger die Sachleistung abnahm
und sich seine Rechte vorbehielt.811 Aus dem „droit commun“ ergab sich, dass der
Sachgläubiger gemäß Art. 1184 al. 2 CC die Erfüllung der ursprünglichen Schuld
verlangen konnte.812 Dieses Verlangen konnte neben der Nachbesserung auch die
807 Bloeck, S. 199.
808 S. entsprechend unter B. I.; A. Walter, S. 148.
809 Bénabent (2004), Rn. 531; Noblot, JCP 2006, 154 (155); s. das Urteil des Cour de cass. civ.
vom 28.02.1969, (Bulletin civ. III N° 182); s. ferner o. unter B. III. 2.
810 S. o. unter B. III. 2.
811 Huet, Rn. 32255 u. 32332; Bloeck, S. 199.
812 Dutilleul/Delebecque (2004), Rn. 737, 740; Delebeque, S. 72; Gibirila, in: Juris-Classeur,
Art. 1787: fasc. 10, Rn. 55; Mainguy, Rn. 431; s. die Urteile des Cour de cass. civ. vom
11.05.2005, N° de pourvoi 03-21136 (Bulletin civ. III N° 103, 96) u. vom 16.11. 1977, N° de
pourvoi 76-12182 (Bulletin civ. III N° 392, 299).
184
Neuherstellung der Sachleistung umfassen und mit einer „astreinte“ verbunden werden.813
Aufgrund des weiten gerichtlichen Ermessensspielraums konnte die Gewährung
des Anspruchs auf Neuherstellung oder Nachbesserung in den Fällen der Unmöglichkeit und Unverhältnismäßigkeit auch abgelehnt werden.814 An das Vorliegen einer Unverhältnismäßigkeit wurden allerdings hohe Anforderungen gestellt.815 Ähnlich der Situation des englischen Rechts konnte der Sachschuldner im Falle einer
„adequacy of damages“816 der Verurteilung zur Nacherfüllung entgehen, indem er
die Kosten einer möglichen Ersatzvornahme bezahlte.817 Hinsichtlich des Wahlrechts über die Art der Nacherfüllung gilt das zum „contrat de vente“ Geschriebene
entsprechend. Das Gericht hatte aufgrund seines Ermessensspielraums die Möglichkeit, das Begehren des Sachgläubigers zu modifizieren.818
4. Der Rechtsbehelf der Minderung
Der Sachgläubiger konnte wegen einer Beschaffenheitsabweichung der Sachleistung
ebenfalls die Herabsetzung seiner Gegenleistung verlangen.819 Sofern der Sachverhalt (wie meistens) als Fall der Nichterfüllung der „obligation de délivrance“ eingeordnet wurde und sich die Haftung daher nach dem „droit commun“ richtete, existierte kein eigenständiger Rechtsbehelf der Minderung. Der für den Fall der Nichterfüllung vorgesehene Anspruch des Sachgläubigers auf Schadensersatz gemäß
813 Huet, Rn. 32257; Delebeque, S. 72 f.; Principles of European Law, S. 479; s. ferner das Urteil
des Cour de cass. civ. vom 24.07.1971, N° de pourvoi 69-10624 (Bulletin civ. II N° 411,
292); Mainguy, Rn. 431; Bénabent (2004), Rn. 531; Guimezanes, S. 230; Ferid/Sonnenberger, Bd. 2, Rn. 2 K 127; s. die Urteile des Cour de cass. civ. vom 28.02.1969 (Bulletin civ.
III N° 182) u. vom 11.05.2005, N° de pourvoi 03-21136 (Bulletin civ. III N° 103, 96); Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 912 f.; Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 684 f.; A. Walter,
S. 144 u 232 f.; Bloeck, S. 199 f.; A. Sandrock, S. 186 f.
814 Noblot, JCP 2006, 154 (155 f.).
815 Mainguy, Rn. 431; Paisant, JCP 2005 1167 (1175); Bloeck, S. 196; Lorenz, in: FS für
v. Caemmerer, S. 913; s. zur Unverhältnismäßigkeit s. das Urteil des Cour de cass. civ. vom
11.05.2005, N° de pourvoi 03-21136 (Bulletin civ. III N° 103, 96), ferner das unveröffentlichte Urteil des Cour de Cass. civ. vom 17.11.1984, dargestellt bei Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 689 ff.; Zimmermann, JZ 1995, 477 (486).
816 S. Kap. 3 C. III. 2.
817 Vgl. das Urteil des Cour de cass. civ. vom 24.07.1971, N° de pourvoi 69-10624 (Bulletin
civ. II N° 411, 292).
818 „L’exécution en nature, lorsque’elle est possible, est offerté par le responsable ou demandée
par la victime, les juges déterminent souverainement les mesures de nature à réparer le dommage“, so der Cour de cass. civ. in seinem Urteil vom 28.02.1969 (Bulletin civ. III N° 182);
s. ferner die Urteile des Cour de cass. civ. vom 11.03.1970, N° de pourvoi 68-12877 (Bulletin
civ. III N° 185, 187) und vom 01.07.1971, N° de pourvoi 69-10754 (Bulletin civ. III
N° 429, 305); Guimezanes, S. 230; Eimer, S. 110 f.
819 Delebecque, S. 79
185
Art. 1147 CC konnte aber zu einem funktional entsprechenden Ergebnis führen.820
Hinsichtlich einer Abwendungsbefugnis kann entsprechend auf die Ausführungen
zum „contrat de vente“ verwiesen werden.821 Aufgrund der Beurteilungsspielräume
der Gerichte bestand die Möglichkeit, einen „délai de grâce“ auszusprechen bzw.
eine angebotene oder erfolgte Nacherfüllung zu berücksichtigen.822 Eine Abwendungsbefugnis bestand daher grundsätzlich.823 Sie konnte aber wiederum aus sachgläubigerschützenden Erwägungen entfallen, etwa wenn die Nacherfüllung unmöglich war oder die Vertrauensgrundlage erschüttert war.824
5. Der Rechtsbehelf der Vertragsauflösung
Gemäß Art. 1184 al. 2 CC konnte der Sachgläubiger eines Herstellungsvertrags
durch das Gericht825 die Auflösung des Vertrags aussprechen lassen und den Rückaustausch der empfangenen Leistungen erwirken.826 Es bestand ein Gleichlauf zu der
Haftung des Sachschuldners eines „contrat de vente“.827 Die Abwendungsbefugnis
des Sachschuldners einer Werkleistung war durch den Code civil nur bei einem Vertrag über ein künftig zu errichtendes Haus vorgesehen (Art. 1642-1 CC). Diesen
Vertrag verstand das Gesetz aber als „contrat de vente“.828 Die Vertragsauflösung
verlangte das förmliche Inverzugsetzen des Sachschuldners, so dass bis zu diesem
Zeitpunkt die geschuldete Leistung nachgeholt werden konnte.829 Ferner konnten die
Gerichte den ihnen zustehenden Ermessensspielraum in der schon aus der Darstellung des „contrat de vente“ bekannten Weise ausnutzen: So bestand zunächst die
820 Dutilleul/Delebecque (2004), Rn. 742; Delebecque, S. 79; A. Walter, S. 145; Bloeck, S. 196;
Eimer, S. 261; s. auch das Urteil des Cour de cass. civ. vom 12.03.1974, N° de pourvoi
73-10417 (Bulletin civ. III N° 113, 87). Insbesondere bestand bei den betrachteten Verträgen
hinsichtlich des Anspruchs auf Schadensersatz nicht das Erfordernis eines Verschuldens des
Sachschuldners, s. u. unter 6.
821 S. oben unter B. 4. a).
822 Noblot, JCP 2006, 154 (155 f.).
823 Noblot, JCP 2006, 154 (155 f.); s. die Urteile des Cour de cass. civ. vom 28.09.2005, N° de
pourvoi 04-14586 u. vom 28.02.1969 (Bulletin civ. III N° 182); A. Walter, S. 146 f., 233,
261, 275 f.; Schlechtriem, in: Restitution, S. 436.
824 Noblot, JCP 2006, 154 (155 f.); s. die Urteile des Cour de cass. civ. vom 28.09.2005, N° de
pourvoi 04-14586 u. vom 07.12.176, N° de pourvoi 75-11908 (Bulletin civ. III N° 444, 336).
825 In Notfällen konnte für die Auflösung des Vertrags auf die Einschaltung der Gerichte verzichtet werden, s. Delebecque, S. 78.
826 Huet, Rn. 32359 f.; Dutilleul/Delebecque (2004), Rn. 743; Delebeque, S. 77; Barbieri,
S. 285; Principles of European Law, S. 485; Bloeck, S. 197; A. Walter, S. 149 f.
827 S. oben unter B. 5. a).
828 Eine Vertragsauflösung war nach Art. 1642-1 al. 2 CC nicht zulässig, wenn sich der Sachschuldner verpflichtete, den „vice caché“ zu beheben.
829 Delebeque, S. 77; s. das Urteil des Cour de cass. civ. vom 17.03.1971, N° de pourvoi
69-13204 (Bulletin civ. III N° 194, 140); Ghestin/Jamin/Billiau, Rn. 452; Principles of European Law, S. 478 f.
186
Möglichkeit, einen „délai de grâce“ zugunsten des Sachschuldners aussprechen.830
Weiterhin konnte das Begehren des Sachgläubigers nach einer Vertragsauflösung
abgewiesen werden, wenn zu dem Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung
erfolgreich nacherfüllt worden war. Das galt auch, wenn ein entsprechendes Angebot unterbreitet worden war.831 So ergab sich grundsätzlich eine Abwendungsbefugnis des Sachschuldners.832 Sie konnte aber aus sachschuldnerschützenden Erwägungen entfallen, wenn die Vertrauensgrundlage durch das Verhalten des Sachschuldners gestört war.833 Hinsichtlich des Erfordernisses einer Wesentlichkeit der „non
conformité“ kann auf die Ausführungen zur Haftung des Sachschuldners wegen
Nichterfüllung eines „contrat de vente“ verwiesen werden. So war eine Auflösung
des Vertrags nur möglich, wenn die Beschaffenheitsabweichung eine bestimmte Intensität erreichte.834
6. Verschuldenserfordernis der Rechtsbehelfe
Ob die Rechtsbehelfe des Sachgläubigers wegen einer Beschaffenheitsabweichung
das Verschulden seines Vertragspartners tatbestandlich voraussetzten, richtete sich
nach der Einteilung der verletzten Sachschuldnerpflichten.835 So stellte sich die Frage, ob die Pflicht des Sachschuldners zur Leistung einer bestimmten Beschaffenheit
eine „obligation de moyens“ oder eine „obligation de résultat“ war.836 Für die im
Rahmen der Arbeit untersuchten Herstellungsverträge war überwiegend Folgendes
anerkannt: Den Sachschuldner traf hinsichtlich der Herstellung und Lieferung einer
Sachleistung mit einer bestimmten Beschaffenheit eine „obligation de résultat“.
Denn im Bereich der Bearbeitung von Sachen wurde die Erreichbarkeit des Erfolgs
als gewöhnlicherweise gut einschätzbar bewertet.837 Dies galt umso eher bei gewerb-
830 S. o. entsprechend unter B. III. 5.
831 A. Walter, S. 148 f., 254 f.
832 Noblot, JCP 2006, 154 (155 f.); s. die Urteile des Cour de cass. civ. vom 28.09.2005, N° de
pourvoi 04-14586 u. vom 28.02.1969 (Bulletin civ. III N° 182); Ghestin/Jamin/Billiau,
Rn. 452; Principles of European Law, S. 478 f.; A. Walter, S. 146 f., 233, 261, 275 f.;
Schlechtriem, in: Restitution, S. 436.
833 Noblot, JCP 2006, 154 (155 f.) mit Verweisen auf Huet und Bénabent; s. die Urteile des Cour
de cass. civ. vom 28.09.2005, N° de pourvoi 04-14586 u. vom 07.12.176, N° de pourvoi
75-11908 (Bulletin civ. III N° 444, 336).
834 A. Walter, S. 149; s. das Urteil des Cour de cass. civ. vom 06.02.1973, N° de pourvoi
72-10051 (Bulletin civ. III N° 96, 69); s. o. entsprechend unter B. III. 5.
835 S. oben unter B. III. 6.
836 Dutilleul/Delebecque (2004), Rn. 742.
837 Dutilleul/Delebecque (2004), Rn. 712, 723 u. 726; Huet, Rn. 32260; Bénabent (2004),
Rn. 534; Barbieri, S. 286; Mainguy, Rn. 432; Gibirila, in: Juris-Classeur, Art. 1787: fasc. 10,
Rn. 61; Bloeck, S. 70 ff.; Eimer, S. 105 f.; Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 916 ff.; Urteile
des Cour de cass. civ. vom 02.02.1994, N° de pourvoi 91-18764 (Bulletin civ. I N° 41, 32) u.
vom 30.11.1983, N° de pourvoi 82-13249 (Bulletin civ. III N° 253); Ferid/Sonnenberger,
187
lichem Handeln des Sachschuldners, also auch für die Konstellation des Verbrauchervertrags.838 Aus der Klassifikation folgte, dass der Sachschuldner für eine Beschaffenheitsabweichung grundsätzlich verschuldensunabhängig haftete. Eine Haftungsbefreiung kam nur in Betracht, wenn er das Vorliegen einer „cause étrangère“
beweisen konnte.839
7. Ergebnis zu den Haftungsfolgen
Das Recht zur Auswahl des Rechtsbehelfs stand dem Sachgläubiger zu. Er konnte
die Herstellung der geschuldeten Beschaffenheit durch Nachbesserung oder Neuherstellung verlangen. Dieses Recht wurde in Fällen der Unmöglichkeit und Unverhältnismäßigkeit begrenzt, wobei an das Vorliegen einer Unverhältnismäßigkeit
strenge Anforderungen gestellt wurden. Weiterhin konnte der Sachschuldner die Herabsetzung seiner Gegenleistung oder die Auflösung des Vertrags verlangen. Durch
die systematische Einordnung der Schlechtleistung als Nichterfüllung konnte sich
für den Sachschuldner eine Abwendungsbefugnis ergeben. Den Vertrag konnte der
Sachgläubiger nur auflösen, wenn die Beschaffenheitsabweichung eine gewisse Intensität aufwies. Ein Verschulden des Sachschuldners setzten die Rechtsbehelfe für
die untersuchten Herstellungsverträge tatbestandlich nicht voraus.
So zeigt sich im Ergebnis das Bestehen eines Stufenverhältnisses. Die grundsätzliche Gewährung der nacherfüllenden Rechtsbehelfe führte in Verbindung mit der
Abwendungsbefugnis des Sachschuldners zu einem Vorrang der nacherfüllenden
Rechtsbehelfe. Das tatbestandliche Erfordernis der besonderen Intensität der Beschaffenheitsabweichung bewirkte eine absolute Nachrangigkeit des Rechtsbehelfs
der Vertragsauflösung.
Bd. 2, Rn. 2 K 121; häufig, insbesondere bei einer Herstellung aus Materialien des Bestellers,
unterlag der Sachschuldner einer „obligation de résultat atténuée“/„alléguée“. Sein Verschulden wurde in diesem Fall beim Vorliegen einer Abweichung vermutet. Er konnte sich aber
durch den Nachweis seines fehlenden Verschuldens von der Haftung befreien, s. Huet,
Rn. 32277; Mainguy, Rn. 432; Bénabent (2004), Rn. 538; Bloeck, S. 64 f.
838 Huet, Rn. 32246; Gatsi, S. 144; Kengne, L.P.A. 1998, N° 94, 24 (26).
839 Bénabent, (2004) Rn. 538; vgl. die Urteile des Cour de cass. civ. vom 17.12.1997, N° de
pourvoi 95-19504 (Bulletin civ. III N° 227, 152) u. vom 22.10.1980, N° de pourvoi 79-12249
(Bulletin civ. III N° 162); Bloeck, S. 196; Eimer, S. 37 f., 112; A. Walter, S. 141; Ferid/Sonnenberger, Bd. 2, Rn. 2 K 129; Lorenz, in: IECL, Rn. 63; s. o. entsprechend unter
B. III. 6.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Herstellungs- und Veräußerungsverträge spielen im Wirtschaftsalltag eine überragende Rolle. Mithilfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der europäische Gesetzgeber starken Einfluss auf den Kernbereich der mitgliedstaatlichen Zivilrechtsordnungen ausgeübt und bisher überwiegend eigenständige Vertragstypen einheitlichen Regelungen unterworfen.
Der Autor setzt sich rechtsvergleichend mit der Frage auseinander, inwiefern die vorgesehene Gleichbehandlung der Verträge rechtlich und wirtschaftlich möglich ist und ob die Umsetzung der Richtlinie einen Gleichlauf des Vertragsrechts tatsächlich bewirkt hat. Dazu untersucht er die Gewährleistung bei Herstellungs- und Veräußerungsverträgen in den Rechtsordnungen Deutschlands, Englands und Frankreichs vor und nach der Umsetzung der Richtlinie. Abweichungen und Unterschiede hinterfragt er in ihrem wirtschaftlichen Kontext, wobei er sich auch mit Aspekten der ökonomischen Analyse des Zivilrechts auseinandersetzt.