144
Vertragspartners vertraut haben musste. Der Sachschuldner konnte zur „perfekten“
Leistung verpflichtet sein. Das war vor allem dann der Fall, wenn sich der Inhalt der
Schuld anhand subjektiver Kriterien bemaß. Eindeutig und umfassend war diese
Pflicht jedoch nicht ausgestaltet. Für die Bewertung der Beschaffenheit der Sachleistung war überwiegend der Moment maßgeblich, in dem die Gefahr überging.
III. Haftungsfolgen – Die Rechtsbehelfe des Sachgläubigers
Anders als in den ss. 51 ff. SGA fand sich im SGSA kein Abschnitt über die „remedies of the tranferee”. So war hinsichtlich der Rechtsfolgen der Sachschuldnerhaftung auf das „case law“ zurückzugreifen. Die Haftungsfolgen des Herstellungsvertragsrechts ähnelten den im SGA kodifizierten veräußerungsvertraglichen Rechtsbehelfen sehr. Teilweise wandten die englischen Gerichte das Recht des SGA sogar
einfach entsprechend an.582 Im weiteren Verlauf der Darstellung der Haftungsfolgen
kann daher in weiten Bereichen auf die Ausführungen zum „contract of sale“ verwiesen werden.
1. Das Recht zur Auswahl des Rechtsbehelfs
Die Auswahl des Rechtsbehelfs stand grundsätzlich dem Sachgläubiger zu. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen waren die Gerichte an die Wahl des
Sachgläubigers gebunden. Anderes galt konzeptionell für den Rechtsbehelf der
„specific performance“, denn dessen Gewährung unterstand der „discretion of the
court“. Wie beim „contract of sale“ hatten sich aber auch im Herstellungsvertragsrecht für diesen Rechtsbehelf im Laufe der Zeit feste Tatbestandsvoraussetzungen
gebildet. Bei deren Vorliegen wurde die „specific performance“ dem Sachgläubiger
regelmäßig zugesprochen.583
2. Der Rechtbehelf der Neuherstellung und Nachbesserung
Die Rechtsbehelfe der Neuherstellung und Nachbesserung existierten als eigenständig ausgestaltete Rechtsbehelfe nicht. Anders als im Veräußerungsvertragsrecht584
konnte ein entsprechender Anspruch des Sachgläubigers konzeptionell aber vom
582 Guest/Reynolds/Harris, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 43-010; Sealy, in: Benjamin’s (2002),
Rn. 1-041; G. H. Myers & Co. v. Brent Cross Services Co. [1933] All E.R. Rep., 9; Woodroffe, Rn. 3.11 f.; A. Sandrock, S. 168 f.; Lorenz, in: IECL, Rn. 2 und 87.
583 Treitel, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 27-029; Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 912; s. u.
unter 2.
584 S. o. unter B. III. 3.
145
Rechtsbehelf der „specific performance“ umfasst werden. Zum einen beanspruchte
das vertragstypenspezifische, auf die Überlassung einer ausgesonderten bzw. bestimmten Sachleistung gerichtete, enge Korsett der s. 52 SGA für den Bereich der
Herstellungsverträge keine Geltung.585 Zum anderen wirkte sich die inhaltliche Wesensgleichheit der Nacherfüllung mit der Erbringung der ursprünglichen Schuld des
Sachschuldners aus. Die ursprüngliche Pflicht des Sachschuldners eines Herstellungsvertrags zielte auf die Herstellung einer Sachleistung mit einer bestimmten Beschaffenheit. Auf die Erfüllung dieser Pflicht richtete sich demnach auch der
Rechtsbehelf der „specific performance“. So konnte die „specific performance“ im
Bereich des Herstellungsvertragsrechts die Nachbesserung und Neuherstellung konzeptionell in sich aufnehmen.586
Doch dem Sachgläubiger stand auch im Herstellungsvertragsrecht ein Anspruch
auf Nacherfüllung nur in Ausnahmefällen zu.587 Erneut verdeutlichte sich der kompensatorische Charakter des englischen vertraglichen Haftungssystems. Der Anspruch auf „specific performance“ wurde prinzipiell nur bei kumulativem Vorliegen
folgender Voraussetzungen gewährt: Zum einen musste geschuldete Soll hinreichend bestimmt sein.588 Zum anderen durfte der Schadensersatz die Interessen des
Sachgläubigers nicht in gleichwertiger Weise befriedigen („inadequacy of damages“) und die „at law“ gefundene Lösung musste deshalb unbillig sein.589 Eine „adequacy of damages“ lag jedoch bereits vor, wenn ein Dritter die geschuldete Leistung
ebenso erbringen konnte.590 Das war der Fall, wenn die Leistung nicht einzigartig
war und der Sachgläubiger die Sachleistung im Besitz hatte.591 Außerdem wurde der
Rechtsbehelf der „specific performance“ nicht gewährt, wenn seine Durchführung
585 Dazu s. o. unter B. III. 3.
586 Lorenz, in: IECL, Rn. 89; dieser Schluss ist nicht zwingend, wie der Blick auf das alte
deutsche Kaufrecht zeigt, s. Kap. 2. unter B. III. 2. Anders als dem deutschen war dem englischen Recht aber die Trennung zwischen Erfüllung und Gewährleistung bzw. zwischen „primary“ und „secondary obligation“ fremd, s. Peukert, S. 305 f. Das erleichterte es, systematisch die Nacherfüllung gegenüber der ursprünglichen Erfüllung nicht als Aliud zu verstehen.
587 Principles of European Law, S. 479; Lorenz, in: IECL, Rn. 18 u. 89; Lorenz, in: FS für
v. Caemmerer, S. 911; Riezler in RabelsZ 17 (1952), 523 (547); A. Sandrock, S. 175.
588 Jones/Goodhart, S. 140; Treitel, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 27-041; ders., in: Contract,
S. 1034; Lorenz, in: IECL, Rn. 19.
589 Jones/Goodhart, S. 141; diese Einstellung wurzelte in der mittlerweile aufgegebenen Dichotomie des englischen Zivilrechts und der Zivilgerichtsbarkeit, s. dazu die Supreme Courts of
Judicature Acts 1873-5; Arnold/Unberath, ZEuP 2004, 366 (377). Die „equity“ war nur einschlägig, wenn „at law“ kein angemessener Rechtsbehelf gefunden wurde, s. Treitel, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 27-005; Zerres, S. 27; Rabel, S. 269 f.; Peukert, S. 182 f.
590 Treitel, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 27-027, ders., in: Contract, S. 1035 (zum Bauvertragsrecht); Lorenz, in: IECL, Rn. 89; Harris, L.Q.R. 2003, 541 (543); Butterworths, Rn. 8.164;
Zerres, RIW 2003, 746 (748); A. Sandrock, S. 183.
591 Die „inadequacy of damages“ konnte ebenso vorliegen, wenn der Sachschuldner noch im
Besitz der Sachleistung war und der Substitut seine Leistung nicht erbringen konnte, ohne das
Besitzrecht zu verletzen, Treitel, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 27-027; Jones/Goodhart,
S. 141; Lorenz, in: IECL, Rn. 89; ders., in: FS für v. Caemmerer, S. 911.
146
eine dauerhafte Überwachung durch das Gericht erfordert hätte.592 Hinsichtlich der
hier in Frage stehenden Erbringung einer Werkleistung entfaltete diese Einschränkung eine limitierende Wirkung. Denn eine nacherfüllenden Herstellungshandlung
zu überwachen ist naturgemäß zeitaufwändig.593
a) Die Einschränkung bei Unmöglichkeit und Unverhältnismäßigkeit
Bereits aus der Verwurzelung der „specific performance“ im Recht der „equity“
folgte, dass hinsichtlich einer Verurteilung des Sachschuldners Billigkeitserwägungen anzustellen waren.594 Der Sachgläubiger konnte auf den Rechtsbehelf der „specific performance“ nicht zurückzugreifen, wenn diese unmöglich oder unverhältnismäßig war.595 Ebenso bezog das Gericht in seine Erwägungen mit ein, ob eine Verurteilung zur „specific performance“ den Sachschuldner finanziell und auch sonst
besonders hart treffen würde („severe hardship“).596 Stellte sich der für den Gläubiger zu erwartende Vorteil der „specific performance“ in diesem Zusammenhang als
unverhältnismäßig heraus, schied die Gewährung des Rechtsbehelfs aus.597
b) Das Recht zur Auswahl der Art der Nacherfüllung
Aus der Tatsache, dass die Entscheidung über die Gewährung des Anspruchs auf
„specific performance“ in die „discretion of the court“ fiel, folgte, dass dem Gericht
auch die Entscheidung über die Art der Nacherfüllung zustand.598
592 Treitel, in: Chitty, Rn. 27-025, Rn. 27-027 (einschränkend für „building contracts“); ders., in:
Contract, S. 1032 ff.; Jones/Goodhart, S. 141; Beatson, S. 636 f.; Peukert, S. 212; Ryan v.
Mutual Tontine Westminster Chambers Assoc. [1893] 1 Ch., 116, dort insbes. die Ausführungen von Lopes L. J. auf S. 125.
593 Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 708 f.; Halsbury’s, Vol. 4 (3), Rn. 178, Fn. 2; Lorenz, in:
IECL, Rn. 89; Lorenz sieht darin sogar den Grund für das völlige Fehlen einschlägiger Entscheidungen auf diesem Gebiet, s. ders., in: FS für v. Caemmerer, S. 912; Riezler in RabelsZ
17 (1952), 523 (547); Treitel, in: Contract (2003), S. 1035, für den Fall der Errichtung eines
Gebäudes; lag eine „inadequacy of damages“ vor und war die vorzunehmende Leistung präzise definiert, schadete bei Bauverträgen die Notwendigkeit einer dauerhaften Überwachung
nicht, s. Treitel, in: Contract, S. 1035; ders., in: Chitty Bd. 1, Rn. 27-028; Peukert, S. 213 ff.
594 Principles of European Law, S. 479; Peukert, S. 187.
595 Principles of European Law, S. 479; Treitel, in: Chitty Bd. 1, Rn. 27-030; ders., in: Chitty Bd.
2 (1999), Rn. 27-041; A. Sandrock, S. 181; Butterworths, Rn. 8.161.
596 Principles of European Law, S. 479.
597 Patel v. Ali [1984] 1 All E.R., 978; Tito v. Waddell (No. 2) [1977] 3 All E.R., 129;
Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 694 ff.; Treitel, in: Chitty Bd. 1, Rn. 27-030; ders., in:
Remedies, S. 66; ders., in: Contract, S. 1026 f.; Peukert, S. 188 ff.; A. Sandrock, S. 181 f.
598 Zum US-amerikanischen Recht s. Melzer, S. 70 f.
147
3. Der Rechtsbehelf der Minderung
Im Gleichlauf zu den anderen Rechtsbehelfen hatte auch der Rechtsbehelf der Minderung im SGSA keine eigene Ausgestaltung erfahren. Wie im Veräußerungsvertragsrecht kannte das „case law“ ebenfalls einen eigenständig ausgeformten Rechtsbehelf der Minderung nicht.599 Allerdings ließ sich wie beim „contract of sale“ ein
funktional äquivalentes Ergebnis über den Standardrechtsbehelf des Schadensersatzes herleiten.600 Der Schadensersatzanspruch wegen „breach of contract“ umfasste
die Wertdifferenz zwischen der gelieferten Sachleistung und einer einwandfrei hergestellten Sachleistung.601 Hatte der Sachgläubiger noch nicht bezahlt, konnte er die
Sachleistung behalten und der Klage seines Vertragspartners auf Zahlung seinen
Anspruch auf Schadensersatz wegen „breach of contract“ entgegensetzen. Ebenso
konnte er bei Gericht durch eine eigene Klage die Kosten der Mängelbeseitigung
verlangen.602
Eine Abwendungsbefugnis des Sachschuldners bestand auch im Herstellungsvertragsrecht grundsätzlich nicht.603 Eine funktionale Entsprechung zur Abwendungsbefugnis konnte sich auch nicht indirekt aus dem wirtschaftlichen Druck der „duty
to mitigate“ ergeben.604 Zwar bestand diese Obliegenheit des Sachgläubigers auch
bei Herstellungsverträgen605, es kann aber auf die Ausführungen zum „contract of
sale“ verwiesen werden. Die reine Liquidation des Minderwerts begründete keinen
Verstoß gegen die „duty to mitigate“.606 Außerdem nahm das englische Recht gemäß s. 7 (1), (2) UCTA eine abweisende Haltung gegenüber der vertraglichen Vereinbarung einer Abwendungsbefugnis ein. Das galt jedenfalls in Bezug auf das
Goods-Element des Vertrags.607 Für das Service-Element wurde die Möglichkeit der
Vereinbarung einer Abwendungsbefugnis gemäß s. 2 (2) UCTA beschränkt.608
599 Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 923; Riezler in RabelsZ 17 (1952), 521 (547).
600 Halsbury’s, Vol. 9 (1), Rn. 924, Fn. 6; Principles of European Law, S. 485.
601 Lowe/Woodroffe, Rn. 7.52; Halsbury’s, Vol. 3 (1), Rn. 86; McGregor on Damages (2003),
Rn. 26-003, 26-009 (zum Bauvertragsrecht); Lorenz, in: IECL, Rn. 91.
602 Hoenig v. Isaacs [1952] 2 All E.R., 176, dazu Smith, S. 439 ff.; Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon,
S. 733 ff.; Mondel v. Steel [1835-42] All E.R. Rep., 511 f.; Lorenz, in: IECL, Rn. 105; Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 923; Halsbury’s, Vol. 3 (1), Rn. 69, 86 u. Vol. 41,
Rn. 304, Fn. 7; Wellenreuther, S. 13 ff.
603 Treitel, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 27-028; Principles of European Law, S. 478 – m. w. N.;
zum Bauvertragsrecht, s. Lorenz, in: IECL, Rn. 89; A. Sandrock, S. 218 f.
604 S. o. entsprechend die Ausführungen zum „contract of sale“, B. III. 4. a).
605 Harris, in: Chitty Bd. 1, Rn. 26-094; ders., S. 79 ff.; Principles of European Law, S. 480; zu
Bauverträgen s. McGregor on Damages (1988), Rn. 1086.
606 S. o. die Ausführungen zum „contract of sale“, B. III. 4. a). Bei anderen Ansprüchen, etwa
wegen der Kosten einer Ersatzvornahme, konnte sich die „duty to mitigate“ dagegen durchaus
auswirken, s. Lorenz, in: IECL, Rn. 89; A. Sandrock, S. 204 f.; Harris, in: Chitty Bd. 1,
Rn. 26-099.
607 Eine Beschränkung der Rechte wegen einer Verletzung der Sachschuldnerpflichten hinsichtlich „description“ und „quality or fitness of goods for any particular purpose“ war bei Verbraucherverträgen unzulässig, siehe ss. (1). Bei anderen Personenkonstellationen war sie nur
148
4. Der Rechtsbehelf der Vertragsauflösung
Das Recht zur Vertragsauflösung wegen einer qualitativen Beschaffenheitsabweichung war im SGSA ebenfalls nicht geregelt worden. Die Grundsätze, die das „case
law“ für den Rechtsbehelf der Vertragsauflösung wegen eines „breach of contract“
entwickelt hatte, galten auch für Herstellungsverträge.609 Das Recht zur Vertragsauflösung bestand nur dann, wenn die verletzte Pflicht als „condition“ eingeordnet werden konnte. Es kann insoweit auf die allgemeinen Ausführungen zu diesem Rechtsbehelf im Veräußerungsvertragsrecht verwiesen werden.610 Die Verpflichtung des
Sachschuldners zu „reasonable care and skill“ wurde als „condition“ eingeordnet.611
Die Rechtsfigur der „acceptance“ nach s. 35 SGA war nicht auf Verträge übertragbar, die nicht dem SGA unterfielen.612
Entschied sich der Sachgläubiger für die „rescission“, so wurde er von zukünftigen vertraglichen Pflichten befreit und konnte einen Anspruch auf Ersatz erlittener
Schäden aus „damages“ geltend machen. Wenn zusätzlich eine „total failure of consideration“ vorlag, folgte daneben aus der Auflösung des Vertrags die Möglichkeit,
die Rückerstattung geleisteter Zahlungen zu verlangen.613 Umstritten war, inwiefern
der Gläubiger der Leistung bereits erhaltene „benefits“ zurückgeben konnte, um so
die „total failure of consideration“ herbeizuführen.614 Zumeist wurde das nur zugelassen, wenn eine Rückgabe in natura möglich war, was sich bei Herstellungsverträgen aufgrund des Herstellungsprozesses sehr beschränkend auswirkte.615 Anderes
galt, wenn die erbrachte Leistung vollkommen wertlos war.616
zulässig, wenn sie „fair and reasonable“ war, siehe ss. (2), zur „reasonableness“ siehe
s. 11 UCTA; ferner Treitel, in: Contract (2003), S. 249, 251 ff.; Zerres, ZVglRwiss
104, 287 (304, 307); Lütkenhaus, S. 187 f. u. v. Bernstorff, S. 81. Eine Abweichung gegen-
über dem Recht des „contract of sale“ ergab sich aber in Bezug auf das Service-Element des
Vertrags. Hier war eine Beschränkung der Einstandspflicht des Sachschuldners zulässig, solange sie „reasonable“ im Sinne der s. 3 UCTA war, Twigg-Flesner, GPR 2003, 12 (19).
608 Zerres, ZVglRwiss 104, 287 (307).
609 Treitel, in: Contract (2003), S. 759; Halsbury’s, Vol. 4 (3), Rn. 180; Halsbury’s, Vol. 9 (1),
Rn. 989; Feuerstein, S. 35; Harbutt’s Plasticine Ltd. v. Wayne Tank and Pump Co Ltd [1970]
1 All E.R., 225.
610 S. o. unter B. III. 1. und B. III. 5.
611 Principles of European Law, S. 484 – m. w. N.
612 Twigg-Flesner, GPR 2003, 12 (16 f.); Bradgate, L.Q.R. 2004, 558 (561); Palmer, S. 885;
Woodroffe, Rn. 2.22; Howells, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 17 ff.; Law Commission,
S. 48 u. 105.
613 Halsbury’s, Vol. 9 (1), Rn. 1130; Twigg-Flesner, GPR 2003, 12 (17); Treitel, in: Contract (2003), S. 1050; Meier, ZEuP 1998, 716 (720).
614 Bradgate, L.Q.R. 2004, 558 (561); s. dazu entsprechend o. unter B. III. 5.
615 Treitel, in: Contract (2003), S. 1050: „…for example, where work to be done under a lump
sum contract has been paid for in advance, but is …. done defectively...the client could not
get back the payment, but only damages“.
616 Treitel, in: Contract (2003), S. 1050 f.; Heywood v. Wellers [1976] 1 All E.R., 300.
149
a) Die Abwendungsbefugnis des Sachschuldners
Eine Abwendungsbefugnis des Sachschuldners gegenüber dem Auflösungsbegehren
seines Vertragspartners bestand nicht.617 Die „duty to mitigate“ wirkte sich ebenfalls
nicht beschränkend auf die Wahl des Rechtsbehelfs der Vertragsauflösung aus.618
b) Das Erfordernis der Wesentlichkeit der Abweichung
Damit dem Sachgläubiger der Rechtsbehelf der Vertragsauflösung zustand, war
grundsätzlich erforderlich, dass die durch den Schuldner erbrachte Leistung eine
gewisse Intensität der Beschaffenheitsabweichung aufwies („substantial failure“).619
Wenn ein „innominate term“ verletzt wurde, mußte der eingetretene Schaden dem
Gläubiger den wesentlichen Vorteil nehmen, den ihm der Vertrag bringen sollte.620Doch der Verstoß gegen eine „condition“ konnte das Auflösungsrecht ebenfalls
begründen.621 Die sich aus ss. 3-5 SGSA ergebende Verpflichtung des gewerblichen
Sachschuldners hinsichtlich der Beschaffenheit verwendeter Materialien waren gemäß ss. 3 (2), 4 (2), 5 (2) SGSA im Gesetz als „condition“ ausgestaltet. Insoweit
scheint es auf den ersten Blick so, dass im untersuchten Bereich das Erfordernis der
„substantial failure“ an Bedeutung verloren hatte. Doch anders als im Bereich der
Veräußerungsverträge existierte im Herstellungsvertragsrecht eine starke Tendenz,
die Auflösung eines Vertrags wegen einer Beschaffenheitsabweichung nur bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen zu ermöglichen.622 Dies war rechtstechnisch
auch durchaus möglich: Zum einen definierte der SGSA die Pflicht des Sachschuldners zum „processing with reasonable care and skill“ nach s. 13 SGSA nicht als
„condition“623, zum anderen war Part I SGSA bei Herstellungsverträgen häufig nicht
einschlägig, etwa dann, wenn keine Übertragung von Eigentum an den Sachgläubiger erfolgen sollte.624 Sofern die ss. 3-5 SGSA nicht einschlägig waren, konnte man
dem Sachgläubiger die Vertragsauflösung daher versagen, wenn sich die Vertrags-
617 Principles of European Law, S. 480.
618 S. o. unter 3.
619 Treitel, in: Contract (2003), S. 685.
620 Halsbury’s, Vol. 9 (1), Rn. 990; The Law Comission, S. 35 f.; McKendrick, in: Chitty Bd. 1,
Rn. 24-040 f.; Howells/Twigg-Flesner, in: Schermaier, S. 315; Howells, in: Grundmann/Medicus/Rolland, S. 171.
621 Aus der Verletzung einer als „condition“ eingestuften Pflicht folgt nicht zwangsläufig die
Intensität der Vertragsverletzung, s. oben unter B. III. 1.
622 Lowe/Woodroffe, Rn. 7.26.
623 Lowe/Woodroffe, Rn. 7.26 f.
624 Dies war etwa dann der Fall, wenn der Sachschuldner nicht eigenes Material verarbeitete oder
falls die Beschaffenheitsabweichung auf einer dem Service-Element zuzurechnenden Pflichtverletzung beruhte, s. o. unter A. III.
150
verletzung bzw. Beschaffenheitsabweichung als unbedeutend erwies.625 In diesem
Fall konnte die in Frage stehende Pflicht als „warranty“ eingestuft werden, was den
Weg zur Vertragsauflösung versperrte.626 Schließlich legte der SGSA anders als der
SGA das Vertragsauflösungsrecht des Sachgläubigers nicht als Rechtsfolge des
„breach of condition“ fest und eröffnete so rechtstechnisch den Gerichten einen gewissen Beurteilungsspielraum.627
5. Verschuldenserfordernis der Rechtsbehelfe
Wie bereits angeführt, ging das englische Recht grundsätzlich von einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht des Schuldners aus.628 Zu diesem Grundsatz gab
es für das Herstellungsvertragsrecht im Ausgangspunkt eine bedeutende Ausnahme.629 Erneut wirkte sich die Aufteilung der Verträge in Goods- und Service-
Element aus. Zwar wurde hinsichtlich der in Part I des SGSA statuierten Pflicht des
Sachschuldners hinsichtlich des „selecting“ von einer „strict liability“ ausgegangen.
Die in Part II geregelten Service- bzw. Werkleistungen betreffend galt dem Gesetz
nach zunächst aber etwas anderes. Der gewerblich handelnde Sachschuldner schuldete sowohl nach dem „case law“ als auch nach s. 13 SGSA lediglich den üblichen
„reasonable care und skill“ der Berufsgruppe, der er sich zuordnete.630 Ausgangspunkt war daher zunächst eine „fault liability“, deren Voraussetzungen der Sachgläubiger zu beweisen hatte.631 So galt: „For example a careful repairer may be li-
625 „It is submitted, however, that if a breach of these terms goes to the root of the contract the
customer should be entitled to reject the services and treat the contract as repudiated“, so
Palmer, S. 928; Lowe/Woodroffe, Rn. 7.26 f.; Halsbury’s, Vol. 9 (1), Rn. 990 ff.; Lorenz, in:
FS für v. Caemmerer, S. 924 f. mit Verweis auf H. Dakin & Co Ltd v. Lee [1916] 1 K. B.,
566; Hoenig v. Isaacs [1952] 2 All E.R., 176. Als nicht bedeutend angesehen wurde eine Abweichung schon dann, wenn eine adäquate Kompensation der Abweichung im Wege der Zahlung von Schadensersatz möglich war; s. Halsbury’s, Vol. 9 (1), Rn. 990 ff. u. Lorenz, in: FS
für v. Caemmerer, S. 924.
626 „Admittedly, the equation with the sale of goods is not absolute, because with few exceptions
the authorities treat these undertakings as warranties and not conditions...“, so Palmer, S. 928.
627 Palmer, S. 928 f.; weitere Einschränkungen des Rechts zur Vertragsauflösung bei nur unwesentlichen Abweichungen galten per Gesetz, wenn der Sachgläubiger nicht als Verbraucher
handelte. Zu nennen ist s. 5(A) SGSA, die s. 15(A) SGA nachempfunden ist. Sie beschränkt
das Auflösungsrecht des Sachgläubigers in den Fällen eines unbedeutenden Verstoßes gegen
die aus ss. 3 und 4 SGSA herrührenden Pflichten. Zum Begriff des „dealing as consumer“,
siehe s. 18 (4) SGSA i. V. m. s. 12 UCTA.
628 S. o. unter B. III. 6.
629 Zu den weiteren Ausnahmen, s. Rheinstein, S. 160 ff.
630 Treitel, in: English Private Law, Rn. 8.409; McKendrick, in: Chitty Bd. 2 (1999), Rn. 33-089;
Guest, in: Chitty Bd. 1, Rn. 13-032; Halsbury’s, Vol. 3 (1), Rn. 69; Harrison, Adviser (52)1995, 41. Kircher, S. 70; Alderslade v. Hendon Laundry Ltd. [1945]
1 All E.R., 244.
631 Palmer, S. 884; Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 666.
151
able for fitting a faulty replacement part correctly and yet not to be liable for making
an incorrect adjustment to an existing part“.632
Der rechtstechnisch zunächst deutlich anmutende Unterschied gegenüber dem
Veräußerungsvertragsrecht des SGA war jedoch im Laufe der Zeit eingeebnet worden. Bereits während der Beratungen zur Schaffung des SGSA hatte man kurzzeitig
überlegt, auch für das „processing“ eines Herstellungsvertrags die „strict liability“
einzuführen.633 S. 16 (3)(a) SGSA sah eigens die Möglichkeit eine strengeren Haftung des Sachschuldners vor.634 Vom Bestehen einer „strict liability“ auch in Bezug
auf das „processing“ wurde ausgegangen, wenn das Erreichen eines bestimmen Erfolgs vereinbart worden war.635 Ähnlich dem französischen alea-Gedanken636 wurde
dies angenommen, wenn das Erreichen des Erfolgs durch den Sachschuldner beherrschbar erschien.637 Die Zugehörigkeit des Sachschuldners zu einer bestimmten
Berufsgruppe konnte im Ergebnis eine „strict liability“ auch für das „processing“
begründen.638
Für Sachschuldner von Herstellungsverträgen tendierte das englische Recht dazu,
eine „strict liability“ auch für das Service-Element anzunehmen.639 Das war insbesondere der Fall, wenn der Vertrag sowohl ein „selecting“ als auch ein „processing“
erforderte.640 Gleiches galt im Grundsatz aber auch für die Konstellation, in welcher
632 So Miller, in: Benjamin’s (2002), Rn. 14-031; Woodroffe, Rn. 6.22; Greaves & Co. (Contractors) Ltd. v. Baynham Meikle & Partners [1975] 3 All E.R., 99.
633 „It has been argued that the 1982 Act should have adopted a more stringent attitude by imposing on suppliers strict liability for the quality of their services in line with their strict liability
for the quality of goods under Part I“, so Woodroffe, Rn. 6.19; Palmer, S. 886; Treitel, in:
English Private Law, Rn. 8.410; Miller, in: Benjamin’s (2002), Rn. 14-049; Lorenz, in: FS für
v. Caemmerer, S. 920.
634 Miller, in: Benjamin’s Suppl., Rn. 1-013; Powell-Smith/Furmston, S. 75.
635 Treitel, in: English Private Law, Rn. 8.410; ders., in: Contract, S. 840 f.; ders., in: Remedies,
S. 28 ff.; Guest, in: Chitty Bd. 1, Rn. 13-034; Palmer, S. 907 ff.; Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 666; Lorenz, FS für v. Caemmerer, S. 920 f.; McKendrick, in: Chitty
Bd. 2 (1999), Rn. 33-045, Fn. 232.
636 S. Kap. 4 B. III. 6.
637 „But in the case of less esoteric professions ... it seems fairer, to bind the contractor to a more
total guarantee of efficacy and succes“, so Palmer, S. 915; Lowe/Woodroffe, Rn. 4.30;
Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 666.
638 Guest, in: Chitty Bd. 1, Rn. 13-032; Wallace, in: Suppl., Rn. 4.124; Lorenz, in: FS für
v. Caemmerer, S. 921.
639 Palmer, S. 907; Samuels v. Davis [1943] 2 All E.R., 3; Stewart v. Reavell’s Garage [1952]
1 All E.R., 1191; Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 922 f.; dass Part II des SGSA im
Grundsatz nur eine „fault liability“ vorsah, lag vor allem an seinem weiten Anwendungsbereich. Eine „strict liability“ für alle Verträge mit einem „Service-Element“ vorzusehen wurde
als unpassend erachtet, Ramsay, S. 665.
640 Palmer, S. 918; Twigg-Flesner/Bradgate, Web.J.C.L.I. 2000 u. 3. (d); Treitel, in: Contract (2003), S. 841; Beale/Hartkamp/Kötz/Tallon, S. 670 ff.; Samuels v. Davis [1943] 2 All
E.R., 3; Greaves & Co. (Contractors) v. Baynham Meikle & Partners [1975] 3 All E.R., 99.
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der Sachschuldner nur das „processing“ übernahm.641 So schreibt Wallace: „While
invariably expressed as a warranty of reasonable skill and care, it is submitted, that
on closer analysis this is in reality an objective standard, even though traditionally
measured by the level of skill to be expected for that class of work, and so a „strict“
obligation independent of fault comparable to the merchantability obligation in relation to materials“. 642
6. Ergebnis zu den Haftungsfolgen
Das englische Recht wies bei Herstellungsverträgen die Auswahl des Rechtsbehelfs
dem Sachgläubiger zu. Die auf Nacherfüllung gerichteten Rechtsbehelfe der Nachbesserung und Neuherstellung konnten konzeptionell zwar vom Anspruch auf „specific performance“ umfasst sein, diese wurde aber nur in absoluten Ausnahmefällen
gewährt. Insbesondere stand sie dem Sachgläubiger nicht zu, wenn die Nacherfüllung unmöglich war oder bei Berücksichtigung der Belastung des Sachschuldners
sich als unverhältnismäßig herausstellte. Für den unbekannten Rechtsbehelf der
Minderung ließ sich aus dem Anspruch auf Schadensersatz ein funktionales Äquivalent ableiten. Die Möglichkeit des Sachgläubigers, den Vertrag aufzulösen, war
ebenfalls anerkannt. Die Vertragsauflösung setzte letztlich aber zumeist eine gewisse Erheblichkeit der Abweichung voraus. Eine Abwendungsbefugnis des Sachschuldners gegenüber einer Minderung oder Vertragsauflösung bestand nicht. Für
Beschaffenheitsabweichungen haftete der Sachschuldner im Ergebnis verschuldensunabhängig.
Hinsichtlich der Hierarchie der Rechtsbehelfe lässt sich Folgendes festhalten: Ein
Vorrang der auf Nacherfüllung gerichteten Rechtsbehelfe lässt sich nicht konstatieren. Sie wurden nur in Ausnahmefällen überhaupt gewährt. Eine Abwendungsbefugnis des Sachschuldners bestand ebenfalls nicht. Anders als im Bereich des „contract of sale“ ergab sich eine absolute Nachrangigkeit des Rechtsbehelfs der Vertragsauflösung, welche eine besondere Intensität der Beschaffenheitsabweichung
voraussetzte.
641 Twigg-Flesner/Bradgate, Web.J.C.L.I. 2000 u. 3. (d); Treitel, in: Contract (2003), S. 841;
Palmer, S. 907 f., 918 f.; Lorenz, in: IECL, Rn. 86; wohl auch Riezler, RabelsZ 17 (1952),
522 (536).
642 So Wallace, in: Suppl., Rn. 4124.
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References
Zusammenfassung
Herstellungs- und Veräußerungsverträge spielen im Wirtschaftsalltag eine überragende Rolle. Mithilfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der europäische Gesetzgeber starken Einfluss auf den Kernbereich der mitgliedstaatlichen Zivilrechtsordnungen ausgeübt und bisher überwiegend eigenständige Vertragstypen einheitlichen Regelungen unterworfen.
Der Autor setzt sich rechtsvergleichend mit der Frage auseinander, inwiefern die vorgesehene Gleichbehandlung der Verträge rechtlich und wirtschaftlich möglich ist und ob die Umsetzung der Richtlinie einen Gleichlauf des Vertragsrechts tatsächlich bewirkt hat. Dazu untersucht er die Gewährleistung bei Herstellungs- und Veräußerungsverträgen in den Rechtsordnungen Deutschlands, Englands und Frankreichs vor und nach der Umsetzung der Richtlinie. Abweichungen und Unterschiede hinterfragt er in ihrem wirtschaftlichen Kontext, wobei er sich auch mit Aspekten der ökonomischen Analyse des Zivilrechts auseinandersetzt.