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B. Die Haftung des Sachschuldners eines „contract of sale“
Nachdem die Vertragstypik der Sachleistungsverträge skizziert wurde, wird die
Sachschuldnerhaftung des „contract of sale“ in ihren wesentlichen Zügen dargestellt.
Es finden sich in der Kodifikation des SGA 1979 eine Vielzahl von Regelungen, die
Aufschluss geben über die Voraussetzungen und Folgen der Sachschuldnerhaftung.
Doch zunächst wird einleitend auf die Struktur des Haftungstatbestands bzw. die
systematische Allokation der Fälle der Schlechtleistung eingegangen.
I. Die systematische Behandlung von Fällen der Schlechtleistung
Das englische Recht ging in seiner Systematik von einem einheitlichen Haftungstatbestand aus, dem „breach of contract“. Es unterschied nicht zwischen Nichterfüllungs- und Gewährleistungshaftung.450 Diese monistische Struktur liegt auch den
Voraussetzungen und Folgen der Haftung des Sachschuldners gemäß dem SGA zugrunde.
II. Haftungsvoraussetzungen
Insbesondere die ss. 12-15 SGA enthielten Regelungen darüber, wie das sachschuldnerische Soll in Bezug auf die Beschaffenheit der Sachleistung festgelegt
wurde.
1. Die Festlegung der geschuldeten Beschaffenheit
Die Bestimmung der Leistungspflicht des Sachschuldners in Bezug auf die Sachbeschaffenheit beruhte nach Vorstellungen des englischen Rechts auf der Berücksichtigung mehrerer Quellen.451 Zunächst konnte die ausdrückliche Kommunikation der
Parteien, ein „express term“, das sachschuldnerische Soll bestimmen. Für die hier in
Frage stehenden Veräußerungsverträge ordneten das Fallrecht und der SGA das Bestehen so genannter „implied terms“ an. Sie wurden ipso iure in den Vertrag mitein-
450 Rheinstein, S. 149 und 154; Zweigert/Kötz, S. 502; Giesen, JZ 1993, 16 (23); Schmidt,
S. 73 f.; Peukert, S. 305 f.; Ranieri, S. 310 ff.; Anders, S. 65.
451 Treitel, in: Contract (2003), S. 191 und Kircher, S. 73, sprechen von zwei Quellen; teilweise
werden auch drei Quellen benannt; das von den Vertragspartnern als selbstverständlich Vorausgesetzte wird teilweise als eigenständige Quelle angesehen („terms implied in fact“),
s. Arnold/Unberath, ZEuP 2004, 367 f.
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References
Zusammenfassung
Herstellungs- und Veräußerungsverträge spielen im Wirtschaftsalltag eine überragende Rolle. Mithilfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der europäische Gesetzgeber starken Einfluss auf den Kernbereich der mitgliedstaatlichen Zivilrechtsordnungen ausgeübt und bisher überwiegend eigenständige Vertragstypen einheitlichen Regelungen unterworfen.
Der Autor setzt sich rechtsvergleichend mit der Frage auseinander, inwiefern die vorgesehene Gleichbehandlung der Verträge rechtlich und wirtschaftlich möglich ist und ob die Umsetzung der Richtlinie einen Gleichlauf des Vertragsrechts tatsächlich bewirkt hat. Dazu untersucht er die Gewährleistung bei Herstellungs- und Veräußerungsverträgen in den Rechtsordnungen Deutschlands, Englands und Frankreichs vor und nach der Umsetzung der Richtlinie. Abweichungen und Unterschiede hinterfragt er in ihrem wirtschaftlichen Kontext, wobei er sich auch mit Aspekten der ökonomischen Analyse des Zivilrechts auseinandersetzt.