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III. Haftungsfolgen – Die Rechtsbehelfe des Sachgläubigers
Der deutsche Gesetzgeber hatte den Werkvertrag auch im Bereich der Haftungsfolgen vergleichsweise genau ausgestaltet379 und sich sehr an der Gewährleistung des
Kaufrechts orientiert.380 Im Folgenden wird das System der Rechtsbehelfe des Sachgläubigers näher beleuchtet.
1. Das Recht zur Auswahl des Rechtsbehelfs
Das Werkvertragsrecht des BGB a. F. erkannte grundsätzlich dem Sachgläubiger das
Recht über die Auswahl des Rechtsbehelfs zu. Gemäß den §§ 633 II Satz 1, 634 I
Satz 3 BGB a. F. konnte er vom Sachschuldner die Mängelbeseitigung bzw. die
Wandelung oder Minderung verlangen. Lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen
des jeweiligen Rechtsbehelfs vor, waren die Gerichte grundsätzlich an die Wahl des
Sachgläubigers gebunden.
2. Die Rechtsbehelfe der Neuherstellung oder Nachbesserung
Spiegelbildlich zu der werkvertraglichen Primärverpflichtung des Sachschuldners
zur Herstellung eines fehlerfreien Werks sah das BGB a. F. in § 633 II einen Anspruch des Sachgläubigers auf Nachbesserung vor. Der Rechtsbehelf der Neuherstellung war zwar nicht eigenständig im BGB vorgesehen. Er wurde dem Sachgläubiger
aber überwiegend zugestanden.381 Denn als Folge der unklaren Grenzziehung zwischen Erfüllung und Gewährleistung im Werkvertragsrecht382 waren der werkvertragliche Primäranspruch auf Herstellung und der Sekundäranspruch auf Neuherstellung inhaltlich kaum zu trennen. Ferner ließen sich auch die Nachbesserung und die
Neuherstellung oft nicht voneinander unterscheiden.383 Außerdem bestand das pri-
379 Vgl. die Rechtsordnungen Englands und Frankreichs, Kap. 3 und 4, jeweils C. III.
380 Mugdan, S. 268.
381 Peters, in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 177; Seiler, in: Erman (2000), § 633, Rn. 26; Teichmann, in: Soergel (1997), § 633, Rn. 3; Schlechtriem, in: Schuldrecht (1998), Rn. 374 ff.;
BGHZ 96, 111; Ganten, BauR 1971, 161 (165 ff.); Blaese, S. 54; a. A. Korintenberg, S. 39,
ihm folgend Oertmann, DJR 1935, 353 (358); BGHZ 42, 232 (233) und 61, 42 (45); wohl
Soergel, in: MüKo (1997), § 633, Rn. 108; Jakobs, in: FS für Beitzke, S. 76; Der Anspruch
auf Neuherstellung war auch durch das Reichsgericht kategorisch abgelehnt worden, s. Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 913 mit Verweis auf RGZ 57, 275; zum Neuherstellungsanspruch im Geltungsbereich der VOB/B s. Wussow, NJW 1967, 953 ff.
382 S. dazu oben unter C. I.
383 Seiler, in: Erman (2000), § 633, Rn. 25; Peters nennt, angelehnt an BGHZ 96, 111 (119), das
Beispiel der Neueindeckung eines Hauses, die für den Dachdecker eine Neuherstellung, für
einen Generalunternehmer eine Nachbesserung darstellen kann. Er weist auf die Widersin-
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märe Ziel des § 633 II BGB a. F. darin, dem Sachgläubiger zur geschuldeten Sachleistung zu verhelfen. Dazu war der Sachschuldner aufgrund seiner Profession typischerweise in der Lage.384 Der Anspruch auf Nacherfüllung war auf die vollständige
Beseitigung der Beschaffenheitsabweichung gerichtet.385 Der Sachschuldner hatte
grundsätzlich die Kosten der Nacherfüllung zu tragen, wie § 633 II Satz 2 BGB a. F.
durch den Verweis auf § 476 a BGB a. F. eindeutig feststellte.386
a) Die Einschränkung bei Unmöglichkeit und Unverhältnismäßigkeit
Die Verpflichtung zur weitgehend „perfekten“ Leistung387 konnte sich in Verbindung mit der Pflicht zur kostenlosen Nacherfüllung unter Umständen für den Sachschuldner als ruinös erweisen.388 Das Recht des Sachgläubigers auf Nacherfüllung
unterlag deshalb in bestimmten Fällen Einschränkungen. Das Nachbesserungsrecht
des Sachgläubigers war gemäß den §§ 275 I, 634 II BGB a. F. ausgeschlossen, wenn
die Herstellung der geschuldeten Beschaffenheit von niemandem geleistet werden
konnte. Nach § 633 II Satz 3 BGB a. F. konnte der Sachschuldner ferner einredeweise die Beseitigung der Abweichung verweigern, wenn dies mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden war. So blieb es dem Sachgläubiger verwehrt, die
Nachbesserung zu fordern, wenn der zu erzielende Erfolg in keinem vernünftigen
Verhältnis gegenüber den zu erwartenden Kosten stand. Der Anspruch auf Neuherstellung wurde durch dieselben Schranken begrenzt. 389
b) Das Recht zur Auswahl der Art der Nacherfüllung
Anders als das Kaufvertragsrecht des BGB a. F. ging das Werkvertragsrecht gemäß
§§ 633 II Satz 1 i. V. m. 634 I Satz 3 BGB a. F. von einem Recht des Sachschuldnigkeit hin, den Umfang des Auftrags darüber entscheiden zu lassen, ob die Neueindeckung
verlangt werden könne, s. ders. in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 177.
384 Oertmann, DJR 1935, 353, 355; Lorenz, in: FS für v. Caemmerer, S. 915; Springer, S. 78 ff.;
Weyers, S. 1162.
385 Peters, in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 173 f.; Seiler, in: Erman (2000), § 633, Rn. 24 f.;
BGH NJW 1973, 1792.
386 Zu den „Sowieso”-Kosten s. Peters, in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 184; Teichmann, in:
Soergel (1997), § 633, Rn. 6; BGHZ 90, 344, 91, 206 (211); BGH NJW 1998, 3707.
387 S. dazu oben unter C. II. 2. e).
388 Peters, JuS 1992, 1022.
389 Peters, in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 191 f.; Seiler, in: Erman (2000), § 633, Rn. 31 f.;
Teichmann, in: Soergel (1997), § 633, Rn. 10; Soergel, in: MüKo (1997), § 633, Rn. 136;
BGH NJW 1996, 3269; BGHZ 96, 111 (123).
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ners auf Beseitigung der Beschaffenheitsabweichung aus.390 Aus der Kombination
dieses Rechts mit der ebenfalls grundsätzlich anerkannten sachschuldnerischen Dispositionsfreiheit ergab sich, dass die Entscheidung über die Art der Nacherfüllung
dem Sachschuldner zustand.391
3. Der Rechtsbehelf der Minderung
Die eingangs erwähnte Orientierung des Gesetzgebers an der kaufrechtlichen Gewährleistung verdeutlichte sich auch an dem in § 634 IV BGB a. F. vorgesehenen
Rechtsbehelf der Minderung.392 Der Sachgläubiger hatte gemäß §§ 634 IV, 465
BGB a. F. einen Anspruch gegen seinen Vertragspartner, dass dieser sich mit der
Minderung einverstanden erklärte. Ausdrücklich verwies das Gesetz in § 634 I
Satz 3, IV BGB a. F. hinsichtlich der Durchführung auf die kaufrechtlichen Vorschriften. Daher kann im Rahmen der Darstellung auf die Erörterungen zum Kaufrecht verwiesen werden.393
a) Die Abwendungsbefugnis des Sachschuldners
Die Tatbestandsvoraussetzungen der Minderung verlangten, dass der Sachgläubiger
seinem Vertragspartner eine angemessene394 Frist zur Beseitigung der Beschaffenheitsabweichung setzte. Die Frist musste nach § 634 I Satz 3 BGB a. F. mit einer
Ablehnungsandrohung verbunden und ungenutzt verstrichen sein. In der Konsequenz ergab sich, dass dem Sachschuldner grundsätzlich eine Abwendungsbefugnis
zukam.395
390 Peters, in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 195 und § 634, Rn. 6 ff.; Seiler, in: Erman (2000),
§ 633, Rn. 30a; Seidel, JZ 1991, 391 (392).
391 Anderes konnte gelten, wenn die eine Form der Herstellung der geschuldeten Beschaffenheit
für den Sachgläubiger unzumutbar war, Peters, in: Staudinger (2000), § 633, Rn. 173 f., 178
m. w. N.; Seiler, in: Erman (2000), § 633, Rn. 24 f.; Teichmann, in: Soergel (1997), § 633,
Rn. 2 f.; BGH NJW 1973, 1792.
392 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 54.
393 S. o. unter B. III. 3.
394 Die Angemessenheit der Frist richtete sich danach, ob der Sachschuldner die Abweichung
unter normalen Verhältnissen innerhalb der Zeitspanne beseitigen konnte, Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 15; Teichmann, in: Soergel (1997), § 634, Rn. 3, Fn. 4; Thamm,
BB 1982, 2018 (2019 ff.); BGH NJW-RR, 1999, 309.
395 Peters, JuS 1993, 29; ders., in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 6; Seidel, JZ 1991, 391; Korintenberg, S. 40.
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b) Die sachgläubigerschützenden Ausnahmen
Das Erfordernis der Fristsetzung konnte jedoch in bestimmten Situationen entfallen,
so dass der Sachschuldner keine Abwendungsbefugnis hatte. Das war der Fall, wenn
die Herstellung der geschuldeten Beschaffenheit unmöglich war, wie § 634 II,
1. Variante BGB a. F. klarstellte.396 Dasselbe galt, wenn die Nacherfüllung unverhältnismäßig war und deshalb berechtigt verweigert wurde.397 § 634 II, 2. Variante
BGB a. F. sah eine Entbehrlichkeit der Fristsetzung ferner für den Fall vor, dass der
Sachschuldner die Beseitigung der Abweichung verweigerte.398 In den Ausnahmen
spiegelte sich jeweils der Gedanke der Unzumutbarkeit eines weiteren Abwartens
für den Sachgläubiger.399 Als unzumutbar in diesem Sinne wurde es ebenfalls angesehen, wenn der Sachschuldner das Vorhandensein der Abweichung oder seine Beseitigungspflicht bestritt400 oder vorher schon nicht fachgerecht gearbeitet hatte.401
Schließlich ermöglichte § 634 II, 3. Variante BGB a. F. die Minderung ohne Fristsetzung, wenn die sofortige Minderung durch ein besonderes Interesse des Sachgläubigers gerechtfertigt wurde. Das war etwa der Fall bei terminlichen Zwängen402
oder wenn das bisherige Verhalten des Sachschuldners das Vertrauensverhältnis erschüttert hatte.403
4. Der Rechtsbehelf der Vertragsauflösung
§ 634 I Satz 3 BGB a. F. gewährte dem Sachgläubiger eines Werkvertrags den Anspruch, bei einer Beschaffenheitsabweichung der Sachleistung die Einwilligung seines Vertragspartners zur Auflösung des Vertrags zu verlangen.404 Obwohl in der
Praxis die Rückabwicklung der durch das Werkvertragsrecht erfassten Lebenssachverhalte oft mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden war, zielte der Rechtsbehelf
396 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 24; Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 8; Soergel,
in: MüKo (1997), § 634, Rn. 14; BGH NJW 1997, 2874.
397 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 24.
398 Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 9; nicht eindeutig geklärt war, welche Ernsthaftigkeit der
Weigerung zukommen musste, s. Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 25 f.; Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 9; BGHZ 104, 6 (13).
399 Teichmann, in: Soergel (1997), § 634, Rn. 8, 16 f.; Peters, in: Staudinger (2000), § 634,
Rn. 28, verlangte das Vorliegen von „schutzwürdigen Interessen“, welche die „erforderliche
Intensität“ besitzen sollten.
400 Soergel, in: MüKo (1997), § 634, Rn. 15; BGH NJW 1983, 1731; BGHZ 105, 103.
401 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 29.
402 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 28; Teichmann, in: Soergel (1997), § 634, Rn. 9;
Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 10; BGH NJW-RR 90, 1300 f.
403 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 30; Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 11; Soergel, in: MüKo (1997), § 634, Rn. 17; BGHZ 46, 242; OLG Koblenz NJW-RR 1997, 845.
404 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 33; Soergel, in: MüKo (1997), § 634, Rn. 20.
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der Wandelung grundsätzlich auf die Herstellung des status quo ante.405 Bei Betrachtung der Ausgestaltung des Rechtsbehelfs zeigt sich erneut die Orientierung des
Gesetzgebers an den kaufvertraglichen Gewährleistungsvorschriften. So verwies
§ 634 IV BGB a. F. für die Durchführung der Wandelung auf die Vorschriften des
Kaufrechts. Die Ausführungen zum Kaufrecht gelten daher insoweit entsprechend.406
a) Die Abwendungsbefugnis des Sachschuldners
Gerade im Herstellungsvertragsrecht sind mit der Vertragsauflösung oft wirtschaftlich verheerende Folgen verbunden. Diese betreffen die Volkswirtschaft als Ganzes,
aber auch den Sachschuldner als Einzelperson.407 Im Werkvertragsrecht a. F. hatte
der Sachschuldner in der überwiegenden Zahl der Fälle die Möglichkeit, die Vertragsauflösung abzuwenden. Wie der Rechtsbehelf der Minderung war auch der
Rechtsbehelf der Vertragsauflösung gegenüber den nacherfüllenden Rechtsbehelfen
nachrangig ausgestaltet. Der Sachgläubiger konnte die Auflösung des Vertrags gemäß § 634 I Satz 3 BGB a. F. nur verlangen, wenn er seinem Vertragspartner eine
Frist zur Nacherfüllung gesetzt hatte, welche dieser ungenutzt hatte verstreichen lassen.408
b) Die sachgläubigerschützenden Ausnahmen
Übereinstimmend mit der Ausgestaltung des Rechtsbehelfs der Minderung konnte
bei der Vertragsauflösung die Abwendungsbefugnis des Sachschuldners entfallen.
Dies war in § 634 II BGB a. F. vorgesehen, wenn dem Abwendungsverlangen überwiegende, schützenswerte Interessen des Sachgläubigers gegenüberstanden. Per Gesetz unterlagen Minderung und Vertragsauflösung insoweit denselben Tatbestandsvoraussetzungen. Daher kann diesbezüglich auf die Erörterungen zum Rechtsbehelf
der Minderung verwiesen werden.409
405 Soergel, in: MüKo (1997), § 634, Rn. 20; umstritten war, ob der Sachgläubiger von seinem
Vertragspartner die Rückgängigmachung seiner Werkleistung verlangen konnte; oft wurde
das verneint, s. OLG Hamm, NJW 1978, 1060, bzw. begrenzt. So sollte der Anspruch ausscheiden, wenn die Vernichtung geschaffener Werte nicht geboten und daher treuwidrig erschien, Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 46; Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 19;
deutlicher Teichmann, in: Soergel (1997), § 634, Rn. 14.
406 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 40 f.; Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 15.
407 S. Kap. 5 C. IV. 2. b), c).
408 S. o. unter 3. a).
409 S. o. unter 3. a).
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c) Das Erfordernis der Wesentlichkeit der Abweichung
Gemäß § 634 III BGB a. F. war der Anspruch des Sachgläubigers auf Wandelung
ausgeschlossen, wenn der Mangel den Wert oder die Tauglichkeit der Sachleistung
nur unerheblich minderte. Umstritten war, ob diese Einschränkung des § 634 III
BGB a. F. auch dann anzuwenden war, wenn dem Werk eine zugesicherte Eigenschaft fehlte.410 Dafür sprach schon der Begriff „Mangel“, den das Gesetz als Oberbegriff verwendete für das Vorhandensein eines Fehlers i. S. d. § 633 I BGB a. F.
und die Abwesenheit einer zugesicherten Eigenschaft (§ 633 II Satz 1 a. E. BGB
a. F.).411 Als Referenzrahmen für die Feststellung der Erheblichkeit in diesem Sinne
kam die zu § 459 I Satz 2 BGB a. F. bestehende Kasuistik grundsätzlich in Betracht.412 Zu beachten war aber, dass die Situation des Sachschuldners beider Vertragstypen nicht immer vergleichbar war. Die Wandelung traf den Sachschuldner
eines Werkvertrags typischerweise härter als den eines Kaufvertrags.413 Jedenfalls
sollte dem Sachgläubiger ein Recht auf Wandelung dann nicht zustehen, wenn sich
die Abweichung mit geringem Aufwand beseitigen ließ und keine fühlbare Beeinträchtigung bestand.414
5. Verschuldenserfordernis der Rechtsbehelfe
Die dargestellten Rechtsbehelfe standen dem Sachgläubiger unabhängig davon zu,
ob sein Vertragspartner die Beschaffenheitsabweichungen schuldhaft verursacht hatte.415
410 S. die Nachweise bei Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 34 u. Teichmann, in: Soergel (1997), § 634, Rn. 15.
411 Seiler, in: Erman (2000), § 634, Rn. 26; Peters verwies auf die u. U. vergleichbare Interessenlage. Er plädierte aber dafür, die Frage nach der Erheblichkeit für den Fall fehlender zugesicherter Eigenschaften mit größerer Strenge zu stellen, ders. in: Staudinger (2000), § 634,
Rn. 34 In diesem Zusammenhang ist auf die im Verhältnis zum Kaufrecht geringen tatbestandlichen Anforderungen an das Vorliegen einer zugesicherten Eigenschaft zu verweisen.
Die ratio des § 634 III BGB a. F., die unverhältnimäßige Zerstörung von geschaffenen Werten zu vermeiden, drohte umgangen zu werden, Peters, a. a. O.; a. A. Teichmann, in: Soergel
(1997), § 634, Rn. 15; RGZ 66, 167.
412 Anders als im Werkvertragsrecht fand die angemessene Berücksichtigung der „Geringfügigkeit” einer Abweichung bereits auf der Ebene der Haftungsvoraussetzungen und nicht erst auf
der der Rechtsfolgen statt, s. o. unter II. 2. e).
413 S. Kap. 5 C. IV. c).
414 Peters, in: Staudinger (2000), § 634, Rn. 35; Teichmann, in: Soergel (1997), § 634, Rn. 16.
415 Soergel, in: MüKo (1997), § 631, Rn. 4; Büdenbender, JuS 2001, 625 (627); Schlechtriem, in:
Schuldrecht (1998), Rn. 363.
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6. Ergebnis zu den Haftungsfolgen
Das Werkvertragsrecht a. F. billigte dem Sachgläubiger die Entscheidung über die
Auswahl des Rechtsbehelfs zu. Der Sachgläubiger verfügte über einen Anspruch auf
Herstellung der geschuldeten Beschaffenheit durch Nachbesserung oder Neuherstellung. Die Nacherfüllung konnte aber nur verlangt werden, wenn sie möglich und
verhältnismäßig war. Ferner stand dem Sachgläubiger der Rechtsbehelf der Minderung zu. Außerdem konnte er bei Vorliegen einer gewissen Intensität der Beschaffenheitsabweichung die Auflösung des Vertrags verlangen. Ein Verschulden auf Seiten des Sachschuldners war nicht Tatbestandsvoraussetzung der Rechtsbehelfe.
In Bezug auf eine Hierarchie der Rechtsbehelfe kann festgehalten werden, dass
ein Vorrang der auf Nacherfüllung gerichteten Rechtsbehelfe bestand. Die nacherfüllenden Rechtsbehelfe wurden dem Sachgläubiger gewährt und ihre primäre Bedeutung durch eine Abwendungsbefugnis des Sachschuldners verstärkt. Erst auf der
zweiten Stufe konnte der Sachgläubiger die Minderung oder die Auflösung des Vertrags verlangen. Das Recht zur Auflösung des Vertrags war gegenüber den anderen
Rechtsbehelfen nachrangig, weil eine gewisse Intensität der Abweichung Tatbestandsvoraussetzung war.
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References
Zusammenfassung
Herstellungs- und Veräußerungsverträge spielen im Wirtschaftsalltag eine überragende Rolle. Mithilfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der europäische Gesetzgeber starken Einfluss auf den Kernbereich der mitgliedstaatlichen Zivilrechtsordnungen ausgeübt und bisher überwiegend eigenständige Vertragstypen einheitlichen Regelungen unterworfen.
Der Autor setzt sich rechtsvergleichend mit der Frage auseinander, inwiefern die vorgesehene Gleichbehandlung der Verträge rechtlich und wirtschaftlich möglich ist und ob die Umsetzung der Richtlinie einen Gleichlauf des Vertragsrechts tatsächlich bewirkt hat. Dazu untersucht er die Gewährleistung bei Herstellungs- und Veräußerungsverträgen in den Rechtsordnungen Deutschlands, Englands und Frankreichs vor und nach der Umsetzung der Richtlinie. Abweichungen und Unterschiede hinterfragt er in ihrem wirtschaftlichen Kontext, wobei er sich auch mit Aspekten der ökonomischen Analyse des Zivilrechts auseinandersetzt.