268
konkreten Situation (nämlich der bestimmten Branche, den besonderen Marktverhältnissen usw.) nicht völlig genommen wird.996
3. Nach dem griechischen Recht
a. Unabdingbarkeit von Art. 560 AK
Der griechische Gesetzgeber hat keine spezielle Regelung bezüglich der Abdingbarkeit des Regressprivilegs von Art. 560 AK eingeführt. Da es sich dabei um
eine Vorschrift über den Verjährungsbeginn handelt, wäre eine besondere Beschränkung ihrer Disposivität überflüssig. Wie schon erwähnt, sind nach Art. 275
AK Rechtsgeschäfte, welche die Verjährung ausschließen oder eine kürzere oder
längere Dauer der gesetzlichen Verjährungsfrist bestimmen oder im Allgemeinen
die Verjährungsbedingungen erschweren oder erleichtern, nichtig. Die Bestimmung eines von Art. 560 AK abweichenden Verjährungsbeginns, z.B. dass die
Verjährung immer mit der Lieferung der Sache beginnt, oder die ausdrückliche
Ausschaltung von Art. 560 AK bewirkt im Ergebnis eine kürzere Dauer der Frist
und stellt jedenfalls eine Modifizierung der Verjährungsbedingungen dar. All das
ist nach Art. 275 AK unzulässig. Dies bedeutet also für die Kettenglieder, dass
sie der längeren Haftungsdauer nach Art. 560 AK weder durch AGB-Klauseln
noch durch Individualvereinbarungen entfliehen können. Die Verjährungsregelungen stellen im griechischen Recht ius cogens dar und Art. 560 AK ist eine Verjährungsregelung – genauer gesagt eine Regelung des Verjährungsbeginns von
Regressansprüchen.
Es muss jedoch angenommen werden, dass die Vertragsparteien durch eine
Vereinbarung die Lücke von Art. 560 AK, nämlich das Nichtvorhandensein einer
Obergrenze, schließen können. Das gesetzgeberische Versagen in diesem Punkt
wurde schon verdeutlicht. Die Vereinbarung einer Maximalfrist ist also nicht
unzulässig, sondern aus Gründen der Rechtssicherheit und der unternehmerischen Kalkulierbarkeit äußerst ratsam. Die Länge der Frist unterliegt selbstverständlich der Kontrolle der allgemeinen Klauseln von Artt. 178 und 281 AK. Für
die Beurteilung, ob eine solche Abrede der Kontrolle standhält, sollen die Besonderheiten des Einzelfalles berücksichtigt werden. Dabei ist auf die Art der Sache
(z.B. langlebiges Konsumgut oder leicht empfindliche Sache), die Handelsbranche und ihre Bräuche sowie die konkrete Beziehung zwischen den bestimmten
Vertragsparteien (Lieferanten und Händler) abzustellen.
996 Ebenso Richter, AcP 206 (2006), 3 (14); Lorenz, NJW 2005, 1889 (1896).
269
b. Zulässigkeit anderer vertraglicher Abmachungen der Kettenglieder
aa. Art. 332 AK
Neben der speziellen Regelung von Art. 560 AK werden die Glieder der Lieferkette auch ein Interesse daran haben, andere kaufrechtliche Vorschriften auszuschalten bzw. die Bedingungen ihrer Haftung selbst auszugestalten. Das Prinzip
der Vertragsfreiheit, insbesondere der Vertragsgestaltungsfreiheit, erlaubt solche
Abmachungen. Die Bedeutung dieses Grundsatzes sowie die breite Selbstverantwortlichkeitssphäre im unternehmerischen Geschäftsverkehr gebieten sogar eine
flexible und autonome Gestaltung der Verträge und der Haftungsbedingungen.
Das Gesetz setzt jedoch dieser Möglichkeit gewisse Grenzen, damit sie nicht zu
uferlosem Individualismus und sozialen Ungerechtigkeiten führt.
Die ersten dieser Begrenzungen sind in den Vorschriften von Artt. 332 und 334
AK zu finden. Diese Vorschriften, die in einigen Punkten durch das Gesetz 3043/
2002 modifiziert wurden, betreffen die sog. Freizeichnungsklauseln. Wie schon
erläutert wurde, ist jede im Voraus getroffene Vereinbarung, durch welche die
Haftung wegen Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder
beschränkt wird, gemäß Art. 332 S. 1 AK nichtig. Dies bedeutet, dass der Hersteller oder die Lieferanten ihre Haftung wegen Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit gegenüber ihren Abnehmern nicht ausschließen können. Ebenso nichtig
ist die Befreiung von der Haftung für leichte Fahrlässigkeit in vier Fällen, nämlich 1. wenn der Gläubiger im Dienste des Schuldners steht 2. wenn die Haftung
aus dem Betrieb eines behördlich konzessionierten Unternehmers entstanden ist
3. wenn die befreiende Klausel in einer Bedingung des Vertrages enthalten ist, die
nicht Gegenstand einer Individualverhandlung war und 4. wenn durch die Klausel
der Schuldner von der Haftung für die Verletzung von Gütern befreit wird, die aus
der Persönlichkeit hervorgehen, wie insbesondere das Leben, die Gesundheit, die
Freiheit oder die Ehre.
Die für den Regress relevantesten von diesen Fällen sind Nr. 3 und 4. Wenn die
befreiende Klausel nicht Gegenstand einer Individualvereinbarung war, dann
kann der Lieferant seine Haftung auch für leichte Fahrlässigkeit nicht ausschlie-
ßen. Vergleichbar ist das Klauselverbot von Art. 2 § 7 lit. ??’ des Ges. 2251/1994,
das aber lediglich auf Verträge zwischen Verwendern und Verbrauchern anwendbar ist. Die Regelung von Art. 332 Nr. 3 AK ist also von besonderer Bedeutung
für den Regress, wo keine der Parteien den Verbraucherstatus hat und ihre AGB-
Klauseln deswegen von der Kontrolle nach Art. 2 des Ges. 2251/1994 ausgeschlossen sind. Durch die Einführung des neuen Art. 332 AK wird eine Kontrolle
von nicht individuell ausgehandelten Freizeichnungsklauseln auch im unternehmerischen Verkehr statuiert, da diese Vorschrift keine besonderen Voraussetzungen in Hinblick auf ihren persönlichen Anwendungsbereich enthält. Vergleichbar ist die Vorschrift von Art. 10 des Ges. 2251/1994, die Klauseln ohne
individuelle Verhandlung der AGB-Kontrolle unterwirft. Dabei wird aber die
Verbrauchereigenschaft des Partners des AGB-Verwenders vorausgesetzt. Im 3.
270
Fall des Art. 332 AK wird lediglich vorausgesetzt, dass über die Freizeichnungsklausel nicht individuell verhandelt wurde. Dabei handelt es sich also um eine
Erweiterung des Anwendungsbereichs der AGB-Vorschriften in dreifacher Hinsicht997; von Art. 332 Fall 3 wird weder gefordert, dass die Klausel vorformuliert
ist, noch, dass sie für eine Vielzahl von Verträgen bestimmt ist, und – wie schon
erwähnt – es wird auf irgendeine Eigenschaft (Unternehmer oder Verbraucher)
bzw. Rolle der Parteien nicht abgestellt.
Auch der vierte Fall von Art. 332 AK ist regressrelevant. Die Kaufvertragspartner können nämlich ihre Haftung für leichte Fahrlässigkeit nicht ausschließen
oder beschränken, wenn wegen der Mangelhaftigkeit der Sache aus der Persönlichkeit hervorgehende Rechtsgüter verletzt werden. Dies bedeutet, dass bei Mangelfolgeschäden an der Gesundheit die Glieder der Kette auch für leichte Fahrlässigkeit haften. Hier soll an die entsprechende Vorschrift von § 309 Nr. 7 lit. a
BGB erinnert werden, die allerdings nur AGB-Klauseln erfasst. Obwohl sie
direkt nur auf Verbraucherverträge anwendbar ist, ist davon auszugehen, dass die
Gerichte sie über § 307 BGB heranziehen und auf Verhältnisse zwischen Unternehmern anwenden, so wie sie für § 11 Nr. 7 AGBG gemacht haben.998 Entscheidend ist dabei das Argument, dass bei Körperschäden Verbraucher und Unternehmer gleichermaßen schutzbedürftig sind.999 § 309 BGB erfasst aber im Gegensatz
zu Art. 332 AK keine Individualvereinbarungen.
Die Grenzen von Art. 332 AK gelten gemäß Art. 334 § 2 auch für den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung aus dem Verschulden des Erfüllungsgehilfen.
bb. Allgemeine Klauseln des AK
Die Abmachungen der Vertragspartner in der Lieferkette – individuell verhandelt
oder nicht1000 – sind auch an den allgemeinen Klauseln des AK zu messen. Die
Privatautonomie sowie die Ausübung jedes Rechts soll innerhalb der von diesen
Klauseln gesetzten Grenzen gehalten werden. Zu diesen Klauseln gehören die
Vorschriften von Artt. 178, 179, 281 und 288 AK. Ihre Formulierung ist von abstrakten Rechtsbegriffen geprägt, die aber dem Richter erlauben, in jedem Einzelfall das „richtige Recht“ zu finden.
Die Sittenwidrigkeitsklausel des Art. 178 AK, die durch die Ausführung
bestimmter Sittenwidrigkeitsfälle in Art. 179 AK, nämlich der Freiheitsein-
997 Vgl. Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 930.
998 BGHZ 103, 316 (328).
999 Benning, in: FS Werner, S. 11 (13).
1000 Auf die AGB-Kontrolle wird unter cc. ausführlich eingegangen.
271
schränkung und des Wuchervertrages, ergänzt und konkretisiert wird1001, sieht die
Nichtigkeit von gegen die guten Sitten verstoßenden Rechtsgeschäften vor. Die
Sittenwidrigkeit soll sich aus dem Rechtsgeschäft selbst ergeben, und zwar entweder nur aus seinem Inhalt oder aus seinem Inhalt in Verbindung mit den Zielen
und den Beweggründen der Parteien, nämlich aus allen Umständen, die die Vereinbarung beeinflussen.1002 Ein typischer Fall vom sittenwidrigem Geschäft ist
die übermäßige Beschränkung der Freiheit (1. Fall von Art. 179 AK). Unter Letzterer kann auch die Vertragsfreiheit verstanden werden.
Die allgemeine Klausel von Art. 288 AK, die buchstäblich identisch mit der
von § 242 BGB ist, bestimmt ihrem Wortlaut nach die Leistungspflicht des
Schuldners näher. Sie sieht vor, dass er verpflichtet ist, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Die
griechische Rechtsprechung und Wissenschaft haben aber – so wie die deutsche
– aus Art. 288 AK i.V.m. Art. 281 und Artt. 173 und 200 AK (= §§ 133 und 157
BGB) den allgemeinen Rechtsgedanken entwickelt, dass jeder bei der Ausübung
seiner Rechte und der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln hat. Dieses Gebot, das zur Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen
Partei verpflichtet, gilt nicht nur für den Schuldner, sondern auch für den Gläubiger. Da sich aber Art. 288 AK vielmehr an der Erfüllung der Vertragspflichten
orientiert als an der Ausgestaltung des Vertragsinhalts, ist der Vorschrift von Art.
281 AK als Kontrollmechanismus von gegen Treu und Glauben verstoßenden
Klauseln der Kettenglieder den Vorrang zu geben.1003
Im Gegensatz zum deutschen Recht, wo sich die Unzulässigkeit der rechtsmissbräuchlichen Rechtsausübung nach der Theorie und der Judikatur auf § 242
BGB (i.V.m. § 826 BGB) stützt, besteht im AK – wie mehrmals in Rahmen dieser
Abhandlung erwähnt – eine spezielle Vorschrift, die den Rechtsmissbrauch verbietet. Art. 281 AK erklärt die Ausübung eines Rechts für unzulässig, wenn sie
offenbar die von Treu und Glauben oder den guten Sitten oder vom sozialen oder
wirtschaftlichen Zweck des Rechts gezogenen Grenzen überschreitet. Art. 281
AK hat also eine korrigierende Funktion; durch ihn kann der Richter die im konkreten Fall auftretenden Unbilligkeiten beseitigen. Zweck des Rechtsmissbrauchsverbots ist, dem Individualismus Grenzen zu setzen und die Rechte einer
sozialen Kontrolle zu unterwerfen, so dass in jedem Einzelfall unbillige Ergebnisse vermieden werden können.1004 Dabei stellt das Gesetz auf keine subjektiven
Kriterien ab, so dass kein Verschulden erforderlich ist. Die Rechtsprechung hat
1001 Genau wie der zweite Absatz von § 138 BGB den ersten konkretisiert, ohne dass es sich
dabei um eine abschließende Aufzählung der sittenwidrigen Geschäfte handelt. Die Nichterfüllung der Voraussetzungen von Art. 179 AK und § 138 Abs. 2 BGB schließt nicht aus,
dass das Rechtsgeschäft nach Art. 178 AK oder § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig ist.
1002 Karassis, in: AK Georgiades/Stathopoulos, Art. 178, Rn. 5; Georgiades, Allgemeiner Teil
des bürgerlichen Rechts, § 36, Rn. 10.
1003 In der griechischen Theorie besteht trotzdem Einigkeit darüber, dass Art. 288 AK mehr
als ein Mittel zur Bestimmung der Erfüllungsmodalitäten ist; s. Stathopoulos, in: AK Georgiades/Stathopoulos, Art. 288, Rn. 44 ff.
1004 s. Papanikolaou, Die Grenzen, S. 145.
272
der – aus Gründen der Verkehrssicherheit und der Vertragstreue bestehenden –
Voraussetzung der Offenkundigkeit (der Grenzüberschreitung) eine besondere
Bedeutung beigemessen.1005 Dies ist ein Hinweis darauf, dass der Richter nicht in
jedem Fall der Rechtsausübung intervenieren soll und dass er die gegenseitigen
Interessen abwägen muss. Die Missbräuchlichkeit kann nicht allein aus der Tatsache, dass der Inhalt des Rechts sehr hart ist oder seine Ausübung zu erheblichen
Nachteilen für die eine Partei führt, geschlossen werden.1006 Auch die Freiheit der
Vertragspartner, den Inhalt ihres Vertrags zu bestimmen (Gestaltungsfreiheit1007),
muss innerhalb der Grenzen von Treu und Glauben, von den guten Sitten und
ihrem sozialen und wirtschaftlichen Zweck ausgeübt werden. Die Gerichte lehnen aber die Anwendbarkeit von Art. 281 AK auf die sogenannten „natürlichen
Freiheiten“1008 trotz der in der Theorie herrschenden Gegenmeinung1009 – immer
noch – ab.1010
Diese allgemeinen Klauseln stellen im griechischen Recht die einzige Möglichkeit dar, die Vertragsabreden der Kettenglieder zu kontrollieren und eventuelle ungerechte Bedingungen zu beseitigen. Natürlich ist nicht jede Vereinbarung,
die den Interessen der einen Partei mehr Rechnung trägt als denjenigen der anderen, unzulässig.1011 Die Ausgestaltung des Vertrags und somit der Bedingungen
ihrer Durchführung sowie der Folgen ihrer Verletzung darf grundsätzlich nach
dem AK zu Gunsten der einen und zu Lasten der anderen Partei erfolgen und wirken, da jeder Vertragspartner es grundsätzlich in der Hand hat, die zu seinem Vorteil oder Nachteil wirkende Klausel zu akzeptieren oder nicht.1012
cc. Die Kontrolle von AGB-Klauseln der Kettenglieder
i) Das Problem
Anders ist aber die Interessenlage, wenn die für eine Partei ungünstigen Klauseln
in den AGB seines Vertragspartners enthalten sind. Wegen des Ausbleibens eines
1005 AP 1435/1988 NoB 1989, 1211.
1006 AP (Plenum) 1988/1980 NoB 1980, 1437; s. dazu auch Kapnopoulou, Missbräuchliche
Klauseln, S. 192.
1007 s. dazu Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 4, Rn. 12 ff.
1008 Darunter sind die Befugnisse zu verstehen, die sich aus dem Persönlichkeitsrecht und der
allgemeinen Rechtsfähigkeit jeder Person ergeben (z.B. Vertragsfreiheit, Berufsfreiheit
usw.).
1009 Georgiades, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, § 23, Rn. 21; ders., in: AK Georgiades/Stathopoulos, Art. 281, Rn. 5; Papanikolaou, Die Grenzen, S. 146, 151 ff.
1010 s. AP 404/1987 NoB 36 (1988), 907; AP (Plenum) 33/1987 NoB 36 (1988), 324 mit sehr
starker Minderheit, nach der der Begriff des Rechts in Art. 281 AK weit zu verstehen ist.
Vgl. auch Doris, Anmerkung zu Areopag 33/1987 NoB 36 (1988), 326 ff., der das Minderheitsvotum begrüßt.
1011 s. dazu auch Papanikolaou, Die Grenzen, S. 161 f.
1012 Vgl. Mentis, AGB in Verbraucher- und Händlerverträgen, S. 62.
273
Aushandelns stellen die AGB ein einseitiges Diktat ihres Verwenders dar. Sein
Vertragspartner kann keinen Gegenvorschlag machen, um seine Interessen durchzusetzen, da diese Klauseln vorformuliert sind; dies ist aber bei Individualvereinbarungen – wenigstens theoretisch – möglich. Deswegen ist die Notwendigkeit,
die zu Lasten einer Partei in unbilliger Weise wirkenden Klauseln zu beseitigen,
bei AGB viel größer als bei Individualabreden. Die Unterlegenheit des Vertragspartners des AGB-Verwenders wird oft unabhängig davon, ob er den Vertrag zu
privaten oder gewerblichen Zwecken abschließt, für „sozialtypisch gegeben“ gehalten.1013
Diesem Umstand wollte der griechische Gesetzgeber Rechnung tragen, als er
mit dem Abstellen auf die Letztempfängereigenschaft in den Verbraucherbegriff
auch zu gewerblichen Zwecken Handelnde (Händler und Unternehmer) einbezogen hat. Dass die Unternehmer über Geschäftserfahrung verfügen und daher die
Marktmöglichkeiten besser abwägen können, so dass sie einen anderen Lieferanten – oder im Allgemeinen Vertragspartner – wählen, wenn die AGB eines in
Betracht gezogenen Vertragspartners für sie unbillig sind1014, trifft nicht immer
zu. Auch wenn sie im Vergleich zu Privatleuten geschäftskundiger sind, verfügen
sie nicht immer über Entscheidungsfreiheit und Verhandlungsmacht. Nicht alle
Unternehmer sind gleich; es gibt kleine und größere Unternehmen und ein Verhandlungsungleichgewicht kann ebenso gut im Verhältnis zwischen zwei Unternehmern vorliegen, wie zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher.
Lediglich die Tatsache, dass ein Unternehmer bei der Gestaltung der Vertragsbedinungen nicht mitwirkt, sondern den vorformulierten Klauseln seines Vertragspartners unterliegt, macht ihn schutzwürdiger. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass eine unbillige Klausel des Verwenders sich auf einen Unternehmer oft
katastrophaler auswirken kann als auf einen Verbraucher. Der Händler, dem die
Freizeichungsklausel seines Lieferanten durch die AGB des Letzteren auferlegt
wurde, erleidet viel größere Schäden, wenn ihm ein mangelhafter Warenposten
geliefert wird, als der Verbraucher, der lediglich eine der mangelhaften Sachen
erwirbt.1015
Trotz der bestehenden Schutzbedürftigkeit von Unternehmern vor den AGB-
Klauseln ihrer Vertragspartner, die auch zur Einführung des breiten Verbraucherbegriffs in das griechische Recht geführt hat, ist die Anwendbarkeit der AGB-
Vorschriften auf die Beziehungen zwischen den Gliedern der Lieferkette ausgeschlossen. Der griechische Verbraucherbegriff ist zwar erheblich breiter als der
der EG-Richtlinien und des deutschen BGB und erfasst auch Unternehmer. Dies
aber nur, wenn sie die Letztempfänger von Waren oder Dienstleistungen sind. Die
Verbraucherdefinition und somit auch die AGB-Kontrolle schützt also in Griechenland eine Bank, die z.B. Stühle für ihre Filialen kauft, vor den AGB-Klauseln
ihres Lieferanten, nicht jedoch einen Kleinhändler, der die Stühle zum Weiterver-
1013 Papanikolaou, Die Grenzen, S. 335 ff., 372; Doris, NoB 52 (2004), 729 (739).
1014 Dabei handelt sich um das sog. „shopping around“; s. Papanikolaou, Die Grenzen, S. 374.
1015 Vgl. das Beispiel von Dellios, Verbraucherschutz und System des Privatrechts, Bd. II,
S. 234.
274
kauf kauft. Der griechische Verbraucherbegriff kann sich also manchmal als zu
breit erweisen.1016 Andererseits führt das Abstellen auf die Letztempfängereigenschaft – wie bereits hervorgehoben – zu dem Problem, dass die weiterverkaufenden Kettenglieder vom Anwendungsbereich des Art. 2 des Ges. 2251/1994
ausgeschlossen sind, auch wenn sie einen Schutz vor den Folgen eines strukturellen Ungleichgewichts gegenüber ihren Lieferanten benötigen.
Die ratio des Abstellens des Verbraucherbegriffs auf die Letztempfängereigenschaft und des damit einhergehenden Ausschlusses der Zwischenglieder vom
Schutz vor AGB-Klauseln ihrer Vertragspartner könnte darin liegen, dass der
Gewerbetreibende, der eine Sache für sich behält, schutzwürdiger sei als derjenige, der das Produkt gewerbemäßig weiterveräußert und damit Gewinn erzielt.
Außerdem könnte angenommen werden, dass der Weiterverkaufende durch das
wiederholte Tätigen solcher Geschäfte über eine gewisse Erfahrung verfügt.1017
Es ist aber fraglich, ob diese Überlegungen mit den Zielen der Inhaltskontrolle
von AGB-Klauseln vereinbar sind. Die AGB-Kontrolle ist als Korrektiv für die
einseitge Inanspruchnahme der Vertragsgestaltungsfreiheit zu betrachten, die bei
Verwendung von AGB unabhängig davon zutrifft, ob der Vertragspartner des
AGB-Verwenders der Letztempfänger der Sache oder der Dienstleistung ist.
ii) Denkbare Lösungen
?. Allgemeines
Für die Kontrolle nicht gegenüber Verbrauchern vewendeter AGB-Klauseln bleiben also die – bereits erläuterten – allgemeinen Klauseln des AK. Die Rechtslage
erinnert also an diejenige vor der Einführung der AGB-Vorschriften. Eine analoge Anwendung der Vorschrift von Art. 2 des Ges. 2251/1994 auf Klauseln, die
nicht gegenüber Verbrauchern verwendet wurden, ist bisher von der herrschenden
Meinung abgelehnt worden.1018 Die Nichterfassung dieser Klauseln von der
AGB-Kontrolle nach Art. 2 des Ges. 2251/1994 kann (noch) nicht als Lücke i.S.
einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes betrachtet werden.1019 Sie ist
eine gesetzgeberische Entscheidung (zwar rechtspolitisch fraglich), die aber in
den Rahmen des Gesetzes 2251/1994 passt. Deswegen sucht die Theorie bei den
allgemeinen Klauseln des AK die Antwort auf das wegen der Nichtanwendbarkeit
von Art. 2 des VSG 2251/1994 auf Verträge mit Nicht-Letztempfängern bestehende Problem.1020
1016 Dazu bereits unter III.5.b.
1017 Vgl. Dellios, Verbraucherschutz und System des Privaterchts, Bd. II, S. 233.
1018 a.A. Mentis, AGB in Verbraucher- und Händlerverträgen, S. 13, 15.
1019 Ebenso Dellios, Verbraucherschutz und System des Privatrechts, Bd. II, S. 256; Doris,
NoB 48 (2000), 737 (761 f.); Papanikolaou, Methodologie, S. 236 f.
1020 So Doris, NoB 48 (2000), 737 (762 ff.); Dellios, Verbraucherschutz und System des Privatrechts, Bd. II, S. 257; Karakostas, Verbraucherschutzrecht, S. 104 ff.
275
. ?rtt. 178, 179 AK
Von den allgemeinen Klauseln des AK werden im Schrifttum überwiegend diejenigen der Artt. 178/179 und 281 AK zur Kontrolle und Beseitigung eventueller
unbilliger AGB-Klauseln der Lieferanten herangezogen. Einen typischen Fall
von sittenwidrigem Geschäft stellt – wie bereits erwähnt – die übermäßige Beschränkung der Freiheit dar (1. Fall von Art. 179 AK), unter der auch die Vertragsfreiheit zu verstehen ist. Ob der Tatbestand des Wuchers (2. Fall von Art. 179
AK) bei Freizeichnungsklauseln des AGB-Verwenders als erfüllt angesehen werden kann, ist zweifelhaft. Auch wenn man annimmt, dass der Verkäufer durch den
Ausschluss oder die Einschränkung seiner Haftung einen – jedenfalls indirekten
– Vermögensvorteil erhält, der in einem „auffälligen Missverhältnis“ zu der Leistung des Käufers steht, da Letzterer den vollen Kaufpreis bezahlt, während der
Verkäufer seinen Pflichten, zu denen auch das Einstehen für die Mangelhaftigkeit
der Ware gehört, nicht vollständig nachkommt, wird im Verhältnis der Regressparteien die subjektive Voraussetzung der Ausbeutung in der Regel fehlen.1021
Eine Ausbeutung der Notlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit des Händlers durch den Lieferanten oder den Hersteller ist schwerlich vorstellbar.
Bei Nichtanwendbarkeit der besonderen Sittenwidrigkeitstatbestände von Art.
179 AK bleibt jedoch die Möglichkeit, eine Freizeichnungsklausel – die selbstverständlich nicht schon wegen Verstoßes gegen Art. 332 AK nichtig ist – oder
eine Klausel, die einer Partei übermäßige Lasten auferlegt, als sittenwidrig und
somit unwirksam nach der allgemeinen Klausel von Art. 178 AK zu beurteilen.1022
Die Gerichte in Griechenland haben vor der gesetzlichen Einführung der AGB-
Kontrolle gezeigt, dass sie in extremen Fällen bereit sind, eine offene Inhaltskontrolle von AGB-Klauseln mittels der Sittenwidrigkeitsklausel vorzunehmen.
Dies haben sie aber sehr selten getan.1023 Die Rechtsprechung war sehr zurückhaltend und schien sich davor zu scheuen, den Grundsatz „pacta sunt servanda“
und die Vertragsgestaltungsfreiheit durch eine AGB-Kontrolle zu verletzen.1024 In
der Regel haben die Gerichte eine versteckte Kontrolle praktiziert, indem sie die
streitigen Klauseln mittels „Auslegung nach Treu und Glauben“ so manipulierten, dass sie einen Inhalt erhielten, die für den Geschäftspartner des Verwenders
keine allzu große Hürde bedeutete.1025 Diese – heftig kritisierte1026 – Methode der
versteckten Inhaltskontrolle beruhte einerseits auf einem Missverständnis der
1021 Ebenso Karakostas, Verbraucherschutzrecht, S. 105.
1022 Zum Verhältnis zwischen Art. 178 und 179 AK AP 1493/1982, EllDni 1983, 783; Berufungsgericht Thessaloniki 201/1993 Armenopoulos 1993, 803.
1023 AP 620/1986 EEmpD 1987, 423, wo die Kontrolle auf Art. 179 Abs. 1 AK gestützt wurde.
1024 s. Kapnopoulou, Missbräuchliche Klauseln, S. 180 f., 194, 200, 204 f., 209, wo charakteristische Beispiele der AGB-Rechtsprechung vor der gesetzlichen Statuierung der AGB-
Kontrolle zu finden sind; schon Deloukas, AGB, S. 302 ff. kritisiert das starre Festhalten
der griechischen Gerichte am Grundsatz der Vertragsfreiheit.
1025 Kapnopoulou, Missbräuchliche Klauseln, S. 193 f.
1026 Doris, NoB 29 (1982), 897 (903), Fn. 21 spricht von einer „Pseudoauslegung“; Dellios,
Verbraucherschutz und System des Privatrechts, Bd. II, S. 255.
276
Privatautonomie, die aber nicht unantastbar ist, und stellte andererseits einen
Missbrauch der Auslegung dar. Statt als Mittel der Feststellung des AGB-Inhalts
zu dienen, wurde sie zum Instrument einer mittelbaren Kontrolle gemacht.1027
Die Anwendung von Art. 178 AK durch die griechischen Gerichte ist im Allgemeinen sehr zögerlich.1028 Ein Verstoß gegen die guten Sitten ist anzunehmen,
wenn „ein Verhalten bei objektiver Betrachtung nach den Anschauungen eines
billig und gerecht denkenden Menschen gegen die soziale Moral und die grundlegenden Rechtsprinzipien verstößt“.1029 Diesen Tatbestand können theoretisch
auch die AGB-Klauseln eines Vertragspartners erfüllen und daher unwirksam
sein1030; dies aber nur in extremen Fällen und unter der Voraussetzung, dass man
einem „objektivierten Begriff“ der guten Sitten folgt und nicht auf das Erfordernis einer moralisch zu tadelnden Haltung des AGB-Verwenders abstellt.1031
. Art. 281 AK
Die Heranziehung der Rechtsmissbrauchsklausel von Art. 281 AK zur Kontrolle
unbilliger AGB im unternehmerischen Geschäftsverkehr wird von der in der Theorie herrschenden Meinung vertreten. Die Verwendung von AGB stellt eine Aus-
übung der Gestaltungsfreiheit, eines Ausdrucks der Vertragsfreiheit dar. Und die
Ausübung dieser rechtlich anerkannten Freiheit darf nicht die sich aus ihrem Wesen und ihrer Funktion ergebenden Grenzen überschreiten. Es handelt sich um einen Missbrauch der Vertragsfreiheit, wenn die Verwendung der unbilligen Klauseln die von Treu und Glauben und dem sozialen und wirtschaftlichen Zweck der
Vertragsfreiheit gesetzten Grenzen überschreitet. Missbräuchlich sind demnach
Klauseln, die das Rechtsverhältnis der Parteien in willkürlicher Weise zu Lasten
der schwächeren Partei gestalten. Der Vorteil einer AGB-Kontrolle über Art. 281
AK ist, dass diese Vorschrift keine subjektiven Voraussetzungen vorsieht. Außerdem soll nicht übersehen werden, dass die AGB-Regelungen von Art. 2 des VSG
2251/1994, nämlich die allgemeine Klausel von Art. 2 § 6 und die Liste der Klauselverbote von Art. 2 § 7, eine Konkretisierung von Art. 281 AK darstellen. Und
dies nimmt sowohl die Theorie als auch die Rechtsprechung an.1032
1027 Diese Rechtsprechung weist Ähnlichkeiten mit der vom RG praktizierten AGB-Kontrolle
auf, welches die Rechtsfolgen unangemessener AGB zunächst mit den Mitteln der Auslegung, vor allem mit der sog. „Unklarheitsregel“, abzumildern versuchte. Erst der BGH
hat den Wandel zur offenen Inhaltskontrolle vollzogen. Zu der Entwicklung der deutschen
AGB-Rechtsprechung s. Wolf, in: 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 111 (111 f.).
1028 s. Doris, NoB 48 (2000), 737 (760).
1029 s. AP 598/1986 NoB 1987, 370.
1030 vgl. LG Athen (Kammer) 454/1992 ArchN 45 (1994), 382 (aber ohne zu dem Ergebnis zu
gelangen, dass im konkreten Fall ein Verstoß gegen die guten Sitten vorliege und die AGB-
Klausel aus diesem Grund unwirksam sei).
1031 Vgl. Papanikolaou, Die Grenzen, S. 385 f.
1032 AP 127/2005 EEmpD 2006, 82; AP 1030/2001 EllDni 2001, 1601; Amtsgericht Athen
4403/2002 NoB 50 (2002), 2045.
277
Der Anwendung von Art. 281 AK zur Kontrolle von AGB-Klauseln, m.a.W.
der Ausübung der Vertragsgestaltungsfreiheit, außerhalb des Anwendungsfelds
von Art. 2 Ges. 2251/1994 steht aber die Haltung der Rechtsprechung entgegen,
nach der das Rechtsmissbrauchsverbot keine natürlichen Freiheiten erfasst.1033
Die Kluft zwischen den Vorschlägen der Theorie und den Gerichtsentscheidungen in diesem Punkt besteht immer noch. In einem jüngeren Areopag-Urteil
ist aber folgender Absatz zu finden: „Die Vorschrift von Art. 2 § 6 des Ges. 2251/
1994 stellt eine Konkretisierung der Grundregel von Art. 281 AK, die die missbräuchliche Ausübung eines Rechts oder den Missbrauch eines Rechtsinstituts
(der Vertragsfreiheit) verbietet. In Hinsicht darauf orientiert sich die Inhaltskontrolle der AGB grundsätzlich an der Vorschrift von Art. 281 AK“.1034 In dem dem
Areopag vorliegenden Fall war aber Art. 2 des Ges. 2251/1994 direkt anwendbar,
so dass die Inhaltskontrolle nicht über Art. 281 AK erfolgte. Es bleibt jedoch zu
hoffen, dass die Annahme des Gerichts, dass Art. 281 AK auch den Missbrauch
der Vertragsfreiheit erfasst, zu einer Wende der Judikatur führen wird, die von der
Theorie schon längst gefordert wird. Die Tatsache, dass die Feststellung des o.g.
Urteils in der ihm folgenden Plenarentscheidung1035 nicht mehr zu finden ist, stellt
hoffentlich einen Zufall dar und keine absichtliche Streichung des Passus, um
voreilige Schlüsse zu vermeiden.
/. Andere Vorschläge
Die Heranziehung der Auslegungsregeln von Artt. 173, 200 i.V.m. 288 AK im
Wege einer versteckten Inhaltskontrolle durch „Auslegung“ nichtauslegungsbedürftiger Klauseln, wie diese die Gerichte vor der Einführung des Ges. 2251/1994
praktizierten1036, ist überhaupt nicht zu empfehlen. Natürlich tragen Artt. 173 und
200 AK zur Feststellung des AGB-Inhalts bei. Wo es aber um klare Klauseln geht,
soll die Rechtsprechung die Dinge beim Namen nennen und eine offene Inhaltskontrolle von missbräuchlichen AGB-Klauseln auch im unternehmerischen Verkehr betreiben.
1033 s. AP (Plenum) 33/1987 NoB 36 (1988), 324.
1034 AP 127/2005 EEmpD 2006, 82; vgl. auch AP 1219/2001 NoB 50 (2002), 354 (356); Berufungsgericht Athen 8489/1990 EllDni 1990, 1539, das unter Heranziehung von Artt. 5 §
1, 25 § 3 der griechischen Verfassung, 116 KPolD und 361, 281 AK annimmt, dass die
Ausübung der Vertragsfreiheit missbräuchlich sein kann.
1035 AP (Plenum) 6/2006 EllDni 2006, 621.
1036 s. bereits oben unter ?.
278
Ein weiterer Vorschlag im Schrifttum1037 ist, Art. 371 AK1038, dessen Inhalt
demjenigen von § 315 BGB ähnelt, zur Inhaltskontrolle von AGB im B2B-
Bereich heranzuziehen. Es könne angenommen werden, dass der Verwender der
AGB die Partei sei, der die Bestimmung des Vertragsinhalts (also der Leistung im
weiten Sinne) de facto überlassen sei. Falls eine AGB-Klausel nicht dem billigen
Ermessen entspreche, weil sie den gegenseitigen Interessen der Parteien nicht
gerecht sei, könne sie das Gericht beseitigen und durch die einschlägige Gesetzesvorschrift oder eine dem Grundsatz von Treu und Glauben entsprechende
Bestimmung ersetzen.1039 Als Vorteil dieser Vorschrift wird angeführt, dass sie
den Richter ausdrücklich „beauftragt“, die wegen der Unwirksamkeit der unbilligen Klausel entstandenen Lücke zu schließen. Wegen des Abstellens auf das
„billige Ermessen“ erlaube sie dem Rechtsanwender, die für den bestimmten Fall
passende Lösung zu finden.1040 Fraglich ist aber, ob das Heranziehen von Art. 371
AK nötig ist. Dasselbe Ergebnis kann auch durch Art. 281 AK erreicht werden,
dessen Rechtsfolgen ebenso flexibel sind. Die unmittelbare Folge des Rechtsmissbrauchsverbots ist die Unwirksamkeit der missbräuchlichen Klausel nach
Art. 174 AK, der die Unwirksamkeit verbotener Rechtsgeschäfte erklärt. Die
durch die Unwirksamkeit der missbräuchlichen Klausel entstandene Lücke soll
aber der Richter durch – direkte oder analoge – Anwendung der entsprechenden
dispositiven Vorschriften oder durch ergänzende Vertragsauslegung schließen.1041
Der Areopag hält darüber hinaus Art. 371 AK für eine auf Individualverträge
zugeschnittene Vorschrift.1042
1037 Der Vorschlag, die AGB-Kontrolle auf Art. 371 AK zu stützen, geht auf Karakostas, EEN
1973, 647 ff. zurück; s. auch Karakostas, Verbraucherschutzrecht, S. 105 ff. Vgl. die Kritik
von Karassis, AGB – Gerichtliche Kontrolle, S. 88, der den Inhalt von Art. 371 AK als
zu vage und daher ungeeignet für die AGB-Kontrolle betrachtet; ähnlich Doris, in: AK
Georgiades/Stathopoulos, Artt. 371-373, Rn. 20; Papanikolaou, Die Grenzen, S. 387 ff.,
die als Korrektiv Art. 281 AK vorziehen.
1038 „Ist die Bestimmung der Leistung einem der Vertragsschließenden oder einem Dritten
überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu erfolgen
hat. Ist sie nicht nach billigem Ermessen getroffen oder verzögert sich die Bestimmung,
so wird sie durch das Gericht getroffen.“
1039 Vgl. Mentis, AGB in Verbraucher- und Händlerverträgen, S. 62.
1040 Karakostas, Verbraucherschutzrecht, S. 106, Rn. 91.
1041 Zu den Rechtsfolgen einer AGB-Kontrolle nach Art. 281 AK s. Papanikolaou, Die Grenzen, S. 179 ff., 391 ff.; wie die Füllung einer wegen der Unwirksamkeit einer missbräuchlichen AGB-Klausel entstandenen Lücke erfolgt, beschreibt auch LG Athen 2772/2002
NoB 50 (2002), 1298.
1042 AP 1030/2001 EllDni 2001, 1601 ff.
279
0. Die Klauselverbote von Art. 2 Ges. 2251/1994 als Indizien der
Missbräuchlichkeit?
Art. 281 AK stellt demnach den geeignetesten Mechanismus zur Kontrolle von
AGB-Klauseln im unternehmerischen Verkehr und damit auch in den Verträgen
der Glieder der Lieferkette dar. Fraglich ist, ob die AGB-Vorschriften von Art. 2
§§ 6 und 7 des Ges. 2251/1994 als Zeichen kontraktueller Ungerechtigkeit zwischen Kaufleuten dienen können, m.a.W. ob sie als Auslegungshilfe zur Konkretisierung der allgemeinen Begriffe (von Treu und Glauben, von sozialem und
wirtschaftlichem Zweck und von den guten Sitten) in Art. 281 AK dienen können.1043 Das Verhältnis zwischen Art. 2 §§ 6 und 7 des Ges. 2251/1994 und Art.
281 AK wäre dann gegenseitig, da die Vorschriften von Art. 3 Ges. 2251/1994
eine Konkretisierung der allgemeinen Klauseln über den Rechtsmissbrauch und
die Leistung nach Treu und Glauben1044 im Geschäftsverkehr zwischen AGB-Verwendern und Verbrauchern darstellen.1045 Dem Abstellen auf die Regeln von Art.
2 des Ges. 2251/1994 als Anhaltspunkte zur Bejahung des Rechtsmissbrauchs
sollte aber keine Vermutungswirkung beigemessen werden. Dies gilt insbesondere für die Liste der verbotenen Klauseln von Art. 2 § 7 Ges. 2251/1994. Es soll
nicht vergessen werden, dass die von den deutschen Gerichten oft angenommene
Ausstrahlungs- oder Indizwirkung1046 der besonderen Klauselverbote von §§ 308,
309 BGB (früher §§ 10, 11 AGBG) im kaufmännischen Verkehr über die allgemeine Klausel von § 307 BGB (vormals § 9 AGBG) wiederholt kritisiert worden
ist.1047 Die Klauselverbote, die als verbraucherschützende Vorschriften konzipiert
sind, sind nicht immer tauglich, um auch die Ungerechtigkeit einer in einem B2B-
Vertrag enthaltenen Klausel zu bestimmen. Der Schutz von Gewerbetreibenden
vor missbräuchlichen Klauseln muss nicht immer den gleichen Inhalt oder die
gleiche Intensität wie der Schutz des Verbrauchers haben. Was als „erhebliche
Störung des Gleichgewichts der vertraglichen Rechte und Pflichten“1048 zum
1043 So Mentis, AGB in Verbraucher- und Händlerverträgen, S. 15, 61.
1044 Ebenso werden die Klauselverbote von §§ 308 f. BGB als Konkretisierungen „des Grundgedankens von Treu und Glauben“ angesehen; s. v. Sachsen Gessaphe, in: FS Sonnenberger, S. 99 (102).
1045 Vgl. AP 1219/2001 NoB 50 (2002), 354 (356): „Die Regelung von Art. 2 § 6 des Ges. 2251/
1994 ist eine Konkretisierung der Grundregel von Art. 281 AK über das Verbot des Missbrauchs eines Rechts oder eines Instituts.“
1046 s. etwa BGHZ 90, 273 (278); BGH NJW 1994, 1060 (1067 f.); BGH NJW 2000, 1191.
1047 Wolf, ZIP 1987, 341 (342); ders., in: 50 Jahre BGH, Bd. I, S. 111 (119, 122); Eberstein,
Die zweckmäßige Ausgestaltung von AGB im kaufmännischen Geschäftsverkehr, S. 37
f. („Für eine indizierende Wirkung der Klauselverbote im kaufmännischen Geschäftsverkehr ist kein Raum“).
1048 So die Formulierung der allgemeinen Klausel von Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes 2251/1994
nach dessen Änderung durch das Gesetz 3587/2007. Diese Vorschrift ist vergleichbar zu
derjenigen von § 307 BGB, weist jedoch auch erhebliche Unterschiede auf. Neben dem
abweichenden persönlichen Anwendungsbereich ist zu beachten, dass § 307 BGB eine
unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders voraussetzt, während Art. 2 § 6 a.F. des griechischen Verbraucherschutzgesetzes 2251/1994 eine erhebliche
280
Nachteil eines Verbrauchers betrachtet wird, stellt nicht unbedingt auch gegenüber einem Unternehmer eine solche dar. Die AGB-Kontrolle im Verhältnis zwischen Gewerbetreibenden darf nicht auf Vermutungen oder Indizien abstellen.
Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit haben dort keinen Platz. Die Kontrolle von AGB-Klauseln im unternehmerischen Geschäftsverkehr muss auf den
konkreten Fall zugeschnitten sein und unter anderem auch die Gegebenheiten der
bestimmten Branche berücksichtigen. Die Selbstverantwortung der meist geschäftserfahrenen Unternehmer ist nicht so leicht preiszugeben. Der Wert der
Klauseln von Art. 2 § 7 des Ges. 2251/1994 als Argumente zur Wiederherstellung
der vertraglichen Gerechtigkeit auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr ist
beschränkt. Er besteht jedoch, sofern sich aus den Besonderheiten des Geschäftsverkehrs1049 nichts anderes ergibt.1050
Art. 2 § 6 Ges. 2251/1994, wo auf die erhebliche Störung des vertraglichen
Gleichgewichts abgestellt wird und eine Reihe von Faktoren (nämlich die Natur
der Güter, die Gesamtheit der besonderen Vertragsbedingungen, die übrigen
Klauseln des Vertrags usw.) genannt werden, welche für die Beurteilung der
Missbräuchlichkeit einer AGB-Klausel zu berücksichtigen sind, ist aber auch für
die Kontrolle von Klauseln gegenüber Nichtverbrauchern nützlich. Es handelt
sich dabei um keine unwiderlegliche Nichtigkeitserklärung, sondern um Kriterien, die der Richter auch im Rahmen der Missbräuchlichkeitsbeurteilung nach
Art. 281 AK berücksichtigen sollte – auch wenn es Art. 2 des Ges. 2251/1994
nicht gäbe. Art. 2 § 6 des Ges. 2251/1994 ist eine Konkretisierung von Art. 281
AK und Art. 2 § 7 Ges. 2251/1994 eine Konkretisierung von Art. 2 § 6. Die Konkretisierung von Art. 2 § 7 ist aber ungeeignet, eine Indizwirkung für die Konkretisierung von Treu und Glauben und den anderen Kriterien der Missbräuchlichkeitsklausel von Art. 281 AK im unternehmerischen Verkehr zu entfalten.
Darum ist die Heranziehung von Art. 2 § 6 Ges. 2251/1994 für die Kontrolle von
AGB-Klauseln (nach Art. 281 AK) im B2B-Bereich nicht unsachgemäß; von
1049 Störung des vertraglichen Gleichgewichts erfordert und bis zu dessen Reform durch das
Gesetz 3587/2007 lediglich eine Störung für ausreichend hielt. Die ursprüngliche Formulierung des Ges. 2251/1994 setzte eine übermäßige Störung voraus und war damit näher
am Text der Klauselrichtlinie 93/13, in der die Rede von „significant imbalance“ ist. Durch
das Gesetz 2741/99 wurde die Voraussetzung der Übermäßigkeit der Störung gestrichen
und somit ist der Gesetzgeber zur Formulierung des Art. 25 § 1 des Ges. 1961/91 gerückt.
Diese Modifizierung wurde als verbraucherfreundlicher erachtet und hat im Schrifttum
überwiegend Beifall gefunden (s. Mentis, AGB in Verbraucher- und Händlerverträgen,
S. 62 f.), durch das Gesetz 3587/2007 und das Erfordernis der Erheblichkeit der Störung
wurde sie jedoch relativiert.
1049 Die bloße langdauernde Branchenüblichkeit einer Klausel begründet jedoch nicht automatisch ihre Klauselkonformität; s. die deutsche Entscheidung BGHZ 91, 316 (319).
1050 Vgl. auch die deutsche Rechtsprechung zu dem sog. „seitengleichen Regress“ und der Ausstrahlungswirkung der Klauselverbote von §§ 308 f. BGB (vorher §§ 10, 11 AGBG) im
B2B-Bereich; s. die Nachweise in v. Sachsen Gessaphe, in: FS Sonnenberger, S. 99 (101
f.); Wolf, in: 50 Jahre BGH, S. 111 (119, 122).
281
einem Abstellen auf Art. 2 § 7 ist jedoch abzusehen.1051 Die Wertungen von Art.
2 § 7 Ges. 2251/1994 können sich aber oft auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr bestätigen. Dies darf jedoch nur mittels einer Interessenabwägung im
konkreten Fall festgestellt werden.1052
iii) Ergebnis / Ausblick
Wegen der Anwendbarkeit der griechischen AGB-Vorschrift nur auf Verträge mit
Verbrauchern und trotz des erweiterten griechischen Verbraucherbegriffs genie-
ßen die Zwischenglieder der Vertriebskette nach dem griechischen Recht keinen
besonderen Schutz gegenüber AGB-Klauseln ihrer Lieferanten, da Verbraucher
nach der griechischen Definition nur Letztempfänger von Sachen und Dienstleistungen sind. Dies ist weder in Hinsicht auf die Klausel-RL 1993/13/EWG noch
im Zusammenhang mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie richtlinienwidrig. Die
Klauselrichtlinie erfasst auch nur Verträge mit Verbrauchern1053 und die RL 1999/
44/EG wollte ausdrücklich nicht die Vertragsfreiheit berühren, so dass aus ihrem
Art. 4 oder seinem effet utile keine Pflicht zur Einschränkung der Dispositivität
hergeleitet werden kann. Auch eine Lücke des griechischen Rechts ist schwer zu
bejahen, denn der Gesetzgeber hat bewusst auf die Letztempfängereigenschaft
abgestellt, um in den Verbraucherschutz auch kleine Gewerbetreibende, denen
gegenüber marktmächtige Vertragspartner stehen, einzubeziehen.1054 Dass diese
kleinen Gewerbetreibenden auch Nichtletztempfänger sein können, hat der Gesetzgeber wohl nicht übersehen, er ging aber offenbar davon aus, dass die Zwischenglieder einer Vertriebskette professionell handeln und darum über Geschäftserfahrung verfügen. Aus diesen Gründen wurde bisher von der breiten
Mehrheit im Schrifttum keine Analogie zu Art. 2 Ges. 2251/1994 für die Kontrolle von AGB außerhalb seines Anwendungsbereichs vorgeschlagen, sondern
eine Lösung über die allgemeinen Klauseln des AK und vor allem über Art. 281
AK vorgezogen.
Trotz der geäußerten Bedenken wegen der Rechtsunsicherheit einer Lösung
über allgemeine Klauseln kann Art. 281 einen Schutz gegen missbräuchliche
AGB-Klauseln im unternehmerischen Verkehr bieten. Die andauernde ablehnende Haltung der Reschtsprechung, die Art. 281 AK nur auf Rechte und nicht
auf Freiheiten anwenden will, sowie eine allmähliche Änderung im Gesamtbild
1051 Ebenso Dellios, Verbraucherschutz und System des Privatrechts, Bd. II, S. 260 ff., vor
allem S. 262 f.; Doris, NoB 48 (2000), 737 (760) hält die Wertungsmaßstäbe von Art. 2 §
7 und die Kriterien von Art. 2 § 6 für eine taugliche Orientierungshilfe, ist aber gegen eine
allgemeine Übertragung dieser Lösungen auf Verhältnisse außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 2 Ges. 2251/1994.
1052 Wolf, ZIP 1987, 341 (342).
1053 Verbraucher werden da allerdings anders definiert; da aber der griechische Verbraucherbegriff weiter ist, besteht auch in diesem Punkt keine Richtlinienwidrigkeit.
1054 s. Begründungsbericht vom 08.07.1994, unter 2.
282
des griechischen Rechts bezüglich der Vertragsfreiheit im unternehmerischen
Geschäftsverkehr gebietet nunmehr ein Tätigwerden des Gesetzgebers im
Bereich der auch gegenüber Nichtverbrauchern verwendeten AGB. Im Jahre
1994, als das Gesetz 2251/1994 verabschiedet wurde, war das griechische Recht
von einer liberalen Einstellung in Hinsicht auf Vereinbarungen zwischen Unternehmern geprägt. Bis auf die wettbewerbsrechtlichen Einschränkungen (s. Ges.
703/1977) war die Vertragsfreiheit im unternehmerischen Geschäftsverkehr sehr
breit.
Dieses Bild ändert sich jedoch mit der Zeit. Charakteristisch ist die bereits
erörterte, neu eingeführte Vorschrift von Art. 332 S. 2 Fall 3 AK, die den Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausschließt, wenn der Vertrag nicht
individuell ausgehandelt wird. Diese Freizeichnungsklausel ist unwirksam unabhängig davon, ob die Parteien Verbraucher, Unternehmer oder Privatleute sind.
Auch im unternehmerischen Verkehr können also demnach die Parteien die Haftung für leichte Fahrlässigkeit nicht ausschließen, wenn darüber nicht verhandelt
wird.
Art. 5 § 1 des Präsidialdekrets (PD) 166/2003, durch den Art. 3 Abs. 3 der RL
2000/35/EG zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ins griechischen Recht umgesetzt wurde, stellt eine weitere, neu geschaffene Einschränkung der Vertragsfreiheit im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern dar. Dort
wird vorgesehen, dass von Art. 4 §§ 1, 2, 3 und 4 des PD abweichende Parteivereinbarungen über den Zahlungstermin oder die Folgen eines Zahlungsverzugs
unwirksam zu Gunsten des Gläubigers sind, wenn sie nach Prüfung aller Umstände, einschließlich der Verkehrssitten und der Art der Waren oder der Dienstleistungen, als offenbar missbräuchlich für den Gläubiger erscheinen. Bei dieser
Beurteilung wird unter anderem berücksichtigt, ob der Schuldner einen objektiven Grund für die Abweichung hat.
Obwohl diese Eingriffe in die Vertragsfreiheit im unternehmerischen
Geschäftsverkehr noch punktuell sind, lässt sich schon jetzt nicht überzeugend
erklären, warum die Unternehmer nur beim Ausschluss der Haftung in den in Art.
332 AK beschriebenen Fällen oder beim Zahlungsverzug schuztwürdig sind. Um
so mehr verdient der Händler Schutz, dem der Lieferant Vertragsbedingungen
aufzwingt, die er gegenüber dem Verbaucher – wegen Art. 2 Ges. 2251/1994 –
nicht verwenden kann. Die in der Regel davon betroffenen Klein- oder Mittelunternehmer werden mittelbar für ihre geringe oder fehlende Verhandlungsmacht
bestraft, während der Verbraucher gerade aus diesem Grund geschützt wird.1055
Da sich die unternehmerschützenden – oder unter anderen auch Unternehmer
schützenden – Vorschriften mit der Zeit vermehren und sich die Haltung der
Gerichte über eine Kontrolle von missbräuchlichen AGB über Art. 281 AK nicht
wirklich ändert, ist de lege ferenda geboten, dass der Gesetzgeber agiert. In Art.
2 des Ges. 2251/1994 könnte ein neuer Absatz eingeführt werden, der die Anwendung von Art. 2 § 6 (nämlich der Klausel der Missbräuchlichkeit von AGB) auch
auf Verträge zwischen AGB-Verwendern und Nicht-Letztempfängern von Sachen
1055 So auch Kapnopoulou, Missbräuchliche Klauseln, S. 82.
283
oder Dienstleistungen ausdehnt.1056 Dadurch würden die Gerichte einen klaren
Auftrag erhalten, eine AGB-Kontrolle auch im unternehmerischen Verkehr zu
betreiben, und so würde auch in diesem Bereich Rechtssicherheit geschaffen. Das
System der AGB-Kontrolle wäre dann dem abgestuften deutschen System von
§§ 307 ff. BGB vergleichbar.
Es bleibt zu hoffen, dass der griechische Gesetzgeber in diese Richtung tätig
wird. Ansonsten wird eine analoge Anwendung von Art. 2 § 6 Ges. 2251/1994 auf
gegenüber Unternehmern verwendete AGB-Klauseln bald wohl zwingend, da die
Zunahme der unternehmerschüzenden – oder auch, aber nicht nur Unternehmer
schützenden – Vorschriften im griechischen Recht (wie Art. 332 AK und Art. 5
des PD 166/2003) zur Entstehung einer (nachträglichen) Lücke führen kann. Das
Fehlen einer dem Art. 2 § 6 Ges. 2251/1994 entsprechenden Vorschrift für den
unternehmerischen Geschäftsverkehr wird dann systemwidrig erscheinen.
4. Schlussfolgerungen
Nach dieser Darstellung der Möglichkeiten zur Abbedingung der gesetzlichen
Vorschriften durch die Kettenglieder nach dem deutschen und griechischen
Recht, ist eines auffällig; der deutsche Gesetzgeber hat die Vertragsfreiheit der
Regresspartner durch § 478 Abs. 4 BGB erheblich eingeschränkt, obwohl im
deutschen Recht die Möglichkeit besteht, AGB-Regeln im B2B-Verkehr über
§ 307 BGB zu kontrollieren. Die Erfassung auch von Individualvereinbarungen,
die über die allgemeinen Klauseln kontrolliert werden können, hat den Parteien
einen großen Teil ihrer Vertragsgestaltungsfreiheit genommen. Natürlich ist die
Kontrolle nach den allgemeinen Klauseln mit einer gewissen Rechtsunsicherheit
behaftet. Die im Art. 478 Abs. 4 enthaltene Voraussetzung des „gleichwertigen
Ausgleichs“, ist aber auch ein abstrakter – völlig neuer – Begriff, der ebenso Unsicherheit herbeiführt. Es ist zu erwarten, dass die Vertragsparteien – oder ihre
Rechtsberater – mit Verlegenheit eventuellen Klauseln gegenüber stehen, da sie
nicht wissen werden, ob der gewährte Vorteil als gleichwertiger Ausgleich gewertet werden kann.
Im griechischen Recht auf der anderen Seite hat der Gesetzgeber bezüglich der
Abdingbarkeit der Gesetzesregelungen durch die – potentiellen – Regressparteien
nichts vorgenommen, obwohl dies wegen der Nichterfassung gegenüber Nicht-
Verbrauchern verwendeter AGB-Klauseln von der AGB-Kontrolle nach Art. 2
des Ges. 2251/1994 geboten wäre. Obwohl die griechischen AGB-Vorschriften
zu liberal erscheinen mögen, da sie nur in Verträgen zwischen den AGB-Verwendern und Verbrauchern Anwendung finden, trifft dieser Eindruck nicht völlig zu.
Da der griechische Verbraucherbegriff nur auf die Letztempfängereigenschaft
abstellt, erfasst er auch Unternehmer, wenn sie die Sache nicht weiterveräußern.
1056 Vgl. den Vorschlag von Dellios, Verbraucherschutz und System des Privatrechts, Bd. II,
S. 259 f.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der den Rückgriff des Letztverkäufers im Fall einer von ihm nicht verursachten Mangelhaftigkeit der Sache gewährleisten will, überlässt den Mitgliedstaaten einen weiten Umsetzungsspielraum. Dies reizt zu einer rechtsvergleichenden Untersuchung, da das Optionenspektrum für die Ausgestaltung des Rückgriffs sehr breit ist. Wie der deutsche und griechische Gesetzgeber die genannte Richtlinienvorschrift ins nationale Recht umsetzten, ist Gegenstand dieses Werkes. Die Verfasserin stellt die Rückgriffsregelungen des BGB und des griechischen ZGB (AK) nebeneinander und gelangt zu interessanten Ergebnissen bezüglich ihrer Richtlinienkonformität und rechtspolitischen Richtigkeit.