223
Kapitel VII:
Die Verjährung
1. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche im Allgemeinen
a. Die Länge der Frist und die gesetzgeberische ratio
Durch die Kaufrechtsreform anlässlich der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurden die – nach allgemeiner Ansicht zu kurzen – alten Verjährungsfristen im deutschen und griechischen Recht – richtigerweise – für jeden Kauf
(und nicht nur den Verbrauchsgüterkauf) erheblich verlängert849; der Unterschied
zur allgemeinen Verjährungsfrist besteht jedoch immer noch. Im griechischen
Recht, in dem die reguläre, allgemeine Verjährungsfrist zwanzig Jahre beträgt
(Art. 249 AK)850, ist die Abweichung viel größer als im deutschen, wo die regelmäßige Verjährungsfrist durch die Schuldrechtsreform auf drei Jahre gesenkt
wurde (§ 195 BGB). Die Gründe für die kürzere Dauer der Verjährung der Mängelrechte sowie für ihren unterschiedlichen Beginn (nämlich mit der Lieferung
der Sache, unabhängig von subjektiven Kriterien) liegen in der erhöhten Bedeutung, die der Schnelligkeit und der Rechtssicherheit im Kaufvertragsrecht zuerkannt wird.851
Die Lieferung der Sache und ihre Annahme durch den Käufer erweckt den Eindruck, dass die Ansprüche aus dem Kaufvertrag erfüllt würden und das Schuldverhältnis erloschen sei. Jede nachträgliche Beanstandung der Erfüllung
erscheint als Wiederaufleben der Ansprüche der Parteien in Form sekundärer
Ansprüche und verletzt den allgemeinen Eindruck, dass die Sache bezüglich des
Kaufvertrages erledigt sei, und somit den sozialen Frieden.852 Je mehr Zeit vergeht, desto mehr verstärkt sich der Eindruck, dass alles mit dem Kauf in Ordnung
war, und erschwert sich die Beweisführung. Nach langer Zeit ist viel schwieriger
festzustellen, ob der Mangel schon beim Gefahrübergang vorhanden war oder erst
849 s. dazu oben unter III.4.f.
850 Durch Art. 250 AK werden jedoch zahlreiche Ansprüche von der zwanzigjährigen Verjährungsfrist ausgeschlossen und einer fünfjährigen Frist unterworfen. Dabei handelt es
sich um Ansprüche, die mit dem Warenverkehr und dem Bereich der Dienstleistungen
zusammenhängen, wie z.B. die Ansprüche der Kaufleute, Fabrikanten und Handwerker
auf Grund der Lieferung von Waren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder
Angelegenheiten.
851 s. Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5, Rn. 6; Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 644 ff.; Doris, in: AK Georgiades/
Stathopoulos, Artt. 554-558, Rn. 2 und 19; Pouliadis, Die Haftung des Verkäufers, S. 260
ff.
852 Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 645.
224
durch die Benutzung der Sache entstanden ist. Deswegen muss der Käufer sich
bei Mangelhaftigkeit der Sache „beeilen“ und seine Ansprüche innerhalb einer
kürzeren – als der regelmäßigen – Frist geltend machen. Eine lange Verjährungsfrist der Mängelansprüche wäre mit den Bedürfnissen der Wirtschaft nach
Rechtssicherheit und -klarheit unvereinbar und würde die Verkäufer in ihrem
finanziellen Handlungsspielraum erheblich einschränken, denn sie wären verpflichtet für längere Zeiträume Rückstellungen (für ungewisse Verbindlichkeiten) zu bilden.
b. Das Regressrisiko der Bauhandwerker
Beachtung muss die Vorschrift von § 438 Abs. 1 Nr. 2 b BGB finden, nach der
die Verjährungsfrist fünf Jahre nicht nur bei Bauwerken, sondern auch bei Sachen
beträgt, die durch ihren Einbau die Mangelhaftigkeit eines Bauwerks verursacht
haben. Ziel dieser Regelung ist es, die Rechtslage von Bauhandwerkern zu verbessern, die selber innerhalb der fünfjährigen Verjährungsfrist von § 634 a Abs.
1 Nr. 2 BGB gegenüber den Bestellern des Werkes haften. Wenn die Verjährung
ihrer eigenen Ansprüche gegen den Verkäufer der Baumaterialien 2 Jahre betrüge, würden sie sehr oft in eine Verjährungsfalle geraten und könnten keinen Regress mehr nehmen. Durch die Verlängerung der Verjährungsfrist für Baumaterialien auf fünf Jahre ist dieses Regressrisiko abgemildert853; gänzlich beseitigt ist
es jedoch nicht, weil die Verjährungsfristen von § 438 Abs. 1 Nr. 2 und § 634 a
Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht synchron beginnen. Die erste fängt mit der Lieferung der
Sache an den Bauhandwerker an, während die zweite mit der Abnahme des
Werkes durch den Besteller. Auch wenn nur einige Tage zwischen diesen Zeitpunkten liegen, verbleibt ein Risiko beim Bauhandwerker. Seine Lage unterscheidet sich dann nicht von derjenigen der Zwischenverkäufer in der Lieferkette – solange der Mangel des Bauwerks durch die Mangelhaftigkeit der Materialien verursacht wurde und nicht auf andere Gründe (wie unsachgemäße Bauarbeiten oder
Ähnliches) zurückzuführen ist. Eine analoge Anwendung von § 479 Abs. 2 BGB
auf diese Konstellationen soll jedenfalls bedacht werden. Fraglich ist jedoch, ob
eine planwidrige Regelungslücke bejaht werden kann, da der Gesetzgeber bei
§ 479 Abs. 2 BGB auf die Verbrauchereigenschaft des Endkäufers abgestellt hat
und die Privilegierung des Letztverkäufers als Kompensation für den verbesserten Verbraucherschutz eingeführt hat.
Das gerade beschriebene Regressrisiko der Bauhandwerker hat der griechische
Gesetzgeber auf der anderen Seite überhaupt nicht berücksichtigt. Gemäß Art.
693 AK beträgt die Verjährung der werkvertraglichen Mängelansprüche 10 Jahre
bei Bauwerken und 6 Monate im Übrigen. Diese große Abweichung von der kaufrechtlichen Verjährung der Mängelansprüche stellt ein – auch regressrelevantes
853 Vgl. Medicus, Schuldrecht II, BT, § 74, Rn. 73 e.
225
– Problem dar.854 Der Hersteller eines Bauwerkes haftet nämlich fünffach länger
als er den Verkäufer mangelhafter Baumaterialien in Anspruch nehmen kann.
Eine Rechtfertigung dieser Haftungsfalle für den Handwerker könnte darin liegen, dass er – anders als die Glieder der Lieferkette – das Werk selbst herstellt
und dabei in der Lage ist, die Qualität der verwendeten Stoffe und Materialien zu
untersuchen. Dies kann jedoch nicht immer passieren, denn es kann auch versteckte Mängel der Materialien geben, die sich erst nach Herstellung des Werkes
– bespielsweise bei dessen Benutzung – zeigen und zu seiner Mangelhaftigkeit
führen. Eine analoge Anwendung von Art. 560 AK auf solche Fälle ist dann sinnvoll. Die Interessenlage des Werkherstellers ist bei versteckten Mängeln der Baumaterialien mit derjenigen der Verkäufer in der Lieferkette vergleichbar.
c. Die Verlängerung der Frist
Die Verjährungsfrist der Mängelansprüche kann aus verschiedenen – sowohl allgemeinen als auch speziell für die Kaufmängelrechte geltenden Gründen – verlängert werden, so dass der Zeitpunkt des Verjährungsablaufs in der Praxis später
als in zwei (oder fünf Jahren) nach Lieferung bzw. Übergabe der Sache liegt.
aa. Nach allgemeinen Gründen
Sowohl im deutschen als auch im griechischen allgemeinen Schuldrecht werden
Fälle anerkannt, bei denen der Gläubiger vor dem Eintritt der Verjährung geschützt wird, wenn er innerhalb der Verjährungsfrist seinen Anspruch aus zu berücksichtigenden Gründen nicht durchsetzen kann. Beide Gesetzgeber haben auf
solche Konstellationen mit verschiedenen Mitteln reagiert, die den Ablauf einer
angelaufenen Verjährung verhindern. In Betracht kommen die – absolute – Hemmung der Verjährung, deren Ablaufhemmung und der Neubeginn – oder Unterbrechung der Verjährung, wie letztere im alten deutschen Recht genannt wurde
und im griechischen noch genannt wird. Das stärkste Mittel ist der Neubeginn
(oder nach dem griechischen Begriff die Unterbrechung) der Verjährung, da er die
Verjährungsfrist erneut von vorne beginnen lässt und die bereits angelaufene Verjährungszeit nicht beachtet wird. Bei der Hemmung wird der Ablauf der Verjährung gestoppt und die Zeit der Hemmung in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Nach dem Ende der Hemmungszeit läuft die Verjährung mit der vor der Hemmung noch offenen Frist weiter. Bei der Ablaufhemmung auf der anderen Seite
läuft die Verjährungsfrist entweder frühestens eine bestimmte Zeit nach Wegfall
854 Vgl. Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 643,
Fn. 8, der die Feststellung einer Lücke und ihre Füllung im Wege teleologischer Reduktion
von Art. 693 AK nicht für ausgeschlossen hält; s. auch Pantelidou, ChrID 2004, 769 (775),
die aber keine Lücke annimmt, sondern de lege ferenda für die Verlängerung der sechsmonatigen Verjährungsfrist von Art. 693 AK durch den Gesetzgeber plädiert.
226
der Gründe ab, die der Geltendmachung des Anspruchs entgegenstehen, oder aber
nicht vor einem bestimmten Zeitpunkt.855
Im griechischen Verjährungsrecht wird die Verjährung durch die auf jedwede
Weise erfolgte Anerkennung des Anspruches durch den Verpflichteten und durch
die Klageerhebung unterbrochen (Artt. 260, 261 AK). Andere Unterbrechungsgründe werden in Art. 264 AK vorgesehen (z.B. Zustellung einer unter einem
Vollstreckungstitel gesetzten Zahlungsaufforderung, Anmeldung im Konkurs zur
Feststellung). Die Fälle der absoluten Verjährungshemmung erwähnt Art. 256
AK; gehemmt wird die Verjährung der Ansprüche zwischen Leuten, die sich in
einer engen Beziehung befinden (Ehegatten, Eltern und Kinder, Vormünder und
Mündeln, Dienstverpflichteten und Dienstherren), solange diese noch besteht.
Ziel ist, den Frieden des bestehenden Verhältnisses vor Störungen durch die Geltendmachung von Ansprüchen zu schützen und gleichzeitig die Geltendmachung
von Ansprüchen nach dessen Ende zu ermöglichen. Die wichtigsten Gründe, die
den Ablauf der Verjährung hemmen, werden in Art. 255 AK aufgeführt. Solange
der Berechtigte durch Stillstand der Rechtspflege oder aus einem anderen Grund
höherer Gewalt daran gehindert wurde, seinen Anspruch innerhalb der letzten
sechs Monate der Verjährungsfrist geltend zu machen, ist die Verjährung
gehemmt (Art. 255 S. 1 AK). Dies gilt ebenso, wenn der Berechtigte innerhalb
der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist durch arglistiges Verhalten des Verpflichteten an der Geltendmachung des Anspruches gehindert wurde (Art. 255 S.
2 AK). Der letzte Fall stellt einen speziellen Ausdruck des Grundsatzes von Art.
281 AK (Unzulässigkeit des Rechtsmissbrauchs) dar.856
Der Neubeginn der Verjährung im deutschen Recht richtet sich nunmehr nach
§ 212 BGB. In der a.F. des BGB war er (damals Unterbrechung genannt) mit zahlreichen unterschiedlichen Tatbeständen in den §§ 208 bis 217 geregelt. Durch die
Schuldrechtsreform wurden die meisten dieser Fälle in Hemmungsgründe umgewandelt.857 Jetzt sind nur zwei Fälle des Neubeginns vorgesehen (wegen Anerkenntnisses des Anspruchs durch den Schuldner und wegen der Beantragung
einer gerichtlichen oder behördlichen Vollstreckungshandlung oder infolge deren
Vornahme). Unter Anerkenntnis ist jedes tatsächliche Verhalten zu verstehen,
durch das der Schuldner sein Bewusstsein vom Bestehen des Anspruchs eindeutig
zum Ausdruck bringt und das Vertrauen des Gläubigers weckt, der Schuldner
werde sich der Forderungserfüllung nicht entziehen. Ein Anerkenntnis seiner
Gewährleistungshaftung kann z.B. im Nachbesserungsversuch des Verkäufers
liegen.858 Beide Tatbestände des Neubeginns nach § 212 BGB begründen eine
855 Ausführlich zu Neubeginn, Hemmung und Ablaufhemmung der Verjährung im deutschen
Recht s. Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, §§ 7 und 8; für das griechische
Recht Georgiades, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, § 25, Rn. 19 ff; Tsetsekos,
Die Verjährung und die Ausschlussfrist, S. 97 ff.
856 s. Georgiades, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, § 25, Rn. 23.
857 Für diesen Systemwechsel s. Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, § 31, Rn. 677.
858 Vgl. Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 7, Rn. 12.
227
Augenblicksunterbrechung. Die neue Verjährungsfrist beginnt unmittelbar mit
dem den Neubeginn auslösenden Ereignis in voller Länge erneut zu laufen.
Wegen der Umwandlung vieler Tatbestände der Unterbrechung hat die Verjährungshemmung im neuen deutschen Verjährungsrecht eine erheblichere Bedeutung als bisher. Die Klageerhebung, die im alten deutschen Verjährungsrecht zur
Unterbrechung der Verjährung führte, stellt nunmehr einen Hemmungsgrund dar.
Die Hemmungsgründe werden jetzt in §§ 203 bis 208 BGB geregelt. Der größte
Unterschied zum griechischen Recht liegt darin, dass die Tatbestände der Rechtsverfolgung nunmehr im deutschen Recht Hemmungs- und keine Unterbrechungsgünde mehr darstellen. Interessant und sachgerecht ist die Vorschrift von § 203
BGB, die eine Hemmung der Verjährung im Falle von Verhandlungen zwischen
dem Schuldner und dem Gläubiger vorsieht. Die Verjährung ist gehemmt, bis der
eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Dadurch
wird die Möglichkeit der Parteien verstärkt, selbst eine Lösung bezüglich der
Befriedigung ihrer Interessen zu finden, ohne dass sie wegen der Gefahr des Verjährungsablaufs gezwungen werden, die Verhandlungen abzubrechen und Klage
zu erheben. Diese Regelung hat leider kein Pendant im griechischen Recht859,
§ 206 BGB entspricht aber der Vorschrift von Art. 255 S. 1 Alt. 1 AK und § 207
BGB entspricht derjenigen von Art. 256 AK.
Eine Höchstdauer der Hemmung bzw. der Ablaufhemmung sehen weder das
griechische noch das deutsche Recht vor. Eine Höchstdauer wird nur für spezielle
Tatbestände eingeführt. Einen solchen Fall stellt nach dem Wortlaut von § 479
Abs. 2 S. 2 BGB die dort vorgesehene fünfjährige Obergrenze der zu Gunsten der
Rückgriffsschuldner eingeführten „Ablaufhemmung“ von § 479 Abs. 2 S. 1 BGB
dar.860 Unter 2.b. (in diesem Kapitel) wird jedoch untersucht, ob es sich dabei tatsächlich um eine Ablaufhemmung und somit auch um eine Höchstdauer der
Ablaufhemmung handelt.
Zu beachten ist, dass all diese Gründe eintreten und die Verjährungsfrist hemmen oder neu beginnen lassen können, solange diese noch nicht abgelaufen ist.
Eine schon abgelaufene Verjährung kann weder gehemmt noch unterbrochen
werden.
bb. Speziell im Kaufrecht
Ein über die bereits geschilderten allgemeinen Gründe hinausgehender Schutz
wird dem Käufer durch spezielle Vorschriften des Kaufrechts geboten.
Nach § 438 Abs. 3 BGB verjähren die Mängelansprüche des Käufers abweichend von § 438 Abs. 1 Nr. 2 und 3 in der regulären Verjährungsfrist, wenn der
Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat. Dies gilt hinsichtlich der Ver-
859 Für die Anerkennung der Verhandlungen als Hemmungsgrund auch im griechischen Recht
A. Kornilakis, in: Kornilakis/Giovannopoulos, Moderne Tendenzen des Verjährungsrechts, S. 11 (24, 30).
860 s. Mansel/Budzikiewicz, a.a.O., § 8, Rn. 11.
228
jährungsfrist sowie des Verjährungsbeginns (§§ 195, 199 BGB). Die entsprechende Regelung im griechischen Zivilgesetzbuch stellt Art. 557 AK dar, nach
dem sich der Verkäufer auf die Verjährung nach Artt. 554 ff. nicht berufen kann,
wenn er den Mangel oder das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft arglistig verheimlicht oder verschwiegen hat. Obwohl diese Regelungen identisch zu sein
scheinen und dieselbe Rechtsfolge vorsehen, nämlich die Geltung der regelmä-
ßigen Verjährungsfrist und nicht der kurzen kaufrechtlichen, weichen ihre Ergebnisse stark voneinander ab. Wegen der unterschiedlichen Länge der Regelverjährungsfrist bewirken die Vorschriften von § 438 Abs. 3 BGB und Art. 557 AK, dass
die Verjährungsfrist der Mängelansprüche bei Arglist des Verkäufers in Deutschland drei Jahre und in Griechenland zwanzig Jahre beträgt. Während es also im
deutschen Recht bei beweglichen Sachen um die Verlängerung der Frist um ein
Jahr geht, wird diese in Griechenland um das Zehnfache verlängert.
Art. 555 S. 2 AK sieht einen weiteren Grund vor, der die Verjährung unterbricht. Beantragt der Käufer eine gerichtliche Beweisaufnahme zum Zwecke der
Beweissicherung, so wird die Verjährung bis zur Beendigung dieses Verfahrens
unterbrochen. Im alten deutschen Recht war dies als Unterbrechungstatbestand in
§ 477 Abs. 2 BGB a.F. vorgesehen861; jetzt wurde diese Unterbrechungsregelung
als allgemeiner Hemmungstatbestand in § 204 Abs. 1 Nr. 7 BGB übernommen,
der alle der Verjährung unterworfenen Ansprüche erfasst.
Eine Verlängerung der Verjährungsfrist kann außerdem durch die Vereinbarung einer längeren Verjährungsfrist erfolgen. Solchen Verjährungsabreden steht
jedoch im griechischen Recht Art. 275 AK grundsätzlich entgegen, der die Verjährungsvorschriften zum ius cogens macht.862 Gemäß dieser Vorschrift ist ein
Rechtsgeschäft, welches die Verjährung ausschließt oder eine kürzere oder längere Dauer der gesetzlichen Verjährungsfrist bestimmt oder im Allgemeinen die
Verjährungsbedingungen erschwert oder erleichtert, nichtig. Diese – im Schrifttum kritisierte863 – Vorschrift schließt die Verjährung als möglichen Gegenstand
eines Ausdrucks der Privatautonomie aus. Eine – mittelbare – Ausnahme aus der
durch Art. 275 AK bewirkten „Unantastbarkeit“ der Verjährungsfristen führt die
kaufrechtliche Vorschrift von Art. 556 AK ein.864 Wurde eine Frist in Bezug auf
die Haftung des Verkäufers für einen Mangel oder das Fehlen einer zugesicherten
Eigenschaft vereinbart, so ist gemäß Art. 556 AK im Zweifel anzunehmen, dass
die Verjährung im Hinblick auf die sich innerhalb dieser Frist zeigenden Mängel
und fehlenden Eigenschaften zu dem Zeitpunkt beginnt, in dem sie sich gezeigt
haben. Diese spezielle Regelung bewirkt im Ergebnis einen unterschiedlichen
861 § 477 Abs. 2 BGB a.F.: Beantragt der Käufer das selbständige Beweisverfahren nach der
Zivilprozessordnung, so wird die Verjährung unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis
zur Beendigung des Verfahrens fort. Die Vorschriften des § 211 Abs. 2 und des § 212 finden
entsprechende Anwendung.
862 Dazu bereits oben unter III.6.c.; s. Tsetsekos, Die Verjährung und die Ausschlussfrist,
S. 144.
863 Vgl. A. Kornilakis, in: Kornilakis/Giovannopoulos, Moderne Tendenzen des Verjährungsrechts, S. 11 (17, 22, 30).
864 s. auch oben III.6.c.
229
Verjährungsbeginn, der zur Verlängerung der Verjährungsfrist führt. Diese Verlängerung darf jedoch nicht zwanzig Jahre ab Lieferung der Sache überschreiten;
ihre Maximalgrenze stellt also nach der h.M. die Regelverjährung von Art. 249
AK dar.865
Im deutschen Recht besteht auf der anderen Seite eine weitgehende Möglichkeit zur Abbedingung der gesetzlichen Verjährungsfristen. Die Schranken ergeben sich jetzt aus der Vorschrift von § 202 BGB, nach der die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes nicht im Voraus erleichtert werden kann. Außerdem kann
die Verjährung durch Rechtsgeschäft nicht über eine Verjährungsfrist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus erschwert werden. Das bedeutet, dass eine Verlängerung der Verjährungsfrist bis zu der Grenze der 30 Jahre
zulässig ist.
d. Erfasste Rechtsbehelfe
aa. Das Problem der Gestaltungsrechte
Im deutschen Recht wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass der Rücktritt
und die Minderung Gestaltungsrechte darstellen und somit der Verjährung nicht
unterliegen. § 438 Abs. 1 BGB erfasst nur die Ansprüche von § 437 Abs. 1 und
3 BGB, nämlich die Nacherfüllung, den Schadensersatz und den Ersatz vergeblicher Aufwendungen. Für das Rücktrittsrecht verweist § 438 Abs. 4 auf § 218
BGB. Entsprechende Anwendung findet diese Vorschrift gemäß § 438 Abs. 5
BGB auch auf das Minderungsrecht. Demnach sind der Rücktritt und die Minderung unwirksam, wenn der Anspruch auf die Leistung oder der Nacherfüllungsanspruch verjährt ist und der Schuldner sich hierauf beruft. Es geht hierbei um
eine Einredekonstruktion; wie bei der Verjährung muss der Schuldner (also der
Verkäufer) die Unwirksamkeit von Rücktritt oder Minderung geltend machen.
Eine Differenzierung bezüglich der „Verjährung“ der Mängelansprüche und
der Gestaltungsrechte von Rücktritt und Minderung nimmt der griechische
Gesetzgeber nicht vor. In Art. 554 AK ist von den Rechten des Käufers wegen
eines Sachmangels oder des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft die Rede,
die bei Immobilien in fünf Jahren und bei beweglichen Sachen in zwei Jahren verjähren. Zu diesen Rechten gehören natürlich auch der Rücktritt und die Minderung, die aber Gestaltungsrechte sind866, welche nach dem griechischen Recht
(Art. 279 AK) keiner Verjährung, sondern einer Ausschlussfrist unterliegen.
Fraglich ist also, wie dieses Problem zu lösen ist, das nicht nur dogmatischen
Charakter hat. Von der Charakterisierung der Frist von Art. 554 als Ausschlussoder Verjährungsfrist hängen erhebliche praktische Folgen ab, wie die Berücksichtigung der Unwirksamkeit der Rechte von Amts wegen (bei Ausschlussfris-
865 s. Tsetsekos, Die Verjährung und die Ausschlussfrist, S. 145; Kalogera, in: AK Georgiades/
Stathopoulos, Art. 275, Rn. 3.
230
ten, nach Art. 280 AK ) oder nur nach entsprechender Einrede des Schuldners (bei
Verjährungsfristen, nach Art. 277 AK).867
Die Tatsache, dass der Gesetzgeber einheitlich den Begriff „Verjährung“ verwendet hat, könnte wohl als ein terminologisches Versehen betrachtet werden,
denn die Gestaltungsrechte unterliegen keiner Verjährung.868 Dessen aber war
sich der Gesetzgeber bewusst und hat trotzdem eine Modifizierung des schon im
alten Recht einheitlich verwendeten Begriffs der „Verjährung“ für unnötig gehalten.869 Durch die Beibehaltung des Begriffs „Verjährung“ im neuen Art. 554 AK
besteht aber das Problem bezüglich der Behandlung der Gestaltungsrechte weiter.870 Die Unterscheidung zwischen Verjährung und Ausschlussfrist in Artt. 247
ff. AK ist allerdings auch vom Gesetzgeber eingeführt worden. Sie ist ihm also
nicht überlegen und kann von ihm abgeschafft oder eingeschränkt werden.871 Die
Tatsache, dass der Gesetzgeber die Frist für die Geltendmachung der Mängelrechte des Käufers einheitlich „Verjährung“ nennt, erlaubt die Schlussfolgerung,
dass auch im Fall der Gestaltungsrechte von Rücktritt und Minderung nicht die
Vorschriften von Artt. 279 f. AK (über die Ausschlussfrist), sondern diejenigen
von Artt. 247 ff. AK (über die Verjährung) gelten sollen. Alle Mängelrechtsbehelfe sollen nämlich einheitlich behandelt werden. Ihre Geltendmachung muss
innerhalb von zwei (bei beweglichen Sachen) oder fünf Jahren (bei Immobilien)
ab Übergabe erfolgen. Einen nicht geltend gemachten Ablauf der Verjährung
berücksichtigt das Gericht von Amts wegen nicht. Diese einheitliche Behandlung
der Ansprüche und Gestaltungsrechte – ungeachtet der wissenschaftlichen Ungenauigkeit des Begriffs „Verjährung“ für Gestaltungsrechte – ist auch mit der Entscheidung des griechischen Gesetzgebers für die Gleichrangigkeit der Mängelrechtsbehelfe vereinbar (Art. 540 AK). Ein Argument kann außerdem aus Art.
866 So die h.M. schon bezüglich des alten Art. 554 AK; statt vieler AP (Plenum) 335/1959
NoB 7 (1959), 1084 ff.; a.A. ErmAK-Spiliopoulos, Art. 540, Rn. 8 ff. und 37 ff., der die
Wandelung (jetzt Rücktritt) und die Minderung nicht für Gestaltungsrechte, sondern für
Ansprüche hält, deren Rechtsfolgen nicht durch die Erklärung des Käufers eintreten, sondern erst wenn der Verkäufer einverstanden ist, oder durch entsprechende Gerichtsentscheidung nach Erhebung einer Klage auf Wandelung oder Minderung durch den Käufer.
Von „Gestaltungsansprüchen“ spricht Roussos, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der
Verkäuferhaftung, Rn. 544; ders., in: 5. Tagung des Zivilrechtlerverbands, S. 67 (70) – die
Gestaltung trete erst ein, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen (für den Rücktritt und
die Minderung) endgültig festgestellt werde. Als Argument zieht er auch die einheitliche
Verwendung des Begriffs „Verjährung“ in Art. 554 AK heran (wie oben, Rn. 548).
867 s. Doris, in: AK Georgiades/Stathopoulos, Artt. 554-558, Rn. 4.
868 Vgl. aber die schon erwähnte Meinung von Roussos, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht
der Verkäuferhaftung, Rn. 544 und 548, nach dem es um „Gestaltungsansprüche“ gehe,
so dass die Verwendung von „Verjährung“ konsequent sei.
869 Vgl. Augoustianakis, in: 5. Tagung des Zivilrechtlerverbands, S. 23 (26); Christodoulou,
in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 672.
870 Ebenso Augoustianakis, a.a.O.
871 Zutreffende Bemerkung von Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der
Verkäuferhaftung, Rn. 647 und 672.
231
557 AK872 gezogen werden, nach dem der Verkäufer sich nicht auf die Verjährung
berufen kann, wenn er den Mangel oder das Fehlen der zugesicherten Eigenschaft
arglistig verheimlicht oder verschwiegen hat. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber
von der Berufung auf die „Verjährung“ der Mängelrechte seitens des Verkäufers
ausgeht, welche ein Charakteristikum der Verjährung und nicht der Ausschlussfrist ist.873
Wenn man die Sachen beim Namen nennen will, muss also für das griechische
Recht entweder angenommen werden, dass alle Mängelrechtsbehelfe des Käufers
(Ansprüche und Gestaltungsrechte) einer Verjährung unterliegen, was dem
Dogma engegensteht, dass Gestaltungsrechte keiner Verjährungsfrist, sondern
einer Ausschlussfrist unterliegen, oder, dass die Gestaltungsrechte vom Rücktritt
und Minderung einer Ausschlussfrist derselben Dauer wie der Verjährungsfrist
von Art. 554 unterfallen, deren Ablauf aber das Gericht nicht von Amts wegen
berücksichtigen kann, was auch rechtsdogmatisch nicht unproblematich ist, da es
von der Regel der von Amts wegen Berücksichtigung der Ausschlussfrist gemäß
Art. 280 AK abweicht.
bb. Das Problem der Schadensersatzansprüche
Der kurzen Frist von § 438 BGB und Art. 554 AK unterliegen alle Mängelrechte,
d.h. die Nacherfüllung874 (in der Form der Nachbesserung und der Nachlieferung), der Rücktritt und die Minderung (im griechischen Recht direkt, im deutschen jedoch über § 218 BGB) sowie die Schadensersatzansprüche und der Ersatz
vergeblicher Aufwendungen, der nur im deutschen Recht als besonderer Rechtsbehelf besteht.875
Eine heftig umstrittene Frage bezüglich der Erfassung der Schadensersatzansprüche besteht darin, ob die kurze Verjährung von § 438 BGB und Art. 554 AK
auch Ansprüche auf Ersatz des Integritätsinteresses des Käufers (nämlich
Ansprüche wegen Mangelfolgeschäden) und Ansprüche wegen Nebenpflichtverletzungen betrifft, oder ob nur Ansprüche wegen Äquivalenzstörungen unter
diese Verjährungsfrist fallen. Anders als im griechischen Recht, wo der Unterschied zwischen der regulären Verjährungsfrist und derjenigen von Art. 554 AK
noch groß ist, ist die Frage im deutschen Recht vor allem im Hinblick auf den
Beginn der Verjährung wichtig. Bei Anwendbarkeit der Regelverjährung wird das
subjektive System verfolgt, bei § 438 BGB (und Art. 554 AK) wird jedoch nur
an äußere, objektive Umstände angeknüpft.
872 Dazu bereits unter VI.1.c.bb.
873 Ebenso Pantelidou, ChrID 2004, 769 (769) ; dies., Digesta 2003, 143 (143).
874 Zur Abgrenzung zwischen der Nacherfüllung und den primären Erfüllungsansprüchen, die
der längeren regulären Verjährung unterliegen, s. Christodoulou, in: Papanikolaou u.a.,
Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 659 ff.
875 s. oben unter III.4.e.
232
Als Ausgangspunkt für die Beantwortung der Frage, ob die kurze Verjährung
auch den Ersatz von Mangelfolgeschäden erfasst, soll der Wortlaut der Verjährungsvorschriften von § 438 BGB und Art. 554 AK dienen. § 438 Abs. 1 BGB
bezieht sich auf § 437 BGB, der als Mängelrechtsbehelfe des Käufers auch die
Schadensersatzansprüche aus §§ 280, 281, 283 und 311a nennt. Deswegen sollen
auch die Ansprüche auf Ersatz der Mangelfolgeschäden, die unter § 280 Abs. 1
BGB fallen, der kurzen Verjährung unterworfen werden. Ebenso spricht Art. 554
AK von den Rechten des Käufers wegen eines Mangels oder des Fehlens einer
zugesicherten Eigenschaft. Zu diesen gehört nach Art. 543 AK der Ersatz der
Schäden, die alternativ zu den anderen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden
können und der Schäden, die von der Geltendmachung der anderen Rechte nicht
gedeckt werden. Als eine Art von Schäden, deren Geltendmachung mit derjenigen von anderen Rechtsbehelfen kumuliert werden kann, werden vom Gesetzgeber u.a. die Mangelfolgeschäden genannt.876 Aber auch der alternativ zu den Käuferrechten aus Art. 540 AK mögliche Schadensersatz nach Art. 543 S. 1 Alt. 1 AK
kann die Mangelfolgeschäden umfassen. Da keine der Vorschriften, welche die
Ansprüche des Käufers statuieren, zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden unterscheidet, soll auch im Rahmen der Verjährung nicht zwischen Mangelschäden und Mangelfolgeschäden unterschieden werden. Ersatzansprüche für
beide Schäden unterliegen der kurzen, kaufrechtlichen Verjährung.877
Die Gegenansicht, die § 438 BGB und Art. 554 AK nur auf Ansprüche zum
Ersatz des Äquivalenzinteresses anwenden will, zieht Argumente heran, die sich
vor allem auf die Verschuldensabhängigkeit der Schadensersatzansprüche beziehen.878 Außerdem stützt sie sich auf die Überlegung, dass in Fällen von Mangelfolgeschäden normalerweise eine Konkurrenz zu deliktsrechtlichen Ansprüchen
besteht, so dass die für den Schadensersatz wegen unerlaubter Handlung geltende
Verjährungsfrist direkt anwendbar sei.879
Der eindeutige Wortlaut der kaufrechtlichen Vorschriften – sowohl der deutschen als auch der griechischen – belässt keinen Raum mehr zur Annahme einer
Unterscheidung zwischen Mangel- und Mangelfolgeschäden hinsichtlich der
Verjährung. Ihre einheitliche Handhabung trägt außerdem dem Ziel der kurzen
Verjährung Rechnung; soweit es tatsächlich um Mangelfolgeschäden – nämlich
um mangelbedingte Schäden – geht, liegt ihr Grund – sowie bei Mangelschäden
– im Bestehen des Mangels, und die Beweisschwierigkeiten der Parteien sind
beim Vergehen langer Zeit für alle mit dem Mangel zusammenhängenden
Ansprüche genau so groß. Außerdem basiert die ratio der kurzen Verjährung von
876 Begründungsbericht zum Gesetz 3043/2002, Kodex NoB 50 (2002), S. 1612; dazu Kornilakis, in: Das neue Recht der Sachmängel, S. 41 (55 f.); Chelidonis, Rücktritt und Schadensersatz, S. 648 ff.
877 s. MüKo-Westermann, § 438, Rn. 9; Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 135;
Papanikolaou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 241 f.;
Christodoulou, ebenda, Rn. 673.
878 Vgl. Leenen, JZ 2001, 552 (556 f.); Pouliadis, Die Haftung des Verkäufers, S. 264 ff.
879 s. dazu Canaris, Schuldrechtsreform 2002, Einführung, S. XXVIII; Doris, in: AK Georgiades/Stathopoulos, Artt. 554-558, Rn. 18.
233
§ 438 BGB und Art. 554 AK ausschließlich auf dem Typ des Vertrags – nämlich
darauf, dass es um einen Kauf geht, der den Motor des wirtschaftlichen Lebens
darstellt und daher seine Abwicklung schnell erfolgen soll. Dabei werden keine
Differenzierungen nach der Art des Schadens880 oder der Pflichtverletzung881 oder
nach der Verschuldensabhängigkeit der Ansprüche gemacht.882
Bezüglich der Erfassung von Nebenpflichtverletzungen wird von der herrschenden Meinung sowohl in Deutschland883 als auch in Griechenland884 danach
unterschieden, ob sich die verletzte Pflicht auf die Beschaffenheit der Sache
bezieht oder nicht. Im ersten Fall geht es um die sogenannten mangelbedingten
Nebenpflichtverletzungen, auf die § 438 BGB und Art. 554 AK entsprechend
Anwendung finden. Wenn es sich aber um allgemeine Schutz- und Obhutspflichten handelt, greift die Regelverjährung ein.
2. Die Verjährung der Regressansprüche
a. Nach dem deutschen Recht
aa. § 479 Abs. 1 BGB: Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs aus
§ 478 Abs. 2 BGB
§ 479 Abs. 1 BGB sieht vor, dass der Anspruch aus § 478 Abs. 2 BGB (nämlich
der Aufwendungsersatzanspruch des Regressnehmenden) in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache verjährt. Dadurch wird die Verjährung des Aufwendungsersatzanspruchs mit derjenigen der allgemeinen Gewährleistungsrechte von § 437
BGB synchronisiert. Da der Aufwendungsersatzanspruch aus § 478 Abs. 2 BGB
nicht zu diesen Rechten gehört, würde er ohne die spezielle Regelung von § 479
Abs. 1 BGB der allgemeinen dreijährigen Verjährungsfrist von § 195 BGB unterliegen.885
Ebenso wie § 438 Abs. 2 BGB knüpft § 479 Abs. 1 für den Verjährungsbeginn
an die Ablieferung der Sache an. Gemeint ist die Ablieferung durch den Lieferanten an den Unternehmer bzw. an die sonstigen Käufer innerhalb der Lieferkette durch ihren Verkäufer (§ 479 Abs. 3 BGB). Die Frage des Verjährungsbeginns wird auch vom RegBegr klargestellt. Wenn der Verjährungsbeginn nicht
ausdrücklich geregelt worden wäre, würde er sich nach den allgemeinen Vorschriften richten und die Verjährung würde dann nach § 200 BGB erst mit der Fäl-
880 Äquivalenz- oder Integritätsinteresse.
881 Haupt-/Leistungs- oder Neben-/Schutzpflichtverletzung.
882 Vgl. Papanikolaou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 242.
883 Vgl. MüKo-Westermann, § 438, Rn. 9.
884 Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 688, 698.
885 Vgl. RegBegr, in: Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 879 f.; Höpker, Verkäuferregress,
S. 188.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der den Rückgriff des Letztverkäufers im Fall einer von ihm nicht verursachten Mangelhaftigkeit der Sache gewährleisten will, überlässt den Mitgliedstaaten einen weiten Umsetzungsspielraum. Dies reizt zu einer rechtsvergleichenden Untersuchung, da das Optionenspektrum für die Ausgestaltung des Rückgriffs sehr breit ist. Wie der deutsche und griechische Gesetzgeber die genannte Richtlinienvorschrift ins nationale Recht umsetzten, ist Gegenstand dieses Werkes. Die Verfasserin stellt die Rückgriffsregelungen des BGB und des griechischen ZGB (AK) nebeneinander und gelangt zu interessanten Ergebnissen bezüglich ihrer Richtlinienkonformität und rechtspolitischen Richtigkeit.