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eine solche Auslegung von Art. 4 annimmt, ist § 478 Abs. 1 BGB in dieser Hinsicht richtlinienwidrig und der deutsche Staat könnte Staatshaftungsansprüchen
von Letztverkäufern, die in den Fällen von § 478 Abs. 1 BGB ihre Handelsspanne
verlieren, ausgesetzt sein.804 Bei einem solchen Verständnis von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie droht eine Haftung um so mehr dem griechischen
Staat, da sich der Inhalt des Regresses nach dem griechischen Recht ausschließlich an den allgemeinen Gewährleistungsrechten orientiert, wie gleich unter b.
festgestellt wird.
2. Nach dem griechischen Recht: Geltung der allgemeinen
Gewährleistungsrechte
a. Das Wahlrecht des Letztverkäufers zwischen den Mängelrechten
Wie schon mehrfach erwähnt, orientiert sich der Regress des Letztverkäufers und
der übrigen Kettenglieder nach dem griechischen Recht an den Gewährleistungsrechten, die für jeden Kauf gelten. Die einzige Erleichterung für den Regressfall
liegt in dem unterschiedlichen Verjährungsbeginn, der die Verkäufer der Absatzkette vor der Regressfalle schützen soll. Der griechische Gesetzgeber hat keine
weitere spezielle Regelung für den Regressfall eingeführt. Die Rechte aller Käufer und somit auch der weiterverkaufenden – also der Kettenglieder – werden dem
Art. 540 AK entnommen. Demnach ist der Käufer im Falle der Haftung des Verkäufers für Sachmängel oder für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft berechtigt, nach seiner Wahl 1. Nachbesserung oder Ersatzlieferung ohne seine Belastung zu verlangen, es sei denn, dass eine solche Handlung unmöglich ist oder
unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert, 2. den Kaufpreis zu mindern,
3. vom Vertrag zurückzutreten, es sei denn, es handelt sich um einen unerheblichen Mangel.
Wegen der Gleichrangigkeit der Rechtsbehelfe im griechischen Recht wäre
eine dem § 478 Abs. 1 BGB entsprechende Regelung dort überflüssig. Das im
deutschen Recht vorgesehene Fristsetzungserfordernis existiert im griechischen
Recht nicht; deswegen braucht nicht speziell für den Regress darauf verzichtet zu
werden. Jeder Käufer hat in Griechenland das Recht, frei zwischen allen Mängelrechten zu wählen (ius variandi), was bedeutet, dass er auch sofort den Kaufpreis
mindern oder vom Vertrag zurücktreten kann.805 Dies gilt auch für den regressnehmenden Verkäufer, so dass nach dem griechischen Recht – ohne die Einführung einer bestimmten Regelung – die Schwierigkeiten bei der Durchreichung der
804 Vgl. Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 156.
805 So ausdrücklich der Begründungsbericht zum Gesetz 3043/2002, Kodex NoB 50, S. 1608
(1612); s. auch Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 127; Doris, Digesta 2003,
123 (128); Roussos, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 555;
vgl. aber Pouliadis, Die Haftung des Verkäufers, S. 121 ff., der im Weg einer teleologischsystematischen Auslegung die Rangordnung der Käuferrechte auch im Rahmen des grie-
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mangelhaften Sache, die § 478 Abs. 1 BGB zu Gunsten des Letztverkäufers beseitigen will, grundsätzlich nicht bestehen.
aa. Die Grenzen des Wahlrechts
i) Das Ersatzlieferungsrecht der Verkäufer
Die freie Wahl des Käufers zwischen den Mängelrechten hat aber im griechischen
Recht auch Grenzen. Die Gleichrangigkeit der Rechtsbehelfe wird durch Art. 546
S. 1 AK806 in gewissem Maße relativiert. Nach dieser Vorschrift steht das Recht
auf Ersatzlieferung nach Art. 540 unter den gleichen Bedingungen auch dem Verkäufer zu, wenn die Ausübung dieses Rechts nicht unvorteilhaft für den Käufer
ist.807 Dadurch wird dem Verkäufer ein „Verteidigungsmittel“ gegen das Rücktritts- und das Minderungsrecht des Käufers gewährt.808 Das Ersatzlieferungsrecht kann jedoch der Verkäufer auch unabhängig davon ausüben, ob der Käufer
schon ein Mängelrecht geltend gemacht hat. Vorausgesetzt ist lediglich, dass der
Verkäufer für einen Mangel der Sache oder das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft haftet und die Rechte des Käufers aus Art. 534 ff. bestehen. Die Ausübung
dieses Verkäuferrechts muss jedoch nicht unvorteilhaft für den Käufer sein.
Eine sehr wichtige und für den Regress äußerst relevante Frage ist, wie sich die
Rechte des Käufers und das in Art. 546 AK vorgesehene Recht des Verkäufers auf
Ersatzlieferung zueinander verhalten. Der Verkäufer kann nämlich dieses Recht
vor der Geltendmachung der Käufermängelrechte oder auch einredeweise gegen
die durch den Käufer geltend gemachten Rechte ausüben. Nach der h.M. hebt die
Ausübung dieses Rechts durch den Verkäufer die Rechte des Käufers auf.809 Die
– berechtigte – Geltendmachung des Ersatzlieferungsrechts durch den Verkäufer
führt nämlich zur Zurückweisung der Klage des Käufers auf Rücktritt, Minderung
oder Schadensersatz.810 Ein darüber hinausgehender Schaden des Käufers wegen
der Mangelhaftigkeit der Sache muss jedoch ersetzt werden.811 Aufgrund Art. 546
S. 1 ist also die Wahl der Mängelrechte durch den Käufer weder endgültig noch
so frei, wie sie auf den ersten Blick erscheint.
Die Tatsache, dass sich diese Regelung lediglich auf das eine Nacherfüllungsrecht – nämlich die Nachlieferung – beschränkt und die Nachbesserung nicht
806 chischen Kaufrechts annimmt, obwohl er erkennt, dass die Gleichrangigkeit der Rechte
eine bewusste gesetzgeberische Entscheidung war. Er hält sie jedoch für richtlinienwidrig
(S. 129).
806 s. unter III.4.a.
807 Dieselbe Regelung war in Art. 560 AK a.F. für den Gattungskauf vorgesehen, denn nur in
diesem Fall stand dem Käufer nach dem alten Recht ein Ersatzlieferungsrecht zu.
808 Vgl. Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 90.
809 So Triantos, Der Kauf nach dem AK, S. 190; Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn.
92; Filios, Schuldrecht, BT, I/1, § 9? ?.
810 Triantos, a.a.O., S. 190; Filios, a.a.O., § 9? ??.
811 s. Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 94.
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erfasst, ist darauf zurückzuführen, dass Art. 546 S. 1 AK der Nachfolger von Art.
560 AK a.F. ist. Diese letzte Vorschrift bezog sich auf den Gattungskauf, für den
im alten Recht die Ersatzlieferung vorgesehen war. Dies stellte, wie schon
erwähnt, den einzigen Fall eines gesetzlich vorgesehenen Nacherfüllungsrechts
in der alten Fassung des AK dar. Obwohl das Nacherfüllungsrecht durch das Ges.
3043/2002 einheitlich für alle Kaufarten eingeführt wurde und sowohl die Ersatzlieferung als auch die Nachbesserung erfasst, gewährt Art. 546 AK dem Verkäufer immer noch nur ein Ersatzlieferungsrecht. Die fast wörtliche Übernahme von
Art. 560 AK a.F. in Art. 546 S. 1 AK n.F. lässt sich jedoch mit der mittlerweile
erfolgten Einführung des Nacherfüllungsrechts, das jetzt auch die Nachbesserung
umfasst, nicht vereinbaren. Das traditionsbehaftete Argument, dass der Verkäufer
(anders als der Unternehmer im Werkvertrag) in der Regel nicht in der Lage sei,
die Sache zu reparieren, ist überholt und widerspricht dem Art. 540 AK n.F., nach
dem die Nachbesserung nunmehr zu den Rechten des Käufers gehört. Außerdem
ist es auch nicht sachgemäß. Da es in Art. 546 AK um die Statuierung eines Verkäuferrechts geht, hätte dort umso mehr neben der Ersatzlieferung auch die Nachbesserung erwähnt werden müssen. Der Verkäufer könnte dann wählen, ob er
eines dieser Rechte und wenn ja, welches er geltend macht. Falls er zur Nachbesserung nicht imstande wäre, würde er sie natürlich nicht anbieten. Deswegen ist
Art. 546 S. 1 AK durch teleologische Extension auch auf den Fall der Nachbesserung auszudehnen.
Durch Art. 546 S. 1 AK wird dem Verkäufer ein echtes Recht zur zweiten
Andienung eingeräumt. Der Verkäufer, der imstande ist nachzuerfüllen, kann
nämlich die Nachlieferung oder -besserung anbieten oder sie einredeweise gegen
die Ansprüche des Käufers geltend machen. Dies kann als ein Vorteil der griechischen Regelung im Vergleich zu der deutschen betrachtet werden. Im Vergleich zum allgemeinen Vorrang der Nacherfüllung in Deutschland, die auch Verkäufer erfasst, die wohl nicht wirklich in der Lage sind nachzubessern oder nachzuliefern, ist das griechische System insoweit flexibler. Der Verkäufer, der
imstande ist nachzuerfüllen, kann sich auf sein Recht aus Art. 546 S. 1 AK berufen. Wenn die Nacherfüllung für ihn ungünstig ist, braucht er dieses Recht nicht
geltend zu machen.
Die Geltendmachung des Rechts aus Art. 546 S. 1 AK bewirkt eine Einschränkung der Käuferrechte. Die Interessen der meisten Käufer werden in der Regel
durch eine Ersatzlieferung befriedigt. Deswegen wurde die Einführung der Nacherfüllung als Fortschritt des griechischen Rechts betrachtet und hat ausschließlich
Beifall gefunden. Wenn aber die Nacherfüllung für den Käufer unvorteilhaft ist,
kann er sich auf den Ausnahmefall von Art. 546 S. 1 AK stützen und versuchen,
das Ersatzlieferungsrecht seines Verkäufers zu entkräften. Dies gilt natürlich
auch (und sicherlich umso mehr) für den Letztverkäufer und die Zwischenverkäufer in der Lieferkette. Während die Ersatzlieferung die Interessen des Endkäufers meist befriedigt, weil er dadurch eine neue, mängelfreie Sache erhält, ist sie
oft für die Verkäufer der Lieferkette mit großen Komplikationen verbunden und
daher unvorteilhaft, wie bei der Darstellung von § 478 Abs. 1 BGB schon festge-
210
stellt wurde. Wenn z.B. der Letztverkäufer gegenüber dem Verbraucher die Sache
nachgebessert hat oder die Minderung des Kaufpreises durch den Letzteren angenommen hat, zwingt ihn – wie schon gesagt – die Ersatzlieferung durch seinen
Lieferanten zum Auffinden eines neuen Abnehmers, was sich in der Praxis als
besonders schwierig – und daher „unvorteilhaft“ – erweisen kann. Über diese
Frage, die von den Umständen jedes Falles abhängt, wird in der Regel letztlich
das Gericht entscheiden müssen. Durch eine richtige Handhabung des Ausnahmetatbestands der für den Käufer unvorteilhaften Nachbesserung kann den Gliedern der Kette ausreichender Schutz gewährt werden. Für einen Ausschluss des
Verkäuferrechts aus Art. 546 S. 1 AK in allen Fällen, in denen die Käufer weiterverkaufen, besteht keine Notwendigkeit.
Anschließend ist festzustellen, dass das Verkäuferrecht aus Art. 546 S. 1 AK
keinen Vorrang der Nacherfüllung im griechischen Recht bewirkt. Weder der
Käufer noch der Verkäufer sind verpflichtet, auch nicht indirekt, die Möglichkeit
der Nachbesserung oder der Nachlieferung zu prüfen, bevor der Rücktritt, die
Minderung oder der Schadensersatz geltend gemacht wird.812 Dies hat für die
Beziehungen in der Vertriebskette eine zusätzliche Bedeutung. Das Recht des
Verkäufers aus Art. 546 AK soll nicht zu einem Instrument in den Händen des
Lieferanten gemacht werden, mit dem er sich gegen die Ansprüche des Letztverkäufers wehren kann. Der Vormann kann dem Verkäufer nicht vorwerfen, dass er
gegenüber seinem Abnehmer die Nacherfüllung nicht angeboten hat. Das Recht
aus Art. 546 S. 1 AK darf nicht zu einer Pflicht jedes Verkäufers werden, den
zurücktretenden oder die Preisminderung geltend machenden Käufer auf die
Nacherfüllung zu verweisen.
ii) Art. 542 AK
Eine weitere Schranke der freien Wahl des Käufers zwischen den bestehenden
Mängelrechten ergibt sich aus der Vorschrift von Art. 542 AK.813 Demnach kann
das Gericht, obwohl der Käufer das Rücktrittsrecht geltend gemacht hat, nur die
Minderung des Kaufpreises gewähren, oder Ersatzlieferung anordnen, wenn nach
den Umständen der Rücktritt seinem Ermessen zu Folge nicht gerechtfertigt ist.
Im Regressfall hat das Gericht nicht nur die Umstände des Vertrages zwischen
dem Letztverkäufer und seinem Lieferanten zu berücksichtigen, sondern auch
diejenigen des Verhältnisses zwischen ersterem und wiederum seinem Abnehmer
in Erwägung zu ziehen. Welches Recht den Interessen des Letztverkäufers am
besten entspricht, hängt entscheidend davon ab, in welcher Weise sich der Gewährleistungsfall zwischen ihm und dem Endkäufer abgewickelt hat. Die Minderung des vom Letztverkäufer bezahlten Kaufpreises ist beispielsweise nach den
Umständen nicht geeignet, wenn der Verkäufer eine Nachlieferung verlangt hat
812 Ebenso – jedoch kritisch gegenüber diesem Ergebnis – Chelidonis, in: 5. Tagung des Zivilrechtlerverbands, S. 155 (157).
813 Dazu bereits unter III.4.c.
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oder zurückgetreten ist. In einem solchen Fall hat der Letztverkäufer in der Regel
eher ein Interesse daran, die mangelhafte Sache an seinen Vormann zurückzugeben. Da eine Ersatzlieferung ihn zum (nicht immer leichten) Auffinden eines
neuen Abnehmers zwingen würde, ist in diesem Fall der Rücktritt vorzuziehen.814
iii) Art. 549 § 2 AK
Nach Art. 549 § 2 AK hat der Käufer nur das Recht auf Minderung des Kaufpreises, wenn die Sache ganz oder zum großen Teil von ihm verarbeitet oder ver-
äußert wurde. Diese Regelung, die die Glieder der Absatzkette betrifft, da sie die
Sache weiterverkaufen, gab es auch im alten Recht. Nach ihr war die Geltendmachung der Wandelung und der Gewährleistungsansprüche, welche die Rückgabe
der Sache voraussetzen, nämlich des sog. großen Schadensersatzanspruchs und
der Ersatzlieferung beim Gattungskauf, bei Veräußerung der Sache ausgeschlossen und nur die Ausübung der Minderung erlaubt.815 Nun, da die Nacherfüllungsrechte einheitlich für alle Kaufarten gesetzlich eingeführt wurden, schließt die
Vorschrift von Art. 549 Abs. 2 BGB auch ihre Geltendmachung aus. Obwohl die
Ausübung des Rücktritts und der Nachbesserungsrechte nach dem Wortlaut der
Vorschrift in jedem Fall der Veräußerung ausgeschlossen zu sein scheint, so dass
man den Eindruck gewinnen könnte, dass die Regressnahme in Griechenland sich
auf die Geltendmachung der Minderung beschränkt, trifft dies nicht zu. Sinn und
Zweck der Vorschrift ist, die Rechte, die mit einer Herausgabe der Sache verbunden sind, nur dann auszuschließen, wenn der Käufer die Sache nicht mehr zurückgeben kann, denn dann kann die nach Art. 547 AK erforderliche Herausgabe nicht
erfolgen. Wenn der Käufer (und Weiterverkäufer) die Sache trotz der Veräußerung zurückgewähren kann, da er sie von seinem Abnehmer wegen Ersatzlieferung ihm gegenüber, oder Rücktritt des Letzteren, rechtzeitig zurückerlangt hat,
ist die Geltendmachung des Rücktritts (oder des Nachlieferungsrechts) auch seinerseits problemlos.816 Entsprechendes muss auch für die Nachbesserung gelten.
Wenn der Verkäufer trotz der Weiterveräußerung der Sache diese von seinem Abnehmer zur Reparatur erhalten hat, darf er sich mit dem Nachbesserungsbegehren
814 Vgl. Berufungsgericht Thessaloniki 281/1993 Armenopoulos 1993, 209.
815 s. Berufungsgericht Thessaloniki 3603/1988 EllDni 1990, 1280.
816 Berufungsgericht Thessaloniki 281/1993 Armenopoulos 1993, 209; LG Eleias (Kammer)
114/1998 Armenopoulos 1999, 662 zu der identischen Vorschrift des Art. 549 AK a.F.
(„Wenn die Sache trotz ihrer Verarbeitung oder Veräußerung in ihren vorigen Zustand
zurückgebracht werden kann, dann ist die Wandelung nicht ausgeschlossen, da der Käufer
in der Lage ist, die Sache zurückzugewähren. Ein solcher Fall liegt vor, wenn der Käufer
die Sache einem Dritten verkauft und geliefert hat, aber sie durch Wandelung des zweiten
Kaufvertrags zurückerhalten hat.“); s. auch Nikolopoulos, Der Rücktritt im Kaufrecht,
S. 193; für das deutsche Recht hinsichtlich der Frage, ob das Umschlagen der Pflicht zur
Rückgabe der Sache in die Wertersatzpflicht bereits aufgrund der Weiterveräußerung
erfolgt oder erst, wenn aus diesem Grund die Rückgabe unmöglich geworden ist, s. Arnold,
Jura 2002, 154 (157); Benicke, ZGS 2002, 369 (371); AnwKomm-Hager, § 346, Rn. 35 ff.
212
an seinen Vormann wenden. Art. 549 Abs. 2 BGB steht diesem Fall nicht entgegen. Wenn der Letztverkäufer die Sache nicht hat, weil sie beim Endkäufer geblieben ist, da Letzterer die Minderung des Kaufpreises geltend gemacht hat oder
der Letztverkäufer die Sache für ihn repariert hat, scheidet natürlich das Nachbesserungsrecht des Letztverkäufers aus.
Die Vorschrift von Art. 549 § 2 AK, die ihr Pendant auch im Abschnitt des allgemeinen Schuldrechts über den vertraglichen Rücktritt – nämlich in Artt. 391
und 392 AK – hat, unterscheidet sich von der entsprechenden deutschen Vorschrift von § 346 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB. Im deutschen Recht nämlich ist der Rücktritt im Fall des Verbrauchs, der Veräußerung, der Belastung, der Verarbeitung
oder der Umgestaltung der Sache nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht
mehr ausgeschlossen, sondern der Schuldner hat anstatt der Herausgabe Wertersatz zu leisten. Vergleichbar zu dem griechischen Recht war jedoch die umstrittene817 Regelung von §§ 351-353 BGB a.F., nach welcher der Rücktritt ausgeschlossen war, wenn der Berechtigte die Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen Gegenstandes vor Erklärung des Rücktritts verschuldet hatte. Die Ver-
äußerung ohne die Möglichkeit, den Gegenstand zurückzuerwerben, wurde unter
§ 351 a.F.818 subsumiert; sie stellte einen Fall von schuldhafter Unmöglichkeit der
Herausgabe dar.819 § 353 a.F.820 erweiterte lediglich den Personenkreis, dessen
Verhalten sich der Rücktrittsberechtigte über § 351 S. 2 BGB a.F. hinaus zurechnen lassen musste.821
Die nunmehr bestehende Möglichkeit des Rücktritts trotz der Veräußerung der
Sache ist aber bei Mangelhaftigkeit der Sache wegen § 346 Abs. 2 S. 2 BGB nicht
immer so vorteilhaft für den Käufer, der die Sache weiterverkauft hat, wie sie auf
den ersten Blick erscheint. Nach dieser Vorschrift ist bei der Berechnung des Wertersatzes die Gegenleistung zugrunde zu legen, wenn eine solche im Vertrag
bestimmt ist. Dies bedeutet, dass die Parteien an ihren ursprünglich getroffenen
Preisvorstellungen festhalten und ihren Vertrag auf dieser Basis abwickeln sollen.822 Diese – im Prinzip legitime – Vorgehensweise, welche die subjektive Äqui-
817 Von „zahlreichen Streitfragen des geltenden Rechts“, die er durch die neuen Vorschriften
vermeiden wollte, hat der Gesetzgeber gesprochen; s. BT-Drucks. 14/6040, 93; dazu auch
Arnold, Jura 2002, 154 (155).
818 § 351 BGB a.F.: Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine wesentliche
Verschlechterung, den Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe
des empfangenen Gegenstandes verschuldet hat. Der Untergang eines erheblichen Teiles
steht einer wesentlichen Verschlechterung des Gegenstandes, das von dem Berechtigten
nach § 278 zu vertretende Verschulden eines anderen steht dem eigenen Verschulden des
Berechtigten gleich.
819 MüKo(1994)-Janßen, § 351, Rn. 10.
820 § 353 BGB a.F.: (1) Hat der Berechtigte den empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Teil des Gegenstandes veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist
der Rücktritt ausgeschlossen, wenn bei demjenigen, welcher den Gegenstand infolge der
Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des § 351 oder des § 352 eingetreten sind.
(2) Einer Verfügung des Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt.
821 MüKo(1994)-Janßen, § 353, Rn. 1.
213
valenz von Leistung und Gegenleistung wahrt, ist jedoch für den Fall problematisch, in dem die Sache mit einem Mangel behaftet ist. Wenn bei der Geltendmachung des Rücktritts an dem von § 346 Abs. 2 S. 2 BGB angenommenen „Gleichwertigkeitskonsens“823 festgehalten wird, bedeutet dies, dass der Verkäufer den
vollen Preis als Wertersatz zurückerhält und somit seinen Gewinn behält. Wenn
aber die Sache selbst zurückgegeben werden könnte, die wegen des Mangels
weniger Wert ist im Vergleich zu dem Preis, zu dem sie verkauft wurde, dann verbliebe beim Verkäufer nicht die Differenz zwischen dem Wert der Sache und dem
vereinbarten Kaufpreis.824 Beide Parteien würden wirtschaftlich so gestellt, als
wäre der Vertrag gar nicht geschlossen worden. Das Ergebnis von § 346 Abs. 2
S. 2 BGB ist also beim Verkauf von mangelhaften Waren rechtspolitisch zweifelhaft.825 Der Käufer wird wegen der Orientierung des Wertersatzes an der vereinbarten Gegenleistung durch seinen Rücktritt schlechter gestellt als bei der Geltendmachung der Minderung. Es ist also empfehlenswert, dass der Käufer in solchen Konstellationen die Geltendmachung der Minderung – statt des Rücktritts –
überdenkt. Bei der Abwicklung solcher Fälle, bei denen im Gegensatz zu den
Mangelhaftigkeitsfällen im Kauf- und Werkvertrag kein Minderungsrecht
besteht, ist aber das sich aus § 346 Abs. 2 S. 2 BGB ergebende Problem viel akuter.
Das Bestehen des Rücktrittsrechts trotz der Veräußerung der Sache ist demnach wegen der Anknüpfung des Wertersatzes an die Preisvereinbarung nicht als
Vorteil des deutschen Rechts zu werten. Die – starr erscheinende – griechische
Regelung, die den Käufer in diesem Fall auf die Minderung beschränkt, ist im
Ergebnis einfach und sachgerecht. Wenn man der – richtigen – Auffassung folgt,
dass bei mangelhaften Sachen der Minderwert der Sache vom Wert der Gegenleistung unter entsprechender Anwendung von § 441 Abs. 3 BGB abgezogen wird
und der Verkäufer somit Wertersatz nur in Höhe der „geminderten“ Gegenleistung verlangt826, gelangen die deutsche und die griechische Regelung praktisch zu
demselben Ergebnis.827 Diese Lösung verstößt eigentlich nicht gegen den Wortlaut von § 346 Abs. 2 S. 2 BGB. Im Gegensatz zum ersten Entwurf des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes, nach dem die im Vertrag bestimmte Gegenleistung an die Stelle des Wertersatzes treten sollte, sieht die heutige Fassung vor,
dass die Gegenleistung bei der Wertersatzberechnung zugrunde zu legen ist. Auch
bei der Berechnung des Minderwertes nach § 441 Abs. 3 BGB stellt aber die
822 Dies steht im Gegensatz zum Ersatz des objektiven Verkehrswertes nach § 818 Abs. 2
BGB; dazu Giesen, in: GS Heinze, S. 233 (237) m.w.N.
823 s. Giesen, a.a.O., S. 233 (238 f.).
824 Vgl. das Beispiel von Benicke, ZGS 2002, 369 (374).
825 So Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 18, Rn. 29; Muthers, in: Henssler/v. Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform, § 346, Rn. 9; AnwKomm-Hager, § 346, Rn. 46;
Motsch, JR 2002, 221 (224 f.).
826 Vgl. Muthers, in: Henssler/v. Westphalen, Praxis der Schuldrechtsreform, § 346, Rn. 9;
AnwKomm-Hager, § 346, Rn. 46; Benicke, ZGS 2002, 369 (374); Arnold, Jura 2002, 154
(157); Giesen, in: GS Heinze, S. 233 (239 f.).
827 Vgl. Pouliadis, Die Haftung des Verkäufers, S. 231 ff.
214
Gegenleistung den Ausgangswert dar. Nach dem deutschen Recht geht es dann
aber um eine „über den Rücktritt erfolgte Preisminderung“.828 Fraglich ist aber,
warum dies auf diesem umständlichen Weg erfolgen soll, wenn der Käufer von
Anfang an die Minderung geltend machen kann.
So wie im griechischen Recht, nach dem nicht nur der Rücktritt, sondern alle
Gewährleistungsrechte ausgeschlossen sind, die die Rückgabe der Sache erfordern, wenn diese nicht möglich ist, gilt das bereits Erläuterte (nämlich das Bestehen dieser Rechte und die Pflicht zum Wertersatz) in Deutschland auch für den
Schadensersatz und die Nachlieferung, da § 281 Abs. 5 BGB und § 439 Abs. 4
auf die Vorschriften von §§ 346-348 BGB verweisen.
bb. Beschränkung auf das „reine Regressinteresse“?
So wie im deutschen Recht ist m.E. auch in Griechenland eine Beschränkung der
Rechte des Letztverkäufers und der übrigen Kettenglieder auf das sog. „reine Regressinteresse“ abzulehnen. Der Verkäufer, der das Privileg des unterschiedlichen
Verjährungsbeginns nach Art. 560 AK genießen will, darf zwischen allen Rechten
von Art. 540 AK wählen und muss sich nicht auf das von seinem Abnehmer geltend gemachte Recht beschränken. Aus dem Wortlaut von Art. 560 AK ergibt sich
keine Beschränkung in dieser Richtung. Im Falle aufeinanderfolgender Kaufverträge und der Haftung des Endverkäufers wegen eines Sachmangels oder des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft beginnt die Verjährung der Rechte des Endverkäufers gegen den vorigen Verkäufer nach dieser Vorschrift zu dem Zeitpunkt,
in dem der Käufer Befriedigung erlangt hat, es sei denn, dass ein rechtskräftiges
Urteil vorausgegangen ist. Da das Gesetz von „den Rechten“ des Endkäufers
spricht, scheint davon ausgegangen worden zu sein, dass dem Letztverkäufer
mehrere Rechte zustehen. Er ist somit nicht auf das vom Endkäufer geltend gemachte Recht beschränkt. Es ist außerdem nicht zu übersehen, dass der griechische Reformgesetzgeber bedacht hatte, jeden Verkäufer im Regressweg auf
den durch seinen Käufer geltend gemachten Rechtsbehelf zu beschränken.829 Diesen Weg hat er aber nicht eingeschlagen. Eine solche Beschränkung hätte ausdrücklich eingeführt werden müssen, so dass sie nicht durch eine entsprechende
Interpretation von Art. 560 AK bewirkt werden kann. Auch wenn man eine solche
Einschränkung der regressnehmenden Glieder für rechtspolitisch geboten hält,
steht dieser Ansicht der eindeutige Wortlaut von Art. 560 AK entgegen. Darüber
hinaus bezweckt Art. 560 AK, die regressnehmenden Verkäufer durch die Beseitigung der Verjährungsfalle zu erleichtern, und nicht durch einen Ausschluss der
für jeden Käufer bestehenden freien Wahl zwischen den Mängelrechten zu belasten.
828 s. Benicke, ZGS 2002, 369 (372 und 374) – „bei Verkauf einer mangelhaften Ware führt
der Rücktritt im wirtschaftlichen Ergebnis zur Minderung.“
829 Dazu bereits unter IV.1.
215
b. Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen
aa. Das Problem
Anders als die Einführung einer dem § 478 Abs. 1 BGB entsprechenden Regelung, die im griechischen Recht überflüssig wäre, stellt das Fehlen eines Anspruchs auf Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen der Verkäufer eine
Schwachstelle des griechischen Rechts dar. Die Tatsache, dass der Nacherfüllung
im Kaufrecht des AK kein Vorrang eingeräumt wurde, bedeutet nicht, dass sie
nicht in Betracht kommt. Sie ist auch dort der Rechtsbehelf, der wahrscheinlich
am meisten geltend gemacht wird, da er in der Regel den Interessen des Käufers
am besten entspricht. Ein Indiz dafür bietet die Tatsache, dass die Nacherfüllung
schon vor ihrer gesetzlichen Einführung anlässlich der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie durch das Ges. 3043/2002 sehr oft von den Parteien
privatautonom vereinbart wurde.830 Durch die gesetzliche Statuierung der Nacherfüllung als gesetzlicher Rechtsbehelf im Falle der Mangelhaftigkeit der Sache
ist damit zu rechnen, dass sich die Geltendmachung der Ersatzlieferung und der
Nachbesserung verbreitet.
Für die Ausführung der Nacherfüllung (in der Form sowohl der Nachlieferung
als auch der Nachbesserung) entstehen beim Verkäufer zwangsläufig Kosten831,
die er – wie auch in Deutschland – nicht seinem Abnehmer auferlegen darf, da
die Nacherfüllung nach Art. 540 AK § 1 Fall 1 ohne Belastung der Käufer erfolgen muss.832 Dass ein für den Mangel nicht verantwortlicher Letztverkäufer die
Kosten der Nacherfüllung trägt, ist aber nicht sachgerecht und verstößt gegen das
Verantwortungsprinzip. Eine weitere Erschwernis für den Letztverkäufer ist, dass
nach Art. 540 AK833 der Käufer die Wahl zwischen Ersatzlieferung und Nachbesserung hat, so dass der Letztverkäufer den Nacherfüllungsaufwand nicht beeinflussen kann, es sei denn, dass die gewählte Art der Nacherfüllung unmöglich
oder mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden ist.
Dem Letztverkäufer stehen – wie schon erwähnt – die allgemeinen Mängelrechte zu. Er kann auch seinerseits die Nachlieferung oder die Nachbesserung
verlangen. Wenn er dies schon vor der Ausführung der Nacherfüllung gegenüber
dem Letztkäufer tut, d.h. wenn er seinen Vormann in die Nacherfüllung gegenüber seinem Abnehmer einbindet, dann entstehen bei ihm keine Nacherfüllungskosten. Zu einer solchen Einschaltung des eigenen Verkäufers ist jedoch der
Letztverkäufer und jedes andere Mitglied der Absatzkette grundsätzlich nicht
830 s. unter II.1.c.ff. und Berufungsgericht Athen 2616/1987 EllDni 1988, 150 („Der Käufer
darf u.a. die Beseitigung des Mangels verlangen, wenn dies aus der Auslegung des Vertrages sich ergibt oder vereinbart wurde. Die Nachbesserungsvereinbarung hat nicht den
Sinn eines Werkvertrages, sondern liegt im Rahmen des Kaufvertrags“).
831 s. Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 79.
832 Vgl. Art. 3 §§ 2, 3 und 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.
833 So wie nach § 439 Abs. 1 BGB.
216
verpflichtet.834 Wenn er sich nach erfolgreicher Nachbesserung der mangelhaften
Sache an seinen Verkäufer wendet, scheidet die Nachbesserung durch den Letzteren wegen Unmöglichkeit aus. Die Lieferung einer neuen Sache deckt darüber
hinaus die Nacherfüllungsaufwendungen (gleichgültig ob Nachbesserungs- oder
Nachlieferungsaufwendungen) des Letztverkäufers nicht ab. Fraglich ist, ob
diese vom Letztverkäufer bei Minderung des Kaufpreises gegenüber seinem Lieferanten in den Minderungsbetrag einbezogen und auf diesem Weg abgerechnet
werden können. Dies widerspricht jedoch dem Wesen und der Funktion der Minderung. Diese orientiert sich nämlich am Minderwert der Sache835 und erreicht oft
nicht die Höhe der Nacherfüllungsaufwendungen.836 Wenn der Minderungsbetrag
denjenigen der Aufwendungen erreicht (oder sogar übersteigt), entspricht es den
Interessen des Letztverkäufers, die Minderung geltend zu machen. So können
auch seine Aufwendungen ersetzt werden. Dies ist jedoch lediglich ein „Reflex“
der Minderung in manchen Fällen und stellt keine befriedigende und dogmatisch
zu befürwortende Lösung für den Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen dar.
Da auch der Rücktritt vom Vertrag mit dem Lieferanten keinen Beitrag zum
Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen des Letztverkäufers leisten kann, bleibt
dem Letzteren nach dem griechischen Kaufrecht nur der Schadensersatzanspruch
übrig. Über ihn kann er allenfalls seine Aufwendungen als Schaden geltend
machen. Der Schadensersatzanspruch hängt aber im Fall der Lieferung einer
mangelhaften Sache nach Art. 543 S. 2 AK vom Verschulden des Schuldners (in
diesem Fall des Lieferanten) ab, welches oftmals nicht vorliegen dürfte, da der
Lieferant in der Regel nichts mehr als eine Durchgangsstation der Waren auf
ihrem Weg zum Letztverkäufer – und weiterhin zum Verbraucher – ist. Ein Verschulden besteht beim Vorliegen eines Mangels dann, wenn der Verkäufer den
Mangel herbeigeführt hat oder ihn kannte oder kennen musste.837 Letzteres wird
auch angenommen, wenn er den Mangel fahrlässig nicht erkannt hat.838 Dies kann
jedoch nach dem griechischen Recht anders als nach dem deutschen sehr selten
bejaht werden, da das griechische Handelsrecht den Händlern keine Untersuchungs- und Rügeobliegenheit (wie § 377 HGB) auferlegt. Dies hat zur Folge,
dass der Letztverkäufer in der Regel auf den Nacherfüllungsaufwendungen sitzen
834 Ebenso wie im deutschen Recht; s. dazu oben unter VI.1.a.aa.ii).
835 Im griechischen Recht wird die Minderung – so wie in Deutschland – nach der relativen
Berechnungsmethode berechnet; Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 119; Roussos, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 603; AP 127/1991
EEN 1992, 84=NoB 1992, 865; Berufungsgericht Thessaloniki 1085/1995 Armenopoulos
1995, 760; LG Thessaloniki (Kammer) 27866/1999 Armenopoulos 2000, 1364; Berufungsgericht Larissa 126/2005 (unveröffentlicht).
836 So auch Höpker, Verkäuferregress, S. 156, wo er auf die Notwendigkeit eines verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs im deutschen Recht eingeht und erwägt,
ob die Mangelbeseitigungsaufwendungen über die Minderung abzurechnen wären.
837 s. Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 124.
838 Vgl. Berufungsgericht Athen 5655/1995 EllDni 37, 1436; Berufungsgericht Thessaloniki
1353/1977 Armenopoulos 1978, 33.
217
bleibt, da sein Ersatzbegehren am fehlenden Verschulden seines Vormanns scheitert.
Ein derart verschuldensabhängiger Regress für die Nacherfüllungsaufwendungen ist aber mit Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und dem aus ihm
abgeleiteten Gebot eines effektiven Rückgriffs nicht zu vereinbaren. Das Argument, dass das Problem der Weiterleitung der Nacherfüllungsaufwendungen in
Griechenland nicht so akut (wie beispielsweise in Deutschland) sei, da der Käufer
nicht primär die Nacherfüllung geltend machen müsse, ist nicht stichhaltig. Ebensowenig überzeugend ist, dass die Regressnahme nach den allgemeinen Mängelrechten für den Letztverkäufer und alle Glieder der Kette ausreichend – wie für
jeden Käufer – sei. Diese Betrachtungsweise scheint zu übersehen, dass sich die
Rechtslage des Letztverkäufers und der Zwischenhändler wesentlich von derjenigen des Endkäufers/Verbrauchers unterscheidet. Erstere haben auch einen
Abnehmer, dem gegenüber sie für die Mangelhaftigkeit der Sache haften. Eine
Seite ihrer Haftung besteht darin, dass sie dem Nacherfüllungsbegehren ihres
Käufers nachkommen müssen. Die Ausführung der Nacherfüllung ist aber mit
Aufwendungen verbunden, die nach dem Sinn und Zweck von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie übergewälzt werden können müssen, solange der
Letzt- oder Zwischenverkäufer für den Mangel nicht verantwortlich ist.
Wie bereits erläutert, kann keiner der im AK vorgesehenen Mängelrechtsbehlelfe dem Letztverkäufer in jedem Fall der Entstehung von Nacherfüllungsaufwendungen effektiv abhelfen. Die Nichteinführung eines besonderen verschuldensunabhängigen Aufwendungsersatzanspruchs (wie derjenige von § 478 Abs.
2 BGB) stellt eine richtlinienwidrige Lücke im griechischen Recht dar. Das
„Steckenbleiben“ der Haftung (hier in Form der Nacherfüllungskosten) für einen
vom Letztverkäufer nicht zu vertretenden Mangel widerspricht den Zielen von
Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.
bb. Mögliche Lösungen
Trotz des Fehlens eines speziellen Anspruchs zur Weiterleitung der Nacherfüllungsaufwendungen könnten vielleicht andere Vorschriften im griechischen
Recht zur Lösung dieses Problems beitragen. Es ist zu erwägen, ob die gerade
festgestellte Lücke, die hauptsächtlich auf das meist fehlende Verschulden des
Lieferanten zurückgeht839, über die Heranziehung schon bestehender verschuldensunabhängiger Ersatzansprüche geschlossen werden könnte.
839 Die sog. „Verschuldensfalle“ nach Höpker, Verkäuferregress, S. 157.
218
i) Über den Tatbestand des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft
Wie bereits erwähnt, bleibt im griechischen Recht das Fehlen einer zugesicherten
Eigenschaft neben dem Vorliegen von Mängeln als ein weiterer Vertragswidrigkeitstatbestand erhalten. Im Fall des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft ist
der Schadensersatzanspruch nach Art. 543 S. 1 AK wegen des „Garantiewillens“
des Verkäufers verschuldensunabhängig und die Haftung des Verkäufers somit
objektiv. Wenn also eine Eigenschaft vom Verkäufer (auch stillschweigend840) zugesichert wurde, ist der Schadensersatzanspruch seines Abnehmers bei deren
Fehlen verschuldensunabhängig. Es ist also zu erwägen, ob die Fehlerfreiheit der
Sache und somit ihre Tauglichkeit zum Weiterverkauf in den Fällen von Handelskäufen, bei denen feststeht, dass die Sache zum Weiterverkauf bestimmt ist, eine
zugesicherte Eigenschaft darstellen kann. Bejahendenfalls wäre der Schadensersatzanspruch des Letztverkäufers (und der Zwischenverkäufer) vom Verschulden
des Vormanns unabhängig und dies würde auch die (verschuldensunabhängige)
Weiterleitung der Nachbesserungskosten erlauben. Diese sehr weitgehende, einer
Garantie vergleichbare Eigenschaft der Mängelfreiheit kann jedoch nur angenommen werden, wenn der Verkäufer gegenüber seinem Abnehmer die Fehlerfreiheit der Sache tatsächlich versprochen hat.841 Die Annahme einer stillschweigend vereinbarten „Eigenschaft der Fehlerfreiheit“ in jedem Fall, in dem die Sache zum Weiterverkauf bestimmt ist, wäre eine sehr kühne, unrealistische Konstruktion, denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Verkäufer der
Sache seinem Abnehmer gegenüber die Fehlerfreiheit der Sache zusichern und
für deren Fehlen auch ohne Verschulden einstehen will, wenn er weiß, dass dieser
die Absicht hat, sie weiterzuverkaufen.842
Nach der h.M. setzt die Zusicherung einer Eigenschaft eine verbindliche diesbezügliche Erklärung des Verkäufers voraus843, nach der er auch die Haftung für
die Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft übernimmt. Eine stillschweigende Vereinbarung einer Eigenschaft kann nur dann angenommen werden, wenn aus dem
840 Näher zu den Voraussetzungen einer stillschweigenden Vereinbarung gleich im nächsten
Absatz dieses Teils; s. Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 36; Roussos, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 509; Pouliadis, Die Haftung des
Verkäufers, S. 195; für das deutsche Recht vgl. BGHZ 59, 160; BGH NJW 1996, 836.
841 Dass das Fehlen von Mängeln eine zugesicherte Eigenschaft darstellen kann, wenn im Vertrag die Zusicherung des Verkäufers enthalten ist, dass die Sache mängelfrei ist, nimmt
auch Georgiades, Schuldrecht, BT, Bd. I, § 9, Rn. 39 an. Die bloße Versicherung des Verkäufers, dass die Sache fehlerfrei sei, ohne Erwähnung von Folgen stellt jedoch weder eine
Eigenschaftszusicherung noch einen Garantievertrag dar. So Berufungsgericht Thessaloniki 1353/1977 Armenopoulos 1978, 33; Amtsgericht Xanthi 200/97 Armenopoulos 1998,
159.
842 Vgl. Brox/Walker, Besonderes Schuldrecht, § 4, Rn. 91 zu § 276 Abs. 1 S. 1 a.E. BGB
(„Immer muss ein entsprechender Verpflichtungswille des Verkäufers festgestellt werden.
Eine stillschweigende Garantieübernahme darf nicht vorschnell angenommen werden, nur
um dem Käufer aus Billigkeitsgründen einen vom Verschulden des Verkäufers unabhängigen Schadensersatzanspruch zu gewähren.“)
843 Vgl. Roussos, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 509.
219
Inhalt des Vertrags mit Sicherheit der Schluss gezogen werden kann, dass die Parteien auf das Vorliegen dieser Eigenschaft abgestellt haben. Die bloße Bestimmung der Sache zum Weiterverkauf bietet jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass
die Parteien die Fehlerfreiheit der Sache (wenn auch stillschweigend) vereinbart
haben. Auch wenn dies für den Käufer (und Weiterverkäufer) der Sache sicherlich
vorteilhaft ist, kann nicht in jedem solchen Fall davon ausgegangen werden, dass
der jeweilige Vormann dafür einstehen wollte. Ein solcher „Garantiewille“ kann
ihm nicht unterstellt werden. Deswegen kann die Vereinbarung der Eigenschaft
der Fehlerfreiheit der Sache (wie jeder anderen Eigenschaft) nur dann angenommen werden, wo sich dies aus dem Inhalt des konkreten Vertrags ergibt. Nur dann
wird der Schadensersatzanspruch verschuldensunabhängig sein. Ansonsten
bleibt der Schandesersatzanspruch der Käufer/Weiterverkäufer und die Überwälzung ihrer Nacherfüllungskosten vom Verschulden abhängig.
ii) Nach ?rt. 736 AK
Nach Art. 736 AK, der die Rechte des Geschäftsführers regelt, ist der Geschäftsführer berechtigt, vom Geschäftsherrn Ersatz der Aufwendungen für die Geschäftsführung nach den Vorschriften über den Auftrag zu verlangen, solange er
die Geschäftsführung im Interesse und nach dem wirklichen oder mutmaßlichen
Willen des Geschäftsherrn übernommen hat.844 Diese Vorschrift könnte dem
Letztverkäufer wohl helfen. Für die Geschäftsführung ohne Auftrag ist jedoch
vorausgesetzt, dass jemand eine fremde Angelegenheit besorgt.845 Im Fall der
Ausführung der Nacherfüllung heißt das, dass sie für den Letztverkäufer eine
fremde Angelegenheit (nämlich des Lieferanten) darstellen soll, damit die Nacherfüllungsaufwendungen über Art. 736 AK geltend gemacht werden können. Dies
kann jedoch nicht angenommen werden. Die Nacherfüllung gegenüber dem Endkäufer ist eine eigene Verpflichtung seines Vertragspartners, also des Letztverkäufers. Sie wird nicht für den Lieferanten ausgeführt. Der Lieferant hat keine
solche Pflicht gegenüber dem Verbraucher.
Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zum sog. „auch fremden
Geschäft“ ändert sich für die Anwendbarkeit des Art. 736 AK auf den Fall der
Nacherfüllungsaufwendungen des Letztverkäufers (und der übrigen Kettenglieder) nichts. Die griechischen Gerichte haben nämlich – so wie die deutschen
– angenommen, dass es für die Geschäftsführung ohne Auftrag genügt, wenn die
Angelegenheit für den Geschäftsführer teilweise eigen und teilweise fremd ist.846
Die Nacherfüllung gegenüber dem Endkäufer/Verbraucher ist aber für den Letztverkäufer ein völlig eigenes „Geschäft“. Anders ist der Fall nur dann zu beurteilen, wenn der Lieferant eine Garantie abgegeben hat. Dies kommt meist vor, wenn
844 Diese Regelung entspricht derjenigen von § 683 S. 1 BGB.
845 Ausführlich zu dieser Voraussetzung Livieratos, Über die Geschäftsführung ohne Auftrag,
S. 57 ff.
846 s. Berufungsgericht Athen 8148/1990 EllDni 31 (1990), 1513.
220
der Lieferant des Letztverkäufers der Hersteller der Sache ist. Dann ist wohl auch
der Letztere nach dem Inhalt der Garantie im Fall der Mangelhaftigkeit der Sache
gegenüber dem Endkäufer zur Nacherfüllung verpflichtet. Demnach ist die Nacherfüllung durch den Letztverkäufer in dieser Konstellation ein auch-fremdes-
Geschäft, da der Lieferant durch die Gewährung der Garantie Pflichten gegenüber dem Verbraucher übernommen hat. Der Letztverkäufer kann dann zumindest
einen Teil seiner Nacherfüllungsaufwendungen nach Art. 736 AK und den Regeln
der Gesamtschuld geltend machen.
iii) Nach Art. 904 AK
Da Art. 736 AK nur angewendet werden kann, wenn der Hersteller eine Garantie
gewährt hat, bleibt der Letztverkäufer ansonsten hinsichtlich der Weiterleitung
seiner Nacherfüllungsaufwendungen ungeschützt. Zu untersuchen bleibt nur
noch, ob die Aufwendungen des Letztverkäufers von seinem Lieferanten als ungerechtfertigte Bereicherung verlangt werden könnten. Art. 904 AK sieht vor,
dass derjenige, der sich ohne rechtlichen Grund aus dem Vermögen eines anderen
oder zu dessen Schaden bereichert hat, zur Herausgabe des Vorteils verpflichtet
ist. Es ist zu beachten, dass die griechische Vorschrift über die ungerechtfertigte
Bereicherung zwischen Kondiktionen nicht unterscheidet, sondern als eine Generalklausel konzipiert ist, die einen einheitlichen Anspruch gewährt. Die Theorie hat jedoch Fallgruppen von denkbaren Bereicherungsarten gebildet. Einen üblichen Fall ungerechtfertigter Bereicherung stellt die Ersparnis von Aufwendungen dar.847 Dabei müssen solche Aufwendungen gespart worden sein, die entweder derjenige, der sich bereichert hat, gemacht hätte, weil die praktische Notwendigkeit dazu bestand, oder, weil er nach dem Gesetz oder einem Vertrag dazu
verpflichtet war. Im letzten Fall bedeutet die Ersparnis der Aufwendungen für den
dazu Verpflichteten gleichzeitig auch die Befreiung von seiner Pflicht.
Aus demselben Grund, nach dem die Anwendbarkeit von Art. 736 AK für den
Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen abgelehnt wurde, scheidet auch ihre
Herausgabe nach Art. 904 AK als ungerechtfertigte Bereicherung des Lieferanten
aus. Wie bereits gesagt, besteht keine Pflicht des Lieferanten zur Nacherfüllung
gegenüber dem Verbraucher, so dass nicht angenommen werden kann, dass er
sich durch die Nacherfüllung durch den Letztverkäufer bereichert habe, da er die
Aufwendungen zur Vornahme der Nacherfüllung gespart habe. Wenn aber der
Verbraucher durch die vom Letztverkäufer ausgeführte Nacherfüllung befriedigt
wird und die vom Lieferanten abgegebene Garantie nicht in Anspruch nimmt,
liegt wiederum eine Befreiung des Letzteren von einer Pflicht vor, so dass eine
ungerechtfertigte Bereicherung des Lieferanten bejaht werden könnte.
847 Dazu Stathopoulos, in: AK Georgiades/Stathopoulos, Vorb. Artt. 904-913, Rn. 13; und Art.
904, Rn. 8 und 103.
221
iv) Ergebnis
Es ist somit festzuhalten, dass im griechischen Recht dem Letztverkäufer Möglichkeiten zur Geltendmachung seiner Nacherfüllungsaufwendungen unabhängig
vom Verschulden seines Vormanns nur dann zustehen, wenn Letzterer eine Garantie abgegeben und damit eine eigene Pflicht gegenüber dem Endkäufer begründet hat. Ansonsten bleibt der Ersatz der Nacherfüllungsaufwendungen vom
Verschulden des Lieferanten abhängig, was in der Regel zur Nichtersetzbarkeit
der Aufwendungen führt. Dieses Ergebnis ist jedoch nach richtigem Verständnis
von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie richtlinienwidrig. Art. 4 verlangt
nämlich einen effektiven Regress und eine effiziente Risikoallokation. Wegen der
Verschuldensabhängigkeit der Weiterleitung der Nacherfüllungskosten wird dies
jedoch im griechischen Recht nicht gesichert. Wenn der Vormann des Letztverkäufers den Mangel nicht zu vertreten hat, bleiben die Nachteile der Nacherfüllung dort, wo sie eingetreten sind. Dies hängt auch damit zusammen, dass der
griechische Gesetzgeber – wie der deutsche – der Stufenlösung gefolgt ist. So
kann der Letztverkäufer seinen Vertragspartner nicht überspringen und direkt das
schuldige Kettenglied in Anspruch nehmen. Die Statuierung eines verschuldensunabhängigen Anspruchs, der die Weiterleitung der Nacherfüllungsaufwendungen ermöglicht, ist eine Notwendigkeit. Deswegen ist der deutsche Gesetzgeber in diesem Punkt von dem auch im deutschen Recht herrschenden Verschuldensgrundsatz abgewichen. Ansonsten bleibt das Verschuldenserfordernis für die
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bestehen.
Die Lücke der Nichteinführung einer dem § 478 Abs. 2 BGB entsprechenden
Vorschrift ins griechische Recht können natürlich die Parteien durch entsprechende Abreden füllen. Es ist jedoch nicht immer zu erwarten, dass der Hersteller
oder der Lieferant und der Einzelhändler darüber einig sein werden, dass erstere
verschuldensunabhängig die Kosten der Nacherfüllung tragen müssen. Aber auch
wenn dies geschieht, bleibt die griechische Regressregelung insoweit misslungen, als sie ein typisches Risiko, das zum Steckenbleiben der Haftung bei einem
nicht verantwortlichen Glied führen kann, nicht berücksichtigt hat. Und gerade
dies, nämlich den Parteien eine angemessene Lösung für die typischerweise im
Verkehr auftretenden Probleme zu geben und ihnen die Notwendigkeit einer vertraglichen Vereinbarung zu ersparen, ist die Aufgabe des – dispositiven –
Rechts.848 Wegen der Unvereinbarkeit dieses Ergebnisses mit Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ist die Wahrscheinlichkeit einer Haftung des griechischen Staates wegen unzureichender Umsetzung von Art. 4 viel höher als diejenige, die manche deutschen Autoren wegen der Nichterfassung der Handelsspanne von § 478 Abs. 1 BGB befürchten.
Obwohl nicht richtlinienwidrig, ist jedoch auch ein Punkt der deutschen Regelung über die Nacherfüllungsaufwendungen rechtspolitisch verfehlt. Das Ergebnis des Steckenbleibens der Nacherfüllungskosten bei einem nicht verantwort-
848 Vgl. Canaris, Schuldrechtsreform 2002, Einführung, S. XXXIII.
222
lichen Verkäufer kann auch in Deutschland trotz der Vorschrift von § 478 Abs. 2
BGB eintreten, da – auch – diese Vorschrift einen Verbrauchsgüterkauf am Ende
der Lieferkette voraussetzt. Dieses Problem betrifft jedoch nicht nur die Weiterleitung der Nacherfüllungsaufwendungen, sondern im Allgemeinen die Regressnahme und hängt mit der – bereits kritisierten – Entscheidung des deutschen
Gesetzgebers zusammen, die Regresserleichterungen vom Verbrauchsgüterkauf
am Ende der Lieferkette abhängig zu machen.
223
Kapitel VII:
Die Verjährung
1. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche im Allgemeinen
a. Die Länge der Frist und die gesetzgeberische ratio
Durch die Kaufrechtsreform anlässlich der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurden die – nach allgemeiner Ansicht zu kurzen – alten Verjährungsfristen im deutschen und griechischen Recht – richtigerweise – für jeden Kauf
(und nicht nur den Verbrauchsgüterkauf) erheblich verlängert849; der Unterschied
zur allgemeinen Verjährungsfrist besteht jedoch immer noch. Im griechischen
Recht, in dem die reguläre, allgemeine Verjährungsfrist zwanzig Jahre beträgt
(Art. 249 AK)850, ist die Abweichung viel größer als im deutschen, wo die regelmäßige Verjährungsfrist durch die Schuldrechtsreform auf drei Jahre gesenkt
wurde (§ 195 BGB). Die Gründe für die kürzere Dauer der Verjährung der Mängelrechte sowie für ihren unterschiedlichen Beginn (nämlich mit der Lieferung
der Sache, unabhängig von subjektiven Kriterien) liegen in der erhöhten Bedeutung, die der Schnelligkeit und der Rechtssicherheit im Kaufvertragsrecht zuerkannt wird.851
Die Lieferung der Sache und ihre Annahme durch den Käufer erweckt den Eindruck, dass die Ansprüche aus dem Kaufvertrag erfüllt würden und das Schuldverhältnis erloschen sei. Jede nachträgliche Beanstandung der Erfüllung
erscheint als Wiederaufleben der Ansprüche der Parteien in Form sekundärer
Ansprüche und verletzt den allgemeinen Eindruck, dass die Sache bezüglich des
Kaufvertrages erledigt sei, und somit den sozialen Frieden.852 Je mehr Zeit vergeht, desto mehr verstärkt sich der Eindruck, dass alles mit dem Kauf in Ordnung
war, und erschwert sich die Beweisführung. Nach langer Zeit ist viel schwieriger
festzustellen, ob der Mangel schon beim Gefahrübergang vorhanden war oder erst
849 s. dazu oben unter III.4.f.
850 Durch Art. 250 AK werden jedoch zahlreiche Ansprüche von der zwanzigjährigen Verjährungsfrist ausgeschlossen und einer fünfjährigen Frist unterworfen. Dabei handelt es
sich um Ansprüche, die mit dem Warenverkehr und dem Bereich der Dienstleistungen
zusammenhängen, wie z.B. die Ansprüche der Kaufleute, Fabrikanten und Handwerker
auf Grund der Lieferung von Waren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung fremder
Angelegenheiten.
851 s. Mansel/Budzikiewicz, Das neue Verjährungsrecht, § 5, Rn. 6; Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 644 ff.; Doris, in: AK Georgiades/
Stathopoulos, Artt. 554-558, Rn. 2 und 19; Pouliadis, Die Haftung des Verkäufers, S. 260
ff.
852 Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 645.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der den Rückgriff des Letztverkäufers im Fall einer von ihm nicht verursachten Mangelhaftigkeit der Sache gewährleisten will, überlässt den Mitgliedstaaten einen weiten Umsetzungsspielraum. Dies reizt zu einer rechtsvergleichenden Untersuchung, da das Optionenspektrum für die Ausgestaltung des Rückgriffs sehr breit ist. Wie der deutsche und griechische Gesetzgeber die genannte Richtlinienvorschrift ins nationale Recht umsetzten, ist Gegenstand dieses Werkes. Die Verfasserin stellt die Rückgriffsregelungen des BGB und des griechischen ZGB (AK) nebeneinander und gelangt zu interessanten Ergebnissen bezüglich ihrer Richtlinienkonformität und rechtspolitischen Richtigkeit.