142
2. Die Voraussetzungen des Rückgriffs nach §§ 478, 479 BGB und Artt. 560,
561 AK
a. Allgemeine Gewährleistungsvoraussetzungen
Für den Regress nach §§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK ist – neben den besonderen Voraussetzungen, die in der Regressregelung vorgesehen werden – das Vorliegen der allgemeinen Gewährleistungsvoraussetzungen erforderlich, die von
den Regressvorschriften nicht modifiziert werden. Neben einem wirksamen
Kaufvertrag zwischen Regressnehmenden und –schuldner muss ein Mangel bestehen. Natürlich darf kein Gewährleistungsausschluss erfolgt sein. Nach dem
deutschen Recht ist jedoch letzterer wegen § 478 Abs. 4 BGB nur sehr beschränkt
möglich.
Fraglich ist, ob die Regressregelungen auch Rechtsmängelfälle erfassen.
Sowohl § 478 BGB als auch Art. 560 AK bezwecken die Entlastung des Letztverkäufers von der endgültigen Haftung für einen Mangel der Sache. Ausdrücklich vorausgesetzt ist, dass die Kaufsache mangelhaft ist. Die deutsche Regelung
spricht von der „Mangelhaftigkeit“ der Sache, während sich Art. 560 AK auf
einen Sachmangel oder das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft bezieht. Die
griechische Regelung ist somit klarer, denn sie schließt den erleichterten Regress
im Falle von Rechtsmängeln ausdrücklich aus. Dies wird auch in Deutschland
von einem Teil der Literatur mit dem Argument angenommen, dass § 478 BGB
der Umsetzung von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dient, deren Normen
sich ausschließlich auf Sachmängel beziehen.556 Art. 2 der RL, in dem die Vertragswidrigkeit definiert wird, erfasst lediglich Sachmängelfälle. Ein Gegenargument für die Anwendbarkeit der §§ 478 f. BGB auf Rechtsmängel wäre aber die
Gleichbehandlung der Sach- und Rechtsmängel im neuen deutschen Kaufrecht.
Auch im Abschnitt über den Verbrauchsgüterkauf, d.h. über den Verkauf von
beweglichen Sachen von Unternehmern an Verbraucher, ist nur die Norm von §
476 BGB (Beweislastumkehr) ausdrücklich auf Sachmängelfälle beschränkt. Es
ist also anzunehmen, dass §§ 478 f. BGB im Gegensatz zu Artt. 560 f. AK zur
Anwendung kommen, auch wenn die vom Letztverkäufer verkaufte Sache einen
Rechtsmangel aufweist.557 Das Vorliegen eines Rechtsmangels bei einer Sache,
die über eine organisierte Absatzkette zum Verbraucher kommt, ist natürlich sehr
selten im Vergleich zum Vorliegen von Sachmängeln.
In Griechenland, wo der Tatbestand des Fehlens zugesicherter Eigenschaften
beibehalten ist, wird neben den Sachmängeln auch dieser von der Regressregelung erfasst. Aber wegen der weiteren Voraussetzung, dass für die Weiterleitung
der Haftung, die Vertragswidrigkeit in jeder Vertragsstufe vorliegen soll (s. dazu
unten unter g.), wird der Regress beim Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft
556 Hierzu Ernst/Gsell, ZIP 2000, 1410 (1411); Roth, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 238; Jud, ÖJZ 1997, 441 (442) in Bezug
auf den Richtlinienentwurf.
557 So auch Matthes, NJW 2002, 2505; Höpker, Verkäuferregress, S. 103 (106).
143
unterbrochen, wenn diese Eigenschaft nur von einem der Verkäufer der Lieferkette gegenüber seinem Abnehmer zugesichert wurde.
b. Verbrauchsgüterkauf am Ende der Lieferkette?
Art. 4 RL wurde geschaffen, um den Letztverkäufer, der an einen Verbraucher
eine Sache verkauft und ihm gegenüber wegen deren Mangelhaftigkeit nunmehr
strenger haftet, zu schützen. Voraussetzung des Regresses nach der Vorschrift von
Art. 4 RL ist demnach, dass der Letztverkäufer gegenüber einem Verbraucher haftet. Dementsprechend wurde die deutsche Regressregelung im Abschnitt des
BGB über den Verbrauchsgüterkauf platziert. Dies ist einigermaßen erstaunlich,
da die Regressbestimmungen – zumindest nach dem deutschen Recht558 – den
Rechtsverkehr zwischen Unternehmern betreffen559, ist jedoch wiederholt durch
die mittelbare verbraucherschützende Funktion des Regresses gerechtfertigt worden.560 Der besondere Regress nach §§ 478 f. BGB kommt nur in Betracht, wenn
am Ende der Lieferkette ein Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 BGB steht.
Im letzten Vertragsverhältnis muss also ein Verbraucher (§ 13 BGB) eine bewegliche Sache von einem Unternehmer (§ 14 BGB) gekauft haben. Wenn dies nicht
der Fall ist, z.B. weil alle Glieder der Kette Unternehmer sind, orientiert sich der
Regress des gewährleistungspflichtigen Verkäufers an den allgemeinen Gewährleistungsansprüchen. Das heißt, dass er die Erleichterungen von §§ 478 f. BGB
bei der Geltendmachung seiner Mängelrechte nicht in Anspruch nehmen kann.
Obwohl diese Einschränkung richtlinienkonform ist, ist fraglich, ob sie auch
sachlich gerechtfertigt ist.561 Darum ist sie im Schrifttum kritisch aufgenommen
worden.
Der Letztverkäufer läuft sowohl beim Verbrauchsgüterkauf als auch beim
„normalen“ Kauf Gefahr, wegen der Verjährung seiner Gewährleistungsrechte
unbilligerweise auf den Gewährleistungskosten sitzen zu bleiben. Jeder Verkäufer ist außerdem wegen der überobligatorischen Umsetzung der Vorschriften der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie einer strengeren Haftung ausgesetzt, unabhängig
davon, ob er an einen Verbraucher oder an einen Unternehmer verkauft. Die Haf-
558 Dazu näher unter d.
559 Nach Höpker, Verkäuferregress, S. 62 liege eher eine Regelung im allgemeinen Kaufrecht
oder im HGB näher; vgl. auch Kelwing, Die Mängelhaftung des Letztverkäufers, S. 207 f.
560 MüKo-Lorenz, § 478, Rn. 1; v. Sachsen Gessaphe, RIW 2001, 721 (725); Matthes, NJW
2002, 2505 versteht § 478 BGB als „ausschließlich dem Verbraucher dienende Norm“; vgl.
auch Nguyen, Der Rückgriff des Unternehmers, S. 108. Zu Recht kritisch dazu Tröger, AcP
204 (2004), 115 (118), nach dem effiziente Risikoallokation nichts mit verbraucherrechtlichen Verteilungszielen zu tun hat.
561 Im Kontext der Richtlinie macht die Beschränkung des Regresses auf den Fall des Verbrauchsgüterkaufs Sinn, da ihre Vorschriften den Verbraucherschutz bezwecken und für
den Verbrauchsgüterkauf konzipiert sind. Wegen der überschießenden Umsetzung der
Richtlinienvorschriften in Deutschland und Griechenland ist jedoch zweifelhaft, ob eine
Verbraucheranbindung des Regresses in diesen Ländern gerechtfertigt ist.
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tung für Werbeaussagen Dritter, die IKEA-Klausel und die längere Verjährungsfrist gelten nach der Kaufrechtsreform in Deutschland – sowie in Griechenland –
für jeden Kauf, unabhängig davon, ob es ein Verbrauchsgüterkauf ist oder nicht.
Das Bedürfnis nach einer effektiven Regressmöglichkeit ist somit allgemein
angewachsen.562 Die Beschränkung des besonderen Regresses auf den Fall eines
Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Absatzkette wäre nur dann sachlich begründet, wenn der Letztverkäufer gerade deshalb belastet wäre, weil er ein Verbrauchsgut an einen Verbraucher verkauft hat.563 Die einzige zusätzliche Belastung des Verkäufers im Falle des Verbrauchsgüterkaufs ist die Unabdingbarkeit
der Verbraucherrechte (nach § 475 BGB und Art. 5 § 6 S. 2 gr.VSG) und in
Deutschland auch die Beweislastumkehr, während ihr Anwendungsbereich in
Griechenland auf jeden Kauf ausgedehnt wurde. Die Tatsache, dass die Unabdingbarkeit der Gewährleistungsrechte lediglich für den Verbrauchsgüterkauf
vorgesehen ist und daher durch sie die Vertragsfreiheit nur des an Verbraucher
verkaufenden Verkäufers eingeschränkt wird, rechtfertigt aber den vollständigen
Verzicht des deutschen Gesetzgebers auf eine Regressregelung außerhalb des
Bereichs des Verbrauchsgüterkaufs nicht. Die Regressbestimmungen gleichen
nicht nur die Gefahr des Letztverkäufers wegen der Unabdingbarkeit und der
Beweislastumkehr aus, sondern lösen auch andere Probleme, wie die Verjährungsfalle oder die Weiterleitung der Nacherfüllungskosten, die nicht mit den
Regelungen von §§ 475 und 476 BGB und den aus ihr sich für den Verkäufer ergebenden Problemen zusammenhängen. Lediglich § 478 Abs. 3 und 4 BGB bezwecken den Schutz des Letztverkäufers vor einer Beweisnot und der mit der Unabdingbarkeit der Verbraucherrechte einhergehenden Regressfalle.564 Es ist somit
nicht ersichtlich, warum lediglich der Regress des an Verbraucher Verkaufenden
erleichtert werden soll, wenn die meisten Gefahren in beiden Fällen bestehen,
nämlich sowohl wenn der Käufer ein Verbraucher, als auch wenn er ein Unternehmer ist.565
Dass die Regressregelung nicht nur dem Schutz des Letztverkäufers dient, dessen Vertragspartner ein Verbraucher ist, kommt darüber hinaus durch die Erstreckung der Regresserleichterungen auf die ganze Lieferkette zum Ausdruck.
Durch die Einführung von §§ 478 Abs. 5 und 479 Abs. 3 BGB scheint der Gesetzgeber erkannt zu haben, dass auch die Zwischenverkäufer – die an keinen Verbraucher verkauft haben – schutzwürdig sind. Daraus ergibt sich, dass die
562 Ebenso Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 108; s. auch Pouliadis, in: FS Georgiades,
S. 889 (898), nach dem der Regress kein „verbraucherspezifisches Problem“ ist.
563 Jud, ZfRV 2001, 201 (205); Medicus, in: Grundmann u.a. (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, S. 229; Schultze-Melling, Der Rückgriff, S. 68 f.
564 Eine andere denkbare Regelung wäre, die Rückgriffsrechte ins allgemeine Kaufrecht einzufügen und ihre Unabdingbarkeit auf den Bereich des Verbrauchsgüterkaufs zu beschränken. Dadurch würde den allgemein bestehenden Regressschwierigkeiten Rechnung getragen, aber auch der Letztverkäufer, der an einen Verbraucher verkauft und seine Haftung
nicht eingrenzen kann, dafür entsprechend kompensiert. So auch Canaris, Schuldrechtsreform 2002, Einführung, S. XXXIII; vgl. Westermann, NJW 2002, 241 (252).
565 a.A. Böhle, Der Rückgriff, S. 190.
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Regressregelung außer der Kompensation des Letztverkäufers für seine strengere
Haftung im Falle eines Verbrauchsgüterkaufs auch andere Zwecke verfolgt, nämlich die Weiterleitung der Haftung bis zu dem für den Mangel verantwortlichen
Glied. Und dieses Ergebnis ist nicht nur, wenn ein Verbraucher am Ende der Vertragskette steht, sondern in jedem Fall sinnvoll.566 Wegen der Regressregelung
von §§ 478 f. wird es jedoch bei Ketten, an deren Ende kein Verbraucher steht,
nicht immer erreicht. Die Verjährungsfalle stellt die größte Hürde dar. Deswegen
wurde im deutschen Schrifttum wiederholt betont, dass es besser gewesen wäre,
die Regressvorschriften nicht als Sonderregeln, sondern als allgemeine Regeln
für jeden Kauf auszugestalten.567 Der Gesetzgeber hat jedoch diesen Weg nicht
eingeschlagen.568 Eine analoge Anwendung von §§ 478, 479 BGB auf jede Lieferkette scheidet aber aus569, da der Wortlaut von §§ 478 f. BGB eindeutig ist und
keine unbewusste, planwidrige Regelungslücke besteht.570 Der Gesetzgeber hat
bewusst auf die durch die verbesserten Verbraucherrechte sich verstärkende
Regressfalle abgestellt und ausdrücklich zum Ausdruck gebracht, dass §§ 478 f.
BGB die Händler vor der strengeren Gewährleistungshaftung gegenüber den Verbrauchern schützen sollen.571
Aus denselben Gründen wurde im Schrifftum die Anwendbarkeit der Regressprivilegien von §§ 478 f. BGB auch auf die „unterbrochene Lieferkette“ abgelehnt.572 Diese (beschränkte) Analogie wurde von Büdenbender573 für den Fall
vorgeschlagen, dass eine für den Verkauf an Verbraucher bestimmte Sache wegen
ihrer Mangelhaftigkeit in der Lieferkette „hängen bleibt“. Das entscheidende
Argument für diese Analogie ist, dass §§ 478 f. BGB Ausdruck einer allgemeinen
566 Vgl. Kircher, ZRP 1997, 290 (294) (über den Richtlinienvorschlag).
567 Canaris, Schuldrechtsreform 2002, Einführung, S. XXXIII; Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 109.
568 Als Grund für diese Entscheidung des Gesetzgebers führt Schumacher, a.a.O., S. 107 und
120 (m.w.N. auf die einschlägige österreichische Literatur) die Erkenntnis an, dass die
Regressvorschriften erhebliche, zum Zeitpunkt ihres Erlasses noch nicht vorhersehbare
Auswirkungen auf die geschäftlichen Beziehungen zwischen Herstellern und Händlern
haben würden.
569 Gegen eine Analogie auch Böhle, Der Rückgriff, S. 189 f.; Jacobs, JZ 2004, 225 (226);
Nguyen, Der Rückgriff des Unternehmers, S. 108; Schultze-Melling, Der Rückgriff, S. 69
f.; Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 110; Palandt-Weidenkaff, § 478, Rn. 3; Haas,
in: Haas u.a. (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 5, Rn. 494; Matusche-Beckmann, BB
2002, 2561 (2563); Maultzsch, JuS 2002, 1171 (1172). Vgl. Kerameus/Westermann, in:
FS Heldrich, S. 741 (748 f.), nach denen es keineswegs undenkbar sei, dass die Gerichte
eines Tages die Regeln der §§ 478 f. BGB auf den Fall ausdehnen, dass der letzte Käufer
ein Unternehmer i.S. des § 14 BGB sei.
570 Zu den Voraussetzungen einer Analogie s. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 195.
571 s. RegBegr zu § 478 BGB, Vorbemerkung, in: Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 875.
572 So auch Böhle, Der Rückgriff, S. 192 f.; Matthes, NJW 2002, 2505 f.; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561 (2564); Nguyen, Der Rückgriff des Unternehmers, S. 108; Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 110; Sester/Schultze-Melling, PHi 2003, 82 (84).
573 AnwKomm-Büdenbender, § 478, Rn. 12; ders., in: Dauner-Lieb u.a. (Hrsg.), Das neue
Schuldrecht – Ein Lehrbuch, § 8, Rn. 100.
146
Regresslogik darstelle.574 Außerdem könne durch die analoge Anwendung der
besonderen Regressbestimmungen vermieden werden, dass der Händler, der den
Mangel bemerkt, durch ein Scheingeschäft oder eine arglistige Täuschung des
Verbrauchers einen Verbrauchsgüterkauf herbeiführt, um sich die Erleichterungen von §§ 478, 479 BGB zu bewahren.575 Diese besonderen Konstellationen,
in denen die Sache typischerweise für den Verkauf an Verbraucher bestimmt ist,
ihn aber wegen vorzeitiger Entdeckung und Geltendmachung des Mangels nicht
erreicht, sind wohl vom Gesetzgeber übersehen worden; deshalb ist über eine
Ausdehnung der Regressregelung von §§ 478 f. BGB auf sie nachzudenken. Es
ist natürlich meist schwer zu prognostizieren, an wen eine Ware am Ende verkauft
wird. Diese Unsicherheit bezüglich des Regressrisikos bestünde jedoch auch
beim Durchlauf der Sache bis zum Verbraucher und ist daher kein ausreichender
Grund, um eine Analogie auszuschließen. Der Rückgriff Nehmende muss aber
nachweisen, dass die Sache typischerweise, oder nach den konkreten Umständen,
an Verbraucher als Letztabnehmer verkauft werden sollte, um die analoge
Anwendung von §§ 478 f. BGB zu erreichen. Die Tatsache, dass die Ware nicht
zu dem Verbraucher kommt, ist in den hier beschriebenen Fällen rein zufällig; die
Glieder der Kette dürften sich auf die Anwendung der §§ 478 f. BGB verlassen
und daher keine Vereinbarungen zur Erleichterung des Regresses getroffen
haben. Dass das Problem der Regressfallen in diesem Fall durch das Ergreifen
privatautonomer Sicherungsmaßnahmen gelöst werden könne576, trifft also nicht
zu.577 Da aber nie ausgeschlossen werden kann, dass eine für den Absatz an Verbraucher bestimmte Sache zu gewerblichen bzw. beruflichen Zwecken benutzt
wird, soll für die analoge Anwendung der §§ 478 f. BGB der Nachweis einer
hohen Wahrscheinlichkeit des Letztverkaufs an Verbraucher ausreichend sein.578
In Griechenland auf der anderen Seite ist der Gesetzgeber auch in diesem Punkt
dem Konzept einer überobligatorischen Umsetzung gefolgt. Die Regressvorschriften befinden sich dort in Artt. 560 f. AK, nämlich im allgemeinen Kaufrecht
und nicht im Verbraucherschutzgesetz 2251/1994, wo die auf den Verbrauchsgüterkauf zugeschnittenen Bestimmungen stehen. Aus der systematischen Stellung
der Regressregelung ergibt sich also im griechischen Recht keine Beschränkung
des besonderen Rückgriffs auf den Fall eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der
Absatzkette. Und dies wird auch nicht ausdrücklich vorausgesetzt. Der Rückgriff
ist somit für alle Absatzketten einheitlich geregelt. Auch wenn kein Rechtsverhältnis zwischen einem Lieferanten und einem Verbraucher am Ende der Vertragskette steht, kommt die Regelung von Artt. 560 f. AK dem Letztverkäufer und
den anderen Gliedern der Kette bei der Regressnahme zu Gute. Dass kein Ver-
574 Büdenbender, in: Dauner-Lieb u.a. (Hrsg.), Das neue Schuldrecht – Ein Lehrbuch, § 8, Rn.
100; vgl. auch Tröger, AcP 204 (2004), 115 (121).
575 Diese Weiterveräußerung in Kenntnis des Mangels, wirkt sich nach Erman-Grunewald, §
478, Rn. 9 im Rahmen der vom Unternehmer gegen den Letztverkäufer gerichteten
Ansprüche aus (Mitverschulden an der Schadensentstehung).
576 Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. XXXII f.; Jud, ZfRV 2001, 201 (206).
577 So auch Tröger, AcP 204 (2004), 115 (121 f.).
578 s. Tröger, AcP 204 (2004), 115 (122 f.)
147
braucher am Ende der Lieferkette steht, ist aber nach der griechischen Verbraucherdefinition, die lediglich auf den Letztempfängerstatus abstellt, fast ausgeschlossen. Deswegen war ein Hinweis auf die Verbrauchereigenschaft des Endkäufers im griechischen Regressrecht eigentlich nicht nötig. Es könnte jedoch
vorgesehen werden, dass der Endkäufer (=Verbraucher) von einem Lieferanten
(i.S.v. Art. 1 § 4 b des VSG 2251/1994, nämlich einem professionellen Käufer)
gekauft haben muss. Dies würde bedeuten, dass ein Verbrauchsgüterkauf am
Ende der Lieferkette vorausgesetzt würde. Dies hat der griechische Reformgesetzgeber aber auch nicht getan, so dass nach dem Wortlaut von Art. 560 AK der
letzte Kauf in der Lieferkette auch der Kauf von einem Privatmann sein kann.
Die Einbeziehung der griechischen Regressregelung in das allgemeine Kaufrecht trägt dem Umstand Rechnung, dass die Regressproblematik in jedem Kauffall in vergleichbarer Weise wie im Rahmen des Verbrauchsgüterkaufs besteht.
Außerdem ist der griechische Gesetzgeber durch die Lokalisierung der Regressbestimmung im allgemeinen Kaufrecht in seiner Grundentscheidung für eine
überschießende Umsetzung der Richtlinienvorgaben und die Schaffung eines einheitlichen Kaufrechts konsequent. Gerade deswegen ist die Regelung des
Regresses in Zusammenhang mit dem Verbrauchsgüterkauf in Deutschland
bedenklich, da auch hier die Vorschriften der RL auf das allgemeine Kaufrecht
ausgedehnt wurden, um eine Rechtszersplitterung zu vermeiden.579 In Griechenland ist auch die Beweislastumkehr im allgemeinen Kaufrecht enthalten, während
sie in Deutschland auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt ist. Dies stellt aber
keinen ausreichenden Grund für die Verbraucheranbindung des Regresses in
Deutschland dar. Wie schon gesagt, gibt es außer der Beweislastumkehr auch
andere Umstände, die den Letztverkäufer unabhängig von der Verbrauchereigenschaft seines Abnehmers belasten. Die Entscheidung des griechischen Gesetzgebers ist somit in diesem Punkt gelungener. Durch sie werden Brüche und praktische Ungereimtheiten vermieden, die in Deutschland weiter bestehen.
Wegen des Abstellens auf das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs im deutschen Recht und der fehlenden Vorhersehbarkeit bei den sogenannten Dual-Use-
Produkten580, ob am Ende der Vertragskette ein Verbrauchsgüterkauf stehen wird,
ist in Deutschland eine gewisse Rechtsunsicherheit unvermeidlich. Dies ist darauf zurückzuführen, dass § 474 i.V.m. § 13 BGB für das Vorliegen eines Verbrauchsgüterkaufs nicht auf die Eigenschaft der Sache als Verbrauchsgut, sondern auf ihren Erwerb zu privaten Zwecken abstellt. Der Hersteller wird wohl in
vielen Fällen nicht wissen, unter welchen Bedingungen er haftet, da der Letztverkäufer es durch die Wahl des Vertragspartners in der Hand hat, welches Recht für
579 Vgl. Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 108; auch Höpker, Verkäuferregress, S. 63,
der sich aber im Ergebnis gegen die Regelung des Verkäuferregresses im allgemeinen
Kaufrecht äußert und diesen lediglich für einen Reflex bzw. Annex zu den Sonderregeln
über den Verbrauchsgüterkauf hält.
580 Darunter sind die Sachen zu verstehen, die sowohl von Verbrauchern als auch von Nichtverbrauchern gekauft werden können, m.a.W. die sowohl für private als auch für gewerbliche Zwecke genutzt werden können. Diese stellen eigentlich die überwiegende Bandbreite von Produkten dar.
148
die vorgelagerten Rechtsverhältnisse zur Anwendung kommt.581 Ein Schutz vor
dieser Gefahr kann den Kettengliedern die Einbeziehung alternativer AGB (oder
Vertragsklauseln im Allgemeinen) in ihre Verträge bieten. Sie können nämlich
entsprechende Haftungsbedingungen für den Fall des Vorliegens eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Kette einserseits und für den Fall dessen Fehlens
andererseits vorsehen.582 Auch dieser Lösung ist jedoch ein Grad an Ungewissheit
immanent.
In der Vertragspraxis finden sich Bestrebungen, bei der vertragsrechtlichen
Absicherung der Rückgriffsmöglichkeiten die Voraussetzung eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette zu ignorieren und die Regressnormen entsprechend auch auf Fälle von Unternehmern als Letztabnehmern anzuwenden.583
Der BGH hat jedoch entschieden, dass eine AGB-Klausel, nach der der Rückgriffsanspruch auch dann dem Letztverkäufer gegen seinen Lieferanten zusteht,
wenn es sich nicht um einen Verbrauchsgüterkauf zwischen dem Letztverkäufer
und seinem Abnehmer handelt, der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhält.584 Die Erstreckung der Regressregelung auf sämtliche Verkaufsgeschäfte sei
mit dem gesetzgeberischen Grundgedanken des Ausgleichs spezifisch verbraucherschutzrechtlicher Nachteile des Einzelhandels beim Verbrauchsgüterkauf
nicht zu vereinbaren, der den Gesetzgeber bewogen habe, die Rückgriffsregelung
allein für den Verbrauchsgüterkauf vorzusehen.585 Der vom Verkäufer/Verwender
der Klausel angeführte Umstand, dass es ihm praktische Schwierigkeiten bereiten
würde, jeweils festzustellen und zu dokumentieren, ob sein Abnehmer Verbraucher ist oder nicht, wurzele allein in seinem Verantwortungsbereich und könne
nach dem – nicht recht überzeugenden – Urteil des BGH nicht als Rechtfertigung
dafür dienen, seine Lieferanten, auch für den Fall des Verkaufs an Unternehmer
einer Rückgriffsregelung zu unterwerfen, deren Nachteile das Gesetz dem Lieferanten nur um eines verbesserten Verbraucherschutzes willen zumute.
c. Bewegliche oder auch unbewegliche Sachen
Aus dem Erfordernis eines Verbrauchsgüterkaufs am Ende der Lieferkette nach
dem deutschen Recht ergibt sich, dass der Regress nach §§ 478 f. BGB ausschließlich bewegliche Sachen erfasst. Diese Beschränkung ist in §§ 478 f. BGB
nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Regressbestimmungen setzen aber einen Verbrauchsgüterkauf am Ende der Absatzkette voraus und ein solcher ist nach § 474
Abs. 1 BGB nur bei beweglichen Sachen möglich.586 Auch Art. 1 Abs. 4 RL sieht
581 Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561 (2563).
582 Schubel, JZ 2001, 1113, (1116 f.); Höpker, Verkäuferregress, S. 63; Matusche-Beckmann,
BB 2002, 2561 (2563), Fn. 28.
583 Dazu Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64.
584 BGH NJW 2006, 47 (50), Nr. 38-41.
585 BGH NJW 2006, 47 (50), Nr. 41.
586 Höpker, Verkäuferregress, S. 57.
149
nur bewegliche Sachen als „Verbrauchsgüter“ an. Auf solche bezieht sich – wenn
auch nicht ausdrücklich – die Regressvorschrift von Art. 4 RL, und daher ist die
Richtlinienkonformität der Beschränkung des Regresses nach §§ 478 f. BGB auf
bewegliche Sachen unbedenklich.
Nach dem griechischen Recht beschränkt sich die Regresserleichterung von
Art. 560 AK nicht auf bewegliche Sachen. Da sich die Regressregelung im allgemeinen Kaufrecht befindet, braucht die Kaufsache kein Verbrauchsgut (und somit
keine bewegliche Sache) zu sein. Praktisch ist aber im Bereich von unbeweglichen Sachen ein geschlossenes Absatzsystem in der Form einer Kette, bei der
die Regressproblematik zu Tage treten kann, selten.
d. Beschränkung auf die Rechtsverhältnisse zwischen Unternehmern?
aa. Unternehmer als Regressschuldner?
i) Im deuschen Recht
Wie schon im Rahmen der Auseinandersetzung mit der Frage, wer nach Art. 4 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie eine „Zwischenperson“ sein kann, geschildert
wurde,587 ist eine Inanspruchnahme von Verbrauchern (im Sinne von Art. 1 Abs.
2 lit. a der RL) im Wege des besonderen (privilegierten) Regresses auszuschlie-
ßen. Dies hat der deutsche Gesetzgeber erkannt und als Voraussetzung des Regresses nach §§ 478, 479 BGB die Unternehmereigenschaft des Regressschuldners588 eingeführt. Dies ist ausdrücklich in der Vorschrift von § 478 Abs. 1 vorgesehen. Sie spricht von den Rechten „des Unternehmers gegen den Unternehmer, der ihm die Sache verkauft hat (Lieferant)“. Da sowohl der Regressnehmende als auch der Regresspflichtige Unternehmer sein müssen, finden die Bestimmungen von §§ 478 f. BGB auf die sogenannten B2B-Geschäfte („businessto-business“, nämlich auf die Verhältnisse zwischen Unternehmern) Anwendung.
Das wird auch in §§ 478 Abs. 5 und 479 Abs. 3 klargestellt, welche die Anwendbarkeit der Regressvorschriften auf alle Rechtsverhältnisse der Absatzkette unter
der Voraussetzung ausdehnen, dass die Schuldner Unternehmer sind. In den Gesetzesmaterialien wird angeführt, dass nur Unternehmer von den Regressbestimmungen betroffen sein sollen. § 478 BGB sei auf die Bedürfnisse des Handels zugeschnitten. Allerdings dürften die Fälle, in denen ein Verbraucher eine neu hergestellte Sache, also ohne sie zuvor auch nur kurz benutzt zu haben, weiterverkauft, ohnehin eher selten sein.589 Diese Entscheidung des deutschen Gesetzgebers
ist sachgerecht und auch richtlinienkonform, da der Richtliniengeber einen Re-
587 s. oben unter II.2.c.bb.ii)?.
588 Zu dem Zeitpunkt, an dem die Unternehmereigenschaft vorliegen muss, s. Schumacher,
Der Lieferantenregress, S. 96.
589 RegBegr, in: Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 878.
150
gress gegen Verbraucher nicht intendiert hat.590 Er ging offenbar von dem Modell
der typischen Absatzkette aus, bei der die Sache vom Hersteller über mehrere
Handelsstufen an den Verbraucher gelangt. Die verrbaucherschützende Zielrichtung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lässt sich außerdem mit einer verschärften
Haftung des Verbrauchers als Gewährleistungsschuldner nicht vereinbaren.
ii) Im griechischen Recht
In der griechischen Regressregelung ist die Voraussetzung der Unternehmereigenschaft der Rückgriffsschuldner nicht enthalten. Art. 560 AK spricht von den
Rechten des Letztverkäufers gegen frühere Verkäufer und Art. 561 AK dehnt die
Vorschrift von Art. 560 AK auf den Regress gegen jeden früheren Verkäufer derselben Sache aus. Es wird nicht gefordert, dass diese Unternehmer, Lieferanten
(i.S.v. Art. 1 § 4 lit. b des grVSG) oder Kaufleute sind oder dass sie zu gewerblichen Zwecken den Verkauf der Sache tätigen. In Griechenland wäre aber eine
solche Eigenschaft des Regressschuldners notwendiger als in Deutschland, da
von Art. 560 AK auch nicht gefordert wird, dass die Sache neu ist. Da ein Verbraucher (i.S. des nicht zu einem beruflichen oder gewerblichen Zweck Handelnden – nach der europarechtlichen und der deutschen Definition) oder ein Privatmann (nach dem griechischen Recht, in dem Verbraucher nur der Letztempfänger
sein kann) selten neu hergestellte Sachen an einen Unternehmer verkaufen, hat
die Beschränkung von §§ 478 f. BGB auf Unternehmer als Regressschuldner geringe zusätzliche Bedeutung.591 In Griechenland wäre sie aber sinnvoll, da der besondere Regress auch beim Verkauf gebrauchter Sachen zur Anwendung kommt.
Verbraucher wiederum (Privatleute wegen der Vosaussetzungen der Letztempfängereigenschaft in der griechischen Verbraucherdefinition) verkaufen eher gebrauchte als fabrikneue Sachen und in diesem Fall laufen sie Gefahr regresspflichtig zu werden, sofern die Sache abermals weiterverkauft wird. Die griechische Regressregelung ist insoweit richtlinienwidrig, als nach ihrem Wortlaut
Verbraucher (im europarechtlichen Sinne) vom Schuldnerkreis des nach Art. 560
f. AK privilegierten Regresses nicht ausgeschlossen sind. Und sie können um so
mehr als Regressschuldner belangt werden, als der Rückgriff nach Artt. 560 f. AK
auch den Verkauf gebrauchter Sachen erfasst.
Wegen des griechischen Verbraucherbegriffs (Art. 1 § 4 a grVSG 2251/1994),
nach dem Verbraucher die Letztempfänger von Waren oder Dienstleistungen sind,
könnte die Ansicht vertreten werden, dass die Verbraucher nie Regressschuldner
sein können, da derjenige, der etwas verkauft, kein Letztempfänger (mehr) und
somit per Definition kein Verbraucher ist. Dieses Verständnis der Sache ist jedoch
zu formell und verfehlt. Dadurch ist lediglich eine „Umgehung“ der Verbrauchereigenschaft in dem Sinne erreicht, als dass derjenige, der verkauft, kein Verbrau-
590 s. unter II.2.c.bb.ii)?. vgl. auch Fischer-Czermak, in: FS Krejci, Bd. II, S. 1176 (1178 f.);
Schumacher,Der Lieferantenregress, S. 98.
591 Vgl. dazu Haas, in: Haas u.a. (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Rn. 481.
151
cher mehr ist. Deswegen sei es richtlinienkonform, wenn er Regressschuldner
werde. Damit die Richtlinienkonformität der Haftung des Verbrauchers als
Regressschuldner beurteilt wird, muss jedoch auf die Verbraucherdefinition der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie abgestellt werden. Durch die Nicht-Einführung
der Voraussetzung, dass die Regressschuldner Kaufleute oder Unternehmer sein
müssen, können durch Art. 560 AK Personen benachteiligt werden, die zumindest
nach der Richtlinie (schutzwürdige) Verbraucher sind. Obwohl also bezüglich der
Umsetzung der übrigen Richtlinienvorschriften die von der RL abweichende
griechische Verbraucherdefinition als unproblematisch erscheint592, weil sie breiter ist und somit einen größeren Personenkreis schützt, kann sie im Rahmen der
Regressregelung zu Ungereimtheiten führen. Es handelt sich hier um einen Punkt,
in dem die Erweiterung des Verbraucherbegriffes zu einer Verringerung des Verbraucherschutzes führen kann. Zu beachten ist jedoch, dass die Verbrauchereigenschaft sowieso nur für die Anwendung der Vorschriften des VSG 2251/1994
erheblich ist. Darin sind im Bereich des Kaufrechts außer der Beschränkung der
Abdingbarkeit nur marginale Regelungen hinsichtlich der Garantietransparenz
enthalten. Alle anderen Vorschriften der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wurden
im AK in überobligatorischer Weise umgesetzt. Sie kommen jedem Käufer und
nicht nur Verbrauchern zu Gute. Deswegen braucht nicht in jedem Fall untersucht
zu werden, ob der Käufer Verbraucher ist. Jeder Käufer ist erfasst und somit sind
die Spannungen zwischen der europarechtlichen und der griechischen Verbraucherdefinition insoweit593 praktisch irrelevant. Durch die überschießende Umsetzung auch von Art. 4 RL besteht aber die Gefahr, dass Verbraucher – nach der
europarechtlichen Definiton des Begriffs – belastet werden.594 Und deswegen ist
in diesem Rahmen auch die Frage, wer ein Verbraucher sein kann, von großer
Bedeutung und praktischer Relevanz.
Wer zum Weiterverkauf kauft, ist nach dem griechischen Recht auf keinen Fall
Verbraucher. Die Sache ist nicht für ihn bestimmt und er ist nicht ihr Letztempfänger (Voraussetzungen der Verbrauchereigenschaft nach Art. 1 § 4 a VSG 2251/
1994). Der Gesetzgeber dürfte bei der Formulierung von Art. 560 AK – sowie der
Richtliniengeber in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie – an die typische,
organisierte Absatzkette gedacht haben, bei der über eine Kette von Verträgen
zwischen Gewerbetreibenden die Sache bis zum Verbraucher gelangt. Diese
Kette wird vom Hersteller gezielt zum Absatz seiner Waren an den Endabnehmer
eingesetzt. Deswegen ist in Art. 560 AK von „aufeinanderfolgenden Käufen“ und
vom „Letztverkäufer“ die Rede. Bei einer solchen Absatzkette können die Zwischenglieder keine Verbraucher sein. Dass der Hersteller Verbraucher (in europa-
592 s. bereits oben unter III.5.b.
593 Ungeachtet anderer, nicht ausschließlich kaufrechtlicher Fragen, für die die Verbrauchereigenschaft entscheidend ist, wie z.B. des Eingriffs der AGB-Kontrolle
594 s. Roth, JZ 2001, 483 (“Entscheidet sich der nationale Gesetzgeber für eine Erweiterung
des persönlichen Anwendungsbereichs beim Umsetzungsrecht, so hat er strikt darauf zu
achten, dass dies nicht mit einer Unterschreitung des für Verbraucherverträge vorgeschriebenen Schutzniveaus verbunden wird.“); vgl. auch Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann
(Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 481 (487).
152
rechtlichem Sinne dieses Mal) in den Absatzvorgang einschaltet, ist praktisch
ausgeschlossen.595 Die Zwischenverkäufer sind Durchgangsstationen auf dem
Weg der Sache bis zum Letztempfänger (nämlich dem Verbraucher nach der griechischen Definition), der das Ziel der ganzen Absatzorganisation darstellt. Für
ihn sind die auf dem Markt angebotenen Sachen bestimmt.
Es kommt selten vor, ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass der als „Letztempfänger“ gedachte die erworbene Sache weiterverkauft. Aber auch wenn er dies
tut, handelt es sich nicht mehr um die typische Absatzkettenproblematik, da der
weiterverkaufende „Verbraucher“ – nunmehr Privatmann, weil kein Letztempfänger mehr596 – kein Teil des vom Hersteller initiierten Vertriebssystems ist.
Wenn jemand vom Laden mit der neu erworbenen Sache austritt, ist er nach der
Verkehrsanschauung der Letztempfänger der Sache. Die Lieferkette habe sein
Ziel erreicht; die Sache ist zum Verbraucher gekommen. Niemand denkt daran,
dass er diese wohl weiterverkauft. Wenn der Verbraucher aber diese bereits
erworbene neue Sache – als Privatmann – weiterverkauft und diese mangelhaft
ist, wird er natürlich gegenüber seinem Abnehmer haften und wird auch Regress
nach Art. 560 AK gegen seinen Vormann nehmen können, da die griechische
Regressregelung (anders als die deutsche) nicht voraussetzt, dass der Regressnehmende Unternehmer ist. Damit aber der „Verbraucher“ regresspflichtig wird,
muss aber sein Abnehmer die Sache weiterverkaufen. Bei neu hergestellten
Sachen ist also die Möglichkeit, dass der „Verbraucher“ regresspflichtig wird,
nicht ausgeschlossen, wenn auch selten.
Da aber ein Verbraucher eine Sache in der Regel erst dann verkauft, wenn er
sie einige Zeit gebraucht hat, ist es wahrscheinlicher, dass er als Regressschuldner
in Betracht kommt, wenn er eine gebrauchte Sache verkauft. Angesichts der Tatsache, dass die griechischen Regressbestimmungen im Gegensatz zu den deutschen nicht auf neu hergestellte Sachen zugeschnitten sind597, können Artt. 560 f.
AK auch im Fall des Verkaufs von gebrauchten Sachen angewandt werden. Wenn
ein „Verbraucher“ eine gebrauchte Sache verkauft, gehört er mit seiner Eigenschaft als Verkäufer nicht zu der vom Hersteller eingeschalteten Absatzkette,
durch welche die Sache zu ihm gelangt ist; trotzdem ist er vom Wortlaut von Art.
560 AK als Regressschuldner erfasst. Es ist an das Beispiel zu denken, dass ein
(früherer) „Verbraucher“ seinen Gebrauchtwagen als Privatmann an einen
Gebrauchtwagenhändler verkauft und dieser ihn weiterverkauft. Nach der grie-
595 Ebenso die Überlegungen von Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 119.
596 Nach der griechischen Verbraucherdefinition ist der Verkaufende i.d.R. kein Verbraucher.
Wegen des Abstellens des Verbraucherbegriffs auf die Letztempfängereigenschaft, genießt
diese Person den Verbraucherschutz grundsätzlich nicht mehr. Ausnahmsweise kann es
jedoch vorkommen, dass ein Verkaufender schutzwürdig ist und den Verbraucherschutz
verdient, z.B. bei Haustürgeschäften. Denkbar ist z.B. die Konstellation, dass jemand zu
Hause überrumpelt wird, indem der Vertreter eines Antiquitätenladens ihn besucht, um
eine Antiquität von ihm zu kaufen. Zu diesen Fällen Skorini-Paparrigopoulou, Der Vertrag
außerhalb des Ladens, S. 96 ff., die den Verbraucherstatus der unter solchen Umständen
Verkaufenden annimmt, obwohl sie nicht die Empfänger der Waren sind.
597 Dazu unten unter e.bb.
153
chischen Regressregelung ist unerheblich, ob der Endabnehmer Verbraucher ist
oder nicht.598 Unabhängig davon wird der Gebrauchtwagenhändler bei Mangelhaftigkeit der Sache bei seinem Verkäufer (dem Privatmann, nach der europarechtlichen Definition jedoch noch Verbraucher als nicht gewerblich Handelnden) regressieren können. Der Regress nach Art. 560 AK wirkt dann zu Lasten
des Verbrauchers, was natürlich von der RL ungewollt war. Die gleiche Gefahr
besteht auch im Falle eines Wiederkaufs (Art. 565 AK)599, nämlich wenn der Verkäufer die Sache vom Verbraucher zurück erwirbt.600
Da dieses Ergebnis gegen die Richtlinie und ihre verbraucherschützenden
Ziele verstößt und der Gesetzgeber an die typische, vom Hersteller initiierte Vertriebskette gedacht haben dürfte, ist durch eine restriktive richtlinienkonforme
Auslegung von Art. 560 AK die unbillige Haftung von Verbrauchern – oder
jedenfalls Privatleuten nach dem griechischen Recht – als Regressschuldnern
gemäß Art. 560 AK zu vermeiden. Demnach ist der Anwendungsbereich von Art.
560 AK auf Handelskäufe zu beschränken. Da aber die die Richtlinie umsetzenden Vorschriften in Griechenland nicht nur an dem Verbraucherschutz orientiert sind, sondern das Schutzniveau jedes Käufers erhöhen601, wird die Beschränkung des Regresses nach Artt. 560 f. AK auf Handelskäufe entgegen einer Literaturansicht nicht direkt aus der Zielsetzung des griechischen Gesetzes602, sondern aus derjenigen der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie abgeleitet. Für die Richtlinienkonformität der griechischen Regressregelung müssen die Verbraucher im
Sinne der Richtlinie, nämlich diejenigen, die zu einem Zweck handeln, der nicht
ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann, keine
zusätzlichen Belastungen erleiden; es soll also verhindert werden, dass sie nach
Art. 560 AK rückgriffspflichtig werden, auch wenn sie nach dem griechischen
Recht wegen des Weiterverkaufs keine Verbraucher mehr sind.
Obwohl der griechische Gesetzgeber den Schutz der Käufer im Allgemeinen
und nicht nur der Verbraucher im Auge hatte, intendierte er natürlich nicht, die
Verbraucher zu belasten. Bei der Einführung der Regressvorschriften dürfte er an
die typische, organisierte, aus Händlern bestehende Absatzkette gedacht haben.
Der Verbraucher ist in aller Regel das Ziel und kein Zwischenglied dieser Kette.
Diese Vorstellung des griechischen Reformgesetzgebers kommt auch dadurch
zum Ausdruck, dass er von „aufeinanderfolgenden“ Kaufverträgen spricht.
Nichtkaufmännische Kaufverträge sind jedoch nur zufällig aufeinanderfol-
598 Keine im AK enthaltene Vorschrift des griechischen Kaufrechts stellt auf die Verbrauchereigenschaft des Käufers ab. Diese ist nur für die Regelungen des Verbraucherschutzgesetzes 2251/1994 erheblich.
599 Vgl. §§ 456 ff. BGB
600 Darauf weist auch Christodoulou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 922 hin.
601 Vgl. Papanikolaou, in: Papanikolaou u.a., Das neue Recht der Verkäuferhaftung, Rn. 238,
der von einer „monistischen Orientierung“ der griechischen Umsetzungsvorschriften an
der Verstärkung der Käuferrechte im Allgemeinen spricht.
602 Christodoulou, a.a.O., Rn. 922.
154
gend.603 Man kann somit zu einem richtlinienkonformen Ergebnis gelangen, wenn
die Voraussetzung des „Aufeinanderfolgens“ der Kaufverträge im Lichte von Art.
4 RL so ausgelegt wird, dass Nichthandelskäufe nicht „aufeinanderfolgend“ i.S.
von Art. 560 AK sein können, da der Verkauf von einem Verbraucher/Privatmann
in der Regel zufällig erfolgt und er vom Hersteller der Sache nicht als potentieller
Veräußerer, sondern als ihr Empfänger gedacht wird. „Aufeinanderfolgend“ sind
somit die typischerweise zur geschlossenen Absatzkette gehörenden Kaufverträge, die in der Regel vom Hersteller eingesetzt werden. Der Kaufvertrag zwischen
dem Verbraucher/Privatmann und seinem Abnehmer zählt nicht zu ihnen. Deswegen können Privatleute keine Regressschuldner sein. Als „vorige Verkäufer“,
gegen die Regress nach 560 AK genommen werden kann, kommen nur gewerblich oder beruflich tätige Verkäufer in Betracht. Damit ist auch die Richtlinienkonformität der griechischen Regressregelung sichergestellt. Art. 4 RL spricht
vom Regress gegen die Haftenden. Und Haftende können der Hersteller, ein
früherer Verkäufer oder eine andere Zwischenperson sein. Der Hersteller ist
selbstverständlich kein Verbraucher. Der Verkäufer ist als jede natürliche oder
juristische Person, die aufgrund eines Vertrages im Rahmen ihrer beruflichen
oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft, definiert (Art. 1 Abs. 2 lit.
c RL), und nach richtigem Verständnis vom Art. 4 RL können Verbraucher keine
„Zwischenpersonen“ sein. 604
Natürlich kann der Verbraucher/Privatmann, der die Sache verkauft hat, nach
den allgemeinen Gewährleistungsrechten in Anspruch genommen werden. Dann
aber läuft er nicht das erhöhte Risiko, auch nach Ablauf der normalen Verjährungsfrist haften zu müssen. Dieses Risiko ist lediglich bei Gewerbetreibenden,
m.a.W. bei professionellen Verkäufern, hinzunehmen, die zu der organisierten
Absatzkette gehören und die Sache nicht zufällig weiterveräußern.
bb. Unternehmer als Regressberechtigte?
Wie schon erwähnt, müssen nach §§ 478 f. BGB auch die Regressnehmenden Unternehmer sein. Der besondere Regress beschränkt sich also auf Rechtsverhältnisse zwischen Unternehmern (B2B-Geschäfte). In Griechenland ist für die Anwendung von Artt. 560 f. AK die Voraussetzung der Unternehmereigenschaft weder des Regressschuldners605 noch des Regressgläubigers gefordert. Auch ein
Verbraucher, der als Privatmann die Sache weiterverkauft hat, kann nach dem
Wortlaut von Art. 560 AK Regressgläubiger mit der in dieser Vorschrift vorgesehenen Erleichterung sein, wenn er gegenüber seinem Abnehmer wegen der Mangelhaftigkeit der Sache gehaftet hat. Dies ist ein verbraucherfreundliches Ergebnis, das sich auch mit der Richtlinie vereinbaren lässt (vgl. Art. 8 Abs. 2 RL), obwohl Art. 4 RL als Regressgläubiger den Letztverkäufer nennt, also nach der De-
603 So auch Christodoulou, a.a.O., Rn. 922.
604 Dazu bereits unter II.2.c.bb.ii)?.
605 Dazu eingehend oben unter aa. ii).
155
finition des Verkäufers in Art. 1 Abs. 2 lit. c RL eine Person, die im Rahmen ihrer
beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit Verbrauchsgüter verkauft.
e. Neu hergestellte oder auch gebrauchte Sachen
aa. Nach dem deutschen Recht
Ein weiterer Unterschied zwischen den Voraussetzungen des Regresses nach
§§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK besteht darin, dass der Anwendungsbereich
der deutschen Regressregelung auf neu hergestellte606 Sachen beschränkt ist,
während derjenige der griechischen auch gebrauchte Sachen erfasst.607 Sowohl in
§ 478 Abs. 1 als auch in § 478 Abs. 2 wird ausdrücklich auf neu hergestellte Sachen abgestellt. Dies wurde vom Gesetzgeber damit begründet, dass bei gebrauchten Sachen in aller Regel keine geschlossene Vertriebskette vorliege, die
Erleichterungen bei dem Rückgriff rechtfertigen könnte.608 Dass das Bestehen einer Absatzkette beim Verkauf von gebrauchten Sachen selten ist, trifft zwar zu;
es ist jedoch nicht ausgeschlossen. Z.B. im Handel mit gebrauchten Wagen ist
dies durchaus vorstellbar, und in solchen Fällen besteht dann auch das Bedürfnis
nach einem effektiven Regress. Die Begründung des deutschen Gesetzgebers
überzeugt daher nicht, da sie nicht erklärt, warum die besondere Regressregelung
nicht gilt, falls es (wenn auch ausnahmsweise) eine geschlossene Lieferkette zum
Absatz gebrauchter Sachen gibt.609
Außerdem wird in der Richtlinie hinsichtlich des Regresses nicht zwischen
fabrikneuen und gebrauchten Sachen unterschieden. Natürlich dürfte auch der
Richtliniengeber hauptsächlich den Handel mit neu hergestellten Sachen im Auge
haben, denn die Absatzkettenproblematik besteht vor allem in diesem Bereich.
Der Anwendungsbereich von Art. 4 RL ist jedoch nicht auf neu hergestellte
Sachen beschränkt, und gegen eine eventuelle Auslegung der Vorschrift in diese
Richtung spricht auch Art. 7 Abs. 1 S. 2 der RL, der nationale Sonderregelungen
für gebrauchte Sachen bezüglich der Dauer der Verjährungsfrist zulässt. Außerdem sieht Art. 1 Abs. 3 RL vor, dass die Mitgliedstaaten festlegen können, dass
unter „Verbrauchsgütern“ keine gebrauchten Sachen zu verstehen sind, die in
einer öffentlichen Versteigerung verkauft werden, bei der die Verbraucher die
Möglichkeit haben, dem Verkauf persönlich beizuwohnen. Im Umkehrschluss
606 Zu der Frage, wann eine Sache als neu hergestellt anzusehen ist, wird im Schrifttum ein
Rückgriff auf die Rechtsprechung zu § 11 Nr. 10 AGBG a.F. vorgeschlagen. Vgl. Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 101; Höpker, Verkäuferregress, S. 87, Fn. 640; Schultze-Melling, Der Rückgriff, S. 70. Nguyen, Der Rückgriff des Unternehmers, S. 110 orientiert sich jedoch an der Judikatur zu § 950 Abs. 1 BGB.
607 Auch das österreichische Regressrecht, das als Vorbild für die deutsche Regelung gedient
hat, sieht in §§ 922, 933 b ABGB keine Beschränkung auf neu hergestellte Sachen vor.
608 RegBegr zu § 478, Abs. 1, S. 1, in: Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 876.
609 Ebenso Tröger, AcP 204 (2004), 115 (123).
156
aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass alle anderen Richtliniennormen sowohl
auf neue als auch auf gebrauchte Sachen Anwendung finden. Da der deutsche
Gesetzgeber die Regressprivilegien von §§ 478 f. BGB lediglich für die Verkäufer
neuer Sachen vorgesehen hat und dem Bereich des Gebrauchtwarenhandels keinen effektiven Regress gesichert hat610, ist die Regressregelung der §§ 478 f. BGB
insoweit richtlinienwidrig.611 Es kann nicht angenommen werden, dass zu dem
„entsprechenden Vorgehen“ und den „Modalitäten“ des Regresses, deren Regelung dem nationalen Gesetzgeber überlassen bleibt, auch eine Auswahl bestimmter Sachen gehört, auf welche die Möglichkeit zum effektiven Regress beschränkt
wird.612
Diese Richtlinienwidrigkeit kann weder mittels teleologischer Auslegung613
noch durch eine Analogie überwunden werden.614 Gegen die erste Möglichkeit
spricht der eindeutige Wortlaut der Regressvorschriften, der keinen Beurteilungsspielraum belässt615, wie es vom EuGH für eine richtlinienkonforme Auslegung
vorausgesetzt wird.616 Und eine analoge Anwendung der §§ 478 f. BGB auf
gebrauchte Sachen scheidet wegen des Fehlens einer planwidrigen Regelungslücke aus. Es war der Wille des Gesetzgebers, die Regressprivilegien nur bei den
organisierten Absatzketten zum Vertrieb neu hergestellter Sachen gelten zu lassen. Und dieser Wille kam sowohl im Gesetz als auch in der Regierungsbegründung zum Ausdruck.617
610 Böhle, Der Rückgriff, S. 194 scheint den Regress nach den allgemeinen Gewährleistungsrechten bei mangelhaften gebrauchten Sachen für ausreichend zu halten.
611 Ebenso Canaris, Schuldrechtsreform 2002, Einführung, S. XXXII; Ernst/Gsell, ZIP 2001,
1389 (1402); Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 104; Kompaktkommentar-Tonner,
§ 478, Rn. 8; Höpker, Verkäuferregress, S. 90; Schultze-Melling, Der Rückgriff, S. 72;
Bittner, Der Regress des Letztverkäufers, S. 131; von einer „lückenhaften“ Umsetzung von
Art. 4 spricht Nguyen, Der Rückgriff des Unternehmers, S. 112; a.A. MüKo-Lorenz, § 478,
Rn. 2, nach dem die allgemeinen, nicht privilegierten Mängelrechte des Unternehmers die
Voraussetzungen des Art. 4 RL erfüllen.
612 s. Ernst/Gsell, ZIP 2001, 1389 (1402).
613 Vgl. den Vorschlag von Jud, ZfRV 2001, 201 (206), das „Neuhergestellte“ in der Wartung
und Prüfung der Ware zu sehen. Dies geht aber sehr weit über den möglichen Wortsinn
hinaus und kann sowieso nicht jeden Kauf von Gebrauchtwaren erfassen. Kritisch dazu
auch Höpker, a.a.O., S. 91; Schumacher, a.a.O., S. 102.
614 So auch Schumacher, a.a.O., S. 104 f.; und im Ergebnis Böhle, Der Rückgriff, S. 194.
615 So auch die h.M.; s. statt vieler Canaris, Schuldrechtsreform 2002, Einführung, S. XXXII;
Jacobs, JZ 2004, 225 (227); ebenso Klose, Risikollokation beim Lieferantenregress,
S. 165, der hierzu noch die Meinung vertritt, dass das in Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie verankerte Verursachungsprinzip gegen die Enbeziehung gebrauchter Sachen in
den Anwendungsbereich der §§ 478, 479 spricht, die auch nach seiner rechtsökonomischen
Analyse nicht geboten wäre (dazu S. 165 ff.).
616 EuGH Rs. 14/83, Slg. 1984, S. I-1891 (1909 f.) (von Colson und Kamann).
617 Zur Befürchtung, dass der deutsche Staat künftig Schadensersatzansprüchen von Verkäufern gebrauchter Sachen ausgesetzt werde, s. Schumacher, a.a.O., S. 120 sowie die eingehende Erwägung dieser Möglichkeit bei Höpker, a.a.O., S. 94 f.
157
bb. Nach dem griechischen Recht
Der griechische Gesetzgeber hat den Regress mit dem Privileg von Art. 560 AK
nicht nur auf den Vertrieb neu hergestellter Sachen beschränkt. Wegen der in Art.
560 AK vorgesehenen Voraussetzung, dass die Käufe „aufeinanderfolgend“ sein
müssen, könnte jedoch davon ausgegangen werden, dass auch die griechische Regressregelung nur solche Käufe erfasst, bei denen der Verkäufer die Sache nicht
benutzt hat. Der Gebrauch der Sache in einer Stufe der Absatzkette könnte die Erfüllung der Voraussetzung des Aufeinanderfolgens der Kaufverträge ausschlie-
ßen, da sich der Weiterverkauf der Sache wegen ihrer Benutzung verzögert. Wenn
z.B. eine Sache zuerst vom Hersteller als neu verkauft wird, dann von einem
Händler an seinen Kunden und letztlich von diesem nach Gebrauch weiterveräu-
ßert wird, ist außerdem die Erleichterung des Regresses des letzten Verkäufers
gegen seinen Vormann und damit das Aufrollen der Haftung bis zum Hersteller
nicht immer sachgerecht, denn der Mangel der Gebrauchtsache kann erst durch
ihre Benutzung verursacht worden sein. Die typische Situation, dass Mängel am
Anfang der Kette entstehen, liegt bei solchen Konstellationen oft nicht vor. Wenn
es sich um einen Produktionsfehler handelt, wird der Letztverkäufer, der die Sache benutzt, ihn schon bemerkt und geltend gemacht haben. Der Rechtfertigungsgrund des privilegierten Regresses, nämlich die Unmöglichkeit der Entdeckung
und der Geltendmachung des Mangels vom Letztverkäufer wegen der Nichtbenutzung, sondern bloß des Weiterkaufs der Sache von ihm, scheidet im Fall der
Benutzung der Sache von einem Verkäufer in der Regel aus.
Wenn die Sache zuerst als neu verkauft wird, aber am Ende durch die Benutzung von einem Besitzer zur Gebrauchtware wird, könnte auch die Ansicht vertreten werden, dass die Voraussetzung der Identität der Sache618 nicht erfüllt ist.
Wenn die Sache eine gewisse Zeit bei einem Zwischenglied der Kette bleibt, weil
sie benutzt wird, könnte angenommen werden, dass es sich nicht mehr um dieselbe Sache handelt. Vorher war sie neu und danach gebraucht. Die „Verwandelung“ der Sache könnte auch die Regresskette abbrechen. Diese Überlegung ist
jedoch zu kühn. Trotz des Gebrauchs ist die Sache immer noch dieselbe. Sie trägt
dieselbe Artikelnummer, die ihr vom Hersteller gegeben wurde. Nach dem
Gebrauch hat sie bloß die Kategorie gewechselt; statt neu ist sie jetzt gebraucht.
Das Vergehen längerer Zeit wegen des Gebrauchs der Sache von einem Zwischenbesitzer und die Wahrscheinlichkeit, dass der Mangel durch diesen verursacht wurde, reichen jedoch aus, um den privilegierten Regress an der Stelle enden
zu lassen, bei der die Sache von Neu- zur Gerbauchtware wurde. Dieser Verkäufer
der Sache sollte gegen seinen Vormann nicht mit der Erleichterung von Art. 560
AK vorgehen. In solchen Fällen gibt es zwei Regressketten, die eine zum Absatz
der Neuware und die zweite zum Absatz der Gebrauchtware. In beiden ist Art.
560 AK anwendbar, aber nicht zu Gunsten ihres Bindeglieds, nämlich des Verkäufers, der die Sache vor dem Verkauf benutzt hat. Der Rechtfertigungsgrund
618 Hierzu unten unter f.
158
dieser Auslegung von Art. 560 AK liegt darin, dass der Verkäufer der Sache,
durch seine Entscheidung, die Sache zu benutzen und erst dann weiterzuverkaufen, ein höheres Risiko übernimmt. In diesem Fall kann der Mangel erst durch die
Benutzung entstanden sein und dieser Verkäufer ist deswegen nicht so schutzwürdig wie derjenige, der die Sache als neu und meist originalverpackt verkauft, ohne
die Möglichkeit gehabt zu haben, sie richtig zu untersuchen.
Durch dieses Verständnis erfasst Art. 560 AK nur solche Verkäufe von
gebrauchten Sachen, bei denen die Absatzkettenproblematik und der Grund, aus
dem Art. 560 AK eingeführt wurde, nämlich die Nichterkennung und -geltendmachung der Mangels wegen des Weiterverkaufs der Sache, ohne sie benutzt zu
haben, tatsächlich vorliegt.
f. Die Identität der Sache
§§ 478 Abs. 5 BGB und 479 Abs. 3 sowie Art. 561 AK dehnen die Regresserleichterungen des Letztverkäufers auf die vorgelagerten Handelsstufen aus.619
Nur so können die Ansprüche und damit auch die Gewährleistungskosten bis zum
Urheber des Mangels zurücklaufen (sog. „Dominoeffekt“). Dadurch soll verhindert werden, dass das hinter der Rückgriffsregelung stehende Problem (nämlich
die Belastung des Letztverkäufers mit der Haftung für einen Mangel, der nicht
von ihm verursacht wurde) nur auf eine andere Ebene verlagert wird. Der Rückgriff erfolgt dabei jedoch immer nur zwischen Personen, die einen Kaufvertrag
miteinander abgeschlossen haben. Damit wird also die Relativität der Schuldverhältnisse – mit allen ihren Vor- und Nachteilen – bewahrt. Wenn ein Glied der
Kette insolvent ist oder das Geschäft aufgegeben hat, wird der Regress und somit
die Weiterleitung der Haftung stehen bleiben. Wenn dieses Glied der Letztverkäufer ist, dann ist sogar der Verbraucherschutz zum Scheitern verurteilt.
Eine Frage, mit der sich das Schrifttum intensiv auseinandergesetzt hat, ist, ob
der Regress beim Hersteller der Sache endet oder §§ 478 Abs. 5, 479 Abs. 3 BGB
und Art. 561 AK einen Regress auch gegen seine Zulieferer ermöglichen.620 § 478
Abs. 5 verweist auf § 478 Abs. 1 BGB, der eindeutig von der „neu hergestellten
Sache“ spricht und den Lieferanten als denjenigen Unternehmer definiert, der
„die Sache“ verkauft hat. Art. 561 AK spricht darüber hinaus ausdrücklich von
dem Rückgriff gegen jeden früheren Verkäufer „derselben Sache“. Sowohl die
deutsche als auch die griechische Regressregelung knüpfen also an das zusammengesetzte Endprodukt an. Der Regress des Herstellers gegen Teilzulieferer ist
somit vom Wortlaut der Vorschriften über den besonderen, privilegierten Regress
619 Diese Ausdehnung der besonderen Regressvorschriften war aus europarechtlicher Sicht
nicht erforderlich, da Art. 4 RL eine effektive Regressmöglichkeit ausschließlich zugunsten des Letztverkäufers zuschreibt. Dazu bereits unter ??.2.d.cc.ii).
620 Zu der erheblichen Bedeutung der Frage nach dem Ende der Regresskette aus der Sicht
des Versicherungsschutzes und der Wirtschaftsprüfer s. Schultze-Melling, Der Rückgriff,
S. 90.
159
nicht erfasst, denn die Zulieferer liefern nur Bestandteile, Grundstoffe oder
Zutaten, die nicht mit der Sache, welche die vom Hersteller initiierte Absatzkette
durchläuft, identisch sind. Als Sache ist nach den Regressbestimmungen die komplette Kaufsache gemeint. Die Zulieferer liefern Sachen, die vom Hersteller verarbeitet oder zusammengebaut werden, wodurch die neue Sache entsteht. Die
Voraussetzung der Identität der Sache, die für das Aufrollen der Haftung in der
Vertragskette mit den Privilegien von §§ 478, 479 BGB und 560 AK erforderlich
ist, wird also beim Regress des Herstellers gegen Teilzulieferer nicht erfüllt.
Natürlich kann sich der Hersteller durch Individualvereinbarungen oder in seinen
AGB entsprechende Rückgriffsmöglichkeiten sichern.621 Fraglich ist jedoch im
deutschen Recht, ob die formularvertragliche Erstreckung der Regressprivilegien
von §§ 478 f. BGB auf das Verhältnis zwischen dem Hersteller und seinem
Zulieferer in jedem Fall der AGB-Kontrolle standhalten kann.622
Wenn die Interessenlage beim Regress gegen die Zulieferer mit derjenigen
innerhalb der Vertragskette zum Absatz des Endprodukts vergleichbar ist, wäre
eine Analogie zu §§ 478 f. BGB und Art. 560 AK und nicht nur eine privatautonome Übertragung der Regressnormen in das Rechtsverhältnis Hersteller/
Zulieferer möglich.623 Für eine planwidrige Regelungslücke lassen sich jedenfalls
Anhaltspunkte finden. Die Regresserleichterungen bezwecken, dass die Nachteile aus der Mangelhaftigkeit der Sache derjenige zu tragen hat, in dessen Machtbereich der Mangel entstanden ist. Wenn der Letztkäufer gerade wegen der fehlerhaften Komponente Mängelrechte bezüglich des Endprodukts geltend macht,
ist es sachgerecht, dass auch der Zulieferer in die Regresskette einbezogen wird.
Es ist z.B. nicht ersichtlich, warum der Hersteller bei Mangelhaftigkeit des in das
verkaufte Auto eingebauten ABS (Anti-Blockier-Systems) die über § 478 Abs. 2
an ihn weitergereichten Aufwendungen endgültig tragen soll624, weil seine
Ansprüche gegen Letzteren schon verjährt sind, obwohl die Verantwortlichkeit
eindeutig beim Zulieferer des ABS liegt. Diesen in der Praxis wichtigen Fall dürf-
621 Ebenso Mankowski, DB 2002, 2419 (2421); Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561 (2566).
Aus der Praxis sind bereits Einkaufsbedingungen marktmächtiger Hersteller bekannt, die
in ihren AGB den Regress vollständig auf die Teilzulieferer ausdehnen; vgl. dazu Matthes,
NJW 2002, 2505 (2506); Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395 (396).
622 Dazu Wagner/Neuenhahn, ZGS 2003, 64 (65 ff.) und Matusche-Beckmann, in: FS Kollhosser, Bd. II, S. 459 (463 ff.), welche die Vereinbarkeit der Erstreckung jedes einzelnen
Regressprivilegs von §§ 478 f. BGB auf das Verhältnis Hersteller/Zulieferer durch die Einkaufs-AGB des ersten mit den AGB-Normen untersuchen und Bedenken an einer pauschalen Ausdehnung der Regresserleichterungen durch die AGB des Herstellers auf sein Verhältnis zum Zulieferer äußern. Es sei eine gesonderte Beurteilung jedes einzelnen Privilegs
angezeigt. Mankowski, DB 2002, 2419 (2421) scheint auf der anderen Seite in §§ 478 f.
BGB einen wesentlichen Leitgedanken des Gesetzes zu sehen, der auch für das Rechtsverhältnis zwischen Hersteller und Zulieferer sachgerecht ist.
623 Vgl. Tröger, AcP 204 (2004), 115 (134) zu dem „Makel“, mit dem der Verweis auf eine
privatautonome Lösung verbunden sei, da es zu den Aufgaben des Gesetzgebers gehöre,
die Beteiligten in typisierbaren Konstellationen durch das Angebot eines interessengerechten Regelungsmodells von der Last privatautonomer Interessensicherung zu befreien.
624 Beispiel von Tröger, AcP 204 (2004), 115 (134).
160
te der Reformgesetzgeber in Deutschland und Griechenland nicht bedacht haben,
da er in den Gesetzesmaterialien nicht einmal Erwähnung findet. Und das könnte
als Indiz für eine unbewusste, planwidrige Regelungslücke gewertet werden.625
Die Interessenlage des Herstellers im Verhältnis zu seinem Zulieferer ist jedoch
nicht derjenigen der von §§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK erfassten Fälle gleich
zu bewerten.
Da die Sache im Machtbereich des Herstellers entsteht und er die Möglichkeit
hat, alle Grundstoffe und Teile zu untersuchen, ist die Lage des Herstellers derjenigen der Händler in der Kette, die eine schon fertige Sache, oft ohne sie zu
berühren, verkaufen, nicht vergleichbar. Nur dem Hersteller kommt die direkte
Einflussmöglichkeit auf die Gesamtsache zu. Er konzipiert die Kaufsache und hat
als einziger Überblick über die Qualität der zugelieferten Zutaten, Einzelteile und
Rohstoffe. Oft werden diese von den Zulieferern nach den Vorgaben des Herstellers produziert, der deswegen nicht nur den Produktionsprozess der von ihm hergestellten Sache steuert, sondern auch seine Zulieferbeziehungen beherrscht.626
Da er das Endprodukt mit seiner Marke versieht und die Rolle des Markenvertrauens im heutigen Warenverkehr entscheidend ist, trägt der Hersteller des in
Verkehr gebrachten Produkts die Qualitätsverantwortlichkeit für die Gesamtsache, und es ist ihm zuzumuten, dass er auch die Qualität der ihm zugelieferten und
von ihm eingebauten Komponenten kontrolliert. Die Interessenlage innerhalb der
Zulieferbeziehungen ist somit mit derjenigen innerhalb der vom Hersteller initiierten Lieferkette nicht vergleichbar, und daher scheidet eine analoge Anwendung der Regressvorschriften von §§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK auf das Verhältnis Hersteller-Zulieferer aus.627
Ein Argument für die analoge Anwendung der besonderen Regressbestimmungen auf die Inanspruchnahme der Zulieferer im deutschen Recht könnte der Verweis von § 434 Abs. 1 S. 3 BGB für den Herstellerbegriff auf § 4 Abs. 1 und 2
ProdHaftG anbieten, in dem der Hersteller dem Zulieferer eines Grundstoffs oder
Teilprodukts gleichgestellt wird.628 § 434 Abs. 1 S. 3 BGB stellt eine Präzisierung
des Fehlerbegriffs dar. Er sieht vor, dass der Verkäufer an die öffentlichen Äußerungen des Herstellers gebunden ist, und durch den Verweis auf § 4 ProdHaftG
dehnt er die Haftung des Verkäufers auch auf Äußerungen von Zulieferern aus.
Dem Verweis auf § 4 ProdHaftG in diesem Rahmen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der Zulieferer generell im Kaufrecht dem Hersteller gleich zu
625 Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 228; Matusche-Beckmann, BB 2002, S. 2561
(2565); ders., in: FS Kollhosser, Bd. II, S. 459 (462); Schultze-Melling, Der Rückgriff,
S. 92 f.; a.A. Böhle, Der Rückgriff, S. 169 f.
626 Zu der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Zulieferer vom Hersteller und der sog. Fungibilität (Austauschbarkeit) der Zulieferer s. Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395 (399).
627 So Böhle, Der Rückgriff, S. 171; Matusche-Beckmann, BB 2002, 2561 (2565f.); ders., in:
FS Kollhosser, Bd. II, S. 459 (463); Wagner/Neuenhahn, ZGS 2002, 395 (399 f.); Schultze-
Melling, Der Rückgriff, S. 93; Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 229; für eine Einbeziehung der Zulieferer aber Ball, ZGS 2002, 49 (52) unter Verweis auf Heß, NJW 2002,
253 (259); Höpker, Verkäuferregress, S. 81; Tröger, AcP 204 (2004), 114 (133f.)
628 Vgl. Schultze-Melling, a.a.O., S. 93.
161
behandeln ist.629 Die Haftung des Verkäufers für die unzutreffenden Werbeangaben des Teilzulieferers zwingt nicht zur Erstreckung des Regresses nach §§ 478
f. BGB auf den Teilzulieferer, denn diese Haftung unterscheidet sich nicht von
derjenigen für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache, die auf die Mangelhaftigkeit
einer ihrer Komponenten zurückzuführen ist. In beiden Fällen haftet der Letztverkäufer für einen Umstand, der in der Sphäre des Teilzulieferers liegt. Und die
Haftung des Verkäufers für Äußerungen des Teilzulieferers kommt sowieso viel
seltener vor, da der Käufer normalerweise von der Werbung für die Gesamtsache
und nicht von derjenigen für ihre Bestandteile beeinflusst wird. Der Einzelteilproduzent macht Werbung für den von ihm hergestellten Teil und nicht für die
gesamte Kaufsache. Es ist fast unvorstellbar, dass z.B. ein Wagenkäufer sich für
ein bestimmtes Auto entscheidet, weil er von der Werbung des ABS-Herstellers
beeinflusst wird. In den meisten Fällen ist es dem Käufer überhaupt nicht
bekannt, wer der Zulieferer der Einzelkomponenten der von ihm ins Auge gefassten Sache ist. Die Werbung der Teilzulieferer kann nur in der Konstellation entscheidend sein, dass der Hersteller oder der Verkäufer der Gesamtsache auf die
Herkunft eines Einzelteils von einem bestimmten Hersteller hinweist. So ist z.B.
der potentielle Autokäufer informiert, dass dem Wagen Reifen oder ein Navigationssystem der Firma X eingebaut wurde, und eine Werbung des Reifen- oder des
Navigationssystemsherstellers X kann für seine Kaufentscheidung für das
bestimmte Auto eine Rolle spielen. Diese – seltenen – Fälle rechtfertigen jedoch
nicht einen privilegierten Regress bis zum Zulieferer.
Der griechische Gesetzgeber hat den (für Verwirrung sorgenden) Verweis auf
die produkthaftungsrechtliche Herstellerdefinition von Art. 6 §§ 2 und 3 grVSG
2251/1994 in die § 434 Abs. 1 S. 3 entsprechende Norm von Art. 535 AK nicht
eingeführt. Hier wird auch vorgesehen, dass der Verkäufer für Äußerungen des
Herstellers haftet, wer ein Hersteller ist, wird aber nicht definiert. In der Literatur
gibt es jedoch Stimmen, die für die Herstellerdefinition auf Art. 6 §§ 2 und 3
zurückgreifen.630 Da werden der Produkthaftungsrichtlinie folgend – so wie in §
4 des deutschen Produkthaftungsgesetzes – als Hersteller auch die Produzenten
von Grundstoffen und Einzelteilen erfasst. Die Übertragung dieses Herstellerbegriffs in das Kaufrecht und die damit einhergehende Einbeziehung der Teilzulieferer als potentielle Regresschuldner im Rahmen von Art. 560 AK wäre m.E.
nicht zweckmäßig. Entgegen den Stimmen, die beruhend auf dem Argument der
Binnensystematik des griechischen Privatrechts dafür plädieren würden, gibt es
genügend Anhaltspunkte, die gegen eine Gleichbehandlung von Teilherstellern
im Produkthaftungsrecht und im Kaufrecht sprechen.631 Deswegen erklären sich
629 Ebenso Matusche-Beckmann, in: FS Kollhosser, Bd. II, S. 459 (461); dies., BB 2002, 2561
(2565).
630 Pouliadis, Die Haftung des Verkäufers, § 28, S. 108, Fn. 26.
631 Vgl. aber Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668 (670).
162
auch die abweichenden Herstellerdefinitionen in Art. 1 Abs. 2 lit. d der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie632 und in Art. 3 Abs. 1 und 2 der Produkthaftungsrichtlinie633. Wenn wegen eines fehlerhaften Teils Schäden i.S. des Produkthaftungsrechts entstehen, ist die Haftung des Teilproduzenten jedenfalls gerechtfertigt.
Die Haftung des Letztverkäufers für Werbeangaben des Herstellers einer in die
Gesamtsache eingebauten Komponente ist m.E. nicht notwendig, da eine auf solchen Werbeangaben beruhende Kaufentscheidung für die Gesamtsache nur ausnahmsweise vorkommen wird. Deswegen ist die Entscheidung des griechischen
Gesetzgebers, in Art. 535 AK auf die Herstellerdefinition des Produkthaftungsrechts nicht zu verweisen, gelungen. Als Hersteller, für dessen Äußerungen der
Verkäufer haftet, ist meiner Meinung nach nur der Produzent der Gesamtsache
und der Importeur anzusehen. Für den Herstellerbegriff ist im Kaufrecht auf Art.
1 Abs. 2 d der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie abzustellen, der den Anlass für die
Einführung von Art. 535 AK (aber auch von der Regressregelung von Art. 560
AK) darstellt. Für die Heranziehung des auf das Produkthaftungsrecht zugeschnittenen Herstellerbegriffes von Art. 6 grVSG, welcher der Definition von Art.
3 der Produkthaftungsrichtlinie folgt, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Eine Einbeziehung des Zulieferers als Regressschuldner scheidet dementsprechend aus,
da er nach dem hier vertretenen Herstellerverständnis in der Vorschrift von Art.
535 AK überhaupt nicht als Haftungsverursacher wegen seiner Werbeangaben in
Betracht kommen kann.
Außerdem ist der Ausschluss der Zulieferer von den in §§ 478 f. BGB und Artt.
560 f. AK vorgesehenen Regressprivilegien richtlinienkonform634, da Art. 4 der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ausdrücklich nur den Regress des Letztverkäufers
sicherstellen will. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten nicht, auch dem Hersteller
den Weg eines effektiven Regresses zu eröffnen. Die Schaffung eines effektiven
Regresses gegen den Zulieferer wäre nur in der Konstellation erforderlich, in der
der Letztverkäufer zugleich der Hersteller der Kaufsache ist. Dann sollte nach
Art. 4 RL sein Rückgriff gegen den Zulieferer sichergestellt werden. In diesem
Fall liegt aber keine richtige Vertragskette vor, wie sie von Art. 4 RL vorausge-
632 Art. 1 Abs. 2 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lautet „Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck ... d) „Hersteller“ den Hersteller von Verbrauchsgütern, deren Importeur
für das Gebiet der Gemeinschaft oder jede andere Person, die sich dadurch, dass sie ihren
Namen, ihre Marke oder ein anderes Kennzeichen an den Verbrauchsgütern anbringt, als
Hersteller bezeichnet.“
633 Art. 3 der Produkthaftungsrichtlinie „(1) „Hersteller“ ist der Hersteller des Endprodukts,
eines Grundstoffs oder eines Teilprodukts sowie jede Person, die sich als Hersteller ausgibt, indem sie ihren Namen, ihr Warenzeichen oder ein anderes Erkennungszeichen auf
dem Produkt anbringt.
(2) Unbeschadet der Haftung des Herstellers gilt jede Person, die ein Produkt zum Zweck
des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs im
Rahmen ihrer geschäftlichen Tätigkeit in die Gemeinschaft einführt, im Sinne dieser Richtlinie als Hersteller dieses Produkts und haftet wie der Hersteller.“
634 Schumacher, Der Lieferantenregress, S. 229 ff.; im Ergebnis auch Böhle, Der Rückgriff,
S. 169 f.
163
setzt ist, denn die Sache geht direkt vom Hersteller zum Verbraucher. Als
Anfangsglied der Kette nach Art. 4 RL ist außerdem immer der Hersteller anzunehmen, da dieser als erster in der Aufzählung der möglichen Haftungsverursacher genannt wird („...des Herstellers, eines früheren Verkäufers innerhalb derselben Vertragskette oder einer anderen Zwischenperson...“). Nach Art. 1 Abs. 2
lit. d. RL ist außerdem als Hersteller nur der Hersteller des Verbrauchsguts selbst
definiert. Die Produzenten von Einzelteilen sind somit vom Herstellerbegriff der
Verbrauchsgüterkaufrichtlinie und daher auch von der Vertragskette i.S.v. Art. 4
RL ausgeschlossen.635
Hinter dem Hersteller fängt eine andere Kette an. Genauer gesagt, es beginnen
so viele neue Ketten, wie es Zutaten gibt.636 Der Hersteller kann seine Zulieferer
nach den allgemeinen Gewährleistungsrechten in Anspruch nehmen, was aber mit
der Gefahr der Regressfallen behaftet ist.637 Der Hersteller kann aber durch vertragliche Vereinbarungen Regressregelungen nach Art der §§ 478 f. BGB und
Artt. 560 AK im Verhältnis zu seinen Zulieferern herbeiführen.638 Wenn dies
durch AGB-Klauseln erfolgt, ist in Deutschland darauf zu achten, dass der
zumeist vom Hersteller abhängige Zulieferer nicht unangemessen benachteiligt
wird (§ 307 BGB). Da in diesen Fällen kein Verbraucher am Ende der Kette steht,
ist fraglich, ob eine solche AGB-Klausel der AGB-Kontrolle standhalten kann639,
wenn die Regressregelung als Ausgleich der verschärften Verkäuferhaftung
gegenüber Verbrauchern betrachtet wird. In Griechenland auf der anderen Seite
unterliegen etwaige Klauseln dieser Art nur der Kontrolle allgemeiner Regeln,
wie der Sittenwidrigkeit oder des Rechtsmissbrauchs, da die AGB-Kontrolle nach
dem griechischen Gesetz 2251/1994 nur bei AGB-Klauseln erfolgt, die gegenüber Verbrauchern verwendet werden. Der Hersteller und seine Zulieferer sind
aber normalerweise keine Verbraucher. Die Teilzulieferer, falls sie die Sachkomponente nicht selbst hergestellt haben, können gegen ihre Verkäufer vorgehen –
in Griechenland mit der Erleichterung von Art. 560 AK, in Deutschland jedoch,
da für den besonderen Regress ein Verbrauchsgüterkauf am Ende der Lieferkette
erforderlich ist, wiederum nur nach den allgemeinen Gewährleistungsrechten640,
wobei die größte Gefahr die Verjährungsfalle ist.
g. Die Seitengleichheit des Mangels
Der erleichterte Regress ist nur für solche Vertragswidrigkeiten möglich, die sowohl im Verhältnis Letztverkäufer-Letztkäufer (in Deutschland Letztverkäufer-
Verbraucher) als auch zwischen dem regressnehmenden Letztverkäufer und sei-
635 Vgl. aber die Gegenansicht von Schmidt-Kessel, ÖJZ 2000, 668 (670).
636 Mankowski, DB 2002, 2419 (2420).
637 Vgl. Matusche-Beckmann, in: FS Kollhosser, S. 459 (463).
638 Vgl. Schubel, JZ 2001, 1113 (1118).
639 Vgl. BGH NJW 2006, 47 (50), Nr. 38 ff.
640 Vgl. Böhle, Der Rückgriff, S. 156.
164
nem Lieferanten vorliegen (sog. Identität oder Seitengleichheit des Mangels).
Der Mangel muss beim Gefahrübergang auf den jeweiligen Käufer vorhanden
sein, da sowohl das deutsche (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) als auch das griechische
Recht (Art. 537 S. 1 AK) für das Vorliegen eines Mangels auf diesen Zeitpunkt
abstellen. Wegen des Mangelbegriffs von § 434 BGB und Art. 535 AK, der für
jeden Kauf (Verbrauchsgüterkauf oder nicht) einheitlich gilt, ist ein Mangel im
Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Abnehmer grundsätzlich auch ein Mangel gegenüber dem Lieferanten. Trotzdem ist die Mangelhaftigkeit der Sache in
den einzelnen Vertragsstufen immer getrennt zu beurteilen, denn die Vertragsparteien können unterschiedliche Beschaffenheitsvereinbarungen getroffen haben.641 Und dann kann es an der Seitengleichheit des Mangels fehlen. Wenn einem
Rechtsverhältnis in der Kette besondere Vereinbarungen über die Beschaffenheit
der Sache zugrunde liegen, dann ist die Sache nicht in allen Vertragsbeziehungen
mangelhaft, und der Regress bleibt stecken. Eine Regresslücke entsteht beispielsweise dann, wenn der Letztverkäufer die Sache an den Verbraucher zu einem höheren Qualitätsstandard verkauft, als er sie selbst vom Lieferanten erworben hat.
Und dieses Ergebnis ist nicht zu beanstanden, denn es ist ein Ausfluss des Verantwortungsprinzips, der Privatautonomie und der Relativität der Schuldverhältnisse. Die Unmöglichkeit der Weiterleitung der Haftung ist hier auch deshalb gerechtfertigt, weil der Letztverkäufer die abweichende Vereinbarung freiwillig getroffen hat.642
Damit die Haftung weitergeleitet werden und den Mangelverursacher erreichen kann, ist in jedem einzelnen Verhältnis der Vertragskette zu prüfen, ob die
Sache mangelhaft ist.643 Für diese Feststellung ist der Umstand, der zur Mangelhaftigkeit führt, und nicht der Tatbestand der Vertragswidrigkeit nach den kaufrechtlichen Vorschriften entscheidend. Eine Kochplatte, die sich nicht erhitzt, ist
z.B. in allen Stufen nach § 434 Abs. 1 S. 2 Fall 2 und Art. 535 Fall 3 AK mangelhaft, da sie für die gewöhnliche Verwendung nicht geeignet ist. Beim Fehlen
der richtigen Montageanleitungen ist jedoch die Sache im griechischen Recht für
den Letztkäufer nach Art. 536 AK, für den Letztverkäufer aber nach Art. 535 Fall
2 AK mangelhaft644, wenn er beim Kauf der Sache klargestellt hat, dass er zum
Weiterverkauf kauft. Solange die Mangelhaftigkeit der Sache auf jeder Ebene auf
dem gleichen Umstand beruht, ist aber der Regressweg eröffnet, ungeachtet dessen, ob sich die Vertragswidrigkeit in jedem Vertragsverhältnis aus einem anderen
Vertragswidrigkeitstatbestand ergibt.
641 Auch wenn die Voraussetzungen für einen Mangel im Verhältnis zwischen Unternehmer
und Verbraucher auf der einen Seite und Unternehmer und Lieferanten auf der anderen
Seite identisch sind, ist der Lieferant an ein Gerichtsurteil zu einem Mangel im Verhältnis
Unternehmer-Verbraucher nicht gebunden. Es wird sich daher anbieten, dass jeder in
Anspruch genommene Verkäufer seinem Vormann den Streit zwischen ihm und seinem
Abnehmer verkündet. Vgl. dazu Bereska, ZGS 2002, 59 (60); Höpker, Verkäuferregress,
S. 116.
642 s. auch Höpker, Verkäuferregress, S. 120.
643 MüKo-Lorenz, § 478, Rn. 23.
644 Dazu bereits unter III.3.b.
165
Ein besonderes Problem im Rahmen der Voraussetzung der Einheitlichkeit des
Mangelbegriffs ist das der unzutreffenden Werbeangaben des Herstellers, die erst
nach der Lieferung an einen Unternehmer – Glied der Kette – erfolgen. Darauf
haben auch die Erläuterungen zum deutschen Regierungsentwurf hingewiesen.645
Diese Werbeangaben führen zwar die Vertragswidrigkeit im Verhältnis zwischen
Unternehmer und Verbraucher (oder nach dem griechischen Recht im Allgemeinen zwischen Letztverkäufer und Letztkäufer) gemäß § 434 Abs. 1 S. 3 und Art.
535 Fall 4 herbei, zwischen Hersteller und Unternehmer (bzw. Zwischenverkäufer) liegt aber kein Mangel vor, und daher kann der Unternehmer nicht Regress
nehmen. Der Hersteller hat seinen Vertrag ordnungsgemäß erfüllt, aber trotzdem
danach den Mangel verursacht. Das unbillige Ergebnis, dass der Letztverkäufer
auf den Kosten der Gewährleistung sitzen bleibt, kann durch die Gewährung
eines Schadensersatzanspruchs wegen Pflichtverletzung korrigiert werden646, der
aber an das Verschulden des Herstellers anknüpft. Dies wird aber in der Regel
anzunehmen sein. Die Pflichtverletzung des Herstellers liegt darin, dass er nach
Gefahrübergang zu Lasten seines Abnehmers einen Sachmangel herbeigeführt
hat.647
Komplizierter ist das bereits geschilderte Problem, wenn in einer mehrgliedrigen Lieferkette der Letztverkäufer selbst keine Vertragsbeziehung zum Hersteller hat, der durch seine Werbeangaben die Vertragswidrigkeit erst im Verhältnis
Letztverkäufer-Verbraucher (oder im griechischen Recht im Verhältnis Letztverkäufer-Letztkäufer) herbeigeführt hat. Nach Auffassung des deutschen Gesetzgebers gilt die Lösung über den Schadensersatzanspruch auch in diesem Fall, da der
Vertrag zwischen dem Zwischenhändler und dem Hersteller insofern Schutzwirkung zugunsten des Letztverkäufers entfalte.648 Diese Konstruktion ist aber nicht
unbedenklich.649 Jedenfalls soll sie im Hinblick auf die für das Rechtsinstitut des
Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte erforderliche Voraussetzung der Schutzbedürftigkeit auf denjenigen Unternehmer beschränkt werden, dessen Regressnahme aufgrund des durch die – nach dem Gefahrübergang an ihn erfolgte – Werbeangabe entstandenen Mangels scheitert.650
h. Nichtverursachung des Mangels durch den Regressnehmenden
Beruht der Mangel der Sache auf einem Verhalten des Letztverkäufers, dann ist
der Regress ausgeschlossen. In diesem Fall gibt es einfach keine Gewährleis-
645 RegE 584.
646 Ebenso Jud, ZfRV 2001, 201 (207); MüKo-Lorenz, § 478, Rn. 23.
647 Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, § 15, Rn. 30.
648 Begründung zum RegE, BT-Drucks. 14/6040, S. 248.
649 Zum Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte als mögliche Antwort auf
die Probleme innerhalb der Absatzkette – bereits nach dem alten Kaufrecht – s. I.4.c.
650 Ebenso MüKo-Lorenz, § 478, Rn. 23; Bamberger/Roth-Faust, § 478, Rn. 12; Höpker, Verkäuferregress, S. 121 f.
166
tungsansprüche. Wenn der Letztverkäufer durch sein Verhalten ursächlich für den
Mangel war, z.B. weil er die Sache falsch gelagert hat, dann liegt ein Mangel erst
im Verhältnis des Letztverkäufers zu seinem Abnehmer vor. Der Letztverkäufer
kann also in diesem Fall nicht Regress nehmen, weil die Sache gegenüber seinem
Vormann überhaupt nicht mangelhaft war, und nicht, weil es an der Seitengleichheit des Mangels fehlt. In diesen Fällen besteht sowieso kein Rechtfertigungsgrund für den Regress, da der Mangel ausschließlich auf das Verhalten des Letztverkäufers zurückgeht. Damit ist seine endgültige Haftung nicht unbillig. Wenn
das Verbrauchsgut nicht der vom Verkäufer abgegebenen Beschreibung entspricht, kann dieser Verkäufer nicht gegen seinen Vormann regressieren651, es sei
denn, dieser hat ihm die gleiche Beschreibung der Sache gegeben und deswegen
handelt es sich um einen seitengleichen Mangel. Diese Regressvoraussetzung
entspricht auch den Vorgaben der Richtlinie, nach denen der Letztverkäufer aufgrund einer Vertragswidrigkeit infolge eines Handelns oder Unterlassens eines
Dritten haften muss, um Regress nehmen zu können.
Die Voraussetzung der Nichtverursachung des Mangels vom Regressnehmenden gilt natürlich für jedes Glied der Kette. Auch ein Zwischenverkäufer, der
von seinem Abnehmer in Anspruch genommen wird, kann seine Haftung nicht
weiterleiten, wenn er selbst den Mangel herbeigeführt hat. In der Praxis kann es
aber vorkommen, dass sich die Verursacher des Mangels gegen ihren Vormann
wenden, um ihm die Haftung aufzubürden. Ob dies ihnen gelingt, hängt nunmehr
davon ab, ob ihr Vormann die Vermutung von § 478 Abs. 3 BGB oder Art. 537
AK zu entkräften vermag.652
i. Unkenntnis des Regressgläubigers von der Mangelhaftigkeit
Auch wenn der Letztverkäufer den Mangel nicht selbst verursacht hat, kann er
nach § 442 BGB und Art. 537 S. 1 AK keine Regressansprüche gegen seinen Vormann geltend machen, wenn er beim Vertragsschluss den Mangel kennt. Aber
auch wenn er in diesem Moment vom Mangel nicht weiß, ist fraglich, ob er erleichterten Regress soll nehmen können, wenn er vor dem Weiterverkauf der Sache den Mangel erkennt oder sonstwie von ihm erfährt und sie trotzdem weiterveräußert, um in den Genuss der Regresserleichterung zu kommen.653 Dabei handelt es sich um ein bösgläubiges Verhalten, das sich zu Lasten sowohl des Lieferanten als auch des Verbrauchers auswirkt. Der Letztverkäufer ist in diesem Fall
nicht schutzwürdig, denn er setzt sich in arglistiger Weise der Haftung gegenüber
seinem Abnehmer aus. Seine Vorgehensweise ist rechtsmissbräuchlich und darf
nicht durch einen privilegierten Regress kompensiert werden. Solche Fälle sind
651 Jud, ZfRV 2001, 201 (207); dies., ÖJZ 2000, 661 (663).
652 Ausführlich zu dieser Vermutung im Kapitel V.
653 Vgl. Höpker, Verkäuferregress, S. 114; Jud, ZfRV 2001, 201 (211); Wind, Der Lieferantenund Herstellerregress, S. 102.
167
daher vom Anwendungsbereich der §§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK im Wege
teleologischer Reduktion auszuschließen.
j. Tatsächliche Haftung des Regressnehmenden gegenüber seinem Abnehmer
Maßgebend für den besonderen Regress nach §§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK
ist, dass der Regressnehmende seine Verpflichtung gegenüber seinem Abnehmer
tatsächlich erfüllt hat. Die Tatsache, dass er abstrakt für die mangelhafte Erfüllung einstehen muss, reicht nicht aus. Das ergibt sich in Deutschland aus der Voraussetzung von § 478 Abs. 1 BGB, dass der Letztverkäufer die Sache zurücknehmen „musste“ oder der Verbraucher den Kaufpreis „gemindert hat“. In § 478 Abs.
2 BGB ist außerdem vorgesehen, dass der Letztverkäufer Ersatz der Aufwendungen verlangen kann, die er im Verhältnis zum Verbraucher „zu tragen hatte“.
Auch die Regelung über die Verjährung schreibt vor, dass die Verjährung frühestens zwei Monate nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers „erfüllt hat“. Hier wird aber die tatsächliche Haftung
nicht als Voraussetzung des Eingreifens der besonderen Verjährungsregelung
vorgesehen, sondern deren Zeitpunkt zur Bestimmung des Verjährungseintritts
herangezogen. Mittels teleologischer Auslegung ist die tatsächliche Haftung des
Letztverkäufers aber zur Voraussetzung von § 479 Abs. 2 BGB zu machen.654
Art. 560 AK lässt die Verjährung der Rechte des Endverkäufers im Falle aufeinanderfolgender Kaufverträge und seiner Haftung wegen eines Mangels oder
des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft zu dem Zeitpunkt beginnen, in dem
der Käufer Befriedigung „erlangt hat“, es sei denn, dass ein rechtskräftiges Urteil
vorausgegangen ist, so dass die Verjährung mit der Rechtskraft des Urteils
beginnt. Als Haftung ist auch hier die tatsächliche Haftung zu verstehen. Der Vergangenheitstempus des Verbs („erlangt hat“) spricht ebenfalls dafür.
Das Abstellen auf die tatsächliche Erfüllung durch den Letztverkäufer und den
Zeitpunkt der Befriedigung der Rechte des Letztabnehmers ist richtlinienkonform, weil das Ziel von Art. 4 RL war, den Letztverkäufer zu entlasten, und nicht,
ihn unnötig zu privilegieren. Eine Entlastung ist nur denkbar, wenn der Letztverkäufer schon belastet worden ist, also tatsächlich Gewähr geleistet hat.655 Selbstverständlich stehen dem Letztverkäufer und allen Verkäufern in der Absatzkette
– wie jedem Käufer – alle Gewährleistungsrechte ohne die Privilegien von §§ 478
f. BGB und Artt. 560 f. AK zu, auch wenn sie ihrem Abnehmer keine Gewähr
geleistet haben. Die tatsächliche Haftung der Rückgriffsberechtigten ist nur für
den besonderen Rückgriff nach §§ 478 f. BGB und Artt. 560 f. AK vorausgesetzt.
654 Dazu ausführlich unter VII.2.a.bb.ii)?.
655 Dazu bereits unter ??.2.c.bb.i). Ebenso Höpker, Verkäuferregress, S. 117; Jud, ÖJZ 2000,
661 (667).
168
k. Erfordernis eines gerichtlichen Urteils?
aa. In Deutschland
Es bleibt noch die Frage zu klären, ob die Haftung des Letztverkäufers gegenüber
dem Verbraucher durch ein entsprechendes rechtskräftiges Urteil bestätigt werden muss. Nach einer Literaturmeinung sind die Voraussetzungen von § 478 BGB
nur dann als gegeben anzusehen, wenn ein Gerichtsurteil zwischen dem Letztverkäufer und dem Verbraucher vorliege, das die Mangelhaftigkeit der Sache und die
Verpflichtung des Letztverkäufers annimmt.656 Diese Voraussetzung ist jedoch im
Gesetz nicht vorgesehen. Außerdem widerspricht sie dem in der deutschen
Rechtsordnung bestehenden System, nach dem sich die Verpflichtungen in der
Regel allein aus der Erfüllung der entsprechenden Gesetzesbedingungen ergeben
und kein entsprechendes Gerichtsurteil voraussetzen. Diese für das deutsche Regelungssystem „fremde“ Voraussetzung hätte in jedem Fall ausdrücklich eingeführt werden müssen. Außerdem würde diese Forderung eine Flut von Prozessen
herbeiführen, was den Interessen keines der Kettenglieder entspricht.657 Weder
das Gebot von Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, den Regress des Letztverkäufers zu erleichtern, noch die Zielsetzung der Richtlinie insgesamt, die das
Verbraucherschutzniveau erhöhen will, lässt sich mit dem Erfordernis eines Gerichtsurteils vereinbaren. Dies würde einen Rückschritt im Vergleich zum alten
Recht darstellen und ist somit abzulehnen.658 Der Rückgriff nach §§ 478 f. BGB
ist nicht von einer Verurteilung des Letztverkäufers zur Gewährleistung abhängig.
Wenn aber, obwohl nicht erforderlich, ein Urteil zwischen Verbraucher und
Letztverkäufer vorliegt, ist zu beachten, dass seine Rechtskraft nicht im Verhältnis zwischen dem Letztverkäufer und seinem Lieferanten wirkt. Der Unternehmer kann aber gegenüber dem Lieferanten im Wege der Streitverkündung (§§ 72
ff. ZPO) die Interventionswirkung (§ 68 ZPO) herbeiführen.659
bb. In Griechenland
Dass kein Urteil zwischen Letztverkäufer und Letztkäufer erforderlich ist, um
Regress mit der Erleichterung von Art. 560 AK zu nehmen, ergibt sich im griechischen Recht schon aus dem Wortlaut dieser Vorschrift. Demnach beginnt die
Verjährung zu Gunsten des Regressnehmenden zu dem Zeitpunkt, in dem der
Käufer Befriedigung erlangt hat, es sei denn, dass ein rechtskräftiges Gerichtsurteil gegen den Endverkäufer vorausgegangen ist, so dass die Verjährung mit der
656 v. Westphalen, in: Henssler/v. Westphalen, Die Praxis der Schuldrechtsreform, § 478, Rn.
9.
657 So auch Böhle, Der Rückgriff, S. 124.
658 Ebenso Böhle, Der Rückgriff, S. 125.
659 Vgl. MüKo-Lorenz, § 478, Rn. 20.
169
Rechtskraft des Urteils beginnt. Daraus kann offenbar der Schluss gezogen werden, dass ein solches Urteil nicht vorausgesetzt wird. Sonst hätte der Gesetzgeber
vorgesehen, dass die Verjährung in jedem Regressfall mit der Rechtskraft des den
Endverkäufer verurteilenden Urteils beginnt.
Auch im griechischen Recht erfasst die Rechtskraft des Urteils über das Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer auch den Lieferanten des ersteren nur,
wenn der Verkäufer ihm den Streit nach Art. 88 KPolD (gr. ZPO) verkündet hat.
170
Kapitel V:
Die Beweislastumkehr
1. Die Umsetzung von Art. 5 Abs. 3 RL in Deutschland
Die in Art. 5 Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie vorgesehene Vermutung,
dass Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung der Sache offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden, wurde in
Deutschland (wie schon erwähnt660) in § 476 BGB (d.h. im Bereich des Verbrauchsgüterkaufs) als verbraucherschützende Norm umgesetzt, die das Defizit
zwischen Verbraucher und Unternehmer in der Beweisführung ausgleichen soll.
Die Beweislastumkehr von § 476 BGB gilt nicht für die Frage, ob überhaupt ein
Mangel vorliegt. Den Käufer trifft immer noch die Darlegungs- und Beweislast
für die einen Sachmangel begründenden Tatsachen. Damit die Beweislastumkehr
gilt, muss er außerdem nachweisen, dass sich der Mangel innerhalb von sechs
Monaten nach Gefahrübergang gezeigt hat. Allein für das Vorliegen des Mangels
zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs gilt die Vermutung.661 In Abweichung von
der Richtlinienvorgabe beginnt die sechsmonatige Frist nach der deutschen Regelung nicht mit dem Zeitpunkt der Lieferung, sondern mit demjenigen des Gefahrübergangs.662 Das stellt aber keinen Verstoß gegen die Richtlinie dar, denn Erwägungsgrund 14 der RL stellt ausdrücklich klar, dass die Bezugnahme der
Richtlinie auf den Zeitpunkt der Lieferung nicht bedeutet, dass die Mitgliedstaaten ihre Vorschriften über den Gefahrübergang ändern müssen. Demnach kann
nicht nur die Sachübergabe, sondern auch ein Annahmeverzug des Verbrauchers
die Frist in Gang setzen (vgl. § 446 S. 3 BGB).
Im Nicht-Verbrauchsgüterkauf bleibt es in Deutschland für die Beweislast bei
der Regel, dass der Käufer, der die Sache angenommen hat, den Mangel und sein
Vorliegen zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs nachweisen muss (§ 363 BGB).663
Die Entscheidung des deutschen Gesetzgebers, die Beweislastumkehr nicht auf
alle Kaufverträge auszudehnen, wurde damit begründet, dass einem unternehmerischen Käufer bessere Beweismöglichkeiten zur Verfügung stünden als einem
Verbraucher.664 Es wurde davon ausgegangen, dass es für den unternehmerischen
Käufer wegen seiner Sachkenntnis oder des Kontakts zu dem Hersteller immer
leichter sei, die Mangelhaftigkeit nachzuweisen. Dies ist jedoch fraglich, da im
660 Unter Kapitel III.3.e.
661 Dazu BGH v. 2.6.2004, Az. VIII ZR 329/03, ZGS 2004, 309 ff.; OLG Stuttgart v.
31.01.2005 – 5 U 153/04, ZGS 2005, 156; BGH v. 14.9.2005 – VIII ZR 363/04, Nr. 28;
Reinking, DAR 2001, 8 (14).
662 Hierzu auch unter s. III.3.e.
663 So auch die Regel von Art. 418 AK.
664 RegBegr, in: Canaris, Schuldrechtsreform 2002, S. 872.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Art. 4 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, der den Rückgriff des Letztverkäufers im Fall einer von ihm nicht verursachten Mangelhaftigkeit der Sache gewährleisten will, überlässt den Mitgliedstaaten einen weiten Umsetzungsspielraum. Dies reizt zu einer rechtsvergleichenden Untersuchung, da das Optionenspektrum für die Ausgestaltung des Rückgriffs sehr breit ist. Wie der deutsche und griechische Gesetzgeber die genannte Richtlinienvorschrift ins nationale Recht umsetzten, ist Gegenstand dieses Werkes. Die Verfasserin stellt die Rückgriffsregelungen des BGB und des griechischen ZGB (AK) nebeneinander und gelangt zu interessanten Ergebnissen bezüglich ihrer Richtlinienkonformität und rechtspolitischen Richtigkeit.