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kontrolle. Die Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln im unternehmerischen
Verkehr ist danach ausschließlich nach § 307 zu beurteilen. Inwieweit die zu den
Vorschriften des § 309 Nr. 7 und Nr. 8 ergangenen Grundsätze zu Freizeichnungsklauseln auch auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr übertragbar sind, ist
Gegenstand der Prüfung im Folgenden.
IV. Anwendbarkeit der Klauselverbote der §§ 308, 309 BGB im
unternehmerischen Verkehr
Unstreitig gelten die Klauselverbote der §§ 308, 309 bei Verwendung von AGB
gegenüber einem Verbraucher direkt. Freizeichnungsklauseln, die gegenüber Unternehmern verwendet werden, sind aufgrund des § 310 Absatz 1 Satz 1 jedoch
nicht direkt an §§ 308, 309 zu messen, sondern allein an § 307. Streitig ist aber
das Wirkungsverhalten der Klauselverbote der §§ 308, 309 bei Verwendung von
AGB gegenüber einem unternehmerischen Vertragspartner.
Die Ausstrahlungswirkung der Verbote aus §§ 308, 309 ist gemäß §§ 307, 310
Absatz 1 nach herrschender Meinung grundsätzlich auch im unternehmerischen
Verkehr zu berücksichtigen.532 Unterschiedlich sind jedoch die Ansichten dar-
über, auf welche Weise und in welchem Umfang die Verbote der §§ 308, 309 bei
Beteiligung von Unternehmern ihre Wirkung entfalten. Ob ein Verstoß gegen
§§ 308, 309 im Verkehr zwischen Unternehmern unmittelbar, analog oder als die
Unwirksamkeit einer Klausel indizierend herangezogen werden kann, ist streitig.
1) Generelle Indizwirkung der §§ 308, 309 BGB im unternehmerischen
Verkehr
Während teilweise eine direkte Geltung der Klauselverbote über § 307 befürwortet zu werden scheint,533 sollen Verbote des § 309, die Konkretisierungen des
§ 307 Absatz 2 darstellen, einer überwiegend in der Rechtsprechung vertretenen
Ansicht nach auch im Verkehr zwischen Unternehmern die Unwirksamkeit der
betroffenen Freizeichnungsklausel indizieren.534
532 Palandt/Grüneberg § 309 Rn. 48; Stoffels, AGB-Recht, Rn. 979; Koch WM 2002, 2173,
2178; MüKo/Kieninger § 308 Rn. 6; Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 310 Rn. 27.
533 OLG Köln BB 1993, 2044 für eine direkte Geltung des § 11 Nr. 8 a.F. AGBG über § 9 a.F.
AGBG.
534 BGH NJW 2007, 3774,3775 »Indizwirkung«; BGH NJW 1993, 2054, 2055 zu § 11 Nr. 10
f; BGHZ 103, 316, 328 zu § 11 Nr. 7; BGHZ 90, 273, 278 zu § 11 Nr. 7; OLG München
BB 1993, 1753 zu § 11 Nr. 7; zurückhaltender BGH NJW 1985, 2328; zur Bewertung des
Haftungsausschlusses im kaufmännischen Rechtsverkehr allein nach § 9 AGBG ohne
Rückgriff auf eine Indizwirkung des § 11 Nr. 7 AGBG aber BGH BB 1984, 746, 747; BB
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Teilweise wird aber auch in der Literatur eine allgemeine Indizwirkung der
§§ 308, 309 angenommen.535
2) Partielle Indizwirkung unter Differenzierung der Klauselverbote
Nach anderer Ansicht ist eine allgemeine, generalisierende Indizfunktion der
Klauselverbote für die Inhaltskontrolle im unternehmerischen Geschäftsverkehr
abzulehnen.536 Im zwischengewerblichen Bereich führe eine solche Indizwirkung
zu einer zu pauschalen, exzessiven Begrenzung, die der Systematik des AGB-
Rechts widerspreche.537 Wenn für bestimmte Personengruppen die Klauselverbote als abänderungsfest erklärt werden, so sei dies mit dem Umkehrschluss verbunden, dass gegenüber den personell ausgeklammerten Personengruppen diese
Spezialregeln gerade keine Indizwirkung entfalten.538 Insbesondere bei den Klauselverboten ohne Wertungsmöglichkeit könne der Eigenständigkeit der Inhaltskontrolle im kaufmännischen Verkehr aufgrund des Zuschnitts auf die Bedürfnisse des privaten Geschäftsverkehrs nicht ausreichend Rechnung getragen werden.539
Unter Ablehnung der pauschalen Indizwirkung wird jedoch teilweise eine Indizwirkung, differenziert nach einzelnen Verboten, befürwortet.540 So sei als Alternative zur generellen Indizwirkung die selektive Übertragung derjenigen Verbotsvorschriften, die sich aufgrund einer Vorauswahl als für den Handelsverkehr
brauchbar erweisen, im Sinne einer berechenbaren und vereinfachten Angemes-
535 1984, 1449, 1450; OLG Hamburg VersR 1985, 57; OLG Bremen VersR 1987, 772, 773;
siehe auch OLG Saarbrücken NJW-RR 1995, 117, 118, wonach die »Rechtsgedanken« der
besonderen Klauselverbote im Rahmen des § 9 (jetzt § 307) zu berücksichtigen seien.
535 Henseler DWiR 1992, 192, 193; MüKo/Kieninger § 307 Rn. 73; Ulmer in Ulmer/Brandner/
Hensen § 310 Rn. 27, der den §§ 308, 309 eine Indizwirkung im kaufmännischen Verkehr
zuspricht, im Ergebnis jedoch nach den einzelnen Klauselverboten differenziert; ebenso
Horn in Wolf/Horn/Lindacher § 24 Rn. 13; ähnlich Erman/Roloff § 310 Rn. 7; differenzierend Palandt/Grüneberg § 307 Rn. 41, bejahend für § 308, einschränkend bei § 309;
a.A. Alisch JZ 1982, 706, 709.
536 Haas S. 236; Horn in Wolf/Horn/Lindacher § 9 Rn. 121; Rabe NJW 1987, 1978, 1982;
Bunte NJW 1987, 921, 925; Schmidt-Salzer NJW 1995, 1641, 1643; Lutz S. 32; kritisch
zum Ganzen auch Paulusch DWiR 1992, 182, 184; vgl. auch Hensen NJW 1987, 1986,
1987, der die Formulierung des BGH für »zu scharf« hält.
537 Schmidt-Salzer NJW 1995, 1641, 1644.
538 Schmidt-Salzer NJW 1995, 1641, 1643.
539 Bunte NJW 1987, 921, 925; Lutz S. 32.
540 Staudinger/Coester § 307 Rn. 14; Lutz S. 36; ähnlich Horn in Wolf/Horn/Lindacher § 24
Rn. 13; BeckOK/Becker § 309 Nr. 7 Rn. 46; einschränkend Bunte, NJW 1995, 1641, 1644,
der den §§ 10, 11 AGBG keine Indizwirkung, wohl aber eine gewisse Orientierungsfunktion zukommen lässt; zurückhaltend auch Helm BB 1977, 1109, nur »Anhaltspunkte«, insbesondere ablehnend in Bezug auf den damaligen § 11 Nr. 7 AGBG, nun § 309 Nr. 7, »im
Verhältnis zu Kaufleuten kein Leitbild«.
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senheitsprüfung auch im unternehmerischen Verkehr sinnvoll.541 Die Vorauswahl
geeigneter Verbotsvorschriften verbessere zugleich auch die Orientierungsmöglichkeit für den Rechtsverkehr.542 Im Hinblick auf die Klauselverbote des § 308
wird überwiegend sogar ohne weitere Differenzierung der einzelnen Verbote pauschal eine Indizwirkung aufgrund des dort immanenten Wertungsspielraums auch
im unternehmerischen Geschäftsverkehr bejaht.543
Als Kriterien für die Übertragbarkeit der einzelnen Klauselverbote wird teilweise
der Gerechtigkeitsgehalt eines Verbotes, die Schutzbedürftigkeit des kaufmännischen AGB-Kunden und die besonderen Bedürfnisse des Handelsverkehrs herangezogen.544 Manche Verbote entsprächen auch oder besonders den kaufmännischen oder beruflichen Interessen, so dass diese daher ohne weiteres Unangemessenheit auch im beruflichen Verkehr indizierten.545 Eine Indizwirkung sei dagegen zu verneinen, wenn es sich um Verbote handele, die den besonderen Bedürfnissen des Handels- oder sonstigen Geschäftsverkehrs zuwider liefen.546 Gerade
im Bereich der Freizeichnung lägen die Bedürfnisse zwischen privatem und unternehmerischem Geschäftsverkehr zu differenziert, um einen gemeinsamen Nenner herzustellen.547 Letztlich sei für jedes Klauselverbot eine selbständige Wertung seiner Bedeutung für den unternehmerischen Verkehr unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des jeweiligen Verbots vorzunehmen.548
3) Übernahme von Interpretationsergebnissen aus ökonomischen Aspekten
Unter strikter Ablehnung der Indizwirkung sollen nach einer ökonomisch-analytisch orientierten Ansicht jedoch aus anderen Gründen die Interpretationsergebnisse der §§ 308, 309 bei materiell identischer Inhaltskontrolle für den nichtkaufmännischen wie für den kaufmännischen Geschäftsverkehr im Einzelfall auch für
den kaufmännischen Verkehr übernommen werden können. Soweit spezielle
Klauselverbote einer ökonomisch vorteilhaften Risikoverteilung dienten, sei der
Inhaltskontrollmaßstab insoweit für den nichtkaufmännischen und den kaufmän-
541 Lutz S. 36.
542 Lutz S. 36.
543 So z.B. Ulmer in Ulmer/Brandner/Hensen § 310 Rn. 31; Palandt/Grüneberg § 307 Rn. 41;
Bunte S. 34 »(...) können nahezu ausnahmslos auch für AGB-Klauseln im kaufmännischen
Verkehr gelten, (...)«.
544 Lutz S. 37, 38, 39.
545 Vgl. Staudinger/Coester § 307 Rn. 14, der die Indizwirkung aus diesem Grund bejaht für
§ 308 Nr. 4, § 309 Nr. 8 b) aa) und § 309 Nr. 12 a).
546 Vgl. Staudinger/Coester § 307 Rn. 14, der die Indizwirkung daher verneint für § 308 Nr.
5 und § 309 Nr. 6.
547 Bunte NJW 1987, 921, 925.
548 Horn in Wolf/Horn/Lindacher § 9 Rn. 121.
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nischen Verkehr identisch.549 Im Hinblick auf die hier für die Freizeichnung relevanten §§ 309 Nr. 7 und Nr. 8 wird die Heranziehung des dort verankerten Inhaltskontrollmaßstabs unverändert auch im unternehmerischen Verkehr befürwortet, da die dort vorgenommene Risikoverteilung ökonomischen Erfordernissen entspreche.550 Unterschiede bei der Wirksamkeit von Freizeichnungsklauseln
in AGB könnten sich jedoch trotz des im Ergebnis gleichen abstrakten Kontrollmaßstabs daraus ergeben, dass die kaufmännische Verwendergegenseite im konkreten Fall über andere Präventions- oder Versicherungsmöglichkeiten als die
nichtkaufmännische verfüge.551
4) Bewertung
Eine unmittelbare oder analoge Anwendung der §§ 308, 309 auf Unternehmer widerspricht der insoweit eindeutigen Regelung des § 310 Absatz 1 Satz 1, welche
die Anwendbarkeit der §§ 308, 309 auf Unternehmer unmissverständlich ausschließt.552 Einziger Wertungsmaßstab im unternehmerischen Geschäftsverkehr
ist daher § 307.
Soweit teilweise die Indizwirkung für § 309 verneint, für § 308 jedoch mit Verweis auf den dort vorhandenen Wertungsspielraum bejaht wird, scheint eine solche Differenzierung nicht gerechtfertigt. Zwar ist im Rahmen der Klauselverbote
mit Wertungsmöglichkeit nach § 308 ein Bewertungsspielraum gegeben. Dieser
reicht aber nicht in jedem Fall aus, um den im Handelsverkehr geltenden Gebräuchen und Gewohnheiten und damit der Eigenständigkeit der Inhaltskontrolle im
unternehmerischen Geschäftsverkehr noch ausreichend Rechnung zu tragen. So
ist z.B. der Wertungsspielraum bei Erklärungsfiktionen des § 308 Nr. 5 a) auf die
Frage beschränkt, ob die zur Abgabe einer Erklärung eingeräumte Frist angemessen ist. Dies trägt den Besonderheiten des Handelsverkehrs aber schon allein deshalb nicht ausreichend Rechnung, da im Falle eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens die vereinbarte Fiktion auch ohne ausdrückliche Erklärung gültig sein muss und es daher auf die Angemessenheit der in § 308 Nr. 5 a) erwähnten
Frist schon deshalb gar nicht mehr ankommt. Auch eine Hinweispflicht im Sinne
des § 308 Nr. 5 b) ist im Handelsverkehr im Rahmen eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht vorgesehen. Unternehmerische Belange werden hier
549 Haas S. 236; a.A. Lutz S. 136, soweit sich die ökonomische Betrachtungsweise darauf
bezöge, inwieweit die Haftung den AGB-Verwender finanziell weniger treffe als den Kunden, sei es, dass er sich kostengünstiger versichern oder mit geringerem Aufwand Schadensvorsorgemaßnahmen treffen könne, da nach seiner Ansicht es allein der privatautonomen Gestaltungsfreiheit der Parteien obliege zu vereinbaren, wer von ihnen diese Kosten
zu tragen hat.
550 Haas S. 237.
551 Haas S. 238.
552 Gegen die unmittelbare oder analoge Anwendung auch Lutz S. 28; Staudinger/Coester
§ 307 Rn. 14.
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daher nicht ausreichend berücksichtigt, eine pauschale Indizwirkung verbietet
sich schon aus diesem Grunde.
Auch sind gleichermaßen § 308 wie § 309 ihrer praktischen Bedeutung nach
auf die Bedürfnisse und den Verkehr mit Verbrauchern zugeschnitten.553 Aufgrund der zu divergierenden Bedürfnisse zwischen Unternehmern einerseits und
Verbrauchern andererseits können daher sowohl § 308 als auch § 309 nicht pauschal auf Rechtsgeschäfte zwischen Unternehmern angewendet werden.554 Insofern ist eine Unterscheidung im Hinblick auf eine Indizwirkung zwischen § 308
und § 309 nicht überzeugend, da § 308 zwar über einen bei § 309 nicht vorhandenen Wertungsspielraum verfügt, dieser aber gerade nicht an unternehmerischen
Interessen ausgerichtet ist. Die Indizwirkung des Klauselkataloges des § 309 zu
verneinen, eine solche jedoch bei § 308 zu bejahen ist daher rechtsdogmatisch
inkonsequent und nicht gerechtfertigt.
Auch eine generelle Indizwirkung der Klauselverbote aus §§ 308, 309 ist abzulehnen. Der in § 310 Absatz 1 Satz 2 festgelegte differenzierte Prüfungsmaßstab
für Kaufleute liefe leer, würde man die Verbote der §§ 308, 309 zum generellen
Kontrollmaßstab auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr erheben. Die Verbotsklauseln sind von ihrer praktischen Bedeutung und der Klärungsbedürftigkeit
für den Rechtsverkehr mit Letztverbrauchern bestimmt.555 Weder die Schutzbedürftigkeit noch die Interessen sind bei Unternehmern mit denen bei Verbrauchern vergleichbar.
Die Schutzbedürftigkeit im unternehmerischen Verkehr ist in der Regel nicht
in gleichem Maße ausgeprägt wie diejenige des Verbrauchers. Der Unternehmer
hat, anders als ein Endverbraucher, häufig bessere Möglichkeiten, sich durch
Eigenvorsorge wie Versicherungen oder entsprechende Preiskalkulationen gegen
das ihm aufgebürdete Vertragsrisiko zu sichern. Dies beruht auf dem Umstand,
dass Unternehmer aufgrund eigener Fachkompetenz oder aufgrund immer wiederkehrender ähnlicher Geschäfte besser in der Lage sind, das vertraglich auf sie
abgewälzte Risiko zu beherrschen oder durch Vorteile anderer Art auszugleichen.556
Auch die Interessen eines beteiligten Unternehmens sind in der Regel anders ausgerichtet als diejenigen eines Verbrauchers. Dem unternehmerischen Geschäftsverkehr ist häufig in besonderem Maße an einer zügigen und reibungslosen Geschäftsabwicklung gelegen.557 So sind im unternehmerischen Geschäftsverkehr
z.B. die Vereinbarung von Schadenspauschalierungen üblich, die den Nachweis
des Schadens im Einzelfall zugunsten einer schnelleren Abwicklung des Schadensfalls entbehrlich machen. Dieses Interesse würde im unternehmerischen Ver-
553 Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23.
554 Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 43.
555 Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23.
556 Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 23.
557 Vgl. MüKo/Kieninger § 307 Rn. 75.
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kehr aber im Rahmen von § 309 Nr. 5 b) nicht ausreichend Berücksichtigung finden, da die hierdurch vorgeschriebene ausdrückliche Gestattung des Gegenbeweises im unternehmerischen Verkehr eher unüblich ist. Als weiteres Beispiel gegen eine allgemeine Indizwirkung aller Klauselverbote sei hier auch auf § 309 Nr.
6 hingewiesen. Auch § 309 Nr. 6 lässt sich nicht ohne Weiteres übertragen, denn
im Gegensatz zu Geschäften mit Verbrauchern sind Vertragsstrafeversprechen im
unternehmerischen Verkehr ein übliches Mittel zur Durchsetzung vertraglicher
Interessen. Die Restriktionen des § 309 Nr. 6 sind daher nicht ohne Weiteres auf
den unternehmerischen Rechtsverkehr übertragbar. Ihnen eine Indizwirkung im
unternehmerischen Verkehr zuzusprechen würde eine starke Verengung der Inhaltskontrolle bei Unternehmern bedeuten, die vom Gesetzgeber so gerade nicht
vorgesehen war.558
Auch die ökonomisch-analytisch orientierte Betrachtungsweise führt im Ergebnis
zu einer allgemeinen Übertragung der Klauselverbote auf den unternehmerischen
Geschäftsverkehr, wenn diese einer ökonomisch vorteilhaften Risikoverteilung
dienen, was für § 309 Nr. 7 und 8 bejaht wird. Auch hier liegt das Problem darin,
dass bei Vorliegen eines Verbotstatbestandes die Unangemessenheit auch im unternehmerischen Verkehr zunächst einmal vorausgesetzt wird und nur das Vorliegen weiterer Umstände als Korrektiv wirkt. Dies bedeutet, dass der Verwender
sich quasi von der vorausgesetzten Unangemessenheit entlasten muss. Dies steht
aber im Widerspruch zur gesetzgeberisch gewollten Eigenständigkeit der Inhaltskontrolle bei Unternehmern.
Gleichwohl bedeutet die Ablehnung der Indizwirkung nicht, dass einzelne, in den
Verbotskatalogen der §§ 308, 309 konkretisierte Maßstäbe im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 nicht auch im unternehmerischen Bereich zu berücksichtigen sein können, soweit sich nicht ein anderer Bewertungsmaßstab durch
die Besonderheiten des unternehmerischen Verkehrs aufdrängt. Denn letztlich bedeutet die durch § 310 Absatz 1 festgeschriebene Nichtanwendbarkeit der §§ 308,
309 nur, dass eine direkte, unmittelbare oder analoge Anwendung auf Unternehmer ausgeschlossen ist. Daraus kann aber nicht gefolgert werden, dass die im Bereich der Verbrauchergeschäfte stets unwirksamen Klauseln der § 308 und § 309
im Verkehr mit Unternehmern stets wirksam wären.559 Dies wird schon durch
§ 310 Absatz 1 Satz 2 klargestellt.560 Einzelne Wertungen der Klauselverbote
können daher alleine nicht die Unwirksamkeit von Klauseln indizieren, sondern
sind im Sinne einer Orientierungshilfe bei der Angemessenheitsprüfung im unternehmerischen Geschäftsverkehr im Rahmen des § 307, stets unter der Richtungsvorgabe der Besonderheiten des Handelsverkehrs, zu berücksichtigen. Es ist
dabei grundsätzlich zu überprüfen, ob die jeweilige Klausel die Besonderheiten
558 Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 43.
559 Vgl. RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 43; Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks. 7/5422
S. 14; MüKo/Basedow § 310 Rn. 7.
560 Vgl. auch Horn in Wolf/Horn/Lindacher § 24 Rn. 13; RegE BT-Drucks. 7/3919 S. 43.
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der Unternehmersphäre in gleichem Maße berücksichtigt wie im Verbraucherverkehr.
5) Auf den Unternehmerverkehr übertragbare Wertungen
Von den für die Freizeichnung relevanten und einschlägigen Vorschriften der §§
309 Nr. 7, Nr. 8b) aa), ee) und ff) betrifft die Übertragbarkeit der Wertungen im
Sinne einer Orientierungshilfe alle der genannten Vorschriften. In diesen Fällen
liegen die Unternehmerinteressen zu denen eines Verbrauchers nicht so konträr,
dass die Wertungen der §§ 309 Nr. 7, Nr. 8 b) aa), ee) und ff) grundsätzlich in vollem Umfang unberücksichtigt bleiben müssten. Denn auch im Verkehr zwischen
Unternehmern dürfte ein völliger Ausschluss jeglicher Gewährleistung (§ 309 Nr.
8 b) aa)), Ausschlussfristen ohne jegliche Begrenzung (§ 309 Nr. 8 b) ee)), eine
unbegrenzte Verjährungserleichterung (§ 309 Nr. 8 b) ff)) oder eine Haftungsfreizeichnung wegen der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit oder aufgrund groben Verschuldens (§ 309 Nr. 7) den Unternehmerinteressen zuwider laufen. In welchem Umfang jedoch sich diese Wertungen im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung von Freizeichnungen im Unternehmerverkehr über § 310 Absatz 1
im Rahmen des § 307 auswirken, hängt von weiteren Angemessenheitskriterien
im Rahmen des § 307 ab, auf die noch näher eingegangen wird.
B. Die Kontrollfähigkeit von Haftungsfreizeichnungsklauseln
Der Inhaltskontrolle nach § 307 Absatz 3 unterliegen nur solche Bestimmungen
in AGB, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende
Regelungen vereinbart werden. Bevor also die Prüfung der Angemessenheit anhand des § 307 Absatz 2 vorgenommen werden kann, ist zunächst einmal der kontrollfreie von dem kontrollfähigen Bereich abzugrenzen.
I. Inhaltskontrolle von Haftungsfreizeichnungen durch Einschränkung des
Pflichtenprogramms
Der für die Praxis weitaus interessanteste Bereich betrifft die Frage nach der
Möglichkeit der Haftungsfreizeichnung durch Einschränkungen des Pflichtenprogramms. So kann der Auftragnehmer durchaus interessiert daran sein, seine
Haftung schon im Vorfeld gar nicht entstehen zu lassen, indem er den zweifelhaften Bereich in der Leistungsbeschreibung einfach ausklammert. Hier sind viele
Beispiele denkbar. Der Anwalt, der ein Rechtsgutachten über die Wirksamkeit einer vertraglichen Haftungsklausel nach luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen
erstellen soll, aber explizit eine Prüfung internationaler Abkommen ausschließt,
oder das Forschungsinstitut, dass seine Arbeiten nur unter Zugrundelegung des
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Im wirtschaftlichen Wettbewerb um innovative Produkte und Verfahren haben Forschungs- und Entwicklungsverträge erhebliche Bedeutung. Diesem besonderen Vertragstyp widmet sich die Arbeit und liefert Antworten und Lösungen auf wichtige Fragen wie die nach der Rechtsnatur von FuE-Verträgen, nach Risiken und ihrer Abfederung sowie insbesondere auf die Frage nach der Wirksamkeit von Haftungsfreizeichnungen. Die Arbeit gibt praktische Empfehlungen für die Vertragsgestaltung sowie wertvolle Hinweise zu den Besonderheiten des FuE-Vertrags. Das Werk ist aus der Tätigkeit der Verfasserin als Syndikusanwältin einer großen Forschungseinrichtung entstanden und eine praktische Hilfe für alle mit FuE-Projekten befassten Mitarbeiter von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Rechtsanwälte und Wirtschaftsjuristen.