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VII. Geheimhaltung und Vertraulichkeit
Die Formulierung von Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitsverpflichtungen unterscheidet sich in der Vielzahl der Forschungs- und Entwicklungsverträge nahezu gar nicht voneinander. Sie steht aber in engem Zusammenhang mit der Regelung zu Schutz- und Nutzungsrechten und hat für den Forschungs- und Entwicklungsvertrag überragende Bedeutung, denn letztlich dient die Vertraulichkeit
dem Schutz des Know-hows des Auftragnehmers, stellt also letztlich die Sicherung seines »Kapitals« dar. In gleicher Weise dient sie aber auch dem Schutz des
Auftraggebers, für den mit der Geheimhaltung von Informationen60 auch der Sinn
und Zweck des FuE-Projektes steht und fällt, da nur bei entsprechender Geheimhaltung auch ein technischer Innovationsvorsprung und damit wirtschaftlicher
Vorteil in Bezug auf potentielle Wettbewerber gewährleistet werden kann.
Wesentliche Abweichungen bei Vertraulichkeitsvereinbarungen ergeben sich
in der Regel nur in Bezug auf die Dauer einer solchen Verpflichtung, die von der
Befristung auf die Vertrags- oder Projektlaufzeit bis zu in der Regel 3-7 Jahren
nach Projektende (in Einzelfällen länger) reichen kann.
VIII. Sonstige vertragliche Regelungen
Die Gestaltung des Forschungs- und Entwicklungsvertrages ist durch die Notwendigkeit geprägt, den Leistungsgegenstand und die tatsächlichen Bedingungen
der Vertragserfüllung individuell festzulegen. Dazu gehört z.B. auch die Regelung von Teilleistungen, Abnahmekriterien und –modalitäten sowie der Zeit- und
Zahlungsplan. Darüber hinaus dient der Vertrag jedoch auch in erster Linie dazu,
Konflikte, die sich im Zusammenhang mit der Durchführung ergeben, aufzufangen. So finden sich üblicherweise Gewährleistungsklauseln, die die Haftung für
die Erreichung des Zieles der Forschungs- und Entwicklungsaufgabe zugunsten
einer Pflicht zur sachgemäßen Aufgabendurchführung ausschließen61 oder die
Gewährleistungsrechte auf bestimmte Rechte einschränken. Auch Kündigungsregelungen sind dem jeweiligen Einzelfall anzupassen. So trifft man auf Kündigungsregelungen, die z.B. ein außerordentliches Kündigungsrecht für den Fall
vorsehen, dass die Erreichung des Forschungs- und Entwicklungszieles wirtschaftlich und/oder wissenschaftlich unzumutbar geworden ist.
Daneben trifft man auf allgemein übliche und nicht für den Forschungs- und Entwicklungsvertrag in besonderer Weise typische Regelungen wie z.B. zu Erfüllungsort, Gerichtsstand, anwendbarem Recht, Inkrafttreten und Laufzeit.
60 Z.B. Geheimhaltung von Ergebnissen und Erkenntnissen, von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen sowie von Erfindungen und Schutzrechtsanmeldungen, vgl. MünchVertragshdb./Möffert VIII.1, S. 921 ff.
61 Vgl. auch Ullrich, Band 2, S. 55.
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B. Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag
Der Forschungs- und Entwicklungsvertrag kann je nach Projekt verschiedene
Vertragselemente beinhalten, er kann neben dienst- und werkvertraglichen Elementen insbesondere auch lizenzrechtliche, mietrechtliche oder arbeitsrechtliche
Einschläge enthalten. Dennoch wird in aller Regel bei der weit überwiegenden
Zahl aller Forschungs- und Entwicklungsverträge die dienst- oder werkvertragliche Komponente vorherrschen, so dass sich die hier anschließende Untersuchung
auf die Frage nach der Anwendbarkeit von Dienst- oder Werkvertragsrecht beschränkt.
I. Bedeutung der Abgrenzung
Gerade beim Forschungs- und Entwicklungsvertrag erweist sich die Einordnung
als Dienst- oder Werkvertrag als äußerst schwierig und wird in der hierzu eher rar
zu findenden Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich begründet. Insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Inhaltskontrolle nach § 307 und den in § 307
Absatz 2 Nr. 1 zum Ausdruck kommenden Leitbildcharakter der gesetzlichen Regelung ist eine vertragstypologische Einordnung erforderlich.62 Bedeutsam ist die
Abgrenzung zwischen Dienst- und Werkvertrag aber auch für eine Vielzahl rechtlicher Folgen, die von der Einordnung abhängen, da der Gesetzgeber beide Vertragstypen ganz unterschiedlich ausgestaltet hat.
1) Gewährleistung
Ein bedeutender Unterschied zwischen Dienst- und Werkvertragsrecht ist das
Fehlen von gesetzlichen Gewährleistungsregelungen im Dienstvertragsrecht.
Eine analoge Anwendung der Gewährleistungsvorschriften des Werkvertragsrechts kommt schon allein deshalb nicht in Betracht, weil es sich hierbei um eine
bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelt.63 Während also beim Werkvertragsrecht Mängel der geleisteten Arbeit primär Gewährleistungspflichten auslösen, kennt das Dienstvertragsrecht eine solche Regelung nicht. Hier werden Leistungsstörungen, die sich aus der Mangelhaftigkeit der Dienstleistung ergeben,
mittels Schadensersatzansprüchen nach §§ 611, 280 Absatz 1 gelöst. Eine Minderung der Vergütung im Falle einer Schlechterfüllung wie im Fall des § 634 ist
beim Dienstvertrag jedoch ausgeschlossen.64
62 Fliegner, Haftung und Haftungsbeschränkung bei Telekommunikationsverträgen, S. 29.
63 MüKo/Müller-Glöge § 611 Rn. 23.
64 BGH NJW 2002, 1571, 1572; Staudinger/Richardi § 611 Rn. 555.
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References
Zusammenfassung
Im wirtschaftlichen Wettbewerb um innovative Produkte und Verfahren haben Forschungs- und Entwicklungsverträge erhebliche Bedeutung. Diesem besonderen Vertragstyp widmet sich die Arbeit und liefert Antworten und Lösungen auf wichtige Fragen wie die nach der Rechtsnatur von FuE-Verträgen, nach Risiken und ihrer Abfederung sowie insbesondere auf die Frage nach der Wirksamkeit von Haftungsfreizeichnungen. Die Arbeit gibt praktische Empfehlungen für die Vertragsgestaltung sowie wertvolle Hinweise zu den Besonderheiten des FuE-Vertrags. Das Werk ist aus der Tätigkeit der Verfasserin als Syndikusanwältin einer großen Forschungseinrichtung entstanden und eine praktische Hilfe für alle mit FuE-Projekten befassten Mitarbeiter von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Rechtsanwälte und Wirtschaftsjuristen.