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geht,43 stellt sich hier das Problem, ob ein solcher Mischtyp einer Vereinbarung
einheitlich unter die FuE-GVO oder unter die TT-GVO zu subsumieren ist oder
andererseits je nach seinem Regelungsgegenstand nach beiden GVOen zu beurteilen ist, also eine parallele Anwendung stattfindet. Die Kommission äußert sich
zu diesem Problem in ihren Leitlinien zur Anwendung von Artikel 81 EG-Vertrag
auf Technologietransfer-Vereinbarungen. Danach findet die Verordnung (EG) Nr.
2659/2000 auf die Gewährung von Lizenzen Anwendung, die die Parteien einer
FuE-Vereinbarung einander oder einer gemeinsamen Einrichtung erteilen.44 Nur
in dem Fall, dass die Ergebnisse der FuE-Vereinbarung an Dritte lizenziert werden, fällt diese mit dem Dritten geschlossene Lizenzvereinbarung nicht unter die
Verordnung (EG) Nr. 2659/2000, sondern wird nach der TT-GVO beurteilt, soweit die Voraussetzungen dieser Verordnung erfüllt sind.45 Zu einer parallelen
Anwendung der beiden GVOen im Rahmen eines einheitlichen Forschungs- und
Entwicklungsvertrages kommt es daher nicht.
C. Artikel 34 EGBGB
Bei Forschungs- und Entwicklungsverträgen im internationalen Bereich ist zwingend Artikel 34 EGBGB zu berücksichtigen. Geregelt ist danach ohne Rücksicht
auf das auf den Vertrag anzuwendende Recht die Durchsetzung zwingender Normen. Unter zwingenden Normen im Sinne des Artikel 34 EGBGB sind nicht einfache oder national zwingende Normen zu verstehen, sondern solche international zwingenden Bestimmungen, die sich ohne Rücksicht auf das Wirkungsstatut
der von ihnen berührten zivilrechtlichen Rechtsverhältnisse, d.h. auch gegen eine
Rechtswahl, durchsetzen.46 Diese Voraussetzung erfüllen jedoch nur Normen, die
nicht nur dem Schutz und Ausgleich widerstreitender Interessen der Vertragsparteien und damit reinen Individualbelangen dienen, sondern daneben zumindest
auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgen.47 Einfache Unabdingbarkeit
nach materiellem Recht reicht nicht aus.48
Für den Forschungs- und Entwicklungsvertrag können sich im Sinne von Artikel
34 EGBGB zwingende Normen speziell aus dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG)
und der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) ergeben. Soweit hier Verbote eingreifen, die zu schwebender Unwirksamkeit oder Nichtigkeit führen, setzen sie
43 Coenen S. 139.
44 ABL.EG C 101 vom 27.04.2004, S. 11.
45 ABL.EG C 101 vom 27.04.2004, S. 11.
46 MüKo/Martiny Art. 34 Rn. 8.
47 Staudinger/Magnus Art. 30 EGBGB Rn. 193, entscheidend ist dabei der Normzweck; vgl.
auch BGH NJW 2006, 762, 764, wonach das deutsche Verbraucherkreditgesetz jedenfalls
nicht als zwingende Norm im Sinne des Art. 34 EGBGB einzuordnen sei, da der Schutz
von Gemeinwohlinteressen als bloßer Nebeneffekt für die Anwendung des Art. 34 EGBGB
nicht ausreiche.
48 MüKo/Martiny Art. 34 Rn. 8.
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sich auch gegen ein fremdes Vertragsstatut durch.49 Insbesondere Vorschriften für
als gefährlich geltende Gegenstände und Anlagen, z.B. im Zusammenhang mit
Kernbrennstoffen oder dem Betrieb gentechnischer Anlagen, können für FuE-
Verträge von zwingender Relevanz sein, ferner aber auch transportrechtliche Vorschriften oder solche des Arbeitsrechts (insbesondere AEntG).
49 MüKo/Martiny Art. 34 Rn. 84.
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References
Zusammenfassung
Im wirtschaftlichen Wettbewerb um innovative Produkte und Verfahren haben Forschungs- und Entwicklungsverträge erhebliche Bedeutung. Diesem besonderen Vertragstyp widmet sich die Arbeit und liefert Antworten und Lösungen auf wichtige Fragen wie die nach der Rechtsnatur von FuE-Verträgen, nach Risiken und ihrer Abfederung sowie insbesondere auf die Frage nach der Wirksamkeit von Haftungsfreizeichnungen. Die Arbeit gibt praktische Empfehlungen für die Vertragsgestaltung sowie wertvolle Hinweise zu den Besonderheiten des FuE-Vertrags. Das Werk ist aus der Tätigkeit der Verfasserin als Syndikusanwältin einer großen Forschungseinrichtung entstanden und eine praktische Hilfe für alle mit FuE-Projekten befassten Mitarbeiter von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Rechtsanwälte und Wirtschaftsjuristen.