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III. Verbundvertrag
Charakteristisch für einen Verbundvertrag ist die Förderung eines Projektes mit
öffentlichen Geldern. Vorhaben auf Forschungsgebieten, deren Förderung im öffentlichen Interesse liegt, werden mit öffentlichen Mitteln gefördert. Zuwendungsgeber können hier z.B. Bundesministerien (z.B. das BMBF18), Bundesämter
oder Bundesländer sein. Die Förderbedingungen weichen je nach Zuwendungsgeber voneinander ab. In der Regel erfolgt eine Zuwendung mit hälftiger bzw.
voller Kostenübernahme.19 Einen großen Anteil der europäischen Forschungsförderung nimmt dabei die Förderung von Forschungsvorhaben durch die EU ein. In
den Zuwendungsbedingungen für die Zuwendungsempfänger findet sich bei öffentlich geförderten Projekten häufig die Bedingung, dass die einzelnen Zuwendungsempfänger eines einheitlichen Projektes ihre Zusammenarbeit untereinander in einem Verbundvertrag regeln.20 Dies hat den Vorteil, dass die Koordination
des Gesamtprojektes gesichert ist und durch die Vorteile einer engen Kooperation
und der sich dadurch ergebenden gegenseitigen Unterstützung und Nutzung der
Synergieeffekte die Erreichung des wissenschaftlichen Gesamtzieles des Projektes effizienter gestaltet wird. Ziel der finanziellen Unterstützung von Forschung
und Entwicklung durch die öffentliche Hand ist neben dem sich aus den Effizienzvorteilen ergebenden Nutzen auch die Absenkung der Risiko- und Leistungsschwellen individueller Forschung und Entwicklung.21
18 Siehe hierzu die Allgemeinen Bestimmungen für Forschungs- und Entwicklungsverträge
der Zuwendungsempfänger des Bundesministeriums für Bildung und Forschung BEBF-
ZE 98.
19 Ullrich, Band 2, S. 175.
20 Nach den Beteiligungsregeln der EU Regulation (EC) No. 1906/2006 vom 18. Dezember
2006 für das 7. FRP, von der Europäischen Union veröffentlicht am 30.12.2006 im Amtsblatt der Europäischen Union L 391/1, wird nach subsection 4 consortia Article 24 Nr. 1,
L 391/9, die Bildung eines »consortium agreement« der Zuwendungsempfänger grundsätzlich vorausgesetzt sowie unter Nr. 2 die Veröffentlichung von Leitlinien durch die
Kommission bezüglich der Hauptregelungspunkte in Aussicht gestellt; der Hinweis auf die
Voraussetzung eines Kooperationsvertrages der Zuwendungsempfänger ist auch dem
Merkblatt des BMBF für Antragsteller auf Projektförderung zur Gestaltung von Kooperationsvereinbarungen bei Verbundprojekten zu entnehmen, zu finden unter: http://
www.kp.dlr.de/profi/easy/bmbf/pdf/0110.pdf .
21 Ullrich, Kooperative Forschung und Kartellrecht, S. 166.
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Auch der Verbundvertrag dürfte aufgrund der gemeinsamen Verfolgung eines
Zweckes durch die darin verbundenen Parteien als Gesellschaft bürgerlichen
Rechts nach § 705 einzuordnen sein.22
IV. Gegenstand der Untersuchung
Die Betrachtung von Freizeichnungsklauseln wird sich im Folgenden auf solche
in Forschungs- und Entwicklungsverträgen, wie unter Punkt § 1 A. I. dargestellt,
beschränken. Denn gerade in Auftragsverhältnissen ist im Gegensatz zu Kooperationen, bei denen mangels Leistungsaustauschs die üblichen Leistungsstörungen nicht auftreten können, das Risiko der Haftung insbesondere für den Auftragnehmer besonders hoch. In diesem Bereich finden sich daher auch die meisten
und differenziertesten Freizeichnungsklauseln. Die Überprüfung ihrer Wirksamkeit unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen Merkmale von Forschung und Entwicklung ist Gegenstand dieser Arbeit.
B. Rechtsvorschriften der Europäischen Union mit Auswirkung auf
Forschungs- und Entwicklungsverträge
Gemäß Artikel 81 Absatz 1 (ex-Artikel 85) EG-Vertrag sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte
Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder
bewirken. Vom Verbot des Artikel 81 Absatz 1 EG-Vertrag können nach Artikel
81 Absatz 3 EG-Vertrag jedoch einzelne Vereinbarungen, Beschlüsse oder abgestimmte Verhaltensweisen (»Einzelfreistellung«) oder Gruppen von solchen
(»Gruppenfreistellung«) freigestellt werden.
Dies ist für den Bereich von Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen
durch die Gruppenfreistellungsverordnung für Vereinbarungen über Forschung
und Entwicklung (EG) Nr. 2659/2000 erfolgt, für Technologietransfervereinbarungen durch die Verordnung (EG) Nr. 772/2004.
22 Insoweit gelten die gleichen Grundsätze wie für die Kooperation ohne öffentliche Förderung, da auch beim Verbundvertrag die Partner einen gemeinsamen Zweck verfolgen, nämlich die kooperative, arbeitsteilige Durchführung eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes. Ein Unterschied zu der Bewertung von Kooperationen ohne öffentliche Förderung ergibt sich daher im Hinblick auf die rechtliche Einordnung als Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 705 nicht. Insofern gelten die Nachweise bei Fn. 17 in gleicher Weise
auch für den hier behandelten Verbundvertrag.
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References
Zusammenfassung
Im wirtschaftlichen Wettbewerb um innovative Produkte und Verfahren haben Forschungs- und Entwicklungsverträge erhebliche Bedeutung. Diesem besonderen Vertragstyp widmet sich die Arbeit und liefert Antworten und Lösungen auf wichtige Fragen wie die nach der Rechtsnatur von FuE-Verträgen, nach Risiken und ihrer Abfederung sowie insbesondere auf die Frage nach der Wirksamkeit von Haftungsfreizeichnungen. Die Arbeit gibt praktische Empfehlungen für die Vertragsgestaltung sowie wertvolle Hinweise zu den Besonderheiten des FuE-Vertrags. Das Werk ist aus der Tätigkeit der Verfasserin als Syndikusanwältin einer großen Forschungseinrichtung entstanden und eine praktische Hilfe für alle mit FuE-Projekten befassten Mitarbeiter von Unternehmen und Forschungseinrichtungen, Rechtsanwälte und Wirtschaftsjuristen.