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D. Exkurs: Rechtsweg bei Streitigkeiten
Aus dem zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Versorgungsträger bestehenden
Dreiecksverhältnis folgt, dass der Arbeitnehmer bei Streitigkeiten entweder gegen
den Arbeitgeber auf Verschaffung der zugesagten Versorgungsleistungen oder gegen den Versorgungsträger selbst gerichtlich vorgehen kann.
Für Streitigkeiten aus dem arbeitsrechtlichen Grundverhältnis ist gemäß § 2
Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben. Das gilt
nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 c ArbGG auch für Klagen ehemaliger Arbeitnehmer, d.h. von
Versorgungsrentnern und vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern, sowie nach § 2
Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG für Klagen von Hinterbliebenen.
Ist der Versorgungsträger, wie in der Privatwirtschaft, eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien, ist für Klagen gegen den Versorgungsträger nach § 2
Abs. 1 Nr. 4 b Alt. 1 ArbGG ebenfalls der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben. Für Klagen gegen die VBL ist dagegen nach § 13 GVG der ordentliche
Rechtsweg zu beschreiten, da das ArbGG insoweit keine abweichende Zuständigkeitsanordnung trifft.212
E. Zusammenfassung
Leistungen der betrieblichen Altersversorgung sind eine zusätzliche, freiwillige
Leistung des Arbeitgebers. Er kann grundsätzlich entscheiden, ob, in welcher Höhe
und auf welchem Weg er Leistungen erbringen will. Entschließt er sich zur Zusage
von Leistungen, entsteht ein Austauschverhältnis. Die Versorgungsleistungen sind
dann Entgelt für die vom Arbeitnehmer bis zum Versorgungsfall erwiesene Betriebstreue. Der Arbeitnehmer ist also zur Vorleistung verpflichtet.
Versorgungszusagen können auf individual- und kollektivrechtlicher Grundlage
beruhen. Im Bauhauptgewerbegewerbe und in einigen Nebengewerben sowie im
öffentlichen Dienst folgen die Versorgungsleistungen aus Tarifverträgen. Tarifverträge gelten im Arbeitsverhältnis entweder normativ infolge beiderseitiger Tarifgebundenheit oder Allgemeinverbindlicherklärung oder sie gelten schuldrechtlich,
kraft vertraglicher, in aller Regel dynamischer, Bezugnahme. Gegenüber den tarifgebundenen Mitgliedern der Tarifvertragsparteien beruht ihre Geltung auf kollektiv
212
BVerfG 3.12.1998, NZA 1999, 321, 322; BAG 10.8.2004, ZTR 2004, 603; OLG Karlsruhe
22.9.2005, ZTR 2005, 588 (B II, insoweit nicht veröffentlicht); B/R/O/Rolfs, BetrAVG, Anh
§ 1 Rn. 893; Düwell, NZA 1991, 929, 931; G/M/M-G/P/Matthes, ArbGG, § 2 Rn. 90; Rengier, ZTR 2005, 129, 131 f.; Stürmer, NJW 2004, 2480, 2481 ff.; abweichend Grunsky,
ArbGG, § 2 Rn. 80, der wegen des sachlichen Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte annimmt. Zur Möglichkeit einer Zusammenhangklage
nach § 2 Abs. 3 ArbGG vgl. (befürwortend) LAG Niedersachsen 6.1.2003, Az. 6 Ta 272/02;
LAG Bremen 2.5.2003, 28.4.2003, Az. 1 Ta 17/03 bzw. 3 Ta 19/03, n.v.; Rengier, ZTR 2005,
129, 131 sowie (ablehnend) Stürmer, NJW 2004, 2480, 2482 ff.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Die gesetzliche Rente ist längst nicht mehr sicher. Schutz gegen drohende Versorgungslücken bieten Leistungen aus einer betrieblichen Altersversorgung. Neben betriebsbezogenen Versorgungssystemen gewinnen in der Praxis auch solche auf tariflicher Grundlage zunehmend an Bedeutung. Doch wie verhält sich ein solches System im Krisenfall? In welchem Umfang sind Eingriffe in Versorgungsrechte zur Rettung von Unternehmen möglich?
Diesen in Literatur und Rechtsprechung umstrittenen Fragen widmet sich die vorliegende Arbeit. Untersucht wird, ob die vom Bundesarbeitsgericht entwickelte Drei-Stufen-Theorie auf ablösende Versorgungstarifverträge übertragbar ist und welche Bedeutung Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und Vertrauensschutzgesichtspunkte haben. Auf der Grundlage staatlicher Schutzpflichten entwickelt der Autor ein eigenes Lösungsmodell.
Das Werk wurde mit dem Südwestmetall-Föderpreis 2008 ausgezeichnet.