262
B. Die Rechtsfolge: der Gegenstand des anfechtungsrechtlichen
Rückgewähranspruchs
Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners
veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt (§ 143 I 1 InsO) bzw. dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit
es zu dessen Befriedigung erforderlich ist (§ 11 I 1 AnfG). Während der Rückgewähranspruch im Rahmen der InsO auf tatsächliche Rückgabe des weggegebenen
Vermögensgegenstands zur Insolvenzmasse geht, richtet sich der Rückgewähranspruch im Rahmen des AnfG in der Regel auf Duldung der Zwangsvollstreckung
in diesen Gegenstand. Fraglich ist jedoch, worauf bei Ermittlung des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs im Zusammenhang mit einer Lebensversicherung abzustellen ist.
I. Der Anknüpfungspunkt zur Ermittlung des Rückgewährgegenstands
Der Wortlaut des § 143 I 1 InsO, § 11 I 1 AnfG stellt auf den Vermögenswert ab,
der aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben
wurde. Stellt man demzufolge nur auf die beim Schuldner/Versicherungsnehmer
eingetretene Vermögensminderung ab, so könnte nur im Fall der schenkungshalber erfolgten Abtretung der Versicherungsanspruch zum Gegenstand des Rückgewähranspruchs gemacht werden. Bei einer Zuwendung in Form der Einräumung eines Bezugsrechts könnte man jedoch, da das Vermögen des Versicherungsnehmers bei rechtlicher Betrachtung effektiv nur um die Beiträge gemindert
wurde, nur auf die Prämien abstellen. Dafür würde auf den ersten Blick auch der
Sinn und Zweck der Anfechtung sprechen, der darin besteht, vor Verfahrenser-
öffnung vorgenommene Vermögensschmälerungen des Schuldners rückgängig zu
machen und die Haftungsmasse um die entzogenen Vermögenswerte wieder zu
mehren1256. Dies trifft in Bezug auf die Prämien zu: die Haftungsmasse wurde
durch die Entnahme der Beiträge geschmälert, die vor der Zession und vor der Bezugsrechtseinräumung noch zum Schuldnervermögen gehört haben und zum
Zweck der Drittbegünstigung – zur Anspruchsbegründung und -erhaltung – aufgewandt worden sind.
Es ist jedoch fraglich, ob die Vermögensminderung tatsächlich der allein maßgebliche Anknüpfungspunkt bei der Ermittlung des Rückgewährgegenstands sein
kann.
Auch § 143 I InsO und § 11 AnfG knüpfen nicht allein an die beim Schuldner
vorgenommene Vermögensminderung sondern auch an die anfechtbare Rechtshandlung an, die diese Vermögensminderung verursacht hat. Es kommt daher
nicht nur auf die Schmälerung der Haftungsmasse, sondern vielmehr auch darauf
1256 Obermüller/Hess, InsO, Rn. 298.
263
an, dass die anfechtbare Rechtshandlung zu der Vermögensminderung geführt
und den Zugriff der Gläubiger vereitelt hat.
Aus diesem Grund ist der maßgebliche Anknüpfungspunkt die anfechtbare
Rechtshandlung. Durchzuführen ist eine sog. Differenzhypothese bei der die
reale Haftungsabwicklung unter Berücksichtigung der anfechtbaren Rechtshandlung mit der hypothetischen Haftungsabwicklung zu vergleichen ist, die höchstwahrscheinlich bei Unterlassen der Rechtshandlung stattgefunden hätte1257. Die
Gläubiger des Versicherungsnehmers sind vermögensmäßig so zu stellen, als sei
die anfechtbare Rechtshandlung nicht vorgenommen worden1258. Bei der Ermittlung des für den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch relevanten Vermögensgegenstands ist daher unter Anknüpfung an die anfechtbare Rechtshandlung
zu untersuchen, auf welchen Vermögensgegenstand die Gläubiger des Versicherungsnehmers / Schuldners bei Unterlassen der anfechtbaren Rechtshandlung
direkten Zugriff hätten nehmen können.
II. Ermittlung des anfechtungsrechtlichen Rückgewährgegenstands unter
Anknüpfung an die anfechtbare Rechtshandlung
Die Beantwortung der aufgeworfenen Frage hängt unmittelbar damit zusammen,
welches Verhalten des Schuldners/Zuwendenden die anfechtbare Rechtshandlung
darstellt.
1. Die Abtretungserklärung als anfechtbare Rechtshandlung
Hätte der Versicherungsnehmer/Schuldner die Abtretung der Versicherungsforderung unterlassen, wäre der Anspruch weiterhin Bestandteil des Schuldnervermögens geblieben. Der Prämienzahlungspflicht hätte der Schuldner auch bei unterlassener Zession weiterhin nachkommen müssen, da maßgebliche anfechtbare
Rechtshandlung nicht der Abschluss des Versicherungsvertrags, sondern die Zession ist.
Bei einer unentgeltlich erfolgten Abtretung der Versicherungsforderung geht
der Rückgewähranspruch im Rahmen der lnsO somit auf Rückabtretung dieses
Anspruchs, im Rahmen des AnfG auf Duldung der Zwangsvollstreckung in die
Versicherungsforderung.
Wurde die Versicherungssumme bereits ausbezahlt, hat der Zessionar wegen
Untergangs des Anspruchs (§ 362 BGB) Wertersatz in Höhe des erhaltenen
Betrags zu leisten, wobei er – sofern es sich um einen unentgeltlichen Rechtser-
1257 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn.21.19.
1258 BT-Drucks. 12/2443, S. 167; BGH NJW 1970, 44 ff. (46); BGHZ 71, 61 ff. (63); BGH
ZIP 1995, 297 ff. (300); Jaeger/Henckel, KO, § 37 Rn. 25.
264
werb handelt – bei Gutgläubigkeit nur insoweit haftet, als er durch die Zuwendung noch bereichert ist (§§ 143 II InsO, § 11 I AnfG).
Fraglich ist jedoch, ob der Anspruch auf die Versicherungssumme oder auf den
Rückkaufswert zugrunde zu legen ist. Maßgebender Zeitpunkt für die Bewertung
des zurück zu gewährenden Vermögensgegenstands ist der Zeitpunkt der tatsächlichen Rückgewähr bzw. (bei Anfechtung über das AnfG) der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz1259. Es ist zu differenzieren,
ob es in diesem Bewertungszeitpunkt bereits zum Eintritt des Versicherungsfalls
gekommen ist.
a) Vor Eintritt des Versicherungsfalls
Findet die Anfechtung vor Eintritt des Versicherungsfalls statt, so besteht der
Wert des Anspruchs nur in Höhe des im Zeitpunkt der tatsächlichen Rückgewähr
bzw. (bei Anfechtung über das Anfechtungsgesetz) im Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz gebildeten Rückkaufswerts. Einen Wert in Höhe der vollen Versicherungssumme erreicht der Anspruch erst mit
Eintritt des Versicherungsfalls. Es wäre unbillig, den Zessionar zur Rückgewähr
der vollen Versicherungssumme zu verpflichten, obwohl der ihm zugewandte
Vermögensgegenstand einen solchen Wert noch gar nicht besitzt. Dies würde zudem zu einer ungerechtfertigten Besserstellung der Gläubiger des Zedenten/
Schuldners führen, da diese bei unterlassener Zession auch nur auf den Rückkaufswert der Lebensversicherung hätten zugreifen können.
Dafür spricht auch § 143 II InsO, der die Haftung des gutgläubigen Empfängers einer unentgeltlichen Leistung auf die bei ihm noch vorhandene Bereicherung beschränkt. Daran wird deutlich, dass der Anfechtungsgegner nur auf das
haftet, was sich tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt anfechtbar in seinem Vermögen befunden hat. Dies trifft jedoch für die Versicherungssumme nicht zu, sondern nur für den Rückkaufswert1260.
Aus diesem Grund würde es auch keinen Sinn machen, zunächst die volle Versicherungssumme zum Gegenstand des Rückgewähranspruchs zu machen, um
dann durch die Hintertür des § 143 II InsO doch wieder auf den Rückkaufswert
abzustellen. Zudem würde dies nur dem gutgläubigen Zessionar zugute kommen.
Es besteht indes kein Grund dafür, die Gläubiger des Zedenten – selbst bei Bösgläubigkeit des Zessionars – dadurch besser zu stellen, dass man ihnen die Möglichkeit gibt, ihre Ansprüche aus einem Vermögenswert zu befriedigen, der ihnen
bei unterlassener Zuwendung erst zu einem späteren Zeitpunkt zugestanden hätte.
Dagegen spricht auch nicht, dass der Anfechtungsgegner über §§ 143 II InsO
i.V.m. §§ 819 I, 818 IV, 292 II, 987 BGB Nutzungen und schuldhaft nicht gezogene Nutzungen auch dann herausgeben muss, wenn der Schuldner sie nicht
1259 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 11.
1260 Behrend, LZ 1908, 125 ff. (135).
265
gezogen hätte1261. Das zeigt lediglich, dass das Gesetz in Einzelfällen Ausnahmen
von dem Grundsatz1262 macht, dass dem Schuldnervermögen durch die Anfechtung weder Vermögensvorteile zugute kommen sollen, die ohne die anfechtbare
Rechtshandlung nicht bestünden, noch Wertveränderungen Berücksichtigung finden sollen, die beim Schuldner nicht eingetreten wären. Es handelt sich hierbei
zudem um eine Vorschrift, die nur den bösgläubigen Anfechtungsgegner
betrifft1263.
Vor Eintritt des Versicherungsfalls ist folglich der Anspruch auf den im Bewertungszeitpunkt bestehenden Rückkaufswert Gegenstand des Rückgewähranspruchs. Das gilt erst recht, wenn der Anspruch auf den Rückkaufswert tatsächlich wegen vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags bereits am Bewertungsstichtag fällig geworden ist.
Es bleibt zu klären, ob der Anfechtungsgegner vor Eintritt des Versicherungsfalls auch die Überschussanteile zurückzugewähren hat.
Durch die Anfechtung soll die Haftungsmasse in den Zustand versetzt werden,
in dem sie sich bei unterlassener Rechtshandlung befände1264. Die Gläubiger sind
durch die Anfechtung aber nur so zu stellen, wie sie bei Unterlassen der anfechtbaren Rechtshandlung stünden1265. Sie sollen nicht schlechter, aber auch nicht
besser gestellt werden. Gegenstände, die dem Schuldnervermögen auch ohne
diese Rechtshandlung nicht zugeflossen wären, können ihm auch mit Hilfe der
Anfechtung nicht zugeführt werden1266.
Daraus ergibt sich, dass nur die Überschussanteile von dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch erfasst werden, auf die der Zedent bei Unterlassen
der Zession bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls einen Anspruch gehabt
hätte.
Erste Voraussetzung ist somit, dass die Gläubiger des Zedenten bei unterlassener Zession Zugriff auf die Überschussanteile hätten nehmen können.
Dies erfordert, dass ein Anspruch auf die Überschussanteile in diesem Zeitpunkt bereits entstanden ist. Dabei ist zwischen den Schlussgewinnanteilen und
den jährlichen Überschussanteilen zu unterscheiden.
Der Anspruch auf die Schlussgewinnanteile entsteht erst mit Ende der Versicherungsdauer1267, d.h. mit dem Eintritt des Versicherungsfalls bzw. bei vorzeitiger Beendigung des Vertrags durch Kündigung. Zu dessen Entstehung bedarf es
1261 Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 83 S. 850.
1262 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 f.; BGHZ 77, 250 ff. (255); 86, 340 ff. (349, 354); 97, 87 ff.
(96); 124, 67 ff.; BGH WM 1971, 909 ff.; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch § 52
Rn. 15; Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 129 Rn. 66.
1263 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 15 f.; Henckel, in: Kölner Schrift
zur Insolvenzordnung, Rn. 83 S. 813; Kreft, in: HK-InsO, § 143 Rn. 19.
1264 BT-Drucks. 12/2443, S. 167.
1265 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 126.
1266 BT-Drucks. 12/2443, S. 167 f.; BGHZ 77, 250 ff. (255); 86, 340 ff. (349, 354); 97, 87 ff.
(96); 124, 67 ff.; BGH WM 1971, 909 ff.
1267 Stelkens, Rechtsgrundlagen der Überschussbeteiligung in der privaten Lebensversicherung, 1965, S. 102; Hasse, VersR 2005, 15 ff. (17).
266
keines Festsetzungsbeschlusses des zuständigen Organs. Er entsteht mit Eintritt
des Versicherungsfalls1268. Auf diesen Anspruch hätten die Gläubiger des Zedenten auch bei unterlassener Zession nicht im Wege der Pfändung zugreifen können.
Dieser wäre nicht in die Insolvenzmasse des Zedenten gefallen. Daher wird er
auch nicht von dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch erfasst.
Hinsichtlich des Anspruchs auf die jährlichen Überschussanteile ist zu beachten, dass es sich hierbei um eine künftige Forderung handelt1269. Während des
Geschäftsjahres ist der Berechtigte lediglich Inhaber eines Anwartschaftsrechts,
das erst mit Ablauf des Geschäftsjahres, dem Rechnungsabschluss und dem
Beschluss des zuständigen Organs über die Verwendung und Verteilung des Überschusses zum Vollrecht erstarkt1270. Erst in diesem Zeitpunkt entsteht der
Anspruch1271. Zuvor handelt es sich lediglich um eine künftige Forderung, die
jedoch bereits auf einem »hinreichend sicheren Boden steht«, da den Versicherer
eine unbedingte Pflicht zur Verteilung der Bilanzüberschüsse trifft1272. Sicher ist,
dass der Berechtigte jedes Jahr einen Anspruch auf einen noch unbestimmten
Betrag erwerben wird1273.
Künftige Forderungen sind pfändbar, soweit sie nach ihrer Art und der Person
des Drittschuldners bestimmbar sind und ihren Ursprung in einem Rechtsverhältnis haben, aus dem künftige Ansprüche erwachsen können, unabhängig davon, ob
die genaue Höhe der Forderung bereits fest steht1274. Die Gläubiger des Versicherungsnehmers/Zedenten hätten daher auf den künftigen Überschuss-Zahlungsanspruch zugreifen können. Zusätzlich bedarf es jedoch einer Differenzierung zwischen den verschiedenen Verteilungssystemen.
Wurde die Barauszahlung der einzelnen Jahresanteile vereinbart, hätten die
Gläubiger des Zedenten bereits vor Versicherungsfall auf die jeweils fällig werdenden Ansprüche im Wege der Pfändung zugreifen können. Die jeweiligen
Ansprüche wären in die Insolvenzmasse des Zedenten gefallen. Dasselbe gilt,
wenn die verzinsliche Ansammlung der Jahresanteile und die Verfügbarkeit des
Berechtigten über das entsprechende Guthaben vereinbart worden ist. Dann nämlich hätten die Gläubiger des Zedenten auf den Anspruch auf Auszahlung des
jeweiligen Guthabens zugreifen können.
Bei vereinbarter Verrechnung der Überschüsse – entweder zum Zweck der Prämienermäßigung, oder zum Zweck des Summenzuwachses – gilt dies indes nicht,
weil der Anspruch auf die Überschussbeteiligung in diesen Fällen im Zeitpunkt
der Pfändung bereits gemäß § 389 BGB erloschen sein wird. Ein Zugriff vor Ein-
1268 Stelkens, a.a.O.
1269 Haasen, Das Recht auf den Überschuss, 1955, S. 49.
1270 Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 13 ALB 86 Rn. 3 f.; Bruck/Möller/Winter, Anm. G 367.
1271 Haasen, Das Recht auf den Überschuss, 1955, S. 56.
1272 Wobei nicht vergessen werden darf, dass der Versicherer das Recht hat, zunächst von diesen Überschüssen Verluste abzuziehen, ggf. Rückstellungen zu bilden (Sicherheitsreserve), evtl. auch die Ausschüttung zurückzuhalten bzw. aufzuschieben, um die schwankende Höhe der Jahresergebnisse auszugleichen, vgl. Haasen, S. 13.
1273 Bruck/Möller/Winter, Anm. G 362.
1274 Musielak/Becker, ZPO, § 829 Rn. 6.
267
tritt des Versicherungsfalls ist auch dann ausgeschlossen, wenn der Überschuss
als Prämie für eine Zusatzversicherung genutzt worden ist, da diese im Zweifel
erst mit Eintritt des Versicherungsfalls fällig wird.
Wird der Versicherungsvertrag jedoch vorzeitig durch Kündigung, Umwandlung oder Rücktritt beendet und endet damit zugleich die Versicherungsdauer,
sind alle bis dahin fällig gewordenen Ansprüche auf die Überschussanteile vom
Versicherer zu erfüllen1275. Bei unterlassener Zession wären diese in die Haftungsmasse gefallen.
Zweite Voraussetzung ist, dass die Ansprüche auf die Überschussbeteiligung
mit der Abtretung auf den Zessionar übergegangen sind.
Bei einer unentgeltlichen Abtretung des Versicherungsanspruchs gehen grundsätzlich auch die Ansprüche auf die Überschussanteile auf den Zessionar über
und werden dem Vermögen des Zedenten entzogen1276.
Daraus ergibt sich, dass bei vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags
sämtliche bis dahin fällig gewordenen Ansprüche auf die Überschussanteile von
dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch erfasst werden. Bei einer laufenden Lebensversicherung hat der Zessionar die Ansprüche auf Auszahlung des
sich aus einer verzinslichen Ansammlung der Jahresanteile ergebenden Guthabens sowie die Überschussanteile zurück zu gewähren, die er im Wege der Barauszahlung erworben hat. Auf die anderen Überschussanteile hätten die Gläubiger des Zedenten vor Eintritt des Versicherungsfalls auch bei Unterlassen der Zession nicht zugreifen können.
b) Nach Eintritt des Versicherungsfalls
Ist der Versicherungsfall am Bewertungsstichtag eingetreten, so wird der zugewandte Anspruch auf die Versicherungssumme in den Händen des Zuwendungsempfängers fällig. Bedeutet dies, dass der Anfechtungsgegner nach erfolgreicher
Anfechtung diesen Anspruch auf die Versicherungssumme herauszugeben hat?
Der Wortlaut der §§ 143 I InsO, 11 I AnfG stellt auf das ab, was aus dem Vermögen des Schuldners »veräußert, weggegeben oder aufgegeben« worden ist. Der
Anspruch auf die volle Versicherungssumme wurde indes erst mit dem Tod des
Versicherungsnehmers/Schuldners Bestandteil seines Vermögens. Noch zu Lebzeiten des Zedenten hatte der Anspruch nur einen Wert in Höhe des Rückkaufswerts. Der Vermögensgegenstand, der dem Schuldnervermögen entzogen wurde,
hat erst nachträglich – und zwar nur im Vermögen des Zuwendungsempfängers –
einen Wert in Höhe der Versicherungssumme erreicht.
Wendet man auch hier die Differenzhypothese an, kommt man zu dem Ergebnis, dass der Anspruch auf die Versicherungssumme bei unterlassener Abtretung
mit Eintritt des Versicherungsfalls Bestandteil des Nachlasses des Schuldners /
1275 Stelkens, Rechtsgrundlagen der Überschussbeteiligung in der privaten Lebensversicherung, 1965, S. 100.
1276 Bruck/Möller/Winter, Anm. G 374; Haasen, Das Recht auf den Überschuss, 1955, S. 71 ff.
268
Versicherungsnehmers geworden wäre. Zudem werden die Gläubiger bereits
dadurch (mittelbar) benachteiligt, dass es nach Weggabe des Vermögensgegenstands aus dem Schuldnervermögen zu der Wertsteigerung des Anspruchs gekommen ist1277.
Folglich ist nach Eintritt des Versicherungsfalls der Anspruch auf die Versicherungssumme Gegenstand des Rückgewähranspruchs. Davon erfasst wird zudem
der nach Eintritt des Versicherungsfalls fällig werdende Anspruch auf die Überschussanteile. Denn eine Pfändung durch die Gläubiger hätte auch die dem Versicherungsnehmer zustehenden Überschussanteile erfasst1278. Etwas anderes gilt
nur dann, wenn die Überschüsse mit den anfallenden Prämien verrechnet werden
sollen (zwecks Summenzuwachs oder Prämienreduktion), da in diesem Fall der
Anspruch auf die Überschussbeteiligung im Zeitpunkt der Pfändung bereits
gemäß § 389 BGB erloschen ist1279.
2. Die Bezugsrechtseinräumung als anfechtbare Rechtshandlung
a) Der Anspruch auf die Versicherungsleistung oder die Gesamtsumme der
erbrachten Prämien?
Anknüpfend an die anfechtbare Rechtshandlung und den Sinn und Zweck der Anfechtung stellt sich die Frage, auf welchen Vermögensgegenstand die Gläubiger
des Versicherungsnehmers bei Hinwegdenken der Bezugsrechtseinräumung hätten Zugriff nehmen können.
Die h.L. ist der Auffassung, die anfechtungsrechtliche Rückgewährpflicht
erstrecke sich bei einer nachträglichen Bezugsrechtseinräumung vor Eintritt des
Versicherungsfalls auf die Versicherungsforderung und nach Eintritt des Versicherungsfalls (und bereits erfolgter Auszahlung der Versicherungssumme) auf
die Versicherungssumme zzgl. einer eventuellen Überschussbeteiligung1280. Bei
einer anfänglichen Bezugsrechtseinräumung richte sich der Anspruch auf Rückgewähr der im Anfechtungszeitraum erbrachten Prämienzahlungen. Andere sind
der Ansicht, Inhalt des Rückgewähranspruchs sei stets der Anspruch auf die Versicherungssumme bzw. die Versicherungssumme selbst1281.
Eine andere Auffassung erstreckt die Rückgewährpflicht ebenfalls auf die Versicherungsforderung, jedoch mit der Maßgabe, dass bei der Beurteilung des
dahinter stehenden Vermögenswerts nicht auf die Versicherungssumme, sondern
– bei Vorliegen eines unwiderruflichen Bezugsrechts – auf den (fiktiv) im Zeitpunkt des Eintritts der Unwiderruflichkeit realisierbaren Rückkaufswert bzw. –
bei Vorliegen eines widerruflichen Bezugsrechts – auf den fiktiv, eine juristische
1277 BGH ZIP 1993, 271 ff. (274); BGH NJW 1996, 3147 ff.; BGH NJW 1996, 3341 ff.
1278 Hasse, VersR 2005, 15 ff. (17 f.); ders. Interessenkonflikte, 1981, S. 96.
1279 Hasse, a.a.O.
1280 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 25; RGZ 153, 220; Heilmann, VersR 1972, 997; Hasse,
Lebensversicherung und erbrechtlicher Ausgleichsanspruch, 2005, S. 51.
269
Sekunde vor Eintritt des Versicherungsfalls realisierbaren Rückkaufswert abzustellen sei1282.
Bei unterlassener Drittbegünstigung wäre es bei einer Lebensversicherung zu
eigenen Gunsten geblieben und der Versicherungsnehmer wäre Inhaber der Versicherungsforderung geworden bzw. geblieben, mit der Folge, dass sich dessen
Gläubiger aus dem Anspruch hätten befriedigen können.
Fraglich ist, ob davon ohne weiters auch bei Vorliegen eines anfänglichen
Bezugsrechts ausgegangen werden kann.
Eine Differenzierung zwischen einem anfänglichen und einem nachträglichen
Bezugsrecht könnte aus zwei Gründen geboten sein.
Zum einen liegt bei anfänglicher Einräumung eines Bezugsrechts die Annahme
nicht fern, dass die Versorgung des Dritten alleiniger Zweck des Abschlusses der
Lebensversicherung gewesen ist und dass es ohne Drittbegünstigung auch keinen
Versicherungsvertrag gegeben hätte. Dies würde aber bedeuten, dass nicht die
Versicherungsforderung, sondern lediglich die Gesamtsumme der erbrachten Prämien dem Zugriff der Gläubiger entzogen worden ist.
Zum anderen stellt sich die Frage, ob eine Unterscheidung zwischen anfänglicher und nachträglicher Bezugsrechtseinräumung nicht in Anbetracht der vom
BGH in früheren Entscheidungen vorgebrachten Argumente geboten ist. Dieser
Aspekt ist gerade deshalb von besonderer Bedeutung, weil der BGH in seiner
neuen Entscheidung1283 von dieser Ansicht Abstand genommen hat.
aa) Unterscheidung zwischen anfänglichem und nachträglichem
Bezugsrecht wegen des mit der Lebensversicherung verfolgten
Versorgungszwecks
Bei einem anfänglichen und widerruflichen Bezugsrecht kann nicht unterstellt
werden, dass Motiv für den Abschluss des Versicherungsvertrags allein die Drittbegünstigung gewesen ist, da die Versicherungsforderung bis zum Eintritt des
Versicherungsfalls weiterhin Bestandteil des Vermögens des Versicherungsnehmers bleibt und dieser den Anspruch weiterhin wirtschaftlich nutzen kann. Der
1281 Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 13 ALB 86 Rn. 43, 45 f.; Reinicke/Reinicke, NJW 56,
1053; Heilmann, VersR 1972, 997; Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger,
1963, S. 39 f.; Elfring, Drittwirkungen der Lebensversicherung, 2003, 146, 152 Bruck /
Möller/Winter, Anm. H 221, H 224 ff., H 228, H 237; Hoffmann, AcP 158 (1959/1960),
178, 189; Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 415; Westhelle/Miksch, ZIP 2003, 2054, 2057 f.;
BK-Schwintowski, VVG, § 166 Rn. 41 f., 50; Jaeger-Henckel, KO, § 32 Rn. 41 f.; Josef,
ArchBügR 42, 319, 327 f.; Müller-Feldhammer, NZI 2001, 343, 349; FK-Dauernheim,
InsO, § 134 Rn. 23, 25; MünchKomm/InsO-Kirchhof, § 134 Rn. 16; Thiel, ZIP 2002,
1232, 1234 ff.; Koenig, Die Drittbegünstigung in der Kapitallebensversicherung, 1998,
S. 131 f.
1282 Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S. 309, 311; Frey, Lebensversicherung und
Nachlassinteressen, 1996, S. 143 ff.; früher bereits: Hamelbeck, NJW 1965, 955.
1283 BGHZ 156, 350 ff. = NJW 2004, 214 ff. = ZIP 2003, 2307 ff. = VersR 2004, 93 ff.
270
Versicherungsnehmer hat somit ein eigenes Interesse am Abschluss des Versicherungsvertrags.
Dasselbe gilt für ein unwiderrufliches Bezugsrecht für eine gemischte Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht. Zwar hat es der Versicherungsnehmer in
diesem Fall aufgrund der Unwiderruflichkeit der Bezugsrechtseinräumung mit
der Versorgung des Dritten ernst(er) gemeint als bei der Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts1284. Da er sich durch die Wahl dieser Gestaltungsform aber
die Möglichkeit eines eigenen Rechtserwerbs vorbehalten hat, kann auch hier
nicht davon ausgegangen werden, dass ohne die Drittbegünstigung von dem
gesamten Vertrag Abstand genommen worden wäre.
Anders könnte der Fall indes bei einem anfänglichen und unwiderruflichen
Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung zu beurteilen sein, In diesem Fall liegt die Annahme nicht fern, dass der Abschluss des Versicherungsvertrags ohne die Drittbegünstigung nicht abgeschlossen worden wäre, weil der Dritten den Versicherungsanspruch – selbst durch Kündigung des Versicherungsvertrags – nicht mehr verlieren kann.
Es ist zu untersuchen, ob dieses Versorgungsmotiv als Rechtfertigung dafür
herangezogen werden kann, bei anfänglicher Einräumung des unwiderruflichen
Bezugsrechts lediglich auf die Gesamtsumme der Prämien, und nicht den
Anspruch auf die Versicherungssumme abzustellen.
Dagegen könnte zunächst sprechen, dass der Schuldner auf diesem Weg allein
durch die Wahl der Gestaltungsform und des »richtigen« Zeitpunkts der Bezugsrechtseinräumung beeinflussen könnte, auf welche Vermögenswerte seine Gläubiger im Wege der Anfechtung Zugriff haben, weil nach früherer Auffassung des
BGH im Fall der anfänglichen Bezugsrechtseinräumung nur die innerhalb des
kritischen Zeitraums erbrachten Prämien zurückgewährt werden müssten. Der
Zeitpunkt der Bezugsrechtseinräumung darf indes nicht Maßstab dafür sein, ob
den Gläubigern die Versicherungsforderung oder die wertmäßig geringeren Prämienzahlungen zur Verfügung stehen1285. Dies widerspräche zudem Sinn und
Zweck des Anfechtungsrechts, der gerade darin besteht, die Gläubiger vor der
Verschleuderung durch freigebige Weggabe von Vermögensgegenständen durch
den Schuldner zu schützen1286 – zumindest dann, wenn sie andernfalls Verluste
wegen der unentgeltlichen Leistung hinnehmen müssten1287. Aus diesem Grund
müssen die Möglichkeiten, die es dem Schuldner durch entsprechende rechtliche
Gestaltung ermöglichen, die Verwirklichung der Gläubigerinteressen zu vereiteln, möglichst restriktiv gehandhabt werden. Andernfalls bestünde eine erhebliche Umgehungs- und Missbrauchsgefahr. Das Interesse des Schuldners für seine
Hinterbliebenen zu sorgen ist zwar schützenswert und anzuerkennen, darf aber
nicht auf Kosten seiner Gläubiger erfolgen. Ferner beruht die Annahme, der Versicherungsnehmer habe die Lebensversicherung nur im Hinblick auf die Drittbe-
1284 Sieg, in: FS Klingmüller, 1974, S. 456.
1285 Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 13 ALB 86 Rn. 43.
1286 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.01.
1287 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.08.
271
günstigung abgeschlossen, auf reiner Spekulation. Wie bereits der Anfechtungstatbestand der §§ 134 InsO, 4 AnfG zeigt, spielt indes die subjektive Seite des
Versicherungsnehmers bei Vornahme der unentgeltlichen Leistung keine
Rolle1288.
Darüber hinaus würde man bei einer solchen Unterscheidung vergessen, dass
der dem Versicherungsnehmer gemachte Vorwurf nicht darin liegt, dass er mit
dem Abschluss des Versicherungsvertrags eine Prämienzahlungspflicht eingegangen ist, sondern vielmehr darin, dass er zugunsten der Drittbegünstigung auf
seinen eigenen Vorteil verzichtet hat1289.
Zu beachten ist zudem, dass es sich bei der Gesamtsumme der erbrachten Prämienzahlungen im Verhältnis zu dem mit Eintritt des Versicherungsfalls fällig
werdenden Anspruch auf die Versicherungssumme im Regelfall um einen geringeren Betrag handelt.
Zwar ist unerheblich, dass sich diese beiden Vermögenswerte einander objektiv nicht entsprechen, weil der Begünstigte auch dann das vom Versicherer Empfangene herauszugeben hat, wenn dies objektiv mehr wert ist als das vom Zuwendenden im Deckungsverhältnis an den Versicherer Erbrachte1290. Diese Ungleichheit zwischen erbrachten Prämien und Versicherungssumme beruht auf dem
Wesen der Lebensversicherung, das darin besteht, dass das Risiko des Vorversterbens abgesichert wird. Dieses versicherte Risiko ist stets mit entsprechenden
Unsicherheiten verbunden. Kommt es unmittelbar nach Abschluss des Versicherungsvertrags zum Eintritt des Versicherungsfalls, muss der dann fällig werdende
Anspruch auf die Versicherungssumme zum allergrößten Teil mit Hilfe der Risikoanteile der Prämien aus dem Kreis der Versichertengemeinschaft erfüllt werden
und beruht nicht auf der Eigenleistung des Versicherungsnehmers. Ist der Zeitraum zwischen Abschluss des Versicherungsvertrags und Eintritt des Versicherungsfalls jedoch sehr groß, kann der Fall eintreten, dass die Gesamtsumme der
erbrachten Prämien die Versicherungssumme übersteigt1291. Dies stellt indes eine
der Lebensversicherung eigentümliche Besonderheit dar, die hinzunehmen ist.
Zudem wäre es in Anbetracht des Vorrangs der Gläubigerinteressen unbillig,
wenn die Gläubiger die im Vergleich zur Versicherungssumme geringwertigeren
Prämien erhalten würden1292.
Ferner darf nicht verkannt werden, dass der Versicherungsnehmer unabhängig
davon, ob er das Bezugsrecht bereits mit Vertragsabschluss oder erst zu einem
späteren Zeitpunkt einräumt, dem Begünstigten stets die Versicherungsforderung
zuwenden will. Allein die Tatsache, dass es sich um ein anfängliches Bezugsrecht
handelt, führt nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer die Prämienzahlungen
zuwenden will1293.
1288 Kohler-Gehrig, Der Versicherungsvertrag im Konkurs des Versicherungsnehmers, 1983,
S. 146.
1289 Kohler-Gehrig, a.a.O.
1290 MünchKomm/InsO-Kirchhof, § 134 Rn. 15; Jaeger/Henckel, KO, § 32 Rn. 33.
1291 Heilmann, KTS 1972, 19.
1292 Reinicke/Reinicke, NJW 1956, 1054 f.
272
Es besteht somit keine sachliche Rechtfertigung dafür, den anfänglich Begünstigten nur zur Rückgewähr der Prämien zu verpflichten, während der nachträglich Begünstigte den Anspruch auf die Versicherungssumme zurückzugewähren
hätte.
Aus diesen Gründen ist die differenzierte Behandlung eines anfänglichen und
unwiderruflichen Bezugsrechts abzulehnen.
bb) Differenzierung zwischen anfänglicher und nachträglicher
Bezugsrechtseinräumung wegen des Erfordernisses der
Gläubigerbenachteiligung
Die Notwendigkeit der Differenzierung zwischen der anfänglichen und nachträglichen Bezugsrechtseinräumung wird teilweise auch damit begründet, dass bei einem anfänglichen Bezugsrecht der Anspruch auf die Versicherungsleistung niemals Bestandteil des Schuldnervermögens gewesen sei und daher mangels Verminderung der Haftungsmasse auch nicht zum Gegenstand des Rückgewähranspruchs gemacht werden könnte1294. Andere sind der Auffassung, die Anfechtung
einer Zuwendung setze nicht voraus, dass der Vermögensgegenstand vorher bereits Bestandteil des Schuldnervermögens gewesen ist1295. Der letzten Ansicht
kann jedoch im Hinblick auf Sinn und Zweck der Anfechtung nicht gefolgt werden. Zum einen steht bei der Anfechtung einer Zuwendung nicht die Bereicherung auf Seiten des Zuwendungsempfängers sondern die Entreicherung auf Seiten des Schuldners im Vordergrund. Dafür spricht bereits der Wortlaut der §§ 143
I 1 lnsO, 11 I 1 AnfG, der auf das abstellt, was zuvor aus dem Vermögen des
Schuldners weggegeben wurde.
Zum anderen soll durch die Anfechtung der Vermögenszustand wiederhergestellt werden, der vor der anfechtbaren Rechtshandlung bestanden hat. Hat sich
der Vermögenswert zu keinem Zeitpunkt im Vermögen des Schuldners befunden,
hatten dessen Gläubiger auch nie die Möglichkeit eines Zugriffs darauf.
Gegen die Differenzierung zwischen anfänglicher und nachträglicher Bezugsrechtseinräumung spricht jedoch die Überlegung, dass diese Unterscheidung auf
der Annahme beruht, dass der Versicherungsanspruch bei anfänglicher Bezugsrechtseinräumung originär und bei nachträglicher Bezugsrechtseinräumung derivativ erworben werde. Dem kann nicht gefolgt werden.
Jeder Erwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter (auf den Todesfall),
egal ob es sich von Anfang an um einen Vertrag zugunsten Dritter gehandelt hat
oder er erst später zu einem solchen wurde, vollzieht sich originär und nicht derivativ1296. Die Einräumung des Bezugsrechts führt nur zur Umlenkung der
Anspruchsrichtung. Aus dem Versicherungsvertrag zu eigenen Gunsten wird ein
1293 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 34.
1294 Vgl. Hasse, Interessenkonflikte, 1981, 5.121.
1295 BGH NJW 1952, 1171 ff.
1296 Siehe S. 63 ff.
273
Versicherungsvertrag zu Gunsten Dritter1297. Folglich ist keine Unterscheidung
zwischen anfänglicher und nachträglicher Bezugsrechtseinräumung vorzunehmen.
b) Rückkaufswert oder Versicherungssumme?
aa) Widerrufliches Bezugsrecht
Denkt man die Drittbegünstigung weg, so wäre bei Eintritt des Versicherungsfalls
der Anspruch in den Nachlass des Schuldners/Versicherungsnehmers gefallen
bzw. Bestandteil der Insolvenzmasse geworden. Gegenstand des Rückgewähranspruchs ist daher der Anspruch auf die Versicherungsleistung. Dies gilt jedoch
nur dann, wenn der Versicherungsfall bereits eingetreten ist, da bei Vorliegen eines widerruflichen Bezugsrecht vor Eintritt des Versicherungsfalls mangels Gläubigerbenachteilig und keine Möglichkeit der Anfechtung besteht1298.
Es stellt sich jedoch die Frage, welcher Wert der Versicherungsleistung
zugrunde zu legen ist. Bei nur kurzer Vertragslaufzeit und dann erfolgtem Eintritt
des Versicherungsfalls könnte es unbillig erscheinen, den Dritten mit der Rückgewähr der ganzen Versicherungssumme zu belasten1299. Aufgrund der nur kurzen
Vertragsdauer konnte sich in diesem Fall nämlich nur ein geringes Deckungskapital bilden. Der größte Teil der Versicherungssumme besteht dann aus den Risikoanteilen der Prämienbeiträge, die von der Versichertengemeinschaft erbracht
worden sind1300. Besonders dann, wenn das Insolvenzverfahren erst kurz nach
Eintritt des Versicherungsfalls eröffnet wird oder die Pfändung erst kurz nach diesem Zeitpunkt erfolgt ist, würde den Gläubigern des Versicherungsnehmers der
zufällige Eintritt des Versicherungsfalls zum Vorteil gereichen. Dies könnte deshalb unbillig sein, weil diese zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers/Schuldners
auch nur aus dem Anspruch auf den Rückkaufswert bzw. der Prämienreserve
Befriedigung hätten suchen können1301. Daher wird teilweise vertreten, die Gläubiger seien vor und nach Fälligwerden des Anspruchs auf die Versicherungssumme stets gleich zu behandeln, d.h. Gegenstand des Rückgewähranspruchs sei
stets die Prämienreserve1302 bzw. der Rückkaufswert1303.
Dafür könnte sprechen, dass Gläubiger durchaus damit rechnen müssen, dass
ihr Schuldner einen Teil seines Vermögens in einer Lebensversicherung anlegt
1297 Bruck/Möller/Winter, Amn. H 226; Lind/Stegmann, ZlnsO 2004, 414; Westhelle / Miksch,
ZIP 2003, 2054, 2057.
1298 Siehe S. 234 ff.
1299 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 36.
1300 Vgl. Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 140.
1301 Berliner, LZ 1909, 283 ff. (287).
1302 Berliner, LZ 1909, 283 ff. (288).
1303 Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S. 309, 311; Frey, Lebensversicherung und
Nachlassinteressen, 1981, S. 143 ff.
274
und einem Dritten ein widerrufliches Bezugsrecht daran einräumt. Legt man diese
Annahme zugrunde, könnte man dem Gläubiger zum Vorwurf machen, dass er es
unterlassen hat, sich rechtzeitig, bis zum endgültigen Rechtserwerb des Begünstigten, aus dem Versicherungsanspruch zu befriedigen. Mit diesem Argument
könnte man ihn auf den Vermögenswert verweisen, der ihm bei »rechtzeitigem«
Zugriff auf die ihm haftende Vermögensmasse zur Verfügung gestanden hätte,
mithin auf den zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers/Schuldners noch in dessen Vermögen befindlichen Rückkaufswert.
Dagegen spricht aber, dass es allein Sache des Gläubigers ist, wann, in welchem Umfang und in welchen Vermögensgegenstand er die Zwangsvollstreckung
in das Schuldnervermögen betreibt. Der Grund, warum der Gläubiger die
Zwangsvollstreckung nicht unverzüglich in das Schuldnervermögen betrieben
hat, muss nicht in der Unzuverlässigkeit des Gläubigers, sondern kann auch einfach darin liegen, dass dieser darauf spekuliert, in naher Zukunft auf einen werthaltigeren Vermögensgegenstand zugreifen zu können. Nicht zuletzt ist zu beachten, dass es unzumutbar wäre, von einem Gläubiger zu verlangen, den »richtigen«
Zeitpunkt für eine Pfändung abzupassen, da der Eintritt des Versicherungsfalls im
Zweifel nicht vorhersehbar ist1304. Selbst wenn der Eintritt dieses Zeitpunkts in
naher Zukunft läge, müsste sich der Gläubiger nicht mit der Befriedigung aus dem
geringeren Vermögenswert zufrieden zu geben.
Wollte man auf den Rückkaufswert abstellen, so hieße dies zudem, die Gläubiger so zu behandeln, als hätte die Pfändung eine logische Sekunde vor Eintritt
des Versicherungsfalls stattgefunden bzw. als wäre das Insolvenzverfahren
bereits in diesem Zeitpunkt eröffnet worden. Dies liefe auf eine reine Fiktion hinaus. Zudem stellt der Zuschuss, der aus den Risikoanteilen der von der Versichertengemeinschaft erbrachten Prämien finanziert wird, eine synallagmatische Vertragspflicht des Versicherers dar. Diese steht in unmittelbarem Zusammenhang
mit der bei Vertragsschluss eingegangenen Verpflichtung, bei Eintritt des Versicherungsfalls die vereinbarte Versicherungssumme zu entrichten1305. Maßgeblich
ist, dass der Versicherungsnehmer, wenn er die Umlenkung des Anspruchs in
Richtung auf den Begünstigten unterlassen hätte, selbst bzw. sein Nachlass in den
Genuss der gesamten Versicherungssumme einschließlich des Zuschusses aus der
Versichertengemeinschaft und nicht nur in den Genuss der Prämienreserve
gekommen wäre1306.
Gegen die Zugrundelegung des Anspruchs auf die Versicherungssumme kann
schließlich nicht eingewandt werden, dass sich der Wert des Anspruchs und der
Wert der im Deckungsverhältnis erbrachten Aufwendungen einander nicht entsprechen. Der Begünstigte hat namlich auch dann das vom Versicherer Empfan-
1304 Eine Ausnahme ist nur dann zu machen, wenn der Versicherungsnehmer im Sterben liegt
bzw. an einer schweren zwangsläufig und in naher Zukunft zum Tode führenden Krankheit
leidet.
1305 Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 57.
1306 Oertmann, AcP 138 (1934), 56 f.
275
gene herauszugeben, wenn dies objektiv mehr wert ist als das vom Zuwendenden
an den Versicherer Erbrachte1307.
Demzufolge ist bei Anfechtung der widerruflichen Bezugsrechtseinräumung
nach Eintritt des Versicherungsfalls der Anspruch auf die Versicherungssumme
zurückzugewähren.
Es bleibt zu untersuchen, ob bzw. welche Überschussanteile davon mit erfasst
werden.
Die Bezugsrechtserklärung bei einem widerruflichen Bezugsrecht ist dahingehend auszulegen, dass der Begünstigte auch in den Genuss sämtlicher mit Eintritt
des Versicherungsfalls entstehender bzw. fällig werdenden Ansprüche auf die
Überschussanteile kommen soll1308. Nach Eintritt des Versicherungsfalls sind
folglich die Schlussgewinnanteile, die Versicherungssumme aus einer Zusatzversicherung und der Summenzuwachs bei einer vereinbarten Prämienerhöhung
Gegenstand des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs1309, weil diese bei
unterlassener Drittbegünstigung Bestandteil des Schuldnervermögens geworden
wären und dem Gläubigerzugriff offen gestanden hätten.
bb) Unwiderrufliches Bezugsrecht
aaa) Unwiderrufliches Bezugsrecht für eine reine
Todesfalllebensversicherung
Wurde dem Begünstigten innerhalb der Anfechtungsfrist ein unwiderrufliches
Bezugsrecht eingeräumt, ist Gegenstand des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs der Anspruch auf die Versicherungsleistung, da dieser bei unterlassener Drittbegünstigung Bestandteil des Schuldnervermögens geblieben wäre.
Fraglich ist nur, auf welchen Wert abzustellen ist und ob der Anfechtungsgegner
auch zur Rückgewähr der anfallenden Erträge aus dem angesammelten Kapital,
einschließlich Zinsen, Gewinnanteilen und Überschussbeteiligungen verpflichtet
ist.
Bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung entsteht, wovon auch § 169 Abs. 1 VVG ausgeht, vor Eintritt des Versicherungsfalls kein Rückkaufswert. Bei Beendigung einer Risikolebensversicherung (durch Ablauf der Versicherungsdauer oder durch Kündigung) fällt ein ausgleichungs- oder anrechnungsfähiger Betrag nicht an. Denn der Versicherer hat
das Risiko bis zu diesem Zeitpunkt mit den eingenommenen Prämien gedeckt.
Mehr als diese Risikoabdeckung ist von den Prämien auch zugunsten des Bezugsberechtigten oder der Erben des Versicherungsnehmers nicht übrig geblieben.
Auf den Rückkaufswert kann man daher von vornherein nicht abstellen.
1307 MünchKomm/lnsO-Kirchhof, § 134 Rn. 15; Jaeger/Henckel, KO, § 32 Rn. 33.
1308 Siehe S. 82 ff.
1309 Stegmann/Lind, NVersZ 2002, 193 ff. (197).
276
Zu prüfen bleibt jedoch, ob man insoweit auf den Anspruch auf die Versicherungssumme abstellen kann. Dies käme dann in Betracht, ginge man davon aus,
dass der Schuldner dem Dritten bereits mit der Einräumung des unwiderruflichen
Bezugsrechts die Aussicht auf den Erwerb der Versicherungssumme zuwendet1310
und es sich nicht um die Zuwendung eines »statischen«1311 Rechts handelt. Wie
Thiel1312 zutreffend bemerkt, umfasst die Zuwendung die Aussicht auf den Erwerb
des Versicherungsanspruchs mit all seinen Entwicklungsmöglichkeiten. Zu
berücksichtigen ist aber, dass eine Wertsteigerung von dem Rückkaufswert auf
die (volle) Versicherungssumme bei Vorliegen einer reinen Todesfalllebensversicherung mangels Entstehens eines Rückkaufswertes in dem Anspruch gar nicht
angelegt ist.
Eine Wertveränderung kann im Rahmen des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs daher gar nicht berücksichtigt werden.
Unabhängig davon, finden Wertveränderungen, die erst beim Zuwendungsempfänger eintreten, bei der Ermittlung des Gegenstands der Rückgewährpflicht
ohnehin nur dann Berücksichtigung, wenn sie aller Wahrscheinlichkeit nach bei
Hinwegdenken der anfechtbaren Rechtshandlung auch im Schuldnervermögen
eingetreten wären. Der Anfechtende darf durch die Anfechtung zwar keine Vorteile erlangen, die ihm ohne die anfechtbare Rechtshandlung nicht zugestanden
hätten. Wertsteigerungen aber, die mit Sicherheit auch beim Schuldner eingetreten wären, können nicht beim Empfänger verbleiben1313.
Bei Hinwegdenken der Drittbegünstigung wäre der Anspruch auf die Versicherungssumme den Gläubigern des Versicherungsnehmers erst nach Eintritt des
Versicherungsfalls zur Verfügung gestanden. Der dem Dritten zugewandte Vermögensgegenstand würde im Zeitpunkt der Anfechtung einen solchen Wert noch
gar nicht haben. Ferner bliebe dann unberücksichtigt, dass der Versicherungsnehmer bis dahin stets Gebrauch von seinem Kündigungs- oder Umwandlungsrecht
machen könnte und insoweit bis zum Eintritt des Versicherungsfalls Unsicherheit
darüber herrscht, welchen Wert der Versicherungsanspruch bei Fälligkeit tatsächlich hat.
Damit scheidet auch der Anspruch auf die Versicherungssumme als Gegenstand des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs aus.
Weiter ist zu untersuchen, ob der Anfechtungsgegner vor Eintritt des Versicherungsfalls auch die Überschussbeteiligungen zurückzugewähren hat.
Die Auslegung der Begünstigungserklärung ergibt, dass der Begünstigte der
(Haupt-) Versicherungsleistung grundsätzlich auch hinsichtlich der Überschussanteile berechtigt sein soll1314. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Verrechnung der Überschüsse mit den regelmäßig fällig werdenden Prämien vereinbart
1310 Thiel, ZIP 2002, 1232 ff. (1236).
1311 Müller-Feldhammer, a.a.O.
1312 Thiel, a.a.O.
1313 Huber, AnfG, § 11 Rn. 45.
1314 Siehe S. 89 ff.
277
worden ist bzw. wenn der Versicherungsnehmer in anderer Weise zum Ausdruck
gebracht hat, dass er den eigenen Erwerb der Überschüsse wünsche.
Zudem muss der Anspruch auf die Überschussanteile bereits vor Eintritt des
Versicherungsfalls pfändbar gewesen sein.
Der Anspruch auf die Schlussanteile entsteht erst mit Ende der Versicherungsdauer1315, ohne dass es eines Festsetzungsbeschlusses des zuständigen Organs
bedarf1316.
Der Anspruch auf die jährlichen Überschussanteile erstarkt erst mit Ablauf
eines jeden Geschäftsjahres, dem Rechnungsabschluss und dem Beschluss des
zuständigen Organs über die Verwendung und Verteilung des Überschusses zum
Vollrecht1317. Zuvor handelt es sich lediglich um eine künftige Forderung1318, die
jedoch bereits auf einem »hinreichend sicheren Boden steht«, da den Versicherer
eine unbedingte Pflicht zur Verteilung der Bilanzüberschüsse trifft. Unsicher ist
nur der Betrag des jeweiligen Anspruchs1319.
Da auch künftige Forderungen pfändbar sind1320, hätte damit auch in die künftigen Ansprüche auf die Überschussanteile – sowohl hinsichtlich der Schlussgewinnanteile, als auch der Überschussbeteiligung – vollstreckt werden können1321.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Überschüsse mit den anfallenden Prämien
zwecks Summenzuwachs oder Prämienreduktion verrechnet werden sollen, da in
diesem Fall der Anspruch auf die Überschussbeteiligung im Zeitpunkt der Pfändung bereits gemäß § 389 BGB erloschen sein wird1322.
Die künftigen Ansprüche auf Überschussbeteiligung werden von der anfechtungsrechtlichen Rückgewährpflicht jedoch nicht erfasst, weil das Vermögen des
Versicherungsnehmers um diese Erträge noch gar nicht entreichert wurde1323.
Der Begünstigte kann nur zur Rückgewähr der Ansprüche auf Überschussbeteiligung verpflichtet werden, die am Bewertungsstichtag bereits in seiner Person
entstanden und fällig geworden sind.
Zwar könnten die Gläubiger des Versicherungsnehmers bei Hinwegdenken der
anfechtbaren Rechtshandlung bereits die künftigen Ansprüche auf die Überschussanteile pfänden, mit der Folge dass sie ein Pfändungspfandrecht an der Forderung mit einem günstigen Rang erwerben würden. Entsprechend dem Grundsatz, dass die Gläubiger durch die Anfechtung so zu stellen sind, wie sie stünden,
wenn die anfechtbare Rechtshandlung unterlassen worden wäre1324, müsste die
Rückgewährpflicht eigentlich auch die künftigen Ansprüche erfassen. Dagegen
1315 Hasse, VersR 2005, 15 ff. (17).
1316 Stelkens, Rechtsgrundlagen der Überschussbeteiligung, 1965, S. 102.
1317 Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 16 ALB 86 Rn. 3 f.; Bruck/Möller/Winter, Anm. G 367;
Haasen, Das Recht au den Überschuss, 1955, S. 56.
1318 Hassen, Das Recht auf den Überschuss, 1955, S. 49.
1319 Bruck/Möller/Winter, Anm. G 362
1320 Musielak/Becker, ZPO, § 829 Rn. 6.
1321 Hasse, VersR 2005, 15 ff. (17 f.); ders. Interessenkonflikte, 1981, S. 96.
1322 Hasse, a.a.O.
1323 Gebel, ZEV 2005, 239, 241.
1324 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 126.
278
spricht aber, dass der Anfechtungsgegner in diesem Zeitpunkt um diesen Vermögenswert noch gar nicht bereichert ist. Bereits aus §§ 143 II InsO, 11 II AnfG
ergibt sich, dass der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch voraussetzt,
dass der Anfechtungsgegner überhaupt etwas erlangt hat. Ansonsten hätte die
Bestimmung, dass der gutgläubiger Zuwendungsempfänger einer unentgeltlichen
Leistung das Empfangene nur insoweit herauszugeben hat, als er dadurch noch
bereichert ist, keinen Sinn.
Auch aus Sinn und Zweck der Anfechtung, die in der Rückgewähr des auf
Kosten der Insolvenzmasse bzw. der Einzelgläubiger Erhaltenen besteht, ergibt
sich, dass der Dritte zunächst etwas erhalten haben muss1325. Zudem ist der insolvenzanfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch primär auf die tatsächliche
Rückgewähr des Empfangenen gerichtet. Was aber noch nicht empfangen wurde,
kann auch nicht zurückgewährt werden.
Die am Bewertungsstichtag noch nicht entstandenen Ansprüche auf die Überschussanteile werden daher von der anfechtungsrechtlichen Rückgewährpflicht
nicht erfasst.
Wurde der Versicherungsvertrag am Bewertungsstichtag hingegen bereits
durch Kündigung beendet, sind alle bis dahin fällig gewordenen Ansprüche auf
die Überschussanteile vom Versicherer zu erfüllen1326. Diese kommen aufgrund
der engen Verbindung zwischen Haupt- und Zusatzversicherung demjenigen
zugute, dem der Rückkaufswert zusteht, mithin dem unwiderruflich Bezugsberechtigten.
Diese werden bei erfolgreicher Anfechtung der Bezugsrechtseinräumung von
der Rückgewährpflicht erfasst. Dasselbe gilt für die Ansprüche auf Überschussbeteiligung, die am Bewertungsstichtag mit Ablauf des jeweiligen
Geschäftsjahres und erfolgtem Rechnungsabschluss bereits zum Vollrecht
erstarkt sind.
Nach Eintritt des Versicherungsfalls ist auch bei einem unwiderruflichen
Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung der Anspruch auf die
Versicherungssumme Gegenstand des Rückgewähranspruchs.
Wäre die Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts nämlich unterlassen
worden, hätten die Gläubiger des Versicherungsnehmers/Schuldners nach Eintritt
des Versicherungsfalls auf die Versicherungssumme zugreifen können.
Auf den fiktiv vor Eintritt des Versicherungsfalls bestehenden Rückkaufswert
kann unter Berufung auf den hinter § 170 VVG stehenden Rechtsgedanken nicht
abgestellt werden, da § 170 VVG ohnehin nur dann anwendbar ist, wenn es noch
nicht zum Eintritt des Versicherungsfalls gekommen ist. Zudem würde die
Zugrundelegung des Rückkaufswerts zu einer nicht zu rechtfertigenden
Ungleichbehandlung des unwiderruflich Bezugsberechtigten im Vergleich zu
dem im Wege der Abtretung erwerbenden Zessionars führen, der den Anspruch
auf die Versicherungssumme bzw. die Versicherungssumme zurückgewähren
1325 Vgl. Wussow, NJW 1964, 1259 ff. (1260).
1326 Stelkens, Rechtsgrundlagen der Überschussbeteiligung, 1965, S. 100.
279
hat1327. Es ist kein Grund ersichtlich, warum dies bei einem unwiderruflichen
Bezugsberechtigten anders sein sollte1328. Der Umstand, dass der Zessionar im
Gegensatz zu dem Bezugsberechtigten das Recht derivativ erwirbt, stellt hierbei
keinen hinreichenden Grund für eine Ungleichbehandlung dar.
Gegenstand des Rückgewähranspruchs ist somit der Anspruch auf die Versicherungssumme. Von der Rückgewährpflicht werden auch die mit Eintritt des
Versicherungsfalls entstehenden bzw. fällig werdenden Ansprüche auf die Überschussanteile – Schlussgewinnanteile, Versicherungssumme aus einer Zusatzversicherung, Summenzuwachs bei Prämienerhöhung – erfasst, weil diese bei unterlassener Drittbegünstigung dem Zugriff der Gläubiger des Versicherungsnehmers
zur Verfügung gestanden hätten.
bbb) unwiderrufliches Bezugsrecht für eine gemischte Lebensversicherung
mit geteiltem Bezugsrecht
Fraglich ist jedoch, ob die Aussagen, die zu einem unwiderruflichen Bezugsrecht
für eine reine Todesfalllebensversicherung gemacht worden sind, auch bei Vorliegen einer gemischten Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht Geltung
beanspruchen können.
Nach Eintritt des Versicherungsfalls bestehen insoweit keine Unterschiede.
Dann nämlich hat der Begünstigte die Rechte aus dem Versicherungsvertrag endgültig – wenn auch unter dem Vorbehalt der Anfechtung – erworben. Wäre die
Bezugsrechtseinräumung unterlassen worden, wäre der Anspruch auf die Versicherungssumme Bestandteil des Nachlasses des verstorbenen Schuldners geworden, der den Gläubigern insoweit zum Zweck der Befriedigung zur Verfügung
gestanden hätte. Aus diesem Grund zielt der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch nach Eintritt des Versicherungsfalls auf Rückgewähr des Anspruchs auf
die Versicherungssumme. Davon werden auch die mit Eintritt des Versicherungsfalls entstandenen bzw. fällig gewordenen Ansprüche auf die Überschussanteile
erfasst1329, die dem Begünstigten zustehen1330.
Es bleibt zu untersuchen, ob es dem Begünstigten zugemutet werden kann,
bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls (und vor Eintritt des Erlebensfalls) den
im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. den im Zeitpunkt der
Anfechtung bestehenden Rückkaufswert zurückzugewähren.
Erfolgt die Anfechtung nämlich zu einem Zeitpunkt, in dem weder der Erlebens-, noch der Todesfall eingetreten sind, ist der endgültige Rechtserwerb des
Zuwendungsempfängers noch vollkommen unsicher. Sowohl das Fälligwerden,
1327 Siehe S. 268 f.
1328 Kohler-Gehrig, Der Versicherungsvertrag im Konkurs des Versicherungsnehmers, 1983,
S. 143 ff.
1329 Schlussgewinnanteile, Versicherungssumme aus einer Zusatzversicherung, Summenzuwachs bei Prämienerhöhung
1330 Siehe S. 95 ff.
280
als auch die weitere Entwicklung des Versicherungsvertrags ist völlig ungewiss1331. Der Begünstigte erwirbt zwar bereits mit Wirksamwerden der Bezugsrechtseinräumung einen (auflösend bedingten) Anspruch auf die Versicherungsleistung. Diesen kann er aber mit Eintritt des Erlebensfalls wieder vollkommen
verlieren. Würde man es dem Anfechtungsgegner in dieser Situation zumuten, im
Fall der erfolgreichen Anfechtung den (auflösend bedingten) Anspruch auf den
Rückkaufswert zurückzugewähren, so würde man ihm die Nachteile aufbürden,
die entstehen, wenn später doch der Erlebensfall eintritt. Denn dann wäre der
Zuwendungsempfänger mangels endgültigen Rechtserwerbs ungerechtfertigt in
Anspruch genommen worden.
Für einen verarmten (unwiderruflich) Bezugsberechtigten könnte es unzumutbar sein, ohne seine Mitwirkung und gegebenenfalls auch ohne sein Wissen
zunächst einen in Umfang, Bestand, Inhalt und Fälligkeit völlig ungewissen
Anspruch zu erwerben1332 und dann, nachdem der Versicherungsnehmer insolvent
geworden und die Bezugsrechtseinräumung erfolgreich angefochten worden ist,
zwecks Rückzahlungsanspruch in Anspruch genommen zu werden. Und dies,
obwohl noch vollkommen unklar ist, inwieweit er tatsächlich in den Genuss der
Versicherungssumme kommen wird. Insbesondere stellt sich dies als unbillig dar,
wenn der Begünstigte tatsächlich gar kein Interesse an dem späteren Erwerb
hat1333. Aus diesem Grund wird die Inanspruchnahme des Begünstigten teilweise
erst dann für zulässig gehalten, wenn dieser einen Vermögenszuwachs entweder
mit Eintritt des Versicherungsfalls in Form der Versicherungssumme, oder nach
erfolgter Kündigung in Form des Rückkaufswerts verzeichnen konnte1334.
Die Alternative hierzu wäre allerdings, die Gläubiger so lange zu vertrösten bis
es entweder zum Eintritt des Erlebens- oder des Todesfalls kommt und sicher ist,
wer nun endgültig das Recht auf die Versicherungsleistung erwirbt.
Im Erlebensfall könnten die Gläubiger des Versicherungsnehmers mit Eintritt
der aufschiebenden Bedingung und des daran anschließenden Anspruchserwerbs
des Schuldners/Versicherungsnehmers dann direkten Zugriff auf die Versicherungssumme nehmen. Im Todesfall könnten sie im Wege des indirekten Zugriffs
– d.h. mittels Anfechtung der Bezugsrechtseinräumung – die Rückgewähr der
Versicherungssumme bzw. des Anspruchs auf die Versicherungssumme erreichen.
Im Regelfall haben die Gläubiger aber ein Interesse an zeitnaher Befriedigung
ihrer Ansprüche. Auch die Abwicklung eines Insolvenzverfahrens kann nicht auf
das Fälligwerden einzelner Ansprüche warten. Dies gilt insbesondere deswegen,
weil sich auch hinter dem Rückkaufswert erhebliche Vermögenswerte verbergen
können.
1331 Wussow, NJW 1964, 1260 ff.
1332 Wussow, NJW 1964, 1259 ff. (1261).
1333 Wussow, a.a.O.
1334 Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 66 f.
281
Zudem ist zu beachten, dass der Insolvenzverwalter durch die Ausübung des
auf ihn mit Eröffnung des lnsolvenzverfahrens übergegangenen Kündigungsrechts1335 bzw. durch die ipso iure erfolgte die Umwandlung in ein Rückabwicklungsverhältnis1336 erreichen kann, dass Klarheit über den endgültigen Wert der
Versicherungsforderung entsteht. Auf diese Weise kann er bewirken, dass der
Anspruch in der Person des Begünstigten in Höhe des Rückkaufswerts fällig wird.
Diese Möglichkeit haben die Einzelgläubiger nicht. Diese können sich durch
Pfändung das Recht zur Kündigung, das dem Versicherungsnehmer/Schuldner
zusteht, nicht verschaffen, da dieses Gestaltungsrecht als unselbständiges Recht
nur zusammen mit dem Versicherungsanspruch, der auflösend bedingt dem unwiderruflich Bezugsberechtigten zusteht, gepfändet werden kann. Fände trotzdem
eine Pfändung statt, könnte sich der Zuwendungsempfänger dagegen durch eine
Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO wehren1337.
Der dem Versicherungsnehmer/Schuldner zustehende, durch den Erlebensfall
aufschiebend bedingte Versicherungsanspruch ist für den Einzelgläubiger bzw.
für die Gesamtgläubigerschaft uninteressant, da dieser zwar gepfändet werden,
aber erst nach Bedingungseintritt eingezogen werden kann1338. Zudem kommt
diesem Anspruch bis zum Bedingungseintritt kein Vermögenswert zu.
Da es dem Begünstigten frei steht, die Zuwendung – sofern er den Eintritt des
Erlebensfalls für wahrscheinlicher als den Eintritt des Todesfalls hält – gemäß
§ 333 BGB zurückzuweisen, wird er durch die Inanspruchnahme in Höhe des
Rückkaufswerts zudem nicht unzumutbar belastet. In diesem Fall fällt die Versicherungsforderung wieder in vollem Umfang dem Versicherungsnehmer zu, mit
der Folge, dass dessen Gläubiger auf den Anspruch zugreifen können. Zudem
wird der Dritte, der den anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch erfüllt,
durch einen bei Eintritt des Erlebensfalls zur Entstehung gelangenden Erstattungs- bzw. Aufwendungsersatzanspruch in Höhe der gezahlten Prämienbeiträge
aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677 BGB) geschützt1339. Selbst wenn
dem Zuwendungsempfänger dadurch wiederum das Insolvenzrisiko hinsichtlich
seines Regressinteresses aufgebürdet wird, ist dies in Anbetracht der Interessen
der Gläubiger des Versicherungsnehmers hinzunehmen, denen nicht zugemutet
werden kann, auf die Befriedigung ihrer Ansprüche bzw. auf die Anfechtung der
Rechtshandlung solange zu warten, bis Klarheit darüber besteht, wer die Rechte
aus dem Versicherungsvertrag nun endgültig erworben hat1340. Hinter den Interessen der Gläubiger haben die Interessen der rückgewährpflichtigen Bezugsberechtigten zurückzutreten.
1335 Bei Vorliegen einer prämienfreien Lebensversicherung.
1336 Wenn der Versicherungsvertrag von beiden Seiten noch nicht vollständig erfüllt worden ist.
1337 Sieg, in: FS Klingmüller, 1974, S. 458.; Hoffmann, AcP 158, 216.
1338 So auch Hasse, Interessenkonflikte, 1981, 5.185.
1339 Bruck/Möller/Winter, VVG, Anm. II 244; Hasse VersR 2005, 1176 ff. (1186, 1188).
1340 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 186.
282
Aus diesem Grund ist auch die Auffassung, die dem Insolvenzverwalter nur
einen für den Fall des Eintritts des Versicherungsfalls bedingten Anfechtungsanspruch gegen den Begünstigten auf Rückgewähr geben will1341, abzulehnen.
Zudem hat der unwiderruflich Bezugsberechtigte – auch bei Vorliegen einer
gemischten Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht – trotz des noch nicht
endgültigen Rechtserwerbs das Recht, über die Versicherungsforderung frei zu
verfügen und sie wirtschaftlich zu eigenen Gunsten zu nutzen. In Anbetracht dieser Vorteile tritt der geschilderte Nachteil wegen der Inanspruchnahme in Höhe
des Rückkaufswerts in den Hintergrund. Nicht zuletzt hätte der Schuldner ansonsten die Möglichkeit, allein durch die entsprechende Ausgestaltung des Versicherungsvertrags seine Gläubiger bis zum Fälligwerden des Versicherungsanspruchs
hinzuhalten. Diese stünden dann schlechter als bei einem im Rahmen einer reinen
Todesfalllebensversicherung eingeräumten unwiderruflichen Bezugsrecht, da sie
hier bereits vor Eintritt des Versicherungsfalls indirekten Zugriff im Wege der
Anfechtung zumindest auf den Rückkaufswert nehmen könnten.
Aus diesem Grund hat der unwiderruflich Bezugsberechtigte einer gemischten
Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht, sofern die Anfechtung der
Bezugsrechtseinräumung vor Eintritt des Erlebens- oder Todesfalls erfolgt, den
Anspruch auf den Rückkaufswert in die Insolvenzmasse zurückzugewähren bzw.
die Zwangsvollstreckung in den Anspruch bis zu diesem Wert zu dulden.
Dies gilt erst recht, wenn der Versicherungsanspruch am Bewertungsstichtag
tatsächlich wegen vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags in Höhe des
Rückkaufswerts fällig geworden ist.
Von der Rückgewährpflicht werden nur die am Bewertungsstichtag bereits entstandenen und dem Begünstigten (auflösend bedingt) zustehenden1342 Ansprüche
auf die Überschussanteile erfasst. Dies betrifft sämtliche Ansprüche auf die Überschussanteile, die der Versicherer wegen vorzeitiger Beendigung des Versicherungsvertrags am Bewertungsstichtag bereits zu erfüllen hat1343, sowie diejenigen,
die am Bewertungsstichtag mit Ablauf des jeweiligen Geschäftsjahres und erfolgtem Rechnungsabschluss bereits zum Vollrecht erstarkt sind.
3. Die Zahlung der Prämien als (sekundär) anfechtbare Rechtshandlung
a) Gesamtsumme der innerhalb der Anfechtungsfrist erbrachten Prämien
oder damit erkaufte Werterhöhung?
Besteht die anfechtbare Rechtshandlung sekundär1344 in den Beitragszahlungen,
weil die anfechtbare Rechtshandlung außerhalb des kritischen Anfechtungszeitraums vorgenommen wurde, stellt sich die Frage, ob auf die Gesamtsumme der
1341 Haegele, RPfl 1969, 156 ff. (160).
1342 Siehe S. 95 ff.
1343 Stelkens, Rechtsgrundlagen der Überschussbeteiligung, 1965, S. 100.
1344 Siehe dazu S. 219 ff.
283
innerhalb des Anfechtungszeitraums erbrachten Prämien oder vielmehr auf die
mit dem kapitalbildenden Anteil der Beiträge1345 er kaufte Werterhöhung abzustellen ist1346.
Für die Zugrundelegung der mit den Prämien erkauften Werterhöhung könnte
sprechen, dass die Prämien zu keinem Zeitpunkt in das Vermögen des Zuwendungsempfängers gelangt sind. Dem Begünstigten kommt nur der Gegenwert für
die erbrachten Prämien, d.h. die damit verbundene Anspruchsbegründung oder
Werterhöhung bzw. der von der Versicherungsgesellschaft gewährte Risikoschutz
zugute.
Diesem Argument kann jedoch entgegengesetzt werden, dass der Zuwendungsbegriff im Sinne des Anfechtungsrechts im Gegensatz zum Schenkungsbegriff des § 516 BGB keine endgültige Vermögensmehrung auf Seiten des Zuwendungsempfängers voraussetzt1347.
Zudem stellt der Wortlaut der §§ 143 I InsO, 11 I AnfG auf das ab, was aus dem
Vermögen des Schuldners »veräußert, weggegeben oder aufgegeben« worden ist.
Nicht auf die Bereicherung auf Seiten des Zuwendungsempfängers, sondern auf
die Entreicherung auf Seiten des Schuldners/Versicherungsnehmers kommt es an.
Für die Zugrundelegung der Gesamtsumme der innerhalb des kritischen Zeitraums geleisteten Prämien spricht ferner Sinn und Zweck der Anfechtung.
Sinn und Zweck der Anfechtung ist es, den Bestand des haftenden Vermögens
wieder herzustellen, indem man Vermögensverschiebungen, die der Schuldner zu
Lasten seiner Gläubiger vorgenommen hat, rückgängig macht1348. Die Gegenstände, die der Schuldner aus seinem Vermögen weggegeben und damit seinem
Vermögen entzogen hat, sollen wieder dem Zugriff dessen Gläubigern zugänglich
gemacht werden1349. Dass dadurch zugleich dasjenige abgeschöpft wird, was der
Zuwendungsempfänger durch die anfechtbare Rechtshandlung erhalten hat, ist
indes bloße Nebenfolge1350. Die Gläubiger sollen durch die Anfechtung so gestellt
werden, wie sie stünden, wenn die sie beeinträchtigende Rechtshandlung nicht
vorgenommen worden wäre1351. Bei Ablauf der Anfechtungsfrist besteht die
anfechtbare Rechtshandlung in den Prämienzahlungen. Wären diese nicht
erbracht worden, wäre die Gesamtsumme der erbrachten Beiträge und nicht die
damit erkaufte Werterhöhung Bestandteil der Haftungsmasse. Denn ohne Prämienbeitrag ist auch keine Anspruchsbegründung bzw. Werterhöhung denkbar.
Zudem hat die Gesamtsumme der innerhalb der Anfechtungsfrist erbrachten
Prämien einen höheren Wert als die damit erkaufte Anspruchsbegründung bzw.
Werterhöhung, da hierfür nur der kapitalbildende Anteil der Beiträge benutzt
wird. Jede Prämie besteht nämlich aus einem Sparanteil, mit dem das Deckungs-
1345 Das ist die Prämienreserve, die in das Deckungskapital fließt und das Guthaben erhöht.
1346 Vgl. Hamelbeck, NJW 1965, 955; so auch Sachsse, LZ 1908, 440 ff. (441).
1347 Wussow, NJW 1964, 1260 ff.; Hasse, Interessenkonflikte, 1981, 5.125.
1348 Kreft, in HK-InsO, § 129 Rn. 1.
1349 Hasse, Interessenkonflikte, S. 120.
1350 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 121.
1351 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 120.
284
kapital (Prämienreserve1352) angespart wird, dem Kostenanteil, der zur Deckung
des Verwaltungskostenaufwands verwendet wird, sowie aus dem Risikoanteil, der
zur Deckung der im laufenden Geschäftsjahr fällig werdenden Versicherungssummen genutzt wird und der dadurch verbraucht wird, dass der Versicherer die
versicherte Gefahr getragen hat1353. Die Zugrundelegung dieses geringeren Werts
würde dem Vorrang der Gläubigerinteressen widersprechen.
Die mit den Prämien erkaufte Werterhöhung hätte der Versicherungsnehmer
dem Dritten darüber hinaus, anders als die Prämien bzw. den Anspruch auf die
Versicherungsleistung, zu keinem Zeitpunkt übertragen können1354.
Besteht die anfechtbare Rechtshandlung daher in der Prämienzahlung, ist auf
die innerhalb des kritischen Zeitraums geleisteten Beiträge und nicht auf die
damit erkaufte Werterhöhung abzustellen. Etwas anderes gilt nur im Fall der Gutgläubigkeit des Zuwendungsempfängers (§§ 143 II InsO, 11 II AnfG). Dann nämlich haftet der Begünstigte nur auf die noch vorhandene Bereicherung. Tatsächlich bereichert ist er indes nur im Hinblick auf den Betrag, um den der Rückkaufswert durch die innerhalb der Anfechtungsfrist bezahlten Prämien erhöht worden
ist1355. Dies ist der Differenzbetrag, der sich bei Abzug des zu Beginn der anfechtbaren Prämienzahlungen bestehenden Deckungskapitals von der Versicherungssumme ergibt1356.
b) Gesamtsumme des kapitalbildenden Anteils der innerhalb des kritischen
Zeitraums erbrachten Prämien oder Gesamtsumme aller erbrachten
Prämienbeiträge?
Hält man die innerhalb des Anfechtungszeitraums erbrachten Prämienzahlungen
für maßgeblich, so schließt sich daran unmittelbar die Frage an, ob nur die
Summe des kapitalbildenden Anteils der (innerhalb des Anfechtungszeitraums
erbrachten) Beiträge (Prämienreserve)1357 oder die Gesamtsumme sämtlicher Prämien1358 zurückzugewähren ist. Teilweise soll auch nur die Gesamtsumme der
1352 Der Rückkaufswert beträgt lediglich 95%-98% der Prämienreserve, weil bei dessen
Berechnung von dem aus dem Deckungskapital angesparten Vermögenswert noch ein
Abzug (§ 174 IV VVG) vorgenommen wird, vgl. Hamelbeck, NJW 1965, 955.
1353 Hamelbeck, a.a.O.
1354 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 49.
1355 Thiel, ZIP 2002, 1232 ff (1235); Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 13 ALB 86 Rn. 47;
Stegmann/Lind, NVersZ 2002, 193 ff. (197); Hamelbeck, NJW 1965, 955; Wussow, NJW
1964, 1260; Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 49.
1356 a.A.: Thiele, 5.50. Thiele stellt auf die Differenz zwischen der Versicherungssumme und
der (verminderten) Versicherungssumme ab, die sich durch Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung unter Hinwegdenken der anfechtbar geleisteten Prämien ergibt.
1357 Behrend, LZ 1908, 125 ff. (135).
1358 Sieg, in: FS Klingmüller, 1974, 5.462.
285
sog. Nettoprämien (Prämienreserve + Risikoprämie abzüglich Verwaltungskostenaufschlag) Gegenstand des Rückgewähranspruchs sei1359.
Nur der kapitalbildende Anteil der Prämien (Prämienreserve) kommt dem
Begünstigten tatsächlich zugute, weil nur mit diesem die Anspruchsbegründung
bzw. Werterhöhung erkauft wird. Der Anteil, der zur Deckung des Verwaltungskostenaufwands verwendet wird, und der Risikoanteil, der der Deckung der im
lautenden Geschäftsjahr fällig werdenden Versicherungssummen dient1360, gelangen zu keinem Zeitpunkt – auch nicht mittelbar – in das Vermögen des Begünstigten. Daher könnte es unbillig sein, den Begünstigten zur Herausgabe von
etwas zu verpflichten, was in diesem Umfang nicht bzw. nur zu einem gewissen
Teil und dann auch nur verkörpert in der durch die Prämienreserve erkauften
Werterhöhung Bestandteil seines Vermögens geworden ist1361.
Dagegen spricht jedoch, dass es im Rahmen der Anfechtung weniger auf die
Bereicherung, als vielmehr auf die Entreicherung auf Seiten des Versicherungsnehmers/Schuldners ankommt. Zudem ist zu beachten, dass ohne die Verwaltungskosten und ohne die Risikoprämie das Bestehen einer Versicherung undenkbar wäre1362. Deren Erbringung ist nicht Mittel, sondern unumgängliche Voraussetzung für die Lebensversicherung1363. Da erst deren Bestehen dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit gibt, einen Dritten durch Einräumung eines
Bezugsrechts zu begünstigen, kommen die Verwaltungskosten und der Risikoanteil der Prämien diesem indirekt doch zugute.
Zudem würden die Gläubiger andernfalls im Wege der Anfechtung nur Zugriff
auf die geringere Prämienreserve erlangen, was in Anbetracht des im Anfechtungsrecht geltenden Vorrangs der Gläubigerinteressen unbillig wäre.
Daher ist auf die Gesamtsumme der innerhalb der Anfechtungsfrist erbrachten
Prämien und nicht nur auf die Gesamtssumme des kapitalbildenden Anteils dieser
Prämien abzustellen.
III. Die unmittelbare und mittelbare Zuwendung im Anfechtungsrecht
Im Folgenden wird untersucht, ob die gewonnenen Ergebnisse mit den Grundsätzen zur Behandlung einer mittelbaren Zuwendung im Anfechtungsrecht vereinbar sind. In Anbetracht der geänderten höchstrichterlichen Rechtsprechung1364
stellt sich die Frage, ob die mittelbare Zuwendung des Versicherungsanspruchs
1359 Sachsse, LZ 1908, 440 ff. (441).
1360 Sachsse, a.a.O.
1361 Sachsse, LZ 1908, 440 ff. (440), der insoweit nicht von Prämienreserve, sondern von Nettoprämien spricht, die sich aus der Differenz von Bruttoprämie und Verwaltungskostenaufschlag ergeben.
1362 Sieg, in: FS Klingmüller, 1974, S. 462.
1363 Sachsse, LZ 1908, 440 ff. (441).
1364 BGHZ 156, 350, 354 ff. = ZIP 2003, 2307, 2309 f. = VersR 2004, 93, 94 f. = NJW 2004,
214 ff.
286
tatsächlich so behandelt werden muss, als sei dieser dem Bezugsberechtigten unmittelbar vom Versicherungsnehmer zugewandt worden.
1. Die mittelbare Zuwendung
Bei der schenkungshalber erfolgten Abtretung des Versicherungsanspruchs vom
Schuldner / Zedenten an den Begünstigten/Zessionar handelt es sich um eine unmittelbare Zuwendung, da das Vermögen des Schuldners um die Versicherungsforderung geschmälert und das Vermögen des Begünstigten um eben diesen Vermögensgegenstand gemehrt wird.
Anders stellt sich die Situation indes bei der Zuwendung in Form der Einräumung eines Bezugsrechts zugunsten eines Dritten dar. In diesem Fall stammt der
Versicherungsanspruch aufgrund des originären Rechtserwerbs des Dritten (aufgrund Vertrags zugunsten Dritter) – unabhängig davon, ob es sich um ein anfängliches oder ein nachträgliches Bezugsrecht handelt – aus dem Vermögen des Versicherers.
Nur die Prämien, mit denen der Versicherungsnehmer/Schuldner beim Versicherer die Anspruchsbegründung und Werterhöhung erkauft und die Zuwendung
an den Begünstigten bewirkt, stammen unmittelbar aus dem Vermögen des
Zuwendenden. Das bei einer unmittelbaren Zuwendung vorliegende einheitliche
Rechtsgeschäft fächert sich bei einer mittelbaren Zuwendung in drei Rechtsbeziehungen auf, nämlich in das Deckungs-, das Valuta- und das Zuwendungsverhältnis.
Bei formalrechtlicher Betrachtung stammt der Zuwendungsgegenstand aus
einem (schuldner-) fremden Vermögen, wurde aber mit den Mitteln und Aufwendungen des Zuwendungsempfängers finanziert1365. Die Entreicherung auf Seiten
des Schuldners entspricht nicht der Bereicherung auf Seiten des Zuwendungsempfängers. Der Schuldner wendet den Vermögenswert, der sich hinter dem
Bezugsrecht verbirgt, nicht direkt, sondern durch Einschaltung eines Mittelmanns – der Versicherungsgesellschaft – zu.
Mittelbare Zuwendungen im Rahmen von echten Verträgen zugunsten Dritter
wurden bereits vor der Entscheidung des BGH vom 23.10.20031366 sowohl von der
Literatur, als auch von der Rechtsprechung im Rahmen des Anfechtungsrechts
wie unmittelbare Zuwendungen behandelt1367. Das bedeutet, bei Vorliegen einer
über einen (echten) Vertrag zugunsten Dritter unter Einschaltung des Versprechenden als Mittelsperson erfolgten mittelbaren Zuwendung wurde die Leistung
des Mittelsmanns an den Zuwendungsempfänger als eigentliche Zuwendung des
Versprechensempfängers an den Dritten angesehen.
1365 Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S.308.
1366 BGHZ 156, 350, 354 ff. = ZIP 2003, 2307, 2309 f. = VersR 2004, 93, 94 f. = NJW 2004,
214 ff.
1367 RGZ 43, 83 ff.; 35, 26 ff.; 48, 148 ff.; 133, 290 ff. (291); BGH ZIP 1980, 346 ff.; Münch-
Komm/InsO-Kirchhof, § 129 Rn. 68; Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 129 Rn. 73.
287
Die Besonderheit der neuen Entscheidung des BGH besteht nun darin, dass er
diese Grundsätze zur anfechtungsrechtlichen Behandlung einer mittelbaren
Zuwendung über einen Vertrag zugunsten Dritter konsequent auf die Zuwendung
im Zusammenhang mit einer Lebensversicherung zugunsten Dritter übertragen
hat.
Fraglich ist, ob mit dem BGH davon ausgegangen werden kann, dass eine mittelbare und eine unmittelbare Zuwendung anfechtungsrechtlich gleich zu behandeln sind, oder ob entsprechend dem Normzweck, nach dem die Entreicherung
auf Seiten des Schuldners / Versicherungsnehmers maßgeblich ist, nicht vielmehr
auf die Gesamtsumme aller erbrachten Prämien abgestellt werden muss.
Für die Gleichbehandlung der unmittelbaren und mittelbaren Zuwendung
könnten die innerhalb des Anfechtungsrechts vorrangigen Befriedigungsinteressen der Gläubiger sprechen.
Würde man nämlich § 143 I 1 InsO und § 11 I 1 AnfG beim Wort nehmen, die
darauf abstellen, »was aus dem Vermögen des Schuldners weggegeben wurde«,
könnte man bei formalrechtlicher Betrachtung niemals auf den Versicherungsanspruch abstellen, weil dieser aufgrund des originären Rechtserwerbs des Begünstigten niemals zum Vermögen des Zuwendenden gehört hat. Dies wiederum
hätte zur Folge, dass die Gläubiger des Versicherungsnehmers keinen indirekten
Zugriff auf den für sie interessanteren – weil im Werte höheren – Versicherungsanspruch, sondern nur auf die im Rahmen der Anfechtungsfristen erbrachten Prämienbeiträge hätten. Konsequenz wäre, dass die Gläubiger, deren Schuldner
Zuwendungen ausschließlich über das Rechtsinstitut des Vertrags zugunsten Dritter erbringt, schlechter gestellt würden als diejenigen, deren Schuldner den Weg
der unmittelbaren Zuwendung wählt1368. Ferner darf die Tatsache, dass eine mittelbare Zuwendung in drei Rechtsbeziehungen aufgespaltet wird1369, mit der
Folge, dass der Wert des Entreicherungs- und des Bereicherungsgegenstands
nicht identisch sind, nicht zum Nachteil der Gläubiger des Zuwendenden gereichen.
Vergleichend kann das Beispiel von Bayer1370 und Kuhn/Uhlenbruck1371 herangezogen werden:
Bei dem Kauf eines Grundstücks, das einen Wert von 200.000 hat, zu einem
Kaufpreis von 100.000 ‚ wobei die Übereignung an einen Dritten erfolgen soll,
hat die Zuwendung im Verhältnis Käufer – Dritter einen Wert in Höhe von
200.000 und nicht nur in Höhe von 100.000 .
Überträgt man dieses Beispiel auf die Lebensversicherung, bedeutet dies:
Der Wert der Zuwendung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung ist
identisch mit dem Wert der (vollen) Versicherungssumme, auch wenn die Aufwendungen, die erbracht werden müssen, um die Zuwendung machen zu können,
mithin die Beitragszahlungen, einen geringeren Betrag ausmachen.
1368 RGZ 43, 83 ff.; 46, 101 ff.; 48, 148 ff.; 59, 195 ff.; 133, 290 ff.
1369 Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S. 308.
1370 Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S. 309.
1371 Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 134 Rn. 11.
288
In Anbetracht der (vorrangigen) Gläubigerinteressen ist es daher geboten,
einen Durchgangserwerb aufgrund des Vertrags zugunsten Dritter (auf den Todesfall) zu fingieren und so zu tun, als habe der Zuwendende die Versicherungsforderung zunächst vom Versicherer erhalten und dann an den Dritten weitergegeben1372.
Dafür spricht auch der wahre Wille des Zuwendenden/Versicherungsnehmers,
der mit der Bezugsrechtseinräumung das Ziel verfolgt, dem Begünstigten den
Anspruch auf die Versicherungsleistung zuzuwenden1373. Der Vertrag zugunsten
Dritter wird nur zum Zweck der Abkürzung der Leistungswege genutzt1374. Ohne
den Vertrag zugunsten Dritter hätte er, um dasselbe Ziel zu erreichen, den Weg
der Zession wählen müssen. In diesem Fall hätten die Gläubiger des Zuwendenden die Abtretungserklärung anfechten und sich so den Zugriff auf den Versicherungsanspruch wieder verschaffen können. Durch die Wahl des Vertrags zugunsten Dritter darf den Gläubigern des Versicherungsnehmers diese Möglichkeit
nicht genommen werden. Der Zuwendende muss sich daher so behandeln lassen,
als habe er die Zuwendung nicht über einen Vertrag zugunsten Dritter, sondern
vielmehr auf direktem Weg bewirkt.
Zwar wird erst durch die Prämienzahlung die mit der Bezugsrechtseinräumung
beabsichtigte Zuwendung vollzogen1375 da erst die Erbringung dieser Aufwendungen dazu führt, dass der Anspruch auf die Versicherungssumme zu einem werthaltigen Vermögensgegenstand wird. Das ändert aber nichts daran, dass die Gläubiger des Schuldners/Versicherungsnehmers bei unterlassener Drittbegünstigung
nicht auf diese Aufwendungen, die auch bei einer Lebensversicherung zu eigenen
Gunsten »verloren« gewesen wäre, sondern vielmehr auf den Versicherungsanspruch zugegriffen hätten.
Dafür spricht ferner, dass zwischen dem Anspruch, der in der Person des
zuwendenden Versicherungsnehmers entsteht, und dem Anspruch, den der
Bezugsberechtigte aufgrund originären Rechtserwerbs zugewandt bekommt, eine
»Quasildentität« besteht1376.
Trotz mangelnder Identität der Ansprüche entspricht der Rechtsverlust auf Seiten des Versicherungsnehmers – entweder durch die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts oder durch den Eintritt des Versicherungsfalls – dem
Rechtserwerb auf Seiten des Dritten.
Die unmittelbare und mittelbare Zuwendung sind auch deswegen gleich zu
behandeln, weil andernfalls die auf Seiten des Zuwendungsempfängers kraft originären Erwerbs erfolgte Zuwendung in keinem Fall anfechtbar wäre. Damit
1372 Vgl. Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 33.
1373 Thiele a.a.O.: »es kann nicht auf die rechtliche Konstruktion ankommen, wenn in Wirklichkeit die Übertragung von (anderen) Vermögenswerten vom Versprechensempfänger an
einen Dritten gewollt ist«.
1374 Boll Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 50; Hassold, Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis, 1981,
S. 244; Hellwig, Die Verträge auf Leistung an Dritte, 1899, S. 45.
1375 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 418.
1376 Siehe S. 76 f.
289
würde man dem Schuldner Tür und Tor für die Umgehung der Anfechtungsvorschriften und die Benachteiligung seiner Gläubiger öffnen1377. Die Anfechtungsvorschriften dienen indes gerade dazu, eine auf Kosten der Gläubiger vorgenommene Minderung des Schuldnervermögens rückgängig zu machen. Diesem
Zweck widerspräche es vollkommen, wenn man es dem Schuldner allein durch
die Wahl des »richtigen« Rechtsinstituts ermöglichen würde, durch Zuwendungen an Dritte sein Vermögen an seinen Gläubigern vorbeizuschleusen1378. Die
Gläubiger dürfen nicht dafür »bestraft« werden, dass deren Schuldner die ihm
dargebotenen Gestaltungsmöglichkeiten dazu nutzt, einem Dritten einen Vermögensgegenstand zuzuwenden, ohne dass dies zu einer wesensgleichen Vermögensminderung auf Seiten des Schuldner führt1379.
In der Literatur wird zudem bereits seit langem vertreten1380, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung der Rechtsvorgänge der Versicherungsanspruch und
nicht die erbrachten Prämien Gegenstand der Zuwendung sei. Dies sei aber nur
der Fall, wenn sich die aufgrund der verschiedenen Rechtsbeziehungen erfolgenden Vermögensab- und -zuflüsse bei wirtschaftlicher Betrachtung als ein einheitlicher Vorgang darstellen1381, der Wille des Schuldners/Versprechensempfängers
von Anfang an auf eine endgültige Zuwendung an den Dritten gerichtet gewesen
ist1382 und der Schuldner/Versprechensempfänger für den Begünstigten als Leistender erkennbar war1383.
Legt man diese Aspekte zugrunde, so kommt man zu dem Ergebnis, dass der
mit Eintritt des Versicherungsfalls im Valutaverhältnis erfolgende Erwerb der
Versicherungsforderung so behandelt werden muss, als sei eine direkte Zuwendung vom Versicherungsnehmer erfolgt.
Die wirtschaftliche Betrachtung ist mit dem Sinn und Zweck des Anfechtungsrechts vereinbar, da dieser gerade darin besteht, sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, die die Insolvenzmasse bzw. das
1377 BGHZ 38, 44; 118, 151 ff.; BGH WM 1980, 598 f.; BGH NJW 1980, 1795 ff.; BGH NJW
1995, 1093 ff.; BGH NJW 1996, 2231 ff.; OLG Brandenburg ZIP 1999, 1013.
1378 Vgl. Hassold, Zur Leistung im Dreipersonenverhältnis, 1981, S. 268, 311 f., der für eine
analoge Anwendung der Anfechtungsvorschriften auf den kraft Vertrags zugunsten Dritter
erfolgenden originären Rechtserwerb des Dritten plädiert.
1379 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 33.
1380 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 415 Ii; Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 34 ff, S. 48; Hörstmann, Der
echte Vertrag zugunsten Dritter als Rechtsgeschäft zur Übertragung einer Forderung, 1983,
S. 182 f., 184; Thiele, S. 70.
1381 BGH ZIP 1980, 346 ff.; BGH NJW 1980, 1795 ff.; BGH ZIP 1982, 76 ff.; BGHZ 78, 318
ff. (326 ff.); 118, 151 ff.; BGH ZIP 1995, 297 ff.; RGZ 133, 290 ff. (291 f.); MünchKomm/
InsO-Kirchhof, § 129 Rn. 68; Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 134 Rn. 11; Berges, KTS 1961,
65 ff; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 26 ff.; FK-Dauemheim, InsO,
§ 129 Rn. 32; Berges, KTS 1961, 65 ff.
1382 Smid-Zeuner, InsO, § 129 Rn. 26; Huber, AnfG, § 1 Rn. 20; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 27; MünchKomm/lnsO-Kirchhof § 129 Rn. 144; BGHZ 38, 44;
BGH ZIP 1992, 124 ff. (126).
1383 BGH NJW 1996, 2231 ff. (2233); BGH NJW 1985, 1560 f.; BGHZ 138, 291 ff.
290
Schuldnervermögen geschmälert haben. Im Mittelpunkt stehen die Anreicherung
der Insolvenzmasse und die Anfechtung als Gegenmittel gegen die Massearmut
von Insolvenzen bzw. die Wiederherstellung der Zugriffsmöglichkeit des in der
Zwangsvollstreckung ausgefallenen Einzelgläubigers. Würde man sich auf eine
rein formalrechtliche Betrachtung zurückziehen, dem Schuldner aber weiterhin
die dem Schuldner sich aus der Privatautonomie ergebenden Gestaltungsmöglichkeiten unbeschränkt eröffnen würde man diesem zahlreiche Ungehungsmöglichkeiten an die Hand geben, die es ihm ermöglichen würden, sein Vermögen auf
Kosten seiner Gläubiger zu schmälern. Aufgrund der Vielgestaltigkeit rechtlicher
Beziehungen wäre auch der Gesetzgeber nicht in der Lage, alle erdenklichen
Fälle durch die Bildung entsprechender Normen zu erfassen1384.
Dies rechtfertigt es, auf die von den Parteien mit der Wahl einer bestimmten
Rechtskonstruktion angestrebte Wirkung und nicht auf die rechtliche Gestaltung
abzustellen und die Rechtsvorgänge somit unter wirtschaftlichen und nicht rein
formalrechtlichen Gesichtspunkten zu betrachten1385. Daher ist die mittelbare
Zuwendung unter Einschaltung des Versicherers als Mittelmann so zu behandeln,
als habe der Versicherungsnehmer die Versicherungsforderung mit Eintritt des
Versicherungsfalls vom Versicherer erhalten und sodann an den Bezugsberechtigten weiter übertragen.
2. Mittelbare Zuwendung der (sekundär anfechtbaren) Prämien?
Fraglich ist jedoch, ob das ermittelte Ergebnis dazu führt, dass man nun nicht
mehr auf die sekundär der Anfechtung unterliegenden Prämien abstellen darf,
weil diese insoweit nicht Gegenstand der mittelbaren Zuwendung darstellen.
Dagegen spricht zum einen, dass diese Beiträge nur sekundär bei Ablauf der
Anfechtungsfrist zugrunde gelegt werden. Es stellt daher keinen Widerspruch
dar1386, auf der einen Seite den Anspruch auf die Versicherungsleistung als
Zuwendungsgegenstand anzusehen, und dann doch die Gesamtsumme der innerhalb des Anfechtungszeitraums erbrachten Beiträge für maßgeblich zu halten.
Würde man nun unter Berufung auf den »wahren« Gegenstand der mittelbaren
Zuwendung der Anfechtung ausschließlich den Versicherungsanspruch unterwerfen, wäre den Gläubigern des Versicherungsnehmers nicht gedient, wenn es der
Versicherungsnehmer durch geschickte rechtliche Gestaltung erreichen könnte,
dass das Gläubigerinteresse wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist nicht einmal
mehr aus den innerhalb des kritischen Zeitraums erbrachten Beiträge befriedigt
1384 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2 1.29.
1385 BGHZ 72,39ff. (41); BGH WM 1955, 407 ff. (409); BGH NJW 1960, 1011; BGH NJW
1980, 1580 ff.; BGH ZIP 1980, 425 ff.; BGH WM 1981, 1206 f.; BGHZ 86, 340 ff.; BGH
WM 1985, 734 ff.; Smid-Zeuner, InsO, § 129 Rn. 54; Jaeger/Henckel, KO, § 29 Rn. 2;
Schmidt, JZ 1987, 889; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 3; Obermüller/Hess, InsO, Rn. 306; FK-Dauernheim, InsO, § 129 Rn. 36; Häsemeyer, a.a.O.
1386 A.A.: Elfring, Drittwirkung von Lebensversicherungen, 2003, S. 162 f.
291
werden könnte. Dies wäre mit dem vorrangigen Befriedigungsinteresse der Gläubiger nicht vereinbar.
Nicht zuletzt spricht für die Möglichkeit einer sekundären Zugrundelegung der
Prämien Sinn und Zweck des Anfechtungsrechts. Da insoweit ohnehin die Entreicherung auf Seiten des Schuldners/Versicherungsnehmers im Vordergrund
steht, kann es nicht unzulässig sein, sekundär doch auf den Entreicherungsgegenstand abzustellen.
Besonders wenn der Versicherungsnehmer die Prämien fortweg entrichtet,
obwohl er diese jederzeit einstellen könnte, wird deutlich, dass er nicht zur zum
Zweck der Erfüllung seiner ihm gegenüber der Versicherungsgesellschaft obliegenden Pflicht leistet, sondern auch zum Zweck der Begünstigung des Bezugsberechtigten1387. Auch wenn grundsätzlich der Versicherungsanspruch den Gegenstand der mittelbaren Zuwendung bildet, kann sekundär dennoch auf die innerhalb des kritischen Zeitraums erbrachten Prämien abgestellt werden.
3. Schlussfolgerung
Die mittelbare und unmittelbare Zuwendung sind gleich zu behandeln. Deshalb
ist – auch unter Berücksichtigung anfechtungsrechtlicher Grundsätze – der Versicherungsanspruch Gegenstand der mittelbaren Zuwendung und des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs. Bei Ausschluss der Anfechtung wegen
Ablaufs der Anfechtungsfrist können sekundär die innerhalb des kritischen Zeitraums erbrachten Prämien zugrunde gelegt werden.
2. Kapitel:
Vergleich des insolvenz- und außerinsolvenzrechtlichen
Anfechtungsverfahrens mit den erb- und familienrechtlichen Anrechnungsund Ausgleichungsverfahren – Gemeinsamkeiten und Unterschiede
A. Pflichtteilsergänzung und Anfechtungsverfahren
I. Gegenüberstellung
1. Anwendungsbereich / Rechtsfolge
Von der Ergänzungspflicht nach §§ 2325 ff. BGB werden Schenkungen im Sinne
des § 516 BGB erfasst. Das Vorliegen einer mittelbaren Schenkung reicht aus.
Eine Aufweichung dieses engen Schenkungsbegriffs hat der Anwendungsbereich
der §§ 2325 ff. BGB durch die Einbeziehung der sog. »unbenannten Zuwendun-
1387 Thiele, Lebensversicherungen und Nachlassgläubiger, 1963, S. 47.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Mit welchem Wert sind Lebensversicherungen anzusetzen, wenn sie in erb- oder familienrechtlichen Ausgleichungs- oder Anrechnungsregelungen zu berücksichtigen sind: Mit der Versicherungssumme? Mit der Summe der erbrachten Prämienzahlungen? Mit dem Rückkaufswert? In Rechtsprechung und Literatur ist ein einheitliches Vorgehen bislang nicht erkennbar.
Die vorliegende Arbeit untersucht diese Frage auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2003 auf dem Gebiet des Insolvenzrechts erfolgten Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes differenziert anhand der Vielzahl an Funktionen, die eine Lebensversicherung erfüllen kann.