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3.Teil:
Auswirkungen der Änderung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung auf die Anrechnung und Ausgleichung im Erb- und
Familienrecht
Gegenstand der weiteren Untersuchung ist die Frage, inwiefern die Änderung der
höchstrichterlichen Rechtsprechung Auswirkungen auf die erb- und familienrechtlichen Anrechungs- und Ausgleichungsverfahren hat. Um dies feststellen zu
können, ist ein Vergleich der verschiedenen Verfahren und eine Gegenüberstellung der sich daraus jeweils ergebenden Besonderheiten vorzunehmen. Zunächst
soll das Verfahren der insolvenz- und außerinsolvenzrechtlichen Anfechtung im
Zusammenhang mit der Zuwendung des Anspruchs auf die Versicherungsleistung
dargestellt werden.
Im Anschluss daran werden das Anfechtungsverfahren und die erb- und familienrechtlichen Anrechungs- und Ausgleichungsverfahren gegenüber gestellt, um
dann anhand der ermittelten Unterschiede und Gemeinsamkeiten – unter Berücksichtigung der Argumentation des BGH1085 – eine Prognose zu wagen, ob dies als
ein Zeichen für einen Wandel der höchstrichterlichen Rechtsprechung auch hinsichtlich der erb- und familienrechtlichen Anrechnungs- und Ausgleichungsverfahren gesehen werden kann.
1. Kapitel:
Das Insolvenz- und außerinsolvenzrechtliche Anfechtungsverfahren im
Zusammenhang mit der Zuwendung des Anspruchs auf die
Versicherungsleistung
Zunächst ist zu untersuchen, wie eine Drittbegünstigung im Zusammenhang mit
einer Lebensversicherung im Rahmen des Anfechtungsverfahrens Berücksichtigung findet, mithin worin die anfechtbare Rechtshandlung und der Gegenstand
des Rückgewähranspruchs besteht. Da eine Anrechnung und Ausgleichung im
Erb- und Familienrecht ausschließlich bei unentgeltlichen Zuwendungen bzw.
Schenkungen stattfindet, wird im Folgenden nur die Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« (§§ 134 InsO, § 4 AnfG) näher betrachtet.
1085 BGHZ 156, 350, 354 ff. = ZIP 2003, 2307, 2309 f. = VersR 2004, 93, 94 f. = NJW 2004,
214 ff.
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A. Die Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« gemäß § 134 InsO und
§ 4 AnfG
I. Die »unentgeltliche Leistung«
1. Unentgeltlichkeit
Sowohl § 134 InsO, als auch § 4 AnfG setzen das Vorliegen einer »unentgeltlichen Leistung« voraus. Davon erfasst werden alle Vermögensentäußerungen des
Schuldners, mit denen er Dritten auf Kosten seines Vermögens einen Vorteil zukommen lässt1086‚ ohne dass es zu einer Kompensation der in seinem Vermögen
stattfindenden Vermögensminderung kommt. Einer Einigung zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung
bedarf es nicht1087. Aus diesem Grund fallen auch die sog. ‚unbenannten Zuwendungen«, die der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft dienen, unter den Anfechtungstatbestand der »unentgeltlichen Leistung«1088.
Unentgeltlichkeit in diesem Sinne liegt auch dann vor, wenn die Abtretung
bzw. Bezugsrechtseinräumung zum Zweck der Sicherung einer unentgeltlichen1089 Verbindlichkeit erfolgte1090. Unentgeltlichkeit liegt nicht vor, wenn und
soweit1091 der Schuldner/Zuwendende seine Leistung im Rahmen einer ihm obliegenden Unterhaltspflicht erbringt1092.
Dasselbe gilt auch dann, wenn Bezugsrechte für Lebensversicherungen als
Ausstattung im Sinne des § 1624 I BGB von Eltern zugunsten ihrer Kinder eingeräumt werden. Erfolgte die Einräumung des Bezugsrechts oder die Abtretung
des Versicherungsanspruchs anlässlich der Heirat als Mitgift1093 oder zum Zweck
der Sicherheit für einen Existenzgründungskredit, fällt diese Zuwendung unter
1086 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.89.
1087 BGHZ 71, 61 ff. (69); 113, 98 ff. (103); BGH ZIP 1993, 1170 ff. (1173).
1088 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 20; MünchKomm/InsO-Kirchof, § 134 Rn. 36; Kreft, in:
HK-InsO, § 134 Rn. 10; BGHZ 71, 61 ff. (69); 113, 98 ff. (102 f.); 113, 393 ff (396); 116,
167ff. (173, 178); BGH ZIP 1993, 1170ff. (1173); OLG Celle NJW 1990, 720.
1089 Ob dies auch dann gilt, wenn die Lebensversicherung der Sicherung einer entgeltlich
begründeten Verbindlichkeit dient, ist umstritten. Die h.M. (BGHZ 112, 137 ff. (138 f.);
RGZ 6, 85 f.; 29, 297 ff. (300); OLG Düsseldorf WM 1997, 278, 282; Kreft, in: HK-JnsO,
§ 134 Rn. 12; Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 134 Rn. 30; Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2 1.92; Jaeger/Henckel, KO, § 32 Rn. 4; Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-
Handbuch, § 49 Rn. 14) lehnt dies wegen des Gebots der Rechtsklarheit ab. Die Sicherungsabrede und das entgeltliches Rechtsgeschäft müssten als eine Einheit bzw. als ein
Vorgang und damit als entgeltlich angesehen werden. (MünchKomm/InsO-Kirchof § 134
Rn. 25).
1090 MünchKomm/InsO-Kirchof InsO, § 134 Rn. 25.
1091 FK-Dauernheim, InsO § 134 Rn. 20; MünchKomm/InsO-Kirchhof § 134 Rn. 36.
1092 Bruck/Möller/Winter Anm. H 218; a.A.: Hellwig, Die Verträge zugunsten Dritter, 1899,
S. 154.
1093 Frömgen, Das Verhältnis zwischen Lebensversicherung und Pflichtteil, 2004, S. 166;
Hasse, Interessenkonflikte, 1981, 235.
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den Begriff der Aussteuer, soweit sie die Vermögensverhältnisse des zuwendenden Elternteils den Umständen nach übersteigt1094. Bei Ausstattungen, die nicht
von den Eltern erbracht werden, liegt die Grenze bei dem Wert eines geringwertigen, gebräuchlichen Gelegenheitsgeschenks (§§ 134 II InsO, § 4 II AnfG)1095.
Nur Ausstattungen, die dieses Maß überschreiten, stellen eine »unentgeltliche
Leistung« dar, sofern diese Zuwendung nicht deshalb als entgeltlich qualifiziert
werden muss, weil sie einen Ausgleich für eine Leistung des Empfängers darstellt1096.
Nimmt man die Ausstattung vom Anwendungsbereich der §§ 134 InsO, 4
AnfG aus, so bedeutet dies, die Interessen der Gläubiger hinter die der Abkömmlinge des Schuldners zurücktreten zu lassen. Manche halten dies für unbillig und
wollen daher eine Ausstattung, zu denen sich Eltern oder Dritte freiwillig entschieden haben, wie eine »unentgeltliche Leistung« behandeln1097. Dem kann
jedoch, zumindest wenn die Lebensversicherung den Ausbildungsunterhalt des
Kindes abdeckt und insoweit von der Unterhaltspflicht des Zuwendenden umfasst
wird, aufgrund der insoweit vorliegenden Entgeltlichkeit nicht gefolgt werden1098.
Vor diesem Hintergrund ist zu beachten, dass die Anfechtung der Prämienzahlungen nicht schon deshalb ausscheidet, weil sie im Deckungsverhältnis keine
unentgeltliche Leistung darstellen. Zwar steht ihnen dort ein entsprechender
Gegenwert in Form der Begründung bzw. Wertsteigerung des Versicherungsanspruchs gegenüber1099. Dies betrifft indes allein das Deckungsverhältnis und nicht
das – insoweit maßgebliche – Valutaverhältnis. Soweit und solange der Bezugsberechtigte dem Versicherungsnehmer für die Drittbegünstigung keine Gegenleistung schuldet, ist die Zuwendung unentgeltlich1100.
Man darf zudem nicht vergessen, dass außer der Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« darüber hinaus noch weitere Anfechtungstatbestände in
Betracht kommen können und die Insolvenzgläubiger bzw. Einzelgläubiger demnach nicht vollkommen schutzlos gestellt werden.
2. Privilegierte Zuwendungsgegenstände
Von der Anfechtung nicht bedroht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke geringen Werts, die anlässlich eines bestimmten Ereignisses oder zu wohltätigen
1094 Jaeger/Henckel, KO § 32 Rn. 47; FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 2; Weis, in: Hess/Weis/
Wienberg, InsO, § 134 Rn. 48; Erman-Michalski, § 1624 Rn. l2; MünchKomm/InsO-Kirchof § 134 Rn. 37.
1095 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 21.
1096 So z.B. wenn die Zuwendung als Ausgleich für eine langjährige Mitarbeit im elterlichen
Betrieb erbracht wird; vgl. Bsp. bei BGH FamRZ 1965, 430.
1097 MünchKomm/InsO-Kirchhof § 134 Rn. 37; MünchKomm/BGB-Hinz, § 1624 Rn. 13.
1098 MünchKomm/lnsO-Kirchof a.a.O.
1099 a.A. Mühler-Feldhammer, NZJ 2001, 343 ff. (344); Elfring, Drittwirkungen der Lebensversicherung, 2003, S. 148.
1100 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 104.
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oder gemeinnützigen Zwecken erbracht werden1101. Dazu können auch Schenkungen zählen, mit denen einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird oder die an nicht unterhaltsberechtigte nahe
Verwandte erbracht werden1102, solange sie die Grenze der Geringwertigkeit nicht
überschreiten. Dies ist in Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei Anstandsschenkungen auch um geringfügige Zuwendungen handeln kann1103, nicht von
vornherein ausgeschlossen. Zwar existiert im Rahmen des Anfechtungsrechts
keine dem § 2330 BGB entsprechende Vorschrift. Das ändert indes nichts daran,
dass bei Vorliegen der Voraussetzungen eines »gebräuchlichen Gelegenheitsgeschenks geringen Werts« auch Anstands- und Pflichtschenkungen unter den Ausnahmetatbestand fallen. Zur Bestimmung der Geringwertigkeit des Geschenks ist
allein ein objektiver Maßstab anzulegen. Entscheidend ist die allgemeine Verkehrsauffassung im Hinblick darauf, ob das Geschenk in Anbetracht des Anlasses
und der Beziehung des Schuldners zum Zuwendungsempfänger als üblich angesehen werden kann1104. Auf das Verhältnis zwischen dem Wert der Zuwendung
und des Schuldnervermögens im Zeitpunkt der Zuwendung kommt es nicht an.
Die Vorschrift ist eng auszulegen, weil der Tatbestand zur Einschränkung des Anwendungsbereichs bewusst um das Merkmal des »geringen Werts« ergänzt worden war, nachdem die Rechtsprechung den Anwendungsbereich sehr weit ausgelegt hatte1105.
Bei der Zuwendung des Versicherungsanspruchs ist deshalb ein besonderes
Augenmerk darauf zu legen, dass die Wertgrenze in Anbetracht des in einer
Lebensversicherung steckenden Vermögenswerts nicht überschritten wird1106.
Diese Wertgrenze hat auch dann zu gelten, wenn sie zu einem bestimmten Anlass,
wie z.B. Hochzeit oder Taufe, erfolgt ist. Aus diesem Grund kann auch dann keine
Ausnahme vom Erfordernis der Geringwertigkeit gemacht werden, wenn der
Anlass einen Stellenwert einnimmt, der die Zuwendung eines größeren Vermögenswerts rechtfertigen könnte, z.B. die Zuwendung einer Ausstattungslebensversicherung bei der Hochzeit eines Abkömmlings oder anlässlich der Geburt
eines Kindes oder zum Zweck der Sicherstellung dessen späterer Berufsausbildung. Vor diesem Hintergrund fallen auch Prämienzahlungen nicht unter den
Begriff der Anstandsschenkung, da sie nicht anlässlich einer besonderen Gelegenheit, sondern in regelmäßigen und vertraglich festgesetzten Zeitabständen
erbracht werden.
1101 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 30.
1102 FK-Dauemheim a.a.O.; RGZ 125, 380; a.A.: Hasse, Lebensversicherung und erbrechtlicher Ausgleichsanspruch, 2005, S. 24; ders. VersR 2004, 15, 26.
1103 MünchKomm/BGB-Lange, § 2330 Rn. 2; Hasse, Lebensversicherung und erbrechtlicher
Ausgleichsanspruch, 2005, S. 46.
1104 Kreft, in: HK-InsO, § 134 Rn. 17.
1105 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 31.
1106 Sollte dies im Einzelfall doch der Fall sein, können die übrigen Anfechtungstatbestände
der §§ 130 ff. InsO, §§ 3 ff. AnfG zur Anwendung gelangen; vgl. Kreft, in: HK-InsO, § 134
Rn. 17.
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Eine Besserstellung erfahren jedoch Zuwendungen, die sich auf unpfändbare
Vermögensgegenstände beziehen, weil diese bereits von vornherein mangels
Gläubigerbenachteiligung dem Zugriff der Gläubiger entzogen sind1107. Die Einzelgläubiger können diese nicht pfänden und auch die lnsolvenzgläubiger können
keine Befriedigung daraus suchen, weil nur die Vermögensgegenstände, die dem
Schuldner im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung gehören (§ 36 I InsO) und
pfändbar sind, Bestandteil der lnsolvenzmasse werden. Dazu zählen Ansprüche
aus einer Todesfalllebensversicherung bis zu einer Versicherungssumme von
3.579,- (§§ 850 b I Nr. 4 ZPO)1108 und Renten aus Rentenlebensversicherungen
(§ 850 b I Nr. 1 ZPO)1109.
II. Die »unentgeltliche Leistung« als anfechtbare Rechtshandlung – der
Gegenstand der Anfechtung
Der Begriff der »unentgeltlichen Leistung« ist umfassender zu verstehen als der
Begriff der Schenkung im Sinne des § 516 BGB. Vermögensopfer, die den engen
Begriff der Schenkung erfüllen, fallen dementsprechend in jedem Fall in den Anwendungsbereich der §§ 134 InsO, 4 AnfG1110. Anders als bei einer Schenkung
im Sinne des § 516 BGB steht nicht die Bereicherung auf Seiten des Zuwendungsempfängers, sondern die Entreicherung auf Seiten des Zuwendenden im
Vordergrund1111. Dies ist logische Konsequenz von Sinn und Zweck der Anfechtung, der darin besteht, den Gläubigern den Zugriff auf Vermögenswerte wieder
zu eröffnen, die der Schuldner auf deren Kosten seinem Vermögen entzogen
hat1112.
1107 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.20; Kreft, in: HK-InsO, § 129 Rn. 50; BGHZ 123,
183 ff.
1108 Es darf sich hierbei nur um Lebensversicherungen handeln, die allein auf den Todesfall
abgeschlossen wurden. Nicht erfasst werden Lebensversicherungen, die die Auszahlung
der Versicherungssumme für den Erlebensfall vorsehen (Haegele, RPfl 1969, 1 56f.).
1109 In diesem Zusammenhang ist auch das Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zur Verbesserung des Schutzes der (privaten) Altersvorsorge Selbständiger in der Insolvenz bzw.
zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung zu nennen. Ziel dieses Vorhabens ist es, die private Altersvorsorge im Rahmen
der Zwangsvollstreckung und der Insolvenz – u.a. durch Erweiterung der Unpfändbarkeitsregelungen nach §§ 850 ff. ZPO – einem der gesetzlichen Rentenversicherung angenäherten Schutz zu unterstellen. Von diesem Schutz sollen indes nur private Rentenlebensversicherungen profitieren, bei denen ein Kapitalwahlrecht ausdrücklich ausgeschlossen
worden und auch keine Drittbegünstigung vorgesehen ist, weil deren Funktion in der Versorgung des Versicherungsnehmers bestehe und nur diese das grundsätzlich vorrangige
Interesse der Gläubiger an umfassender Befriedigung verdrängen könne.
1110 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 13.
1111 BT-Ducks. 12/2443, S. 167 f.; BGHZ 71, 61 ff. (63); Uhlenbruck-Hirte, InsO, § 134
Rn. 37; FK-Dauernheim, lnsO, § 134 Rn. 6; Huber, Anftl, § 4 Rn. 17; Obermüller/Hess,
Rn. 347.
1112 Obermüller/Hess, InsO, Rn. 298.
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Es bleibt zu untersuchen, welche »Leistung« des Schuldners im Zusammenhang mit der Zuwendung einer Lebensversicherung den Gegenstand der Anfechtung bildet.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese »Leistung« als Grundvoraussetzung
einer jeden Anfechtung zunächst die Voraussetzungen des § 129 InsO, § 1 AnfG
erfüllen muss. Bei der »Leistung« muss es sich um eine anfechtbare Rechtshandlung, d.h. um eine rechtlich erhebliche Handlung oder Unterlassung des Schuldners handeln1113, die dem Schuldnervermögen einen Vermögenswert entzieht und
dadurch zu einer Benachteiligung der Gläubiger führt, weil diese – abgesehen von
der Möglichkeit der Anfechtung – auf den Vermögensgegenstand keinen direkten
Zugriff mehr haben1114. Diese Rechtshandlung muss vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sein, weil sie ansonsten ohnehin gemäß § 80
InsO unwirksam wäre. Im Zusammenhang mit der Zuwendung können verschiedene Rechtshandlungen den Tatbestand einer »unentgeltlichen Leistung« erfüllen. Einer näheren Betrachtung werden vorliegend nur die Fälle unterzogen, bei
denen der Versicherungsnehmer einem Dritten den Anspruch auf die Versicherungsleistung schenkungshalber abtritt oder er einem Dritten ein widerrufliches
oder unwiderrufliches Bezugsrecht an einer Lebensversicherung einräumt.
1. Die Abtretungserklärung als anfechtbare Rechtshandlung
Tritt der Versicherungsnehmer einer Lebensversicherung die Versicherungsforderung an einen Dritten unentgeltlich ab, wird das Schuldnervermögen um die
Versicherungsforderung gemindert und das Vermögen des Zessionars unmittelbar
um diesen Vermögensgegenstand bereichert. Zwar wirken sich auch die regelmä-
ßigen Prämienzahlungen, die der Schuldner/Zedent trotz der Abtretung weiterhin
zu erbringen hat, für dessen Gläubiger beeinträchtigend aus, weil das Schuldnervermögen um diese geschmälert, im Gegenzug aber nicht um die damit erkaufte
Gegenleistung bereichert wird. In erster Linie werden die Gläubiger aber dadurch
benachteiligt, dass sie um den Zugriff auf den Versicherungsanspruch gebracht
werden. Um die Prämien wäre das Schuldnervermögen auch dann gemindert worden, wenn der Schuldner/Zedent die Zession unterlassen hätte und er weiterhin
Inhaber des Versicherungsanspruchs geblieben wäre. Der Gegenstand der Anfechtung besteht daher im Fall der Abtretung der Versicherungsforderung in der
Abtretungserklärung des Versicherungsnehmers/Schuldners.
1113 Kreft, in: HK-InsO, § 129 Rn. 10.
1114 Kreft, in: HK-InsO, § 134 Rn. 6.
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2. Die anfechtbare Rechtshandlung bei Bezugsrechtseinräumung zugunsten
eines Dritten
Problematisch stellt sich die Situation dar, wenn die unentgeltliche Zuwendung
darin besteht, dass der Schuldner/Versicherungsnehmer einem Dritten das Bezugsrecht an einer Lebensversicherung einräumt. In diesem Fall kommen gleich
mehrere anfechtbare Rechtshandlungen in Betracht:
• (bei Vorliegen eines widerruflichen Bezugsrechts) das Unterlassen des Widerrufs (a),
• die Zahlung der Prämien durch den Versicherungsnehmer/Schuldner an die
Versicherungsgesellschaft (b) oder
• die Benennung des Bezugsberechtigten (c).
Die h.L.1115 differenziert – wie die frühere Rechtsprechung – danach, ob es sich
um ein anfänglich oder nachträglich eingeräumtes Bezugsrecht handelt. Ob das
Bezugsrecht als widerrufliches oder unwiderrufliches ausgestaltet worden ist,
soll dabei keine Rolle spielen. Bei einem nachträglichen Bezugsrecht bestehe die
anfechtbare Rechtshandlung in der Einräumung des Bezugsrechts, sofern dies innerhalb des Anfechtungszeitraums erfolgt sei1116. Nach Fristablauf unterlägen nur
die innerhalb des Anfechtungszeitraums geleisteten Prämienzahlungen der Anfechtung1117. Bei einem anfänglichen Bezugsrecht seien ausschließlich die im Anfechtungszeitraum geleisteten Prämienzahlungen anfechtbar. Andere stellen stets
auf die Bezugsrechtseinräumung ab1118. Wieder andere halten die Prämienzahlungen für maßgebend1119, wobei Uneinigkeit darüber herrscht, ob die innerhalb des
Anfechtungszeitraums geleisteten Prämien1120 oder sämtliche Beiträge der Anfechtung unterliegen1121.
1115 Palandt-Grüneberg, § 330 Rn. 6; Wussow, NJW 1964, 1259 ff. (1259); BGB-RGRK/Ballhaus, § 330 Rn. 7; Heilmann, KTS 1966, 79, 85; ders. VersR 1972, 997 ff. (1001); Huber,
AnfG, § 4 Rn. 36 ff, Rn. 40; Jaeger/Henckel, KO, § 32 Rn. 36; Hasse, Interessenkonflikte,
1981, S. 120 f., ders. VersR 2005, 15, 22 ff.; MünchKomm/BGB-Gottwald, § 330 Rn. 20;
Soergel/Hadding, § 330 Rn. 16 f.; FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 24 ff.; Stegmann/
Lind, NVersZ 2002, 193, 196 f .; Haegele, RPfl 1969, 156 ff. (159 f.).
1116 Prölss/Martin-Kollhosser VVG, § 13 ALB 86 Rn. 44.
1117 Palandt-Grüneberg, § 330 Rn. 6; MünchKomm/BGB-Gottwald § 330 Rn. 20; Stegmann/
Lind, NVersZ 2002, 193, 197; BK-Schwintowski, VVG, § 166 Rn. 50; Thiel, ZIP 2002,
1232.
1118 Prölss/Martin-Kollhosser VVG, § 13 ALB 86, Rn. 43, 46; Bruck/Möller/Winter, Anm. H
221, 224; Heilmann, VersR 1972, 997; Reinicke/Reinicke NJW 1956, 1053; Thiele,
Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, 39 f.; Elfring, Drittwirkungen der
Lebensversicherung, 2003, S. 152 ff.
1119 Staudinger-Jagmann (2004), § 330 Rn. 52 f.; MünchKomm/BGB-Gottwald, § 330 Rn. 15;
Erman-Westermann, § 330 Rn. 8; v. Gierke, Der Lebensversicherungsvertrag 1936, 81 ff.,
88 f.; Emminghaus, LZ 1909, 454 ff.
1120 Jauemig/Stadler, BGB, § 330 Rn. 6; MünchKomm/BGB-Gottwald, § 330 Rn. 20.
1121 Vgl. Staudinger/Wimmer-Leopold (2005), § 516 Rn. 139 ff., 143; Brox, ErbR, Rn. 769.
234
a) Das Unterlassen des Widerrufs (eines widerruflichen Bezugsrechts)
Fraglich ist, ob auch in dem Unterlassen des Widerrufs eines (widerruflichen) Bezugsrechts ein anfechtbares, weil gläubigerschädigendes Verhalten gesehen werden kann.
Das Unterlassen wurde in § 129 II InsO und § 4 II AnfG positivem Tun gleichgestellt. Dies gilt aber nur dann, wenn das Unterlassen dazu führt, dass den Gläubigern eine vorteilhafte Position entzogen wurde1122 und ihnen der direkte Zugriff
auf den Vermögensgegenstand verwehrt ist1123. Der Begünstigte muss an dem Vermögensgegenstand eine Rechtsposition erworben haben, die bei Hinwegdenken
der anfechtbaren Rechtshandlung in die lnsolvenzmasse gefallen wäre oder im
Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung hätte gepfändet werden können1124. Bei
der Beurteilung der gläubigerschädigenden Wirkung eines unterlassenen Widerrufs ist zwischen dem Zeitraum vor und dem Zeitraum nach Eintritt des Versicherungsfalls zu unterscheiden:
Vor Eintritt des Versicherungsfalls hat der Bezugsberechtigte das Recht auf die
Versicherungsleistung noch nicht endgültig und unentziehbar erworben. Der
Anspruch auf die Versicherungsleistung fällt weiterhin in das Vermögen des
Schuldners / Versicherungsnehmers1125. Bis zum Eintritt des Versicherungsfalls
können die Gläubiger des Versicherungsnehmers im Wege der Pfändung direkten
Zugriff auf den Anspruch auf die Versicherungssumme inklusive des Anspruchs
auf die Überschussbeteiligung und auf die Rückvergütung (§§ 829 ff., 857 II
ZPO) nehmen1126, die bis dahin noch Bestandteil des Schuldnervermögens
sind1127. So können sie sich vor einem endgültigen Anspruchserwerb des Bezugsberechtigten schützen1128. Von der Pfändung der Versicherungsforderung wird
nämlich das Widerrufs-, Umwandlungs- und Kündigungsrecht mit erfasst1129, da
es sich insoweit um unselbständige Gestaltungsrechte handelt, die lediglich der
Realisierung der gepfändeten Forderung dienen1130. Nach erfolgter Überweisung
der Versicherungsforderung kann der Pfändungsgläubiger sodann den Widerruf,
beschränkt auf sein Befriedigungsinteresse, ausüben und dadurch den endgülti-
1122 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 414.
1123 Lind/Stegmann; ZInsO 2004, 415.
1124 Lind/Stegmann, a.a.O.
1125 BGH NJW 1993, 1994 f.; Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 166 Rn. 4; Weyers/Wandt,
Versicherungsvertragsrecht, Rn. 831; Lind/Stegmann, a.a.O.
1126 Bruck/Möller/Winter, Anm. H 209; Hasse, VersR 2005, 15 ff. (17).
1127 Bruck/Möller/Winter, Anm. H 208.
1128 Unterbleibt der Widerruf durch den Vollstreckungsgläubiger oder tritt vor Ausübung des
Widerrufs der Versicherungsfall ein, erwirbt der Dritte trotz mittlerweile erfolgter Pfändung der Versicherungsforderung die Versicherungssumme (Bruck/Möller/Winter, Anm.
H 233, 235; RGZ 127, 270 ff. (271 f.)).
1129 Bruck/Möller/Winter Anm. H 208; BGHZ 45, 162 ff. (168); Hasse, Interessenkonflikte,
1981, 97; ders, VersR 2005, 15 ff. (18); Heilmann, VersR 1972, 997ff (1000).
1130 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 146.
235
gen Rechtserwerb des Bezugsberechtigten verhindern1131. Da ihm die Ausübung
höchstpersönlicher Gestaltungsrechte, die nicht der Einziehung der Versicherungssumme dienen, verwehrt ist1132, kann er zwar das zugunsten eines Dritten
eingeräumte Bezugsrecht widerrufen. Nicht möglich ist indes, dass sich der Vollstreckungsgläubiger zwecks eigener Befriedigung zum Bezugsberechtigten der
Lebensversicherung macht. Durch den Widerruf kann nur bewirkt werden, dass
eine Lebensversicherung ohne Bezugsrecht entsteht und der Versicherungsnehmer wieder Inhaber des Versicherungsanspruchs wird, mit der Folge, dass der
Anspruch mit Eintritt des Versicherungs- bzw. Todesfalls in dessen Nachlass fällt.
Nach erfolgter Pfändung und Überweisung (§ 836 ZPO) können die Vollstrekkungsgläubiger neben dem Widerruf auch von dem gepfändeten kündigungsoder Umwandlungsrecht Gebrauch machen1133, um sich aus dem dann fällig werdenden Anspruch auf den Rückkaufswert bzw. aus der reduzierten Versicherungssumme (bei Umwandlung gemäß § 174 VVG) zu befriedigen.
Die Gläubiger müssen von diesen Gestaltungsrechten indes keinen Gebrauch
machen. Ebenso können sie den Versicherungsvertrag fortführen und auf den Eintritt des Versicherungsfall warten, um dann aus einem für sie werthaltigeren Vermögensgegenstand Befriedigung suchen zu können1134.
In der Insolvenz des Versicherungsnehmers/Schuldners fällt die Versicherungsforderung in die Insolvenzmasse, da der Bezugsberechtigte bis zum Eintritt
des Versicherungsfalls nur eine Aussicht auf den Erwerb der Versicherungssumme erlangt und der Anspruch dementsprechend noch dem Vermögen des
Schuldners zugeordnet ist (§§ 35 f. InsO).
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 I InsO die umfassende
Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, so auch alle dem Versicherungsnehmer /
1131 Wobei bereits umstritten ist, ob es überhaupt eines ausdrücklichen Widerrufs bedarf.
Ablehnend: BGH NJW 1993, 1994 f (Erlöschenstheorie); a.A. Lind/Stegmann, ZInsO
2004, 413 Rn. 5: nur wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Versicherungsvertrags
ablehnt, kann dieser Erfüllungsablehnung eine der Kündigung vergleichbare Wirkung beigemessen werden, mit der Folge, dass ein ausdrücklicher Widerruf entbehrlich ist.
1132 Hasse, VersR 2005, 15ff. (19).
1133 Hasse Interessenkonflikte, 1981, S. 97.
1134 Umstritten ist, ob bei Fortführung des Versicherungsvertrags als Lebensversicherung zu
eigenen Gunsten nach erfolgtem Widerruf eines zugunsten eines Dritten eingeräumten
Bezugsrechts eine Einwilligung der Gefahrsperson nach § 159 II VVG analog erforderlich
ist. Dagegen spricht, dass trotz erfolgter Pfändung des Versicherungsanspruchs zwischen
Versicherungsnehmer, versicherter Person und Begünstigtem Personenidentität besteht.
Zu beachten ist aber, dass mit der Überweisung des gepfändeten Versicherungsanspruchs
– zumindest bei Überweisung an Zahlungs Statt – der Vollstreckungsgläubiger Gläubiger
des Versicherungsanspruchs wird. Er erlangt damit ein unmittelbar eigenes Interesse am
Tod der Gefahrsperson, d.h. dem Schuldner. Diese Situation entspricht der des § 159 11
VVG, weil dann keine Personenidentität im obigen Sinne mehr besteht. § 170 II VVG vermag in diesem Fall nicht zu helfen, weil der Vollstreckungsgläubiger in diesem Fall nicht
nur Bezugsberechtigter, sondern Rechtsinhaber ist, vgl. hierzu Hasse, VersR 2005, 15 ff.
(18).
236
Schuldner in Bezug auf den Versicherungsvertrag zustehenden Gestaltungsrechte
auf den Insolvenzverwalter über.
Handelt es sich im Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung um eine prämienfreie
Lebensversicherung1135, kann der Insolvenzverwalter durch den Widerruf des
Bezugsrechts bewirken, dass (wieder) eine Lebensversicherung zu eigenen Gunsten entsteht und die Versicherungsforderung bei Eintritt des Versicherungsfalls
in die Insolvenzmasse fällt. Zudem kann er den Versicherungsvertrag kündigen,
so das Fälligwerden des Anspruchs auf den Rückkaufswert bewirken und diesen
sodann zur Masse ziehen1136. Die Kündigung des Versicherungsvertrags stellt
dabei zugleich einen Widerruf des Bezugsrechts dar1137.
Obliegt dem Schuldner/Versicherungsnehmer in diesem Zeitpunkt jedoch noch
eine Prämienzahlungspflicht, so gehen aufgrund der Erlöschenstheorie des
BGH1138 ipso iure mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens alle Hauptleistungspflichten unter. Der Vertrag wandelt sich in ein Rückabwicklungsverhältnis um.
Macht der Insolvenzverwalter dann von seinem Wahlrecht (§ 103 InsO)
Gebrauch und entscheidet sich für die Nichterfüllung, so wird der mit der
Umwandlung des Vertrags- in ein Abwicklungsverhältnis fällig gewordene
Anspruch auf den Rückkaufswert, der insoweit dem Schuldner / Versicherungsnehmer zusteht1139, zur Insolvenzmasse gezogen1140. Eines ausdrücklichen Widerrufs bzw. einer ausdrücklichen Kündigung durch den Insolvenzverwalter bedarf
es in diesem Fall nicht1141.
Dies ist jedoch erst dann sinnvoll, wenn sich bereits ein Rückkaufswert gebildet hat. Sobald ein Rückkaufswert gebildet wurde, ist der Versicherer gemäß
§ 169 WG zur Auszahlung des aufgrund der Rückabwicklung des Versicherungsvertrags fällig gewordenen Rückkaufswerts verpflichtet.
1135 Um eine prämienfreie Lebensversicherung handelt es sich, wenn entweder vollständige
Erfüllung auf Seiten des Versicherungsnehmers eingetreten ist, wenn es zum Eintritt des
Versicherungsfalls gekommen ist oder wenn der Versicherungsvertrag in eine Lebensversicherung gegen Einmalprämie umgewandelt und diese erbracht worden ist.
1136 Stegmann/Lind, NVersZ 2002, 193 ff. (196).
1137 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn. 26.
1138 BGHZ 89, 189; 103, 250 ff. (252); 106, 236 f. (241); 116, 156 ff.; 135, 25 ff.; BGH ZIP
1997, 1072 ff. (1075); BGH NJW 1993, 1994 f.
1139 Dies ist indes nur dann möglich, wenn es sich um eine Lebensversicherung mit widerruflichem Bezugsrecht handelt, da bei Vorliegen eines unwiderruflichen Bezugsrechts der
Rückkaufswert dem Bezugsberechtigten zusteht (BGH ZIP 1993, 600 ff.). Wegen der
damit verbundenen Nachteile steht dem widerruflich Bezugsberechtigten ein Eintrittsrecht
gemäß § 177 VVG zu (vgl. Bohn, in: FS Schiedermeier, 1967, S. 47).
1140 Pape, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 16 S. 543 f.
1141 BGH ZIP 1993, 600 ff. (602); BGH NJW 1993, 1994 f.; OLG Hamm NJW-RR 1996, 1311;
OLG Düsseldorf VersR 1998, 1559; Mühler-Feldhammer, NZI 2001, 343 ff. (348); Prölss/
Martin-Kollhosser VVG, § 13 ALB 86 Rn. 11; Staudinger-Jagmann (2004), § 330 Rn. 29;
a.A.: das Wahlrecht des Insolvenzverwalters hat rechtsgestaltende Wirkung; erst wenn der
Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt, wandelt sich der Vertrag in ein Abwicklungsverhältnis um; so Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 20.23.
237
Wählt der Insolvenzverwalter jedoch Erfüllung des Versicherungsvertrags1142,
hat dies zur Folge, dass dadurch alle Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsvertrag mit dem Inhalt neu begründet werden, den sie vor Verfahrenseröffnung
hatten1143. D.h. bestand zuvor ein Bezugsrecht zugunsten eines Dritten, wird dies
auch Inhalt des neu begründeten Versicherungsvertrags mit der Konsequenz, dass
es dann eines ausdrücklichen Widerrufs und einer ausdrücklichen Kündigung
durch den Insolvenzverwalter bedarf1144.
Vor Eintritt des Versicherungsfalls werden die Gläubiger des Versicherungsnehmers durch das Unterlassen des Widerrufs daher noch nicht benachteiligt, da
diese in diesem Stadium noch direkten Zugriff auf die Versicherungsforderung
nehmen können.
Auch die bis zum Eintritt des Versicherungsfalls erbrachten Prämien wirken
sich nicht gläubigerschädigend aus, da jeder Prämie die damit erkaufte Werterhöhung als Gegenleistung gegenübersteht, die bis zum Eintritt des Versicherungsfalls weiterhin in das Vermögen des Versicherungsnehmers fließt. Dem Vermögensabfluss steht also ein entsprechender Vermögenszufluss gegenüber.
Anders ist die Situation zu beurteilen, wenn der Versicherungsfall eingetreten
ist und der Bezugsberechtigte ein ihm durch Widerruf nicht mehr entziehbares
Recht auf die Versicherungsleistung originär und am Nachlass vorbei erworben
hat. Ab diesem Zeitpunkt wirkt sich das Unterlassen des rechtzeitigen Widerrufs
gläubigerschädigend aus, da der Versicherungsanspruch nicht mehr Bestandteil
der Haftungs- bzw. lnsolvenzmasse ist. Fraglich ist jedoch, ob tatsächlich auf dieses Verhalten oder nicht vielmehr auf die Bezugsrechtseinräumung abgestellt
werden muss, die diesem Verhalten vorgelagert ist.
Teilweise wird vertreten, den Versicherungsnehmer/Schuldner treffe die
Rechtspflicht, ein zugunsten eines Dritten eingeräumtes Bezugsrecht zu widerrufen, wenn dies im Hinblick auf die Schuldentilgung erforderlich sei1145. Deshalb
sei das Unterlassen des Widerrufs die anfechtbare Rechtshandlung1146.
Dafür könnte sprechen, dass es sich bei dem Rechtserwerb aufgrund eines
widerruflichen Bezugsrechts um einen gestreckten Erwerbsvorgang handelt, da
die Bezugsrechtseinräumung und der endgültige Rechtserwerb in der Regel zeitlich weit auseinander liegen. In solchen Fällen ist grundsätzlich immer auf die
1142 Dies wird der Insolvenzverwalter im Regelfall nur tun, wenn zu erwarten ist, dass der Versicherungsfall in naher Zukunft eintritt, weil mit der Fortführung des Vertrags zugleich
die Prämienzahlungspflicht fortbesteht. Entstehen die Prämienansprüche erst nach Verfahrenseröffnung gehören sie zu den Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO) und belasten
insoweit die Insolvenzmasse. Die Auflösung des Versicherungsvertrags bietet sich erst
dann an, wenn die Lebensversicherung bereits einen Rückkaufswert gebildet hat. Eine
Fortsetzung ist nur zu empfehlen, wenn die Prämien für das laufende Versicherungsjahr
bereits bezahlt worden sind (vgl. Haegele, RPfl 1969, 158 f.).
1143 Stegmann/Lind, NVersZ 2002, 193 ff. (194).
1144 Thiel, ZIP 2002, 1232 ff. (1233).
1145 Kohler-Gehrig, Der Versicherungsvertrag im Konkurs des Versicherungsnehmers, 1983,
S. 142.
1146 Kohler-Gehrig, a.a.O.
238
Rechtshandlung abzustellen, die zu der endgültigen Vermögensminderung beim
Schuldner geführt hat1147. Das ist eigentlich das Unterlassen des Widerrufs.
Dagegen spricht aber, dass es sich bei der Bezeichnung des Bezugsberechtigten und bei dessen endgültigen Rechtserwerb um einen »einheitlichen Benachteiligungsvorgang«1148 handelt. Wenn dieser von dem einheitlichen Willen des Versicherungsnehmers/Schuldners getragen ist und mit Eintritt des Versicherungsfalls zu einer Gläubigerbenachteiligung führt, hat der Wille des Schuldners fortgewirkt, dem Dritten auf Kosten der Gläubiger etwas zuwenden zu wollen. Mit
der Entscheidung, den Widerruf des Bezugsrechts zu unterlassen, macht der Versicherungsnehmer lediglich deutlich, dass er bei seinem ursprünglich gefassten
Entschluss bleibt. Darin ist jedoch in keinem Fall eine Entscheidung zu sehen, mit
der sich der Versicherungsnehmer/Schuldner erneut für eine gläubigerbenachteiligende Rechtshandlung entschieden hat.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass der Erwerb der Versicherungsforderung
durch den Dritten nicht nur das Unterlassen des Widerrufs, sondern in erster Linie
die Bezugsrechtseinräumung zu seinen Gunsten sowie den Eintritt des Versicherungsfalls erfordert. Die gläubigerschädigende Wirkung des Unterlassens des
Widerrufs setzt zwingend die zuvor erfolgte Abgabe einer entsprechenden
Bezugsrechtserklärung voraus. Diese Bezugsrechtseinräumung führt zwar noch
nicht sofort und unmittelbar zu einer die Gläubiger des Versicherungsnehmers
schädigenden Vermögensminderung, weil sie jederzeit widerrufen werden kann.
Entscheidend ist aber auch nicht, dass die anfechtbare Rechtshandlung bereits zu
einer Gläubigerbenachteiligung geführt hat. Es reicht aus, dass die Rechtsfolge
der anfechtbaren Rechtshandlung für eine später eintretende Gläubigerbenachteiligung ursächlich ist1149. Dies ist bei der Bezugsrechtseinräumung der Fall, weil
ein Erwerb des Dritten ohne die Abgabe dieser Erklärung ausgeschlossen wäre.
Die Bezugsrechtseinräumung führt zudem bereits zu einer konkreten Vermögensgefährdung, weil der Eintritt des Versicherungsfalls jederzeit eintreten kann,
und der Rechtserwerb durch den Dritten nur noch durch den actus contrarius1150
des Widerrufs verhindert werden kann. Der Zugriffswert für die Gläubiger verschlechtert sich im Vergleich zu dem bloßen Verzicht auf eine Erwerbschance
daher spürbar1151. Ohne die Einräumung des Bezugsrechts ist der Rechtserwerb
auf Seiten des Dritten, auch wenn sich dieser erst mit Eintritt des Versicherungsfalls realisiert, nicht denkbar. Aufgrund dieser denknotwendigen Abhängigkeit
besteht die anfechtbare Rechtshandlung nicht in dem Unterlassen des Widerrufs1152.
1147 Thiel, ZIP 2002, 1232 ff. (1234).
1148 Kohler-Gehrig, S. 139.
1149 Vgl. Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 413 ff. (417).
1150 Thiel, ZIP 2002, 1232 ff. (1235).
1151 Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 63.
1152 ebenso Haegele, RPfl 1969, 156 ff. (160), vgl. auch Thiel, ZIP 2002, 1232 ff. (1234),
Huber, AnfG, § 4 Rn. 40; Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, § 13 Rn. 45; Staudinger / Jagmann (2004), BGB, § 330 Rn. 48.
239
b) Die Zahlung der Prämien als (primär) anfechtbare Rechtshandlung
Es ist zu untersuchen, ob die anfechtbare Rechtshandlung primär auch in den innerhalb der Anfechtungsfristen erbrachten Prämienzahlungen gesehen werden
kann.
Dem steht zunächst nicht entgegen, dass die Prämien im Deckungsverhältnis
keine unentgeltliche Leistung darstellen, weil ihnen dort ein entsprechender
Gegenwert in Form der Wertsteigerung des Versicherungsanspruchs gegenübersteht1153, da dies allein das Deckungsverhältnis und nicht das insoweit maßgebliche Valutaverhältnis betrifft. Soweit und solange der Bezugsberechtigte dem Versicherungsnehmer für die Drittbegünstigung keine Gegenleistung schuldet, ist die
Zuwendung insoweit unentgeltlich1154. In diesem Zusammenhang ist zu beachten,
dass Gegenstand der Anfechtung nicht die Rechtshandlung selbst ist, sondern nur
die damit verbundene gläubigerbenachteiligende Wirkung1155. Nur diese und
nicht die Vornahme einer Handlung kann rückgängig gemacht werden.
Aus diesem Grund stellt § 140 InsO auch nicht auf die Vornahme der Rechtshandlung, sondern auf den Eintritt der rechtlichen Wirkungen ab1156. Entscheidend ist daher eine Betrachtung, die sich an der Wirkung der Rechtshandlung orientiert.
Die Zahlung der Prämien führt dazu, dass sich das Vermögen des Schuldners
um die Gesamtsumme der geleisteten Prämien vermindert. Die Bezugsrechtseinräumung führt dazu, dass der benannte Dritte den Anspruch auf die Versicherungssumme mit Eintritt des Versicherungsfalls bzw. (bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht) bereits mit Wirksamwerden der Bezugsrechtseinräumung
nachlassgetrennt erwirbt.
In jedem dieser Fälle liegt eine Gläubigerbenachteiligung vor, da der Haftungsmasse jedes Mal auf Kosten der Gläubiger des Versicherungsnehmers ein Vermögenswert entzogen wird. Zu beachten ist jedoch, dass die Gläubiger nicht vor
jedem rechtsgeschäftlichen Verhalten ihres Schuldners geschützt werden, das zu
einem Vermögensverlust führt. In Anbetracht des enormen Stellenwerts der
Lebensversicherung als dritter Säule im Rahmen der Altersvorsorge ist auf Gläubigerseite durchaus damit zu rechnen, dass der Schuldner zum Zweck der eigenen
Altersvorsorge eine Lebensversicherung abschließt. Die Zahlung der Prämien
wirkt auch hier vermögensmindernd, wäre mangels Gläubigerbenachteiligung
aber nicht anfechtbar, weil die Gläubiger in diesem Fall direkten Zugriff auf den
Versicherungsanspruch nehmen könnten1157.
1153 a.A. Müller-Feldhammer, NZI 2001, 343 ff. (344); Elfring, Drittwirkungen von Lebensversicherungen, 2003, S. 148; Westhelle/Micksch, ZIP 2003, 2054 ff (2059); Thiele,
Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 114.
1154 Thiele, S. 104.
1155 BGH ZIP 1999, 406; Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn.98 S.855.
1156 Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 98 S.855.
1157 Und damit zugleich auch auf die mit den Prämien erkaufte Werterhöhung in Bezug auf
den Versicherungsanspruch.
240
Der Vorwurf, der dem Schuldner gemacht wird, liegt also nicht darin begründet, dass ein Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen wurde, kraft dessen
unter anderem eine Pflicht zur Erbringung der Beiträge begründet wurde, sondern
vielmehr darin, dass dies zugunsten eines Dritten geschehen ist. Die Gläubiger
werden demnach nicht durch die Prämienzahlungen beeinträchtigt, sondern
dadurch, dass die ihnen haftende Vermögensmasse durch die Drittbegünstigung
um den Versicherungsanspruch vermindert wird.
Kauft der Schenker ein Grundstück und vereinbart mit dem Verkäufer, dass
dieses zugunsten eines Dritten aufgelassen werden soll, so würde man auch nicht
auf die Idee kommen, dass Gegenstand der Zuwendung der Kaufpreis sei1158.
Dies gilt erst recht bei Vorliegen eines widerruflichen Bezugsrechts. Bis zum
Eintritt des Versicherungsfalls stand den Prämien stets ein Gegenwert gegenüber,
der in das Vermögen des Schuldners/Versicherungsnehmers gelangt ist und auf
den die Gläubiger auch direkten Zugriff hätten nehmen können. Durch die Prämien wurde nämlich der Anspruch auf die Versicherungsleistung begründet und
sein Wert ständig erhöht. Allein der Eintritt des Versicherungsfalls macht aus den
Prämienzahlungen keine die Gläubiger beeinträchtigende Rechtshandlung. Vielmehr bewirkt die zugunsten eines Dritten erfolgte Bezugsrechtseinräumung und
der Eintritt des Versicherungsfalls, dass die Versicherungsforderung dem Schuldnervermögen entzogen wird1159. Auch bei Vorliegen einer Lebensversicherung zu
eigenen Gunsten hätten die Gläubiger des Versicherungsnehmers nicht auf die
Prämien, wohl aber auf den Versicherungsanspruch zugreifen können. Dieses
Ergebnis deckt sich zudem mit dem vom Zuwendenden verfolgten Ziel. Der Versicherungsnehmer räumt dem Dritten das Bezugsrecht ein, damit dieser im Todesfall die Versicherungssumme erwirbt. Sein Ziel ist es nicht, diesem die Prämienzahlungen zuzuwenden. Deren Erbringung ist lediglich unabdingbare Voraussetzung dafür, die Zuwendung im Valutaverhältnis zu bewirken1160.
Fraglich ist, ob dem auch dann gefolgt werden kann, wenn dem Dritten
zugleich mit Vertragsschluss ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt worden ist.
Hier liegt die Annahme nicht fern, dass die Versorgung des Dritten das einzige
Motiv des Versicherungsnehmers für den Abschluss der Lebensversicherung darstellt und deshalb Drittbegünstigung und Vertragsabschluss voneinander abhängen. Es fragt sich daher, ob die gläubigerschädigende Wirkung in diesem Fall
nicht vielmehr im Entzug der Gesamtsumme der erbrachten Prämien zu sehen ist,
weil bei Hinwegdenken des Abschlusses des Versicherungsvertrags nur dieser
Betrag noch Bestandteil der Haftungsmasse wäre.
Dagegen spricht jedoch die in diesem Zusammenhang gebotene und an der
Wirkung der Rechtshandlung ausgerichtete Betrachtungsweise. Der Vorwurf, der
dem Schuldner gemacht wird, besteht nicht darin, dass sich dieser für den
1158 Vgl. Bsp. bei: Hellwig, Die Verträge auf Leistungen an Dritte, 1899, 5.339; Bayer, Der
Vertrag zugunsten Dritter, 195, S. 308.
1159 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 105.
1160 Gebel, ZEV 2005, 238 ff (239).
241
Abschluss einer Lebensversicherung entschieden hat, sondern darin, dass er dies
zugunsten eines Dritten getan hat. An der Tatsache, dass sich der Schuldner für
den Abschluss des Versicherungsvertrags entschlossen hat, ist nicht zu deuten.
Die Annahme, der Versicherungsnehmer habe ohne die Drittbegünstigung auch
von dem Vertragsabschluss Abstand genommen, liefe auf eine reine Fiktion hinaus. Daher ist auch in diesem Fall nicht auf die Prämienzahlungen als primär
anfechtbare Rechtshandlung abzustellen.
c) Die Bezugsrechtseinräumung als anfechtbare Rechtshandlung
Es bleibt zu untersuchen, ob die Einräumung eines widerruflichen oder unwiderruflichen Bezugsrechts die Voraussetzungen einer anfechtbaren Rechtshandlung
erfüllt.
Bei der Benennung eines Bezugsberechtigten handelt es sich um eine den
Inhalt des Versicherungsanspruchs ändernde Verfügung1161, weil damit die
Anspruchsrichtung vom Versicherungsnehmer weg und zum Begünstigten hin
gelenkt wird. Auch Verfügungen fallen unter die anfechtbare Rechtshandlung im
Sinne des § 129 InsO, § 1 AnfG.
Die anfechtbare Rechtshandlung bei Einräumung eines widerruflichen
Bezugsrechts (für eine reine Todesfalllebensversicherung oder für eine gemischte
Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht) besteht nicht in dem Unterlassen
des Widerrufs, sondern in der Bezugsrechtseinräumung, auch wenn sich deren
gläubigerschädigende Wirkung erst mit Eintritt des Versicherungsfalls realisiert.
Fraglich ist jedoch, ob dies auch für das anfängliche und widerrufliche Bezugsrecht gilt. Lange Zeit hatte die Rechtsprechung1162 angenommen, die anfängliche
(sowohl widerrufliche, als auch unwiderrufliche) Bezugsrechtseinräumung sei
mangels Gläubigerbenachteiligung nicht anfechtbar1163, weil der Versicherungsnehmer dadurch lediglich verhindere, dass sein Vermögen um den Anspruch auf
die Versicherungssumme vermehrt werde1164. Ob dem insoweit gefolgt werden
kann, ist fraglich.
Die Anfechtbarkeit der anfänglichen Bezugsrechtseinräumung wäre in der Tat
dann ausgeschlossen, wenn es sich insoweit um einen unterlassenen »Erwerb in
das Schuldnervermögen«, und nicht um einen »Erwerb aus dem Schuldnervermögen«1165 handeln würde.
1161 BGHZ 91, 288 ff.; Staudinger-Jagmann (2004), § 330 Rn. 12; Thiel, ZIP 2002, 1232 ff.
(1233).
1162 RGZ 51, 403 ff. (405); 61, 217 ff. (219); 62, 46 ff. (48); 66, 158 ff.; 153, 220 ff. (227);
OLG München, ZIP 1991, 1505.
1163 abgelehnt von Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 124; Thiele, Lebensversicherung und
Nachlassgläubiger,1981, S. 42 f.
1164 So auch aus der Lit. u.a.: Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 129 Rn. 58; Hasse,
Lebensversicherung und erbrechtlicher Ausgleichsanspruch, 2005, S. 29.
1165 Huber AnfG, § 1 Rn. 32.
242
Grundsätzlich ist das Unterlassen oder die Ablehnung eines möglichen
Erwerbs nicht anfechtbar, da dies nicht zur Verkürzung des Schuldnervermögens
führt1166.
Die Entscheidung, bei Vertragsschluss ein Bezugsrecht zu Gunsten eines Dritten einzuräumen, kann indes nicht mit der Entscheidung gleichgesetzt werden,
eine vertragliche Verpflichtung nicht eingehen zu wollen. Zwischen der bloßen
Angebotsablehnung in Bezug auf einen möglichen, zukünftigen Rechtserwerb
und der positiven Entscheidung für den Rechtserwerb eines Dritten um den Preis
des Verzichts auf einen eigenen Rechtserwerb1167 besteht ein erheblicher Unterschied. Bei der Entscheidung, eine Vertragsverpflichtung nicht eingehen zu wollen, verhindert der Versicherungsnehmer das Entstehen eines Forderungsrechts,
während er bei der Einräumung einer anfänglichen Bezugsrechtseinräumung
lediglich darauf verzichtet, selbst Forderungsinhaber und Begünstigter der Versicherungsleistung zu werden.
Besonders deutlich wird dies daran, dass der Versicherungsnehmer bei Wegfall
des Bezugsrechts wieder Berechtigter und Begünstigter der Versicherungsforderung wird (§ 160 III VVG)1168. Aus § 160 III VVG lässt sich daher ableiten, dass
in jedem Versicherungsvertrag als »ein Weniger« stets ein Vertrag zu eigenen
Gunsten enthalten ist1169. Bei dem Verzicht, überhaupt eine Vertragsverpflichtung
einzugehen, wird hingegen mangels Anspruchsbegründung niemand Forderungsinhaber. Anders als bei der bloßen Ablehnung eigenen Erwerbs, bei dem die Gläubiger mangels Minderung des Schuldnervermögens nicht beeinträchtigt werden,
wird die Haftungsmasse bei der anfänglichen Bezugsrechtseinräumung konkret
geschmälert. Es ist daher keine Differenzierung zwischen einer anfänglichen und
einer nachträglichen Bezugsrechtseinräumung vorzunehmen.
Wird indes schon bei Vorliegen eines anfänglichen und nachträglichen widerruflichen Bezugsrechts auf die Bezugsrechtseinräumung als die anfechtbare
Rechtshandlung abgestellt, so gilt dies erst recht bei der Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts für eine reine Todesfalllebensversicherung, da der Versicherungsnehmer in diesem Fall aufgrund des sofort mit dem Wirksamwerden
der Bezugsrechtseinräumung erfolgenden Rechtserwerbs des Bezugsberechtigten
den Anspruch auf die Versicherungssumme verliert. Danach verbleibt dem Versicherungsnehmer allein das »wirtschaftlich wertlose«1170 Recht aus § 335 BGB,
das ihn lediglich dazu berechtigt, Leistung an den Dritten zu fordern.
Wird über das Vermögen des Versicherungsnehmers das lnsolvenzverfahren
eröffnet, fällt die Versicherungsforderung wegen des sofortigen Rechtserwerbs
1166 Kreft, in: HK-InsO § 129 Rn. 21.
1167 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 124.
1168 Bei widerruflichem Bezugsrecht: vor Eintritt des Versicherungsfalls durch Widerruf des
Bezugsrechts, danach durch Zurückweisung nach § 333 BGB oder gemäß § 170 II VVG.
Bei unwiderruflichem Bezugsrecht: gemäß § 170 II VVG oder bei Zurückweisung § 333
BGB.
1169 Vgl. Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, S. 55.
1170 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S .20.
243
des unwiderruflich Bezugsberechtigten nicht in die Insolvenzmasse, eine Pfändung in die Versicherungsforderung von Seiten der Gläubiger des Versicherungsnehmers geht ins Leere. Zwar gehen mit der Eröffnung des lnsolvenzverfahrens
die dem Versicherungsnehmer verbliebenen Gestaltungsrechte, so auch das Kündigungs- und Umwandlungsrecht, auf den lnsolvenzverwalter über. Selbst durch
die Ausübung dieser Gestaltungsrechte bzw. im Fall der mit Verfahrenseröffnung
einhergehenden Umwandlung in ein Abwicklungsverhältnis1171 kann dem
Bezugsberechtigten der Versicherungsanspruch nicht wieder entzogen werden,
da diesem auch der dann – im Rahmen der gemischten Kapitallebensversicherung
– fällig werdende Rückkaufswert zusteht. Bei der reinen Risikoversicherung entsteht ein Rückkaufswert schließlich erst gar nicht, da bei deren Beendigung
(durch Ablauf der Versicherungsdauer oder durch Kündigung) ein ausgleichungsoder anrechnungsfähiger Betrag nicht anfällt.
Nur wenn der Begünstigte sein Bezugsrecht entweder gemäß § 162 II VVG
oder durch Zurückweisung gemäß § 333 BGB wieder verliert1172, fällt der
Anspruch auf die Versicherungsleistung in die lnsolvenzmasse bzw. steht der Verwertung im Zwangswege wieder zur Verfügung, weil der Versicherungsnehmer
dann wieder Begünstigter der Versicherungsleistung wird (§ 160 IIII VVG).
Aus diesem Grund besteht die anfechtbare Rechtshandlung auch bei einem
anfänglichen und unwiderruflichen Bezugsrecht (für eine reine Todesfalllebensversicherung) in der Bezugsrechtseinräumung.
Fraglich ist, ob dies bei Vorliegen eines unwiderruflichen Bezugsrechts für
eine gemischte Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht ebenso zu beurteilen ist.
Zwar erwirbt der Dritte auch hier sofort mit der Bezugsrechtseinräumung –
wenn auch auflösend bedingt – den Anspruch auf die Versicherungsleistung.
Anders als bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung besteht aber nicht nur Unsicherheit darüber, in welcher Höhe
der Versicherungsanspruch fällig wird1173, sondern auch darüber, ob der Begünstigte überhaupt Anspruchsinhaber bleibt oder ob der Anspruch zuvor wegen Eintritt des Erlebensfalls dem Versicherungsnehmer zufällt. Im Erlebensfall wäre die
Anfechtung mangels Gläubigerbeeinträchtigung ausgeschlossen, weil die Gläubiger des Versicherungsnehmers in diesem Fall ohne weiteres Zugriff auf den
1171 BGHZ 103, 250 ff. (252); 106, 236 ff. (241); 116, 156 ff.; BGH NJW 1993, 1994 f.: mit
der Verfahrenseröffnung erlöschen – sofern der Vertrag von beiden Vertragsparteien nicht
oder noch nicht vollständig erfüllt worden und es auch noch nicht zum Eintritt des Versicherungsfalls gekommen ist – zunächst alle Hauptpflichten aus dem Versicherungsvertrag
(Erlöschenstheorie) und das Vertragsverhältnis wandelt sich in ein Abwicklungsverhältnis
um.
1172 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 137.
1173 Der Versicherungsnehmer kann trotz Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts
durch Ausübung des ihm weiterhin zustehenden Kündigungs- oder Umwandlungsrechts
bewirken, dass dem Begünstigten nur der Anspruch auf den Rückkaufswert zufällt.
244
Versicherungsanspruch nehmen können1174. Nur im Todesfall entfaltet die
Bezugsrechtseinräumung ihre gläubigerschädigende Wirkung.
Kann dennoch auf die Bezugsrechtserklärung als die anfechtbare Rechtshandlung abgestellt werden?1175
Dafür spricht, dass die Gläubiger des Versicherungsnehmers wegen des sofortigen, auflösend bedingten Anspruchserwerbs auch schon durch die Bezugsrechtserklärung einen Nachteil erleiden, da sie den aufschiebend bedingten
Anspruch des Versicherungsnehmers/Schuldners zwar pfänden, aber erst mit Eintritt des Erlebensfalls einziehen können. Bis zum Eintritt des Erlebensfalls stellt
dieser aufschiebend bedingte Anspruch einen wertlosen Vermögensgegenstand
dar. Der dem Bezugsberechtigten zustehende, auflösend bedingte Versicherungsanspruch fällt nicht in die Insolvenzmasse des Versicherungsnehmers/Schuldners.
Die Pfändung des Kündigungsrechts ist nicht zulässig, da es sich insoweit um
ein unselbständiges Recht handelt, das untrennbar mit dem auflösend bedingten
Anspruch auf den Rückkaufswert, der dem Bezugsberechtigten zusteht, zusammenhängt1176.
Der Insolvenzverwalter kann im Fall der Insolvenz des Versicherungsnehmers
den Versicherungsvertrag zwar kündigen bzw. die weitere Erfüllung des Versicherungsvertrags verweigern. Dadurch kann er jedoch nur bewirken, dass der
dem Dritten (auflösend bedingt) zustehende Anspruch auf den Rückkaufswert
fällig und damit der Anfechtung zugänglich gemacht wird1177.
Die Tatsache, dass trotz der Unwiderruflichkeit des Bezugsrechts das Zurückfallen des Versicherungsanspruchs in das Schuldnervermögen nicht gänzlich ausgeschlossen ist1178 ändert nichts daran, dass dieser Vermögenswert den Gläubigern bis zum Eintritt dieses Zeitpunkts bereits konkret entzogen ist. Bereits durch
die Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts werden sie in zeitlicher Hinsicht benachteiligt, da sie insoweit auf ihre Befriedigung bis zum unsicheren Eintritt des Erlebensfalls warten müssen. Auch bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht für eine gemischte Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht stellt
daher die Bezugsrechtseinräumung die anfechtbare Rechtshandlung dar.
1174 Hasse, Interessenkonflikte, 1981, S. 187.
1175 Bruck/Möller/Winter, Anm. H 256; Hasse, a.a.O.; vgl. Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 419;
Stegmann/Lind, NVersZ 2002, 196.
1176 Bruck/Möller/Winter, VVG, Anm. H 243.
1177 FK-Dauernheim, InsO, § 134 Rn.27.
1178 Dieser Fall kann bei Zurückweisung gemäß § 333 BGB i.V.m. § 170 II VVG, im Fall der
§ 170 II, 168 VVG und bei Eintritt des Erlebensfalls eintreten.
245
d) Die innerhalb des Anfechtungszeitraums erfolgten Prämienzahlungen als
(sekundäre) anfechtbare Rechtshandlung
Es ist zu untersuchen, ob sekundär auf die innerhalb des kritischen Zeitraums erbrachten Prämien abgestellt werden kann1179. Diese Frage könnte sich dann stellen, wenn die Anfechtung der primär anfechtbaren Rechtshandlung wegen Ablaufs der Anfechtungsfrist ausgeschlossen ist.
aa) Die Anfechtungsfrist (§§ 134 InsO, 4 AnfG)
Die anfechtbare Rechtshandlung darf nicht früher als vier Jahre vor dem Antrag
auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. vor der Anfechtung1180 vorgenommen worden sein (§§ 134 I InsO, § 4 I AnfG), wobei eine Rechtshandlung als in
dem Zeitpunkt vorgenommen gilt, in dem ihre rechtlichen Wirkungen eintreten
(§§ 140 I InsO, § 8 I AnfG).
Es ist zu prüfen, wann die rechtlichen Wirkungen eintreten, wenn die anfechtbare Rechtshandlung in der Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts (für
eine reine Todesfalllebensversicherung oder für eine gemischte Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht) besteht.
Während einige bereits auf den Zeitpunkt der Drittbegünstigung, d.h. die
Benennung des Bezugsberechtigten, abstellen1181, wird überwiegend der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls für maßgeblich gehalten1182.
Für einen möglichst frühen Fristbeginn könnte sprechen, dass die Gläubiger
durch einen späteren Fristbeginn in ungerechtfertigter Weise begünstigt werden
würden. Die Gläubiger, die es unterlassen haben, trotz Drittbegünstigung den
Versicherungsanspruch rechtzeitig, d.h. noch zu Lebzeiten des Schuldners, zu
pfänden, könnten insoweit nicht schutzwürdig sein. Als Konsequenz müsste
ihnen die Möglichkeit, sich den Vermögenswert doch noch im Wege der Anfechtung zu »beschaffen«, verwehrt werden1183.
1179 ablehnend: Hörstmann, Der echte Vertrag zugunsten Dritter als Rechtsgeschäft zur Übertragung einer Forderung, 1983, S. 182; Elfring, Drittwirkungen von Lebensversicherungen, 2003, S. 163: »Der Fristablauf kann nicht zur Auswechslung des Zuwendungsgegenstands führen.«; Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 114.
1180 Die Anfechtung erfolgt gemäß § 9 AnfG durch Erheben der Einrede bzw. der Klage oder
Widerklage gemäß § 13 AnfG i.V.m, §§ 253 I, 261 ZPO. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 167 ZPO ist nicht die Zustellung der Klage beim Anfechtungsgegner, sondern
bereits die Anhängigkeit ausreichend, d.h. der Zeitpunkt, in dem der Schriftsatz der Klage
beim Gericht eingegangen ist.
1181 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 112; vgl. Thiel, ZIP 2002,
1232 ff. (1235) m.w.N; vgl. Elfring, Drittwirkungen von Lebensversicherungen, 2003,
S. 157 Fn.466 m.w.N.
1182 Thiele, a.a.O.; BGHZ 156, 350 ff = NJW 2004, 214 ff. = ZIP 2003, 2307 ff. = VersR 2004,
93 ff.
1183 Thiel, ZIP 2002, 1232 ff. (1234).
246
Fraglich ist, ob dies mit Sinn und Zweck der Anfechtungsfristen vereinbar ist.
Das Gesetz stellt auf den Zeitpunkt ab, in dem die rechtlichen Wirkungen der
anfechtbaren Rechtshandlung eintreten, weil der unter dem Vorbehalt der
Anfechtung erfolgte Erwerb erst dann unter Schutz gestellt werden soll, wenn er
für eine gewisse Dauer Bestand gewonnen und sich gezeigt hat, ob der Rechtserwerb für die Gläubiger des Zuwendenden tatsächlich schädigend ist1184. Die gläubigerschädigende Wirkung einer Rechtshandlung kann aber erst dann abschlie-
ßend beurteilt werden, wenn das Vermögen des Zuwendenden tatsächlich vermindert wurde und die Gläubiger des Versicherungsnehmers deshalb mit ihren Forderungen ausgefallen sind1185. Ansonsten könnte man nicht beurteilen, ob die Vermögenskürzung beim Schuldner unvermeidlich ist und dessen Gläubiger tatsächlich und endgültig keinen Zugriff mehr auf den Vermögensgegenstand nehmen
können1186.
Die Frist beginnt daher in dem Zeitpunkt, in dem die Vermögensminderung tatsächlich eingetreten ist.
Hierbei ist besonders zu berücksichtigen, dass es sich bei der Zuwendung eines
Versicherungsanspruchs um einen mehrgliedrigen und aus mehreren Teilakten
zusammengesetzten Benachteiligungsvorgang handelt, der – was die widerrufliche Bezugsrechtseinräumung angeht – zunächst gläubigerneutral ist, seine gläubigerschädigende Wirkung dann aber mit Eintritt des Versicherungsfalls entfaltet.
Bei mehrgliedrigen Benachteiligungsvorgängen kommt es grundsätzlich auf den
Abschluss des Gesamtvorgangs bzw. auf den das Rechtsgeschäft vollendenden
Akt an1187. Das ist der Zeitpunkt, in dem der Vermögensgegenstand tatsächlich
aus dem Vermögen des Schuldnervermögens ausscheidet.
Dies ist bei einem widerruflichen Bezugsrecht mit dem Eintritt des Versicherungsfalls der Fall. Vor Eintritt des Versicherungsfalls ist die Anfechtung mangels
bereits erfolgter Vermögensminderung noch nicht statthaft, da die Gläubiger bis
zum Eintritt des Versicherungsfalls im Wege der Pfändung direkten Zugriff auf
die Versicherungsforderung nehmen können bzw. dieser Anspruch mit Eröffnung
des lnsolvenzverfahrens über das Vermögen des Versicherungsnehmers in die
Insolvenzmasse fällt.
Aus diesem Grund gilt die anfechtbare Rechtshandlung, sofern sie in der Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts besteht, mit Eintritt des Versicherungsfalls als vorgenommen. Ab diesem Zeitpunkt fängt die Anfechtungsfrist an
zu laufen.
Fraglich ist wie sich die Situation bei Vorliegen eines unwiderruflichen
Bezugsrechts darstellt, das im Rahmen einer gemischten Lebensversicherung mit
geteiltem Bezugsrecht besteht. In Betracht kommt auch hier der Zeitpunkt der
Bezugsrechtseinräumung oder aber der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls.
1184 Hellwig, Verträge auf Leistungen an Dritte, 1899, S. 277; Behrend, LZ 1908, 125 ff. (134).
1185 Thiele, S. 113.
1186 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 413 ff. (417); Thiele, a.a.O.
1187 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, § 129 Rn. 77.
247
Für den Zeitpunkt der Bezugsrechtseinräumung spricht, dass der Begünstigte
bereits mit dem Wirksamwerden der Bezugsrechtseinräumung einen auflösend
bedingten Anspruch auf die Versicherungssumme erwirbt, den er bereits vor Eintritt des Todesfalls wirtschaftlich zu seinen Gunsten nutzen kann. Dafür könnte
auch § 140 III lnsO sprechen, wonach bei einem bedingten Rechtserwerb der Eintritt der Bedingung außer Betracht bleibt (§ 140 III InsO, § 8 III AnfG). Unbeachtet bliebe danach, dass der endgültige Rechtserwerb des Dritten noch von dem
Nichteintritt des Erlebens- und dem Eintritt des Versicherungsfalls vor Erreichen
des früheren Fälligkeitstermins abhängig ist. Dies hätte zur Folge, dass auf den
Zeitpunkt der Bezugsrechsteinräumung abzustellen wäre.
Zwar gilt § 140 III InsO unmittelbar nur für den aufschiebend bedingten
Rechtserwerb. Der Vorschrift liegt nämlich der Gedanke zugrunde, dass der
Zuwendungsempfänger bereits ein insolvenzfestes Anwartschaftsrecht erworben
hat, das wie eine Vormerkung wirkt (vgl. §§ 106 f. InsO)1188, und dass der
bedingte Erwerb bereits über § 161 I 2 BGB vor Verfügungen im Wege der
Zwangsvollstreckung oder des Insolvenzverwalters geschützt wird. Da der unwiderruflich Bezugsberechtigte einer gemischten Lebensversicherung mit geteiltem
Bezugsrecht aber nicht nur der Inhaber eines Anwartschaftsrechts1189, sondern –
wenn auch auflösend bedingt – Inhaber des Vollrechts ist, muss der Bedingungseintritt erst recht im Fall eines auflösend bedingten Rechtserwerbs außer Betracht
bleiben.
Der endgültige Erwerb des Anspruchs auf die Versicherungssumme ist jedoch
im Unterschied zu einem unwiderruflichen Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung nicht nur in Bezug auf die Höhe des erworbenen Anspruchs
vollkommen unsicher1190. Ungewiss ist ferner, ob der Versicherungsnehmer seiner
Prämienzahlungspflicht nachkommen wird1191 und der Versicherer daraufhin nach
§ 38 III VVG kündigen wird. Darüber hinaus ist nicht vorhersehbar, ob der unwiderruflich Bezugsberechtigte überhaupt Anspruchsinhaber bleibt oder ob ihm der
Anspruch wegen Eintritts der auflösenden Bedingung mit dem Eintritt des Erlebensfalls wieder entzogen wird1192. Aufgrund dieser Unsicherheiten gilt die
anfechtbare Rechtshandlung auch bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht für
eine gemischte Lebensversicherung erst mit Eintritt des Todesfalls als vorgenommen. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Anfechtungsfrist zu laufen.
1188 Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 80 S. 848 f.; Lind/Stegmann, ZInsO
2004, 413 ff. (417).
1189 a.A. Müller-Feldhammer, NZI 2001, 343 ff. (348 f.).
1190 Der Versicherungsnehmer hat trotz Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts weiterhin die Möglichkeit, den Versicherungsvertrag zu kündigen und so die Fälligkeit des
Anspruchs auf den Rückkaufswert herbeizuführen. Dieser steht jedoch dem unwiderruflich Bezugsberechtigten zu.
1191 Wussow, NJW 1964, 1259 ff. (1261).
1192 Bei einer gemischten Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht erwirbt der unwiderruflich Bezugsberechtigte lediglich einen auf den Eintritt des Erlebensfalls auflösend
bedingten Anspruch auf die Versicherungsleistung.
248
Handelt es sich hingegen um ein unwiderrufliches Bezugsrecht, das im Rahmen
einer reinen Todesfalllebensversicherung besteht, so treten die rechtlichen Wirkungen aufgrund des sofortigen und endgültigen Rechtserwerbs des Dritten
bereits mit dem Wirksamwerden der Bezugsrechtseinräumung ein1193. Hier ist
sicher, dass der Bezugsberechtigte Anspruchsinhaber bleibt. Allein die Höhe des
fällig werdenden Anspruchs ist ungewiss1194. Dieses Ergebnis steht im Einklang
mit der neuen Rechtsprechung des BGH, der bei § 140 I InsO auf den Zeitpunkt
abstellt, in dem der Zuwendungsempfänger ein »insolvenzfestes« Recht erworben hat, »dass sich bei Insolvenzeröffnung gegenüber den Rechten der Masse
durchsetzen würde, wenn es die Insolvenzanfechtung nicht gäbe«1195. Bei einem
unwiderruflichen Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung ist dies
im Zeitpunkt des Wirksamerdens der Bezugsrechtseinräumung der Fall.
Besteht die anfechtbare Rechtshandlung in der Abgabe einer Abtretungserklärung, treten die rechtlichen Wirkungen sofort mit dem Zugang dieser Erklärung
beim Zessionar ein.
Bei der Frage des Fristablaufs ist demnach zum einen auf den Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Bezugsrechtseinräumung, zum anderen auf den Zeitpunkt
des Eintritts des Versicherungsfall bzw. des Zugangs der Abtretungserklärung
abzustellen.
Zwischen diesem Zeitpunkt und dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der Anfechtung dürfen nicht mehr als vier Jahre liegen (§§ 134 I
InsO, § 4 AnfG).
Ist der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls maßgeblich, so kann die
Anfechtungsfrist im Rahmen eines Nachlassinsolvenzverfahrens1196 über das Vermögen des Versicherungsnehmers/Schuldners relevant werden. Im Rahmen des
Nachlassinsolvenzverfahrens gilt nicht nur das besondere Anfechtungsrecht des
§ 322 InsO, sondern darüber hinaus auch die Anfechtungstatbestände der §§ 130
ff. BGB. Die Einzelgläubiger können bei Unzulänglichkeit des Nachlasses und
bei beschränkter Erbenhaftung (§§ 1975 ff. BGB) die Rechtshandlungen des Erblassers nach § 4 AnfG anfechten1197.
1193 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 413 ff. (417); Huber, NZI 2004, 81.
1194 Entweder kündigt der Versicherungsnehmer vor Eintritt des Versicherungsfalls den Versicherungsvertrag und der Anspruch wird in Höhe des Rückkaufswerts fällig, oder der Versicherungsfall tritt ein und der bis dahin dem Bezugsberechtigten auflösend bedingt zustehende Anspruch auf die volle Versicherungssumme wird zu einem nun unbedingten
Anspruch.
1195 BGHZ 156, 350 ff. = NJW 2004, 214 ff. = ZIP 2003, 2307 ff. = VersR 2004, 93 ff.
1196 Für den Antrag auf Eröffnung dieses Verfahrens besteht mit Ausnahme des § 319 InsO
keine Frist.
1197 Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S. 304.
249
bb) Die Prämienzahlungen als (sekundär) anfechtbare Rechtshandlung wegen
Fristablaufs
Können bei Fristablauf (sekundär) die innerhalb dieser Frist erbrachten Prämienzahlungen angefochten werden oder gehen die Gläubiger in diesem Fall vollkommen leer aus?
§§ 134 I InsO, 4 I AnfG lassen – ausgehend vom Wortlaut – auch die (sekundäre) Zugrundelegung der innerhalb des kritischen Zeitraums erbrachten Prämien
zu, da sie lediglich die Anfechtung einer bestimmten unentgeltlichen Leistung für
den Fall ausschließen, dass diese vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des
lnsolvenzverfahrens bzw. vor der Anfechtung vorgenommen worden ist. Dies
besagt nicht, dass dann nicht auf eine andere unentgeltliche Leistung abgestellt
werden kann, die die Voraussetzungen des Anfechtungstatbestands auch erfüllt.
Gegen die (sekundäre) Zugrundelegung der Prämien könnte aber die Widersprüchlichkeit sprechen, die darin liegt, dass man auf der einen Seite auf die
Bezugsrechtseinräumung und auf der anderen Seite doch die Prämienzahlungen
für maßgebend hält1198. Diesem Einwand kann man jedoch entgegensetzen dass
die Zahlungen schließlich nur sekundär zum Gegenstand der Anfechtung
gemacht werden und insoweit ein Stufenverhältnis besteht.
Dafür spricht auch die Überlegung, dass der Schuldner/Versicherungsnehmer,
der einem Dritten ein unwiderrufliches Bezugsrecht an einer Lebensversicherung
einräumt, dies zu einem Zeitpunkt tun mag, in dem er sich nicht in einer finanziellen Krise befindet und auch nicht damit rechnen muss, in naher Zukunft nicht
mehr zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten in der Lage zu sein.
Ab dem Zeitpunkt aber, in dem er die ersten Anzeichen dafür sieht, dass er in
naher Zukunft seine Gläubiger nicht mehr wird befriedigen können, kann von ihm
verlangt werden, seine anderweitigen Verpflichtungen, die er gegenüber dem
unentgeltlichen Erwerber haben mag, hinten an zu stellen und auf die veränderte
Vermögenssituation entsprechend zu reagieren. Dies kann dadurch geschehen,
dass er entweder unter Inkaufnahme der damit zusammenhängenden Konsequenzen die Prämienzahlungen einstellt oder den Versicherungsvertrag kündigt (§ 168
I VVG) bzw. umwandelt (§ 165 VVG), um auf diesem Weg seiner Pflicht zur
Erbringung der Beiträge zu entrinnen. Bei rechtzeitiger Reaktion hätte er bei Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts zwar nicht mehr den Entzug des
Rückkaufswerts, wohl aber die Minderung seines Vermögens um die Prämien
verhindern können. Unterlässt der Schuldner/Versicherungsnehmer indes die
Vornahme dieser gebotenen »Rettungshandlungen«, kann dies nicht zu Gunsten
des unentgeltlichen Erwerbers und zu Lasten der (»entgeltlichen«) Gläubiger
gehen.
Vielmehr kann daraus geschlossen werden, dass der Versicherungsnehmer,
wenn er weiterzahlt, obwohl er jederzeit die Zahlungen einstellen könnte, den
Dritten auch weiter begünstigen will. Er zahlt die Prämien dann nicht mehr nur
1198 Elfring, Drittwirkungen der Lebensversicherungen, 2003, 144 ff., 162 f.
250
deswegen, weil er der Versicherungsgesellschaft gegenüber dazu verpflichtet ist,
sondern auch deswegen, weil er den Dritten bereichern will1199.
Es erscheint auch nicht unbillig, den Zuwendungsempfänger für die Nachlässigkeit des Schuldners/Versicherungsnehmers einstehen zu lassen. Schließlich
wird dieser nicht um seinen gesamten Erwerb1200 gebracht, sondern lediglich um
die Summe der im Anfechtungszeitrau m erbrachten Beiträge.
Zudem kann man den bzw. die Gläubiger nicht deshalb vollkommen leer ausgehen lassen, weil sich an die Zuwendung, die bereits mit der Bezugsrechtseinräumung vollendet ist, bis zum Eintritt des Versicherungsfalls noch weitere Vermögensminderungen beim Schuldner/Versicherungsnehmer in Form der Prämienzahlungen anschließen, die zudem – wegen der Unwiderruflichkeit – ausschließlich dem Bezugsberechtigten zugute kommen.
Letztendlich ist nicht von der Hand zu weisen, dass diese Zahlungen dem Dritten, auch wenn er zu keinem Zeitpunkt über diese verfügen kann, doch zugute
kommen, weil mit deren Erbringung der Versicherungsanspruch erhalten und der
Wert des Anspruchs, den der Bezugsberechtigte sofort bzw. mit Eintritt des Versicherungsfalls erwirbt, erhöht wird. Ohne die Prämienzahlungen würde der
Dritte keinen oder nur einen »wertlosen« Anspruch auf die Versicherungsleistung
erwerben1201.
Dies entspricht nicht zuletzt dem Grundgedanken des Anfechtungsrechts, der
lautet, dass »das um die Zuwendung geminderte Vermögen eine gewisse Zeit
[nämlich die Anfechtungsfrist] hindurch die Probe bestehen soll, ob die freigiebige Weggabe ohne Benachteiligung der Gläubiger geschehen kann«1202.
Nicht vergessen werden darf zudem, dass sich der Begünstigte durch die Zahlung der Prämien die Aufwendungen erspart, die er für eine Lebensversicherung
zu eigenen Gunsten hätte erbringen müssen und auch insoweit etwas zugewandt
bekommt1203.
Die zeitliche Nähe zwischen den innerhalb des Anfechtungszeitraums erbrachten Prämien und dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bzw. der
Anfechtung zeigt jedoch, dass die Zahlung dieser Beiträge nicht ohne Benachteiligung der Gläubiger möglich war, weil ansonsten der Antrag auf Verfahrenser-
öffnung oder die Anfechtung im Rahmen des AnfG gar nicht erforderlich geworden wäre.
Gegen die sekundäre Zugrundelegung der innerhalb der Anfechtungsfrist
geleisteten Prämienzahlungen könnte jedoch die privilegierte Rechtsstellung des
durch eine Lebensversicherung Begünstigten sprechen, der dadurch in doppelter
Hinsicht belastet würde. Dieser müsste nicht nur die Inanspruchnahme wegen der
Anfechtung der Bezugsrechtseinräumung befürchten, sondern müsste darüber
1199 Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 47.
1200 Die volle Versicherungssumme.
1201 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 418.
1202 Hellwig, Verträge auf Leistungen Dritte, 1899, S. 277; Behrend, LZ 1908, 125 ff. (134).
1203 Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen 1981, S. 64.
251
hinaus sogar noch nach Fristablauf mit einer Rückgewährpflicht hinsichtlich der
Anfechtung der innerhalb des kritischen Zeitraums erbrachten Beiträge rechnen.
Voraussetzung für diese Annahme ist jedoch, dass das Interesse des Begünstigten einer Lebensversicherung, die dessen Versorgung dienen soll, auch im Rahmen des Anfechtungsrechts eine privilegierte Position einnimmt. Da von einem
Versorgungszweck besonders dann auszugehen ist, wenn der Begünstigte zum
Kreis der Familienangehörigen des Schuldners/Versicherungsnehmers gehört, ist
ein Augenmerk auch auf die Berücksichtigung deren Interessen im Rahmen des
Anfechtungsrechts zu legen.
aaa) Die Interessen der am Anfechtungsverfahren Beteiligten
Die Interessen des Schuldners daran, dass der anfechtbar weggegebene Vermögensgegenstand beim Empfänger verbleibt und dem Zugriff der Gläubiger weiterhin entzogen ist, kann bei der Ermittlung des maßgebenden Rückgewährgegenstands von vornherein keine Berücksichtigung finden. Ein Interesse, das dahingeht, seinen Gläubigern die ihnen zur Verfügung stehende Haftungsmasse zu entziehen, ist nicht schutzwürdig.
Fraglich ist jedoch, ob den Interessen des Zuwendungsempfängers/Bezugsberechtigten ein Vorrang vor den Interessen der Gläubiger des Schuldners einzuräumen ist.
Der Bezugsberechtigte einer Lebensversicherung wird, sofern sie zum Zweck
der Versorgung der Angehörigen des Versicherungsnehmers abgeschlossen
wurde, rechtlich privilegiert1204. Davon ausgenommen sind indes Lebensversicherungen, die entweder ausschließlich zu Gunsten des Versicherungsnehmers abgeschlossen wurden oder bei denen dem Angehörigen lediglich ein widerrufliches
Bezugsrecht eingeräumt worden ist, da der Versicherungsnehmer in diesen Fällen
weiterhin die Möglichkeit hat, die Lebensversicherung wirtschaftlich zum Zweck
der Kreditsicherung oder als Kapitalanlage zu nutzen, sie mithin vorrangig eine
wirtschaftliche Funktion erfüllt1205.
Kann diese soziale Fürsorgefunktion indes auch im Rahmen des Anfechtungsrechts zur Beschränkung der Gläubigerrechte führen?
Dafür könnte sprechen, dass jeder Kreditgeber – insbesondere wegen der
zunehmenden Bedeutung der Lebensversicherung als dritter Säule innerhalb des
Versorgungssystems – damit rechnen muss, dass sein Schuldner einen Teil seines
Vermögens in einer Lebensversicherung – auch zugunsten Dritter und zum Zweck
deren Versorgung – anlegt1206. Den Gläubigern müsste daher die Gefahr, die mit
der Eingehung eines solchen Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall verbun-
1204 Siehe S. 46 ff.
1205 vgl. Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 119 f.
1206 Behrend, LZ 1908, 125 ff. (137).
252
den ist1207, bekannt sein. Ziehen die Gläubiger daraus trotz dieser Kenntnis keine
Konsequenzen und unterlassen es, sich den Zugriff auf die aus dem Vertrag
zugunsten Dritter für ihren Schuldner erwachsenden Vermögenswerte rechtzeitig
zu sichern, erscheint es nicht unbillig, ihnen im Verhältnis zum Zuwendungsempfänger einen Nachrang einzuräumen.
Dagegen spricht jedoch, dass die Gläubiger im Regelfall keinen Einblick in die
Vermögenslage ihres Schuldners haben bzw. nehmen können. Dies ist aber zwingende Voraussetzung dafür, den richtigen Zeitpunkt für eine Vermögenssicherung
abzupassen. Die Gläubiger müssten ihre Zeit daher auf die Observation der vom
Schuldner beabsichtigten Vermögenstransaktionen verwenden, sofern ihnen dies
überhaupt möglich ist. Dies zu verlangen, ist indes unzumutbar.
Für eine Privilegierung der Gläubiger könnte zwar sprechen, dass der Leistungsempfänger nur unter dem Vorbehalt der Anfechtbarkeit erwirbt. Solange
die relativ langen Anfechtungsfristen laufen, kann er sich seines Erwerbs nicht
sicher sein.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass es sich hierbei um eine Entscheidung des
Gesetzgebers handelt, der die mühevolle Aufgabe hatte, die gegenläufigen Interessen der an einem Anfechtungsverfahren Beteiligten in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Die Anfechtungsfristen finden ihre Rechtfertigung darin, dass
das Interesse des Zuwendungsempfängers an Rechtssicherheit und Bestand seines Erwerbs sowie das Vertrauen des Rechtsverkehrs umso mehr hinter dem Interesse der Gläubiger an Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung zurücktritt, desto näher der Zeitpunkt der Eröffnung des lnsolvenzverfahrens bzw. der
Anfechtung rückt1208.
Zudem hätte der Gesetzgeber ebenso die Unwirksamkeit oder Nichtigkeit und
nicht nur die bloße Anfechtbarkeit als Rechtsfolge der Anfechtungstatbestände
normieren können.
Gegen eine Bevorzugung des Zuwendungsempfängers spricht vielmehr, dass
der unentgeltliche Erwerb gemäß einem allgemeinen Rechtsgrundsatz weniger
schutzwürdig ist1209. Zwar wird der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung im
Rahmen des Anfechtungsrechts trotz der geringeren Bestandskraft des unentgeltlichen Erwerbs durch § 143 II InsO, § 11 II AnfG privilegiert1210, weil diese Vorschrift gerade bezweckt, vom unentgeltlichen Erwerber Schaden abzuwenden1211.
Dieser soll sein Vermögen nicht über den Bestand, den es ohne den anfechtbaren
Rechtserwerb hätte, hinaus in Anspruch nehmen müssen1212. Das bedeutet aber
nicht, dass der unentgeltliche Erwerber im Verhältnis zu den Anfechtungsberechtigten eine bevorzugte Position erhalten sollte. §§ 143 II InsO, 11 II AnfG bewirkt
1207 Gemeint ist das Auseinanderfallen von nachlassgetrenntem Erwerb und Erwerb aufgrund
Vertrags zugunsten Dritter.
1208 FKDauernheim, InsO, § 129 Rn. 1; Häsemeyer, lnsolvenzrecht, Rn. 21.05.
1209 Vgl. §§ 816 II, 822, 988, 2287 f., 2325 ff. BGB.
1210 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 143 Rn. 145.
1211 BGH NJW 1979, 1579 f.
1212 Jaeger/Henckel, KO, § 37 Rn. 127 ff.
253
nur, dass der Begünstigte beschränkt haftet. Der Grund für die Haftungsbeschränkung liegt aber darin, dass die Anfechtung einer »unentgeltlichen Leistung« aufgrund der relativ langen Anfechtungsfrist auch zeitlich weit zurückliegende
Zuwendungen erfasst1213 und es daher als unbillig angesehen wurde, auch den
Zuwendungsempfänger, der bei Annahme der Zuwendung die damit verbundene
Gläubigerbenachteiligung weder kannte, noch kennen musste1214, auf das Ganze
haften zu lassen. Vom Zeitpunkt der Bösgläubigkeit an haftet auch der unentgeltliche Erwerber unbeschränkt. Daran wird deutlich, dass weniger der Schutz des
unentgeltlichen Erwerbers, als vielmehr der Schutz des Gutgläubigen bezweckt
ist. Dies gilt umso mehr deswegen, weil subjektive Umstände des Leistungsempfängers im Rahmen der anderen Anfechtungstatbestände bereits unmittelbar im
Anfechtungstatbestand und nicht – wie bei der Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« – erst innerhalb der Rechtsfolge Berücksichtigung finden.
Dafür spricht auch § 145 II Nr. 3 InsO, der die Anfechtung gegenüber dem
unentgeltlichen Erwerber auch dann zulässt, wenn er lediglich Rechtsnachfolger
des Anfechtungsgegners ist. Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat
im Verhältnis zu den Gläubigerinteressen im Rahmen des Anfechtungsrechts
daher eine nachrangige Position.
Es ist indes weiter zu prüfen, ob dies für alle Zuwendungsempfänger gilt, oder
ob die Interessen der Zuwendungsempfänger, die zugleich in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zum Zuwendenden/Schuldner stehen und bei denen die
Zuwendung der Lebensversicherung im Regelfall eine soziale Funktion erfüllt,
eine andere Bewertung erfordern.
Über die Frage, ob Lebensversicherungen, die zugunsten Hinterbliebener
abgeschlossen wurden, im Rahmen der Anfechtung besser gestellt werden sollen,
wird seit langem diskutiert1215. Teilweise wurde sogar vorgeschlagen, diese vollkommen der Anfechtung zu entziehen1216. Überwiegend wird dies zwar für interessengerecht gehalten, aber dennoch mangels gesetzlicher Normierung abgelehnt1217.
Teilweise wurde eine Privilegierung der Hinterbliebenen des Versicherungsnehmers mit dem Argument abgelehnt, deren Versorgung könne ein Zurücktreten
der Gläubigerinteressen nicht rechtfertigen, weil jene heutzutage hinreichend
durch staatliche Leistungen geschützt würden1218. In Anbetracht der Tatsache,
dass es sich bei den staatlichen sozialen Sicherungssystemen lediglich um subsidiäre Institutionen handelt, kann dieses Argument jedoch in Zweifel gezogen
werden.
1213 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 52 Rn. 20.
1214 Gottwald/Huber, a.a.O.
1215 Behrend, LZ 1908, 125 ff. (127); Sieg, in: FS Klingmüller, 1974, S. 462.
1216 Vgl. Behrend, LZ 1908, 125 ff. (137).
1217 Lind/Stegmann, ZInsO 2004, 418; MünchKomm/lnsO-Kirchhof, § 129 Rn. 52.
1218 Hörstmann, Der echte Vertrag zugunsten Dritter als Rechtsgeschäft zur Übertragung einer
Forderung, 1983, S. 184 f.
254
Ob die nahen Angehörigen des Schuldners im Rahmen des Anfechtungsrechts
de lege lata tatsächlich privilegiert werden, ist Gegenstand der weiteren Prüfung.
Manche halten die Angehörigen des Versicherungsnehmers allein aufgrund des
mit der Lebensversicherung verbundenen Versorgungszwecks für privilegiert1219.
Dem kann jedoch nicht gefolgt werden, da stets die Besonderheiten des Anfechtungsverfahrens und die Interessen der Beteiligten berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden müssen. Für eine Privilegierung dieser Personengruppe
innerhalb des Anfechtungsrechts könnte zunächst § 170 II VVG sprechen, der
einem Kreis enger Angehöriger des Versicherungsnehmers in dem Fall, dass in
den Versicherungsanspruch ein Arrest vollzogen, eine Zwangsvollstreckung vorgenommen oder das lnsolvenzverfahren über das Verfahren des Versicherungsnehmers eröffnet wird, die Möglichkeit einräumt, mit Zustimmung des Versicherungsnehmers an dessen Stelle in den Versicherungsvertrag einzutreten (§§ 170
I, II VVG). Die Personen, die an der Fortsetzung eines laufenden Versicherungsvertrags wegen des damit zusammenhängenden Versorgungszwecks ein Interesse
haben, sollen die Möglichkeit der Übernahme des Vertrags haben.
Zu beachten ist jedoch, dass es sich hierbei – sofern ein Bezugsrecht zugunsten
eines Dritten besteht – nur um ein subsidiäres Eintrittsrecht handelt. In erster
Linie ist der Bezugsberechtigte zum Eintritt berechtigt. Erst wenn dieser den Eintritt in den Lebensversicherungsvertrag ablehnt, haben die Angehörigen die Möglichkeit, die Lebensversicherung zu übernehmen. Zudem ist deren Eintritt von der
Zustimmung des Versicherungsnehmers abhängig. Zwar gewährt die Vorschrift
den Angehörigen des Versicherungsnehmers eine im Verhältnis zu anderen Personen, die ein Interesse an dem Fortgang des Versicherungsvertrags haben, eine
besondere rechtliche Position1220. Gegen eine Besserstellung der Angehörigen im
Verhältnis zu den Gläubigern des Versicherungsnehmers spricht aber die Tatsache, dass die Hinterbliebenen bei Eintritt in den Versicherungsvertrag die Forderungen der die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger oder der Insolvenzmasse bis zur Höhe des Betrags zu befriedigen haben, dessen Zahlung der Versicherungsnehmer im Fall der Kündigung des Versicherungsvertrags vom Versicherer verlangen kann (§§ 170 I 2,168,169 I VVG). Dies ist der Rückkaufswert. Der
Gläubiger wird im Verhältnis zu den Angehörigen daher gerade nicht schlechter
gestellt. Er bekommt genau den Betrag, den er bei Verwertung der Lebensversicherung zu Lebzeiten des Versicherungsnehmers erlangen könnte. Die Eintrittsberechtigten müssen ihren Eintritt mit dem Rückkaufswert bezahlen und werden
dafür im Gegenzug Gläubiger einer Lebensversicherung, die im Regelfall keinen
größeren Wert hat1221.
1219 Sieg, in: PS Klingmüller, 1974, S. 447 ff.: hält nur die innerhalb des Anfechtungszeitraums
erbrachten Prämien, die eine unangemessen hohe Sicherung der Angehörigen bewirken,
für anfechtbar, weil nur insoweit eine unentgeltliche Zuwendung vorliege.
1220 Siehe S. 51 f.
1221 Heilmann, KTS 1972, 22: eine Ausnahme ist nur dann zu machen, wenn mit dem baldigen
Ableben des Versicherungsnehmers wegen schwerer Krankheit gerechnet werden kann.
255
Zu beachten ist aber, dass die in den Versicherungsvertrag Eingetretenen in
dem Fall, dass kurz nach Eintritt der Anspruch auf die Versicherungssumme fällig
wird, keine Anfechtung wegen der Differenz zwischen erhaltener Versicherungssumme und bezahltem Rückkaufswert mehr befürchten müssen1222. Dasselbe gilt
für die Zustimmung des Versicherungsnehmers zum Eintritt. Diesbezüglich ist
eine Anfechtung ausgeschlossen1223.
Gegen eine Privilegierung der Angehörigen im Rahmen des Anfechtungsrechts
spricht des weiteren § 138 InsO i.V.m. §§ 130 I, III, 131 I, II, 132 III, 133 I, II
InsO, die für den Fall, dass der Schuldner ein anfechtbar vorgenommenes Rechtsgeschäft mit einer ihm persönlich nahe stehenden Person abgeschlossen hat, eine
Beweislastumkehr in Bezug auf das Vorliegen bestimmter Umstände normieren.
Dieses besondere Verhältnis zum Schuldner wirkt sich zum Nachteil des Leistungsempfängers aus, weil dieser nun beweisen muss, dass er keine Kenntnis von
etwaigen gläubigerbenachteiligenden Umständen hatte1224.
Zwar findet § 138 InsO im Rahmen des Anfechtungstatbestands wegen »unentgeltlicher Leistung« (§ 134 InsO) keine Anwendung, da dort keine subjektiven
Elemente Berücksichtigung finden. Eine »unentgeltliche Leistung« ist unabhängig von der Kenntnis oder dem Kennenmüssen bestimmter Umstände durch den
Zuwendungsempfänger anfechtbar. Erst im Rahmen der Rechtsfolge bei der
Frage, ob sich der Zuwendungsempfänger auf den Einwand der Entreicherung
berufen kann, spielen subjektive Umstände eine Rolle. Zwar hat der Gesetzgeber
im Rahmen des § 143 II InsO keine Beweislastumkehr für den Fall normiert, dass
der unentgeltliche Erwerber eine nahe stehende Person ist. Fraglich ist jedoch, ob
der hinter § 138 InsO stehende Rechtsgedanke nicht auf alle Tatbestände, bei
denen es auf die Kenntnis von Krisenumständen ankommt und die subjektive Voraussetzungen haben – so auch bei § 143 II InsO –, übertragen werden muss1225.
Der Grund für die Schlechterstellung der nahen Angehörigen des Schuldners
im Rahmen der Anfechtungstatbestände (§§ 138 InsO, § 3 II AnfG) liegt darin,
dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass diese Personen im Regelfall
eine besondere Informationsmöglichkeit und Kenntnis über die wirtschaftlichen
Verhältnisse des Schuldners, über dessen Zahlungsfähigkeit oder einen unter
Umständen »in der Luft liegenden« Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und die Absichten des Schuldners schneller durchschauen bzw. vor
diesem Hintergrund eher bereit sind, zum Schaden seiner Gläubiger Verträge mit
dem Schuldner abzuschließen1226. Aus diesem Grund wird der Schutz der Gläubiger vor privatautonomen Rechtshandlungen des Schuldners im Verhältnis zu
»Insidern«1227 verstärkt. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass die
1222 Heilmann, a.a.O.
1223 Prölss/Martin-Kollhosser VVG, § 177 Rn. 8.
1224 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 2 1.34.
1225 Henckel, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, Rn. 64 S. 843.
1226 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 138 Rn. 2, Rn. 5; Henckel, in: Kölner Schrift zur
Insolvenzordnung, Rn. 64 5.843; Obermüller/Hess, InsO, Rn. 3 18.
1227 Häsemeyer, Insolvenzrecht, Rn. 21.17.
256
Anfechtungsfrist bei der Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« vor der
Insolvenzrechtsreform zwei Jahre betrug, wenn die Zuwendung vom Schuldner
an seinen Ehegatten erbracht worden war, während sie lediglich ein Jahr betrug,
wenn die Zuwendung an eine andere Person erfolgt war1228. Ehegatten, die im
Regelfall Begünstigte einer Lebensversicherung sind, wurden im Hinblick auf die
Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« gerade nicht privilegiert. Zwar
wurde im Zuge der Insolvenzrechtsreform im Rahmen des § 134 InsO und später
auch in § 4 AnfG einheitlich eine Anfechtungsfrist von vier Jahren normiert. Dieser Umstand ist jedoch nicht darauf zurückzuführen, dass Ehegatten dadurch den
sonstigen Empfängern einer unentgeltlichen Leistung gleichgestellt werden sollten bzw. deren bis dahin erfolgte Schlechterstellung beseitigt werden sollte. Die
einheitliche Verlängerung der Anfechtungsfrist erfolgte vielmehr vor dem Hintergrund, dass die Anfechtung insgesamt und die Voraussetzungen hierfür
erleichtert werden sollten, eine nochmalige Erhöhung der Frist in Bezug auf Ehegatten aber für unangemessen erachtet wurde1229.
Die besondere Informationsmöglichkeit der nahen Angehörigen des Schuldners in Bezug auf dessen Vermögenssituation hat auch im Rahmen des § 143 II
InsO angemessene Berücksichtigung zu finden. Sei es über eine Beweislastumkehr oder über die bloße Berücksichtigung im Rahmen der Beweiswürdigung1230.
Gegen eine privilegierte Behandlung der nahen Angehörigen des Schuldners
spricht nicht zuletzt auch § 145 II Nr. 2 InsO, der die Anfechtung gegen diese
auch dann zulässt, wenn sie lediglich Rechtsnachfolger des eigentlichen Anfechtungsgegners sind.
Den Interessen der nahen Angehörigen des Schuldners wird zudem dadurch in
hinreichendem Maße genüge getan, dass zum einen Zuwendungen aus dem
Anwendungsbereich der § 134 InsO, § 4 AnfG ausscheiden, mit denen einer
Unterhaltspflicht nachgekommen wird1231. Zum anderen kommt ihnen zugute,
dass auch Anstands- und Pflichtschenkungen von der Anfechtung wegen »unentgeltlicher Leistung« ausgenommen sind, sofern sie die Geringwertigkeitsgrenze
nicht überschreiten1232.
Eine andere Entwicklung zeichnet sich – wirft man einen Blick auf das neue
Gesetzesvorhaben der Bundesregierung zum Pfändungsschutz der (privaten)
Altersvorsorge und zur Anpassung des Rechts der Insolvenzanfechtung1233 – auch
nicht ab.
Dieses Gesetzesvorhaben bezweckt nämlich nur die Verbesserung des Schutzes der privaten Altersvorsorge Selbständiger in der Insolvenz, nicht aber den
Schutz der Angehörigen dieser Versicherungsnehmer. Dies geht deutlich aus dem
1228 vgl § 32 Nr. 2 KO a.F.
1229 Kübler/Prütting/Paulus, InsO, § 134 Rn. 1, 34.
1230 Kreft, in: HK-InsO, § 143 Rn. 34.
1231 Auch wenn dies nicht bedeutet, dass die Zuwendung damit von jeglicher Anfechtung verschont bleibt (vgl. §§ 130 ff. InsO, §§ 3, 5, 6 AnfG).
1232 Siehe S. 229 f.
1233 BR-Drucks. 618/05 vom 12.08.2005, vom 13.09.2005 und vom 23.09.2005; BT-Drucks.
16/886 vom 9.3.2006; BT-Drucks. 16/35 vom 11.05.2006.
257
Entwurf hervor, der die Lebensversicherung eben nur dann unter den besonderen
Schutz im Rahmen der Pfändung und im Rahmen des Insolvenzverfahrens stellen
will, wenn die Bestimmung eines Dritten als Berechtigter ausdrücklich ausgeschlossen ist1234. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die weitere Beschränkung des Gläubigerzugriffs nur dann zu rechtfertigen sei, wenn die Vorsorgefunktion des Versicherungsnehmers endgültig sei1235. Mit dem Zweck der Hinterbliebenenversorgung könne dies nicht gerechtfertigt werden.
Den Interessen des Bezugsberechtigten einer Lebensversicherung ist folglich
– selbst wenn es sich dabei um einen nahen Angehörigen des Schuldners handelt
– im Verhältnis zu den Gläubigerinteressen im Rahmen des Anfechtungsrechts
kein Vorrang einzuräumen1236.
Fraglich ist, ob umgekehrt davon ausgegangen werden kann, dass die Gläubigerinteressen einen Vorrang vor den Interessen der Leistungsempfänger genie-
ßen.
Dafür spricht zunächst, dass der Gläubiger eines anfechtungsrechtiichen Rückgewähranspruchs für den Fall der Eröffnung des lnsolvenzverfahrens über das
Vermögen des Anfechtungsgegners ein Aussonderungsrecht1237 und im Fall der
Pfändung der Gläubiger des Anfechtungsgegners in den Rückgewährgegenstand
die Möglichkeit der Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) hat.
Zwar gilt dies nur dann, wenn sich der Gegenstand des Rückgewähranspruchs
im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestimmbar noch im Vermögen des Anfechtungsgegners befindet1238. Schuldet der Anfechtungsgegner indes
nur noch Wertersatz und ist eine Gegenleistung nicht mehr unterscheidbar in seinem Vermögen vorhanden, stellt dieser Zahlungsanspruch lediglich eine Insolvenzforderung dar1239.
Die Bedeutung dieses Umstands wird daran deutlich, dass in der Regel nur dem
Inhaber eines dinglichen Rechts ein Aussonderungsrecht zusteht. Bei dem
anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch handelt es sich »nur« um einen
schuldrechtlichen Anspruch. Schuldrechtliche Ansprüche können indes nur dann
zu einer von der dinglichen Rechtslage abweichenden Beurteilung führen, wenn
diesen eine solch starke Wirkung zukommt, die es schafft, einen Vermögensgegenstand trotz anderer sachenrechtlicher Zuordnung dem Vermögen des
Anspruchsinhabers zuzuweisen.
1234 BT-Drucks. 16/886 (Entwurf zum neuen § 851 c 1 Nr. 3 ZPO).
1235 BT-Drucks. 16/886, S. 8.
1236 ebenso Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei
Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 76 f, der eine Privilegierung davon abhängig
machen will, ob der Angehörige des Versicherungsnehmers tatsächlich »versorgungsbedürftig« ist (S. 71 f.).
1237 BGHZ 156, 350 ff. = NJW 2004, 214 ff. = ZIP 2003, 2307 ff. VersR 2004, 93 ff.; Jaeger/
Henckel, KO, § 37 Rn. 64 ff.; Kreft, in: HK-InsO, § 129 Rn. 72; Uhlenbruck/Hirte, InsO,
§ 129 Rn. 140; a. A.:Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, § 143 Rn. 10.
1238 Huber, NZI 2004, 81 f.
1239 BGH NJW 2003, 3345 ff.
258
Die Tatsache, dass dem anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruch diese
Wirkung zugesprochen wird, die dazu führt, dass die sachenrechtliche Rechtslage
überspielt und die Vermögenszuordnung in der Weise geändert wird, dass der
Rückgewährgegenstand dennoch als ein dem Zugriff der Gläubiger unterliegender Teil angesehen wird, macht die hervorgehobene Rechtsposition der Gläubiger
des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs deutlich.
Für einen Vorrang der Gläubigerinteressen innerhalb des Anfechtungsrechts
spricht zudem, dass in vielen Anfechtungstatbeständen die Beweislast zugunsten
der Interessen der Anfechtungsberechtigten umgekehrt wurde1240. Insgesamt
sollte im Zuge der Insolvenzrechtsreform das Anfechtungsrecht zugunsten der
Gläubiger – insbesondere die Durchsetzbarkeit der Anfechtungsmöglichkeiten –
verbessert1241 und die Interessen der Insolvenzgläubiger und der Empfänger einer
anfechtbaren Leistung neu gegeneinander abgewogen werden1242. Dies hat dazu
geführt, dass den Interessen der Gläubiger an vollständiger Befriedigung ein Vorrang vor den Interessen des Zuwendungsempfängers am Erhalt seines Empfangs
eingeräumt worden ist1243. Dem steht auch nicht entgegen, dass im Rahmen der
Insolvenzrechtsreform sämtliche Vorrechte abgeschafft worden sind, da dies entsprechend dem Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung nur das Verhältnis
zwischen den Gläubigern, nicht aber das Verhältnis zwischen Gläubigern und
Anfechtungsgegner betrifft.
Die soziale Funktion der Lebensversicherung – Versorgung der nahen Angehörigen des Versicherungsnehmers – vermag es nicht, die im Rahmen des
Anfechtungsrechts bestehenden Gläubigerrechte zu verdrängen. Vielmehr ist den
Befriedigungsinteressen der Gläubiger im Rahmen der insolvenzrechtlichen
Anfechtung ein Vorrang einzuräumen1244.
1240 Bsp.: im Rahmen des § 134 InsO hat der Insolvenzverwalter nur die Unentgeltlichkeit der
Leistung und die darauf kausal beruhende Gläubigerbenachteiligung zu beweisen (BGHZ
58, 20 ff (22); 129, 236 ff.).
1241 Smid-Zeuner, InsO, § 129 Rn. 1.
1242 Smid-Zeuner, a.a.O.
1243 Kreft, in: HK-InsO, § 134 Rn. 2; BGHZ 41, 301 ff.; 58, 240 ff. (243); BGH ZIP 1992, 1089
ff (1092), vgl. auch BGHZ 156, 350 ff. = NJW 2004, 214 ff. = ZIP 2003, 2307 ff. = VersR
2004, 93 ff.; Hasse, Lebensversicherung und erbrechtlicher Ausgleich, 2005, S. 24.
1244 BT-Drucks. 16/886, S. 10; so auch BGHZ 156, 350 ff. = NJW 2004, 214 ff. = ZIP 2003,
2307 ff. = VersR 2004, 93 ff.; Kohler-Gehrig, Der Versicherungsvertrag im Konkurs des
Versicherungsnehmers, 1983, S. 130 ff.; Horstmann, Der echte Vertrag zugunsten Dritter
als Rechtsgeschäft zur Übertragung einer Forderung, 1983, S. 184; Thiele, Lebensversicherung und Nachlassgläubiger, 1963, S. 70.
259
bbb) Übertragbarkeit der im Rahmen der insolvenzrechtlichen Anfechtung
erfolgten Interessenbewertung auf die außerinsolvenzrechtliche
Anfechtung
Fraglich ist, ob die Interessenbewertung auch für die Interessen der im Rahmen
der Zwangsvollstreckung ausgefallenen und anfechtenden Einzelgläubiger gilt
oder ob insoweit aufgrund eventuell bestehender Unterschiede zwischen insolvenzrechtlicher und außerinsolvenzrechtlicher Anfechtung ein Rangverhältnis
zwischen »anfechtender«1245 Gesamtgläubigerschaft und anfechtendem Einzelgläubiger besteht.
Es ist daher zu untersuchen, ob die bestehenden Unterschiede eine differenzierte Interessenbewertung verlangen.
Die Anfechtungsfrist beträgt sowohl bei § 134 InsO, als auch bei § 4 AnfG vier
Jahre. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass im Rahmen der insolvenzrechtlichen Anfechtung darüber hinaus die zweijährige Verjährungsfrist des § 146
InsO i.V.m. § 214 I BGB zu beachten ist. Selbst wenn man daraus einen Nachteil
für die Gesamtgläubigerschaft ableiten wollte, weil deren Anfechtung eine
zusätzliche Hürde bereitet wurde, so ergibt sich daraus indes kein Nachrang der
Einzelgläubiger. Denn wenn schon die durch die Verjährbarkeit des Anfechtungsanspruchs »benachteiligten« Gesamtgläubiger Vorrang vor den Interessen der
Zuwendungsempfänger genießen, so muss dies erst recht für die insoweit nicht
mit der Gefahr der Verjährung belasteten Einzelgläubiger gelten.
Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass der jeweilige Rückgewähranspruch auf verschiedene Gegenstände gerichtet ist. Die Anfechtung nach dem
AnfG zielt auf Duldung der Zwangsvollstreckung in den anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstand, die Anfechtung nach der lnsO auf (reale) Rückgabe
des Gegenstands zur Insolvenzmasse. Dies lässt sich damit erklären, dass der
Anfechtungsberechtigte so gestellt werden soll, als sei der weggegebene Vermögensgegenstand noch Bestandteil des Schuldnervermögens1246.
Aus diesem Grund kann der anfechtende Einzelgläubiger nicht reale Rückgewähr, sondern nur Wiederherstellung der Zugriffslage bzw. Beseitigung der
Zugriffshindernisse und Bereitstellung des Gegenstands zum Zweck der Zwangsvollstreckung1247 und der Insolvenzverwalter tatsächliche Rückgewähr zur Insolvenzmasse verlangen.
Der Einzelgläubiger hätte auch dann nichts anderes für sich beanspruchen können, wenn sich der Vermögensgegenstand noch in der Haftungsmasse befunden
1245 Das Anfechtungsrecht im Rahmen des Insolvenzrechts steht grundsätzlich dem Insolvenzverwalter zu. Nur im vereinfachten Insolvenzverfahren sind die Insolvenzgläubiger gemäß
§ 313 II InsO anfechtungsberechtigt, wobei die Gläubigerversammlung einzelne Insolvenzgläubiger mit der Anfechtung beauftragen kann. Bei Eigenverwaltung obliegt das
Anfechtungsrecht dem Sachwalter, § 280 InsO.
1246 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, vor §§ 129 ff. Rn. 13; Huber, AnfG, § 11 Rn. 17.
1247 Huber, AnfG, § 11 Rn. 17.
260
hätte. Aus diesem Umstand kann keine Schlechterstellung des Einzelgläubigers
abgeleitet werden.
Etwas anderes könnte sich aus der Tatsache ergeben, dass das außerinsolvenzrechtliche Anfechtungsrecht vom Bestand der titulierten und befriedigungsbedürftigen Forderung des Einzelgläubigers abhängt1248. Dieser erwirbt ein Anfechtungsrecht erst dann, wenn er einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat1249.
Aufgrund dieser »Akzessorietät« ist der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch des AnfG auch auf den Betrag beschränkt, auf den der Schuldner kraft seines Schuldtitels zugreifen kann1250. Das Anfechtungsrecht nach lnsO entsteht hingegen unabhängig davon, ob die Forderung des Insolvenzgläubigers bereits tituliert wurde, mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens1251. Der Einzelgläubiger muss
daher größere Hürden nehmen, um dann im Wege der Anfechtung doch noch auf
den der Haftungsmasse entzogenen Vermögensgegenstand zugreifen zu können.
Aber auch daraus lässt sich kein vorrangiges bzw. nachrangiges Verhältnis zwischen Einzelgläubiger und Gesamtgläubigerschaft ableiten, da der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch zwar im Regelfall auf den anfechtbar weggegebenen Vermögensgegenstand in voller Höhe gerichtet ist, weil es hier nicht um die
Befriedigung eines Gläubigers aus einem Vermögensgegenstand, sondern um die
gemeinschaftliche Befriedigung aller Gläubiger aus dem gesamten Schuldnervermögen geht1252. Können die Ansprüche der Insolvenzgläubiger indes bereits mit
einem geringeren Wert befriedigt werden, bezieht sich auch der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch nur auf diesen Teil. Ein Rangverhältnis könnte sich
jedoch aus § 17 AnfG ergeben, der die Anfechtung nach dem AnfG im Fall der
Insolvenz des Schuldners, zumindest bis zum endgültigen Abschluss des lnsolvenzverfahrens, verdrängt, sofern der Einzelgläubiger zu den Insolvenzgläubigern gehört. Fraglich ist, ob dies zu dem Schluss zwingt, dass das Gesetz die
Interessen der Einzelgläubiger im Verhältnis zu den Interessen der Gesamtgläubigerschaft als weniger schutzwürdig einstuft. Entscheidend ist, welches gesetzgeberische Ziel hinter § 17 AnfG steht.
Im Rahmen des Insolvenzverfahrens steht das Interesse aller Gläubiger sowie
deren gemeinschaftliche Befriedigung im Vordergrund. Ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben die Insolvenzgläubiger deshalb keine Sonderrechte mehr
und können ihre Rechte nur noch nach Maßgabe der InsO verfolgen. Während vor
Verfahrenseröffnung bei der Pfändung durch einzelne Gläubiger das Prioritätsprinzip galt, sind Einzelgänge nun nicht mehr zulässig1253. In Anbetracht dieses
Ziels entspricht es daher dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Insolvenzgläubiger, wenn man die außerinsolvenzrechtliche Anfechtung für den Zeitraum
1248 Huber, AnfG, Einf. Rn. 14.
1249 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, vor §§ 129 ff. Rn. 9; Haegele, RPfl 1969, 156 ff.
(161).
1250 Gottwald/Huber, Insolvenzrechts-Handbuch, § 46 Rn. 7.
1251 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, vor §§ 129 ff. Rn. 9.
1252 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, vor §§ 129 ff. Rn. 9.
1253 Boll, Fragen der Zwangsvollstreckung und Schenkungsanfechtung bei Lebensversicherungsverträgen, 1981, S. 70.
261
aussetzt, in dem das Insolvenzverfahren noch nicht endgültig beendet ist, da die
Anfechtung nach dem AnfG nur dem Individualinteresse, nämlich der Befriedigung eines Gläubigers dient1254. Gegen einen Nachrang der Einzelgläubiger
spricht zudem, dass das außerinsolvenzrechtliche Anfechtungsrecht nach Beendigung des Insolvenzverfahrens gemäß § 18 AnfG wieder »auflebt«. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens führt damit nicht zum Erlöschen des außerinsolvenzrechtlichen Anfechtungsrechts, sondern nur zu dessen Ruhen.
Darüber hinaus dienen beide Verfahren demselben Zweck, nämlich dem
Schutz vor Vermögensentäußerungen des Schuldners und dem damit verbundenen Entzug von Vermögenswerten1255. Für eine der insolvenzrechtlichen Interessenbewertung entsprechende Behandlung der Einzelgläubiger spricht nicht
zuletzt, dass die im Rahmen der Insolvenzrechtsreform erfolgte Neubewertung
der Interessen später auch auf das Anfechtungsgesetz übertragen worden ist. Die
bestehenden Unterschiede lassen daher nicht auf ein Rangverhältnis zwischen
Einzelgläubiger und Gesamtgläubigerschaft schließen. Auch die Interessen der
anfechtenden Einzelgläubiger sind daher vorrangig vor den Interessen der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung zu berücksichtigen. Dies gilt selbst dann,
wenn der Begünstigte zu dem Kreis der nahen Angehörigen des Versicherungsnehmers gehört.
ccc) Zwischenergebnis
Den Interessen des Zuwendungsempfängers kommt im Rahmen des Anfechtungsrechts – selbst wenn dieser zum Kreis der nahen Angehörigen des Versicherungsnehmers gehört – keine privilegierte Rechtsposition zu. Vielmehr wurde den
Interessen der anfechtenden Gläubiger ein Vorrang eingeräumt. Das Interesse des
durch eine Lebensversicherung Begünstigten steht daher der sekundären Anfechtbarkeit der innerhalb des Anfechtungszeitraums erfolgten Prämienzahlungen im Fall des Fristablaufs nicht entgegen.
e) Zusammenfassung
Die anfechtbare Rechtshandlung besteht in erster Linie in der Einräumung des
Bezugsrechts zugunsten eines Dritten. Nur wenn die Anfechtung wegen Ablaufs
der Anfechtungsfrist ausgeschlossen ist, besteht die anfechtbare Rechtshandlung
sekundär in den innerhalb des kritischen Zeitraums geleisteten Prämienzahlungen.
1254 Weis, in: Hess/Weis/Wienberg, InsO, vor §§ 129 ff. Rn. 9.
1255 Haegele, RPfl 1969, 156 ff. (161).
262
B. Die Rechtsfolge: der Gegenstand des anfechtungsrechtlichen
Rückgewähranspruchs
Was durch die anfechtbare Rechtshandlung aus dem Vermögen des Schuldners
veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist, muss zur Insolvenzmasse zurückgewährt (§ 143 I 1 InsO) bzw. dem Gläubiger zur Verfügung gestellt werden, soweit
es zu dessen Befriedigung erforderlich ist (§ 11 I 1 AnfG). Während der Rückgewähranspruch im Rahmen der InsO auf tatsächliche Rückgabe des weggegebenen
Vermögensgegenstands zur Insolvenzmasse geht, richtet sich der Rückgewähranspruch im Rahmen des AnfG in der Regel auf Duldung der Zwangsvollstreckung
in diesen Gegenstand. Fraglich ist jedoch, worauf bei Ermittlung des anfechtungsrechtlichen Rückgewähranspruchs im Zusammenhang mit einer Lebensversicherung abzustellen ist.
I. Der Anknüpfungspunkt zur Ermittlung des Rückgewährgegenstands
Der Wortlaut des § 143 I 1 InsO, § 11 I 1 AnfG stellt auf den Vermögenswert ab,
der aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben
wurde. Stellt man demzufolge nur auf die beim Schuldner/Versicherungsnehmer
eingetretene Vermögensminderung ab, so könnte nur im Fall der schenkungshalber erfolgten Abtretung der Versicherungsanspruch zum Gegenstand des Rückgewähranspruchs gemacht werden. Bei einer Zuwendung in Form der Einräumung eines Bezugsrechts könnte man jedoch, da das Vermögen des Versicherungsnehmers bei rechtlicher Betrachtung effektiv nur um die Beiträge gemindert
wurde, nur auf die Prämien abstellen. Dafür würde auf den ersten Blick auch der
Sinn und Zweck der Anfechtung sprechen, der darin besteht, vor Verfahrenser-
öffnung vorgenommene Vermögensschmälerungen des Schuldners rückgängig zu
machen und die Haftungsmasse um die entzogenen Vermögenswerte wieder zu
mehren1256. Dies trifft in Bezug auf die Prämien zu: die Haftungsmasse wurde
durch die Entnahme der Beiträge geschmälert, die vor der Zession und vor der Bezugsrechtseinräumung noch zum Schuldnervermögen gehört haben und zum
Zweck der Drittbegünstigung – zur Anspruchsbegründung und -erhaltung – aufgewandt worden sind.
Es ist jedoch fraglich, ob die Vermögensminderung tatsächlich der allein maßgebliche Anknüpfungspunkt bei der Ermittlung des Rückgewährgegenstands sein
kann.
Auch § 143 I InsO und § 11 AnfG knüpfen nicht allein an die beim Schuldner
vorgenommene Vermögensminderung sondern auch an die anfechtbare Rechtshandlung an, die diese Vermögensminderung verursacht hat. Es kommt daher
nicht nur auf die Schmälerung der Haftungsmasse, sondern vielmehr auch darauf
1256 Obermüller/Hess, InsO, Rn. 298.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Mit welchem Wert sind Lebensversicherungen anzusetzen, wenn sie in erb- oder familienrechtlichen Ausgleichungs- oder Anrechnungsregelungen zu berücksichtigen sind: Mit der Versicherungssumme? Mit der Summe der erbrachten Prämienzahlungen? Mit dem Rückkaufswert? In Rechtsprechung und Literatur ist ein einheitliches Vorgehen bislang nicht erkennbar.
Die vorliegende Arbeit untersucht diese Frage auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2003 auf dem Gebiet des Insolvenzrechts erfolgten Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes differenziert anhand der Vielzahl an Funktionen, die eine Lebensversicherung erfüllen kann.