140
3. Die mittelbare Zuwendung
Auch mittelbare Zuwendungen werden von §§ 2050 ff. BGB erfasst680. Gegenstand einer mittelbaren Zuwendung ist der Bereicherungsgegenstand681, d.h. bei
einer im Zusammenhang mit der Bezugsrechtseinräumung erfolgenden Zuwendung der Versicherungsanspruch. Das gilt nicht, wenn der Erblasser im Rahmen
seiner Dispositionsbefugnis die Ausgleichung eines anderen Vermögensgegenstands angeordnet hat.
IV. Ergebnis
Besteht die ausgleichungspflichtige Zuwendung in der Einräumung eines Bezugsrechts für eine Lebensversicherung zugunsten eines Miterben, ist primär auf
den vom Erblasser bestimmten Zuwendungsgegenstand abzustellen. Hat der Erblasser keine Anordnung getroffen, so ist der Versicherungsanspruch auszugleichen. Den maßgeblichen Wert dieses Anspruchs kann der Erblasser selbst bestimmen. Ansonsten ist der Anspruch auf die (volle) Versicherungssumme zuzüglich
der dem Begünstigten zustehenden Überschussanteile zugrunde zu legen. Bei
Vorliegen einer Rentenlebensversicherung ist entweder eine Kapitalisierung
durchzuführen oder aber ein Schätzwert anzusetzen, der sich durch die Multiplikation der sich anhand der statistischen Sterbetafeln ergebenden Lebenserwartung des Begünstigten und der regelmäßig zu erbringenden Geldbeträge errechnen lässt682.
3. Kapitel: Anrechnung und Ausgleichung im Familienrecht
Hat ein im Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebender Ehegatte eine Lebensversicherung zugunsten seines Ehegatten oder zugunsten eines Dritten abgeschlossen oder ist ein Ehegatte Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung, die
ein Dritter zu seinen Gunsten abgeschlossen hat, und kommt es zur Beendigung
des Güterstands, so können auch im Rahmen der güterrechtlichen Vermögensauseinandersetzung Anrechnungs- und Ausgleichungsprobleme entstehen. Innerhalb
der güterrechtlichen Ausgleichsregelungen setzen sich nur wenige Vorschriften
mit der Berücksichtigung von Vermögen, das einer der Ehegatten durch Rechtgeschäft unter Lebenden erworben bzw. aufgegeben hat, auseinander.
Zu unterscheiden ist zwischen den Normen, die sich an den begünstigten Ehegatten richten (§§ 1374 II, 1380 BGB), die den begünstigenden Ehegatten in den
680 Hasse, Lebensversicherung und erbrechtlicher Ausgleichsanspruch, 2005, S. 27.
681 Siehe S. 73 ff.
682 Siehe S. 101 ff.
141
Blickpunkt nehmen (§ 1375 II BGB) sowie den Vorschriften, die sich an den von
einem Ehegatten begünstigten Dritten wenden (§ 1390 BGB).
Diese Vorschriften setzen in erster Linie voraus, dass tatsächlich ein güterrechtlicher Zugewinnausgleich gemäß §§ 1372 ff. BGB stattfindet. Das ist nicht
der Fall, wenn die Zugewinngemeinschaft durch Tod eines Ehegatten endet und
der überlebende Ehegatte beim Ausgleich des Zugewinns die erbrechtliche
Lösung (§ 1371 I BGB) wählt. Dann nämlich ist wegen der pauschalen Erhöhung
des gesetzlichen Ehegattenerbteils um ¼ ohne Bedeutung, wie die Versicherungsleistung in der Zugewinnbilanz Berücksichtigung findet. Die pauschale Erhöhung
des gesetzlichen Erbteils vollzieht sich zugunsten des überlebenden Ehegatten
unabhängig davon, ob der verstorbene Ehegatte tatsächlich bzw. in welcher Höhe
er einen Zugewinn erzielt hat. Eine konkrete Berechnung des erzielten Zugewinns
und damit auch eine konkrete Bewertung der in die Zugewinnbilanz eingehenden
Vermögensgegenstände wird erst dann durchgeführt, wenn die Zugewinngemeinschaft durch Scheidung, wegen Wechsels des Güterstands oder durch Tod – bei
Wahl der güterrechtlichen Lösung (§ 1371 II, III BGB) – endet oder wenn ein
Ehegatte den vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns gemäß § 1385 BGB begehrt.
Dasselbe Problem tritt auch im Zusammenhang mit der Lebenspartnerschaft
auf, wenn die Lebenspartner bei Begründung der Lebenspartnerschaft den Vermögensstand der Ausgleichsgemeinschaft gemäß §§ 6 II, 1 I 4 LPartG wählen.
Dann nämlich findet bei Beendigung des Vermögensstands die Durchführung
eines Ausgleichsverfahrens statt, das dem des Zugewinnausgleichs nach §§ 1372
ff. BGB entspricht683.
Die Ausgleichspflicht trifft den Ehegatten, dessen Zugewinn den Zugewinn des
anderen Ehegatten übersteigt. Sie besteht in Höhe der Hälfte des Überschusses
(§ 1378 BGB). Zugewinn ist der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten das Anfangsvermögen übersteigt (§ 1373 BGB). Anfangsvermögen ist das
Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt
des Güterstands gehört (§ 1374 I 1. HS. BGB), wobei dem Anfangsvermögen
eines Ehegatten auch das Vermögen hinzugerechnet wird, das ein Ehegatte nach
Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges
Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt (§ 1374 II BGB).
Es stellt sich nun die Frage, ob auch der Erwerb des Ehegatten, den dieser aufgrund eines Bezugsrechts an einer Lebensversicherung macht, welches ihm entweder von dem anderen Ehegatten, oder von dritter Seite eingeräumt wurde, unter
den privilegierten Erwerb des § 1374 II BGB fällt und wenn ja, welcher Vermögensgegenstand mit welchem Wert in dem Anfangsvermögen des begünstigten
Ehegatten anzurechnen ist.
Dieselbe Frage stellt sich im Zusammenhang mit der Berechnung des Endvermögens. Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der
Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstands gehört (§ 1375 I 1 BGB).
683 Über § 6 II 4 LPartG finden die §§ 1371-1390 BGB bei Beendigung der Ausgleichsgemeinschaft entsprechende Anwendung.
142
Dem Endvermögen eines Ehegatten wird auch der Betrag hinzugerechnet, um
den dieses Vermögen dadurch vermindert wurde, dass ein Ehegatte nach Eintritt
des Güterstands
1. unentgeltlich Zuwendungen gemacht hat, durch die er nicht einer sittlichen
Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen
hat,
2. Vermögen verschwendet hat oder
3. Handlungen in der Absicht vorgenommen hat, den Ehegatten zu benachteiligen (§ 1375 II BGB).
Räumt der dolose Ehegatte nun das Bezugsrecht an einer Lebensversicherung zugunsten eines Dritten ein, so stellt sich die Frage, ob dies unter den Tatbestand
des § 1375 II BGB fällt, mit der Folge, dass die Versicherungsleistung fiktiv dem
Endvermögen des dolosen Ehegatten anzurechnen wäre.
Entsprechend § 2329 BGB trifft den Zuwendungsempfänger gemäß § 1378 II
BGB eine »Ausgleichsergänzungspflicht«. Soweit einem Ehegatten gemäß
§ 1378 II BGB eine Ausgleichsforderung nicht zusteht, weil der andere Ehegatte
in der Absicht, ihn zu benachteiligen, unentgeltliche Zuwendungen an einen Dritten gemacht hat, und sein Vermögen dadurch so geschmälert hat, dass er seine
Ausgleichspflicht mit den vorhandenen Mitteln nicht erfüllen kann, ist der Dritte
verpflichtet, das Erlangte nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung an den Ehegatten zum Zweck der Befriedigung
wegen der ausgefallenen Ausgleichsforderung herauszugeben (§ 1390 I 1 BGB).
Ein weiteres Anrechnungsproblem, das im Zusammenhang mit der Zuwendung eines Bezugsrechts für eine Lebensversicherung steht, tritt dann auf, wenn
sich zugunsten eines Ehegatten ein Ausgleichsanspruch nach § 1378 I BGB
ergibt, diesem aber bereits zuvor etwas von dem anderen Ehegatten durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung zugewendet wurde, dass es auf die
Ausgleichsforderung angerechnet werden soll (§ 1380 II BGB).
A. Der Erwerb aufgrund einer Lebensversicherung zugunsten Dritter als
zugewinnneutraler Erwerb i.S.d. § 1374 II BGB
I. Vorrang des Versorgungsausgleichs?
Aus dem Umstand, dass die Rechtsfolge des § 1374 II BGB auf die Anrechnung
des privilegierten Erwerbs zum Anfangsvermögen des begünstigten Ehegatten
gerichtet ist, ergibt sich, dass es sich bei dem erworbenen Vermögensgegenstand
zunächst um einen Vermögensgegenstand handeln muss, der überhaupt dem Zugewinnausgleich unterworfen werden kann.
In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass Anwartschaften oder
Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters oder verminderter Erwerbsfähig-
143
keit der in § 1587 a II BGB genannten Art, die für einen Ehegatten in der Ehezeit
begründet oder aufrechterhalten worden sind, ausschließlich die Vorschriften
über den Versorgungsausgleich Anwendung finden. Ein güterrechtlicher Ausgleich findet insoweit nicht statt (vgl. §§ 1587 I, III BGB).
Sofern der Versicherungsnehmer, der dem Ehegatten das Bezugsrecht an einer
Lebensversicherung unentgeltlich eingeräumt hat, eine Versorgung des Begünstigten in der geschilderten Weise bezweckt, könnte auch ein Vermögensausgleich über das Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs in Betracht kommen.
Zu denken ist hierbei insbesondere an die Lebensversicherungen, bei dem der
Anspruch auf die Versicherungssumme fällig werden soll, wenn der begünstigte
Ehegatte ein bestimmtes Lebensalter erreicht hat.
Hielte man demzufolge den Vermögensausgleich über das Rechtsinstitut des
Versorgungsausgleichs für vorrangig, fände § 1374 II BGB insoweit keine
Anwendung.
Es bedarf daher einer Abgrenzung, welches Rechtsinstitut beim Vermögensausgleich im Hinblick auf eine Lebensversicherung zugunsten Dritter zur Anwendung gelangt.
Die Frage, ob die aus einer Lebensversicherung erwachsenden Ansprüche bzw.
Anwartschaften dem Zugewinn- oder Versorgungsausgleich zuzuordnen sind, ist
sehr umstritten.
Die Rechtsprechung684 und herrschende Lehre685 grenzen danach ab, ob der
Versicherungsvertrag als Kapitallebensversicherung abgeschlossen wurde oder
ob er auf die Zahlung periodisch wiederkehrender Rentenzahlungen gerichtet ist.
Im ersten Fall soll das .Rechtsinstitut des Zugewinnausgleichs, im zweiten Fall
das Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs einschlägig sein. Diese schematische Zuordnung führt dann zu Problemen, wenn die Lebensversicherung nicht als
reine Kapital- oder Rentenlebensversicherung ausgestaltet wurde, sondern dem
Versicherungsnehmer bzw. Begünstigten ein Kapitalwahlrecht oder eine Rentenoption vorbehalten wurde686.
Unabhängig von dieser Abgrenzungsproblematik ist jedoch zu beachten, dass
bei einem Versorgungsausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten bereits
684 BGHZ 67, 262 ff.; 88, 386 ff.; 130, 377 ff.; BGH FamRZ 1986, 344; OLG München FamRZ
1981, 277; OLG Bamberg FamRZ 1981, 279; OLG Frankfurt/a.M. FamRZ 1981, 280.
685 Schmalz-Brüggemann, FamRZ 1996, 1053 ff.; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht,
§ 1375 Rn. 6; StaudingerThiele (2000), § 1374 Rn. 7; Staudinger-Rehme (2004), § 1587
Rn. 33, § 1587 a Rn. 386; MünchKomm/BGB-Dörr, § 1587 Rn. 10; Soergel/Vorwerk,
§ 1587 Rn. 5; Soergel/Winter, § 1587a Rn. 234; Erman-Heckelmann, § 1375 Rn. 2;
Erman-Klattenhoff, § 1587 a Rn. 61; Ruland, NJW 1976, 5.1713 ff. (1716); Voit, FamRZ
1992, 1385 ff.; Kissel, Ehe und Ehescheidung, 1977, 5.182; Bergerfurth, Der Ehescheidungsprozeß und die anderen Eheverfahren, 1994, Rn. 392; Hofffmann, FamRZ 1977, 226;
Petersen, AcP 204 (2004), 5.843, der diese schematische Einordnung für vernünftig – wenn
auch vom Gesetz nicht vorgegeben – hält; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil
VI Rn. 25, Bearb.: Hahne; Prölss/Martin-Kollhosser, VVG, vor § 159 Rn. 33; Wick, in:
Baumeister, FamGb, vor §§ 1587 ff., Rn. 6; § 1587 Rn. 15, 18; Klattenhoff, NZS 1994,
539; Ellger, Versorgungsausgleich in der Privatversicherung, DRV 1985, 624.
144
die Anwartschaften oder Aussichten außer Betracht bleiben, die weder mit Hilfe
des Vermögens noch durch Arbeit der Ehegatten begründet oder aufrechterhalten
worden sind (§ 1587 I 2 BGB). Dies gilt unter anderem für private (Renten-)
Lebensversicherungen, die einem Ehegatten von einem Dritten unentgeltlich –
durch Abtretung oder Einräumung eines Bezugsrechts – zugewendet worden
sind687. Eine Einbeziehung dieser Versorgungsanrechte ist auch wegen Sinn und
Zweck des Versorgungsausgleichs nicht geboten. Dieser besteht darin, beide Ehegatten auch im Fall der Scheidung an der während der Ehezeit zum Zweck der
gemeinsamen Vorsorge abgeschlossenen Alterssicherung teilhaben zu lassen688.
Dem liegt die Annahme zugrunde, dass die Begründung dieser Anrechte auf einer
gemeinsamen Leistung der Ehegatten im Hinblick auf eine – unabhängig davon,
wem die Versicherungsleistung rechtlich zugeordnet wird – gemeinsame Versorgung im Alter beruhe689 und daher eine gleichmäßige Verteilung dieser Anrechte
zur Absicherung beider Ehegatten vorzunehmen sei690.
Ist aber von vornherein ausgeschlossen, dass der Erwerb dieser Versorgungsanrechte auf einer gemeinsamen Leistung der Ehegatten beruht, so besteht kein
Grund, die private Rentenlebensversicherung die ein Ehegatte von einem Dritten
zugewandt bekommen hat, in den Versorgungsausgleich fallen zu lassen. Insoweit
handelt es sich um eine § 1374 II BGB entsprechende Bestimmung. Wie dort verhält sich der Erwerb von Versorgungsanrechten, dessen Grund nicht in der ehelichen Lebens-, Wirtschafts- und Erwerbsgemeinschaft691 liegt, im Rahmen des
Versorgungsausgleichs neutral.
Unerheblich ist, ob die unentgeltlich erworbenen Versorgungsanrechte durch
unmittelbare Leistung des Schenkers an die Versicherungsgesellschaft begründet
686 Überwiegend wird in diesem Fall darauf abgestellt, welche Leistungsform im Versicherungsvertrag vereinbart wurde, außer das Wahlrecht wurde bis zu einem bestimmten Stichtag ausgeübt. Bei einer Rentenlebensversicherung mit Kapitalwahlrecht wird auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung über den Versorgungsausgleich (BGH NJW
1993, 1262; BGHZ 153, 393 ff.; Soergel/Winter, § 1587a Rn. 248; OLG Hamburg FamRZ
1987, 721; Ruland/Tiemann, Versorgungsausgleich und steuerliche Folgen der Ehescheidung, 1977, Rn. 153; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil VI Rn. 25, Bearb.:
Halme) bzw. bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (Prölss/Martin-Kollhosser,
VVG, vor § 159 Rn. 33; BGH VersR 1993,728) abgestellt. Bei einer Kapitallebensversicherung mit Rentenoption wird überwiegend auf den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit des
Scheidungsantrags (BGHZ 81, 196 ff.; 88, 386 ff.; Rolland, § 1587 a Rn. 108 b; Gitter/
Hoffmann, in: FS Beitzke, 1979, S. 949; Kissel, Ehe und Ehescheidung, 1977, S. 182;
Wick, in:Baumeister, FamGb, § 1587 Rn. 18; MünchKomm/BGB-Dörr, § 1587 Rn. 10;
Petersen, AcP 204 (2004), 844), teilweise aber auch auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abgestellt (Soergel-Vorwerk, § 1587 Rn. 15).
687 Gitter/Hoffmann, in: ES Beitzke, 1979, S. 951; Kissel, Ehe und Ehescheidung, 1977,
S. 183; Bergerfurth, Rn. 392; MünchKomm/BGB-Dörr, § 1587 Rn. 25.
688 BT-Drucks. 7/650, S. 155.
689 BT-Drucks. 7/650, S. 155.
690 Gitter/Hoffmann, in: FS Beitzke, 1979, S. 938 f.; Staudinger-Rehme (2004), Vorbem. zu
§§ 1587 ff. Rn. 5.
691 Hohloch, JuS 1996, 74.
145
worden sind oder ob die Vermögenszuwendung zunächst in das Vermögen des
begünstigten Ehegatten geflossen ist und dieser die Zuwendung dazu benutzt, um
der Prämienzahlungspflicht, die aus einem von ihm selbst abgeschlossenen Rentenlebensversicherungsvertrag erwächst, nachzukommen692. Voraussetzung ist
nur, dass die Leistung des Schenkers mit einer der Direktleistung (Schenker –
Versicherungsgesellschaft) wirtschaftlich gleichstehenden Weise erfolgt693. Dies
ist der Fall, wenn die Zuwendung des Schenkers einer Zweckbindung unterlag,
d.h. allein zum Zweck der Begründung von Rentenanwartschaften zugunsten des
Zuwendungsempfängers erfolgte694‚ wenn der Zuwendungsempfänger insoweit
keinen eigenen Entscheidungsspielraum in Bezug auf die Verwendung der Vermögenszuwendung hatte, wenn die Zuwendung unter der Auflage gemacht worden ist, mit ihr solle ein Versorgungsanrecht begründet werden695, oder wenn der
Schenker den Beschenkten mangels eigener Geschäftsfähigkeit als »Durchgangsposten« benutzt hat696. Von dritter Seite unentgeltlich erworbene Versorgungsanwartschaften aus Lebensversicherungen fallen daher nicht unter den Versorgungsausgleich. Deren Berücksichtigung im Rahmen des Zugewinnausgleichs
wird daher nicht wegen eines Vorrangs des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587
III BGB gesperrt.
II. Anwendbarkeit des § 1374 II BGB auf den Erwerb aufgrund einer
Lebensversicherung zugunsten Dritter
1. Der Erwerb des einen Ehegatten aufgrund einer Lebensversicherung
zugunsten Dritter bei Personenverschiedenheit zwischen
Versicherungsnehmer und anderem Ehegatten
a) Problemstand
Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands von Todes wegen oder
mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung
erwirbt, wird nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Anfangsvermögen hinzugerechnet, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist
(§ 1374 II BGB).
Bestimmter privilegierter Erwerb wird somit – auch wenn sich der erworbene
Vermögenswert am Stichtag des § 1374 I BGB noch nicht im Vermögen des
erwerbenden Ehegatten befunden hat – dem Anfangsvermögen zugeschlagen.
692 a.A.: BGH FamRZ 1984, 570 ff. (572); BGH FamRZ 1987, 48 f.
693 BGH FamRZ 1984, 570ff. (571 f.); BGH FamRZ 1987, 48 f.
694 Johannsen/Henrich/Hahne, § 1587 Rn. 16; Soergel/Vorwerk, § 1587 Rn. 17.
695 a.A.: Staudinger-Rehme (2004), § 1587 Rn. 38.
696 Wick, in: Baumeister, FamGb, § 1587 Rn. 21.
146
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob dies auch für den Erwerb
aufgrund einer Lebensversicherung gilt, wenn der eine Ehegatte nach Eintritt in
den Güterstand der Zugewinngemeinschaft entweder von einem Dritten als
Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung eingesetzt worden ist, oder ihm die
Versicherungsforderung schenkungshalber abgetreten wurde. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil der begünstigte Ehegatte, sofern die Versicherungsleistung nur seinem Endvermögen zuzurechnen wäre, seinen anderen Ehegatten am Wert des Versicherungsanspruchs über den Zugewinnausgleich in vollem Umfang beteiligen müsste, weil sich sein Zugewinn entsprechend erhöhen
würde. Für den erwerbenden Ehegatten ist es daher von Interesse, dass der Erwerb
aufgrund des Lebensversicherungsvertrags bereits in seinem Anfangsvermögen
Berücksichtigung findet. Scheitert nun eine Einbeziehung des Vermögenswertes
am Stichtagsprinzip des § 1374 I BGB, ist eine Zuordnung zum Anfangsvermögen nur noch über Abs. 2 der Vorschrift zu erreichen. Problematisch ist hierbei
jedoch, dass der Erwerb aufgrund eines Lebensversicherungsvertrags nicht ohne
weiteres einem der in § 1374 II BGB genannten Erwerbstatbestände zugeordnet
werden kann.
b) Streitstand
Die Anwendbarkeit des § 1374 II BGB auf den Erwerb aufgrund eines Vertrags
zugunsten Dritter auf den Todesfall ist Gegenstand einer Diskussion, an der besonders hervorzuheben ist, dass sich die verschiedenen Auffassungen im Ergebnis einig, über den Weg zu diesem Ergebnis jedoch vollkommen uneinig sind. Einigkeit besteht darin, dass § 1374 II BGB auch im Hinblick auf den Erwerb aufgrund einer Lebensversicherung anwendbar ist. Uneinig ist man sich aber dar-
über, ob dies durch eine Subsumtion unter den Erwerb »von Todes wegen« bzw.
»mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht«, durch Subsumtion unter den Erwerb
»durch Schenkung« oder durch eine Analogie des § 1374 II BGB erreicht werden
kann.
aa) Erweiterte Auslegung des Erwerbs »von Todes wegen« bzw. »mit
Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht«
Die Rechtsprechung697 und überwiegende Literatur698 vertreten die Ansicht, der
Rechtserwerb aufgrund eines Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall falle
in den Anwendungsbereich des § 1374 II BGB. Zwar stelle der Erwerb der
697 BGHZ 130, 377 ff.; OLG Hamm FamRZ 1993, 1446 f.; OLG Hamm FamRZ 1994, 1255 f.
698 Erman/Heckelmann, § 1374 Rn. 9; Jauemig/Berger, § 1374 Rn. 7; MünchKomm/BGB-
Koch § 1374 Rn. 18; Palandt-Brudermüller § 1374 Rn. 19; Prölss/Martin-Kollhosser,
VVG, vor § 159 Rn. 33; Koenig, Die Drittbegünstigung in der Kapitallebensversicherung,
1998, 5.157.
147
Lebensversicherungssumme wegen des originären, außerhalb des Nachlasses
stattfindenden Rechtserwerbs weder einen Erwerb von Todes wegen, noch einen
Erwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht dar699. Ein Erwerb durch Schenkung scheitere daran, dass der Empfänger nicht aus dem Vermögen des Schenkers
/ Versicherungsnehmers bereichert werde, da die Versicherungsforderung niemals zum Vermögen des Schenkers/ Versicherungsnehmers gehört habe, sondern
vielmehr mit Eintritt des Todesfalls unmittelbar in der Person des Bezugsberechtigten entstehe. Aufgrund des Normzwecks700 und der Ähnlichkeit der Erwerbstatbestände701 könne aber – obwohl eine Analogie ausgeschlossen sei702 –
durch eine entsprechend weite Auslegung der in § 1374 II BGB normierten Erwerbstatbestände auch der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall in den Anwendungsbereich des § 1374 II BGB einbezogen werden703.
Unerheblich sei, dass der Erwerb beim Vertrag zugunsten Dritter außerhalb des
Nachlasses stattfinde, da dies eine rechtstechnische, diesem Vertragstypus immanente Besonderheit darstelle. Entscheidendes Kriterium für die Eröffnung des
Anwendungsbereichs des § 1374 II BGB sei jedoch, dass – wie auch bei der Erbeinsetzung – eine persönliche Beziehung704 zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger bestehe705. Bei einer Lebensversicherung, die nur aus wirtschaftlichen Gründen – zum Zweck der Kreditsicherung oder aus steuerrechtlichen Gründen – abgeschlossen worden sei706, fehle es indes an einem inneren
Zusammenhang zu den in § 1374 II BGB genannten Erwerbstatbeständen.
bb) Erwerb der Versicherungsleistung als Erwerb durch Schenkung
Andere Stimmen in der Literatur gelangen zu demselben Ergebnis, erreichen dies
aber, indem sie den Erwerb der Versicherungsleistung aufgrund Vertrags zugunsten Dritter auf den Todesfall dem Erwerb durch Schenkung zuordnen707. Schenkungsgegenstand sei die Versicherungssumme, da der Bezugsberechtigte diese
699 BGHZ 130, 377 ff.
700 BGHZ 87, 367 ff.; OLG Hamm FamRZ 1984, 481.
701 BGH ZEV 1996, 28 unter Bezugnahme auf die Gleichbehandlung beider Erwerbsarten im
Steuerrecht (§ 3 Nr. 4 EStG).
702 Strenge Rspr. seit BGH FamRZ 1977, 124.
703 BGHZ 130, 377 ff.
704 Damit sollen die Lebensversicherungen vom Anwendungsbereich des § 1374 II BGB ausgeschlossen werden, die zum Zweck der Kreditsicherung angeschlossen wurden oder bei
denen das Sparelement im Vordergrund steht. Dies gilt nicht für Lebensversicherungen,
die zum Zweck der Versorgung des Bezugsberechtigten – unabhängig von einer verwandtschaftlichen Beziehung – abgeschlossen wurden.
705 BGHZ 130, 377 ff.
706 BGHZ 130, 377 ff.
707 Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, § 1374 Rn. 25 a; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil VII Rn. 132.; Elfring, Drittwirkung der Lebensversicherung, 2003, S. 79
ff.; ders. NJW 2004, 485; Gernhuber, JZ 1996, 203 (206).
148
aufgrund der Vereinbarung zwischen Versicherungsgesellschaft und Versicherungsnehmer erwerbe.
cc) Analoge Anwendung des § 1374 II BGB auf Lebensversicherungen
Wieder andere plädieren, zumindest für den Fall, dass der Erwerb der Versicherungssumme allein auf der persönlichen Beziehung des empfangenden Ehegatten
zu dem Zuwendenden beruht und in keinem Zusammenhang zur Ehe steht, für
eine analoge Anwendung des § 1374 II BGB708.
c) Stellungnahme
Eine analoge Anwendung des § 1374 II BGB scheitert bereits am Vorliegen einer
unbewussten Regelungslücke, da der Gesetzgeber den Tatbestand der Vorschrift
bewusst so eng gefasst und auf die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe verzichtet hat709.
Eine analoge Anwendung des § 1374 II BGB ist aber schon von vornherein gar
nicht erforderlich. Liegt dem Valutaverhältnis zwischen Versicherungsnehmer
und Bezugsberechtigten nämlich eine Schenkung zugrunde oder erwirbt der
bezugsberechtigte Ehegatte die Versicherungsleistung als Ausstattung (§ 1624 1
BGB)710, so ist kein Grund dafür ersichtlich, den Erwerb des bezugsberechtigten
Ehegatten nicht direkt unter den Erwerb durch Schenkung oder den Erwerb als
Ausstattung zu subsumieren. Es ist zudem nicht nachvollziehbar, wenn der BGH
die Anwendbarkeit des Tatbestandsmerkmals »Erwerb durch Schenkung« mit
dem Argument ablehnt, Schenkungsgegenstand seien lediglich die geleisteten
Prämien. Zumindest im Hinblick auf die Prämienzahlungen hätte auch der BGH
§ 1374 II BGB unter dem Gesichtspunkt »Erwerb durch Schenkung« anwenden müssen.
Für die Einbeziehung des Erwerbs aufgrund einer Lebensversicherung in den
Anwendungsbereich spricht ferner Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Vorschriften über den Zugewinnausgleich (§§ 1373 ff. BGB) beruhen auf dem Grundsatz,
dass beide Ehegatten bei Beendigung des Güterstands an dem während der Ehezeit gemeinsam erworbenen Vermögen in gleichem Maße beteiligt werden sollen711. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass in der Regel beide Ehepartner, sei
708 Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1374 Rn. 27 b m.w.N.
709 Gernhuber, JZ 1996, 206.
710 Ausstattungslebensversicherung, die bei der Hochzeit eines Abkömmlings oder anlässlich
der Geburt eines Kindes oder zum Zweck der Sicherstellung dessen späterer Berufsausbildung zugewendet werden, können demnach unter § 1374 II BGB fallen.
711 BGH FamRZ 1981, 239 ff. (240).
149
es nun unmittelbar oder mittelbar, an dem Vermögenserwerb beteiligt waren712
bzw. den Erwerb des anderen Ehegatten unterstützt haben713. Das BGB geht hierbei von der Zugewinngemeinschaft als einer Lebens-, Wirtschafts- und Erwerbsgemeinschaft aus714. Dadurch soll die Teilhabe der nicht oder nur zum Teil berufstätigen Ehefrau an dem während der Ehe Erwirtschafteten sichergestellt werden,
wobei es im Interesse der Rechtsklarheit nicht darauf ankommt, ob tatsächlich
beide Ehegatten an dem Zugewinn mitgewirkt oder einen kausalen Beitrag dazu
geleistet haben715. Diesen Grundsatz durchbricht § 1374 II BGB. Die Vermögenswerte, die im Rahmen der dort abschließend aufgezählten Erwerbstatbestände
erworben wurden, verhalten sich zugewinnneutral, d.h. sie wirken sich nicht
zugewinnerhöhend aus. Der Grund hierfür liegt in der Annahme, dass ausschlaggebend für die Zuwendung die enge persönliche Beziehung des Zuwendungsempfängers zum Zuwendenden sei, in keinem Zusammenhang mit der ehelichen
Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft stehe716 und der andere Ehegatte deshalb
nicht daran beteiligt werden müsse717.
Dies kann auch auf eine Zuwendung in Form der schenkungshalber erfolgten
Abtretung des Versicherungsanspruchs bzw. in Form der Einräumung eines
Bezugsrechts zutreffen, sofern der Grund für die Zuwendung in der engen Beziehung zwischen Zuwendendem und Zuwendungsempfänger liegt. Dies ist der Fall,
wenn der Lebensversicherung ein Versorgungszweck zugrunde liegt, d.h. besonders dann, wenn das Bezugsrecht als ein unwiderrufliches ausgestaltet worden ist
und / oder es sich um eine Rentenlebensversicherung (zugunsten Dritter) handelt.
Demgemäß fallen alle Lebensversicherungen, die der Versorgung des Zuwendungsempfängers nach dem Tod des Versicherungsnehmers dienen, in den
Anwendungsbereich des § 1374 II BGB. Wurde die Versicherungsforderung
jedoch zum
Zweck der Kreditsicherung sicherheitshalber abgetreten oder wurde das
Bezugsrecht dem Ehegatten nur kraft seiner Gläubigerstellung sicherheitshalber
eingeräumt (kreditsichernde Lebensversicherung), so ist mangels persönlicher
Beziehung eine Anwendung des § 1374 II BGB zu Gunsten des bezugsberechtigten Ehegatten ausgeschlossen, In diesen Fällen liegt der Grund für die Einräumung des Bezugsrechts bzw. die Abtretung der Versicherungsforderung nämlich
nicht in der persönlichen, sondern vielmehr in der wirtschaftlichen Beziehung
zwischen Versicherungsnehmer und Begünstigtem. Eine Erweiterung der Privilegierung auch auf zum Zweck der Kreditsicherung abgeschlossene Verträge würde
daher Sinn und Zweck des § 1374 II BGB widersprechen und ist daher abzulehnen. Die Anwendung des § 1374 II BGB wird in diesen Fällen jedoch bereits am
712 BGB-RGRK/Finke, § 1374 Rn. 14; BGH FamRZ 1981, 239 ff. (240); Haußleiter/Schulz,
Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Rn. 23.
713 Staudinger-Thiele (2000), § 1374 Rn. 18.
714 Hohloch JuS 1996, 74.
715 BGHZ 65, 320.
716 BT-Drucks. 2/3409, 9; BGHZ 80, 384 ff. (388).
717 BGHZ 68, 43 ff. (45); BGH FamRZ 1981, 239 ff. (240).
150
Vorliegen des Tatbestandsmerkmals »Erwerb durch Schenkung« scheitern.
§ 1374 II BGB findet daher auch auf den Erwerb aufgrund eines Versorgungszwecken dienenden Lebensversicherungsvertrags Anwendung.
2. Der Erwerb des einen Ehegatten aufgrund eines vom anderen Ehegatten
bzw. von anderen nahe stehenden Personen abgeschlossenen
Lebensversicherungsvertrags zugunsten Dritter718
Hat ein Ehegatte einen Lebensversicherungsvertrag abgeschlossen und seinen
Ehegatten zum Bezugsberechtigten der Lebensversicherung gemacht oder hat er
seinem Ehegatten den daraus erwachsenden Versicherungsanspruch abgetreten,
so ist fraglich, ob dem begünstigten Ehegatten auch in diesem Fall die Privilegierung des § 1374 II BGB zugute kommt.
Zu differenzieren ist zunächst danach, ob im Verhältnis zwischen den Ehegatten eine Schenkung oder eine unbenannte Zuwendung vorliegt.
Liegt dem Valutaverhältnis eine echte Schenkung zugrunde, so steht der
Anwendung des § 1374 II BGB auf den ersten Blick nichts im Wege. Dennoch ist
die Anwendung der Vorschrift auf echte Schenkungen unter Ehegatten umstritten.
Die überwiegende Meinung719 möchte § 1374 II BGB teleologisch reduzieren
und das Tatbestandsmerkmal »durch Schenkung« um das Element »von dritter
Seite« erweitern und damit Zuwendungen zwischen Ehegatten vom Anwendungsbereich des § 1374 II BGB ausnehmen. Andere wiederum halten § 1374 II
BGB dann nicht mehr für anwendbar, wenn das der Zuwendung zugrunde liegende Rechtsgeschäft wegen der Anrechnung nach § 1380 BGB und der damit
verbundenen Umgestaltung seinen Schenkungscharakter verloren hat720.
Die überwiegende Meinung findet im Wortlaut des § 1374 II BGB keinen
Rückhalt. Dieser spricht lediglich von einem Erwerb »durch Schenkung«. Darunter fallen sowohl Schenkungen von dritter Seite, als auch Schenkungen unter
den Ehegatten.
Den Anwendungsbereich des § 1374 II BGB auch auf Schenkungen zwischen
Ehegatten zu erstrecken, würde indes dem Sinn und Zweck der Vorschrift widersprechen. Die Privilegierung des Abs. 2 macht eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass im Rahmen des Zugewinnausgleichs eine Vermögensauseinandersetzung des gemeinsam Erwirtschafteten stattfindet, wobei vermutet wird, dass dieser Zugewinn zumindest durch die von dem nicht berufstätigen Ehegatten erfolgte
718 Dazu zählen der Verlobte und die Schwiegereltern des begünstigten Ehegatten.
719 BGHZ 101, 65 ff.; 115, 132 ff. (137); BGH FamRZ 1988, 373 ff.; Johannsen/Henrich/Jaeger § 1374 Rn. 25; Grünenwald, NJW 1995, 505 f.; Palandt / Brudermüller § 1374 Rn. 15;
Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil VII Rn. 132; Tiedtke, JZ 1992, 336; Netzer,
FamRZ 1987, 67; Hohloch, JR 1988, 108.; Jauernig-Berger, § 1374 Rn. 9; anders noch
BGHZ 65, 320 ff. (324).
720 MünchKomm/BGB-Koch, § 1374 Rn. 23.
151
Unterstützung gefördert wurde721. An dem Erwerb im Sinne des § 1374 II BGB
soll der nicht empfangende Ehegatte nicht teilhaben, weil davon ausgegangen
wird, dass der hierunter fallende Erwerb allein auf den persönlichen Beziehungen
zwischen dem empfangenden Ehegatten und dem Zuwendenden beruht und in
keinem Zusammenhang zur der ehelichen Lebensgemeinschaft steht. Zwar
kommt es im Rahmen des Zugewinnausgleichs nicht drauf an, dass die Ehegatten
einen tatsächlich kausalen Beitrag zu dem während der Ehe Erwirtschafteten
erbracht haben722. Kann aber – wie in den Fällen des § 1374 II BGB – nicht einmal
mehr vermutet werden, dass der andere Ehegatte durch entsprechende Mitwirkung oder Unterstützungshandlung zu dem Erwirtschafteten beigetragen hat, ist
auch die Teilhabe des anderen Ehegatte an diesem privilegierten Erwerb ausgeschlossen723.
Dieser Gedanke trifft auf Schenkungen unter Ehegatten gerade nicht zu. In diesem Fall beruht der Erwerb des einen Ehegatten einzig und allein auf dem Verhalten des anderen Ehegatten. Die Zuwendung mag zwar auch hier in der engen
persönlichen Beziehung zwischen den Ehegatten wurzeln. Sie steht aber zugleich
in einem unmittelbaren Zusammenhang zu der Lebensgemeinschaft der Ehegatten.
Aus diesem Grund findet § 1374 II BGB nur auf Schenkungen von dritter Seite
Anwendung. Eine andere Frage ist, ob § 1374 II BGB auch auf sog. »unbenannte
bzw. ehebezogene Zuwendungen« anwendbar ist. Eine ehebezogene Zuwendung
ist eine Zuwendung, die in der Erwartung des Fortbestands der ehelichen Lebensgemeinschaft oder sonst um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung
der Lebensgemeinschaft erbracht wird724.
Mangels Einigung über die Unentgeltlichkeit der Leistung liegt in diesen Fällen keine Schenkung vor725‚ da der Wille des Zuwendenden nicht darauf abzielt,
dem Zuwendungsempfänger dauerhaft einen für ihn frei und uneingeschränkt
verfügbaren Vermögensvorteil zu verschaffen, sondern vielmehr in der Erwartung des Fortbestands der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird726.
Die Grundsätze der »unbenannten Zuwendung« finden nach der Rechtsprechung entsprechende Anwendung auf Zuwendungen von Schwiegereltern727 und
Zuwendungen zwischen Verlobten728, wenn diese in der Erwartung des Fortbestehens der Ehe erbracht worden sind. Mangels Schenkung liegt im Fall einer unbe-
721 Staudinger-Thiele (2000), § 1374 Rn. 18.
722 BGHZ 65, 320 ff.
723 Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1374 Rn. 25.
724 BGHZ 116, 167 ff.
725 Entgegen früherer Rechtsprechung (BGHZ 65, 320 ff.) nun in ständiger Rechtsprechung:
BGHZ 68, 43 ff.; 82, 227 ff. (234 f.); 101, 65 ff. (69); 116, 167 ff. (169 f.); aus der Lit.
zustimmend: Johannsen/Henrich/Jaeger, a.a.O.
726 BGHZ 129, 259 ff.; BGH FamRZ 600 ff. (603).
727 BGHZ 129, 259 ff.; OLG Oldenburg FamRZ 1994, 1245; Heinle, FamRZ 1992, 1256 f.;
Kollhosser, NJW 1994, 2313, 2317 f.
728 BGHZ 115, 261 ff. (265).
152
nannten Zuwendung kein zugewinnneutraler Erwerb im Sinne des § 1374 II BGB
vor.
III. Der Gegenstand des privilegierten Erwerbs gemäß § 1374 II BGB bei
Lebensversicherungen und dessen Bewertung
Kommt man zu dem Ergebnis, dass der Erwerb aufgrund einer Lebensversicherung zugunsten Dritter unter den privilegierten Erwerb des § 1374 II BGB fällt,
ist zu entscheiden welcher Vermögensgegenstand anzurechnen und wie dieser zu
bewerten ist. Während die Rechtsprechung auf die Gesamtsumme der vom Versicherungsnehmer gezahlten Prämien abstellt729, wollen andere den Anspruch auf
die Versicherungssumme bzw. die Versicherungssumme selbst zugrunde legen730.
1. Der maßgebliche Vermögensgegenstand
Für die Zugrundelegung des Versicherungsanspruchs spricht zunächst der Wortlaut des § 1374 II BGB. Dieser stellt auf das »Vermögen, das ein Ehegatte [...] erwirbt« ab. Erworben hat der durch eine Lebensversicherung Begünstigte indes allein den Versicherungsanspruch bzw. die Versicherungssumme selbst. Die Prämien sind zu keinem Zeitpunkt Bestandteil seines Vermögens geworden.
Dieses Ergebnis entspricht auch Sinn und Zweck des § 1374 II BGB, der das
dem Zugewinn zugrunde liegende Ziel, beide Ehegatten bei Beendigung des
Güterstands der Zugewinngemeinschaft an dem während der Ehezeit gemeinsam
erworbenen Vermögen in gleichem Maße zu beteiligen731, durchbricht. Die Vermögenswerte, die im Rahmen der dort abschließend aufgezählten Erwerbstatbestände erworben wurden, sollen sich nur deswegen zugewinnneutral verhalten,
weil für die Zuwendung die enge persönliche Beziehung des Zuwendungsempfängers zum Zuwendenden ausschlaggebend gewesen ist und ihren Grund nicht
in der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft hat732. Daran wird deutlich, dass nur die Vermögensgegenstände, die sich im Vermögen des Ehegatten
befinden bzw. befunden haben733, dem Zugewinn unterworfen werden. Das trifft
indes nur für den Versicherungsanspruch, nicht aber für die Prämien zu. Da die
Prämienzahlungen lediglich die Aufwendungen darstellen, mit denen der Versicherungsnehmer sich den Leistungsanspruch gegen die Versicherungsgesellschaft erkauft, um dem Bezugsberechtigten diesen zu verschaffen734, würden
729 BGHZ 130, 377 ff.; OLG Hamm FamRZ 1993, 1446.
730 Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, VII Rn. 132.
731 BGH FamRZ 1981, 239 ff. (240).
732 BT-Drucks. 2/3409, 9; BGHZ 80, 384 ff. (388).
733 Vgl. § 1375 II BGB, der auch die Berücksichtigung von Vermögensgegenständen anordnet, die nicht mehr Bestandteil des Vermögens des dolosen Ehegatten sind.
734 Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, VII Rn. 132.
153
diese nicht den Vermögensgegenstand wieder spiegeln, den der bezugsberechtigte Ehegatte tatsächlich erworben hat.
Dafür spricht ferner die Tatsache, dass der Gegenstand der auch hier vorliegenden mittelbaren Schenkung der Bereicherungsgegenstand, d.h. die Versicherungsforderung, ist735. Zu diesem Ergebnis gelangt man auch bei wirtschaftlicher
Betrachtung der Rechtsvorgänge, da der Ehegatte – ausgehend vom Willen des
Schenkers – den Anspruch auf die Versicherungssumme und nicht die Prämienbeiträge erwerben soll.
Der maßgebliche Vermögensgegenstand des privilegierten Erwerbs ist daher
der Versicherungsanspruch.
2. Die Bewertung des Gegenstands des privilegierten Erwerbs
Es bleibt zu untersuchen, wie die Versicherungsforderung im Rahmen des § 1374
II BGB zu bewerten ist. Zunächst stellt sich die Frage, ob eine Bewertung überhaupt erforderlich ist. Dies wäre zu verneinen, wenn sich der Erwerb im Sinne des
§ 1374 II BGB tatsächlich zugewinnneutral verhalten und sich »neutralisieren«
würde, indem er mit demselben Wert sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen des empfangenden Ehegatten berücksichtigt würde736. Die Interessen des anderen Ehegatten würden, bei Zugrundelegung eines anderen höheren oder niedrigeren Wertes nicht tangiert, da er – sofern dies zutrifft – an dem privilegierten Erwerb ohnehin nicht teilhaben würde.
Der privilegierte Erwerb verhält sich jedoch nur scheinbar zugewinnneutral.
Bei der Bewertung des privilegierten Vermögens kommt es auf den Wert an, den
der Vermögensgegenstand im Zeitpunkt des Erwerbs (vgl. § 1376 I a.E. BGB),
genauer im Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbstatbestands hat737. Mit diesem
Wert wird das privilegierte Vermögen in das Anfangsvermögen des Zuwendungsempfängers eingestellt. Hypothetische Wertentwicklungen oder bewertungserhebliche Veränderungen, die erst nach dem Stichtag eintreten, müssen außer
Betracht bleiben738. Der privilegierte Erwerb ist jedoch auch dem Endvermögen
des empfangenden Ehegatten zuzurechnen. Andernfalls verhielte sich der privilegierte Erwerb nicht zugewinnneutral, sondern würde zu Lasten des anderen
Ehegatten dazu führen, dass sich der Zugewinn des empfangenden Ehegatten um
den Wert des privilegierten Vermögens verringern würde.
Bei der Bewertung des privilegierten Erwerbs im Endvermögen des Zuwendungsempfängers ist jedoch nicht mehr der Zeitpunkt des Erwerbs, sondern der
Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands (§ 1376 II BGB) maßgeblich, d.h. der
Zeitpunkt des Todes des anderen Ehegatten oder – bei Scheidung – der Zeitpunkt
735 Siehe S. 73 ff.
736 Baumeister, FamGb, § 1374 Rn. 11 f.
737 MünchKomm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 6; Baumeister, FamGb, § 1376 Rn. 2.
738 Baumeister, FamGb, § 1374 Rn. 11.
154
der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags (§ 1384 BGB i.V.m. §§ 253 I, 261 I
ZPO).
Begehrt ein Ehegatte die Durchführung eines vorzeitigen Zugewinnausgleichs
und wird darauf erkannt, tritt für die Berechnung des Zugewinns an die Stelle der
Beendigung des Güterstands der Zeitpunkt, in dem die Klage auf vorzeitigen Ausgleich erhoben ist (§ 1387 BGB).
Die strenge Stichtagsregelung, die das Abstellen auf unterschiedliche Bewertungsstichtage notwendig macht, kann nun zur Konsequenz haben, dass der privilegierte Erwerb im Anfangsvermögen mit einem geringeren Wert Berücksichtigung findet, während er – weil mittlerweile der Versicherungsfall eingetreten ist
– im Endvermögen mit einem höheren Wert, nämlich in Höhe der vollen Versicherungssumme, zugrunde gelegt wird. Effektiv würde der andere Ehegatte an
dem privilegierten Erwerb – obwohl dieser im Grundsatz zugewinnneutral sein
soll – dann doch beteiligt.
Dies ist vom Gesetzgeber aber auch gewollt. Wertsteigerungen bzw. –minderungen, die sich durch das Abstellen auf die verschiedenen Bewertungsstichtage
ergeben, finden – auch wenn der privilegierte Erwerb im Grundsatz zugewinnneutral sein soll – bei der Berechnung des Zugewinns dennoch Berücksichtigung739. Der privilegierte Erwerb soll nicht vollkommen vom Zugewinnausgleich
ausgeschlossen sein, In gewissem Masse soll er durchaus in der Zugewinnbilanz
Berücksichtigung finden. Die Teilhabe des anderen Ehegatten an derartigen Wertveränderungen ist durchaus gewollt740.
Das Gesetz hat die Vorschriften des Zugewinnausgleichs bewusst als ein starres und schematisches Abrechnungsverfahren ausgestaltet741. Bei der Gegenüberstellung von Anfangs- und Endvermögen sind die strengen Stichtagsregelungen
strikt einzuhalten. Führt diese stichtagsbezogene Bewertung dazu, dass Wertver-
änderungen im Hinblick auf den Gegenstand des privilegierten Erwerbs in den
Zugewinnausgleich Eingang finden, steht dies im Einklang mit dem Gesetz.
Da die Beteiligung des anderen Ehegatten an derartigen Wertveränderungen
hinsichtlich des Gegenstands des privilegierten Erwerbs gewollt ist, ist des Weiteren zu untersuchen, wie die Versicherungsforderung zu bewerten ist.
Auch bei der Bewertung des privilegierten Vermögens haben die Ehegatten die
Möglichkeit, durch Ehevertrag bzw. formlos742 eine andere Bewertungsmethode
oder einen bestimmten Wert, der für einen Vermögensgegenstand angesetzt werden soll, zu vereinbaren743. Haben die Ehegatten von dieser Möglichkeit
Gebrauch gemacht, ist dies der maßgebende Wert.
739 Baumeister, FamGb, § 1374 Rn. 11.
740 Haußleiter/Schulz, Rn. 24.
741 Soergel/Lange, § 1376 Rn. 2.
742 Ein Ehevertrag ist erforderlich, wenn die Vereinbarung vor oder während des Bestehens
der Zugewinngemeinschaft abgeschlossen wird. Nach Beendigung des Güterstands genügt
eine formlose Vereinbarung.
743 MünchKomm/BGB-Koch § 1374 Rn. 29.
155
Ansonsten ist bei der Bewertung des Versicherungsanspruchs auf den Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs744 abzustellen (vgl. § 1376 I a.E. BGB). Dieser
Zeitpunkt variiert je nach Ausgestaltung des Versicherungsvertrags.
a) Das widerrufliche Bezugsrecht (für eine reine Todesfalllebensversicherung und eine gemischte Lebensversicherung mit geteiltem
Bezugsrecht)
Bei einem widerruflichen Bezugsrecht findet die Vollendung des Rechtserwerbs
erst mit Eintritt des Versicherungsfalls, im Regelfall also mit dem Tod der versicherten Person, statt.
Vor dem Eintritt des Versicherungsfalls fehlt es an einer werthaltigen Vermögensposition des Zuwendungsempfängers. Bis zum Eintritt des Todes des Versicherungsnehmers wird die Versicherungsleistung aus diesem Grund auch nicht
dem Vermögen des Bezugsberechtigten zugerechnet. Kommt es allerdings noch
während der Ehezeit zum Eintritt des Versicherungsfalls und damit zum endgültigen Erwerb der Versicherungsforderung, ist im Rahmen des § 1374 II BGB der
Anspruch auf die (volle) Versicherungssumme zuzüglich der dem bezugsberechtigten Ehegatten zustehenden Überschussanteile zugrunde zu legen. Bei Vorliegen einer Rentenlebensversicherung ist entweder eine Kapitalisierung durchzuführen oder aber ein Schätzwert anzusetzen, der sich durch Multiplikation der
regelmäßig zu erbringenden Geldbeträge unter Berücksichtigung der sich anhand
der statistischen Sterbetafeln zu ermittelnden Lebenserwartung des Begünstigten
errechnen lässt745.
b) Das unwiderrufliche Bezugsrecht für eine gemischte Lebensversicherung
mit geteiltem Bezugsrecht
Auch bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht für eine gemischte Lebensversicherung mit geteiltem Bezugsrecht sind der Zeitpunkt der Erwerbsvollendung und
der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungs- bzw. Todesfalls identisch.
Zwar erwirbt der Bezugsberechtigte hier sofort, wenn auch auflösend bedingt,
den Anspruch auf die Versicherungsleistung. Im Unterschied zu einem unwiderruflichen Bezugsrecht für eine reine Todesfalllebensversicherung ist jedoch nicht
nur der Umfang bzw. der Inhalt des Anspruchs ungewiss, sondern es steht darüber
hinaus nicht mit letzter Sicherheit fest, ob der Begünstigte tatsächlich Forderungsinhaber bleibt oder ob es zuvor doch noch zum Eintritt der auflösenden
Bedingung – dem Eintritt des Erlebensfalls – kommt. Aus diesem Grund ist der
Erwerb erst mit Eintritt des Todesfalls vollendet. Zuvor wird der in der Lebens-
744 MünchKomm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 6; Baumeister, FamGb, § 1376 Rn. 2.
745 Siehe S. 101 ff.
156
versicherung steckende Vermögenswert im Rahmen des § 1374 II BGB nicht
berücksichtigt.
Nur wenn der Versicherungsfall noch während des Bestehens der Ehe eintritt,
ist der Anspruch auf die (volle) Versicherungssumme zuzüglich der dem Begünstigten zustehenden Überschussanteile zugrunde zu legen.
c) Das unwiderrufliche Bezugsrecht für eine reine
Todesfalllebensversicherung
Bei Vorliegen eines unwiderruflichen Bezugsrechts für eine reine Todesfalllebensversicherung ist der privilegierte Rechtserwerb mit dem Wirksamwerden der
Bezugsrechtseinräumung (§ 13 II ALB 86) vollendet.
Obwohl bereits im Zeitpunkt der Bezugsrechtseinräumung eine Wertsteigerung hinsichtlich des Versicherungsanspruchs – nämlich eine Steigerung vom
Rückkaufswert auf die (volle) Versicherungssumme – angelegt ist, ist das strenge
Stichtagsprinzip strikt einzuhalten. Da diese Wertsteigerung vom tatsächlichen
Eintritt des Versicherungsfalls abhängt und es sich hierbei um einen Umstand
handelt, der erst nach dem Stichtag eingetreten ist, darf dieser Umstand nicht in
die Bewertung einfließen.
Fraglich ist indes, welcher Wert anzusetzen ist.
Bei der Bewertung des Vermögensgegenstands, der im Rahmen des Anfangsund Endvermögens (§§ 1374 I, 1375 I BGB) zugrunde zu legen ist, ist grundsätzlich auf den vollen wirklichen Wert des Vermögensgegenstands abzustellen746.
Ist dieser »wahre innere Zeitwert« auch für die Bewertung im Rahmen des
§ 1374 II BGB entscheidend?
Würde man im Rahmen der güterrechtlichen Vermögensauseinandersetzung
keine einheitliche Wertbestimmung vornehmen, würde dies zu künstlichen
Abweichungen führen, da man auf der einen Seite im Anfangsvermögen einen
bestimmten Wert für den Gegenstand des privilegierten Erwerbs zugrunde legen
und auf der anderen Seite bei der Bestimmung des Endvermögens für denselben
Vermögensgegenstand auf einen nach einer anderen Bewertungsmethode ermittelten Vermögenswert abstellen würde.
Dadurch würden Wertveränderungen in die Zugewinnberechnung Eingang finden, an denen der andere – nicht begünstigte – Ehegatte nach Sinn und Zweck des
§ 1374 II BGB gar nicht partizipieren soll. Dieser soll nämlich nur an den Wertveränderungen hinsichtlich des privilegierten Erwerbs teilhaben, die darauf beruhen, dass im Rahmen der Zugewinnberechnung auf verschiedene Bewertungsstichtage abgestellt werden muss. Wertveränderungen, die auf der Anwendung
verschiedener Bewertungsmethoden beruhen, sollen hingegen nicht erfasst werden.
746 Staudinger-Thiele (2000), § 1376 Rn. 10.
157
Diese Gefahr besteht bei einem widerruflichen Bezugsrecht oder bei einem
unwiderruflichen Bezugsrecht für eine gemischte Lebensversicherung nicht, weil
der Zeitpunkt der Vollendung des Erwerbs747 (vgl. § 1376 I a.E. BGB) und der
Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands748 (§ 1376 II BGB) stets mit dem Eintritt des Todes beim Versicherungsnehmer zusammenfallen. In diesem Zeitpunkt
tritt Vollendung des privilegierten Erwerbs ein und gleichzeitig wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet. Wertveränderungen des Vermögensgegenstands wegen zeitlichen Auseinanderfallens der Bewertungsstichtage können
dann nicht mehr vorkommen.
Aus diesem Grund ist bei Vorliegen eines unwiderruflichen Bezugsrechts für
eine reine Todesfalllebensversicherung auch im Rahmen des § 1374 II BGB dieselbe Bewertungsmethode anzuwenden, die bei der Bewertung des »normalen«
Anfangs- und Endvermögens zugrunde gelegt wird.
Dies entspricht auch der Privilegierung der Interessen des in einer Lebensversicherung Begünstigten. Diesem kommt es nämlich zugute, wenn der »wahre
innere Wert« der Lebensversicherung ermittelt und zugrunde gelegt wird und auf
diese Weise verhindert wird, dass dessen Ehegatte in ungerechtfertigter Weise an
Wertsteigerungen hinsichtlich des privilegierten Erwerbs partizipiert.
Wie der »wahre innere Wert« des Versicherungsanspruchs ermittelt wird, ist
umstritten.
aa) Streitstand
aaa) Rückkaufswert bzw. Fortführungswert
Die Rechtsprechung749 und überwiegende Ansicht in der Literatur750 stellten zunächst – ohne weitere Differenzierung – auf den am Stichtag bestehenden Rückkaufswert als gegenwärtigen Vermögenswert ab751. Nur bei einer gemischten Lebensversicherung mit geteiltem unwiderruflichem752 Bezugsrecht beider Ehegatten wurde ein von der jeweiligen Wahrscheinlichkeit des Todeseintritts abhängiger Schätzwert zugrunde gelegt, der von dem Rückkaufswert abweichen
konnte753.
747 Bewertungsstichtag für den privilegierten Erwerb gemäß § 1374 II BGB.
748 Bewertungsstichtag für das Endvermögen.
749 BGHZ 67, 262 ff.; BGH FamRZ 1984, 666 f.
750 Voit, Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 75
m.w.N.
751 BGH FamRZ 1984, 666 f.; BGHZ 67, 262 ff.; 118, 242 ff.; 130, 298 ff.; BGH FamRZ 1993,
1303 f.
752 Der eine Ehegatte auf den Erlebensfall, der andere Ehegatte auf den Todesfall.
753 BGHZ 118, 242 ff. (248); MünchKomm/BGB-Koch § 1376 Rn. 20; a.A.: Voit, FamRZ
1993, 508 ff. (511).
158
Mit seiner Entscheidung vom 12.7.1995 modifizierte der BGH754 seine bis
dahin geltende Rechtsprechung insoweit, dass bei der Bewertung einer Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich in Bezug auf das Endvermögen nur
dann der Rückkaufswert zugrunde zu legen sei, wenn entweder am Stichtag mit
der Fortführung des Vertrags nicht zu rechnen sei oder die Ausgleichspflicht zur
Beendigung des Versicherungsverhältnisses zwinge, die Verzögerung der Verwertung auf einen wirtschaftlich sinnvolleren Zeitpunkt auch durch eine Stundung der Ausgleichsforderung nicht erreicht werden könne und auch die
Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung gemäß § 165 VVG zu keinem
höheren Wert als dem Rückkaufswert führe. Grundsätzlich müsse aber der wirkliche Wert der Versicherungsleistung in die Zugewinnbilanz des durch die
Lebensversicherung Begünstigten eingestellt werden. Zur Wertermittlung müsse
der Tatrichter im Einzelfall – unter Umständen mit Unterstützung durch einen
Sachverständigen – eine Bewertung der Lebensversicherung im Sinne des § 287
II ZPO durchführen755, wobei der Rückkaufswert (§ 169 III VVG) stets die Untergrenze darstelle756.
bbb) Gesamtsumme der eingezahlten Prämien
Andere wollen auf die Gesamtsumme der eingezahlten Prämien abstellen757, wobei teilweise die Kosten für gewährten Versicherungsschutz abgezogen758 bzw.
eine erwirtschaftete Gewinnbeteiligung hinzugezählt wird759.
ccc) Einmalprämie, die für eine der auszugleichenden Lebensversicherung
entsprechende Versicherung zu bezahlen wäre
Teilweise wird dafür plädiert, auf eine Einmalprämie abzustellen, die für eine der
auszugleichenden Lebensversicherung entsprechende Versicherung zu bezahlen760.
754 BGHZ 130, 298 ff.; BGB-RGRK/Finke § 1374 Rn. 7; Voit, Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S .81.
755 BGHZ 130, 298 ff.
756 Vgl. Schwolow, FuR 1997, 19.
757 BGB-RGRK/Finke, § 1374 Rn. 7; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, § 1376 Rn. 11.
758 MünchKomm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 20.
759 Soergel/Lange, § 1376 Rn. 11; Baumeister, FamGb, § 1376 Rn. 44; MünchKomm/BGB-
Koch, § 1376 Rn. 20; Schwolow, FuR 1997, 18.
760 Voit, Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 135.
159
ddd) Rückkaufswert
Andere wiederum stellen auf den Rückkaufswert ab, wobei teilweise eine Überschussbeteiligung zu diesem Wert hinzugezählt wird761.
Eine neue Ansicht, die auf große Zustimmung gestoßen ist762 und auf einem
Vorschlag der Deutschen Aktuarvereinigung beruht, legt den Rückkaufswert der
bis zum Stichtag individuell gutgeschriebenen Versicherungsleistungen ohne
Stornoabschläge (d.h. ohne das rechnungsmäßige Deckungskapital incl. Gutgeschriebener Gewinnanteile) zugrunde, berücksichtigt aber zugleich den zum
Bewertungsstichtag erreichten Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile763.
eee) Realteilung § 1383 BGB
Vereinzelt wird eine Realteilung (§ 1383 BGB) durch Abtretung des Versicherungsanspruchs vorgeschlagen764. Diesen Weg hat auch der BGH unter den Voraussetzungen des § 1383 BGB bzw. bei Vorliegen beiderseitigen Einvernehmens
für gangbar erachtet765.
bb) Stellungnahme
aaa) Bewertung von Lebensversicherungen auf Kapitalbasis
Das Gesetz normiert lediglich die für die Bewertung maßgeblichen Bewertungsstichtage. Eine Methode für die Bewertung der einzelnen Vermögensgegenstände
nennt es mit Ausnahme des § 1376 IV BGB nicht. Dabei ist zu beachten, dass es
sich bei § 1376 BGB um eine dispositive Norm handelt. Bei einem einvernehmlichen Zusammenwirken der Ehegatten werden weder deren Interessen, noch die
der Allgemeinheit negativ betroffen766. Die Ehegatten haben daher die Möglichkeit, eine bestimmte Bewertungsmethode oder einen konkreten Wert, der für einen der Zugewinnbilanz zugrunde zu legenden Vermögensgegenstand angesetzt
761 OLG Stuttgart FamRZ 1993, 192.
762 Zustimmend: Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1326; Schwolow, FuR 1997, 19; Münch-
Komm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 20; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1376 Rn. 1 1; Büte,
FamRZ 1997, 1249, 1253; Palandt-Brudermüller, § 1376 Rn. 16; Schwab, Handbuch des
Scheidungsrechts, Teil VII Rn. 69
763 vgl. Schwolow, FuR 1997, 19; Büte, FamRZ 1997, 1252.
764 Voit, Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 140
ff.; vgl. Kritik von Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1325 f.
765 BGHZ 130, 298 ff. (303).
766 MünchKomm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 43.
160
werden soll, durch Ehevertrag festzulegen767. Dies empfiehlt sich besonders bei
Vermögensgegenständen, deren Bewertung – wie bei einer Lebensversicherung –
mit Schwierigkeiten verbunden ist768. Machen die Ehegatten von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch, müssen der Bewertung der einzelnen Vermögenswerte allgemeine Bewertungsgrundsätze zugrunde gelegt werden.
(1) Die Realteilung (§ 1383 BGB)769
Es ist zu prüfen, ob das bei der Lebensversicherung bestehende Bewertungsproblem mit Hilfe einer Realteilung gemäß § 1383 BGB gelöst werden kann. Bei
dem Ausgleichsanspruch gemäß § 1378 BGB handelt es sich – anders als im Rahmen des Versorgungsausgleichs gemäß §§ 1587 ff. BGB, bei dem Versorgungsanwartschaften übertragen bzw. begründet werden – um eine auf die Zahlung von
Geld gerichtete Forderung. Eine Ausnahme davon macht § 1383 BGB, der dem
Schuldner der Ausgleichsforderung die Möglichkeit gibt, seiner Ausgleichspflicht durch die Übertragung bestimmter geldwerter Vermögensgegenstände
nachzukommen.
Das Familiengericht kann auf Antrag des Gläubigers anordnen, dass der
Schuldner bestimmte Gegenstände seines Vermögens dem Gläubiger unter
Anrechnung auf die Ausgleichsforderung zu übertragen hat, wenn dies erforderlich ist, um eine grobe Unbilligkeit für den Gläubiger zu vermeiden, und wenn
dies dem Schuldner zugemutet werden kann (§ 1383 I 1. HS. BGB).
Diese Regelung soll in erster Linie den Interessen des ausgleichsberechtigten
Ehegatten dienen, für den es in manchen Fällen unbillig sein kann, lediglich einen
auf Geld gerichteten Anspruch zu erwerben770. Dies wird bereits daran deutlich,
dass eine solche Realteilung nur auf Antrag des Gläubigers hin stattfinden kann
(vgl. § 1383 I 1. HS. BGB). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die zur Ermittlung des wirklichen Wertes der Lebensversicherung erforderliche Schätzung
wegen der Wahrscheinlichkeitsprognosen mit erheblichen Unsicherheiten verbunden ist. Auch die Sterbestatistik basiert auf einem allgemeinen Durchschnittslebensalter.
Es ist daher nicht von der Hand zu weisen, dass – folgt man der Rechtsprechung771 – der durch Schätzung ermittelte Wert von dem »wirklichen inneren«
Zeitwert der Lebensversicherung erheblich abweichen kann. In Anbetracht dieser
Tatsache kann es für den ausgleichsberechtigten Ehegatten durchaus grob unbillig sein (vgl. § 1383 BGB), wenn die Lebensversicherung, dessen Begünstigter
767 Staudinger-Thiele (2000), § 1374 Rn. 39; § 1375 Rn. 39.
768 MünchKomm/BGB-Koch § 1376 Rn. 43.
769 Voit, Die Bewertung der Lebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 140.
770 Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1383 Rn. 1; MünchKomm/BGB-Koch, § 1383 Rn. 2; Baumeister, FamGb, § 1383 Rn. 16.
771 BGHZ 130, 298 ff.
161
der ausgleichsverpflichtete Ehegatte ist, lediglich mit einem geschätzten Wert
Berücksichtigung findet.
Die Realteilung bringt jedoch das Problem mit sich, in welcher Höhe eine
Abtretung der Versicherungsforderung stattzufinden hat772. Die hälftige Teilung
der Versicherungsforderung erschiene nur dann als gerecht, wenn Versicherungsverlauf und Ehezeit nahezu übereinstimmen773. Bestand die Lebensversicherung
jedoch im Verhältnis zur tatsächlichen Ehezeit schon sehr viel länger, wäre es –
auch in Anbetracht des Gesetzeszwecks (Teilhabe an dem während der Ehezeit
Erwirtschafteten) – unbillig, den anderen Ehegatten so zu stellen, als habe die Ehe
bereits die gesamte Dauer des Versicherungsverlaufs bestanden. Es erübrigt sich
daher auch bei der Realteilung nicht, eine Methode zur Ermittlung der Höhe des
abzutretenden Versicherungsanspruchs zu finden. Eine Bewertung der Lebensversicherung ist bei der Realteilung auch deshalb erforderlich, weil die Übertragung des Vermögensgegenstands auf den Gläubiger unter Anrechnung auf dessen
Ausgleichsforderung erfolgt (vgl. § 1383 I BGB). Die Ausgleichspflicht mindert
sich um den Wert, den der zu übertragende Vermögensgegenstand hat774. Das
Familiengericht hat in seiner Entscheidung den Betrag festzusetzen, der auf die
Ausgleichsforderung angerechnet wird (§ 1383 I 2.HS. BGB). Auch hier ist im
Rahmen der Bewertung auf den »wirklichen inneren« Wert der Lebensversicherung, nun aber bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Familiengerichts,
abzustellen775. Zudem soll die Übertragung von Sachwerten im Rahmen des
Zugewinnausgleichs – mit Ausnahme der §§ 8, 9 HausratsVO – die Ausnahme
bleiben776. Dies wird bereits an dem eng gefassten Wortlaut des § 1383 BGB deutlich. Die bei einer Wertschätzung auftretenden Unsicherheiten stellen indes keinen Härtefall dar, der eine Durchbrechung des gesetzlich vorgesehenen Grundsatzes der Durchführung des Zugewinnausgleichs in Geld rechtfertigen könnte.
Aus diesen Gründen hilft auch das Rechtsinstitut der Realteilung bei der
Lösung der Bewertungsprobleme im Hinblick auf eine Lebensversicherung nicht
weiter.
(2) Negative und positive Fortführungsprognose
Die Vermögensgegenstände sind mit ihrem vollen wirtschaftlichen »wirklichen,
wahren inneren777 Zeitwert anzusetzen. Denn nur durch die Zugrundelegung des
772 Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1322 ff. (1325).
773 Raube/Eitelberg, a.a.O.
774 MünchKomm/BGB-Koch, § 1383 Rn. 29.
775 MünchKomm/BGB-Koch, a.a.O.
776 Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1383 Rn. 1.
777 BVerfGE 67, 348 ff.; BGH FamRZ 1986, 37 ff. (39); BGH FamRZ 1991, 43 ff. (44);
MünchKomm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 8; Staudinger-Thiele (2000), § 1376 Rn. 10;
Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, § 1376 Rn. 5. Johannsen/Henrich/Jaeger, vor § 1372
Rn. 4.
162
wahren Wertes wird man dem Sinn und Zweck des Zugewinnausgleichs gerecht,
der darin besteht, eine gerechte Teilhabe beider Ehegatten an dem während der
Ehezeit Erwirtschafteten zu gewährleisten778. Kam es vor oder am Bewertungsstichtag bereits zum Eintritt des Versicherungsfalls, ist der Wert des Anspruchs
auf die Versicherungssumme und der »wahre innere« Zeitwert identisch779.
Bei einer laufenden Lebensversicherung stellt sich die Frage, wie sich deren
Zeitwert bemisst.
Anhaltspunkt könnte in Anlehnung an § 9 II BewG780 ein auf den jeweiligen
Stichtag bezogener Markt- oder Verkehrswert sein, der bei einer Verwertung im
gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielt werden könnte781. Auch in Deutschland
hat sich inzwischen – in Anbetracht der finanziellen Verluste im Zusammenhang
mit der frühzeitigen Kündigung des Versicherungsvertrags – ein Zweitmarkt für
Lebensversicherungen entwickelt782, so dass insoweit auf den dort erzielbaren
Marktwert abgestellt werden kann.
Sollte die Ermittlung eines Marktwerts im Einzelfall nicht möglich sein, steht
man jedoch weiter vor dem Problem, wie der Zeitwert der Lebensversicherung zu
ermitteln ist.
Zurückgreifen könnte man auf den Rückkaufswert. Zu beachten ist in diesem
Zusammenhang jedoch, dass der mit dem Liquidationswert identische Rückkaufswert783, der auf die Beendigung des Versicherungsverhältnisses abstellt,
wegen der mit einer unwirtschaftlichen Verwertung verbundenen Wertverluste,
dem Stornoabschlag nach § 169 V VVG und der mit der frühzeitigen Auflösung
des Versicherungsverhältnisses einhergehenden steuerlichen Belastung784 den
wirklichen Wert der Versicherungsleistung bei tatsächlicher Fortführung der
Lebensversicherung nicht widerspiegelt785. Zwar hat sich die Position des vorzeitig kündigenden Versicherungsnehmers im Rahmen des infolge der Entscheidungen des Bundesgerichtshofes786 und des Bundesverfassungsgerichts787 geänderten
VVG verbessert788. Die vorzeitige Beendigung des Versicherungsvertrags ist
778 Johannsen/Henrich/Jaeger, vor § 1372 Rn. 4.Baumeister, FamGb, § 1376 BGB Rn. 44.
779 Baumeister, FamGb, § 1376 BGB Rn. 44.
780 vgl. BK-Schwintowski, VVG, § 176 Rn. 32.
781 Schwolow, FuR 1997, 17; Staudinger-Thiele (2000), § 1376 Rn. 11.
782 Schäfer/Hammer, Vw 2001, 1903: Der Verkauf der Lebensversicherung hat im Vergleich
zur Kündigung des Versicherungsvertrags den Vorteil, dass wegen Vertragsfortführung
keine Stornogebühren anfallen, bereits angesparte Schlussgewinnanteile erhalten bleiben
und wegen des Verkaufs ggf. keine Steuern anfallen.
783 Haußleiter/Schulz Rn. 54; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, VII Rn.67.
784 Haußleiter/Schulz, a.a.O.
785 BGHZ 130, 298 ff.; Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1322, 1324 f; Voit, FamRZ 1992, 1385
ff. (1387); OLG Stuttgart FamRZ 1993, 192; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1376 Rn. 11;
Soergel/Lange, § 1376 Rn. 11; MünchKomm/BGB-Koch, § 1376 Rn. 20.
786 BGHZ 164, 297 ff.
787 BVerfGE 114, 73 ff.; E 114, 1 ff.
788 Unter Geltung des VVG a.F. entstanden dem Versicherungsnehmer bei vorzeitiger Lösung
vom Versicherungsvertrag infolge der Zillmerung erhebliche Nachteile. Ein Rückkaufswert entstand erst nach einigen Vertragsjahren.
163
indes weiterhin mit wirtschaftlichen Nachteilen verbunden und steht daher bei tatsächlicher Fortführung der Lebensversicherung im Widerspruch zur tatsächlichen
Lebenssituation789 des Begünstigten. Der Rückkaufswert drückt daher nur dann
den wirklichen Wert der Versicherungsleistung aus, wenn es tatsächlich zu einer
vorzeitigen Verwertung der Lebensversicherung kommt und diese Verwertung
zwangsläufige Folge der Ausgleichspflicht ist oder aber die Fortführung der
Lebensversicherung aufgrund anderer Umstände nicht zu erwarten ist790.
Der Rückkaufswert ist demzufolge dann zugrunde zu legen, wenn die Begünstigung in Bezug auf die Lebensversicherung bereits bei Eingehen der Ehe
bestand und der Versicherungsvertrag während der Ehe tatsächlich vorzeitig
durch Kündigung beendet worden ist (§ 168 VVG).
Ergibt sich eine negative Fortführungsprognose, stellt sich die Frage, welche
Bestandteile (Stornoabschläge i.S.d. § 169 V VVG, Gewinnanteile, Anwartschaftsbarwert auf Schlussgewinnanteile) zu dem Rückkaufswert hinzuzuzählen
bzw. von diesem abzuziehen sind. Der Vorschlag der Deutschen Aktuarvereinigung791 hat den Vorteil, dass hierbei Stornoabschläge, deren Außerachtlassen dem
Ausgleichsverpflichteten zugute kämen, wie Schlussgewinnanteile, deren Einbeziehung dem Ausgleichsberechtigten zugute kämen, in den Zugewinnausgleich
mit einbezogen werden.
Diese Bewertungsmethode vermeidet somit eine einseitige Benachteiligung
oder Besserstellung eines der Beteiligten und wird dem hinter dem Zugewinnausgleich stehenden Grundgedanken der gleichen Teilhabe beider Ehegatten an dem
während der Ehezeit Erwirtschafteten am ehesten gerecht792. Teilweise wird in
diesem Ansatz auch ein Weg zur Vereinheitlichung von Versicherungswirtschaft
und Rechtsprechung und zu einem »Mehr« an Einzelfallgerechtigkeit gesehen793.
Dem Vorschlag der Deutschen Aktuarvereinigung ist daher zu folgen. Bei negativer Fortführungsprognose ist der Rückkaufswert der bis zum Stichtag individuell gutgeschriebenen Versicherungsleistungen ohne Stornoabschläge, d.h. das
rechnungsmäßige Deckungskapital inklusive gutgeschriebener Gewinnanteile
zuzüglich den zum Bewertungsstichtag erreichten Anwartschaftsbarwertes auf
Schlussgewinnanteile zu berücksichtigen794.
Es bleibt zu untersuchen, wie die Lebensversicherung, sofern nicht bereits auf
den realisierbaren Marktwert der Lebensversicherung abgestellt werden kann, bei
einer positiven Fortführungsprognose zu bewerten ist.
Ob die Fortführung der Lebensversicherung erwartet werden kann, ist durch
eine auf den jeweiligen Stichtag bezogene Prognose zu ermitteln. Hierbei ist insbesondere die wirtschaftliche Lage des Versicherungsnehmers zu berücksichtigen. Ist danach mit der Fortsetzung des Versicherungsvertrags zu rechnen, ist
789 Baumeister, FamGb, § 1376 Rn. 36.
790 Schwolow, FuR 1997, 17.
791 Siehe S. 158 f.
792 Vgl. Haußleiter/Schulz, Rn. 243.
793 Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1326.
794 Vgl. Schwolow, FuR 1997, 19.
164
nicht auf den Rückkaufswert, sondern auf den sog. »Fortführungswert«795 abzustellen796.
Wie ist der Wert der Lebensversicherung bei positiver Fortführungsprognose
zu ermitteln?
Ein § 2313 BGB entsprechendes Verfahren, welches zur Folge hätte, dass je
nach dem, ob der Vertrag gekündigt und der Rückkaufswert fällig wird oder aber
der Versicherungsfall frühzeitig eintritt, ein der veränderten Rechtslage entsprechender Ausgleich stattfände, scheidet aus797. Zum einen handelt es sich um eine
erbrechtliche Sondervorschrift, weshalb die analoge Anwendung der Norm nicht
möglich ist798. Zum anderen ist die Berechnung des güterrechtlichen Ausgleichsanspruchs – anders als die Berechnung des Nachlasswerts – auf eine endgültige
und einfache Teilung im Rahmen eines zu diesem Zweck sehr schematischen
Abrechnungsverfahrens gerichtet799.
Aus diesem Grund muss der Fortführungswert notfalls im Wege der Schätzung
(§ 287 ZPO) unter Berücksichtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte und unter
Einbeziehung der Unsicherheiten hinsichtlich des Eintritts des Erlebens- oder
Todesfalls vom Tatrichter ermittelt werden800.
Diese Schätzung des Vermögenswerts hat in folgenden Schritten zu erfolgen:
(a) Ermittlung des Ausgangswerts (»Grundbetrag‘)
(b) Ermittlung der Bewertungsfaktoren (Unsicherheit im Hinblick auf Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls bzw. – bei gemischter Lebensversicherung – im Hinblick auf den Eintritt des Erlebensfalls, Lebenserwartung
der Gefahrsperson etc.) und Berücksichtigung der ermittelten Bewertungsfaktoren durch Abzug entsprechender Beträge vom Ausgangswert
Dieser Reihenfolge entsprechend ist zunächst zu untersuchen, welcher Ausgangswert der Schätzung zugrunde zu legen ist (a).
Der Rückkaufswert kann aus bereits genannten Gründen bei tatsächlicher Fortführung des Versicherungsvertrags nicht als Ausgangswert herangezogen werden. Er kann in diesem Fall im Rahmen der Schätzung nur als unterste Grenze bei
der Bestimmung des wahren inneren Wertes der Lebensversicherung dienen,
wobei von einem Stornoabzug (§ 176 IV VVG), der gerade an die Auflösung des
795 BGHZ 130, 298 ff.
796 Schwolow, FuR 1997, 17 ff. (19).
797 vgl. Koenig, Die Drittbegünstigung in der Kapitallebensversicherung, 1998, S. 160 Fn. 35
m.w.N.
798 BGHZ 87, 367 ff. (373); Voit, Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 70 ff.
799 Koenig, S. 160.
800 BGHZ 87, 367 ff.; 118, 242 ff.; 130, 298 ff.; Schwolow, FuR 1997, 17 ff. (18); Koenig,
S. 156.
165
Versicherungsvertrags anknüpft, wegen der positiven Fortführungsprognose
abzusehen ist801.
Ausgangswert könnte die Einmalprämie sein, die für eine der auszugleichenden Lebensversicherung entsprechende Versicherung zu bezahlen wäre802, Dies
ist aber bereits deshalb abzulehnen, weil bei deren Zugrundelegung etwaige
Gewinnbeteiligungen oder
Anwartschaften auf Schlussgewinnanteile, die dem Berechtigten zustehen,
außer Betracht bleiben würden. Bei Ermittlung des »wahren inneren« Zeitwertes
der Versicherungsleistung dürfen diese Elemente hingegen nicht unberücksichtigt bleiben.
Fraglich ist, ob die Gesamtsumme der eingezahlten Prämien Anhaltspunkt bei
der Ermittlung des wirklichen Wertes der Versicherungsleistung sein kann.
Der Zeitwert einer Lebensversicherung setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen: zum einen aus dem Deckungskapital, das aus den Sparprämien
und den darauf entfallenden Zinsen besteht, zum anderen aus einer Gewinnbeteiligung sowie Schlussgewinnanteilanwartschaften803. Legt man jedoch die
Gesamtsumme der erbrachten Prämien zugrunde, bei der dann sowohl der Risiko
und Verwaltungskostenanteil, als auch der Sparanteil einer jeden Prämie mit
erfasst wären804, würde man auf der einen Seite Komponenten – nämlich die
Risiko- und Kostenkomponente – zum Zeitwert zählen, die seinen tatsächlichen
Wert nicht bestimmen805. Auf der anderen Seite würden die dem Begünstigten
zustehenden Gewinnanteile und der Anwartschaftsbarwert auf die Schlussgewinnanteile außer Acht gelassen806. Der Kapitalwert der eingezahlten Prämien
spiegelt daher den wirklichen Zeitwert nicht wieder und kann aus diesem Grund
bei der Schätzung des wahren inneren Wertes der Lebensversicherung nicht herangezogen werden. Bei positiver Fortführungsprognose ist daher vielmehr der
Wert des Vollrechts, d.h. die fiktiv am Bewertungsstichtag auszubezahlende Versicherungssumme, maßgeblich.
Dieser Vermögenswert ist als Ausgangswert heranzuziehen.
Es ist weiter zu prüfen, welche Bewertungsfaktoren zu berücksichtigen sind.
Von dem Ausgangswert sind bei der Schätzung entsprechend Abzüge wegen
erst nach dem Stichtag erbrachter Prämienzahlungen bzw. erst nach dem Stichtag
entstandener Gewinnbeteiligungen vorzunehmen807. Hierbei ist auch die Unsicherheit zu berücksichtigen, die sich daraus ergibt, dass es sich bei der Versicherungsforderung um ein lebenszeitbezogenes Recht handelt und nicht mit Sicherheit gesagt werden kann, ob der Anspruch auf die Versicherungssumme noch zu
801 Raube/Eitelberg FamRZ 1997, 1322 ff. (1326).
802 Voit, S. 135.
803 Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1322 ff. (1324).
804 Raube/Eitelberg, a.a.O.; MünchKomm/BGB-Koch § 1376 Rn. 20.
805 MünchKomm/BGB-Koch, a.a.O.
806 Voit, Die Bewertung der Kapitallebensversicherung im Zugewinnausgleich, 1992, S. 85
f.; Raube/Eitelberg, FamRZ 1997, 1325.
807 BGHZ 130, 298 ff.; Baumeister, FamGb, § 1376 Rn. 49; Schwab, Handbuch des Scheidungsrechts, Teil VII Rn. 69 f.
166
Lebzeiten des unwiderruflich808 Bezugsberechtigten809 oder erst nach dessen Tod
fällig wird. Die Wahrscheinlichkeitsprognose hinsichtlich des baldigen Todes des
Versicherungsnehmers810 ist – ausgehend vom jeweiligen Stichtag – unter Berücksichtigung der statistischen Lebenserwartung des Versicherungsnehmers zu
ermitteln811. Bei einem unwiderruflichen Bezugsrecht (für eine reine Todesfalllebensversicherung) ist der Bewertungsstichtag der Zeitpunkt, in dem die Bezugsrechtseinräumung wirksam geworden ist (§ 13 II ALB 86).
Je nach dem, welcher Wahrscheinlichkeitsgrad sich unter Anknüpfung an diesen Stichtag ergibt, sind entsprechende Abzüge von der Versicherungssumme
vorzunehmen.
(3) Zusammenfassung
Probleme bei der Bewertung einer Lebensversicherung entstehen nicht, wenn die
Ehegatten in zulässiger Weise eine bestimmte Bewertungsmethode oder einen bestimmten, zugrunde zu legenden Wert vereinbart haben. Haben die Ehegatten von
dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht und kann auch der realisierbare
Marktwert der Lebensversicherung nicht ausgemacht werden, ist der »wirkliche
innere« Zeitwert der Versicherungsleistung anhand einer Schätzung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. Hierbei ist als Ausgangswert das Vollrecht, d.h. der Anspruch auf die Versicherungssumme, zugrunde zu legen. Von diesem Vollrecht sind aufgrund der ermittelten Bewertungsfaktoren entsprechende Abzüge vorzunehmen. Der Rückkaufswert (unter Berücksichtigung eines Stornoabzugs gemäß § 169 V VVG) darf nur dann als maßgeblicher Wert angesetzt werden, wenn sich – bezogen auf den jeweiligen Stichtag – eine negative Fortführungsprognose ergibt.
bbb) Bewertung der privaten Rentenlebensversicherung im
Zugewinnausgleich
Des Weiteren stellt sich die Frage, wie Rentenlebensversicherungen zu bewerten
sind. Maßgeblich ist auch hier in erster Linie der »wahre Wert« des Versicherungsanspruchs. Bei negativer Fortführungsprognose besteht der »wirkliche innere« Wert in dem Rückkaufswert. Dies ist der Fall, wenn eine auf den Bewertungsstichtag anknüpfende Prognose ergibt, dass das Vertragsverhältnis tatsächlich enden wird, bzw. dieses am Stichtag bereits beendet ist.
808 Das widerrufliche Bezugsrecht findet im Rahmen des Anfangs- und Endvermögens keine
Berücksichtigung.
809 Baumeister, FamGb, § 1376 Rn. 49.
810 Hellwig, Die Verträge auf Leistung an Dritte, 1899, S. 387.
811 Die Lebenserwartung der jeweiligen Person ist anhand der Sterbetafeln bzw. der Sterbestatistik des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln.
167
Dabei ist jedoch zu beachten, dass nicht jede Rentenlebensversicherung ohne
weiteres rückkaufsfähig ist. Bei Leibrentenversicherungen (auf den Erlebensfall)
könnte dies ansonsten dazu führen, dass Versicherte mit schlechter Gesundheitsprognose von ihrem Rückkaufswert in der Voraussicht Gebrauch machen, dass sie
dadurch einen Betrag erhalten, der weitaus größer ist als der Gesamtbetrag, den
sie in Anbetracht ihrer (nur noch kurzen) Lebenserwartung aufgrund der Rentenzahlungen erzielen könnten812.
Ist aus diesem Grund eine Kündigung nicht zulässig, darf auch nicht auf den
Rückkaufswert als den »wahren Wert« der Lebensversicherung abgestellt werden. Vielmehr muss dann auch hier der Wert zugrunde gelegt werden, der sich bei
einer positiven Fortführungsprognose ergibt.
Ist der Versicherungsfall am Bewertungsstichtag bereits eingetreten, so stellt
sich das Problem, dass anders als bei einer Kapitallebensversicherung, nicht die
Versicherungssumme zugrunde gelegt werden kann, da die Leistung der Versicherungsgesellschaft bei einer Rentenlebensversicherung auf die Auszahlung
regelmäßig wiederkehrender Geldbeträge gerichtet ist und die Leistungspflicht
erst mit dem Tod des Begünstigten813 oder – bei Zeitrentenversicherungen – mit
dem Ablauf der vereinbarten Zeit endet. Stirbt der Begünstigte bereits vor dem
Fälligkeitstermin oder nach Fälligkeit, aber bevor das Deckungskapital durch die
bereits erbrachten Rentenzahlungen aufgezehrt ist, erlischt der Anspruch gegen
die Versicherungsgesellschaft auf die Versicherungsleistung, sofern für den Fall
des Todes das Bezugsrecht nicht zugunsten einer anderen Person eingeräumt worden ist.
Nur bei Vorliegen einer sog. Zeitrentenversicherung steht von vornherein fest,
welchen Gesamtbetrag der Versicherer zu leisten hat. Bei einer solchen zeitlich
begrenzten Rentenversicherung kann man daher von diesem Gesamtbetrag ausgehen.
Im Übrigen bieten sich verschiedene Möglichkeiten:
Zunächst kann man die Rentenlebensversicherung unter Zuhilfenahme der entsprechenden Umrechnungstabellen der Versicherungsgesellschaften, ähnlich wie
bei Ausübung eines (fiktiven) Kapitalwahlrechts, kapitalisieren und den sich daraus ergebenden Kapitalbetrag zugrunde legen. Ferner kann man durch Addition
der periodischen Geldbeträge unter Berücksichtigung der durchschnittlichen
Lebensdauer des Begünstigten bzw. der zu erwartenden Leistungsdauer den
Gesamtbetrag errechnen, den die Versicherungsgesellschaft an den Berechtigten
bis zum Ende der Zahlungspflicht gezahlt haben wird. Dieser prognostizierte
Wert der Gesamtversicherungsleistung ist zugrunde zu legen.
Ist der Versicherungsfall am Bewertungsstichtag noch nicht eingetreten, stellt
sich die Frage, wie bei einer Rentenlebensversicherung der »wahre innere« Wert
der Versicherungsleistung zum Bewertungsstichtag ermittelt werden kann.
Bei positiver Fortführungsprognose ist in erster Linie der Marktwert der
Lebensversicherung zu ermitteln und zugrunde zu legen.
812 Soergel/Winter, § 1587a Rn. 248.
813 Gitter/Hoffmann, in: FS Beitzke, 1979, S. 941.
168
Ist dies im Einzelfall nicht möglich, ist – entsprechend der Bewertung einer
Kapitallebensversicherung – zunächst von einem Grundbetrag auszugehen, von
dem entsprechende Abzüge von dem Ausgangswert vorzunehmen sind, wenn z.B.
die Wahrscheinlichkeit des baldigen Eintritts des Versicherungsfalls als sehr
gering einzuschätzen ist.
Der Ausgangswert ist auch hier das Vollrecht. Bei einer Rentenversicherung
besteht jedoch die Schwierigkeit, dass hier keine einmalige Kapitalleistung
erbracht wird und nicht feststeht, wie lange die Leistungspflicht des Versicherers
besteht.
Den dem Vollrecht bei einer Kapitallebensversicherung entsprechenden Wert
kann man durch Kapitalisierung der Rentenlebensversicherung814 oder durch
Berechnung des Gesamtbetrags, der sich durch Multiplikation der regelmäßig
wiederkehrenden Rentenzahlungen unter Berücksichtigung der anhand der Tabellen des Statistischen Bundesamts ermittelten durchschnittlichen Lebenserwartung des Begünstigten ergibt, ermitteln. Der sich daraus ergebende Wert stellt den
(prognostizierten) Wert der Gesamtversicherungsleistung und damit den Wert des
Vollrechts dar.
B. Schutz vor ausgleichsgefährdenden Maßnahmen des dolosen Ehegatten
gemäß §§ 1375 II, 1390 BGB
I. Das fiktive Endvermögen (§ 1375 II BGB)
1. Abgrenzung zu § 1587 c Nr. 2 BGB
Aus Sinn und Zweck des § 1375 II BGB ergibt sich, dass der dolose Ehegatte seinem Vermögen Vermögensgegenstände auf Kosten seines Ehegatten entzogen haben muss, die – wären sie noch Bestandteil seines Vermögens – bei der Berechnung seines Zugewinns Berücksichtigung gefunden hätten. Unter Berücksichtigung des Exklusivitätsverhältnisses von Zugewinn- und Versorgungsausgleich
(§ 1587 III BGB), sind vom Anwendungsbereich des § 1375 II BGB folglich die
weggegebenen Vermögensgegenstände ausgeschlossen, die der Vermögensauseinandersetzung über das Rechtsinstitut des Versorgungsausgleichs unterworfen
gewesen wären.
Dafür spricht auch § 1587 c Nr. 2 BGB, der bestimmt, dass der Berechtigte der
Ausgleichsforderung nach 1587 a I 2 BGB keinen Versorgungsausgleich beanspruchen kann, soweit dieser in Erwartung der Scheidung oder nach der Scheidung durch Handeln oder Unterlassen bewirkt, dass ihm zustehende Anwart-
814 Man kann die Rentenlebensversicherung unter Zuhilfenahme der entsprechenden Umrechnungstabellen der Versicherungsgesellschaften – wie bei Ausübung eines (fiktiven) Kapitalwahlrechts – kapitalisieren und den sich dabei ergebenden Kapitalbetrag zugrunde
legen.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Mit welchem Wert sind Lebensversicherungen anzusetzen, wenn sie in erb- oder familienrechtlichen Ausgleichungs- oder Anrechnungsregelungen zu berücksichtigen sind: Mit der Versicherungssumme? Mit der Summe der erbrachten Prämienzahlungen? Mit dem Rückkaufswert? In Rechtsprechung und Literatur ist ein einheitliches Vorgehen bislang nicht erkennbar.
Die vorliegende Arbeit untersucht diese Frage auch unter Berücksichtigung der im Jahr 2003 auf dem Gebiet des Insolvenzrechts erfolgten Rechtsprechungsänderung des Bundesgerichtshofes differenziert anhand der Vielzahl an Funktionen, die eine Lebensversicherung erfüllen kann.