284 Kapitel 9 Zusammenfassung der Ergebnisse und Lösungsvorschläge
dischen Investmentanteilen einen formellrechtlichen Investmentbegriff ein
und erreicht dadurch eine Gleichstellung mit inländischen Investmentanteilen. Die Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit wurde damit beseitigt.
Darüber hinaus verstößt die pauschale Besteuerung nach § 6 InvStG sowohl gegen die Kapitalverkehrsfreiheit als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, das Leistungsfähigkeitsprinzip und die Eigentumsgarantie.
B. Lösungsvorschläge
I. Anwendungsbereich: Definition ausländischer Investmentvermögen
und Investmentanteile
Durch die unterschiedlichen Definitionen für inländische (formelle und
materielle Komponente) und ausländische (nur materielle Komponente)
Investmentvermögen bzw. Investmentanteile ergab sich eine Schlechterstellung ausländischer Investmentanteile und damit eine Verletzung der
Kapitalverkehrsfreiheit. Es war daher zur Beseitigung dieses Verstoßes
auch für ausländische Investmentanteile eine formelle Komponente in die
Definition ausländischer Investmentanteile aufzunehmen. Diese Komponente muss in ihrer Qualität der inländischen formellen Anforderung entsprechen. Die mit dem Investmentänderungsgesetz eingeführte Einschränkung der Definition des ausländischen Investmentanteils auf Investmentanteile, die von einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben
werden, die einer Investmentaufsicht unterliegen oder bei denen eine konzeptionelle Rückgabemöglichkeit des Anteils gegen Auszahlung des
Anteils vorgesehen ist, § 2 Abs. 9 InvG n.F., genügt diesen Erfordernissen.
Durch die Gesetzesänderung wurde der bestehende Verstoß gegen die
Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG beseitigt.
II. Abzugsfähigkeit von Werbungskosten des Investmentvermögens
Die derzeitige Regelung des § 3 Abs. 3 InvStG zur Abzugsfähigkeit von
Werbungskosten auf der Ebene des Investmentvermögens verstößt gegen
das Transparenzprinzip und benachteiligt den Investmentanleger im Vergleich zum Direktanleger.
Die Pauschalierung nicht abzugsfähiger Werbungskosten in § 3 Abs. 3
Satz 2 Nr. 2 InvStG ist ersatzlos zu streichen. Die Anwendung des § 3c
EStG auf der Ebene des Investmentvermögens ist auszuschließen. Nach § 3
Abs. 1 Satz 1 ist folgender neuer Satz einzufügen: »§ 3c EStG findet keine
Anwendung.« Dadurch wird die Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 2 zu einer
reinen Zuordnungsvorschrift, die keine Beschränkungen hinsichtlich der
B. Lösungsvorschläge 285
Abzugsfähigkeit von Werbungskosten, sondern nur noch die Aufteilung
der Werbungskosten vorsieht, die nicht in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen stehen.
Steuerfreie Erträge sind unabhängig davon, ob Werbungskosten abgezogen werden oder nicht, und damit unabhängig von ihrer Höhe beim Anleger
steuerfrei. Daher kann auf eine Beschränkung der Abzugsfähigkeit auf der
Ebene des Investmentvermögens verzichtet werden. Bei Anwendung des
§ 3 Nr. 40 EStG kommt es mit dieser Methode zu einer Umsetzung des
Transparenzprinzips, da beim Anleger das Halbeinkünfteverfahren auf den
Nettoertrag Anwendung findet. Probleme ergeben sich allerdings weiterhin bei der Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG, da die vorgeschlagene Methode nicht zur Anwendung des § 8b Abs. 5 KStG auf der Ebene des Investmentvermögens führt. Die Umsetzung des Transparenzprinzips würde
die Ermittlung und Bekanntmachung der Bruttoerträge und der entsprechenden Werbungskosten erfordern. Aus Praktikabilitätsgründen ist dies
nicht sinnvoll. Allerdings würde die vorgeschlagene Neuregelung dieses
Problem entschärfen, da die Werbungskosten des Investmentvermögens
abzugsfähig wären und die als nicht abzugsfähig geltenden Werbungskosten auf der Ebene des Anlegers in Höhe von 5 % vom niedrigeren Nettoertrag, d.h. nach Abzug der Werbungskosten auf Ebene des Investmentvermögens, berechnet würden.
III. Zurechnung negativer Erträge beim Anleger
Nach § 3 Abs. 4 Satz 2 InvStG werden negative Erträge, die nicht auf der
Ebene des Investmentvermögens mit Erträgen gleicher Art verrechnet werden können, auf dieser Ebene vorgetragen. Diese überschießenden negativen Erträge werden nicht beim Anleger im Entstehungsjahr berücksichtigt,
sondern auf der Ebene des Investmentvermögens vorgetragen und in den
folgenden Geschäftsjahren des Investmentvermögens verrechnet.1212 Diese
Regelung verstößt gegen das Transparenzprinzip, da negative Erträge, die
auf der Ebene des Investmentvermögens nicht ausgeglichen werden können, nicht dem Anleger zugerechnet werden. Darüber hinaus verstößt die
Regelung – insbesondere bei Publikums-Investmentvermögen – gegen das
Leistungsfähigkeitsprinzip und den Grundsatz der Abschnittsbesteuerung.1213
§ 3 Abs. 4 Satz 2 InvStG ist daher ersatzlos zu streichen. Dadurch würde
eine Zurechnung negativer Erträge – wie bereits unter dem KAGG und dem
AuslInvestmG – beim Anleger ermöglicht. Als Folge wären die festgestellten Verstöße gegen Besteuerungsprinzipien beseitigt und die Investment-
1212 Vgl. Kapitel 6 B.I.2.b.
1213 Vgl. Kapitel 8 A.IX.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Diese Arbeit enthält eine umfassende Analyse der Besteuerung von Erträgen aus Investmentvermögen, die sowohl dem Praktiker als auch dem Wissenschaftler einen detaillierten Einblick in die Materie verschafft.
Die Besteuerung der Investmentanlage ist im InvStG speziell geregelt. Anleger, die ihre Investments über ein Investmentvermögen tätigen, sollen möglichst so behandelt werden, als ob sie direkt in die zu Grunde liegenden Anlagegegenstände investiert hätten (sog. Transparenzprinzip). Dieses Prinzip ist jedoch insbesondere aus Vereinfachungsgesichtspunkten im InvStG nicht vollumfänglich umgesetzt. Der Autor arbeitet die Durchbrechungen des Transparenzprinzips heraus und entwickelt Vorschläge zu einer weitergehenden Umsetzung desselben. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf die Vereinfachung der Besteuerung.
Darüber hinaus werden der Anwendungsbereich sowie die pauschale Besteuerung bei intransparenten Investmentvermögen eingehend auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht untersucht. Der Autor schlägt Änderungen für die pauschale Besteuerung vor, die diese auf ein verfassungs- und europarechtskonformes Maß reduziert.