278 Kapitel 8 Durchbrechungen des Transparenzprinzips
ger umgesetzt.1195 Bei einem Direktinvestment findet jedoch § 3 Nr. 40
EStG bzw. § 8b KStG nicht nur bei Veräußerungen, sondern auch bei Entnahmen und der Auflösung der Körperschaft (hier: Investmentvermögen)
Anwendung.1196 Wie bereits ausgeführt, kann die Regelung nicht – auch
nicht durch analoge Anwendung – auf andere in § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b
Abs. 1 KStG genannten Realisierungstatbestände erweitert werden.1197 Das
Transparenzprinzip ist insoweit nicht vollständig umgesetzt.
Für die Beschränkung der Anwendung der Aktiengewinnregelung auf
Veräußerungen, Rückgaben und Bewertungen ist kein Grund ersichtlich.
Zur vollständigen Umsetzung des Transparenzprinzips ist es daher erforderlich, § 8 InvStG dahingehend zu ändern, dass diejenigen Realisationstatbestände, die unter § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8 KStG fallen, d.h. insbesondere Entnahme und Liquidation, ebenfalls begünstigt werden.
E. Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008
I. Beseitigung bestehender Durchbrechungen des
Transparenzgrundsatzes
1. Abschaffung der Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 InvStG
Wie bereits ausgeführt verstößt das sog. Fonds-Privileg, d.h. die Steuerbefreiung von Wertpapierveräußerungsgewinnen und Gewinnen aus Bezugsrechtsveräußerungen, gegen das Transparenzprinzip. Eine Rechtfertigung
dieser Durchbrechung ist nicht möglich.1198 Im Zusammenhang mit der
Einführung einer Abgeltungsteuer und der damit verbundenen Einführung
einer Steuerpflicht aller Wertpapierveräußerungsgewinne – unabhängig
von Haltefristen – in § 20 Abs. 2 EStG n.F. hat sich der Gesetzgeber für die
Abschaffung des Fonds-Privilegs entschieden und damit einen weiteren
Schritt zur Umsetzung des Transparenzprinzips vorgenommen.1199 Die bisher bestehende Durchbrechung des Transparenzprinzips wird damit für
Neufälle, d.h. Anschaffung der Wertpapiere nach dem 31. Dezember 2008,
beseitigt.
1195 Carlé in Korn, InvStG, § 8 Rn. 11; Kayser/Bujotzek, FR 2006, 49, 64; Wengenroth,
ErbStB 2004, 319, 321; Köndgen/Schmies, WM Sonderbeilage 1/2004, 2, 24.
1196 Intemann in H/H/R, InvStG, Rn. J 04-17; Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer,
KAGG, § 40a Rn. 11.
1197 Dazu: Kapitel 7 A.II.2.a(3).
1198 Vgl. Kapitel 8 A.V.2.
1199 BT-Drs. 16/4841, S. 88.
E. Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 279
2. Aktiengewinnregelung
Die Aktiengewinnregelung des § 8 Abs. 1 bis 3 InvStG (Aktiengewinn und
Immobiliengewinn) findet bisher nur auf betriebliche Anleger Anwendung. Die daraus resultierende Durchbrechung des Transparenzgrundsatzes für Privatanleger ist nicht gerechtfertigt.1200
Zumindest die Regelung zum Immobiliengewinn wird nunmehr durch
§ 8 Abs. 5 Satz 6 InvStG auch für Privatanleger umgesetzt. Der Gesetzgeber möchte mit dieser Maßnahme zwar »missbräuchliche Gestaltungen«1201 vermeiden, allerdings wird durch diese Maßnahme auch dem
Transparenzgrundsatz zu einer weitergehenden Anwendung verholfen und
ist damit zu begrüßen.
Durch die Einführung der Abgeltungsteuer bei der Direktanlage und den
damit verbundenen Ausschluss der Anwendung des § 3 Nr. 40 EStG auf
private Investments entfällt für Neufälle auch die Durchbrechung des
Transparenzgrundsatzes hinsichtlich der Aktiengewinnregelung, da sowohl bei der Direktanlage als auch beim Fondsinvestment § 3 Nr. 40 EStG
auf Wertpapierveräußerungsgewinne keine Anwendung findet. In beiden
Fällen greift die Abgeltungsteuer ein.
II. Durch die Unternehmensteuerreform 2008 auftretende
Durchbrechungen des Transparenzprinzips
1. Umfang der kapitalertragsteuerpflichtigen Erträge
Wie bisher wird auf Grund der einheitlichen Umqualifizierung der Erträge
auch auf Mieterträge und Immobilienspekulationsgewinne Kapitalertragsteuer einbehalten. Bisher konnte diese Durchbrechung aus Vereinfachungsgründen und dadurch gerechtfertigt werden, dass es sich bei der
Kapitalertragsteuer lediglich um eine Vorauszahlung handelt und im Rahmen der Veranlagung die Erträge entsprechend ihrer Einkunftsart erfasst
werden. Durch den Kapitalertragsteuereinbehalt kommt es nur zu einer
temporären zusätzlichen Liquiditätsbelastung.1202
Durch die Einführung der grundsätzlichen Abgeltungswirkung des Kapitalertragsteuerabzuges (§ 43 Abs. 5 EStG n.F.) bei Privatanlegern nimmt
die Durchbrechung des Transparenzgrundsatzes eine andere Qualität an.
Der private Investmentanleger zahlt auf die ihm im Rahmen der Investmentanlage zufließenden Mieterträge und Immobilienspekulationsgewinne lediglich die Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %. Im Gegenzug bleibt ihm
1200 Vgl. Kapitel 8 D.I.
1201 BT-Drs. 16/4841, S. 88.
1202 Vgl. Kapitel 8 A.II.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Diese Arbeit enthält eine umfassende Analyse der Besteuerung von Erträgen aus Investmentvermögen, die sowohl dem Praktiker als auch dem Wissenschaftler einen detaillierten Einblick in die Materie verschafft.
Die Besteuerung der Investmentanlage ist im InvStG speziell geregelt. Anleger, die ihre Investments über ein Investmentvermögen tätigen, sollen möglichst so behandelt werden, als ob sie direkt in die zu Grunde liegenden Anlagegegenstände investiert hätten (sog. Transparenzprinzip). Dieses Prinzip ist jedoch insbesondere aus Vereinfachungsgesichtspunkten im InvStG nicht vollumfänglich umgesetzt. Der Autor arbeitet die Durchbrechungen des Transparenzprinzips heraus und entwickelt Vorschläge zu einer weitergehenden Umsetzung desselben. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf die Vereinfachung der Besteuerung.
Darüber hinaus werden der Anwendungsbereich sowie die pauschale Besteuerung bei intransparenten Investmentvermögen eingehend auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht untersucht. Der Autor schlägt Änderungen für die pauschale Besteuerung vor, die diese auf ein verfassungs- und europarechtskonformes Maß reduziert.