D. Schlussbesteuerung 277
steuerpflichtig, wenn dadurch mittelbar Veräußerungsgewinne i.S.d. § 3
Nr. 40 Buchst. j EStG realisiert werden.
Dadurch ergeben sich zum einen eine Ungleichbehandlung mit betrieblichen Anlegern und zum anderen eine Durchbrechung des Transparenzprinzips.1191 Daher hatte der Gesetzgeber zunächst vorgesehen, dass die
Aktiengewinnregelung auch für Anteile im Privatvermögen gelten
sollte.1192 Im Gesetzgebungsverfahren wurde dies jedoch wieder fallengelassen und die Aktiengewinnregelung auf Anteile im Betriebsvermögen
beschränkt.1193 Als Begründung wurde angeführt, dass »die Einbeziehung
der Privatanleger in die Berücksichtigung des Aktiengewinns zu einer erheblichen Komplizierung führen würde.«1194 Dieses Argument ist kaum
nachvollziehbar und kann die Durchbrechung des Transparenzprinzips und
die Ungleichbehandlung zwischen Privatanleger und betrieblichem Anleger nicht rechtfertigen. Vielmehr dürfte sich der Gesetzgeber von haushaltspolitischen Argumenten haben leiten lassen.
Die Investmentgesellschaften haben den Aktiengewinn zu ermitteln, da
er für betriebliche Anleger benötigt wird. Der ermittelte Aktiengewinn
kann sowohl auf betriebliche als auch auf private Anleger angewandt werden, da es inhaltlich keinen Unterschied gibt. Darüber hinaus ist der Aktiengewinn auch bereits nach § 5 Abs. 2 InvStG zu veröffentlichen. Daher
kommt in dieser Hinsicht kein zusätzlicher Aufwand auf die Investmentgesellschaften zu. Zusätzlich zu der Berücksichtigung des Aktiengewinns
bei der Veranlagung von betrieblichen Anlegern müsste jedoch der Aktiengewinn von den Finanzbehörden nunmehr auch bei der Veranlagung von
privaten Anlegern berücksichtigt werden. Der Aktiengewinn würde bei
Privatanlegern nur bei Veräußerungen und Rückgaben (keine Bewertung)
relevant werden. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand ist daher als gering
anzusehen. Dieser geringe Mehraufwand vermag die Ungleichbehandlung
von betrieblichem und privatem Anleger und die damit verbundene Durchbrechung des Transparenzprinzips nicht zu rechtfertigen.
II. Investmentanteile im Betriebsvermögen
Durch die Regelungen in § 8 InvStG ist das Transparenzprinzip auch bei
Veräußerung und Rückgabe des Investmentanteils durch betriebliche Anle-
1191 Lübbehüsen/Schmitt, DB 2004, 268, 270.
1192 BT-Drs. 15/1553, S. 127; Lübbehüsen/Schmitt, DB 2003, 1696, 1699; Sradj/Mertes, DStR 2003, 1681, 1685; Carlé in Korn, InvStG, § 8 Rn. 8; Ramackers in Littmann, InvStG, § 8 Rn. 5.
1193 BT-Drs. 15/1944, S. 18; BT-Drs. 15/1896, S. 113; Lübbehüsen/Schmitt, DB 2004,
268, 270; Sradj/Mertes, DStR 2004, 201, 206.
1194 BT-Drs. 15/1944, S. 18.
278 Kapitel 8 Durchbrechungen des Transparenzprinzips
ger umgesetzt.1195 Bei einem Direktinvestment findet jedoch § 3 Nr. 40
EStG bzw. § 8b KStG nicht nur bei Veräußerungen, sondern auch bei Entnahmen und der Auflösung der Körperschaft (hier: Investmentvermögen)
Anwendung.1196 Wie bereits ausgeführt, kann die Regelung nicht – auch
nicht durch analoge Anwendung – auf andere in § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8b
Abs. 1 KStG genannten Realisierungstatbestände erweitert werden.1197 Das
Transparenzprinzip ist insoweit nicht vollständig umgesetzt.
Für die Beschränkung der Anwendung der Aktiengewinnregelung auf
Veräußerungen, Rückgaben und Bewertungen ist kein Grund ersichtlich.
Zur vollständigen Umsetzung des Transparenzprinzips ist es daher erforderlich, § 8 InvStG dahingehend zu ändern, dass diejenigen Realisationstatbestände, die unter § 3 Nr. 40 EStG bzw. § 8 KStG fallen, d.h. insbesondere Entnahme und Liquidation, ebenfalls begünstigt werden.
E. Auswirkungen des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008
I. Beseitigung bestehender Durchbrechungen des
Transparenzgrundsatzes
1. Abschaffung der Steuerbefreiung nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 InvStG
Wie bereits ausgeführt verstößt das sog. Fonds-Privileg, d.h. die Steuerbefreiung von Wertpapierveräußerungsgewinnen und Gewinnen aus Bezugsrechtsveräußerungen, gegen das Transparenzprinzip. Eine Rechtfertigung
dieser Durchbrechung ist nicht möglich.1198 Im Zusammenhang mit der
Einführung einer Abgeltungsteuer und der damit verbundenen Einführung
einer Steuerpflicht aller Wertpapierveräußerungsgewinne – unabhängig
von Haltefristen – in § 20 Abs. 2 EStG n.F. hat sich der Gesetzgeber für die
Abschaffung des Fonds-Privilegs entschieden und damit einen weiteren
Schritt zur Umsetzung des Transparenzprinzips vorgenommen.1199 Die bisher bestehende Durchbrechung des Transparenzprinzips wird damit für
Neufälle, d.h. Anschaffung der Wertpapiere nach dem 31. Dezember 2008,
beseitigt.
1195 Carlé in Korn, InvStG, § 8 Rn. 11; Kayser/Bujotzek, FR 2006, 49, 64; Wengenroth,
ErbStB 2004, 319, 321; Köndgen/Schmies, WM Sonderbeilage 1/2004, 2, 24.
1196 Intemann in H/H/R, InvStG, Rn. J 04-17; Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer,
KAGG, § 40a Rn. 11.
1197 Dazu: Kapitel 7 A.II.2.a(3).
1198 Vgl. Kapitel 8 A.V.2.
1199 BT-Drs. 16/4841, S. 88.
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References
Zusammenfassung
Diese Arbeit enthält eine umfassende Analyse der Besteuerung von Erträgen aus Investmentvermögen, die sowohl dem Praktiker als auch dem Wissenschaftler einen detaillierten Einblick in die Materie verschafft.
Die Besteuerung der Investmentanlage ist im InvStG speziell geregelt. Anleger, die ihre Investments über ein Investmentvermögen tätigen, sollen möglichst so behandelt werden, als ob sie direkt in die zu Grunde liegenden Anlagegegenstände investiert hätten (sog. Transparenzprinzip). Dieses Prinzip ist jedoch insbesondere aus Vereinfachungsgesichtspunkten im InvStG nicht vollumfänglich umgesetzt. Der Autor arbeitet die Durchbrechungen des Transparenzprinzips heraus und entwickelt Vorschläge zu einer weitergehenden Umsetzung desselben. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf die Vereinfachung der Besteuerung.
Darüber hinaus werden der Anwendungsbereich sowie die pauschale Besteuerung bei intransparenten Investmentvermögen eingehend auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht untersucht. Der Autor schlägt Änderungen für die pauschale Besteuerung vor, die diese auf ein verfassungs- und europarechtskonformes Maß reduziert.