E. Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 219
E. Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008
I. Zurechnung der Fonds-Zinserträge für Zinsschrankenzwecke beim
Anleger
Zinserträge des Investmentvermögens, die in den ausgeschütteten oder
ausschüttungsgleichen Erträgen enthalten sind, werden nach § 2 Abs. 2a
InvStG n.F. beim Anleger im Rahmen der Anwendung der Zinsschranke
nach § 4h EStG beim Anleger berücksichtigt. Da die Zinsschranke nur bei
betrieblichen Anlegern Anwendung findet, hat § 2 Abs. 2a InvStG auch
nur Bedeutung für betriebliche Investmentanleger. Durch die Neuregelung
können nicht nur direkt bezogenen Zinserträge, sondern auch mittelbar
z.B. über Renten- oder Geldmarktfonds bezogene Zinserträge die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen beim Anleger verbessern. Ohne diese
Neuregelung wäre eine Berücksichtigung ausgeschlossen, da die Erträge
aus dem Investmentvermögen einheitlich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG in
Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG umqualifiziert werden.985 § 2
Abs. 2a InvStG findet erstmals auf Investmenterträge Anwendung, die
nach dem 25. Mai 2007 zufließen oder als zugeflossen gelten, § 18 Abs. 6
InvStG.
Die Regelung führt zu einer Umsetzung des Transparenzprinzips986, da
es insoweit die Investmentanlage mit der Direktanlage gleichstellt. Allerdings erfolgt dies auf Kosten der Bekanntmachung eines weiteren Ertragsbestandteils.987
II. Besondere Übergangsregelung für sog. Individualfonds
Als Folge einer Prüfbitte des Bundesrates988 wurde in § 18 Abs. 2a InvStG
n.F. eine Sonderregelung für sog. Spezial- und Individualfonds eingeführt.
Ziel dieser Regelung soll die Vermeidung »ungerechtfertigter Steuervorteile« sein. Hintergrund der Regelung ist die Übergangsregelung zur
Abgeltungsteuer nach der Veräußerungsgewinne aus Investmentanteilen,
die vor dem 31. Dezember 2008 erworben werden und mindestens ein Jahr
gehalten werden, weiterhin steuerfrei sind. Darüber hinaus sind durch das
Investmentvermögen thesaurierte Wertpapierveräußerungsgewinne beim
Anleger nicht steuerbar, da sie vom Katalog der ausschüttungsgleichen
985 Grabbe/Behrens, DStR 2008, 950, 956; Feyerabend/Vollmer, BB 2008, 1088,
1093.
986 Grabbe/Behrens, DStR 2008, 950, 956; Carlé, ErbStB 2008, 93; Ebner, NWB 2008,
339, 349; Feyerabend/Vollmer, BB 2008, 1088, 1093.
987 Vgl. zu der entsprechenden Veröffentlichungspflicht Kapitel 6 D.II.
988 BT-Drs. 16/6739, S. 29 f.; BT-Drs. 16/7036, S. 28.
220 Kapitel 7 Der Anleger als eigentliches Besteuerungssubjekt
Erträge ausgenommen sind.989 Insbesondere in Luxemburg besteht die
Möglichkeit für vermögende Privatpersonen eigene Investmentvermögen
zu errichten und durch die Ausnutzung der o.g. Systematik Wertpapierver-
äußerungsgewinne weiterhin steuerfrei zu realisieren, d.h. die Anwendung
der Abgeltungsteuer zu umgehen.990
Um diese Gestaltungen zu verhindern, findet § 8 Abs. 5 InvStG n.F., der
die »Abgeltungsteuerpflicht« von Veräußerungsgewinnen aus Investmentanteilen normiert, in bestimmten Fällen bereits dann Anwendung, wenn
die Anschaffung vor dem 1. Januar 2009 (allgemeine Übergangsregelung),
aber nach dem 9. November statt gefunden hat. Erfasst werden Anteile an
inländischen oder ausländischen Spezial-Investmentvermögen oder Spezial-Investmentaktiengesellschaften. Darüber hinaus aber auch Investmentvermögen, bei denen durch Gesetz, Satzung, Gesellschaftsvertrag
oder Vertragsbedingungen die Beteiligung natürlicher Personen von der
Sachkunde des Anlegers abhängig oder eine Mindestanlagesumme von
100.000 Euro zu erbringen ist (sog. »Individualfonds«).991 Die Regelung
zielt ausdrücklich nicht auf »normale« Anlagen in Publikumsfonds.992
Im Ergebnis werden damit die Veräußerungsgewinne auch dann bereits
nach § 8 Abs. 5 InvStG n.F. besteuert, wenn die Veräußerung der Anteile
noch nach der alten Besteuerungssystematik zu besteuern gewesen wären.
Allerdings ist die Anwendung des § 8 Abs. 5 Satz 5 InvStG n.F., der die
Nachversteuerung von auf Ebene des Investmentvermögens nach der Übergangsregelung steuerfreien Wertpapierveräußerungsgewinnen anordnet,
(systemgerecht) nicht anzuwenden. Der Umfang der steuerpflichtigen Erträge wird jedoch auf die Summe der thesaurierten Erträge beschränkt, die
diese Investmentvermögen aus der Veräußerung von Wertpapieren und aus
Termingeschäften erzielt haben, die nach dem 31. Dezember 2008 erworben oder eingegangen wurden, § 18 Abs. 2a Satz 4 InvStG n.F.993 Der Steuerpflichtige trägt die Beweislast für diese niedrigere Bemessungsgrundlage. Auf den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn wird keine Kapitalertragsteuer einbehalten. Es findet aber der gesonderte Steuersatz des § 32d
EStG n.F. Anwendung, § 18 Abs. 2a Satz 5 InvStG n.F.
989 Ebner, NWB 2008, 339, 341; Carlé, ErbStB 2008, 93, 94.
990 Ausführlich BT-Drs. 16/6739, S. 30; Brockmann/Hörster, NWB 2008, 133, 143 f.;
Helios/Link, DStR 2008, 386, 390; Carlé, ErbStB 2008, 93, 94; Feyerabend/Vollmer, BB 2008, 1088, 1096; Ebner, NWB 2008, 339, 342 führt auch noch Gibraltar
an.
991 Grabbe/Behrens, DStR 2008, 950, 953; Ebner, NWB 2008, 339, 341 f.; Helios/
Link, DStR 2008, 386, 390; Feyerabend/Vollmer, BB 2008, 1088, 1096.
992 BT-Drs. 16/6739, S. 30; Brockmann/Hörster, NWB 2008, 133, 144.
993 Ausführlich zur Ermittlung Grabbe/Behrens, DStR 2008, 950, 953 f.; Brockmann/
Hörster, NWB 2008, 133, 144 f.; Ebner, NWB 2008, 339, 342 f.
E. Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2008 221
III. Einheitlicher Kapitalertragsteuersatz
Um nicht verschiedene Kapitalertragsteuersätze (20 %, 25 %, 30 %)
berücksichtigen zu müssen, wurde in § 18 Abs. 2 Satz 1 InvStG eine neue
Übergangsregelung eingefügt, die die Anwendung des einheitlichen Kapitalertragsteuersatzes von 25 % für alle Kapitalerträge anordnet, die nach
dem 31. Dezember 2008 aus der Investmentanlage zufließen oder zugeflossen gelten.994 Je nach Zufluss der Erträge beim Investmentvermögen hätten
ohne diese Änderung die unterschiedlichen Kapitalertragsteuersätze
berücksichtigt werden müssen.
994 BT-Drs. 16/7036, S. 27 f.; Ebner, NWB 2008, 339, 350; Brockmann/Hörster, NWB
2008, 133, 143.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Diese Arbeit enthält eine umfassende Analyse der Besteuerung von Erträgen aus Investmentvermögen, die sowohl dem Praktiker als auch dem Wissenschaftler einen detaillierten Einblick in die Materie verschafft.
Die Besteuerung der Investmentanlage ist im InvStG speziell geregelt. Anleger, die ihre Investments über ein Investmentvermögen tätigen, sollen möglichst so behandelt werden, als ob sie direkt in die zu Grunde liegenden Anlagegegenstände investiert hätten (sog. Transparenzprinzip). Dieses Prinzip ist jedoch insbesondere aus Vereinfachungsgesichtspunkten im InvStG nicht vollumfänglich umgesetzt. Der Autor arbeitet die Durchbrechungen des Transparenzprinzips heraus und entwickelt Vorschläge zu einer weitergehenden Umsetzung desselben. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf die Vereinfachung der Besteuerung.
Darüber hinaus werden der Anwendungsbereich sowie die pauschale Besteuerung bei intransparenten Investmentvermögen eingehend auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht untersucht. Der Autor schlägt Änderungen für die pauschale Besteuerung vor, die diese auf ein verfassungs- und europarechtskonformes Maß reduziert.