28 Kapitel 1 Einleitung
B. Stand der rechtswissenschaftlichen Diskussion und eigene
Arbeitshypothesen
Das AuslInvestmG wurde in der Literatur punktuell auf seine Vereinbarkeit
mit höherrangigem Recht untersucht. Die Beiträge richten sich gegen die
Strafbesteuerung ausländischer Fonds nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG
sowie gegen den Ausschluss der Anwendung von § 3 Nr. 40 EStG und § 8b
KStG auf Erträge aus ausländischen Fonds.14 Auch in der Rechtsprechung
wurde die Besteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG problematisiert.15
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass durch die Neuregelung alle verfassungs- und europarechtlichen Bedenken gegen die Investmentbesteuerung
beseitigt wurden.16
Dies trifft jedoch nicht zu. Wie im Folgenden zu zeigen ist, führten die
für inländische und ausländische Investmentvermögen und Investmentanteile bisherigen unterschiedlichen Definitionen im InvG, die auch im
InvStG Anwendung finden, zu einem unterschiedlichen Anwendungsbereich des InvStG für inländische und ausländische Investmentvermögen
bzw. Investmentanteile. Dadurch kam es zu einer versteckten Diskriminierung ausländischer Investmentvermögen. Die Änderung der Definition des
ausländischen Investmentanteils hat diese steuerliche Diskriminierung
ausländischer Investmentanteile beseitigt.
Auch die pauschale Besteuerung nach § 6 InvStG steht im Verdacht, gegen
höherrangiges Recht zu verstoßen. Als erste Arbeitshypothese wird daher
davon ausgegangen, dass das InvStG partiell gegen Europa- und Verfassungsrecht verstößt.
Eine umfassende Aufarbeitung der Durchbrechungen des Transparenzprinzips ist in der Literatur nicht zu finden. Lediglich an einigen Stellen
werden beispielhaft, häufig nur in der Literatur zum KAGG und Ausl-
InvestmG, einige Durchbrechungen aufgezeigt.17 Eine Untersuchung, ob
diese Durchbrechungen z.B. aus Praktikabilitätsgründen erforderlich sind,
erfolgt dagegen nicht. Eine ausführliche Aufarbeitung im Zusammenhang
mit dem InvStG fehlt ebenso wie eine Untersuchung, ob eine Vereinfachung der Besteuerung möglich ist, ohne das Transparenzprinzip weiter
einzuschränken.
14 Schmitt, DStR 2002, 2193, 2196 f.; Watrin/Plewka, DB 2001, 2264, 2266; Wassermeyer, IStR 2001, 193, 196 f.; Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, AuslInvestmG,
§ 18 Rn. 41 ff.; Rutkowsky, NJW 1971, 1348, 1349; Hundertmark, BB 1969, 1262,
1263 f.
15 FG Köln v. 22.8.2001, EFG 2002, 144 rkr; FG Berlin v. 8.8.2005, EFG 2005, 1094;
BFH v. 14.9.2005, BFH/NV 2006, 508; FG Düsseldorf v. 22.12.2005, EFG 2006,
866; FG Köln 19.4.2007, ErbStB 2007, 265.
16 BT-Drs. 15/1553, S. 1 f., 120.
17 Lübbehüsen in Brinkhaus/Scherer, KAGG, Vor §§ 37n ff. Rn. 14 f.; Baur, KAGG,
Vor § 37a Rn. 32 ff.; Sorgenfrei, IStR 1994, 465, 467 f.
C. Gang der Untersuchung 29
Als weitere These wird daher davon ausgegangen, dass sich für einige
Durchbrechungen des Transparenzgrundsatzes keine ausreichende Rechtfertigung finden lässt bzw. die vom Gesetzgeber gegebene Begründung
nicht überzeugen kann.
C. Gang der Untersuchung
Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Darstellung der Entwicklung der
Idee der Investmentanlage in Kapitel 2. Die Ausführungen sollen die
beachtliche Entwicklung dieses Modells der Kapitalanlage verdeutlichen,
aber auch die damit verbundenen Risiken aufzeigen.
Um das Verständnis der Besteuerung der Investmentanlage zu erleichtern, wird in Kapitel 3 ein Überblick über die zivilrechtliche Konstruktion
der Investmentanlage sowie über die beteiligten Besteuerungssubjekte gegeben. Nach § 39 Abs. 1 AO ist das Zivilrecht die Ausgangsbasis für die
steuerrechtliche Behandlung, so dass eine kurze Erläuterung der zu Grunde
liegenden zivilrechtlichen Regelungen geboten ist.
Nicht alle Formen der Kapitalanlage werden vom InvStG erfasst. Nur inund ausländische Investmentvermögen und die von diesen ausgegebenen
Anteile fallen in den Anwendungsbereich des InvStG. Deshalb erfolgt in
Kapitel 4 eine kurze Darstellung des Anwendungsbereiches des InvStG.
In Kapitel 5 wird das Transparenzprinzip als das grundlegende Prinzip
der Besteuerung der Investmentanlage nach dem InvStG eingehend erläutert. Ebenso wird aufgezeigt, wie in anderen Jurisdiktionen die Gleichstellung der Investmentanlage mit der Direktanlage gewährleistet wird, um einen Überblick über die verschiedenen Methoden zu erhalten.
Bei der Investmentbesteuerung nach dem InvStG sind durch die Zwischenschaltung des Investmentvermögens zwei Besteuerungsebenen zu
betrachten. Das Investmentvermögen ist eigenständiges Besteuerungssubjekt und damit die erste Ebene der Besteuerung. Diese erste Ebene der Besteuerung wird in Kapitel 6 ausführlich aufgearbeitet. Dabei wird insbesondere auf die steuerlichen Pflichten der Investmentgesellschaft, d.h. die
Ermittlung und Bekanntmachung der Erträge, eingegangen.
Das Investmentvermögen ist steuerbefreit. Die erzielten Erträge werden
an den Anleger ausgeschüttet oder ihm zugerechnet und dort – auf der
zweiten Ebene – der Besteuerung unterworfen. Der Anleger ist damit das
eigentliche Subjekt der Besteuerung. Die Besteuerung der Investmentanleger wird daher in Kapitel 7 behandelt. Dabei ist zwischen verschiedenen
Anlegergruppen zu unterscheiden. Das InvStG unterscheidet danach, ob
die Investmentanteile zu einem Betriebsvermögen gehören oder sich im
Privatvermögen befinden.
Die Untersuchung der beiden Besteuerungsebenen in den Kapiteln 6 und
7 ist erforderlich, um die Durchbrechungen des Transparenzprinzips zu er-
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References
Zusammenfassung
Diese Arbeit enthält eine umfassende Analyse der Besteuerung von Erträgen aus Investmentvermögen, die sowohl dem Praktiker als auch dem Wissenschaftler einen detaillierten Einblick in die Materie verschafft.
Die Besteuerung der Investmentanlage ist im InvStG speziell geregelt. Anleger, die ihre Investments über ein Investmentvermögen tätigen, sollen möglichst so behandelt werden, als ob sie direkt in die zu Grunde liegenden Anlagegegenstände investiert hätten (sog. Transparenzprinzip). Dieses Prinzip ist jedoch insbesondere aus Vereinfachungsgesichtspunkten im InvStG nicht vollumfänglich umgesetzt. Der Autor arbeitet die Durchbrechungen des Transparenzprinzips heraus und entwickelt Vorschläge zu einer weitergehenden Umsetzung desselben. Dabei legt er besonderes Augenmerk auf die Vereinfachung der Besteuerung.
Darüber hinaus werden der Anwendungsbereich sowie die pauschale Besteuerung bei intransparenten Investmentvermögen eingehend auf ihre Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht untersucht. Der Autor schlägt Änderungen für die pauschale Besteuerung vor, die diese auf ein verfassungs- und europarechtskonformes Maß reduziert.