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X. Kapitel: Zusammenfassung und Vorschlag für eine Neufassung des
Verwaltungsverfahrensgesetzes und des Bundes-Bodenschutzgesetzes
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, inwieweit der Gesamtrechtsnachfolger
des Verursachers einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast nach dem am
1. März 1999 in Kraft getretenen Bundes-Bodenschutzgesetz zur Sanierung herangezogen werden kann. Zentrale Normen zur Beantwortung dieser Fragestellung sind
§ 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG, der den Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers zu
dieser Sanierung verpflichtet, und § 10 Abs. 1 BBodSchG, der die zentrale Ermächtigungsgrundlage für die Bodenschutzbehörde darstellt, um die Sanierungspflicht
durchzusetzen.
Am Anfang der Abhandlung stand die Auslegung von §§ 4, 10 BBodSchG anhand der vier klassischen Auslegungsmethoden. Die Auslegung ergab keine aus dem
Bundes-Bodenschutzgesetz folgenden besonderen Grenzen für die Heranziehung
des Gesamtrechtsnachfolgers zu Sanierungsmaßnahmen. Vielmehr gelten für den
Gesamtrechtsnachfolger dieselben Einschränkungen wie für die anderen im Gesetz
genannten Sanierungsverantwortlichen. Von Bedeutung ist insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
Anschließend wurde untersucht, inwiefern sich Grenzen für die Inanspruchnahme
des Gesamtrechtsnachfolgers aus dem Verfassungsrecht ergeben. Zuerst wurde
herausgearbeitet, dass vor dem Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes und
in der ersten Zeit danach in der Literatur berechtigte Zweifel an der Kompetenz des
Bundes für den Erlass des Bundes-Bodenschutzgesetzes geäußert worden sind. Es
ist aber festzustellen, dass die Diskussion um die Gesetzgebungskompetenz des
Bundes für das Bundes-Bodenschutzgesetz stark an Bedeutung verloren hat, da die
Rechtsprechung die von der Literatur geäußerten Bedenken nicht aufgegriffen hat,
eine bundeseinheitliche Regelung der Altlastenproblematik in der Sache durchaus
vernünftig ist und im Zuge der sogenannten Föderalismusreform das Grundgesetz so
geändert wurde, dass nunmehr dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit für die
gesamte Umweltmaterie zukommen soll.
Mittlerweile hat es sich zu einer der Hauptstreitfragen um die Verfassungsmäßigkeit des Bundes-Bodenschutzgesetzes entwickelt, ob das Gesetz im Lichte von
Art. 14 Abs. 1 GG oder Art. 2 Abs. 1 GG einschränkend ausgelegt werden muss
oder ob es gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt. Hinsichtlich der ersten Streitfrage wurde auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts eingegangen, dass die Belastung des Grundstückseigentümers mit den Kosten
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der Sanierung grundsätzlich auf den Verkehrswert des Grundstücks zu begrenzen ist
und dass insbesondere das Ausmaß seiner Kenntnis vom Vorhandensein der Altlast
zu berücksichtigen ist. An der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist zu kritisieren, dass sie mit Art. 14 GG und nicht mit Art. 2 Abs. 1 GG begründet wird.
Trotzdem bietet sie wichtige Anhaltspunkte für die vorliegende Fragestellung, da die
Situation des Gesamtrechtsnachfolgers der des Eigentümers eines altlastenbehafteten Grundstücks ähnelt. Hieraus folgt, dass es dem Gesamtrechtsnachfolger grundsätzlich nur zumutbar ist, mit dem Vermögen, das ihm von seinem Rechtsvorgänger
zugeflossen ist, für die Kosten der Sanierung einzustehen. Etwas anderes gilt, wenn
der Gesamtrechtsnachfolger in Kenntnis des Altlastenrisikos oder mit einem erhöhten Grad von Fahrlässigkeit das Vermögen seines Rechtsvorgängers übernommen
hat. Das genaue Maß der finanziellen Belastung, die dem Gesamtrechtsnachfolger
zumutbar ist, bemisst sich in diesem Fall nach dem Ausmaß der Kenntnis von der
Verursachung der Altlast oder der Kenntnis, die der Gesamtrechtsnachfolger hätte
erlangen können. In keinem Fall darf es aber zu einer Kostenbelastung kommen, die
zu einer Existenzgefährdung des Gesamtrechtsnachfolgers führt.
Im Weiteren wurde geprüft, ob es durch die Normierung der Sanierungsverantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers zu einem Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot gekommen ist. Hierfür ist zwischen dem Fall, dass
vor dem Eintritt der Rechtsnachfolge schon ein Sanierungsbescheid gegen den Verursacher erlassen wurde (konkrete Sanierungspflicht), und dem Fall, dass noch keine
Sanierungsanordnung ergangen ist (abstrakte Sanierungspflicht), zu unterscheiden.
In beiden Fällen ist es zu einer unzulässigen echten Rückwirkung gekommen. Hinsichtlich der konkreten Sanierungspflicht wird entgegen der überwiegenden Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten, dass es zu einer Verschlechterung der
Rechtslage gekommen ist, weil es vor dem Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes keine eindeutige Rechtsgrundlage für den Übergang eines belastenden Verwaltungsaktes auf den Rechtsnachfolger gab. Ebenfalls zu einer Verschlechterung der Rechtslage ist es bei der abstrakten Sanierungspflicht gekommen. Denn
vor dem Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes oblag dem Verursacher
einer Altlast ohne den Erlass einer an ihn gerichteten Sanierungsverfügung keine
eigenständige Pflicht, Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Es existierte also auch
keine Pflicht, die im Wege der Rechtsnachfolge auf den Gesamtrechtsnachfolger
übergehen konnte. Diese Verschlechterung der Rechtslage stellt sich als grundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung dar, da § 4 Abs. 3 BBodSchG an den Abschluss
der altlastenverursachenden Handlung als einen abgeschlossenen Lebenssachverhalt
anknüpft. Nach der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung ist eine Verschlechterung der Rechtslage ausnahmsweise zulässig, wenn die Rechtslage unklar und verworren ist, was hier zu bejahen ist. Dies darf aber nicht dazu führen, dass dem
Normadressaten zeitlich unbegrenzt der Vertrauensschutz versagt wird. Vorgeschlagen wird, dem mit einem abgeschlossenen Sachverhalt und mit einer unklaren
Rechtslage konfrontierten Gesamtrechtsnachfolger nur bis zum Beginn der Legislaturperiode, die vor dem Erlass des Bundes-Bodenschutzgesetzes liegt, den
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Vertrauensschutz zu versagen. Dies hat zur Folge, dass eine rückwirkende Verschlechterung der Rechtslage durch die Anordnung der Sanierungsverantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers nur bei Altlasten zulässig ist, deren Verursachung
am 10. November 1994 noch nicht abgeschlossen war.
Derzeit wird auf europäischer Ebene an einer Bodenrahmenrichtlinie gearbeitet.
Nach dem bis jetzt vorliegenden Entwurf der Bodenrahmenrichtlinie ergeben sich
keine Konsequenzen für die Beurteilung der Rechtsnachfolgeproblematik. Auch die
Umwelthaftungsrichtlinie der Europäischen Union steht der vorgeschlagenen einschränkenden Auslegung des Bundes-Bodenschutzgesetzes von Verfassungs wegen
nicht entgegen. Sie untersagt allerdings auch nicht die Heranziehung des Gesamtrechtsnachfolgers auf der Grundlage des Bundes-Bodenschutzgesetzes. Das Bundes-
Bodenschutzgesetz soll laut dem Entwurf des zwecks Umsetzung der Umwelthaftungsrichtlinie geplanten Umweltschadensgesetzes nicht geändert werden. Die Abfallrahmenrichtlinie untersagt ebenfalls nicht eine einschränkende Auslegung des
Bundes-Bodenschutzgesetzes, da sie die Rechtsnachfolgeproblematik gar nicht erfasst.
Ferner wurde die Gesamtrechtsnachfolge im Wege der Erbschaft erörtert. Der
Gesamtrechtsnachfolger im Sinne von § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG kann die Erbschaft ausschlagen bzw. die Annahme der Erbschaft unter den Voraussetzungen des
Bürgerlichen Gesetzbuches anfechten. Die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften über
die Beschränkung der Haftung des Erben in den §§ 1975 ff. BGB können allerdings
weder direkt noch entsprechend angewendet werden, wenn der Erbe als Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers durch eine Sanierungsanordnung herangezogen
werden soll. In diesem Fall ist eine Begrenzung der Kostentragungspflicht des Erben
nur im Rahmen der Zumutbarkeit zu berücksichtigen, wobei maßgeblich auf die
Kenntnis von der Verursachung der Altlast abzustellen ist. Im Gegensatz zu anderen
Fällen der Gesamtrechtsnachfolge ist allerdings beim Erben nicht auf den Kenntnisstand beim Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge (dem Erbfall) abzustellen. Maßgeblich ist vielmehr der Kenntnisstand bei der Annahme der Erbschaft, die kraft Gesetzes mit dem Ablauf der Ausschlagungsfrist eintritt. Gleiches gilt in den Fällen, in
denen der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers zur Durchführung von Sanierungsmaßnahmen herangezogen werden soll, wenn gegenüber dem Verursacher
schon ein Sanierungsbescheid erlassen wurde. Eine entsprechende Anwendung der
bürgerlich-rechtlichen Regelungen zur Haftungsbeschränkung des Erben nach
§§ 1975 ff. BGB ist nur denkbar, wenn die Behörde bereits einen Anspruch auf
Ersatz von Sanierungskosten nach Durchführung von Sanierungsmaßnahmen im
Wege der unmittelbaren Ausführung oder Ersatzvornahme gegenüber dem Erblasser
als Verursacher erworben hat. Da sich eine Ersatzvornahme oder unmittelbare Ausführung nach Landesrecht richtet, muss aber zuerst anhand des jeweiligen Landesrechts untersucht werden, ob eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist. Erst
dann ist die entsprechende Anwendung der bundesrechtlichen Vorschriften über die
Haftungsbeschränkung des Erben möglich.
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Um die hier entwickelten Vorgaben für die Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers
für den Rechtsanwender greifbarer zu machen, wird vorgeschlagen, § 24 BBodSchG
um folgenden Absatz zu ergänzen:
„(1a) Der Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers ist nach Absatz 1 insoweit nicht kostenpflichtig, als die Kosten der angeordneten Maßnahmen den Wert des im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangenen Vermögens übersteigen. Dies gilt nicht, wenn der Gesamtrechtsnachfolger im Zeitpunkt des Eintritts der Gesamtrechtsnachfolge das Bestehen einer
schädlichen Bodenveränderung oder Altlast kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht
gekannt hat. Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge im Wege der Erbschaft ist der Kenntnisstand
beim Ablauf der Ausschlagungsfrist nach § 1944 BGB maßgeblich. Kannte der Gesamtrechtsnachfolger das Bestehen einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast oder hat er diese infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt, bestimmt sich das Ausmaß seiner Kostenpflicht
nach dem Grad seiner Kenntnis oder der Kenntnis, die er hätte erlangen können. Die Heranziehung zur Tragung der Kosten der angeordneten Maßnahmen darf nicht zu einer Existenzgefährdung des Gesamtrechtsnachfolgers führen.“
Im Anschluss hieran wurde auf Gesamtrechtsnachfolgen aus gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund eingegangen. Bei der Verschmelzung eines Unternehmens mit
einem anderen Unternehmen, das eine Altlast oder schädliche Bodenveränderung
verursacht hat, besteht keine Möglichkeit, die Verantwortlichkeit des Rechtsnachfolgers im Verschmelzungsvertrag zu begrenzen.
Bei der Spaltung eines Unternehmens kommt es zu einer sogenannten geteilten
Gesamtrechtsnachfolge. Bei dieser handelt es sich entgegen der herrschenden Meinung nicht um einen Fall der Gesamtrechtsnachfolge im Sinne von § 4 Abs. 3 S. 1
BBodSchG. Diese Vorschrift kann weder direkt noch entsprechend auf die geteilte
Gesamtrechtsnachfolge angewendet werden. Auch über die Vorschriften des Umwandlungsgesetzes lässt sich eine Haftung des übernehmenden Rechtsträgers nur
begründen, soweit es sich um Kosten handelt, die bereits im Wege der Ersatzvornahme oder der unmittelbaren Ausführung entstanden waren. Dieses Ergebnis ist
rechtspolitisch bedenklich, weil es dem Verursacher einer Altlast die Möglichkeit
gibt, sich zu Lasten der Allgemeinheit durch eine geteilte Gesamtrechtsnachfolge im
Wege der Unternehmensspaltung seiner Verantwortung zu entziehen. Vorgeschlagen wird deshalb eine gesetzliche Regelung, dass es sich bei der geteilten Gesamtrechtsnachfolge um einen Fall der Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 4 Abs. 3 S. 1
BBodSchG handelt. Erreichen ließe sich dies durch folgenden Satz in § 4 Abs. 3
BBodSchG:
„Gesamtrechtsnachfolger im Sinne von Satz 1 ist auch der übernehmende Rechtsträger bei einer Umwandlung im Wege der Spaltung auf Grund gesellschaftsrechtlicher Vorschriften.“
Sodann wurde auf gesetzliche Regelungen der Haftungsbegrenzung eingegangen,
die für alle Formen der Gesamtrechtsnachfolge gelten. Begonnen wurde mit der
Untersuchung, ob die Sanierungsverantwortlichkeit befristet ist oder der Verjährung
unterliegt. Die Überlegung, die Frist des § 17 Abs. 4a Bundes-Immissions-
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schutzgesetzes anzuwenden, ist seit dem Erlass des Bundes-Bodenschutzgesetzes
überholt.
Hieran anschließend wurde diskutiert, ob die Sanierungsverantwortlichkeit durch
einen Rückgriff auf das Rechtsinstitut der Verjährung begrenzt werden kann. Dieses
ist im Verwaltungsrecht durch den Gesetzgeber nur bruchstückhaft geregelt worden.
Deshalb wurde schon vor dem Erlass des Bundes-Bodenschutzgesetzes diskutiert,
ob die Sanierungsverantwortlichkeit durch entsprechende Anwendung von Verjährungsvorschriften des Zivilrechts begrenzt werden kann. Weder das Bundes-
Bodenschutzgesetz noch die Neuregelung des Verjährungsrechts im Zuge der
Schuldrechtsreform geben zu dieser Frage eine eindeutige Antwort. Auch die Umwelthaftungsrichtlinie der Europäischen Union und der bis jetzt vorliegende Entwurf
des zu ihrer Umsetzung geplanten Umweltschadensgesetzes haben hierauf keinen
Einfluss. Die besseren Argumente sprechen dafür, die zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften nicht entsprechend auf die Sanierungsverantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers anzuwenden, da es an einer planwidrigen Regelungslücke und
einer vergleichbaren Interessenlage wie im Zivilrecht fehlt. Die regelmäßige Verjährungsfrist des Bürgerlichen Rechts kann darüber hinaus auch nicht als allgemeiner
Rechtsgedanke angesehen werden, der unbesehen in das Bodenschutzrecht übernommen werden kann. Aus systematischen Gründen kommt ferner eine Befristung
der sich aus § 24 Abs. 1 S. 1 BBodSchG ergebenden Kostentragungspflicht des
Gesamtrechtsnachfolgers nicht in Betracht. Eine Anwendung der zivilrechtlichen
Verjährungsvorschriften kann nur hinsichtlich des behördlichen Kostenerstattungsanspruchs nach Durchführung von Sanierungsmaßnahmen im Wege der Ersatzvornahme oder unmittelbaren Ausführung bejaht werden. Die Verjährungsvorschriften
des Bürgerlichen Gesetzbuchs können allerdings nur dann entsprechend angewendet
werden, wenn sich bei Betrachtung der jeweiligen landesrechtlichen Vorschrift, auf
deren Grundlage die Ersatzvornahme oder unmittelbare Ausführung durchgeführt
wurde, ergibt, dass insoweit eine planwidrige Regelungslücke gegeben ist. Bejaht
man dieses, ist hinsichtlich des behördlichen Kostenerstattungsanspruch zu beachten, dass die Verjährungsfrist erst nach Erlass der Sanierungsanordnung zu laufen
beginnen kann.
Rechtspolitisch ist es bedenklich, dass das Bundes-Bodenschutzgesetz keine zeitliche Grenze für die Sanierungsverantwortlichkeit oder die damit verbundene Kostentragungspflicht enthält. Sollte sich der Gesetzgeber dafür entscheiden, aus Gründen der Rechtssicherheit eine Frist in das Bundes-Bodenschutzgesetz einzuführen,
könnte man eine den Erfordernissen des Bodenschutzes gerecht werdende Lösung
durch eine Ergänzung von § 24 Abs. 1 BBodSchG um folgenden Satz 4 erreichen:
„Die Kostentragungspflicht endet 30 Jahre nach Abschluss der Verursachung einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast.“
Des Weiteren wurden der Verzicht auf die behördlichen Befugnisse zur Heranziehung des Gesamtrechtsnachfolgers und deren Verwirkung behandelt. Hierzu
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wurde zuerst auf den ausdrücklichen Verzicht der Bodenschutzbehörde durch Abschluss eines Sanierungsvertrages eingegangen. In Bezug auf die Rechtsnachfolgeproblematik wurde herausgearbeitet, dass ein in Form eines Sanierungsvertrages
gegenüber dem Verursacher einer Altlast erklärter Verzicht auch gegenüber dessen
Gesamtrechtsnachfolger Wirkungen entfaltet. Hieran schlossen sich Ausführungen
über die Sonderform des Verzichts für das Gebiet der neuen Bundesländer an. Hierzu ist festzuhalten, dass die Erteilung einer Freistellung auch die Verhaltensverantwortlichkeit erfasst, sofern der Freistellungsbescheid nicht ausdrücklich etwas anderes vorsieht. Dementsprechend geht eine erteilte Freistellung auch mit dem Eintritt
der Rechtsnachfolge auf den Gesamtrechtsnachfolger über, sofern der Freistellungsbescheid nicht ausdrücklich eine andere Regelung enthält.
Hiernach wurde das Rechtsinstitut der Verwirkung im Hinblick auf den Gesamtrechtsnachfolger erörtert. Dieses kann ausnahmsweise auch im Bodenschutzrecht
eine Rolle spielen. Der Erlass des Bundes-Bodenschutzgesetzes hat die Rechtslage
dahingehend beeinflusst, dass seitdem die Anforderungen an die Annahme eines
Umstandsmoments als Voraussetzung für eine Verwirkung noch restriktiver gehandhabt werden müssen als bisher. Etwas geringere Anforderungen können im
Einzelfall gelten, wenn das Umstandsmoment daraus herrührt, dass bereits Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden. Sollte einer der seltenen Fälle gegeben sein,
dass die behördlichen Eingriffsbefugnisse gegenüber dem Verursacher einer Altlast
verwirkt wurden, so kommt dies auch dessen Gesamtrechtsnachfolger zugute. Ferner wurde festgestellt, dass die mangelhafte Überwachung einer Altlast oder des sie
verursachenden Verhaltens nicht zu einem Ausschluss der Sanierungsverantwortlichkeit führt.
Darüber hinaus wurde auf die mit dem Vorliegen einer behördlichen Genehmigung zum Zeitpunkt des altlastenverursachenden Handelns verbundenen Problematik eingegangen. Nach der herkömmlichen Dogmatik zum allgemeinen Ordnungsrecht kann eine Genehmigung nur dann Legalisierungswirkung entfalten, wenn
behördlicherseits das altlastenverursachende Verhalten geprüft worden ist und der
Genehmigungsinhaber sich an den vorgegebenen Handlungsrahmen gehalten hat. Er
ist dann nicht mehr als Verursacher im Sinne des allgemeinen Ordnungsrechts anzusehen. Für schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten, die vor dem
1. März 1999 eingetreten sind, gilt dies auch unter dem Bundes-Bodenschutzgesetz.
Eine dem Rechtsvorgänger erteilte Genehmigung kommt auch dessen Gesamtrechtsnachfolger zugute. Bei schädlichen Bodenveränderungen oder Altlasten, die
nach dem 1. März 1999 eingetreten sind, spielt das Vorliegen einer behördlichen
Genehmigung nur im Rahmen der Prüfung, ob eine Sanierungsanordnung verhältnismäßig ist, eine Rolle. Eine solche wird sich allerdings nur in Extremfällen als
unverhältnismäßig darstellen. In einem solchem Fall käme die dem Rechtsvorgänger
erteilte Genehmigung wiederum dem Gesamtrechtsnachfolger zugute. Schließlich
kann die Duldung des altlastenverursachenden Verhaltens ebenfalls nur in Sonderfällen, wobei ein sehr hoher Maßstab anzulegen ist, im Rahmen der Prüfung der
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Verhältnismäßigkeit einer Sanierungsanordnung eine Rolle spielen. Bei Annahme
einer Duldung wäre dies auch zu Gunsten des Gesamtrechtsnachfolgers zu berücksichtigen.
Insgesamt ist die Rechtsnachfolgeproblematik im Verwaltungsrecht unzureichend
geregelt. Unbestritten ist, dass es eine Rechtsnachfolge in die Verursacherhaftung
geben muss und dass der Übergang eines belastenden oder begünstigenden Verwaltungsaktes oder die Überleitung der durch einen Verwaltungsvertrag begründeten
Rechte und Pflichten auf den Gesamtrechtsnachfolger rechtspolitisch sinnvoll ist
und einem praktischen Bedürfnis entspricht. Es wird deshalb folgende gesetzliche
Regelung der Gesamtrechtsnachfolge im Verwaltungsverfahrensgesetz vorgeschlagen:
„§ 51a VwVfG
Gesamtrechtsnachfolge
(1) Ein Verwaltungsakt wirkt auch für und gegen den Gesamtrechtsnachfolger, sofern
er keine höchstpersönliche Pflicht begründet.
(2) Gesamtrechtsnachfolger ist, auf wen kraft Gesetzes bei Eintritt eines bestimmten
Ereignisses das Vermögen oder Teile hiervon als Ganzes übertragen werden.
(3) Absatz 1 gilt auch für Verwaltungsakte, bei denen die Behörde Ermessen auszu-
üben hatte. Liegen bei einem belastenden Verwaltungsakt bestimmte personengebundene Merkmale, die die Behörde bei ihrer Entscheidung zu berücksichtigen hatte, beim Gesamtrechtsnachfolger nicht vor, ist die Vollstreckung auszusetzen und
ein neuer Verwaltungsakt zu erlassen, bei denen die Behörde das Nichtvorliegen
der personengebundenen Merkmale zu berücksichtigen hat.
(4) Der Verwaltungsakt wirkt nur für und gegen den Rechtsnachfolger, wenn er ihm
bekanntgegeben wurde, er von ihm Kenntnis hatte oder er den Inhalt hätte kennen
müssen.
(5) Ein Verwaltungsakt wirkt nicht für und gegen den Rechtsnachfolger, wenn der
Rechtsnachfolger durch bewusstes und gewolltes Zusammenspiel mit dem Rechtsvorgänger in den Genuss der Regelung gekommen ist.
§ 60a VwVfG
Gesamtrechtsnachfolge
Der Rechtsnachfolger hat die vertraglichen Rechte und Pflichten für und gegen sich gelten zu
lassen. Die §§ 59 und 60 bleiben unberührt.“
Abschließend wurde darauf eingegangen, dass mangelnde finanzielle Leistungsfähigkeit nicht von der Pflicht zur Sanierung der Altlasten befreit. Dies führte zur
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Erörterung, welchen Einfluss die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Pflichtigen auf die Sanierungsverantwortlichkeit hat. Dieses hat als erstes
nicht zur Folge, dass ein eventuell bestellter Insolvenzverwalter zum Gesamtrechtsnachfolger des Insolvenzschuldners wird. Im Weiteren kann die Bodenschutzbehörde noch keine Forderungsanmeldung zur Tabelle vornehmen, solange der insolvente
Sanierungspflichtige zwar gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG zur Durchführung von
Sanierungsmaßnahmen verpflichtet ist, aber noch keine Sanierungsanordnung erlassen wurde. Das Insolvenzverfahren hindert die Bodenschutzbehörde allerdings nicht
daran, eine Sanierungsverfügung zu erlassen und diese im Wege der Ersatzvornahme zu vollstrecken. Die hierdurch entstandenen oder voraussichtlich entstehenden
Kosten kann sie als Insolvenzforderung gemäß § 38 InsO zur Tabelle anmelden,
sobald sie die Verwaltungsvollstreckung durch Androhung der Ersatzvornahme
eingeleitet hat. Abschließend ist festzuhalten, dass die Freigabe eines kontaminierten
Grundstücks aus der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter keinen Einfluss
auf die Verantwortlichkeit des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers hat.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz droht dem Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers einer Altlast eine Ewigkeitshaftung mit ruinösen finanziellen Folgen. Das Werk untersucht umfassend, inwiefern sich rechtliche Grenzen für die Inanspruchnahme des Gesamtrechtsnachfolgers aus Verfassungs-, Europa- und einfachem Recht ergeben. Die Anwendbarkeit von Haftungsbeschränkungen für Erben und für Gesamtrechtsnachfolger im Gesellschaftsrecht wird ebenso behandelt wie Haftungsbegrenzungen aus allgemeinen Rechtsinstituten, insbesondere Verjährung, Verzicht und Verwirkung sowie bei unzureichender staatlicher Überwachung oder im Fall der Insolvenz. Darüber hinaus bietet der Autor eine rechtspolitische Bewertung der dargestellten Rechtsprobleme und konkrete Vorschläge, wie diese durch den Gesetzgeber gelöst werden können.