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II. Kapitel: Problemansätze bei isolierter Auslegung des Bundes-
Bodenschutzgesetzes
Zunächst soll eine Annäherung an die in der Einleitung dargestellte Problematik
anhand der Auslegung des Bundes-Bodenschutzgesetzes erfolgen. Hierdurch soll
vor allem herausgearbeitet werden, welche einfachgesetzlichen Grenzen sich für die
Heranziehung des Gesamtrechtsnachfolgers des Verursachers aus dem Bundes-
Bodenschutzgesetz selbst ergeben. Begonnen werden soll mit einer Betrachtung von
§ 4 Abs. 3 BBodSchG, an die sich Ausführungen zu § 10 BBodSchG als der zentralen Ermächtigungsnorm für die Bodenschutzbehörde anschließen sollen.
A) Auslegung von § 4 Abs. 3 BBodSchG anhand der klassischen Auslegungsmethoden
Herkömmlicherweise werden Gesetze anhand ihres Wortlauts, ihrer Entstehungsgeschichte, ihres Regelungszusammenhangs und im Hinblick auf ihren Sinn und
Zweck ausgelegt21. Betrachtet werden soll zuerst der Wortlaut von § 4 Abs. 3
BBodSchG, da dieser die Grenze jeglicher Auslegung bildet. Einer Norm darf keine
Bedeutung zugemessen werden, die zu ihrem klaren Wortlaut in Widerspruch
steht22.
I. Der Wortlaut von § 4 BBodSchG
Zum besseren Verständnis soll nachstehend § 4 BBodSchG im vollen Wortlaut
wiedergegeben werden:
„Pflichten zur Gefahrenabwehr
(1) Jeder, der auf den Boden einwirkt, hat sich so zu verhalten, daß schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden.
21 BVerfGE 1, 299 (312); BGHZ 49, 221 (223); Heinrichs in Palandt, Einleitung Rn. 40-46;
Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 132-168.
22 BGHZ 46, 74 (76); 49, 221 (224); Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 163 f.
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(2) Der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück
sind verpflichtet, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen
Bodenveränderungen zu ergreifen.
(3) Der Verursacher einer schädlichen Bodenveränderung oder Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger, der Grundstückseigentümer und der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über
ein Grundstück sind verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche Bodenver-
änderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so zu sanieren, daß
dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Hierzu kommen bei Belastungen durch Schadstoffe
neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der
Schadstoffe langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Zur Sanierung ist auch verpflichtet,
wer aus handelsrechtlichem oder gesellschaftsrechtlichem Rechtsgrund für eine juristische
Person einzustehen hat, der ein Grundstück, das mit einer schädlichen Bodenveränderung oder
einer Altlast belastet ist, gehört, und wer das Eigentum an einem solchen Grundstück aufgibt.
(4) Bei der Erfüllung der boden- und altlastenbezogenen Pflichten nach den Absätzen 1 bis 3
ist die planungsrechtlich zulässige Nutzung des Grundstücks und das sich daraus ergebende
Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 genannten Bodenfunktionen zu vereinbaren ist. Fehlen planungsrechtliche Festsetzungen, bestimmt die Prägung des Gebiets unter Berücksichtigung der absehbaren Entwicklung das
Schutzbedürfnis. Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen
bestimmen sich nach dem Wasserrecht.
(5) Sind schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nach dem 1. März 1999 eingetreten,
sind Schadstoffe zu beseitigen, soweit dies im Hinblick auf die Vorbelastung des Bodens verhältnismäßig ist. Dies gilt für denjenigen nicht, der zum Zeitpunkt der Verursachung auf
Grund der Erfüllung der für ihn geltenden gesetzlichen Anforderungen darauf vertraut hat, daß
solche Beeinträchtigungen nicht entstehen werden, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung
der Umstände des Einzelfalles schutzwürdig ist.
(6) Der frühere Eigentümer eines Grundstücks ist zur Sanierung verpflichtet, wenn er sein Eigentum nach dem 1. März 1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder
Altlast hierbei kannte oder kennen mußte. Dies gilt für denjenigen nicht, der beim Erwerb des
Grundstücks darauf vertraut hat, daß schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten nicht
vorhanden sind, und sein Vertrauen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles
schutzwürdig ist.“ 23
§ 4 Abs. 3 BBodSchG regelt in seinem Satz 1, welcher Personenkreis zur Sanierung
von Altlasten und schädlichen Bodenveränderungen verpflichtet ist. Die Norm wen-
23 BGBl. I 1998 S. 502 (504).
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det sich unmittelbar an die aufgezählten Verantwortlichen. Einer behördlichen Anordnung bedarf es nicht, damit diese zur Sanierung von Altlasten verpflichtet sind24.
Einer der Pflichtigen ist der hier besonders interessierende Gesamtrechtsnachfolger
des Verursachers. Das Bundes-Bodenschutzgesetz enthält keine Legaldefinition, wer
Gesamtrechtsnachfolger im Sinne des Gesetzes ist. In einem ersten Schritt soll daher
überlegt werden, was hierunter zu verstehen ist.
1. Der Begriff des Gesamtrechtsnachfolgers in § 4 Abs. 3 BBodSchG
Mit der Formulierung „Verursacher sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger“ verwendet das Bundes-Bodenschutzgesetz einen Begriff, für den es in der sonstigen
Rechtsordnung bereits eine von Rechtsprechung und Lehre entwickelte Definition
gibt. Gebräuchlicherweise wird diejenige natürliche oder juristische Person als Gesamtrechtsnachfolger angesehen, auf die ein Komplex von Rechten25, insbesondere
ein Vermögen als Ganzes kraft gesetzlicher Anordnung mit allen Rechten oder
Pflichten unmittelbar übergeht, wobei der Rechtsvorgänger regelmäßig erlischt26.
Nach der herkömmlichen Auffassung findet bei der Gesamtrechtsnachfolge (Universalsukzession27) ein vollständiger Eintritt einer Person in die Stellung des Rechtsvorgängers statt28. Den Gegensatz zur Gesamtrechtsnachfolge stellt die Einzelrechtsnachfolge (Singularrechtsnachfolge29 / Singularsukzession30) dar31. Bei dieser
bezieht sich die Rechtsnachfolge nur auf ein bestimmtes einzelnes Rechtsverhältnis
24 BT-Drs. 13/6701, S. 26; Hilger in Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, § 4 Rn. 3; Schoeneck
in Sanden/Schoeneck, § 4 Rn. 3.
25 OVG Schleswig, DVBl. 2000, 1877 (1878 f.).
26 RGZ 87, 284 (287); Bauer in Bauer/Oefele, § 40 Rn. 13; Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht Rn. 142, S. 77; Erbguth/Stollmann, DVBl. 2001, 601 (602); Frenz, BBodSchG, § 4
Abs. 3 Rn. 54; Ganske, WM 1993, 1117 (1124); Hipp in Hipp/Rech/Turian Rn. 294, S. 131;
Hübner Rn. 388, S. 203; Scherner, S. 30; Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (501) mwN; Schoeneck in Sanden/Schoeneck, § 4 Rn. 35; Queitsch Rn. 94-95, S. 47.
27 So die Terminologie bei: Becker, DVBl. 1999, 134 (136); Grziwotz in Immobilienrecht 2000,
95 (117); Hoeren in Hk-BGB, vor §§ 1922-2385 Rn. 23; Larenz/Wolf, § 13, Rn. 47, S. 237;
Muscheler, Jura 1999, 234 (235); Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1; Sack, S. 46.
28 BGH, JR 1971, 391 = MDR 1971, 553; BSGE 24, 190 (193); BFH, BStBl. II. 69, 622; 73, 9
(10); 84, 31 (32); 99, 653 (655); BFH, NV 93, 455 (456); VGH Mannheim, UPR 2001, 274
(275); Brockmeyer in Klein, AO, § 45 Rn. 1; Knopp, ZUR 1999, 210 (211f.); Queitsch
Rn. 94 f:, S. 47.
29 Diesen Begriff verwenden: Peine, DVBl. 1980, 941 (944); Ossenbühl, NJW 1968, 1992
(1993).
30 Diese Wortwahl wird von Martens in Drews/Wacke/Vogel/Martens, § 19 Nr. 5, S. 298;
Hoeren in Hk-BGB, vor §§ 1922-2385 Rn. 23; Larenz/Wolf, § 13 Rn. 48, S. 237; Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1; Papier, JZ 1994, 810 (817); Peine, DVBl. 1980, 941 (944); Vierhaus,
NZG 2000, 240 (241) gebraucht.
31 Vierhaus, NZG 2000, 240 (241).
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und nicht auf eine Mehrheit von Rechten32. Soll eine Mehrheit von Rechten übertragen werden, muss bei der Einzelrechtsnachfolge jedes Recht nach dem sachenrechtlichen Spezialitätsgrundsatz nach den für dieses Recht bestehenden Regeln gesondert übertragen werden33. So muss ein Grundstück nach §§ 925, 873 BGB durch
Auflassung und Eintragung, eine bewegliche Sache nach §§ 929 ff. BGB durch
Einigung und Übergabe und eine Forderung gemäss § 398 BGB durch Abtretung
übertragen werden34. Für jedes dieser Rechtsverhältnisse muss dann unabhängig von
den anderen geprüft werden, ob die Erfordernisse für seine Übertragung eingehalten
wurden35. Eine solche Prüfung ist nach hergebrachter Auffassung bei der Gesamtrechtsnachfolge entbehrlich, da alle Rechtsverhältnisse bei deren Eintritt auf den
Gesamtrechtsnachfolger übergehen.
Beispiele36 für eine Gesamtrechtsnachfolge finden sich an den verschiedensten
Stellen der Rechtsordnung, vor allem im Zivil- und Gesellschaftsrecht. Der klassische Fall der Gesamtrechtsnachfolge findet sich im Zivilrecht: der Erbfall37. Für
diesen bestimmt § 1922 Abs. 1 BGB: Mit dem Tode einer Person (Erbfall) geht
deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen
(Erben) über. § 1967 Abs. 1 BGB bestimmt zusätzlich: Der Erbe haftet für die Nachlassverbindlichkeiten. Diesem gleichgestellt ist der Anfall des Vereins- oder Stif-
32 OVG Schleswig, DVBl. 2000, 1877 (1878); Bork Rn. 309, S. 125; Creifelds, Stichwort:
Rechtserwerb; Hübner Rn. 388, S. 203; Köhler, § 17 Rn. 23, S. 275; Larenz/Wolf, § 13
Rn. 48, S. 237.
33 Larenz/Wolf, § 14 Rn. 30-33, S. 246 f.; Kießling, WM 1999, 2391 (2397).
34 BT–Drs. 12/6699, S. 74; Lüders in Messerschmidt, § 13 Rn. 194, S. 480; Kießling, WM
1999, 2391 (2397).
35 Larenz/Wolf, § 14 Rn. 30-33, S. 246 f.; Kießling, WM 1999, 2391 (2397).
36 Die folgende Darstellung kann nur beispielhaft sein. Weitere Fallgruppen der Gesamtrechtsnachfolge finden sich bei: Bauer in Bauer/Oefele, § 40 Rn. 13 f.; Sack, S. 49; siehe auch: Möschel in Münchener Kommentar (BGB), § 419 Rn. 37; Zeiss in Soergel, § 419 Rn. 10.
37 BT-Drs. 12/6699, S. 74; 13/6701, S. 41; Verhandlungen, 60. Juristentag, B 62; BVerwGE 3,
208 (210); 21, 302 (302 f.); BFHE 100, 353 = DB 1971, 127; VGH München, ZfW 1989, 147
(150); VGH Kassel, DVBl. 2000, 210 (211) = NuR 2000, 285; OVG Schleswig, DVBl. 2000,
1877 (1879);VGH Mannheim, NVwZ-RR 1999, 167 (168); VGH Mannheim, VBlBW 1996,
110; VGH München, NVwZ-RR 1995, 647 f.; Becker, DVBl. 1999, 134 (136); Becker/Fett,
NZG 1999, 1189 (1195); Bickel, BBodSchG, § 4 Rn. 26-28; Brockmeyer in Klein, AO, § 45
Rn. 4; Brox, Erbrecht Rn. 25, S. 14; Erbguth/Stollmann, DVBl. 2001, 601 (602); Erbguth/Stollmann, NuR 1999, 127 (131); Frieser in Messerschmidt, § 9 Rn. 2, S. 306; Giesberts/Frank, DB 2000, 505; Grziwotz in Immobilienrecht 2000, 95 (115); Hilger in
Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, § 4 Rn. 89; Hopt in Baumbach/Hopt, vor § 1 Rn. 43;
Hübner Rn. 388 f., S. 203; Köhler, § 17 Rn. 24, S. 275; Knopp, ZUR 1999, 210 (212); Kössinger in Bauer/Oefele, § 20 Rn. 113; Kothe, UPR 1999, 96; Meißner, ZfIR 1999, 407 (408);
Oldiges in Oldiges, BBodSchG, S. 73 (85); Papier, DVBl. 1996, 125 (126); Papier, JZ 1994,
810 (817); Roth Rn. 206, S. 111; Schack Rn. 21, S. 6; Scherner, S. 30; Schlabach/Simon,
NVwZ 1992, 143 (144); Schlette, VerwArch. 2000, 41 (61); Schlüter Rn. 40, S. 13; Schmidt,
AcP 191 (1991), 495 (497); Spieth/Wolfers, NVwZ 1999, 355 (358); Stadie, DVBl. 1990,
501; Schwarz-Schier, S. 71; Schwartmann, ZfIR 2000, 256; Theuer, DB 1999, 621; Tomerius, ZUR 1999, 78 (84); Trurnit, VBlBW 2000, 261 (263); Vierhaus, NZG 2000, 240 (241).
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tungsvermögens an den Fiskus gemäß §§ 45 Abs. 1, 46, 88 BGB. Als weitere, allerdings eher seltene38 Fallgruppe der Gesamtrechtsnachfolge wird oftmals der Fall
genannt, dass im Familienrecht zwei Ehegatten den Güterstand der Gütergemeinschaft wählen39. Die Gegenstände, die nicht zum Sondergut gemäß § 1417 BGB
oder Vorbehaltsgut gemäß § 1418 BGB gehören, werden mit der Begründung der
Gütergemeinschaft nach § 1416 Abs. 1 BGB zum gemeinschaftlichen Vermögen
(Gesamtgut) beider Ehegatten40. Die Gesamtgutgemeinschaft entsteht bei Begründung einer ehelichen Gütergemeinschaft ohne besondere Rechtsübertragung durch
zwei Gesamtrechtsfolgen gemäß § 1416 Abs. 2 BGB41. Wird die Gütergemeinschaft
dann nach dem Tod eines der beiden Ehegatten von dem überlebenden Ehegatten
mit den gemeinschaftlichen Kindern fortgesetzt, tritt die Gesamtrechtsnachfolge ein,
wenn die Abkömmlinge gemäß §§ 1483 Abs. 1 S. 2 BGB kraft Gesetzes ihre Anteile
am Gesamtgut erwerben42.
Im Gesellschaftsrecht finden sich anerkannte Fälle der Gesamtrechtsnachfolge43
vor allem bei der Umwandlung von Unternehmen im Wege der Verschmelzung und
bei der Vermögensübertragung oder bei der Vollübertragung auf Grundlage des
Umwandlungsgesetzes44 oder von Spezialgesetzen45, beim Übergang von der Vorge-
38 Vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs am 1. Januar 1900 war die Gütergemeinschaft der am weitesten verbreitete Güterstand in Deutschland. Seitdem hat dessen Bedeutung aber immer weiter abgenommen. Siehe hierzu: Gaul in Soergel, vor § 1415 Rn. 6;
Giesen Rn. 341, S. 175; Kanzleiter in Münchener Kommentar (BGB), vor § 1415 Rn. 21.
39 Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 9 Rn. 212, S. 630; Eckhardt, NZG 2000, 449 (451); Gaul in
Soergel, § 1416 Rn. 3 f.; Graba in Firsching/Graba Rn. 246, S. 77; Heckelmann in Erman,
§ 1416 Rn. 4; Hübner Rn. 388, S. 203; Köhler , § 17 Rn. 24, S. 275; Schack Rn. 22, S. 7;
Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (500); Stadie, DVBl. 1990, 501; Schack Rn. 22, S. 7.
40 Schmidt, AcP 191 (1991), 495 (500).
41 Böttcher in Meikel, § 40 Rn. 15; Lüderitz Rn. 424, S. 161; Schwab Rn. 198; Gernhuber/Coester-Waltjen, § 38 III. Rn. 23, S.435.
42 Böttcher in Meikel, § 40 Rn. 15; Demharter, § 40 Rn. 10.
43 Böttcher in Meikel, § 40 Rn. 15; Demharter, § 40 Rn. 11.
44 Gesetz vom 28.10.1994 (BGBl. I 1994 S. 3210). Umwandlungen in Form der Gesamtrechtsnachfolge waren auch schon vor der Neufassung des Umwandlungsgesetzes auf Grundlage
älterer Gesetzesfassungen möglich; zum Beispiel nach der Fassung des Umwandlungsgesetzes vom 6. November 1969 (BGBl. I S. 2081).
45 Zum Beispiel auf Grundlage von §§ 339-356, 359-360, 362-392 Aktiengesetz a.F.
(BGBl. I 1965 S. 1089), §§ 19-34 Kapitalerhöhungsgesetz (BGBl. I 1959 S. 789), §§ 93a-93s,
63e-63i Genossenschaftsgesetz (BGBl. I 1994 S. 3210), §§ 44a, 44b, 53a Versicherungsaufsichtsgesetz (BGBl. I 1992, BGBl. I 1993 S. 2), bei Umwandlungen auf Grund von § 2
PostUmwG (BGBl. I 1994 S. 2339) oder gemäß Art. 1, §§ 1, 2, 20 ff. des Gesetzes zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (ENeuOG, BGBl. I 1993 S. 2378) bzw. bei der Umwandlung
der volkseigenen Betriebe und Kombinationsbetriebe in Rechtsformen des bundesdeutschen
Rechts aufgrund der Umwandlungsverordnung (GBl. DDR I 1990 S. 107) bzw. des Treuhandgesetzes (GBl. DDR I 1990 S. 300) und der Umwandlung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften der ehemaligen DDR gemäß § 4 ff. Landwirtschaftsanpassungsgesetz
(LwAnpG, BGBl. I 1991 I S. 1418).
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sellschaft zur GmbH46 und unter Umständen beim Ausscheiden von Gesellschaftern
aus einer mehrgliedrigen Personengesellschaft47. Des Weiteren sind als Fälle der
Gesamtrechtsnachfolge die Verstaatlichung und der Zusammenschluss von Körperschaften des öffentlichen Rechts im weitesten Sinne, z.B. durch Eingemeindung,
Zusammenlegung und Trennung von Gemeinden anerkannt48.
Nicht als Fälle der Gesamtrechtsnachfolge werden hingegen von der überwiegenden Ansicht auf Grundlage der oben aufgestellten Definition die Umwandlung eines
Unternehmens durch Formwechsel49, die Firmenübernahme nach § 25 HGB50, der
Schuldbeitritt gemäß § 28 HGB51 und die Vermögensübernahme gemäß § 419 BGB
a.F.52 angesehen.
46 BGH, NJW 1982, 932 f. mwN; Hueck, § 35 II. 4, S. 341 f. mwN; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, § 11 Rn. 51; Hüffer, JuS 1983, 161 (166 f.); Ulmer in Hachenburg/Ulmer, § 11
Rn. 74; Ablehnung der Gesamtrechtsnachfolge beim Übergang der Vorgesellschaft zur
GmbH und statt dessen Annahme eines bloßen Wechsels der Rechtsform durch Schmidt-
Leithoff in Rowedder/Schmidt-Leithoff, § 11 Rn. 135; Roth in Roth/Altmeppen, § 11 Rn. 19;
Schmidt in Scholz, § 11 Rn. 25, 36-38; Beuthien, ZIP 1996, 360 (361); Reinhardt/Schultz
Rn. 829 f., S. 331 f.
47 Für das Ausscheiden aus der BGB-Gesellschaft: BGHZ 32, 307 (317 f.) = NJW 1960, 1664
(1665) = WM 1960, 764 (766); BGH, WM 1961, 32 (33); BGH, WM 1962, 880 (881);
Hueck, § 10 II. 1., S. 74; Rimmelspacher, AcP 173 (1973), 1 (17); für die Personenhandelsgesellschaft BGHZ 48, 203 (206); BGH, NZG 2000, 474; BGH, NJW-RR 1993, 1443 (1444) =
WM 1993, 2259 (2260); BFH, BStBl. II. 1990, 272 (273); BFH, NV 89, 350 (351); 95, 864;
96, 685 (686) mwN; BayObLG, NZG 2000, 641 (642); BayObLG, NJW-RR 1993, 848; OLG
Düsseldorf, NJW-RR 1999, 619; Brockmeyer in Klein, AO, § 45 Rn. 4; Emmerich in Heymann, § 142 Rn. 23-26; Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 11 V. 3., S. 317; Schmidt in Schlegelberger, § 142 Rn. 3, 25-27.
48 Kruse, DStJG 10, 1 (2 f.) mwN.
49 Becker, DVBl. 1999, 134 (136); Eisenhardt Rn. 794, S. 462; Frenz, BBodSchG, § 4 Abs. 3
Rn. 54; Grziwotz in Immobilienrecht 2000, 95 (117); Ganske, WM 1993, 1117 (1119); Becker, § 4 Rn. 33.
50 BFHE 100, 353 (356) = DB 1971, 127; VGH Kassel, DVBl. 2000, 210 (211) = NVwZ 2000,
828 f.; Ammon in Röhricht/Westphalen, § 25 Rn. 5; Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht
Rn. 172, S. 78; Erbguth/Stollmann, DVBl. 2001, 355 (359); Emmerich in Heymann, § 25
Rn. 11; Giesberts/Frank, DB 2000, 505, dort Fn. 3; Grziwotz in Immobilienrecht 2000, 95
(117); Hoffmann in Koch/Scholtz, § 45 Rn. 3; Kügel, NJW 2004, 1570 (1572); Lieb in Münchener Kommentar (HGB), § 25 Rn. 27; Lwowski/Tetzlaff, WM 2001, 385 (389); Hüffer in
Staub, § 25 Rn. 32, 73; Roth in Koller/Roth/Morck, § 25 Rn. 4; Spieth/Wolfers, NVwZ 1999,
355 (359); Schwartmann, ZfIR 2000, 256 (258); Schwarz-Schier, S. 72. A.A. Sparwasser/Engel/Voßkuhle, § 9 Rn. 212, S. 630; Hipp in Hipp/Rech/Turian Rn. 294, S. 131; Müller/Süß, altlasten spektrum 1999, 91(92); Schlabach/Simon, NVwZ 1992, 143 (144).
51 VG Sigmaringen vom 3. Juli 2003 (Az: 5 K 848/03), zitiert nach juris.
52 Erbguth/Stollmann, Bodenschutzrecht Rn. 142, S. 78; Erbguth/Stollmann, DVBl. 2001, 601
(602); Hoffmann in Koch/Scholtz, § 45 Rn. 3; Spieth/Wolfers, NVwZ 1999, 355; Schwarz-
Schier, S. 71; (359); Zeiss in Soergel, § 419 Rn. 10. A.A. Hipp in Hipp/Rech/Turian Rn. 294,
S. 131; Müller/Süß, altlasten spektrum 1999, 91 (92); Oerder in Oerder/Numberger/
Schönfeld, § 4 Rn. 14; Schlabach/Simon, NVwZ 1992, 143 (144).
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Ferner gibt es seit Beginn der Neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts aufgrund
von spezialgesetzlichen Regelungen im Zusammenhang mit der Umwandlung von
DDR-Unternehmen53 und infolge der Neufassung des Umwandlungsgesetzes im
Jahre 1994 durch § 123 Umwandlungsgesetz (UmwG) die Möglichkeit der Spaltung
eines Unternehmens. Bei der Spaltung besteht die Möglichkeit, im Spaltungsvertrag
die Übertragung von Teilen des Vermögens eines Rechtsträgers als Gesamtheit auf
einen oder mehrere andere Rechtsträger mit der Eintragung der Spaltung in das
Register vorzusehen. Da keine Einzelübertragung von Gegenständen zum Rechts-
übergang erforderlich ist, liegt kein Fall der Einzelrechtsnachfolge vor. Dieser Vorgang entspricht allerdings auch nicht dem herkömmlichen Bild der Gesamtrechtsnachfolge, da nicht das Vermögen als Ganzes von einem Rechtsträger auf einen
anderen übertragen wird. In der Literatur hat sich deshalb für diese Übertragungsform eine eigene Bezeichnung herausgebildet. Gesprochen wird von der geteilten54 /
partiellen55 oder teilweisen Gesamtrechtsnachfolge56, partiellen Universalsukzession57, Sonderrechtsnachfolge58 bzw. Partialsukzession59. Der Wortlaut von § 4 Abs. 3
BBodSchG bietet keinen Hinweis, ob die sogenannte partielle Gesamtrechtsnachfolge als Gesamtrechtsnachfolge im Sinne dieser Norm anzusehen ist. Es wird daher im
VI. Kapitel zusammen mit den für diese Fälle vorgeschlagenen Haftungsbeschränkungen für den Rechtsnachfolger zu erörtern sein, ob die geteilte Gesamtrechtsnachfolge zur Begründung der Stellung als Sanierungspflichtiger führt.
Problematisch an der Nennung des Gesamtrechtsnachfolgers im Text von § 4
Abs. 3 S. 1 BBodSchG ist ferner, dass nur vom „Verursacher einer schädlichen
Bodenveränderung oder Altlast“ gesprochen wird. Aus dieser Formulierung ergeben
sich keine Anhaltspunkte für Grund und Umfang der Gesamtrechtsnachfolgerhaftung. Denkbar sind zwei Möglichkeiten:
zum einen eine abgeleitete, sogenannte derivative Haftung60 des Gesamtrechtsnachfolgers, bei der die Verantwortlichkeit beim Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge
so auf den Rechtsnachfolger übergeht, wie sie beim Verursacher bestand;
zum anderen ist eine mehr oder weniger eigenständige, von der Verantwortlich-
53 §§ 4-12 Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG, BGBl. I 1991 S. 1418) und das Gesetz
über die Spaltung der von der Treuhandanstalt verwalteten Unternehmen (BGBl. I 1991
S. 854).
54 BGH, NJW 2003, 1479.
55 So die Wortwahl von Heidenhain, NJW 1995, 2873; Grziwotz in Immobilienrecht 2000, 95
(117); Schwarz in Widmann/Mayer, § 123 Rn. 4.1.3; Theuer, DB 1999, 621.
56 So die Terminologie bei: Ganske, DB 1991, 791 (794), dort Fn. 61; Ganske, WM 1993, 1117
(1124).
57 So die Wortwahl bei: Ganske, WM 1993, 1117 (1124); Ising/Thiell, DB 1991, 2082; Schwarz
in Widmann/Mayer, § 123 Rn. 4.13; Welter, DWiR 1992, 265 (267).
58 Zur Terminologie: Ganske, WM 1993, 1117 (1124, 1128); Heidenhain, ZIP 1995, 801 dort
Fn. 4; Schwarz in Widmann/Mayer, § 123 Rn. 4.1.3.
59 Weimar, ZIP 1991, 769 (775).
60 Vgl. Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1 (2 f.).
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keit des Verursachers unabhängige, sogenannte originäre Haftung61 des Gesamtrechtsnachfolgers denkbar. Der Wortlaut von § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG bietet auch
hier keinen Anhaltspunkt, welcher Auslegung der Vorzug zu geben ist.
2. Der Begriff der Altlast in § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG
§ 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG verwendet den Begriff der „Altlast“. Auf den ersten
Blick könnte der Wortteil „Alt“ darauf hindeuten, dass nur weit zurückliegende
Sachverhalte aus der Zeit vor dem Bundes-Bodenschutzgesetz erfasst werden sollen.
Dem steht allerdings zum einen entgegen, dass gleich vor der Altlast die schädliche
Bodenveränderung genannt wird. Zum anderen spricht auch die Definition der Altlast in § 2 Abs. 5 BBodSchG gegen eine solche Betrachtung. Die dort benutzten
sprachlichen Wendungen „gelagert oder abgelagert worden sind“ (§ 2 Abs. 5 Nr. 1
BBodSchG) sowie „umgegangen worden ist“ (§ 2 Abs. 5 Nr. 2 BBodSchG) sind
sprachlich neutral. Sie lassen nicht erkennen, zu welchem Zeitpunkt genau das den
Boden schädigende Ereignis begründet worden sein muss62. Aussagen über den
zeitlichen Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes lassen sich also
§§ 2 Abs. 5, 4 Abs. 3 BBodSchG nicht entnehmen.
3. Der Begriff der Sanierung in § 4 Abs. 3 BBodSchG
Indem § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG die Sanierung anordnet, wird auf die Legaldefinition63 der Sanierung in § 2 Abs. 7 BBodSchG verwiesen. Die Sanierung unterscheidet zwischen Dekontaminationsmaßnahmen64 als Maßnahmen zur Beseitigung oder
61 Vgl. Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1 (2 f.).
62 Mutius/Nolte, DÖV 2000, 1 (3).
63 Kritisch hierzu Bickel, BBodSchG, § 2 Rn. 37, der dem Gesetzgeber vorwirft, mit seiner
Legaldefinition die Bandbreite der sprachlichen Bedeutung verlassen zu haben.
64 Unter anderem sind dies thermische Verfahren (zum Beispiel Verdampfung und Verbrennung
organischer Schadstoffe), Wasch- und Extraktionsverfahren (zum Beispiel Bodenluftabsaugung, Deponieentgasung), biologische Verfahren (zum Beispiel die Beschleunigung des Abbaus organischer Schadstoffe durch in der Natur vorhandene Mikroorganismen oder das Einbringen angepasster Mikroorganismen) sowie hydraulische Verfahren. Hinsichlich des Austausches des Bodens durch unbelasteten Boden ist es strittig, ob dies als Dekontaminationsmaßnahme angesehen werden kann. Zu Dekontaminationsverfahren siehe: Birkmann,
S. 51 ff.; Hipp in Hipp/Rech/Turian, Rn. 79, S. 32 f.; Queitsch Rn. 53, S. 30; Radtke in
Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, § 2 Rn. 47-49; Sanden in Sanden/Schoeneck, § 2
Rn. 97-100; Schwarz-Schier, S. 47 f.; Vogg in Landel/Vogg/Wüterich, § 2 Rn. 101. Untergesetzlich werden Dekontaminationsmaßnahmen außerdem in § 5 Abs. 1 BBodSchV beschrieben.
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Verminderung der Schadstoffe65 und Sicherungsmaßnahmen66 als Maßnahmen, die
eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern oder vermindern, ohne die
Schadstoffe zu beseitigen, sowie Maßnahmen zur Beseitigung oder Verminderung
schädlicher Veränderungen der physikalischen, chemischen oder biologischen Beschaffenheit des Bodens. Nach § 4 Abs. 3 S. 2 BBodSchG kommen bei Belastungen
durch Schadstoffe neben Dekontaminations- auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe langfristig verhindern. Für den Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers – wie für alle anderen Pflichtigen – bedeutet dies
insofern eine Einschränkung der ihm obliegenden Pflicht, da bei der Sanierung einer
Altlast nicht unbedingt versucht werden muss, die im Boden enthaltenen Schadstoffe zu beseitigen. Es kann genügen, bloße (zumeist preiswertere) Sicherungsmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Schadstoffe zu ergreifen. Indem allerdings auf
die Langfristigkeit der Ausbreitung von Schadstoffen verwiesen wird, die durch
Sicherungsmaßnahmen verhindert werden soll, wird eine zeitliche Komponente
angesprochen. Die Formulierung „langfristig“ deutet darauf hin, dass die Pflicht zur
Sanierung von Altlasten auf Dauer angelegt ist und keiner zeitlichen Grenze unterliegt.
§ 4 Abs. 3 S. 3 BBodSchG gibt vor, dass bei einer Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Sanierung sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen sind. Hiermit wird die Sanierungspflicht unter den Vorbehalt der Zumutbarkeit
gestellt. Hinsichtlich der zu ergreifenden Maßnahmen ist also die Zumutbarkeit für
den Sanierungsverantwortlichen zu beachten. Nicht eindeutig ergibt sich aus dem
Gesetzeswortlaut aber, ob dieser Vorbehalt der Zumutbarkeit nur für die Art der zu
ergreifenden Maßnahmen gilt oder ob die Verhältnismäßigkeit der Verpflichtung zur
Sanierung auch in anderer Hinsicht zu beachten ist.
4. Zusammenfassung
In diesem Abschnitt wurde der Wortlaut von § 4 BBodSchG näher untersucht. Hiernach wendet sich das Gesetz unmittelbar an die in § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG genannten Verantwortlichen, insbesondere den Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers, und normiert Pflichten für diese. Einer behördlichen Anordnung bedarf es
nicht, damit diese zur Sanierung verpflichtet sind. Der Begriff des Gesamtrechtsnachfolgers ist im Bundes-Bodenschutzgesetz nicht legaldefiniert. Nach der von
Rechtsprechung und Literatur in der sonstigen Rechtsordnung entwickelten Definition wird diejenige natürliche oder juristische Person als Gesamtrechtsnachfolger
65 Der Begriff der Schadstoffe wird in § 2 Nr. 6 BBodSchV vom 12. Juli 1999 (BGBl. I 1999
S. 1554) untergesetzlich definiert.
66 Sicherungsmaßnahmen sind zum Beispiel die Verhinderung der Schadstofffreisetzung durch
Einkapselung oder Einschließung von Schadstoffen, siehe Hipp in Hipp/Rech/Turian
Rn. 80 f., S. 33 f.; Queitsch Rn. 54, S. 30; Radtke in Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, § 2
Rn. 50 f.; Sanden in Sanden/Schoeneck, § 2 Rn. 101-102. Untergesetzlich enthält § 5 Abs. 3,
4 BBodSchV weitere Ausführungen zu Sicherungsmaßnahmen.
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angesehen, auf die ein Komplex von Rechten, insbesondere ein Vermögen als Ganzes kraft gesetzlicher Anordnung mit allen Rechten oder Pflichten unmittelbar übergeht, wobei der Rechtsvorgänger regelmäßig fortfällt. Beispiele für eine Gesamtrechtsnachfolge finden sich vor allem im Zivil- und Gesellschaftsrecht, wie zum
Beispiel der Erbfall oder die Umwandlung von Unternehmen. Der Wortlaut des
Gesetzes lässt offen, ob eine abgeleitete, sogenannte derivative Haftung des Gesamtrechtsnachfolgers gewollt ist, bei der die Verantwortlichkeit beim Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge so auf den Rechtsnachfolger übergeht, wie sie beim Verursacher bestand, oder ob eine mehr oder weniger eigenständige von der Verantwortlichkeit des Verursachers unabhängige, sogenannte originäre Haftung des
Gesamtrechtsnachfolgers gewollt ist. Ebenfalls lassen sich aus dem in § 4 Abs. 3
S. 1 BBodSchG verwendeten Begriff der „Altlast“ keine Aussagen über den zeitlichen Anwendungsbereich des Bundes-Bodenschutzgesetzes entnehmen. Der in § 4
Abs. 3 S. 1 BBodSchG angesprochene Begriff der „Sanierung“ wird in § 2 Abs. 7
BBodSchG legaldefiniert. Die dort gewählte Formulierung deutet darauf hin, dass
die Pflicht zur Sanierung von Altlasten auf Dauer angelegt ist und keiner zeitlichen
Grenze unterliegt. In § 4 Abs. 3 S. 3 BodSchG wird der Begriff der „Zumutbarkeit“
verwendet. Nicht eindeutig lässt sich dem Gesetzeswortlaut entnehmen, ob der Vorbehalt der Zumutbarkeit nur für die Art der zu ergreifenden Maßnahmen selbst gilt
oder auch in anderer Hinsicht zu beachten ist.
II. Die Entstehungsgeschichte von § 4 Abs. 3 BBodSchG
Nach der Betrachtung des Gesetzeswortlautes ist für die Auslegung die Entstehungsgeschichte des Bundes-Bodenschutzgesetzes, insbesondere in Bezug auf § 4
Abs. 3 BBodSchG, von Bedeutung.
1. Die Ausgangslage für den Erlass des Bundes-Bodenschutzgesetzes
Der Gedanke, dass der Bodenschutz eines besonderen gesetzgeberischen Schutzes
bedürfe, setzte sich erst später als bei anderen Umweltmedien durch67. So finden
sich Gesetze, die dem Schutz des Wassers oder der Luft dienten, schon im
19. Jahrhundert in einigen deutschen Einzelstaaten68. Dem folgten später Gesetze
zum Schutz der Umwelt auf Reichs- bzw. Bundesebene: 1935 das Reichsnatur-
67 BT-Drs. 10/3613, S. 179; Albrecht in Knopp, BBodSchG, S. 3; Kunig, Ansätze, S. 85 (87);
Kutzschbach/Pohl, Jura 2000, 225; Lautner, Verwaltungsrundschau 2000, 415; Peine, UPR
1997, 53.
68 Zu den Einzelheiten siehe Albrecht in Knopp, BBodSchG, S. 3.
Chapter Preview
References
Zusammenfassung
Nach dem Bundes-Bodenschutzgesetz droht dem Gesamtrechtsnachfolger des Verursachers einer Altlast eine Ewigkeitshaftung mit ruinösen finanziellen Folgen. Das Werk untersucht umfassend, inwiefern sich rechtliche Grenzen für die Inanspruchnahme des Gesamtrechtsnachfolgers aus Verfassungs-, Europa- und einfachem Recht ergeben. Die Anwendbarkeit von Haftungsbeschränkungen für Erben und für Gesamtrechtsnachfolger im Gesellschaftsrecht wird ebenso behandelt wie Haftungsbegrenzungen aus allgemeinen Rechtsinstituten, insbesondere Verjährung, Verzicht und Verwirkung sowie bei unzureichender staatlicher Überwachung oder im Fall der Insolvenz. Darüber hinaus bietet der Autor eine rechtspolitische Bewertung der dargestellten Rechtsprobleme und konkrete Vorschläge, wie diese durch den Gesetzgeber gelöst werden können.